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TREFFPUNKT FORSCHUNG | Proteine besitzen in der Regel eine bestimmte Anzahl an geladenen Gruppen auf ihrer Oberfläche, die in Wechselwirkung mit Wassermo- lekülen treten. Hierdurch entsteht eine geschlossene Hydrathülle um die Proteine. Auch um hydro- phobe, also eigentlich wasserab- stoßende Bereiche auf der Protein- oberfläche bildet sich eine geord- nete Wasserstruktur aus. Dadurch wird die Annäherung und Anlage- rung zweier solcher hydrophober Oberflächen verhindert und die Proteine bleiben in Lösung. Mit stetiger Erhöhung der Salzkonzen- tration konkurrieren die Ionen des Salzes mit den Proteinen um das Hydratwasser und entziehen es ih- nen; vorzugsweise erst einmal an den hydrophoben Bereichen. Da- durch verringert sich die Hydrat- hülle um die Proteine. Je mehr hy- drophobe Bereiche der Proteine vorhanden und freigelegt sind, umso häufiger kommt es zu Wech- selwirkungen der Proteine unterei- nander. Sie lagern sich aneinander an, bilden Aggregate und präzipi- tieren (fallen aus). Diesen Effekt nennt man auch den „salting-out- effect“. Proteine mit einer höheren Anzahl an hydrophoben Oberflä- chenbereichen aggregieren bei steigender Salzkonzentration ent- sprechend früher. Wie gut ein Salz zur Ausfällung von Proteinen ver- wendet werden kann, ist in der so genannten Hofmeister-Serie (siehe Kasten) beschrieben, die von Franz Hofmeister 1888 postuliert wurde. Die in der Hofmeister-Serie links stehenden Salze sind für die Ausfällung besonders gut geeignet und werden dort als „antichaot- rop“ bezeichnet, wie z.B. das Am- moniumsulfat [(NH 4 ) 2 SO 4 ]. Dieses Salz ist für die Fällung optimal, da es nicht nur sehr preis- wert ist, sondern auch die biologi- sche Aktivität der Proteine schützt, gut wasserlöslich ist, keine signifi- kante Lösungswärme zeigt und sich durch Dialyse wieder sehr leicht aus der Lösung entfernen lässt. Im Eisbad wird das Salz in fein pulverisierter Form unter Rühren des Fällungsansatzes in kleinen Portionen zugegeben, bis zum Beispiel eine Konzentration von 80–85% Sättigung erreicht ist. Am Besten benutzt man hierfür einen Spatel und lässt das Ammoniumsul- fat immer gut lösen. Wenn das Am- moniumsulfat für die gewünschte Konzentration komplett aufgelöst ist, sollte eine deutliche Trübung eintreten. Bitte hier beachten, dass die Angabe der Sättigungskon- zentration nicht der Angabe g Salz/100mL Lösung entspricht! Laut Tabelle entsprechen 80% Sät- tigung einer Zugabe von 56,1g Ammoniumsulfat pro 100mL Lö- sung. Eine vollständige Fällung kann einige Stunden dauern. Die gefällten Proteine lassen sich problemlos abzentrifugieren (10.000xg, 10–20 min) und kön- nen nach der Entfernung des Sal- zes weiteren Reinigungsschritten ausgesetzt werden. Will man die Proteine in der Lösung nicht nur aufkonzentrie- ren, sondern bestimmte Proteine in der Lösung anreichern, so kann man die Fällung auch fraktioniert durchführen und die Tatsache nut- zen, dass verschiedene Proteine bei verschiedenen Ammoniumsul- fat-Konzentrationen ausfallen. [1] G. Richter, Praktische Biochemie, Georg Thieme Verlag, 2003. [2] A. Pingoud, C. Urbanke, Arbeitsmethoden der Biochemie, Walter de Gruyter, 1997. [3] M. Otto, Analytische Chemie, John Wiley & Sons, 2011. 80 | Biol. Unserer Zeit | 2/2013 (43) www.biuz.de © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim DIE LABORSEITE Ausfällung durch Ammoniumsulfat Das Ausfällen von Proteinen steht oft am Anfang der Reinigungsprozedur einer Proteinlö- sung und dient der Entfernung grober Verunreinigungen wie Lipiden, Kohlenhydraten, Nukleinsäuren und Proteinen mit anderem Lösungsverhalten. Die einsetzbaren Techniken variieren und reichen von der Änderung des pH-Wertes über Fällung durch Hitze bis hin zum Einsatz organischer Lösungsmittel oder hoher Salzkonzentrationen, wobei das Aus- salzen hier die am häufigsten benutzte Methode darstellt. Als eine der bekanntesten Me- thoden gilt die Ammoniumsulfatfällung. © Lorelyn Medina – FOTOLIA GUT ZU WISSEN Bei geringem Probenvolumen empfiehlt sich die Zugabe des Salzes tropfenweise als gesät- tigte Lösung anstatt als Pulver. So vermeidet man lokal höhere Ammoniumsulfatkonzentratio- nen und somit auch das Ausfal- len unerwünschter Proteine. Je- doch ist zu beachten, dass sich das Volumen der Probelösung entscheidend vergrößert. Bei einer 50%igen Sättigung wird das Probenvolumen verdoppelt. Viel Spaß beim Experimentie- ren wünscht Andrea Hauk (geb. Schrödel), Heidelberg Menge an Ammoniumsulfat, die bei 25°C der Proteinlösung zugegeben werden muss, um eine bestimmte Sättigung (in %) zu erhalten. Verändert nach: Harlow, Lane: Anti- bodies – A laboratory manual. Cold Spring Harbor Laboratory, 1988. HOFMEISTER-SERIE Kationen NH 4 + > K + > Na + > CS + > Li + > Mg 2 + > Ca 2 + > Guanidin Anionen PO 4 3– > SO 4 2– > CH 3 COOH > CL > Br > NO 2 > ClO 3 > I > SCN Je weiter links die aufgezählten Ionen stehen, desto besser eignen sie sich als Fällungsmittel. % Sättigung Menge an Ammonium- sulfat in g/L 20 114 30 176 40 243 50 313 60 390 70 472 80 561 100 761

Ausfällung durch Ammoniumsulfat

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Page 1: Ausfällung durch Ammoniumsulfat

T R E F F P U N K T FO R SC H U N G |

Proteine besitzen in der Regel einebestimmte Anzahl an geladenenGruppen auf ihrer Oberfläche, diein Wechselwirkung mit Wassermo-lekülen treten. Hierdurch entstehteine geschlossene Hydrathülle umdie Proteine. Auch um hydro-phobe, also eigentlich wasserab-stoßende Bereiche auf der Protein-oberfläche bildet sich eine geord-nete Wasserstruktur aus. Dadurchwird die Annäherung und Anlage-rung zweier solcher hydrophoberOberflächen verhindert und dieProteine bleiben in Lösung. Mitstetiger Erhöhung der Salzkonzen-tration konkurrieren die Ionen desSalzes mit den Proteinen um dasHydratwasser und entziehen es ih-nen; vorzugsweise erst einmal anden hydrophoben Bereichen. Da-durch verringert sich die Hydrat-hülle um die Proteine. Je mehr hy-drophobe Bereiche der Proteinevorhanden und freigelegt sind,umso häufiger kommt es zu Wech-selwirkungen der Proteine unterei-nander. Sie lagern sich aneinanderan, bilden Aggregate und präzipi-tieren (fallen aus). Diesen Effektnennt man auch den „salting-out-effect“. Proteine mit einer höherenAnzahl an hydrophoben Oberflä-

chenbereichen aggregieren beisteigender Salzkonzentration ent-sprechend früher. Wie gut ein Salzzur Ausfällung von Proteinen ver-wendet werden kann, ist in der sogenannten Hofmeister-Serie (sieheKasten) beschrieben, die vonFranz Hofmeister 1888 postuliertwurde. Die in der Hofmeister-Serielinks stehenden Salze sind für dieAusfällung besonders gut geeignetund werden dort als „antichaot-rop“ bezeichnet, wie z.B. das Am-moniumsulfat [(NH4)2SO4].

Dieses Salz ist für die Fällungoptimal, da es nicht nur sehr preis-wert ist, sondern auch die biologi-sche Aktivität der Proteine schützt,gut wasserlöslich ist, keine signifi-kante Lösungswärme zeigt undsich durch Dialyse wieder sehrleicht aus der Lösung entfernenlässt.

Im Eisbad wird das Salz in feinpulverisierter Form unter Rührendes Fällungsansatzes in kleinenPortionen zugegeben, bis zum Beispiel eine Konzentration von80–85% Sättigung erreicht ist. AmBesten benutzt man hierfür einenSpatel und lässt das Ammoniumsul-fat immer gut lösen. Wenn das Am-moniumsulfat für die gewünschteKonzentration komplett aufgelöstist, sollte eine deutliche Trübungeintreten. Bitte hier beachten, dassdie Angabe der Sättigungskon -zentration nicht der Angabe gSalz/100mL Lösung entspricht!Laut Tabelle entsprechen 80% Sät-tigung einer Zugabe von 56,1gAmmoniumsulfat pro 100mL Lö-sung. Eine vollständige Fällungkann einige Stunden dauern. Die

gefällten Proteine lassen sich problemlos abzentrifugieren(10.000xg, 10–20 min) und kön-nen nach der Entfernung des Sal-zes weiteren Reinigungsschrittenausgesetzt werden.

Will man die Proteine in derLösung nicht nur aufkonzentrie-ren, sondern bestimmte Proteinein der Lösung anreichern, so kannman die Fällung auch fraktioniertdurchführen und die Tatsache nut-zen, dass verschiedene Proteinebei verschiedenen Ammoniumsul-fat-Konzentrationen ausfallen.

[1] G. Richter, Praktische Biochemie, GeorgThieme Verlag, 2003.

[2] A. Pingoud, C. Urbanke, Arbeitsmethodender Biochemie, Walter de Gruyter, 1997.

[3] M. Otto, Analytische Chemie, John Wiley& Sons, 2011.

80 | Biol. Unserer Zeit | 2/2013 (43) www.biuz.de © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

D I E L A B O R S E I T E

Ausfällung durch AmmoniumsulfatDas Ausfällen von Proteinen steht oft am Anfang der Reinigungsprozedur einer Proteinlö-sung und dient der Entfernung grober Verunreinigungen wie Lipiden, Kohlenhydraten,Nukleinsäuren und Proteinen mit anderem Lösungsverhalten. Die einsetzbaren Technikenvariieren und reichen von der Änderung des pH-Wertes über Fällung durch Hitze bis hinzum Einsatz organischer Lösungsmittel oder hoher Salzkonzentrationen, wobei das Aus-salzen hier die am häufigsten benutzte Methode darstellt. Als eine der bekanntesten Me-thoden gilt die Ammoniumsulfatfällung.

© Lorelyn Medina – FOTOLIA

G U T Z U W I S S E N

Bei geringem Probenvolumenempfiehlt sich die Zugabe desSalzes tropfenweise als gesät-tigte Lösung anstatt als Pulver.So vermeidet man lokal höhereAmmoniumsulfatkonzentratio-nen und somit auch das Ausfal-len unerwünschter Proteine. Je-doch ist zu beachten, dass sichdas Volumen der Probelösungentscheidend vergrößert. Bei einer 50%igen Sättigung wirddas Probenvolumen verdoppelt.

Viel Spaß beimExperimentie-

ren wünschtAndrea Hauk

(geb. Schrödel),Heidelberg

Menge an Ammoniumsulfat, die bei25°C der Proteinlösung zugegebenwerden muss, um eine bestimmteSättigung (in %) zu erhalten.Verändert nach: Harlow, Lane: Anti -bodies – A laboratory manual. ColdSpring Harbor Laboratory, 1988.

H O F M E I S T E R- S E R I E

KationenNH4

+ > K+ > Na+ > CS+ > Li+ > Mg2+ > Ca2

+ > Guanidin

AnionenPO4

3– > SO42– > CH3COOH– > CL– > Br– > NO2

– > ClO3– > I–

> SCN–

Je weiter links die aufgezählten Ionen stehen, desto bessereignen sie sich als Fällungsmittel.

% Sättigung Menge an Ammonium-sulfat in g/L

20 11430 17640 24350 31360 39070 47280 561

100 761