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105 Ausführung der Spundwandgründung der Saale-Elster-Talbrücke 1 Einleitung Die Saale-Elster-Talbrücke ist ein Teil des Verkehrsobjekts Deutsche Einheit und hat eine Gesamtlänge von ca. 8,6 km. Ab 2017 werden über die Neubaustrecke ICEs zwischen Mün- chen und Berlin mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h verkehren. Die Reisezeit wird von heute sechs auf künftig vier Stunden ver- kürzt. Die Auftragsvergabe erfolgte im August 2006. Das vertragliche Bauende ist am 15. Dezem- ber 2012. Ein Grundsatz beim Bau der Brücke ist die strikte Trennung der Maßnahmen vom quartären Grundwasserleiter. Die Gründung der Brücke wird im Schutz eines wasserdichten Spundwand- kastens hergestellt, der bis in die wenig durch- lässigen Schichten der Verwitterungszone des Buntsandsteins bzw. der tertiären Sedimente eingerammt wird. Diese Bedingung führte zum Gründungskonzept der Saale-Elster-Talbrücke mit Spundbohlen. Die Art der Gründung ist im Planfeststellungsbeschluss festgeschrieben. Ein weiterer Schwerpunkt beim Bau dieser Brücke ist der Schutz der hochwertigen Bio- tope. Auftraggeber: DB Netz AG, vertreten durch die DB ProjektBau GmbH, Projektzentrum Leipzig Auftragnehmer: Arbeitsgemeinschaft Saale-Elster-Talbrücke 2 Bauwerksmassen Die Gesamtlänge der Saale-Elster-Talbrücke von 8.577 m setzt sich aus der Hauptstrecke Erfurt–Leipzig mit 6.465 m und der Abzweig- strecke Halle mit 2.112 m zusammen. Die Breite des Überbaus beträgt bis 13,9 m, sie ist abhängig vom Gleisbogen. Im Aufwei- tungsbereich der Streckenvernetzung hat der Überbau eine Breite von bis zu 29,2 m. Die größte Höhe von Gelände bis Schienenober- kante beträgt ca. 22 m. Die Herstellung des Überbaus erfolgt mit 92 Zweifeldträgern, acht Einfeldträgern und vier Dreifeldträgern. Es werden 216 Einzelpfeiler errichtet, die mit Spundwänden gegründet sind. Bild 1: Verlauf Neu- baustrecke Bild 2: Lage Kilometrie- rung Saale- Elster-Talbrücke Ausführung der Spundwandgründung der Saale-Elster-Talbrücke Dipl.-Ing. Jörg Gnauert

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Ausführung der Spundwandgründung der Saale-Elster-Talbrücke

1 Einleitung

Die Saale-Elster-Talbrücke ist ein Teil desVerkehrsobjekts Deutsche Einheit und hat eineGesamtlänge von ca. 8,6 km. Ab 2017 werdenüber die Neubaustrecke ICEs zwischen Mün-chen und Berlin mit einer Geschwindigkeit vonbis zu 300 km/h verkehren. Die Reisezeit wirdvon heute sechs auf künftig vier Stunden ver-kürzt.

Die Auftragsvergabe erfolgte im August2006. Das vertragliche Bauende ist am 15. Dezem-ber 2012.

Ein Grundsatz beim Bau der Brücke ist diestrikte Trennung der Maßnahmen vom quartärenGrundwasserleiter. Die Gründung der Brückewird im Schutz eines wasserdichten Spundwand-kastens hergestellt, der bis in die wenig durch-lässigen Schichten der Verwitterungszone desBuntsandsteins bzw. der tertiären Sedimenteeingerammt wird. Diese Bedingung führte zumGründungskonzept der Saale-Elster-Talbrückemit Spundbohlen. Die Art der Gründung ist imPlanfeststellungsbeschluss festgeschrieben.

Ein weiterer Schwerpunkt beim Bau dieserBrücke ist der Schutz der hochwertigen Bio -tope.

Auftraggeber: DB Netz AG, vertreten durch die DB ProjektBau GmbH, Projektzentrum Leipzig

Auftragnehmer: Arbeitsgemeinschaft Saale-Elster-Talbrücke

2 Bauwerksmassen

Die Gesamtlänge der Saale-Elster-Talbrückevon 8.577 m setzt sich aus der Hauptstrecke Erfurt–Leipzig mit 6.465 m und der Abzweig-strecke Halle mit 2.112 m zusammen.

Die Breite des Überbaus beträgt bis 13,9 m,sie ist abhängig vom Gleisbogen. Im Aufwei -tungsbereich der Streckenvernetzung hat derÜberbau eine Breite von bis zu 29,2 m. Diegrößte Höhe von Gelände bis Schienenober -kante beträgt ca. 22 m.

Die Herstellung des Überbaus erfolgt mit 92Zweifeldträgern, acht Einfeldträgern und vierDreifeldträgern. Es werden 216 Einzelpfeilererrichtet, die mit Spundwänden gegründet sind.

Bild 1: Verlauf Neu-baustrecke

Bild 2: Lage Kilometrie-rung Saale-Elster-Talbrücke

Ausführung der Spundwandgründung der Saale-Elster-TalbrückeDipl.-Ing. Jörg Gnauert

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Es werden ca. 24.000 t Bewehrung BST 500,3.200 t Spannstahl St 1660/1860 und 180.000 m³Beton verbaut, mit den Festigkeitsklassen von C 30/37 bis C 35/45.

Für die Gründung werden Spundbohlenvom Typ Arcelor AZ 17–AZ 48 verwendet. Eswird eine Spundwandfläche von ca. 85.000 m²für die Gründung der Talbrücke eingerammt.Die Längen schwanken zwischen 9 und 25 m.

Zur Lasteinleitung in die Spundbohlen wer-den ca. 90.000 Kopfbolzendübel verschweißt.

3 Prinzipdarstellung der Baubereichefür die SpundwandeinbringungAnhand der Vorgaben aus der Planfeststel-

lung wurde das Baufeld in mehrere Abschnitteunterteilt. In zwei Abschnitten erfolgt das Ein-bringen der Spundbohlen von einer modifizier-ten Vorschubrüstung aus (Bild 4, rot gekenn-zeichnet).

In weiteren Abschnitten werden die Spund-wandkästen von einer aufgeständerten Bau -straße aus hergestellt (grün gekennzeichnet).

Im Bereich des Rattmannsdorfer Teicheswurden Spundwandkästen vom Ponton aus her-gestellt (magentafarben gekennzeichnet).

Für die Bereiche, die blau markiert sind,werden die Spundwandkästen von ebenerdigerBaustraße aus hergestellt.

3.1 Herstellen der Spundwandkästen vom modifizierten Vorschubgerüst (Vorkopfbauweise)

Beim Arbeiten von der modifizierten Vor-schubrüstung aus sind bestimmte Arbeitsabläufeeinzuhalten. Während des Vorschubes des Ge-rüstes muss der Seilbagger in der Ruhestellungabgestellt werden. Nachdem das Vorschub -gerüst so weit vorgeschoben wurde, dass dieersten Rammarbeiten ausgeführt werden kön-nen, wird der Seilbagger zur Arbeitsposition 1vorgefahren. Von dieser Position aus werdendie ersten Abstützbohlen für das Vorschubgerüsteingerammt (Bild 5 und 6).

Anhand dieser Rahmenbedingungen ist esnur möglich, die Spundbohlen freireitend ein-zubringen. Nach dem Einrammen der Abstütz-bohlen wird der Seilbagger in der Ruhestellungpositioniert und die modifizierte Vorschubrüs-tung so weit vorgeschoben, dass die Abstützungauf den Hilfsbohlen erfolgen kann.

Ist das Vorschubgerüst auf den Hilfsbohlenabgestützt, wird der Seilbagger zur Arbeitsposi-tion 2 vorgefahren (Bild 7). Von dieser Positionaus wird der Spundwandkasten freireitend ein-gebracht (Bild 8). Die Rammarbeiten könnenzum größten Teil ohne direkten Sichtkontaktvom Seilbaggerfahrer ausgeführt werden. Einwichtiger Punkt ist daher die Kommunikationzwischen Rammpolier und Geräteführer. Ins -besondere beim Einfädeln der Spundbohlen undbeim Aufsetzen der Ramme auf eine Spundbohleist dies sehr wichtig.

Stahlspundwände (9) – Planung und Anwendung

Bild 4: Lage der einzel-nen Baubereiche

Bild 3: Regelquerschnitt(Saale-Elster-Talbrücke)

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Ausführung der Spundwandgründung der Saale-Elster-Talbrücke

Die Einweisung des Geräteführers erfolgtzum großen Teil nur über Funk. GegenseitigesVertrauen ist bei diesen Arbeitsschritten uner-lässlich.

Von dieser Arbeitsposition einen geschlos-senen Spundwandkasten herstellen zu können,ohne eine Passbohle zu verwenden, ist einetechnologisch hohe Anforderung. Diese Anfor-derung wurde von uns bis jetzt immer erfüllt.

Sämtliche benötigten Materialien müssenüber die an der Seite des Gerüstes befindlicheContainerbahn nach vorn gefahren werden.

Alle weiteren erforderlichen Hebearbeitenfür den Aushub des Spundwandkastens und dieErstellung der Pfeiler während der Vorkopfbau-weise werden vom Seilbagger Sennebogen 660ausgeführt.

3.2 Herstellen der Spundwandkästen von aufgeständerter Baustraße aus

Gemäß Planfeststellung müssen in Teil -bereichen hochwertige Biotope geschützt und erhalten werden. Aufgrund dieser Rah-menbedingungen werden die für die Gründungvor gesehenen Spundwandkästen von einerauf geständerten Baustraße aus hergestellt. Für diese Bereiche können die Spundbohlenebenfalls nur freireitend eingebracht werden(Bild 9).

Aufgrund der Abmessungen der aufgestän-derten Baustraße kann der Seilbagger Senne -bogen 640 nur mit zusammengefahrenem Lauf-werk von Achse zu Achse fahren.

Bild 5: Abstützbohle bereit zum Vorstellen; Positionierung nur über Funk möglich Bild 6: Vorstellen und Fixieren der Abstützbohlen

Bild 7: Abgestützte Vorschubrüstung nach Herstellung eines Spundwandkastens Bild 8: Fast geschlossener Spundwandkasten

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Nur an den Pfeilerachsen ist die Baustraßeverbreitert worden. An jedem Einsatzort mussdas Laufwerk wieder auseinandergefahren wer-den, um einen sicheren Stand beim Einbringender Spundbohlen zu gewährleisten.

3.3 Herstellen der Spundwandkästen im Rattmansdorfer Teich

Eine weitere besondere Herausforderungwar das Einbringen der Spundwandkästen imRattmannsdorfer Teich. Die Rammarbeiten er-folgten vom Ponton aus. Der zum Einsatz kom-

mende Seilbagger Sennebogen 640, wurde aufeinem Stelzenponton, der mit hydrau lischenStützen abgestützt und positioniert werdenkann, gefahren. Mittels Schubboot wurde derPonton zum Einsatzort gebracht. Mit Präzisionwurde der Spundwandkasten in der Örtlich-keit entsprechend den Planvorgaben bei einerWassertiefe von bis zu 5 m mittels GPS, Laser-technik und Fingerspitzengefühl eingebracht.Die benötigten Spundbohlen wurden mit einemkleineren Ponton und Schubboot in Zugriffs -nähe des Seilbaggers transportiert. Ebenfallswurden die Spundbohlen nur freireitend ein-gebracht.

Stahlspundwände (9) – Planung und Anwendung

Bild 9: Vordergrund: Spundbohlen zum Rammenvorbereiten und verteilen; Hintergrund: Einfädelneiner Spundbohle

Bild 10: Baustraßenquerschnitt aufgeständerte Baustraße (Ausschreibungsunterlagen)

Bild 11: Nachrammen Spundwandkasten auf Soll-Höhe

Bild 12: Geschlossener und auf Höhe geschlagener Spundwandkasten

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Ausführung der Spundwandgründung der Saale-Elster-Talbrücke

3.4 Herstellen der Spundwandkästen von ebenerdiger Baustraße aus

Der größte Teil der Spundwandgründungenerfolgt von einer ebenerdigen Baustraße aus.Um jedoch die Beschädigung an Flora und Faunaso gering wie möglich zu halten, werden hierweiterhin die Spundbohlen freireitend einge-bracht. Im Gegensatz zum mäklergeführten Ein-bringen werden durch die Wahl dieser Techno-logie nur sehr kleine Rammebenen benötigt.Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist die fle-xible Einsetzbarkeit des Seilbaggers, der ohneirgendwelche Umbauarbeiten jegliche Art vonHebearbeiten ausführen kann. Weiterhin ist derSeilbagger mit Flachbodenplatten ausgestattet.

Das ermöglicht das Befahren von befestigtenBaustraßen, ohne dass Schädigungen auftreten.

Für den ebenerdigen Bereich gibt es ver-schiedene Ausführungen von Baustraßen. Invielen Bereichen werden die Baustraßen mit einer geschlossenen Entwässerung hergestellt.Für den Fall, dass Geräte einen Defekt erleidenund Öl verlieren, kann das komplette Öl aufge-fangen und fachgerecht entsorgt werden, ohnedass die hochwertigen Auenlandschaften belas-tet werden. Zum größten Teil werden die be -nötigten Baustraßen wieder zurückgebaut. Nurin einigen Bereichen werden bleibende Bau -straßen errichtet, die später als Wirtschafts- undWartungswege dienen sollen.

Bild 13: Rammarbeiten auf dem Rattmansdorfer Teich

Bild 15: Herstellen einesSpundwand -kastens von ebenerdigerBaustraße aus

Bild 14: Fertig gerammte Spundwandkästen imRattmansdorfer Teich

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4 Verwendete Rammtechnik

Es kommen für diese Baumaßnahme Ram-men mit unterschiedlichen Arbeits- und Wir-kungsprinzipien zum Einsatz. Die Rammen kön-nen in zwei Hauptgruppen unterteilt werden:Vibrations- und Schlagtechnik.

Die Vielzahl von Rammen ist für dieses Bau-vorhaben nötig, da verschiedene Baubereichemit den dargestellten unterschiedlichen Rah-menbedingungen zu bewältigen sind.

Mit der Vibrationsramme werden die Spund-bohlen vorgestellt. Zum benötigten Nachweisüber die eingebrachte Rammenergie kommenSchlagbären zum Einsatz.

5 Erforderliche Rammenergien Die Gründung mittels Spundbohlen erfolgt

bis in die Schichten der Verwitterungszone desBuntsandsteins bzw. in tertiäre Sedimentschich-ten. Es wurden mehrere Proberammungenund Spundwandprobebelastungen durchgeführt.Daraus wurden durch den Auftraggeber Forde-rungen abgeleitet (Bild 19).

An jedem Spundwandkasten wird an zweiDoppelbohlen der Nachweis über die erreichteRammenergie geführt und in einem großenRammbericht nach DIN 4026 dokumentiert.

6 ZusammenfassungEs handelt sich um eine sehr anspruchsvolle

Rammaufgabe, bedingt durch die in der Plan-feststellung festgeschriebenen Vorgaben unddie sich dadurch ergebenden unterschiedlichenBaubereiche. Weiterhin erfordert das Zusammen-spiel der modifizierten Vorschubrüstung mitdem Gerätekonzept für die Rammarbeit einekomplexe Arbeitsvorbereitung.

Die freireitende Einbringmethode hat sichaufgrund der Randbedingungen als richtigesund wirtschaftliches Konzept herausgestellt.Die hohen geforderten Rammenergien könnenmit den gewählten Schlagrammen und Träger-geräten eingebracht werden. Alle Spundwand-kästen müssen geschlossen werden, was über-all ohne Passbohle gelang.

BildnachweisBild 1, 2, 4: DB AGBild 5, 6, 8, 9, 10, 12, 13, 15: HuPBild 7: ARGE SETBild 14: www.Baustellen-doku.de

Stahlspundwände (9) – Planung und Anwendung

Bild 17: Technische Daten MS 32HF

Bild 16: Gliederung Rammtechnik

Bild 18: Technische Daten Junttan HHK 4A

Bild 19: Baugrund- und Gründungsgutachten Saale-Elster-Talbrücke