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TOPIC Aktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Allergieprävention TOPIC 25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte? PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE AUSGABE 04 / 2014 IN KLINIK UND PRAXIS UMWELTMEDIZIN Grün, natürlich, gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume ELTERNRATGEBER Wie verwende ich ein Peak-Flow-Meter korrekt?

AUSGABE 04 / 2014 PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIEnehmen. Albrecht Bufe, Bochum, tritt ob neuer Herausforderungen als Dekan an seiner Medizinischen Fakultät in die zweite Reihe. Unser Nestor

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TOPICAktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Allergieprävention

TOPIC25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte?

PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIEAUSGABE 04 / 2014

IN KLINIK UND PRAXIS

UMWELTMEDIZINGrün, natürlich, gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume

ELTERNRATGEBERWie verwende ich ein Peak-Flow-Meter korrekt?

PULMOZYME Fach-Inserat_210x280:Layout 1 15.12.2011 14:05 Uhr Seite 1

2 _ 3Editorial

Auch wenn wir in der Allergologie,

wie in vielen gesellschaftlichen und

politischen Bereichen, einen gewissen

Sättigungseffekt beobachten, herrscht

in der GPA rege Aufbruchsstimmung.

Nachdem wir im Januar diesen Jahres

einen neuen Vorstand gewählt haben

– ein Vorstand, der sich die von den

vier regionalen Arbeitsgemeinschaften

beschlossene AGEnda 2020 der GPA

auf die Fahne geschrieben hat – beginnt

schon der angestrebte Generationen-

wechsel: Christian Vogelberg, Dresden,

Vorsitzender der APPA, wird (vorbehalt-

lich der Zustimmung der Mitgliederver-

sammlung der GPA) bereits im Oktober

2014 beim Deutschen Allergiekongress

in Wiesbaden das Ruder der GPA über-

nehmen. Albrecht Bufe, Bochum, tritt

ob neuer Herausforderungen als Dekan

an seiner Medizinischen Fakultät in die

zweite Reihe. Unser Nestor Frank Fried-

richs, Aachen, und der sehr erfahrene

Vorstandsneuling Armin Grübl, Mün-

chen, bleiben unverändert im Team.

Erkennbar ist die Aufbruchsstimmung

ferner bereits am neuen „Outfit“ dieser

Ausgabe der „Pädiatrischen Allergologie

in Klinik und Praxis“. Mit einem neuen

Redaktionsteam, bestehend aus Frau Dr.

Susanne Meinrenken als Redaktions-

assistentin und Lektorin, der uns lange

bekannten Agentur iKOMM mit Herrn

Dr. Kümmel und Herrn Habicht an der

Spitze als Verlag sowie dem bewährten

Team aus Ute Lohschelder-Dreuw in

der Geschäftsstelle der GPA in Aachen

und den Schriftleitern Ernst Rietschel,

Armin Grübl, Christian Vogelberg und

Albrecht Bufe erleben wir hier das Neue

Layout unserer Zeitschrift. Nicht zu ver-

gessen sind unsere Ressortleiterinnen

und -leiter, die unverändert die bekann-

ten Rubriken bedienen.

Auch in unserem Kernthema Allergie-

prävention, dem Topic dieser Ausgabe,

herrscht Aufbruchsstimmung. Johanna

Bellach und Kirsten Beyer widmen sich

dem wieder einmal aktuellen Dauer-

thema der Prävention von Nahrungs-

mittelallergien und fassen neueste Er-

kenntnisse zur Rolle der Exposition

durch Nahrungsmittel zusammen.

Ulrich Wahn, der Pionier und Groß-

meister der Pädiatrischen Allergologie,

blickt zurück auf 25 Jahre Allergie-

prävention. Kritisch zeigt er uns, dass

wir trotz bedeutender Erkenntnisse aus

der Grundlagenforschung und vieler

klinischer Studien leider noch nicht

viel erreicht haben. Und doch herrscht

Optimismus, weil eine Reihe vielver-

sprechender Optionen am Horizont

erkennbar sind. Das Titelbild der Zeit-

schrift verweist auf den Ort, dem einige

Hoffnungen gelten: der traditionellen

Stallumgebung. Die Erkenntnisse aus

den berühmten Bauernhof-Studien, die

wir seit über 15 Jahren analysieren, füh-

ren zu neuen Konzepten der Allergie-

prävention. Im neuen Journal-Club be-

richten wir über ein weiteres Puzzleteil

hierzu: der Bedeutung von Exposition

gegenüber Allergenen und dem Mikro-

biom. Pünktlich zu dieser Ausgabe

der GPA-Zeitschrift erscheint die aktua-

lisierte S3-Leitlinie Allergieprävention,

die unter Federführung von Torsten

Schäfer im Auftrag der DGAKI und un-

ter maßgeblicher Beteiligung der DGKJ,

der GPA und vieler anderer Gruppen

aus dem Fachgebiet jüngst fertiggestellt

wurde. Wir veröffentlichen eine Kurz-

fassung. Die Langfassung finden Sie

im Allergo Journal und auf der AWMF-

Homepage. Wir wollen Ihnen die wich-

tigsten Empfehlungen und Stellungnah-

men der Leitlinie für die Anwendung in

der täglichen Umsetzung präsentieren.

Im Übrigen finden

Sie in diesem Heft

unverändert Beiträge,

Kurznachrichten und

Informationen aus unseren Ressorts,

Berichte und Hinweise zu Fortbildungen

und Kongressen, Fragen an den Aller-

gologen, das Magazin und vieles mehr.

Wir hoffen, Sie auf einer der vielen

Veranstaltungen der GPA und unserer

regionalen Arbeitsgemeinschaften, auf

die auch hier in unserer Ausgabe wieder

kurz hingewiesen wird, oder dem Deut-

schen Allergiekongress in Wiesbaden

wiederzusehen und wünschen uns, dass

Sie von der Aufbruchsstimmung in der

GPA angesteckt werden.

Das Wichtigste zum Schluss: Wir kom-

men nicht nur im neuen Layout und

mit neuem Verlag daher; wir sind auch

auf dem Weg in die Welt der elektro-

nischen Medien, wie in der AGEnda

2020 beschlossen: Diese Ausgabe der

Pädiatrischen Allergologie erscheint ab

Oktober zunächst nur für Mitglieder der

GPA zusätzlich als ePaper. Die Ausga-

ben 4/2014 und die im Januar erschei-

nende Nr. 1/2015 werden zudem noch

gedruckt und per Post versandt werden.

Danach wird die GPA-Zeitschrift nur

noch als ePaper erscheinen. Wie Sie

den Zugang zum ePaper erhalten

können, erläutern wir in diesem Heft

auf Seite 38 („In eigener Sache“).

Albrecht Bufe und Christian Vorgelberg

Liebe Kolleginnen und Kollegen der GPA! ACHTUNG„Die Pädiatrische Allergologie“ ab sofort auch als ePaper.

Weitere Informationen finden Sie auf Seite 38.

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Herausgeber:

Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und

Umweltmedizin e. V., Rathausstraße 10, 52072 Aachen,

Tel. 02 41 / 98 00 - 4 86, Fax 02 41 / 98 00-2 59,

[email protected], www.gpaev.de

Verlag:

iKOMM • Information und Kommunikation im

Gesundheitswesen GmbH, Friesenstraße 14,

53175 Bonn, Tel. 02 28 / 37 38 41, Fax 02 28 / 37 38 40,

[email protected], www.ikomm.info

Verlagsleitung: Dr. Ulrich Kümmel

Schriftleitung:

Prof. Dr. Albrecht Bufe, Universitätsklinik

Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum,

[email protected]; Dr. Armin Grübl, Kinderklinik

München-Schwabing, Klinik und Poliklinik f. Kinder- und

Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 80804 München,

[email protected]; Dr. Ernst Rietschel, Klinik für

Kinder und Jugendliche der Universitätsklinik Köln,

Kerpener Str. 62, 50924 Köln, [email protected];

PD Dr. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum

Carl Gustav Carus, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden,

[email protected]

Ressortschriftleiter:

Prof. Dr. med. Kirsten Beyer, Pädiatrie mit Schwerpunkt

Immunologie und Pneumologie, Charité Universitätsmedizin,

13353 Berlin (Topic Nahrungsmittel); Dr. med. Peter J.

Fischer, Schwäbisch Gmünd (Elternratgeber); Dr. med. Frank

Friedrichs, Aachen (Gesundheitspolitik), Dr. Armin Grübl,

Kinderklinik München-Schwabing, Klinik und Poliklinik f.

Kinder- und Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 80804

München (Umweltmedizin); Prof. Dr. M. Kopp, Klinik für

Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck (Fragen

an den Allergologen); Dr. Th. Lob-Corzilius, Kinderhospital

Osnabrück, 49082 Osnabrück (Umweltmedizin), PD Dr. H. Ott,

Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, 22149 Hamburg

(Pädiatrische Dermatologie); Prof. Dr. med. Torsten Schäfer,

Immenstadt (Leitlinie); Prof. Dr. med. Ulrich Wahn, Charité,

Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie,

13353 Berlin (Topic Forschung Allergieprävention); Prof.

Dr. med. Volker Wahn, Charité, Klinik für Pädiatrie m. S.

Pneumologie und Immunologie, 13353 Berlin (Pädiatrische

Immunologie)

Wissenschaftlicher Beirat:

PD Dr. T. Ankermann, PD Dr. G. Frey, Dr. W. Lässig,

Dr. W. Rebien, Dr. S. Scheewe, Dr. K. Schmidt,

PD Dr. S. Schmidt, Prof. Dr. A. Schuster, Dr. Th. Spindler,

Prof. Dr. V. Stephan

Redaktion:

Dr. Susanne Meinrenken, Am Schäferhof 3, 28759 Bremen,

[email protected]

Bildnachweis:

Prof. A. Bufe: S. 3 links, Foto privat |

fotolia.com: smarco, Titelseite; MaxRiesgo, S. 26;

emer, S. 28; grafikplusfoto, S. 29; evgenyatamanenko, S. 31;

Picture-Factory, S. 40 | Prof. M. Kopp: S. 29 unten,

Foto privat | pixabay.com: S. 7 (Abbildung 1) |

Shutterstock: bokan, S. 8 | Shotshop.com: pressmaster,

S. 6 | Dr. Ch. Vogelberg: S. 3 rechts, Foto privat |

Prof. V. Wahn: S. 23, Fotos privat

Anzeigenleitung:

iKOMM GmbH, Albrecht Habicht.

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 1. Januar 2014

Erscheinungsweise:

Die Pädiatrische Allergologie in Klink und Praxis erscheint

vierteljährlich jeweils am Beginn des Quartals.

Bezugspreise:

Einzelheft: 15,00 Euro, Jahresabonnement: 42,00 Euro,

Jahresabonnement für Studenten (bei Vorlage einer

Bescheinigung): 31,50 Euro, (jeweils zzgl. Versandkosten).

Layout: kippconcept gmbh, Bonn

ISSN: 1435-4233

Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 17. Jg / Nr. 4

TOPIC6 Prävention von Nahrungsmittel-

allergien durch frühe Exposition mit Nahrungsmitteln Für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restrik-

tion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene

im ersten Lebensjahr gibt es keine Belege; Experten

empfehlen jedoch auch nicht das gezielte Einführen

potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr.

Mögliche präventive Effekte und Risiken der frühen

Einführung potenter Nahrungsmittelallergene werden

diskutiert.

11 25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte? Nach 2½ Dekaden intensiver, oft hochkompetitiver

Forschung scheint es heute an der Zeit zuzugeben, dass

die meisten der Konzepte zu Interventionsstrategien

hinsichtlich der Entwicklung allergischer Erkrankungen

die gewünschten Effekte nicht erkennen lassen.

14 S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014 Gekürzte Fassung der aktuellen 2. Überarbeitung der

S3-Leitlinie Allergieprävention

WEITERE THEMEN23 Neue Immundefekte (11)

CVID-ähnlicher Immundefekt mit ausgeprägter

Autoimmunität bei Defekt der Proteinkinase Cδ

25 Differenzialdiagnosen des atopischen EkzemsSeborrhoisches Säuglingsekzem

27 Im Quartett gegen Allergien Vorstellung des neu gegründeten „Aktionsforum

Allergologie“ von Dermatologen, HNO-Spezialisten,

Pädiatern und Pneumologen

28 Fragen an den AllergologenSymptomatik unter Hyposensibilisierung

31 Grün, natürlich, gesund: die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume Exzerpt und Zusammenfassung der Ergebnisse

des gleichnamigen F+E-Vorhabens des Bundesamts

für Naturschutz mit dem Fokus auf Prävention aus

pädiatrischer und pädiatrisch allergologischer Sicht

(unter Mitarbeit der WAG Umwelt der GPA).

ELTERNRATGEBER36 Wie verwende ich

ein Peak-Flow-Meter korrekt? Mit dem Peak-Flow-Meter können

Patienten zu Hause die Weite der Atemwege

messen und dokumentieren.

IN EIGENER SACHE / JOURNAL CLUB38 „In eigener Sache“

38 Buchrezension

39 Allergenexposition im ersten Lebensjahr auch bei Stadtkindern entscheidend(Lynch et al. J Allergy Clin Immunol 2014)

VERANSTALTUNGEN30 Tagungen40 Termine

Inhalt / Impressum

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

Kein Verzicht auf potente Nahrungsmittelallergene nach dem vierten LebensmonatDie deutsche S3-Leitlinie zur Allergie-

prävention (s. Topic Leitlinie in dieser

Ausgabe) und die aktuelle europäische

Leitlinie der European Academy of Al-

lergy and Clinical Immunology (EAACI)

zur primären Prävention von Nahrungs-

mittelallergien empfehlen, alle Kinder

in den ersten vier Lebensmonaten voll

zu stillen [22, 26].

Wenn dies nicht möglich oder nicht

gewollt ist, sollten Kinder mit positivem

familiärem Atopiestatus hypoallergene

Säuglingsmilch erhalten. Nach voll-

endetem viertem Lebensmonat gibt es

aus allergologischer Sicht keinen Grund,

die Einführung der Beikost zu verzö-

gern, da ein allergiepräventiver Effekt

dafür nicht belegt werden kann. Der

Verzicht auf potente Nahrungsmittel-

allergene (s. Abb. 1) wird weder wäh-

rend der Schwangerschaft noch in der

Stillzeit empfohlen. Auch für die diä-

tetische Restriktion durch Meidung

potenter Nahrungsmittelallergene im

ersten Lebensjahr gibt es keine aus-

reichende Evidenz.

Über mehrere Jahrzehnte wurde die

Allergenvermeidung vor allem bei Kin-

dern mit erhöhtem Allergierisiko emp-

fohlen, um der Entstehung von Nah-

rungsmittelallergien vorzubeugen. Seit

der Re-Evaluation der Allergiepräven-

tionsempfehlungen im Jahre 2008 wur-

de diese Empfehlung aufgrund fehlen-

der Belegbarkeit weltweit zurückge-

nommen [8, 26]. Die fehlende Evidenz

für den schützenden Effekt einer diäte-

tischen Restriktion bedeutet nicht

zwangsläufig, dass das Gegenteil – also

die frühe Exposition mit Nahrungsmit-

telallergenen in den ersten Lebensjahren

– präventiv wirkt. Es folgen daraus aber

unweigerlich Überlegungen, warum

diese vermeidende Maßnahme nicht die

erhoffte Protektion bewirkte und welche

Vorbeugungsmaßnahmen stattdessen

wirksamer sein könnten.

Allergenexposition über die Haut als Risikofaktor?Nahrungsmittelallergien sind antigen-

spezifische Erkrankungen: Auch wenn

die Vermeidung der oralen Exposition

mit potenten Nahrungsmittelallergenen

in der frühen Kindheit nicht den erhoff-

ten Schutz zu bieten scheint, kann eine

Prävention von Nahrungsmittelallergien durch frühe Exposition mit NahrungsmittelnJohanna Bellach, Kirsten Beyer

Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin

Bis zu 8 % der Kinder sind weltweit von Nahrungsmittelallergien betroffen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Prävalenz in den

letzten Jahrzehnten zugenommen hat [28]. Da es bis heute keine kausalen Therapiemöglichkeiten für Nahrungsmittelallergien

gibt, haben präventive Strategiemaßnahmen einen hohen Stellenwert. Die für Risikokinder lange propagierte diätetische Res-

triktion potenter Nahrungsmittelallergene in der Ernährung der Mutter während Schwangerschaft und Stillzeit und des Kindes

in den ersten Lebensjahren wird allerdings seit 2008 nicht mehr empfohlen. Auch in der in diesem Heft vorgestellten neues-

ten Version der Leitlinie gilt, dass nach dem vollendeten vierten Lebensmonat aus allergologischer Sicht nichts gegen eine Bei-

kosteinführung spricht (s. Seite 14). Ein Problem bleiben nach wie vor „allergene“ Nahrungsmittel. Obwohl es für einen präventi-

ven Effekt einer diätetischen Restriktion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr keine Belege gibt

und sie deshalb nicht erfolgen sollte, empfiehlt insbesondere die neue Europäische Leitlinie auch nicht das gezielte Einführen

potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr.

In diesem Beitrag werden aktuelle Fragen, wie die mögliche Aufnahme von Allergenen über die Haut und die möglicherweise

protektive Wirkung, aber auch die Risiken der frühen Einführung von Hühnerei, Erdnuss etc. diskutiert.

Topic 6 _ 7

© Johanna Bellach, Berlin

Exposition mit den betreffenden Nah-

rungsmittelallergenen nicht irrelevant

für eine Allergieentstehung sein. Es gibt

Hinweise darauf, dass eine Sensibilisie-

rung und folgende Allergieentwicklung

über den Kontakt mit der Haut entste-

hen kann. In einem Tiermodell wurde

gezeigt, dass die Exposition von Mäusen

mit Hühnerei (Ovalbumin) oder Erd-

nuss auf abgeschürfter Haut zu Sensibi-

lisierungen führt [30]. Bei einem sechs

Monate alten Kind, das an atopischer

Dermatitis erkrankt war, konnten in der

entzündeten Haut bzgl. Erdnussallergen

spezifische T-Zellen isoliert werden.

Erdnuss war in die Ernährung des Kin-

des noch nicht eingeführt worden; die

Mutter des Kindes hatte sich ebenfalls

während der Schwangerschaft und Still-

zeit streng erdnussfrei ernährt [33]. Des

Weiteren wurden Hinweise darauf ge-

funden, dass die Applikation von Erd-

nussöl auf die entzündete Haut mit

einem höheren Risiko für die Entwick-

lung einer Erdnussallergie bei kleinen

Kindern verbunden ist [17]. In mehreren

Studien wurde Erdnussprotein in der

häuslichen Umgebung wie z. B. im Haus-

staub nachgewiesen [2, 3, 32]. Je mehr

Erdnussprodukte im Haushalt konsu-

miert wurden, desto größere Mengen an

Erdnussprotein wurden im Hausstaub

gefunden [3]. Ebenfalls konnten relevan-

te Mengen an Erdnussallergen sowohl

im Speichel als auch auf den Händen

nach der Verwendung von Erdnuss-

produkten nachgewiesen werden [21, 24].

In einer prospektiven Beobachtungs-

studie waren Kinder mit einer Erdnuss-

allergie im Vergleich zu atopisch vorbe-

lasteten Kindern ohne Erdnussallergie

einer 10-fach höheren häuslichen Expo-

sition gegenüber Erdnuss ausgesetzt [7].

Für den Sensibilisierungsweg über die

Haut könnte ebenfalls sprechen, dass

ungefähr jedes dritte Kind mit einer

atopischen Dermatitis zusätzlich eine

Nahrungsmittelallergie entwickelt [5, 6].

Ein zentrales Element der Erkrankung

des atopischen Ekzems ist die defekte

Barrierefunktion der Haut [31]. Beson-

ders gefährdet für die Entwicklung einer

Nahrungsmittelallergie sind die Kinder,

die bereits in den ersten sechs Lebens-

monaten eine atopische Dermatitis ent-

wickeln. Das Risiko steigt hierbei noch

zusätzlich mit der Schwere des Ekzems

an [11, 16, 17, 18].

Frühe orale Allergenexposition als protektiver Faktor?Wenn Allergenexposition über die Haut

zu Sensibilisierungen und Allergien

führen kann, stellt sich die Frage, ob

umgekehrt vielleicht die frühe Expo-

sition über den Magendarmtrakt vor

der Entwicklung einer Allergie auf das

betreffende Nahrungsmittel schützen

kann. Im Mausmodell konnte gezeigt

werden, dass eine hohe oral verabreich-

te Einzeldosis von Nahrungsmittelaller-

genen wie Erdnuss, Kuhmilch (β-Lacto-

globulin) und Hühnerei (Ovalbumin)

eine orale Toleranz des betreffenden

Nahrungsmittels bewirkt und eine IgE-

Sensibilisierung verhindert [29].

Ebenfalls geben ökologische Studien-

daten Hinweise auf einen Zusammen-

hang zwischen früher oraler Exposition

und Toleranzentwicklung: In Ländern

wie Israel und den Philippinen sind

Erdnüsse als Lebensmittel sehr beliebt.

Sie werden in diesen Ländern auch

während der Schwangerschaft und frü-

hen Kindheit gegessen. Erdnussallergien

stellen hier jedoch extrem seltene Er-

krankungen dar. Dagegen kommen in

Großbritannien und den USA Erdnuss-

allergien häufiger vor. Erdnussprodukte

werden dort ebenfalls in hohen Mengen

konsumiert, aber über mehrere Jahr-

zehnte wurde in diesen Ländern der Ver-

zicht auf solche Nahrungsmittel wäh-

rend der Schwangerschaft und den

ersten Lebensjahren empfohlen [10, 12,

16, 19, 20, 27].

Die genannten Länder unterscheiden

sich natürlich nicht nur in Bezug auf

die beschriebenen Präventionsempfeh-

lungen früherer Jahre; Gründe für die

unterschiedlich hohe Prävalenz von

Erdnussallergien könnten auch in dif-

ferierenden Lebensstilen, einer generell

niedrigeren Rate von atopischen Erkran-

kungen [1] oder genetischen Unterschie-

den liegen.

Vor diesem Hintergrund wurden in

einer gemeinsamen Untersuchung des

King’s College in London und der Uni-

versität in Tel Aviv jüdische Kinder aus

Israel mit jüdischen Kindern in Groß-

britannien im Alter von 8–14 Monaten

verglichen: Es zeigte sich eine 10-fach

höhere Prävalenz von Erdnussallergien

Abbildung 1. Die wichtigsten Nahrungsmittel- allergene im Kindesalter

Kuhmilch

Hühnerei

Erdnüsse

Baumnüsse (z. B. Haselnuss)

Weizen

Soja

Fisch

Schalentiere (z. B. Shrimps)

Samen (z. B. Sesam)

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

bei den britischen Kindern, wobei die

Kinder in Israel in ihrer frühen Kindheit

signifikant mehr und häufiger Erdnuss-

produkte konsumierten [4]. Auch aus

anderen Beobachtungsstudien gibt es

Hinweise darauf, dass eine frühe Ein-

führung von hochpotenten Nahrungs-

mittelallergenen in die Beikost vor

Nahrungsmittelallergien schützen kann.

In der australischen HealthNuts-Studie,

bei der 2.589 Kinder untersucht wurden,

stieg das Risiko für die Entwicklung

einer Hühnereiallergie kontinuierlich

mit dem Alter bei Hühnereieinführung

an: Kinder, bei denen Hühnerei erst

nach dem ersten Lebensjahr eingeführt

wurde, zeigten ein über 3-fach erhöhtes

Risiko, an einer Hühnereiallergie zu

erkranken im Vergleich zu Kindern,

die bereits zwischen dem vierten und

sechsten Lebensmonat Hühnerei

gegessen hatten. Dieser Effekt ließ sich

sowohl bei Kindern mit niedrigem

als auch mit höherem Allergierisiko

(Kinder mit Ekzem, Nahrungsmittel-

reaktionen in der Vorgeschichte und /

oder Nahrungsmittelallergien in der

Familie) nachweisen [14]. Ebenso zeigte

sich in einer amerikanischen Geburts-

kohortenstudie die späte Einführung

von Getreideprodukten nach dem sechs-

ten Lebensmonat als ein Risikofaktor für

die Entwicklung einer Weizenallergie

[25]. In einer prospektiven Beobach-

tungsstudie mit 13.019 israelischen Kin-

dern wurden Hinweise darauf gefunden,

dass teilgestillte Kinder, die bereits in

den beiden ersten Lebenswochen in

Kontakt mit Kuhmilchprotein kamen,

signifikant seltener an einer Kuhmilch-

allergie erkrankten als Kinder, bei denen

dies nicht der Fall war [13].

Hiervon unterschieden sich jedoch die

Ergebnisse der Untersuchung von Kin-

dern aus der europäischen EuroPrevall-

Geburtskohorte: Kinder, bei denen die

Beikost vor der 17. Lebenswoche ein-

geführt wurde, hatten ein höheres Risiko,

im zweiten Lebensjahr an einer Nah-

rungsmittelallergie erkrankt zu sein. Es

wurden aber Hinweise darauf gefun-

den, dass gleichzeitiges Stillen bei der

Einführung von hochpotenten Nahrungs-

mittelallergenen das Risiko für die Ent-

wicklung von Nahrungsmittelallergien

reduziert [9]. Eine besondere Rolle unter

den Nahrungsmittelallergenen scheint

Fisch einzunehmen; die Ergebnisse einer

schwedischen Geburtskohortenstudie

deuten darauf hin, dass der regelmä-

ßige Fischkonsum während des ersten

Lebensjahres insgesamt vor Sensibilisie-

rungen und Allergien schützt [15].

Interventionsstudien zur Prävention durch die frühe orale Exposition mit NahrungsmittelallergenenDie oben genannten Ergebnisse aus

Beobachtungsstudien geben Hinweise

darauf, dass eine frühe Exposition mit

hochpotenten Nahrungsmittelallergenen

bei Kindern eine Toleranz gegenüber

den betreffenden Nahrungsmitteln för-

dern und vor Nahrungsmittelallergien

schützen könnte. Diese Hinweise wer-

den derzeit in verschiedenen Interven-

tionsstudien überprüft (s. Tab. 1).

Die Mehrzahl dieser Studien unter-

sucht den protektiven Effekt der frühen

Einführung eines spezifischen Nah-

rungsmittels, entweder Hühnerei oder

Erdnuss. Allerdings variiert das Risiko

für die Entwicklung von Nahrungsmit-

telallergien zwischen den betrachteten

Studienpopulationen durch die unter-

schiedlichen Einschlusskriterien: In der

britischen LEAP-Study und der deut-

schen PEAP-Studie wird der protektive

Effekt einer frühen oralen Exposition

mit Erdnussprotein bei Hochrisiko-

kindern (Kinder mit einer atopischen

Dermatitis und / oder Nahrungsmittel-

allergie) untersucht. Bei zwei austra-

lischen Studien (STEP und BEAT) zur

Prävention von Hühnereiallergien durch

frühzeitige Hühnereigabe werden Kinder

mit einem mittleren Risiko (Kinder mit

einem positiven familiären Atopiestatus)

betrachtet. Dagegen wird der protektive

Effekt einer frühzeitigen Hühnereiein-

führung bei allen Kindern – unabhängig

von einer atopischen Vorbelastung – in

der deutschen HEAP-Studie untersucht.

Die britische EAT-Study richtet sich

Topic 8 _ 9

1 International Clinical Trials Registry Platform: http://www.who.int/ictrp/search/en/

Tabelle 1. Derzeit laufende Interventionsstudien zur Prävention von Nahrungsmittelallergien durch die frühe Exposition mit Nahrungsmittelallergenen

ebenfalls an die Gesamtpopulation aller

Kinder: Hier wird der mögliche schüt-

zende Effekt einer frühen Einführung

(bereits im dritten Lebensmonat) von

hochpotenten Nahrungsmittelallergenen

(Kuhmilch, Hühnerei, Erdnuss, Fisch,

Weizen und Sesam) unter dem Schutz

der Muttermilch geprüft.

Eine australische randomisierte placebo-

kontrollierte Interventionsstudie zur Prä-

vention von Hühnereiallergien (STAR-

Study) durch frühe Hühnereigabe wurde

aus finanziellen Gründen zwar vorzeitig

beendet, konnte jedoch dadurch ihre

Ergebnisse bereits im letzten Jahr pub-

lizieren. In diese Studie wurden 86 Hoch-

risikokinder (Kinder mit einer atopi-

schen Dermatitis) eingeschlossen und in

zwei Gruppen randomisiert:

� Die Interventionsgruppe erhielt

zwischen dem vierten und achten

Lebensmonat täglich einen Teelöffel

rohes pasteurisiertes Hühnereipulver

(ca. 1 / 6 Hühnerei),

� die Kontrollgruppe täglich einen

Teelöffel Reispulver.

Bis zum achten Lebensmonat wurden

alle teilnehmenden Kinder (abgesehen

vom Studienpulver bei Kindern der

Interventionsgruppe) hühnereifrei er-

nährt. Danach fand in beiden Gruppen

eine Hühnereieinführung in Form von

hartgekochtem Hühnerei statt (2 Tee-

löffel, entspricht ca. 1 / 6 eines Hühner-

eis). Wurde das gekochte Hühnerei gut

vertragen, wurde die Gabe von gekoch-

tem Hühnerei bis zum 12. Lebensmonat

fortgeführt. Mit Beendigung des ersten

Lebensjahres erhielten alle Kinder eine

offene Provokation mit rohem Hühnerei.

Es zeigte sich, dass ein geringerer, aber

nicht signifikanter Anteil der Verum-

gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe

die Diagnose einer Hühnereiallergie

erhielt (33 % versus 51 %). Dass der

Unterschied nicht statistisch signifikant

war, könnte auf den zu kleinen Stich-

probenumfang zurückgeführt werden.

Das Studienergebnis könnte also

durchaus einen Trend anzeigen, dass

die frühe Gabe von Hühnerei bei Hoch-

risikokindern zu einer Toleranz von

Hühnerei führt. Gleichzeitig zeigten

jedoch ca. ein Drittel (15 / 49) der Kinder

in der Verumgruppe eine allergische

Reaktion auf das Hühnereipulver, wobei

die meisten dieser Reaktionen (10 / 15)

bereits bei der ersten Gabe auftraten. Ein

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

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Kind entwickelte sogar eine schwere

anaphylaktische Reaktion. Bei 36 %

der Kinder beider Gruppen konnten im

Alter von vier Monaten – noch vor der

Beikosteinführung – IgE-Antikörper

gegen Hühnerei (> 0,35 kUA/l) nachge-

wiesen werden [23].

Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass

bei Hochrisikokindern bei der Emp-

fehlung zur frühen Einführung von

hochpotenten Nahrungsmittelallergenen

Vorsicht geboten ist. Leider sind es na-

türlich gerade diese Hochrisikokinder,

für die der möglicherweise schützende

Effekt durch eine frühe orale Exposition

als präventive Maßnahme besonders

wichtig sein könnte. Aus der hohen

Anzahl an bereits sensibilisierten Kin-

dern im Alter von vier Monaten ließe

sich aber auch schließen, dass die orale

Exposition eventuell schon zu einem

früheren Zeitpunkt stattfinden müsste.

AusblickViele Fragen bezüglich der primären

Prävention von Nahrungsmittelallergien

durch die frühe Exposition mit Nah-

rungsmittelallergenen bleiben leider

weiterhin unbeantwortet. Die derzeitig

laufenden Interventionsstudien (s. Tab. 1)

werden hoffentlich einen Teil zu deren

Beantwortung beitragen können. Eine ge-

meinsame Analyse der australischen und

europäischen Studien ist innerhalb des

EU-finanziertem Projekts iFAAM geplant.

Auf dem jetzigen Stand der Wissenschaft

lässt sich weder eine Empfehlung zu

einer verspäteten Einführung von hoch-

allergenen Nahrungsmitteln mit der Bei-

kost rechtfertigen noch gibt es eindeutige

Belege dafür, dass eine frühe Einführung

vor der Entwicklung von Nahrungsmit-

telallergien schützt.

Charité Universitätsmedizin Berlin

Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie

Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin

[email protected] | www.charite-ppi.de

Prof. Dr. med. Kirsten Beyer

Für Frau Johanna Bellach besteht kein conflict of interest bzgl. ihres Beitrags.

Topic 10 _ 11

Die Rolle der Säuglingsernährung zur PrimärpräventionStrategien zu einer präventionsorien-

tierten Säuglingsernährung betrafen

zumeist eine noch gesunde Säuglings-

population mit entweder durchschnitt-

lichem oder deutlich erhöhtem Krank-

heitsrisiko. Der Effekt konsequenten

Stillens hat unter Kinderärzten immer

wieder großes Interesse gefunden,

konnte jedoch nie in einem streng

wissenschaftlichen Rahmen als rando-

misierte kontrollierte Studie prospektiv

überprüft werden, da es bis heute als

ethisch nicht vertretbar gilt, in einem

randomisierten Studiendesign Säug-

linge auf verschiedene Studienarme

mit unterschiedlichen Ernährungsre-

gimes zu verteilen. Aus diesem Grund

ist die – oft emotionale – Kontroverse

um die Bedeutung des konsequenten,

ausschließlichen oder verlängerten

Stillens bis heute nicht beendet. In

wohlhabenden Industrienationen gibt es

begründete Empfehlungen für ein aus-

schließliches Stillen über mindestens

vier Monate; die Argumente dazu haben

jedoch nichts mit Allergieprävention zu

tun. Globale Empfehlungen zum Stillen

im Säuglingsalter orientieren sich nur

zum Teil an dokumentierter Evidenz zur

Erhaltung von Public Health. Vielfach

mischen sich in die Empfehlungen

politische und ideologische Vorurteile

anstelle wissenschaftlicher Evidenz [5].

In einigen Ländern, darunter im

deutschsprachigen Raum, sind Hy-

drolysatnahrungen als Ersatz für die

Muttermilch Teil von Empfehlungen

und Leitlinien. Dabei geht es um die im

Rahmen der GINI-Studie dokumentierte

Intervention in den ersten sechs Lebens-

monaten: Hier ließ sich zeigen, dass

partiell ebenso wie extensiv hydroly-

sierte Säuglingsnahrung aus Molke oder

Kasein die Manifestation der atopischen

Dermatitis im Säuglingsalter unter-

schiedlich stark signifikant reduziert.

Dieser Effekt konnte inzwischen über

die gesamte erste Lebensdekade als

nachhaltig dokumentiert werden. Ein

Effekt der Hydrolysatfütterung auf die

allergische Sensibilisierung im Sinne

einer verminderten IgE-Antwort auf

Nahrungsmittelallergene konnte jedoch

bis heute nicht überzeugend nachge-

wiesen werden, auch fanden sich keine

Hinweise auf eine Reduktion allergi-

scher Atemwegserkrankungen. Daher ist

der singuläre Effekt auf das atopische

Ekzem mechanistisch bisher nicht aus-

reichend verstanden [11].

Die Ergänzung der Säuglingsnahrung

durch präbiotische Oligosaccharide hat

im Tierversuch deutliche Hinweise auf

einen immunmodulatorischen Effekt

ergeben (Heraufregulation von TH1,

Herunterregulation von TH2). Die Über-

prüfung der Effekte bei menschlichen

Säuglingen ohne erhöhtes Allergierisiko

in der Familie konnte in der Tat zeigen,

dass ähnlich wie Hydrolysate auch Prä-

biotika die Inzidenz der atopischen Der-

matitis signifikant zu reduzieren vermö-

gen [3]. Ein Effekt auf die Entwicklung

der allergischen Sensibilisierung war

25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte?Ulrich Wahn, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin

Vor über 25 Jahren sind pädiatrische Allergologen in ganz Europa und den USA angetreten, sich in Arbeitsgruppen und kleine-

ren nationalen Fachgesellschaften wissenschaftlich mit der Entwicklung des Immunsystems des Kindes vor allem in Bezug auf

die Entwicklung allergischer Erkrankungen zu beschäftigen [14]. Überall war großer Enthusiasmus erkennbar, da epidemiologi-

sche Daten zeigten, dass allergische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter dabei waren, sich zu einer der großen Epidemien

des 21. Jahrhunderts zu entwickeln. Den atopischen Erkrankungen ist eine Sequenz unterschiedlicher klinischer Manifestationen

sowie der typischen Entwicklung allergischer Sensibilisierungen eigen. Dies war geradezu eine Herausforderung für die Prädik-

tion allergischer Erkrankungen im frühen Säuglingsalter – zunächst über Biomarker, später über genetische Polymorphismen.

Lange schien es so, als seien Interventionsstrategien zur Primär- und Sekundärprävention, die auf einem neuen und fundierten

Verständnis des „Allergischen Marsches“ basierten, nur noch eine Frage der Zeit [1].

Nach 2½ Dekaden intensiver, oft hochkompetitiver – sowohl grundlagenorientierter als auch klinischer – Forschung scheint es

heute an der Zeit zuzugeben, dass die meisten unserer Konzepte zu Interventionsstrategien die gewünschten Effekte mit einer

Umkehr des epidemiologischen Trends nicht erkennen lassen.

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

allerdings nicht erkennbar. Die Debatte

über Effekte und Effektstärken durch

Veränderung der Säuglingsnahrung, ins-

besondere auf dem Feld probiotischer

Supplementierungen etwa mit Lakto-

bazillen oder Bifidusbakterien, ist bis

heute lebhaft. Kaum ein Monat vergeht,

in dem nicht im internationalen Schrift-

tum neue Daten über ermutigende oder

enttäuschende Effekte von Probiotika

beschrieben werden [8, 10, 13].

Elimination von UmweltallergenenFrühe Studien aus den 1990er Jahren

haben sich damit beschäftigt, die Be-

lastung von Umweltallergenen in den

ersten Lebensjahren, insbesondere aus

dem häuslichen Bereich, zu reduzieren,

zumal das frühkindliche Sensibilisie-

rungsrisiko mit der Innenraumallergen-

exposition in Querschnitts- und Längs-

schnittsstudien erkennbar assoziiert

war. Umso enttäuschender waren die

Ergebnisse der meisten Interventions-

studien zur Reduktion von Hausstaub-

milben und Tierallergenen im häus-

lichen Bereich: Nur eine einzige Studie

von der Isle of Wight konnte einen

Interventionseffekt zur Allergenreduk-

tion gemeinsam mit der Ernährung

durch eine hydrolysierte Säuglings-

formel beschreiben [2].

Die mitunter geäußerte Vorstellung, dass

Allergenvermeidung prinzipiell eine

falsche und deshalb ineffektive Strategie

sei, ist keinesfalls gut begründet.

In der vergangenen Dekade haben wir

aus der – glücklicherweise vorüber-

gehenden – Epidemie einer Latex-

allergie gelernt, dass die vollständige

Vermeidung einer Latexexposition,

etwa für besonders gefährdete Risiko-

kinder mit Spina bifida, in latexfreien

Operationssälen ein hervorragend

wirksames und auch praktikables Kon-

zept darstellt [7].

Rolle einer Exposition gegenüber MikrobenNachdem epidemiologische Unter-

suchungen suggerierten, dass die

frühkindliche Exposition gegenüber

Infektionserregern oder bestimmten

molekularen Strukturen von Mikroben

langfristig allergiepräventive Effekte

verspricht, haben Forschergruppen

vor allem im deutschsprachigen Raum

versucht, die Grundlagen der sog.

„Hygienehypothesen“ zu verstehen und

die hiermit verbundenen protektiven

Mechanismen zu erkennen.

Letztendlich ist es das Ziel, protektive

Komponenten aus einem Umfeld wie

dem bayerischen Bauernhofmilieu auf

sinnvolle Weise in das Leben allergie-

gefährdeter Kinder zu integrieren. Eine

solche „künstliche“ Exposition im

frühen Leben soll die Wirkung ähnlich

einer antiallergischen „Vakzine“ er-

möglichen.

Ant

eil o

hne

Ekze

m (%

)

Alter (Tage)

AktivPlacebo

Abbildung 1. Präventiver Effekt durch Pro-Symbioflor:

Dargestellt ist die Subgruppe mit einfach positiver Familienanamnese. In der Subgruppe mit doppelt positiver familiärer Belastung (Vater und Mutter) zeigten sich keinerlei präventive Effekte.

Quelle: Lau et al. 2012

Topic 12 _ 13

Kandidaten wie Acinetobacter Iwofii

sind bereits Gegenstand eines intensiven

Untersuchungsprogramms. Tierversuche

mit Lipopolysacchariden oder anderen

bakteriellen Zellwandkomponenten, die

man weithin im Milieu der Bauernhöfe

(Schweine-, Geflügel- oder Kuhställe)

findet, zeigen ermutigende Effekte, z. B.

bei Mäusen. Leider haben klinische Un-

tersuchungen am Menschen mit starker

genetischer Allergiebereitschaft (d. h.

doppelt positiver familiärer Belastung)

bisher keine überzeugenden Interven-

tionseffekte gezeigt (s. Abb. 1), sodass

ein von den Behörden genehmigtes

Label für irgendeine medikamentöse

Intervention zur Allergieprävention bis-

her nicht vergeben wurde [6].

Es wird die Aufgabe der nächsten Jahre

sein, die antiallergische Stecknadel im

bayerischen Heuhaufen zu suchen und

eine molekulare Intervention als Anti-

allergieimpfung klinisch zu überprüfen

oder aber das Konzept einer breiten

Immunstimulation, wie etwa durch

Bakterienlysate, weiter im Bereich der

Primärprävention voranzutreiben.

Pharmakologische InterventionenDie Frühmanifestation des atopischen

Ekzems ist wahrscheinlich direkt mit

der später erkennbaren Entwicklung der

allergischen Atemwegserkrankung (Al-

lergischer Marsch) verknüpft und diese

beiden Manifestationsformen sind wohl

nicht unabhängig voneinander als einfa-

che Koexpression zweier verschiedener

Phänotypen zu verstehen: Basierend auf

dieser Annahme wurden in den letzten

20 Jahren verschiedene pharmakologi-

sche Interventionsstudien durchgeführt:

Antihistaminika (Cetirizin, Levoce-

tirizin und Desloratadin) wurden in

großen Kohorten von Kleinkindern mit

atopischer Dermatitis überprüft mit dem

Ziel, die Inzidenz eines allergischen

Asthmas in den Folgejahren zu vermin-

dern [12]. Auch Pimecrolimus, welches

bei Säuglingen mit atopischer Derma-

titis appliziert werden kann, wurde

unter diesem Aspekt verfolgt. Leider

haben alle derartigen Studien bis heute

keinerlei Interventionseffekt auf die

allergische Sensibilisierung oder die

Entwicklung einer Atemwegserkran-

kung überzeugend nachweisen können.

Unabhängig von derartigen Studien

haben amerikanische Arbeitsgruppen

überprüft, ob die frühzeitige Gabe

inhalativer Kortikosteroide bei Kindern

mit rekurrierend auftretenden Asthma

episoden den natürlichen Krankheits-

verlauf zur Chronifizierung des Asthmas

langfristig modifizieren kann. Hier war

ein robuster und überzeugender Effekt

auf die symptomatische Kontrolle er-

kennbar, nach Absetzen der Kortiko-

steroide traten die Krankheitssymptome

aber rasch wieder auf. Also kann auch

inhalativen Kortikosteroiden kein prä-

ventiver langfristig krankheitsmodifizie-

render Effekt zugeschrieben werden.

Aufgaben für die ZukunftOhne Frage bedarf es neuer Ideen zur

Allergieprävention [9]. Dabei scheint es

durchaus denkbar, dass sich Strategien

zur Vermeidung von Nahrungsmittel-

allergien oder atopischer Dermatitis

unterscheiden können von einer Prä-

vention gegenüber Rhinitis oder Asthma.

Nach derzeitiger Datenlage scheint es

unwahrscheinlich, dass eine einzige

Strategie im Sinne einer antiallergischen

Immunmodulation alle atopischen

Manifestationen erreichen kann.

Der australische Forscher Patrick Holt

hat sich in den vergangenen Jahren mit

den unterschiedlichen Optionen zur

Prävention eines kindlichen Asthma

bronchiale befasst. Ohne Frage spielt

hierbei die Verhinderung eines „Früh-

bahneneffekts“ durch RS-Viren oder

Rhinoviren als Initiatoren eines Asth-

mas bei Kleinkindern eine besondere

Rolle [4]. Die Forschung zur Entwick-

lung entsprechender Vakzine erscheint

zum einen sinnvoll und wichtig. Zum

anderen ergeben sich für Kinder mit

besonders erhöhtem Risiko einer aller-

gischen Atemwegserkrankung vielleicht

neue Optionen zur frühen Applikation

einer allergenspezifischen Immun-

therapie (sublingual, intralymphatisch,

transdermal). Sie gilt es sorgfältig zu

studieren.

Auf dem Gebiet der Nahrungsmittel-

allergie werden an verschiedenen Zen-

tren derzeit Studien zur Frühapplika-

tion Toleranz induzierender Nahrungs-

proteine über die orale Route geprüft,

um die im frühen Kindesalter sich mani-

festierenden Nahrungsmittelallergien

(Erdnuss, Milch, Ei), von denen einige

als lebensbedrohlich zu klassifizieren

sind, zu verhindern. Die bisher veröf-

fentlichten Studien auf diesem Gebiet

zeigen, dass ein derartiger Weg möglich

ist, die Ergebnisse sind jedoch in keiner

Weise abschließend zu bewerten (s. S. 9).

Insgesamt müssen pädiatrische Allergo-

logen heute nüchtern feststellen, dass

nur wenige der Forschungsaktivitäten

der letzten 25 Jahre in wirklich an-

wendbare und gut begründete Interven-

tionsstrategien gemündet sind. Es sieht

so aus, als wäre es an der Zeit, neue

Ideen zu entwickeln, um die für das

Fachgebiet entscheidende Schlacht

zur Bekämpfung der Epidemie des

21. Jahrhunderts wirklich erfolgreich

zu bestehen.

Direktor a. D.

Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie

Charité Universitätsmedizin Berlin

Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin

[email protected]

Prof. Dr. med. Ulrich Wahn

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

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LEITLINIE DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ALLERGOLOGIE UND KLINISCHE IMMUNOLOGIE (DGAKI) UND DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN (DGKJ)

S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014T Schäfer, CP Bauer, K Beyer*, A Bufe, F Friedrichs*, U Gieler, G Gronke*, E Hamelmann, M Hellermann, A Kleinheinz,

L Klimek*, S Koletzko, MV Kopp, S Lau , H Müsken, I Reese, S Schmidt, S Schnadt*, H Sitter, K Strömer, J Vagts,

C Vogelberg, U Wahn, T Werfel, M Worm, C Muche-Borowski (*schriftliche Zustimmung, keine Teilnahme am

Konsensustreffen) (Die institutionelle Zugehörigkeit der Autoren ist der Langversion der Leitlinie zu entnehmen:

http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html). Der conflict of interest für die Autoren ist im Leitlinienreport

unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html aufgeführt.

In Zusammenarbeit mit Ärzteverband Deutscher Allergologen

(ÄDA), Arbeitsgemeinschaft Dermato-

logische Prävention (ADP), Arbeitskreis

Diätetik in der Allergologie, Berufs-

verband der Deutschen Dermatologen

(BVDD), Berufsverband der HNO-Ärzte

(BVHNO), Berufsverband der Kinder-

und Jugendärzte (BVKJ), Deutscher

Allergie- und Asthmabund (DAAB),

Deutsche Dermatologische Gesell-

schaft (DDG), Deutsche Gesellschaft für

Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-

und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC),

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie

(DGP), Deutsche Gesellschaft für Psycho-

somatische Medizin (DGPM), Gesell-

schaft für Pädiatrische Allergologie und

Umweltmedizin (GPA), Gesellschaft für

pädiatrische Gastroenterologie und Er-

nährung (GPGE), Kinderumwelt GmbH,

Präventions- und Informationsnetzwerk

Allergie/Asthma (PINA), Therapie

Schwelmer Modell GmbH

FörderungDie Überarbeitung der Leitlinie wurde

durch die Deutsche Gesellschaft für

Allergologie und Klinische Immunologie

(DGAKI) und die Deutsche Gesellschaft

für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)

unterstützt.

GültigkeitDie Leitlinie ist bis zum Jahr 2019 gültig

und wird bis dahin unter Federführung

der korrespondierenden Autoren über-

arbeitet.

Entwicklungsstufe: S3

Stand: Juli 2014

Conflict of interest, Vortragshonorare: Nestle, Nutricia, ALK, Allergopharma, Stallergenes, Thermo Fisher, Novartis, Consultant Honorare: Meda, Danone, Novartis, Beyer Healthcare, Stallergenes

Topic 14 _ 15

ZusammenfassungDie weiterhin hohe Prävalenz allergi-

scher Erkrankungen in westlichen In-

dustrienationen und die eingeschränk-

ten Möglichkeiten einer kausalen

Therapie machen eine evidenzbasierte

Primärprävention notwendig. Die Emp-

fehlungen der zuletzt 2009 veröffent-

lichten S3-Leitlinie Allergieprävention

wurden auf der Basis einer aktuellen

systematischen Literatursuche über-

arbeitet und konsentiert.

Die Evidenzsuche erfolgte für den

Zeitraum 05/2008 bis 05/2013 in den

elektronischen Datenbanken Cochrane

und MEDLINE sowie in den Referenz-

listen von aktuellen Übersichtsarbeiten

und durch Expertenanschreiben. Die

aufgefundene Literatur wurde in zwei

Filterprozessen zunächst nach Titel und

Zusammenfassung und die verbliebenen

Arbeiten im Volltext auf Relevanz hin

überprüft. Für eingeschlossene Studien

wurden Evidenzgrade vergeben und die

Studienqualität im Sinne des Verzer-

rungspotenzials (niedrig/hoch) angege-

ben. Die überarbeiteten Empfehlungen

wurden unter Beteiligung von Vertre-

tern relevanter Fachgesellschaften und

(Selbsthilfe-)Organisationen formal kon-

sentiert (nominaler Gruppenprozess).

Von 3.284 Nennungen wurden 165

Studien (1 Metaanalyse, 15 Systematic

Reviews, 31 randomisierte kontrol-

lierte Studien, 65 Kohortenstudien, 12

Fall-Kontroll-Studien und 41 Quer-

schnittstudien) eingeschlossen und

bewertet. Im Wesentlichen unverändert

blieben die Empfehlungen zum Voll-

stillen über vier Monate aus Gründen

der Allergieprävention (bei Risikokin-

dern alternativ hypoallergene Säuglings-

nahrung), der Vermeidung von Über-

gewicht, zum Fischkonsum (in Schwan-

gerschaft/Stillzeit und als Beikost), zur

Vermeidung der Luftschadstoff- und

Tabakrauchexposition, der Vermeidung

eines schimmelpilzfördernden Innen-

raumklimas und der Impfung nach

Empfehlungen der STIKO.

Unverändert bleibt auch die Aussage,

dass eine Reduktion des Hausstaub-

milbenallergengehalts als primärpräven-

tive Maßnahme nicht empfohlen wird.

Die Beikosteinführung sollte nicht ver-

zögert werden. Bei Risikokindern soll-

ten keine Katzen angeschafft werden.

Die Haltung von Hunden im Haushalt

ist nicht mit einem erhöhten Allergie-

risiko verbunden.

Neu aufgenommen wurde die Empfeh-

lung, das erhöhte Asthmarisiko nach

Kaiserschnittentbindung zu berücksich-

tigen. Weitere Stellungnahmen wurden

zu Prä- und Probiotika, psychosozialen

Faktoren, Medikamenten und verschie-

denen Nahrungsbestandteilen formu-

liert.

Die Überarbeitung der Leitlinie auf einer

umfangreichen Evidenzgrundlage führte

sowohl zu einer Bestätigung bestehen-

der Empfehlungen als auch zu Modifi-

kationen und neuen Empfehlungen. Die

Aktualisierung der Leitlinie ermöglicht

es, evidenzbasierte und aktuelle Präven-

tionsempfehlungen zu geben.

Schlüsselwörter: Allergie, Evidenz,

S3-Leitlinie, Primärprävention, Über-

arbeitung

EinleitungAllergische Erkrankungen, wie aller-

gisches Asthma, Heuschnupfen und

das atopische Ekzem, verblieben in den

westlichen Industrienationen auch in

den letzten Jahren auf einem hohen Prä-

valenzniveau [5]. Die Ursachen für die

Entwicklung und Zunahme sind nach

wie vor weitgehend ungeklärt. Da die

kausalen Therapieansätze beschränkt

sind, kommt der Prävention besondere

Bedeutung zu, wenn man dem anstei-

genden Trend begegnen will [21]. Mit

Unterstützung des Bundesministeriums

für Gesundheit und soziale Sicherung

wurde im Rahmen des Aktionsbündnis-

ses Allergieprävention (abap) im Jahr

2004 die erste S3-Leitlinie zur Allergie-

prävention veröffentlicht [52] und

Vorwort

Primärprävention in der Allergologie beginnt ganz früh im Leben, das weiß jedes Kind. Auf dem Boden langjähriger Erfahrung und mit einer Gruppe gestandener Wissenschaftler, Allergologen

und zahlreicher Kinderallergologen – unter Federführung der Epidemiologen, der DGAKI und der DGKJ – entstand schon früh die Leitlinie Allergieprävention, die 2004 erstmals auf S3-Niveau

publiziert wurde. Nunmehr liegt eine gleichermaßen aktualisierte Version der Leitlinie vor. Diese wird parallel im Allergo Journal als vollständige Leitlinie publiziert und lässt sich natürlich

auf der AWMF-Homepage (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html) komplett wiederfinden. Wir veröffentlichen hier für unsere Mitglieder eine gekürzte Version, in der wir im

Wesentlichen auf die Darstellung der Methodik und die Auflistung der zugrunde liegenden Studien verzichten. Diese Zusammenfassung zeigt vor allem die Ergebnisse, die Empfehlungen und

die Stellungnahmen. In der Diskussion, die vollständig abgedruckt erscheint, lassen sich wesentliche Aspekte der Konsensfindung sowie das Für und Wider einiger entscheidender, aber bisher

ungelöster Fragen der Allergieprävention verfolgen. Wir hoffen, dass die Leitlinie über die wichtigen wissenschaftlichen Diskussionen hinaus weiterhin, wie schon mit der Leitlinie von 2009,

für unsere Mitglieder großen praktischen Nutzen in der täglichen Beratungsarbeit behält.

Albrecht Bufe, Torsten Schäfer

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

5 Jahre später erstmals überarbeitet [39].

Diese wurde nun zum zweiten Mal,

der Methodik für evidenzbasierte und

konsentierte Leitlinien folgend, über-

arbeitet. Die aktuelle Leitlinienversion

wird im Folgenden dargestellt. Für die

methodischen Aspekte der Evidenz-

suche und -bewertung sowie der Kon-

sentierung wird auf die Langversion der

Leitlinie verwiesen: http://www.awmf.

org/leitlinien/detail/ll/061-016.html.

ErgebnisseMit der verwendeten Suchstrategie

konnten in den Medline- und Cochrane-

Datenbanken insgesamt 3.284 Treffer

gefunden werden. Zusätzlich wurden

Arbeiten aufgenommen, die in den

Referenzlisten der Übersichtsarbeiten

gefunden und von Mitgliedern der Kon-

sensusgruppe benannt wurden. In zwei

Selektionsschritten nach Titel und Zu-

sammenfassung und im Volltext wurden

letztendlich 173 Originalarbeiten be-

wertet und davon 165 in der Auswer-

tung berücksichtigt. Diese setzen sich

aus 1 Metaanalyse (MA), 15 Systematic

Reviews (SR), 31 randomisierten kon-

trollierten Studien (RCT), 65 Kohorten-

studien (KS), 12 Fall-Kontroll-Studien

(FK) und 41 Querschnittstudien (QS)

zusammen.

Die gesamte Evidenzlage ist nach

Themengebieten und unter Angabe der

Studienanzahl, der Studientypen,

der Evidenzgrade und der Empfehlungs-

klassen in Tabelle 4 der Langversion

(http://www.awmf.org/leitlinien/detail/

ll/061-016.html) aufgeführt.

Die konsentierten Empfehlungen zur

Primärprävention von Asthma, Heu-

schnupfen und atopischem Ekzem gelten

für Risiko- und Nicht-Risikopersonen,

sofern nicht explizit unterschieden bzw.

darauf hingewiesen wird, und lauten

wie im Folgenden aufgeführt.

Empfehlungen

Ernährung

Zum Thema Ernährung unterstützt die

Konsensusgruppe einstimmig die Emp-

fehlungen der Fachgesellschaften und

Organisationen (www.fke-do.de, www.

dge.de, www.dgkj.de) bezüglich einer

ausgewogenen und nährstoffdeckenden

Ernährung von Säuglingen, Kleinkin-

dern, Schwangeren und Stillenden.

Stillen

Stillen hat viele Vorteile für Mutter und

Kind (s. u. a. [15], [51]). Die aktuelle

Datenlage unterstützt die Empfehlung,

dass für den Zeitraum der ersten vier

Monate voll gestillt werden soll (ent-

spricht der WHO Definition „predomi-

nant breastfeeding“)1. (A)

Mütterliche Ernährung in der Schwanger-

schaft und / oder Stillzeit

Während Schwangerschaft und Stillzeit

wird eine ausgewogene und nährstoff-

deckende Ernährung empfohlen. Diäte-

tische Restriktionen (Meidung potenter

Nahrungsmittelallergene) während der

Schwangerschaft oder Stillzeit sollen

aus Gründen der Primärprävention

nicht erfolgen. (A)

Es gibt Hinweise darauf, dass Fisch in

der mütterlichen Ernährung während

der Schwangerschaft und oder Stillzeit

einen protektiven Effekt auf die Ent-

wicklung atopischer Erkrankungen beim

Kind hat. Fisch sollte Bestandteil der

mütterlichen Ernährung während der

Schwangerschaft und Stillzeit sein. (B)

Muttermilchersatznahrung bei Risikokindern

Wenn nicht oder nicht ausreichend

gestillt wird, soll hydrolysierte Säug-

lingsnahrung bei Risikokindern gegeben

werden. Die aktuelle Datenlage stützt

diese Empfehlung für den Zeitraum der

ersten vier Lebensmonate. (A)

Sojabasierte Säuglingsnahrungen sind

zum Zwecke der Allergieprävention

nicht zu empfehlen. (A)2,3

Einführung von Beikost und Ernährung

des Kindes im ersten Lebensjahr

Die zu der Zeit in Deutschland existie-

rende Empfehlung, Beikost nach dem

vollendeten 4. Lebensmonat einzufüh-

ren, ist aus Gründen eines steigenden

Nährstoffbedarfs sinnvoll (s. u. a. Emp-

fehlungen der Ernährungskommission

[15] und des FKE [Forschungsinstitut

für Kinderernährung]).

Eine Verzögerung der Beikosteinführung

soll aus Gründen der Allergieprävention

nicht erfolgen. (A)

Für einen präventiven Effekt einer

diätetischen Restriktion durch Meidung

potenter Nahrungsmittelallergene im

ersten Lebensjahr gibt es keine Belege.

Sie sollte deshalb nicht erfolgen. (B)

Für einen präventiven Effekt durch die

1 Entspricht der WHO Definition „predominant breast-

feeding“: ”Predominant breastfeeding“ means that

the infant‘s predominant source of nourishment has

been breast milk (including milk expressed or from a

wet nurse as the predominant source of nourishment).

However, the infant may also have received liquids

(water and water-based drinks, fruit juice) ritual fluids

and ORS, drops or syrups (vitamins, minerals and

medicines).

http://www.who.int/nutrition/topics/

infantfeeding_recommendation/en/index.html

2 Unabhängig davon wurde bislang die Indikation für

Säuglingsanfangsnahrungen auf Sojabasis von er-

nährungswissenschaftlichen Gesellschaften aus

teilweise gesundheitsbedenklichen Gründen sehr eng

gestellt (Ernährungskommission der Deutschen Ge-

sellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Ernäh-

rungskommission der Schweizerischen Gesellschaft

für Pädiatrie (2006): Agostini C et al. 2006; Soy protein

infant formulae and follow-on formulae: a commentary

by the ESPGHAN Committee on Nutrition. J. Pediatr.

Gastroenterol. Nutr. 2006; 42: 352-361)

3 Es gibt derzeit keine Belege für eine allergiepräven-

tive Wirkung anderer Tiermilchen, wie Ziegen-,

Schafs- oder Stutenmilch.

Topic 16 _ 17

Einführung potenter Nahrungsmittel-

allergen vor dem vollendeten vierten

Lebensmonat gibt es derzeit keine ge-

sicherten Belege. Es gibt Hinweise

darauf, dass Fischkonsum des Kindes

im ersten Lebensjahr einen protektiven

Effekt auf die Entwicklung atopischer

Erkrankungen hat. Fisch sollte mit der

Beikost eingeführt werden. (B)

Körpergewicht

Es gibt Belege dafür, dass ein erhöhter

Body Mass Index (BMI) mit Asthma

positiv assoziiert ist. Bei Kindern soll

Übergewicht/Fettleibigkeit auch aus

Gründen der Asthmaprävention vermie-

den werden. (A)

Haustierhaltung

Personen ohne erhöhtes Allergierisiko

sollten die Haustierhaltung nicht ein-

schränken.

Bei Risikokindern gilt: Familien mit

erhöhtem Allergierisiko sollten keine

Katzen anschaffen. Hundehaltung ist

nicht mit einem höheren Allergierisiko

verbunden. (B)

Hausstaubmilben

Zur Primärprävention können spezifi-

sche Maßnahmen, z. B. milbenallergen-

dichter Matratzenüberzug (encasing)

zur Reduktion der Exposition gegenüber

Hausstaubmilbenallergenen, nicht emp-

fohlen werden. (B). (Dies betrifft nicht

die Maßnahmen zur Sekundär-/Tertiär-

prävention).

Schimmel und Feuchtigkeit

Ein Innenraumklima, das Schimmel-

pilzwachstum begünstigt (hohe Luft-

feuchtigkeit, mangelnde Ventilation),

sollte vermieden werden. (B)

Exposition gegenüber Tabakrauch

Aktive und passive Exposition gegen-

über Tabakrauch erhöhen das Allergie-

risiko (insbesondere das Asthmarisiko)

und sind zu vermeiden. Dies gilt bereits

während der Schwangerschaft. (A)

Innenraumluftschadstoffe

Es gibt Hinweise darauf, dass Innen-

raumluftschadstoffe das Risiko für

atopische Erkrankungen und insbe-

sondere Asthma erhöhen können (z. B.

Formaldehyd, flüchtige organische

Komponenten, wie sie besonders

durch neue Möbel und bei Maler- und

Renovierungsarbeiten freigesetzt werden

können). Die Exposition gegenüber

Innenraumluftschadstoffen sollte gering

gehalten werden. (B)

Kfz-Emission

Die Exposition gegenüber Stickoxiden

und kleinen Partikeln (PM 2,5 ) ist mit

einem erhöhten Risiko, besonders für

Asthma, verbunden. Die Exposition ge-

genüber kraftfahrzeugbedingten Emissi-

onen sollte gering gehalten werden. (B)

Impfungen

Es gibt keine Belege dafür, dass Imp-

fungen das Allergierisiko erhöhen, aber

Hinweise darauf, dass Impfungen das

Allergierisiko senken können. Es wird

empfohlen, dass alle Kinder, auch

Risikokinder, nach den STIKO-Empfeh-

lungen geimpft werden sollen. (A)

Kaiserschnitt

Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder,

die durch Kaiserschnitt auf die Welt

kommen, ein erhöhtes Allergierisiko

haben. Dies sollte bei der Wahl des Ge-

burtsverfahrens berücksichtigt werden,

sofern keine medizinische Indikation

für einen Kaiserschnitt besteht. (B)

Stellungnahmen (keine Empfehlungen)Zu den folgenden Themen wurden

Stellungnahmen (Evidenzlevel in Klam-

mern), jedoch keine Empfehlungen

verabschiedet.

Einfluss von Probiotika

Ein präventiver Effekt von Probiotika

konnte bislang nur für das atopische

Ekzem dargestellt werden. Eine Empfeh-

lung hinsichtlich konkreter Präparate,

Applikationsformen und Dauer und

Zeitpunkt der Gabe kann aufgrund der

Heterogenität der Bakterienstämme

und der Studiendesigns nicht gegeben

werden. (1a bis 2b)

Einfluss von Präbiotika

Ein präventiver Effekt von Präbiotika

konnte bislang nur für das atopische

Ekzem dargestellt werden. Eine Empfeh-

lung kann aufgrund der geringen Anzahl

und der Heterogenität der Studien nicht

gegeben werden. (1b bis 2b)

Ernährung allgemein und Vitamin D

Es gibt Hinweise darauf, dass der Kon-

sum von Gemüse und Früchten, einer

sog. mediterranen Kost, von Ω3-Fettsäu-

ren (bzw. ein günstiges Ω3:Ω6-Verhältnis)

sowie von Milchfett einen präventiven

Effekt auf atopische Erkrankungen hat.

Bezüglich der Bedeutung von Vitamin D

für die Entstehung allergischer Er-

krankungen ist die Studienlage derzeit

widersprüchlich. Insgesamt ist die

Datenlage derzeit nicht ausreichend,

um eine Empfehlung zu formulieren.

(1b bis 3b)

Unspezifische Immunmodulation

Es gibt Belege dafür, dass eine frühzeiti-

ge unspezifische Immunstimulation vor

der Entwicklung allergischer Erkran-

kungen schützt. Hierzu zählen z. B. das

Aufwachsen auf einem Bauernhof, der

Besuch einer Kindertagesstätte in den

ersten 2 Lebensjahren und eine höhere

Anzahl älterer Geschwister. (2b bis 3b)

Medikamente

Die beschriebenen Zusammenhänge

zwischen der Einnahme von Antibio-

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

tika, Paracetamol oder Acetaminophen

und atopischen Erkrankungen sind

aufgrund potenziell verzerrender Ein-

flussfaktoren nicht sicher zu interpre-

tieren. Bislang fehlt der Nachweis eines

ursächlichen Zusammenhangs zwischen

entsprechender Medikamenteneinnah-

me und der Entwicklung von atopischen

Erkrankungen. (2a bis 3b)

Psychosoziale Faktoren

Es gibt Hinweise dafür, dass ungünstige

psychosoziale Faktoren (z. B. schwer-

wiegende Lebensereignisse) während

der Schwangerschaft und Kindheit zur

Manifestation von atopischen Erkran-

kungen beitragen können. (2b)

DiskussionIm Rahmen der Überarbeitung der S3-

Leitlinie „Allergieprävention“ wurden

bestehende Empfehlungen weiter ge-

stützt, bisherige Empfehlungen revidiert

und neue Empfehlungen und Stellung-

nahmen verabschiedet. Die Empfehlun-

gen zum Stillen, zur Haustierhaltung,

zum Thema Schimmel und Feuchtigkeit

und zur Schadstoffexposition konnten

durch die aktuellen Studien weiter

gestützt werden.

Geänderte bzw. neu aufgenommene

Empfehlungen werden im Folgenden

diskutiert.

Ernährung

Die Empfehlungen zur Ernährung wur-

den im Licht der aktuellen Literatur in-

tensiv diskutiert. Für Deutschland liegen

u. a. die u. g. allgemeinen Empfehlungen

der DGKJ [15] und des Netzwerks Junge

Familie [27] vor. Demnach stellt Stillen

die bevorzugte, natürliche Ernährungs-

form für Säuglinge dar. Weiterhin wird

hier Stillen ohne Zufütterung für die

Dauer der ersten vier bis sechs Lebens-

monate empfohlen und ausgeführt, dass

auch nach der Einführung der Beikost

weiter gestillt werden kann und soll

(www.dgkj.de, www.gesund-ins-leben.de).

Nach wie vor werden präventive Effekte

auf allergische Erkrankungen durch

das Stillen berichtet. Insgesamt schwä-

chen sich diese Effekte allerdings ab.

Die Auffassung, dass durch längeres,

insbesondere ausschließliches Stillen die

präventiven Effekte verstärkt würden, ist

im Hinblick auf die Allergieprävention

nicht evidenzbasiert [28, 38]. Zahlreiche

Studien deuten darauf hin, dass eine Bei-

kosteinführung ab Beginn des 5. Lebens-

monats mit einer geförderten Toleranz-

entwicklung assoziiert ist. Entsprechend

gibt es Hinweise dafür, dass längeres

ausschließliches Stillen auch mit einer

Risikoerhöhung für Allergien verbunden

sein kann [18, 45]. Naturgemäß leiten

sich Ergebnisse zum Stillen aus Beobach-

tungsstudien ab. Methodische Verzer-

rungen, z. B. durch sog. reverse causality

sollten hier kritisch beachtet werden.

Zukünftig wird die elterliche Vorbelas-

tung auch differenziert zu betrachten

sein, zumal deutsche Untersuchungen

darauf hindeuten, dass längeres Stillen

das Allergierisiko des Kindes insbeson-

dere dann erhöht, wenn die Mutter selbst

von Allergien betroffen ist.

Die aktuelle Datenlage unterstützt aller-

dings weiterhin die Empfehlung, dass

für den Zeitraum der ersten vier Monate

voll – im Sinne der WHO-Definition von

„predominant breastfeeding“ – gestillt

werden soll. Zusätzlich wurde darauf

hingewiesen, dass Stillen im Allge-

meinen viele Vorteile für Mutter und

Kind hat [51]. Für Risikokinder wird

weiterhin ersatzweise für die ersten vier

Lebensmonate eine Hydrolysatnahrung

empfohlen, wenn nicht gestillt oder teil-

gestillt wird. Dabei ist zu beachten, dass

die in den Studien getesteten hydroly-

sierten Säuglingsnahrungen auf dem

deutschen Markt zum Teil nicht mehr

erhältlich sind [6]. Die Evidenzlage und

die Größe der berichteten Effekte sind

für die in Deutschland getesteten Präpa-

rate BebaHA (Nestle, Vevey, Schweiz),

Hipp-HA (Hipp, Pfaffenhofen), Nutra-

migen (Mead Johnson, Diezenbach) und

NutrilonPremium (Nutricia/Numico,

Zoetermeer, Niederlande) ebenfalls

unterschiedlich.

Für sojabasierte Säuglingsnahrungen

fehlt weiterhin der Hinweis auf einen

präventiven Effekt. Zusätzlich bestehen

gesundheitliche Bedenken [1, 59], die

in jüngster Zeit diskutiert wurden [57].

An der Empfehlung, dass sich soja-

basierte Säuglingsnahrungen nicht zur

Allergieprävention eignen, ändert dies

allerdings nichts.

Während der Schwangerschaft und

Stillzeit wird wie bisher eine ausgewo-

gene und nährstoffdeckende Ernährung

empfohlen. In einer Stellungnahme

wurde den Beobachtungen Rechnung

getragen, dass der Konsum von Gemüse

und Früchten, einer sog. mediterranen

Kost, von langkettigen Ω3-Fettsäuren

bzw. einem günstigen Verhältnis von

Ω3- zu Ω6-Fettsäuren sowie Milchfett,

mit einer geringeren Allergieprävalenz

assoziiert ist [4, 12, 48, 58]. Der Konsum

von Gemüse und Obst wird mit Blick

auf die Aufnahme von Antioxidanzien,

aber auch aufgrund der Aufnahme von

präbiotischen Nahrungsinhaltsstoffen

als günstig angesehen. Letztere spielen

möglicherweise eine vorteilhafte Rolle

bei der Ausbildung einer komplexen

intestinalen Mikroflora, die wiederum

einen günstigen Einfluss auf die orale

Toleranzentwicklung hat [24]. Die Zu-

fuhr von Ω3-Fettsäuren, insbesondere

von langkettigen Ω3-PUFAs (DHA/EPA),

führt offenbar zu einer veränderten

Immunantwort, die mit einem Schutz

vor Allergien assoziiert ist [22, 10]. Im

Milchfett werden vor allem die wieder-

käuertypischen trans-Fettsäuren für den

Topic 18 _ 19

protektiven Effekt verantwortlich ge-

macht [26, 56, 60]. Bezüglich der durch

industrielle Fetthärtung entstehenden

trans-Fettsäureestern bestehen zahl-

reiche gesundheitliche Bedenken und

für Säuglingsnahrung und Olivenöl ein

entsprechender Grenzwert auf EU-Ebene

(BfR 2006). Während für die Zufuhr

von Ω3-Fettsäuren unterstützende Daten

aus einzelnen kontrollierten Interven-

tionsstudien vorliegen, wurden positive

Effekte von Obst und Gemüse sowie von

Milchfett lediglich in Beobachtungs-

studien berichtet. Eine Empfehlung

wurde zu diesem Thema nicht ausge-

sprochen.

Die bisherigen Empfehlungen, keine

vorbeugenden diätetischen Restriktio-

nen (Meidung potenter Nahrungsmit-

telallergene) durchzuführen, aber Fisch

aus Gründen der Allergieprävention

in die mütterliche Ernährung während

Schwangerschaft und Stillzeit zu integ-

rieren, wurden aufgrund weiterer unter-

stützender Hinweise für beide Aussagen

[34, 35] beibehalten. Selbstverständlich

gelten die Empfehlungen zum Fischkon-

sum nicht für Personen mit bekannter

oder vermuteter Fischunverträglichkeit.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht

sind die zurzeit in Deutschland existie-

renden Empfehlungen, Beikost zwischen

dem Beginn des 5. und dem Beginn des

7. Lebensmonats einzuführen, auf-

grund des steigenden Nährstoffbedarfs

sinnvoll [2]. In diesem Zusammenhang

sei zusätzlich auf die Empfehlungen der

DGKJ (www.dgkj.de) und des Netzwerks

Junge Familie (www.gesund-ins-leben.de)

hingewiesen. Aus Gründen der Aller-

gieprävention ist eine Verzögerung der

Beikosteinführung über den Beginn des

5. Lebensmonats hinaus nicht sinnvoll.

Für einen präventiven Effekt durch

vorbeugende Meidung potenter Nah-

rungsmittelallergene im ersten Lebens-

jahr gibt es keine Belege. Allerdings gibt

es bisher auch für einen protektiven

Effekt durch gezielte Einführung poten-

ter Nahrungsmittelallergene vor dem

vollendeten vierten Lebensmonat keine

gesicherten Belege [50].

Für einen protektiven Effekt durch

einen frühzeitigen Fischkonsums gibt es

weitere Belege [3, 19, 33], sodass an der

Empfehlung zur Einführung von Fisch

im Rahmen der Beikost festgehalten

wird.

Hinweise auf eine geringere Allergieprä-

valenz bei einer Ω3-Fettsäuren-haltigen,

mediterranen Ernährung, einem günsti-

gen Ω3/Ω6-Fettsäurenverhältnis bzw. für

Milchfett in der Ernährung finden sich

auch für das Säuglings- und Kindesalter

[16, 48].

Die Studienlage bezüglich Vitamin-D-Spie-

geln bzw. Vitamin-D-Supplementierung und

allergischen Erkrankungen ist wider-

sprüchlich. Eine deutsche Untersu-

chung zeigte auch eine höhere Ekzem-

prävalenz bei hohen Vitamin-D-Spiegeln

[23]. Die Datenlage wurde entsprechend

als nicht ausreichend angesehen, um

Empfehlungen zu verabschieden.

Pro- und Präbiotika

Die Gabe von Probiotika zur Allergieprä-

vention wird in Deutschland weiterhin

kontrovers diskutiert. Dem entspre-

chend wurde wiederum auch nur eine

Stellungnahme zu diesem Thema verab-

schiedet. Aktuelle Metaanalysen zeigen

einen signifikante Reduktion des Ek-

zemrisikos um 21% [42, 54], allerdings

mit deutlichen Unterschieden zwischen

den verwendeten Präparaten / Bakterien-

stämmen. Insbesondere die jüngeren

Studien zeigen einen konsistenten

präventiven Effekt. Der signifikante

Präventionseffekt ist auf das atopische

Ekzem beschränkt. Dies trifft allerdings

u. a. auch auf die Gabe von Hydrolysat-

nahrung zu und erklärt sich am ehesten

dadurch, dass nur das Ekzem in dieser

Altersgruppe eine ausreichend Präva-

lenz erreicht, um Effekte auch als signi-

fikant darstellen zu können. Tatsächlich

konnte aber bis dato dieser Effekt nicht

in Deutschland reproduziert werden.

Die Ableitung einer konkreten Emp-

fehlung wird dadurch erschwert, dass

sich die Studiendesigns hinsichtlich

der verwendeten Bakterienstämme,

der gegebenen Menge sowie hinsicht-

lich des Zeitpunkts und der Dauer

der Gabe unterscheiden. Stratifizierte

Analysen legen nahe, dass eine Gabe

in der Schwangerschaft größere Effekte

zeigt als die nachgeburtliche, dass aber

hinsichtlich der Dauer, der Menge und

der Anzahl bzw. des Typs der Bakterien-

stämme keine signifikanten Effektunter-

schiede bestehen.

Für Präbiotika berichtet der aktuelle

Cochrane Review eine signifikante

Risikoreduktion für das atopische

Ekzem um 32 % [41]. Die Evidenz-

grundlage ist mit vier ausgewerteten

Studien allerdings relativ schwach und

die Ergebnisse der Einzelstudien sind

heterogen. Aus diesem Grund wurde

diese Beobachtung in einer Stellungnah-

me aufgegriffen, aber keine Empfehlung

verabschiedet.

Übergewicht

Die Empfehlung, dass bei Kindern Über-

gewicht/Fettleibigkeit auch aus Grün-

den der Allergieprävention vermieden

werden soll, wird durch die aktuelle

Studienlage weiter gestützt. Dieser

Effekt ist insbesondere für das Asthma

beschrieben und eine aktuelle Meta-

analyse beschreibt ein höheres Asthma-

risiko bei Übergewichtigkeit bei Buben

verglichen mit Mädchen [13]. Entschei-

dend ist es, die Übergewichtigkeit bereits

im frühen Kindesalter zu vermeiden.

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

bei Risikokindern festgehalten. Dabei

wurden die Empfehlungen konkreter

und anwenderorientierter ausformuliert.

So wird empfohlen, bei Risikokindern

keine Katze anzuschaffen. Da die Stu-

dienlage aber insgesamt widersprüch-

lich ist, wurde keine Empfehlung zur

Abschaffung einer bereits im Haushalt

lebende Katze gegeben. Dies sollte im

Einzelfall entschieden werden.

Hausstaub

Wenig verändert hat sich die Studien-

lage zur Reduktion des Hausstaubmilben-

allergengehalts als primärpräventive Ein-

zelmaßnahme. Ein Cochrane Review aus

dem Jahr 2009, der drei interventionelle

Kohortenstudien zusammenfasst, zeigt

keinen präventiven Effekt [32]. Entspre-

chend wurde formuliert, dass derartige

Maßnahmen zur Primärprävention nicht

empfohlen werden können. Dies betrifft

nicht Maßnahmen zur Sekundär- und

Tertiärprävention, wo durchaus Belege

der Wirksamkeit existieren.

Luftschadstoffe und Impfungen

Hinsichtlich der Einflüsse durch Luft-

schadstoffe in Innen- und Außenräumen

einschließlich der Tabakrauchexposition

werden die bisherigen Empfehlungen

durch die aktuelle Studienlage weiter

gestützt [11, 37]. Die Empfehlungen

wurden lediglich dem AWMF-Sprach-

gebrauch für Empfehlungen angepasst.

Auch die Empfehlung zur Impfung wurde

beibehalten.

Unspezifische Immunstimulation

Die Stellungnahme zu den günstigen

Effekten einer frühkindlichen unspe-

zifischen Immunstimulation wurde im

Wesentlichen beibehalten. Der Hinweis

auf die ebenfalls mit einer geringeren

Allergieprävalenz assoziierten Wurm-

infektionen wurde mangels derzeit

praktischer Umsetzbarkeit gestrichen.

Eine aktuelle Metaanalyse bestätigt eine

Haustierhaltung

Die aktuelle Studienlage zur Haustier-

haltung bestätigt im Wesentlichen die

bisherigen Empfehlungen. Weiterhin

werden diesbezüglich keine Ein-

schränkungen für Nicht-Risikokinder

empfohlen. Die Ergebnisse für Hun-

de- und Katzenhaltung sind weiterhin

unterschiedlich. Hundehaltung ist nach

aktuellen Metaanalysen mit einer signi-

fikanten Risikoreduktion von 28% für

das atopische Ekzem und einer nicht-

signifikanten Risikoreduktion von 23%

für Asthma verbunden [30, 43]. Katzen-

haltung geht nach diesen Metaanalysen,

bei heterogener Einzelstudienlage, nicht

mit einem erhöhten oder erniedrigten

Risiko für atopische Erkrankungen

einher. Allerdings geben Einzelstudien

bei Risikokindern z. B. mit einer „loss of

function“-Mutation im Fillagrin-Gen ein

deutlich erhöhtes Ekzemrisiko bei Kat-

zenhaltung an [7]. Entsprechend wurde

an einer einschränkenden Empfehlung

Abbildung 1. Algorithmus zur Primärprävention von Asthma, Heuschnupfen und atopischem Ekzem bei Risiko- und Nichtrisikopersonen

Keine Verzögerung der Beikosteinführung

Beachten einer ausgewogenen und nährstoffdeckenden Ernährung in Schwangerschaft / Stillzeit und im ersten Lebensjahr

Fisch wird in Schwangerschaft / Stillzeit und als Beikost empfohlen

Vermeidung von Übergewicht

Es gibt keine allgemeine (restriktive) Diät für Mutter und Kind zur Allergieprävention

HaustierhaltungKeine Einschränkungen Keine Anschaffung einer Katze

Vermeidung eines schimmelpilzfördernden Innenraumklimas(Leitfaden Umweltbundesamt)

Vermeidung der Aktiv- und Passivtabakrauchexposition (bereits in der Schwangerschaft)

Minimierung der Exposition gegenüber Luftschadstoffen des Innen- und Außenraumes

Beachten des erhöhten Allergierisikos bei Kaiserschnittentbindung

Impfung nach STIKO-Empfehlungen

Familiäre Vorbelastung

(besteht, wenn mindestens ein Elternteil und / oder ein Geschwister-kind Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis haben)

Keine Risikoperson Risikoperson

nein ja

Vollstillen in den ersten vier Lebensmonaten

falls nicht möglich

Normale SäuglingsnahrungHypoallergene (HA) Nahrung

(partiell oder extensiv hydrolysiert, keine sojabasierte

Säuglingsnahrung)

Topic 20 _ 21

signifikante Risikoreduktion um rund

30 % für Asthma-Symptome durch das

Aufwachsen auf einem Bauernhof [17].

Nach Ergebnissen der PASTURE-Studie

sinkt das kindliche Ekzemrisiko mit stei-

gender Anzahl von Tierarten, mit denen

die Mutter während der Schwangerschaft

auf dem Bauernhof Kontakt hatte [47].

Die Studie zur präventiven Gabe von

Bakterienlysaten zeigte für den primären

Endpunkt keinen Effekt. In der Unter-

gruppe mit einfacher elterlicher Vor-

belastung wurde eine signifikante Reduk-

tion des Ekzemrisikos beobachtet [29].

Kaiserschnitt

Eine neue Empfehlung wurde zum Kai-

serschnitt verabschiedet. Dies trägt der

Evidenzlage Rechnung, die ein erhöhtes

Risiko insbesondere für Asthma bei Kin-

dern zeigt, die durch Kaiserschnitt auf

die Welt kamen [46, 55]. Die mangelnde

Immunstimulation durch die Exposition

im natürlichen Geburtskanal wird hier

u. a. als ursächlich diskutiert. Entspre-

chend wurden andere immunologische

Phänotypen bei Kindern beobachtet, die

durch Kaiserschnitt auf die Welt kamen

[25]. Auch Veränderungen der Lungen-

und Leberfunktion und des Stressver-

haltens wurden bei diesen Kindern

beschrieben. Vor dem Hintergrund, dass

derzeit in Deutschland rund jedes dritte

Kind durch Kaiserschnitt auf die Welt

kommt, sollte dieser Umstand bei der

Auswahl des Geburtsverfahrens berück-

sichtigt werden.

Medikamente

Zahlreiche Studien legen Assoziationen

zwischen Medikamenteneinnahmen,

insbesondere von Antibiotika und Para-

cetamol, und atopischen Erkrankungen

nahe. Aufgrund potenziell verzerrender

Einflussfaktoren (reverse causality) sind

diese Ergebnisse mit Vorsicht zu inter-

pretieren. Subgruppenanalysen von Stu-

dien, die diesen Einfluss minimieren,

konnten zeigen, dass in diesen Studien

keine signifikanten Assoziationen mehr

beobachtet wurden [44]. Entsprechend

wurde in der Stellungnahme darauf

hingewiesen, dass bislang der Nachweis

eines ursächlichen Zusammenhangs

zwischen entsprechender Medikamen-

teneinnahme und der Entwicklung von

atopischen Erkrankungen fehlt.

Psychosoziale Faktoren

Eine neue Stellungnahme wurde

bezüglich psychosozialer Einflüsse

verabschiedet. Eine wachsende Anzahl

von Studien zeigt, dass das Erleben

sog. schwerwiegender Lebensereignisse

(Trennung der Eltern, Tod eines Eltern-

teils etc.) sowohl in der Schwanger-

schaft als auch in der frühen Kindheit

das Risiko für nachfolgende atopische

Erkrankungen erhöht [14]. Ein prä-

ventiver Ansatz könnte sich durch die

frühzeitige therapeutische Begleitung

dieser Kinder ergeben.

Übersicht der Präventionsempfehlungen

Präventionsempfehlungen wurden in

eine entsprechend für Risikokinder und

Nicht-Risikokinder in einen getrennten

Algorithmus überführt (s. Abb. 1).

Dissemination und ImplementierungDie Leitlinie wird in nationalen

Fachorganen beteiligter Gesellschaften

und Organisationen und im Internet

veröffentlicht. Darüber hinaus werden

Faltblätter als Kurzinformation für Laien

und Fachpublikum entwickelt.

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Literatur Die Liste der berücksichtigten 165 Einzelstudien ist bei den korrespondierenden Autoren bzw. im Internet abrufbar.

Dermatologische Praxis

Kirchplatz 3

87509 Immenstadt

[email protected]

Prof. Dr. med. Torsten Schäfer, MPH

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

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Weitere Themen 22 _ 23

IndexpatientenSalzer et al. (2013) beschrieben diesen

Immundefekt als erste [3] (CVID: Com-

mon Variable Immunodeficiency, s. a.

Abb. 1). Der Indexpatient entstammte

einer konsanguinen Familie und litt

an schweren polytopen Infektionen in

Verbindung mit einem Lupus-ähnlichen

Krankheitsbild. Bei den immunolo-

gischen Untersuchungen fiel auf, dass

die Anzahl der B-Zellen (CD19 +) im

Zuge der Langzeitbeobachtung stetig ab-

nahm. IgM- und IgG-Memory-B-Zellen

waren vermindert, was als Hinweis auf

ein gestörtes Klassen-Switching verstan-

den wurde, während CD21low-B-Zellen

vermehrt waren. Mittels aufwendiger

molekulargenetischer Untersuchungen

konnte eine biallelische Spleißmuta-

tion bei der Proteinkinase C δ (PRKCD)

nachgewiesen werden mit fehlender

Expression des kodierten Proteins

(loss-of-expression, loss-of-function).

Die biochemischen Aufgaben dieses

Proteins konnten somit nicht wahr-

genommen werden.

In der Arbeit von Belot et al. (2013, [3])

wurden drei Patienten mit juvenil

manifestem familiärem systemischem

Lupus erythematodes (SLE) beschrie-

ben, die ebenfalls Mutationen bei

der Proteinkinase C δ aufwiesen mit

reduzierter Expression des Genpro-

dukts. Autoreaktive B-Zellen erwiesen

sich als resistent gegenüber der über

den B-Zell-Rezeptor vermittelten und

Ca 2+-abhängigen Apoptose, zeigten

dagegen eine gesteigerte Proliferation.

Nur ein Teil der in dieser zweiten Arbeit

beschriebenen Patienten hatte einen

B-Zell-Defekt wie von Salzer et al. be-

schrieben, der Immundefekt gehört also

nicht obligat zu diesem Krankheitsbild

dazu. Die Unreife der B-Zellen ließ sich

aber bestätigen.

Antikörpersynthese und Autoantigen-Toleranz gestörtWie nun lässt sich erklären, dass dieser

Defekt zu Immundefizienz und Auto-

immunität beiträgt? In B-Zellen ist die

Proteinkinase C δ involviert in die Si-

gnalübertragung jenseits der Bruton‘s

Tyrosinkinase (BTK) und der Phospho-

lipase Cγ2 (PLCγ2). Daher ist es nicht

verwunderlich, dass die Antikörper-

synthese bei Fehlen von Proteinkinase

C δ gestört sein kann. Auch die unzu-

reichende Aktivierung von NFκB dürfte

zum humoralen Immundefekt beitra-

gen. Was die Autoimmunität angeht,

zeigt ein Knockout-Mausmodell, dass

bei Fehlen der Proteinkinase C δ ein

proapoptotisches Signal fehlt und es

zu unkontrollierter Lymphadenopathie,

Splenomegalie, Immunkomplex-Glo-

merulonephritis, B-Zell-Expansion und

gestörter Toleranz gegenüber Auto-

antigenen kommt.

Die hier proliferierenden Zellen fallen

also nicht dem programmierten Zelltod

(Apoptose) zum Opfer. Apoptose ist

aber ein unerlässlicher Vorgang beim

Schutz gegenüber Autoimmunität.

Abbildung 2 verdeutlicht diese Zusam-

menhänge schematisch.

NEUE IMMUNDEFEKTE (11)

CVID-ähnlicher Immundefekt mit ausgeprägter Autoimmunität bei Defekt der Proteinkinase CδVolker Wahn, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin

Abbildung 1. Eitrige Sekretion aus mehreren Bronchien bei 11-jährigem Jungen mit

X-chromosomaler Agammaglobulinämie. Bei CVID können ähnliche Befunde erhoben werden.

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

Charité Universitätsmedizin Berlin

Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie

Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin

Prof. Dr. med. Volker WahnLiteratur 1 Belot A, Kasher PR, Trotter EW, et al.

Protein kinase c δ deficiency causes mendelian systemic

lupus erythematosus with B cell-defective apoptosis

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Abbildung 2. BZR-abhängige, PKCβ-vermittelte NF-κB-Aktivierung und PKCδ-regulierte B-Zell-Anergie

Links

BZR-abhängige, PKCβ-vermittelte NF-κB Aktivierung: Die Kreuzvernetzung des B-Zell-Rezeptors (BZR) erzeugt in der Zellmembran ein Signal, welches die Aktivierung der Proteinkinase

Cβ (Isoform der Proteinkinase Cδ) bewirkt. Durch dieses Signal wird auch CARD11 (CARD = caspase recruitment domain) an die Lipiddoppellamelle angelagert. Die aktivierte PKCβ

phosphoryliert CARD11 (andere Abkürzung = CARMA1), was zu dessen Konformationsänderung beiträgt. Darauf folgt die Rekrutierung und Oligomerisierung weiterer Signalmoleküle

wie Bcl10, welches dann NFκB zum einen über MALT1 (mucosaassociated lymphoid tissue lymphoma translocation gene 1), zum anderen durch das Ubiquitin-konjugierende Enzym

13 (UBC13) die Ubiquitinierung von IKKγ (= NEMO) bewirkt. Der NEMO-Komplex aktiviert schließlich NFκB (nuclear factor kappa B), über dessen biologische Rolle schon mehrfach in

dieser Serie berichtet wurde.

Rechts

PKCδ-regulierte B-Zell-Anergie: Nachdem die B-Zelle über die Bruton‘s Tyrosinkinase (BTK), PLCγ2, Diacylglycerol (DAG) und Kalzium aktiviert wurde, kommt es über die PKCβ zu einer

Feedback-Hemmung von BTK, durch PKCδ zu einer Hemmung des NF-IL-6-Transkriptionsfaktors und dadurch zu einer Begrenzung der Interleukin-6-Synthese (IL-6). Werden solche B-Zellen

durch Autoantigene aktiviert bei gleichzeitig reduzierter IL-6-Synthese, so trägt dies normalerweise zur Induktion einer B-Zell-Anergie bei. Bei entsprechenden Mutationen bei PKCδ fehlt

dieser Kontrollmechanismus und somit die Anergisierung der autoreaktiven B-Zellen. (Vereinfacht nach Guo et al. 2004 [2])

Weitere Themen 24 _ 25

Epidemiologie und KrankheitsverlaufExakte epidemiologische Kennzahlen lie-

gen nicht vor, es kann jedoch näherungs-

weise von einer Prävalenz zwischen 4

und 10 % ausgegangen werden [3, 7].

Damit zählt das seborrhoische Ekzem zu

den häufigsten Dermatosen im Säuglings-

alter. Es besteht keine Geschlechtsprä-

ferenz. Charakteristischerweise beginnt

das seborrhoische Säuglingsekzem be-

reits in der zweiten bis zehnten Lebens-

woche, der Erkrankungsgipfel liegt im

dritten Lebensmonat. Meist kommt es zu

einer Spontanregression bis zum Ende

des ersten Lebensjahres. Weniger als

10 % der Patienten entwickeln später ein

adultes seborrhoisches Ekzem [6], wobei

umstritten ist, ob es sich hierbei tatsäch-

lich um eine Variante derselben Krank-

heit oder eine eigene Entität handelt.

Ätiologie und TriggerfaktorenDie Ursachen des seborrhoischen

Säuglingsekzems sind nicht bekannt,

diskutiert werden u. a. folgende Patho-

mechanismen [1, 8, 10]:

� Kolonisation mit dem Hefepilz

Malassezia furfur (Syn.: Pityro-

sporum ovale).

� Pathologische Talgdrüsenaktivität

mit verändertem Fettsäureprofil

des Talgdrüsensekrets.

� Einfluss maternaler Hormone auf

die Talgdrüsenaktivität der Haut

bei gestillten Säuglingen.

Eine genetische Prädisposition für das

seborrhoische Ekzem konnte bisher

nicht belegt werden.

KlinikPrädilektionsstellen sind das Capilli-

tium und die intertriginösen Areale

(Zervikonuchalregion, Axillae, Inguinal-

region bzw. Windelbereich; s. Abb. 1).

Am Capillitium sowie frontal und an

den Augenbrauen können erythematöse,

teils lachs- oder orangerote Plaques

mit gelblichen, fettigen Schuppenkrus-

ten auftreten („cradle cap“, Kopfgneis;

s. Abb. 2). Axillär, zervikonuchal, um-

bilikal sowie inguinal und intergluteal

sind häufig hell-erythematöse Patches

mit feinlamellärer Schuppung zu beob-

achten (Abb. 3).

Selten kommt es zu (Sub)Erythrodermie,

Mazerationen und exsudativen Läsionen.

Meist besteht wenig oder kein Juckreiz.

DiagnostikDie Diagnose wird in Zusammenschau

der Anamnese und des klinischen

Bildes gestellt. Eine Hautbiopsie ist nur

bei Persistenz ausgeprägter Beschwer-

den trotz adäquater Lokaltherapie und /

oder bei Verdacht auf auf eine ernst-

hafte Grunderkrankung (z. B. Langer-

hanszell-Histiozytose) indiziert. Eine

mykologische Diagnostik zum Nachweis

von Malassezia sp. ist nicht routine-

mäßig erforderlich. Sie sollte jedoch

bei Verdacht auf eine Dermatomykose

veranlasst werden.

DifferenzialdiagnosenAtopisches Ekzem

� Andere Prädilektionsstellen (Windel-

bereich regelhaft ausgespart),

� häufig Pruritus,

� fakultativ zusätzliche Stigmata

(z. B. Dennie-Morgan-Falte, Keratosis

pilaris),

� häufig positive Familienanamnese,

� späterer Erkrankungsbeginn

(≥ dritter Lebensmonat).

DIFFERENZIALDIAGNOSEN DES ATOPISCHEN EKZEMS

Seborrhoisches SäuglingsekzemAntonia Reimer, AUF DER BULT, Kinder- und Jugendkrankenhaus, Hannover

Das Seborrhoische Säuglingsekzem manifestiert sich als erythematosquamöse Hauterkrankung des frühen Säuglingsalters bevor-

zugt am Capillitium, an der Stirnregion und in intertriginösen Hautarealen [4]. Die Ursachen sind nicht genau geklärt, eine gene-

tische Prädisposition liegt offenbar nicht vor. Die Diagnose lässt sich in der Regel klinisch stellen. Leichte Formen bedürfen keiner

Therapie, bei schwereren Verläufen ist nicht selten eine topische Behandlung mit Glukokortikoiden oder Antimykotika indiziert.

Abbildung 1. Charakteristische, intertriginöse

Prädilektionsstellen des infantilen seborrhoischen

Ekzems: Zervikonuchalregion, Axillae, Windelbereich

(mit frdl. Genehmigung, PD Dr. H. Ott).

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

Psoriasis

� Im Säuglingsalter ähnliche Prädilek-

tionsstellen (v.a. Windelbereich),

� Befund jedoch in der Regel

schärfer begrenzt und unter Um-

ständen mit weiteren Psoriasis-

Stigmata assoziiert (z. B. Köbner-

Phänomen),

� initial oft nicht sicher von einem

seborrhoischen Säuglingsekzem

abgrenzbar, definitive Diagnose erst

durch Beobachtung im Verlauf.

Skabies

� Ausgeprägter Juckreiz,

� bei Säuglingen oft palmoplantare

Papeln und Pusteln sowie nodöse

Effloreszenzen an Stamm und Ex-

tremitäten,

� positive Umgebungsanamnese.

Tinea capitis sive corporis

� Effloreszenzen häufig schärfer begrenzt

und mit randbetonter Schuppung,

� meist positive Umgebungsanamnese

(Haustiere?).

Weitere seltene bzw. sehr seltene

Differenzialdiagnosen sind die Langer-

hanszell-Histiozytose und der multiple

Carboxylase-Defekt [5].

TherapieEine Therapie ist zumindest bei leich-

ten Formen nicht erforderlich, in erster

Linie sollte eine Okklusion durch An-

wendung lipidreicher Externa unter-

bleiben. Die Fettschuppen des Kopf-

gneises lassen sich gut lösen, wenn sie

über Nacht mit pflanzlichen Ölen (z. B.

Olivenöl) eingeweicht und morgens

mit mildem Shampoo ausgewaschen

werden. Bei schwereren Formen kann

der Einsatz niedrig-potenter, topischer

Glukokortikoide (z. B. Hydrocortison-

acetat-Creme 1 %) kurzzeitig (<7 Tage)

erfolgen. Allerdings sollten gluko-

kortikoidsensitive Areale (v.a. Zentro-

fazial- und Windelregion) gar nicht oder

nur über wenige (<3) Tage mit Präpa-

raten dieser Substanzgruppe behandelt

werden.

Alternativ ist eine Behandlung mit to-

pischen Antimykotika über 2–4 Wochen

möglich (z. B. Ketoconazol-Creme und

-Shampoo, Ciclopirox-Olamin-Creme

oder Clotrimazol-Paste [2, 9]).

Abbildung 2. Zentrofaziales seborrhoisches

Ekzem mit lachsroten Patches, gelblichen Schuppen

und angedeutetem Kopfgneis („cradle cap“)

(mit frdl. Genehmigung, PD Dr. H. Ott).

Abbildung 3. Häufig von einem infantilen

seborrhoischen Ekzem betroffen: Windelbereich mit

hellrotem Erythem und feinlamellärer Schuppung

(mit frdl. Genehmigung, PD Dr. H. Ott).

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7 Palamaras I, Kyriakis KP, Stavrianeas NG. Seborrheic

dermatitis: lifetime detection rates. J Eur Acad Dermatol

AUF DER BULT, Kinder- und Jugendkrankenhaus

Janusz-Korczak-Allee 12 | 30173 Hannover

[email protected]

Dr. med. Antonia Reimer

Venereol 2012; 26(4): 524–526.

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9 Wannanukul S, Chiabunkana J. Comparative study of 2 %

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10 Wannanukul S, Chindamporn A, Yumyourn P et al. Malas-

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Allergy Immunol 2005; 23(2–3): 101–105.

Weitere Themen 26 _ 27

Die Datenlage ist dramatischEs ist im doppelten Sinne paradox: Der

sozioökonomische Status in der Bun-

desrepublik verbessert sich, gleichzeitig

nimmt die Anzahl der Allergiepatien-

ten zu. Die Krankheitshäufigkeit geht

aber nicht mit einer Verbesserung der

Versorgung von Allergikern einher (vgl.

Studie des Robert-Koch-Instituts [2]).

Im Gegenteil: Die Zahl der Arztpraxen,

die allergologische Diagnosen kodieren,

nimmt ab. Der Anteil der Patienten, die

eine spezifische Immuntherapie (SIT)

erhalten, ist unterproportional zum An-

stieg der Gesamtzahl von allergischen

Patienten (vgl. Wasem-Studie [1]).

Ein Drittel der deutschen Bevölkerung

kämpft mit zumindest einer allergischen

Erkrankung. Unzureichende Behandlun-

gen anfänglich oft harmloser Allergien

führen immer häufiger zu dramati-

schen allergischen Leiden, wie starken

Nahrungsmittelallergien oder auch zu

allergischem Asthma. Oft wird in der

Bevölkerung noch verharmlosend von

„Heuschnupfen“ gesprochen. Angesichts

potenziell lebensbedrohlicher Schock-

reaktionen, denen manche Allergiker

ausgesetzt sind, ist das ein gefährlicher

Euphemismus. Häufiger als noch vor

Jahren kommt es zu chronischen aller-

gischen Störungen, die nicht nur einen

erheblichen Verlust an Lebensqualität

mit sich bringen, sondern auch mit einer

erhöhten Morbidität einhergehen.

Hinzu kommen sozioökonomische

Kosten allergischer Erkrankungen.

Insbesondere sind es die allergischen

Atemwegskrankheiten, die zu Einschrän-

kungen der Arbeitsfähigkeit führen und

in Europa geschätzte Kosten von bis zu

385 Mrd. Euro im Jahr verursachen (vgl.

Wasem-Studie [1], [3]). Hohe Therapie-

kosten – je Patient von über 6.000 Euro

im Jahr – für die Behandlung eines

schweren Asthmas sind nicht selten.

Die Aufgabe ist klar – der Weg nicht leichtEine Verbesserung der medizinischen

Versorgung von Allergikern stellt sich

auf Grund der Datenlage geradezu als

Verpflichtung heraus. Man bedenke,

dass z. B. eine frühzeitig realisierte Im-

muntherapie nachweislich das Potenzial

hat, das Fortschreiten der Erkrankung

zu vermeiden. Im Jahre 2010 kamen

jedoch nur 7 % der Rhinitis- und 5 %

der Asthmapatienten in den Genuss

der Spezifischen Immuntherapie (SIT).

Bis zu diesem Jahr war obendrein ein

Rückgang dieser Therapieform zur Be-

handlung von Allergiepatienten zu be-

obachten (vgl. Wasem-Studie [1]). Ganz

allgemein wurde wie bereits erwähnt

belegt, dass die Zahl der Arztpraxen, die

allergologische Leistungen erbringen,

ab- und nicht zunimmt [1].

Im vergangenen Jahr wurde die Heraus-

forderung, die sich für verantwortungs-

volle Mediziner ergibt, auf eine breite

Diskussionsbasis gestellt: Im Rahmen

des „Aktionsforums Allergologie“

haben sich sieben führende medizini-

sche Verbände zusammengeschlossen,

um der Fehlentwicklung im Bereich

„Allergiebehandlung in Deutschland“

Einhalt zu gebieten. Sie wollen sich

gemeinschaftlich für die Förderung und

Weiterentwicklung der Behandlungs-

optionen in der Allergologie in Deutsch-

land einsetzen.

„Aktionsforum Allergologie“ formuliert klare Vorstellungen„Allergien sind eine unterschätzte

Volkskrankheit“, unterstreicht Prof. Dr.

med. Eckard Hamelmann, General-

sekretär der Deutschen Gesellschaft für

Allergologie und Klinische Immunolo-

gie, Aktionsforums-Mitglied, „und ein

so großes Problem, dass es eine konzer-

tierte Anstrengung von allen beteiligten

Medizinern erfordert. Wenn wir nicht

schnell und effektiv handeln, werden

Millionen von Betroffenen tägliche

Einbußen in der Lebensqualität erleiden

müssen. Für viele Allergiker ist schon

jetzt jeder Tag eine Qual.“

Das Aktionsforum aus Dermatologen,

HNO-Spezialisten, Pädiatern und

Pneumologen will sich für die Koordi-

nation aller allergologisch tätigen Ärzte

einsetzen. Es geht um die Entwicklung

einer Präventionsstrategie, aber auch um

Im Quartett gegen AllergienVertreter der GPA im „Aktionsforum Allergologie“ ist Dr. Frank Friedrichs (Adresse s. unten).

Wie lautet die Schnittmenge aus Dermatologie, HNO-Medizin, Pädiatrie und Pneumologie? Ganz einfach: Die vier Disziplinen

verbindet die Sorge um Allergiepatienten. Die Anzahl der allergiegeplagten Patienten in den Wartezimmern und Kliniken dieser

Fachrichtungen nimmt zu. Die Möglichkeiten der Behandlung halten aber nicht Schritt. Es gibt Versorgungsprobleme, ja sogar

nachweislich Unterversorgung vieler Patienten. Das „Aktionsforum Allergologie“ hat nun beschlossen, mit vereinten Kräften

alles für Patienten und Allergologen und gegen die Allergien zu tun. Sieben führende Organisationen tagen nun regelmäßig, um

spürbare Verbesserungen in Gang zu setzen.

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

die sichere und strukturierte Versorgung

von Patienten mit allergischen Leiden.

Wichtiger erster SchrittEin erster wichtiger Schritt wurde vom

Aktionsforum Allergologie getan: Der

umfangreiche Fragenkatalog für die An-

tragszulassung des Disease Management

Programms (DMP) wurde beantwortet.

Das Schreiben liegt jetzt beim Gemein-

samen Bundesausschuss in Berlin. „Sollte

es langfristig zu einer Genehmigung des

strukturierten Behandlungsprogramms

kommen, wären wir einen sehr guten

Schritt weiter;“, meint Privatdozentin Dr.

med. habil. Kirsten Jung, Vorsitzende des

Ärzteverbandes Deutscher Allergologen

e.V. (AeDA), „parallel dazu haben wir

aber eine lange Liste anderer Aktivi-

täten geplant, die der Allergietherapie

in Deutschland helfen werden.“ Das

„Aktionsforum Allergologie“ will sich so

z. B. auch um bessere Rahmenbedingun-

gen für ärztliche Aus- und Weiterbildung

kümmern und denkt darüber nach, eine

breit angelegte Aufklärungskampagne für

Patienten zu starten.

Literatur 1 Biermann J, Merk H, Wehrmann W, Klimek L, Wasem J.

Allergische Erkrankungen der Atemwege – Ergebnisse

einer umfassenden Patientenkohorte in der deutschen

gesetzlichen Krankenversicherung. Allergo J 2013; 22 (6):

2 Langen U, Schmitz R, Steppuhn H. Häufigkeit allergischer

Erkrankungen in Deutschland. Ergebnisse der Studie zur

Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundes-

gesundheitsbl 2013; 56: 698–706

3 Zuberbier T, Lötvall J. Allergies have a socioeconomic

impact: a model calculation. Allergy 2008; 63: 612–21

Das Aktionsforum Allergologie setzt sich zusammen aus:

� Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) e.V.

� Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) e.V.

� Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) e.V.

� Bundesverband der Pneumologen (BdP)

� Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klini-sche Immunologie (DGAKI) e.V.

� Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte (HNO) e.V.

� Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) e.V.

Informationen: www.aktionsforum-allergologie.de

Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin,

Allergologie, Umweltmedizin, Kinder-Pneumologie

kinderarztpraxis laurensberg

Dres. Friedrichs, Pfannenstiel, Neunzig,

Henrichsmeier und Becker

Rathausstraße 10 | 52072 Aachen

Dr. Frank Friedrichs

SERIE: AKTUELLE FRAGEN AN DEN ALLERGOLOGEN

Engegefühl im Brustkorb unter HyposensibilisierungMatthias V. Kopp, Kinderpneumologie & Allergologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck

Frau L. aus P fragt: Aktuell behandle ich einen 14-jährigen Jungen, der eine allergische Rhinokonjunktivitis bei Sensibi-

lisierung gegen Gräserpollen und ein leichtgradiges, unter niedrig-dosierten inhalativen Steroiden kontrolliertes Asthma

bronchiale hat. Er erhält seit einigen Monaten eine subkutane Hyposensibilisierung mit einem Gräserpollenextrakt, nachdem

er in den Jahren davor während des Gräserpollenflugs ein Maximum seiner rhinokonjunktivalen Beschwerden gezeigt hatte.

Die Aufdosierungsphase hat er ohne Probleme vertragen. Nun berichtete er unter der Erhaltungstherapie, dass er regel-

mäßig am Tag der Hyposensibilisierung ein Engegefühl auf der Brust verspüre. Ich habe daher vor und nach der nächsten

Injektion eine Lungenfunktionsprüfung gemacht und dabei eine Abnahme der FEV1 von 17 % nach der Injektion feststellen

müssen. Erneut hat er unter einem Engegefühl im Brustkorb geklagt. Wie ist nun weiter vorzugehen? Muss die Hyposensibi-

lisierung abgebrochen werden? Ich bin auch deshalb beunruhigt, weil diese Symptomatik außerhalb der Gräserpollensaison

aufgetreten ist.

Prof. Dr. med. Matthias Kopp antwortet: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass

für Ihren 14-jährigen Jungen die Indi-

kation zur Durchführung einer spezifi-

schen Immuntherapie mit einem sub-

kutanen Gräserpollenextrakt richtig ge-

stellt wurde: Er litt offenbar seit einigen

Jahren unter einer allergischen Be-

schwerdesymptomatik, die sich wäh-

rend des Gräserpollenflugs verstärkt

hat [4]. Die Tatsache, dass er auch ein

Asthma bronchiale hat, spricht nicht ge-

Weitere Themen 28 _ 29

gen eine Hyposensibilisierung, wenn –

wie in Ihrem Fall geschildert – die

asthmatische Beschwerdesymptomatik

gut kontrolliert ist. In der Nationalen

Versorgungleitlinie Asthma heißt es

dazu: „Es muss ein geeigneter Extrakt

zur Verfügung stehen und die Wirk-

samkeit der SCIT (subkutanen Immun-

Therapie) für die jeweilige Indikation

belegt sein. Positive Effekte auf das al-

lergische Asthma wurden für die Aller-

gene Gräser-, Baum- und Kräuterpollen,

Hausstaubmilben, Katzen und Schim-

melpilze (Alternaria, Cladosporium)

berichtet.“ [4, 5]. Eine Cochrane-Meta-

analyse, die zuletzt im Jahr 2010 aktua-

lisiert wurde, belegt ebenso wie aktuelle

Übersichtsarbeiten die Wirksamkeit

einer spezifischen subkutanen Immun-

therapie (SCIT) bei Asthma bronchiale

bei Erwachsenen und Kindern [1, 2, 3].

Nun besteht die aktuelle Problematik in

einer akuten Beschwerdesymptomatik

mit Engegefühl und Abnahme der FEV1

in direktem Zusammenhang mit den

Injektionen. Ich würde daher folgender-

maßen vorgehen:

� Vor einer jeden Injektion ist – wie all-

gemein empfohlen – nach der Verträg-

lichkeit der letzten Spritze zu fragen.

Besonders sorgfältig ist auch nach

möglichen akuten Asthmabeschwer-

den zu fragen (Husten, Kurzatmigkeit,

Notwendigkeit der Einnahme von in-

halativen Betamimetika) und es sollte

eine Auskultation der Lunge erfolgen.

� Vor den nächsten s.c.-Injektionen

würde ich eine Ruhelungenfunktion

durchführen und danach ein Beta-

mimetikum inhalieren lassen, z. B.

zwei Hübe Salbutamol DA über eine

Inhalierhilfe.

� Nach der Applikation der SCIT würde

ich im Abstand von 30 min erneut

eine Ruhelungenfunktion aufzeichnen.

Kommt es unter diesen Maßnahmen

zu einer Besserung der geschilderten

Symptomatik, so kann nach meinem

Dafürhalten die spezifische Immun-

therapie weiter fortgesetzt werden. Bei

gutem Allgemeinbefinden und fehlen-

der Beschwerdesymptomatik kann im

weiteren Verlauf die Lungenfunktions-

messung durch Peak-Flow-Messungen

vor und nach der SCIT ersetzt werden.

Kommt es unter den geschilderten

Maßnahmen weiterhin zu therapieasso-

ziierten pulmonalen Beschwerden, ist

zu erwägen, die Dosis der SCIT um 20 %

zu reduzieren. In der Gräserpollensai-

son muss die asthmatische Beschwer-

desymptomatik besonders sorgfältig

erfasst werden. Gegebenenfalls ist auch

hier eine Dosisanpassung erforderlich.

Zu guter Letzt sollte der Junge darauf

hingewiesen werden, an den Tagen

der SCIT-Injektion nicht aktiv Sport

zu treiben. Unter Berücksichtigung

der skizzierten Maßnahmen sollte die

erfolgreiche Durchführung einer SCIT

ohne weitere Probleme möglich sein.

Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Leiter des Schwerpunktes

Kinderpneumologie & Allergologie

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin

Universität zu Lübeck

Ratzeburger Allee 160 | 23538 Lübeck

[email protected]

Univ. Prof. Dr. Matthias V. Kopp

Literatur 1 Abramson MJ, Puy RM, Weiner JM. Injection allergen

immunotherapy for asthma. Cochrane Database Syst Rev

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2 Brehler R, Klimek L, Kopp MV, Christian Virchow J. Specific

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tis: a systematic review. Pediatrics 2013;131: 1155–67

4 Kleine-Tebbe J, Bufe A et al. Die spezifische Immun-

therapie (Hyposensibilisierung) bei IgE-vermittelten

allergischen Erkrankungen. Allergo J 2009; 18: 508–37

5 Nationale Versorgungsleitlinie Asthma. 2. Auflage, 2009;

http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/asthma/pdf/

nvl-asthma-2.aufl.-lang-5.pdf

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

WAPPADie 21. Jahrestagung der Westdeutschen

Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneu-

mologie und Allergologie e.V. (WAPPA;

www.wappaev.de) am 7. / 8. November

2014 im LVR-Museum in Bonn bietet

wie sonst auch vor allem die Möglich-

keit, sich auf den neuesten Stand wich-

tiger allergologischer und pneumolo-

gischer Themen zu bringen und sich

NAPPADas 32. Allergiesymposium der Nord-

deutschen Arbeitsgemeinschaft Pädiatri-

sche Pneumologie und Allergologie e.V.

(nappa, www.nappa-ev.de) am 21./22.

November 2014 in Lübeck steht unter

dem Motto: „Wissen sichern – sicher

AGPASDie 28. Jahrestagung der Arbeitsge-

meinschaft Pädiatrische Allergologie

und Pneumologie Süd e. V. (AGPAS,

in familiärer Atmosphäre mit Kolle-

ginnen und Kollegen auszutauschen.

In den verschiedenen Vorträgen und

Seminaren mit aktuellen Themen von

renommierten Referenten wird bei allen

Themen vor allem der Bezug zum Alltag

in Praxis und Klinik sein. Am Freitag

werden sich die ersten Vorträge mit der

Pneumologie beschäftigen. Es wird ein

Update täglich relevanter Themen wie

Bronchitis oder Pneumonie angeboten.

Samstagmorgen werden auf verständ-

liche und unterhaltsame Weise immu-

nologische und allergologische Grund-

lagen erklärt. Das Ganze wird abge-

Handeln“. In den gemeinsamen Arbeits-

gruppen am Freitag und bei den Vorträ-

gen am Samstagvormittag wird es also

nicht nur um das Auffrischen, Vertiefen

und kritische Hinterfragen von aktuel-

len „Hot Topics“ der Kinderpneumo-

logie und Allergologie gehen, sondern

auch um ganz handfeste Aspekte: So

wird in verschiedenen Arbeitsgruppen

Ihre aktive Mitarbeit gefragt sein, z. B.

„Der anaphylaktische Notfall – prakti-

sches Reanimationstraining für die aller-

gologische Praxis“ im Simulationslabor

www.agpas.de) findet am 17./18. Okto-

ber 2014 in Waldburg-Zeil Fachkliniken

Wangen im Allgäu statt. Die Fachklini-

ken Wangen sind deutschlandweit als

Kompetenzzentrum der Pneumologie

und Allergologie sowohl für Kinder und

Jugendliche als auch für Erwachsene

bekannt. Ziel der Tagung ist, die von der

AGPAS vertretenen Inhalte auf breiter

Basis praxisrelevant darzustellen. Im

Programm haben wir das Spektrum der

rundet von der Allergologie mit der

Vorstellung neuer Leitlinien, neuer dia-

gnostischer Verfahren, wie der moleku-

laren Allergiediagnostik und alltäglicher

Fragen, wie Impfungen und Allergie.

Neben klassischen Vorträgen werden

auch eine Pro- und Contra-Session

und ein Fall-Quiz stattfinden. In den

Seminaren bieten wir reichlich Gele-

genheit zum interkollegialen Austausch.

Für besonders Interessierte startet die

Veranstaltung am Freitagmorgen mit

dem Literatur-Update, in dem die wich-

tigsten Publikationen der letzten zwei

Jahre vorgestellt werden.

oder „Physiotherapie im Kindesalter –

was passiert da eigentlich?“. Daneben

werden wir aber auch über viele aktu-

elle Themen diskutieren, z. B. über

die neue S2-Leitlinie zur spezifischen

Immuntherapie oder das Management

der Obstruktion der oberen Atemwege.

Die Tagung wird in den Media Docks

direkt an der Trave stattfinden, von

dort ist selbst im Monat November ein

wunderschöner Blick auf die historische

Hansestadt Lübeck (seit 1987 UNESCO

Weltkulturerbe) garantiert.

pädiatrischen Allergologie, Pneumo-

logie und auch der Schlafmedizin abge-

bildet, um den Interessen der Kliniker

und den niedergelassenen Kollegin-

nen und Kollegen zu entsprechen. Die

begleitenden Seminare wenden sich an

Kollegen mit Interesse an pneumologi-

scher-allergologischer Arbeit. Des Weite-

ren werden Seminare für Medizinische

Fachangestellte und Gesundheits- und

Kinderkrankenpfleger/innen angeboten.

Tagungen

Veranstaltungen

Weitere Themen 30 _ 31

Ein wichtiger Beweggrund zur Durch-

führung der genannten Studie ist die

offensichtliche Tatsache, dass „Stadt-

natur“ und städtische Grünräume zur

Förderung der Gesundheit in Städten

beitragen. Im Mittelpunkt der Studie

stehen deshalb folgende zentrale Fragen:

� Welche gesundheitsfördernden

Wirkungen bzw. Potenziale haben

Grünräume und naturnahe Flächen in

der Stadt?

� Gibt es besondere Merkmale, die

diese Räume aufweisen müssen, um

gesundheitsfördernd zu sein oder

sein zu können?

� Welche Synergien und Konflikte zwi-

schen dem Schutz der biologischen

Vielfalt als wesentlichem Anliegen

des Naturschutzes und der Gesund-

heitsförderung bestehen in städti-

schen Grünräumen? Wie können Kon-

flikte minimiert oder gelöst werden?

� Wie können Belange der Gesundheits-

förderung in der Landschaftsplanung

(als Planungsinstrument des Natur-

schutzes) berücksichtigt und themati-

siert werden?

Die Ergebnisse des Vorhabens sollen in

der Naturschutz-, Planungs- und Ver-

waltungspraxis anwendbar sein. Der

Schwerpunkt des Vorhabens liegt auf

der Gesundheitsförderung durch Erhalt

der Gesundheit und der Stärkung von

Gesundheitsressourcen sowie der plane-

rischen Schaffung gesundheitsfördern-

der Umwelten und zielt somit nicht

auf die Veränderung des Verhaltens

eines Menschen oder eine Bevölke-

rungsgruppe. Ziel des Vorhabens ist es,

praxisbezogene Arbeits- und Planungs-

materialien zur Landschafts- und

Freiraumplanung zu erarbeiten, die

die Aspekte der Gesundheitsförderung

berücksichtigen.

Gesundheitsförderung im AllgemeinenGesundheit ist nicht definiert als das

„Fehlen von Krankheit“, sondern in

umfassender Weise ein „Zustand voll-

ständigen physischen, geistigen und

sozialen Wohlbefindens“ (WHO 1946)

(s. Tab. 1). Prävention bzw. Gesundheits-

förderung sind neben dem Gesundheits-

schutz dabei eine wichtige Vorgabe.

Ob gesundheitsrelevante Potenziale

wirksam werden, hängt immer indi-

viduell vom Verhalten der Menschen

ab. Konkret bedeutet das: Gesundheits-

relevante Wirkungen der Grünräume

entfalten sich erst durch den Aufenthalt

in Grünräumen bzw. in deren Nähe.

Ressourcen müssen also so angeboten

werden, dass sie auch genutzt werden.

Stressoren, also gesundheitsbeeinträch-

tigende Faktoren, wie Lärm, chemische

und biologische Umweltbelastungen,

Bewegungsmangel, soziale Isolation,

negativer Stress oder Diskriminierung

etc., müssen vom Menschen städte- und

raumplanerisch ferngehalten werden.

Grün, natürlich, gesund: die Potenziale multifunktionaler städtischer RäumeArmin Grübl, Kinderklinik München Schwabing

Exzerpt und Zusammenfassung der Ergebnisse des gleichnamigen F+E-Vorhabens des Bundesamts für Naturschutz

(FKZ 3511 82 0800, Laufzeit 09 / 2011 bis 02 / 2013) mit dem Fokus auf Prävention aus pädiatrischer und pädiatrisch

allergologischer Sicht. Die WAG Umwelt der GPA war hierbei vertreten durch Armin Grübl in der Projektbegleitenden

Arbeitsgruppe (PAG) und den umweltmedizinischen Workshops (Exzerpte / Tabellen / Zitate / Inhalte sind dem Skript

aus http://www.bfn.de/0502_skriptliste.html entnommen).

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

Gesundheitsförderung im Stadtnaturschutz Die physische Gesundheit wird direkt

durch die Filterung von Luftschad-

stoffen und Stäuben durch Baum- und

Strauchbestände, die Abkühlung der

städtischen Temperatur durch Entste-

hung und Transport von Kaltluft etc.

gefördert. Darüber hinaus besteht eine

positive Auswirkung von Grünflächen

auf die Psyche und das Wohlbefin-

den, aber auch auf das Sozialverhalten

(z. B. Interaktion und Kommunikation),

insbesondere auch auf die soziale Ent-

wicklung von Kindern beim Spielen

in Grünräumen. Isolation und Einsam-

keitsgefühle werden vermindert und

die gesellschaftliche Integration unter-

schiedlicher Bevölkerungsgruppen wird

gefördert. Forschungsergebnisse zeigen,

dass Menschen sich schneller regenerie-

ren und erholen, wenn sie Grünräume

betrachten oder sich in ihnen oder ihrer

Nähe aufhalten können. Im genannten

BfN-Skript wird dazu ein Review von

Maller et al. (2005) zitiert, nach dem

die Krankenhauspatienten, die von

ihrem Zimmer „Natur“ sehen konnten,

sich schneller erholten als jene mit

Blick auf Bebauung, einen kürzeren

Krankenhausaufenthalt hatten, weni-

ger Schmerzmittel brauchten und

weniger postoperative Komplikationen

erlitten. Natürlich gibt es auch negative

Auswirkungen, z. B. Allergien auslösen-

de Pflanzenarten oder die Übertragung

von Infektionskrankheiten durch Tiere.

Hinsichtlich der Einbeziehung von

Grünraumplanung zur Gesundheitsför-

derung ist der offensichtliche Paradig-

menwechsel der Gesundheitswissen-

schaften ausschlaggebend: Der Mensch

und sein Verhalten werden nicht mehr

isoliert betrachtet, der Einfluss von so-

zialer und physischer Umgebung auf

das menschliche Verhalten und die Ge-

sundheit wird anerkannt.

Das individuelle Verhalten bleibt je-

doch bestehen: Der eine sucht Ruhe

und Stille, der andere das gesellige

Miteinander. Dies macht die Planung

entsprechender Grünräume nicht

leichter, aber spannender und fordert

die Planer regelrecht heraus, entspre-

chende Möglichkeiten zu finden, vielen

bis allen gerecht zu werden. Nicht jede

Kommune wird jedoch die personellen

und finanziellen Ressourcen haben,

hier optimal planen und gestalten zu

können.

Gesellschaftliche und umwelt- bedingte Einflüsse auf Gesundheits- förderung und Naturschutz Auswirkungen des Klimawandels, wie

Zunahme von Temperaturextremen,

Überschwemmungen, Wasserhaushalts-

probleme und zunehmende Luftschad-

stoffkonzentrationen etc., zwingen

Städte- und Landschaftsplaner zukünftig

dazu, Aspekte der Gesundheitsförderung

und Naturschutz enger miteinander zu

verknüpfen. Klimatische Veränderungen

führen zu Veränderung und Verlän-

gerung der Pollenflugzeiten sowie zu

einem sich ändernden Spektrum von

Allergieauslösern auch durch invasi-

ve Pflanzen- und Tierarten. Beispiele

hierfür sind etwa Ambrosia oder der Ei-

chenprozessionsspinner. Vor allem ältere

Menschen, aber auch Kinder, sind eine

Gruppe, die besonders unter der klima-

wandelbedingten Zunahme städtischer

Hitzebelastungen leidet und zunehmend

mehr leiden wird.

GesundheitsschutzGesundheits-

förderung

Verhältnis-

prävention

Verhaltensprävention

Primärprävention Sekundärprävention Tertiärprävention

Ziel Vermeidung von

Gefahren (Gesund-

heitsstressoren) für

die menschliche Ge-

sundheit (z. B. mittels

Lärmschutzwänden)

Stärkung von Gesund-

heitsressourcen (z. B.

durch Nutzung eines

Parks zum Stressab-

bau)

Anpassung der

Wohn-, Lebens- und

Arbeitsumgebung

(z. B. Anlage eines

grünen Schulhofs)

Verhinderung

von Krankheit

und Stärkung der

Gesundheit (z. B.

Schutzimpfungen

durchführen)

Erkennung / Vorsorge

(z. B. Früherkennungs-

untersuchungen

wahrnehmen)

Verhinderung von

Verschlechterung

(z. B. Therapien durch-

führen)

Zielgruppe Gesamtbevölkerung Individuelle

Person und Gesamt-

bevölkerung

Gesamtbevölkerung Risikogruppen

(z. B. Kinder)

Bereits erkrankte

Person noch ohne

Beschwerden

Erkrankte Person

in Behandlung

Zeitpunkt Vor Entstehung der

Krankheit

Vor Entstehung der

Krankheit

Zu allen Zeitpunkten Vor Entstehung der

Krankheit

Frühstadium der

Krankheit

Fortgeschrittenes

Krankheitsstadium

Tabelle 1. Erhaltung von Gesundheit – Differenzierung verschiedener Begriffe

Quelle: [9]

Weitere Themen 32 _ 33

Stadtnaturschutz, Stadt- und Freiraum-

planung werden nicht zuletzt auch

zu einer Frage sozialer Gerechtigkeit.

Die Erhaltung und Neuschaffung von

qualitativ hochwertigen Grünräumen

ist gerade in den benachteiligten Stadt-

vierteln von Großstädten erforderlich.

Erstrebenswert ist dabei stets eine Parti-

zipation / Teilhabe großer Teile der Be-

völkerung an der Entwicklung gesund-

heitsfördernder Grünraumgestaltung,

um so die Akzeptanz und dann letzt-

endlich den gewünschten Erfolg zu

erreichen. Ein erstrebenswertes Ziel ist

es, erfolgreich einem rasanten Lebens-

stilwandel entgegenzuwirken, der sich

neben unausgewogener Ernährung,

Übergewicht und Stress durch vermehr-

te sitzende Tätigkeiten („sedentary life-

style; wörtlich: sitzender Lebensstil“)

auszeichnet. Es gilt, der zunehmenden

Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkran-

kungen, Adipositas, Diabetes mellitus

etc. gegenzusteuern.

Synergien und KonfliktePotenzielle Synergien zwischen Natur-

schutz und Gesundheitsförderung schei-

nen potenzielle Konflikte bei Weitem

zu überwiegen, Konflikte können meist

minimiert und vermieden werden. Zu

beachten ist dabei auch der zeitliche

Aspekt („zeitlicher Vorrang“), da sich

naturschutz- und gesundheitsrelevante

Potenziale, Wirkungen und Funktionen

im Laufe der Zeit verändern können:

z. B. werden neu gepflanzte junge Bäu-

me älter und größer oder die Nutzungs-

form und / oder die Pflegeintensität

ändert sich.

Da Naturerfahrung durch Kinder und

Jugendliche gerade in Städten mit

entsprechend kleinen Grünflächen eine

hohe Bedeutung hat, sollten aufkom-

mende Konflikte mit dem Arten- und

Biotopschutz in der Regel stets zu-

gunsten der Kinder und Jugendlichen

aufgelöst werden. Ein sehr mutiges und

erstrebenswertes Ziel – nicht zuletzt aus

pädiatrischer Sicht.

Nutzergruppen aus pädiatrischer und pädiatrisch allergologischer SichtHierzu finden sich im Forschungsskript

wichtige vor allem Kinder und Jugend-

liche betreffende Zitate (aus [9]):

„Patienten mit Atemwegsallergien sind

auf eine möglichst allergenarme Um-

gebung angewiesen, entsprechend wird

ihnen empfohlen, allergieauslösende

Räume zu meiden. Aus Sicht dieser

Gruppe sollten Grünräume möglichst

frei von allergenen Pflanzen sein, auf

Neupflanzung entsprechender Arten

(z. B. Birke, Erle, Esche, Haselnuss) soll-

te verzichtet werden.“

„Kleinkinder (2- bis 5-Jährige) müssen

in der Nähe der Eltern spielen können.

Dabei geht es vor allem um die Ent-

wicklung der Sinne und Motorik sowie

Rollenspiele. Kleine Räume sind daher

oft ausreichend. Ältere Kinder (6- bis

12-Jährige) benötigen im Gegensatz

dazu große Räume, in denen sie unab-

hängig von den Eltern ‚die Welt ent-

decken‘ können. Grundsätzlich sollten

sich Spielräume in der Nähe von Schule

und Wohnung befinden.“

„Jugendliche suchen vor allem soziale

Kontakte sowie Sportmöglichkeiten in

öffentlichen Räumen. Ein ausgewogenes

Verhältnis von sowohl stark besuch-

ten als auch geschützten Räumen (von

anderen sozialen Gruppen), welche

sich in der Nähe der Wohn- und Schul-

umgebung befinden, sollte gegeben sein.

Die Ausstattung spielt eher eine nach-

rangige Rolle. Große Räume sind für

Spiel- und Sportaktivitäten wichtig, die-

se müssen eine den Bedürfnissen der

Jugendlichen entsprechende Aufent-

haltsqualität aufweisen.“

Gesundheitsfördernde Potenziale städtischer Grünräume Möglicherweise hat jeder städtische

Grünraum irgendein gesundheitsför-

derndes Potenzial. Jedoch ist es nicht

möglich, bestimmte Gesundheitspoten-

ziale bzw. positive Wirkungen einem

bestimmten „Grünraumtypus“ (Park,

Wäldchen oder Brachfläche etc.) sicher

zuzuordnen. Allerdings gilt: Um eine

Wirkung zu erzielen, muss der Grünraum

auch genutzt werden. Neben ästheti-

schen und identifikationsfördernden

Merkmalen sind dabei auch „allgemeine

Qualitätskriterien“ maßgebend (Sicher-

heit, Sauberkeit, Erreichbarkeit).

Für den am Thema Interessierten hat

die Forschergruppe einen detaillierten

Kriterienkatalog entwickelt, mit dessen

Hilfe die jeweiligen gesundheitsrele-

vanten Merkmale von Grünräumen

erhoben werden und das entsprechende

Potenzial abgeschätzt bzw. bewertet

werden kann – jeweils bezogen auf die

vier Gesundheitskomponenten ästhe-

tisch / symbolisch, sozial, psychisch

und physisch.

Argumentationshilfen für die kommunale Praxis Gesundheitsrelevante Naturhaushalts-

funktionen wirken sich überwiegend

positiv auf die physische, aber auch auf

die psychische Gesundheit aus. Dazu

enthält das Skript zahlreiche markante

Aussagen bzw. Literaturverweise [9]:

� „Der Aufenthalt in Grünräumen

fördert die kognitive und emotionale

Entwicklung von Kindern.“ (nach

Frumkin 2003)

� „Sport in Grünräumen fördert die

körperliche Entwicklung von Kin-

dern.“ (nach McCurdy et al. 2010)

� „Bestimmte Baumarten und Pflanzen

können allergische Belastungen aus-

lösen“.

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

Bergmann et al. (2012) berichten in

einem Review, dass der Klimawandel

Veränderungen des Pollenflugs und die

Ausbreitung invasiver allergener Pflanzen

begünstigen kann. Daher sollten Neu-

pflanzungen hoch allergener Arten ver-

mieden und allergene invasive Arten

(z. B. Ambrosia) gezielt bekämpft werden.

Gesundheitsaspekte im kommunalen LandschaftsplanIm Rahmen der Strategischen Umwelt-

prüfung (SUP) ist bisher „nur“ die

Behandlung des Schutzguts „mensch-

liche Gesundheit“ verpflichtend

(s. Tab. 2). Ob Gesundheit per se und

vor allem Gesundheitsprävention

darüber hinaus ein Thema der Land-

schaftsplanung wird, bleibt individuell

den örtlichen Entscheidungsträgern

überlassen. In Tabelle 2 werden deshalb

bekannte Defizite und Anforderungen

hinsichtlich der Bearbeitung des

Schutzguts Mensch und der mensch-

liche Gesundheit erfasst [9].

FazitEs konnte im Forschungsbericht gezeigt

werden, „dass zwischen Gesundheits-

belangen, insbesondere der Gesund-

heitsförderung einerseits, sowie dem

Stadtnaturschutz und seinen Pla-

nungsinstrumenten andererseits viele

Berührungspunkte bestehen. Denn viele

Grünräume üben positive Wirkungen

auf die menschliche Gesundheit aus

oder verfügen zumindest über das

Potenzial hierfür.“ (…) Der Bericht stellt

somit „eine solide Argumentationsbasis

für die Diskussion über ‚Natur in der

Stadt‘ und städtische Grünräume sowie

deren gesundheitsfördernde Wirkung

dar.“ (…) In ihm „werden Argumente

und erste methodische Ansätze für die

Berücksichtigung der Gesundheitsförde-

rung in der Landschafts- und Freiraum-

Defizite bei der Bearbeitung des Schutzguts Mensch / menschliche Gesundheit Anforderungen an die Bearbeitung des Schutzguts Mensch / menschliche

Gesundheit

Datenbasis zur Gesundheit der Bevölkerung vielfach unzureichend Verbesserung der Bestandsdaten zur Gesundheit der Bevölkerung

Gesetzliche Grenzwerte oft nicht ausreichend vorsorgeorientiert

Keine gesetzlichen Immissionswerte für etliche Schadstoffe vorhanden

(z. B. Dioxine)

Orientierung gesetzlicher Grenzwerte an Vorsorgekriterien

Weitere Forschung über Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Umweltein-

flüssen und der menschlichen Gesundheit

Kumulationswirkungen einzelner Schadstoffe i. d. R. nicht berücksichtigt Synergie- / Kumulationswirkungen sowie chronische / langfristige Wirkungen

geringerer Schadstoffdosen bei Wirkungsabschätzungen berücksichtigen

Fehlen einer Behörde, die das ‚Schutzgut Mensch‘ umfassend in Verfahren

vertritt

Gesundheitsbehörden nicht regelmäßig und häufig nicht frühzeitig genug in

gesundheitsrelevante Planungen einbezogen

Kooperation zwischen Planungs-, Umwelt- und Gesundheitsbehörden häufig

unzureichend

Frühzeitige interdisziplinäre Integration von Umwelt- und Gesundheitsressorts

in Planungsverfahren; Verbesserung der Zusammenarbeit

Aufbau eines ExpertInnen-Netzwerks i.V. mit der Einrichtung einer Internet-

Plattform zur Thematik ‚Mensch und Umwelt‘ sowie ‚Gesundheitsverträglich-

keitsprüfung‘ (GVP)

Gesundheitsbelange aus Zeit-, Finanz-, Qualifikations- und Personalgründen oft

nicht ausreichend prüfbar

Bessere personelle und finanzielle Ausstattung sowie entsprechende Qualifi-

zierung der Umwelt- und Gesundheitsbehörden

Tabelle 2. Defizite und Anforderungen hinsichtlich der Bearbeitung des Schutzguts Mensch und menschliche Gesundheit

Modifiziert nach Claßen und Hornberg 2008 [2]; Crecelius 2010 [3]; aus Rittel et al. 2014 [9]

planung geliefert.“ (…) Die Autoren stel-

len fest, „dass die Nutzung von Synergien

und die Lösung potenzieller Konflikte

zwischen Stadtnaturschutz und Gesund-

heitsförderung beiden Seiten erhebliche

Chancen bieten. Die Nutzung (…) ist

unzweifelhaft kein Selbstläufer und

auch mit Schwierigkeiten verbunden.

Dennoch gilt: Die ‚gesunde Stadt‘ ist …

nur als interdisziplinäre Aufgabe und

als Ergebnis gemeinsamer Anstren-

gungen vieler Akteure zu verstehen“

(Klages 2012, S. 333 [6]).“.

Als Pädiater und speziell als Pädiatrische

Allergologen und umweltmedizinisch In-

teressierte sollten wir uns zukünftig bei

der Planung und Gestaltung von Grün-

räumen in den Städten intensiver mit

einbringen. Zur Vertiefung ist die aus-

führliche Fassung des Forschungsskripts

mit seinem umfangreichen Literaturver-

zeichnis sehr zu empfehlen.

Allergologe, Kinderpneumologe, Umweltmediziner

Kinderklinik München Schwabing

Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin

Klinikum Schwabing, StKM GmbH und Klinikum Rechts

der Isar (AöR) der Technischen Universität München

Kölner Platz 1 | 80804 München

[email protected]

Dr. Armin Grübl

Literatur Das Forschungsskript mit der kompletten Literaturliste findet

sich unter http://www.bfn.de/0502_skriptliste.html

1 Bergmann K-C, Zuberbier T, Augustin J, Mücke HG, Straff

W. Klimawandel und Pollenallergie: Städte und Kommu-

nen sollten bei der Bepflanzung des öffentlichen Raums

Rücksicht auf Pollenallergiker nehmen. Allergo Journal

2012; 21(2): 103–108 (www.pollenstiftung.de/uploads/

media/Artikel_Allergo_Journal_2_2012.pdf)

2 Claßen T, Hornberg C. Menschliche Gesundheit als

Gegenstand von Planungsverfahren – Problemlage

und Lösungsansätze. Vortrag am 1.10.2008 auf dem

9. UVP-Kongress 2008 in Bad Kissingen

3 Crecelius, M. (2010) Aspekt „Menschliche Gesundheit“

in der Umweltverträglichkeitsprüfung / Strategischen

Umweltprüfung. In: Hutter, C.-P.; Rapp, M. (Hrsg.):

Umweltplanungen in Kommunen –Neuerungen bei der

Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung, Eingriffsregelung,

artenschutzrechtlichen Prüfung sowie bei der Landschafts-

planung. Dokumentation der Tagung am 17. / 18. Juni 2010

der Akademie für Natur und Umweltschutz Baden-Würt-

temberg. Umweltplanungen in Kommunen. Tagungsführer

der Akademie für Natur-und Umweltschutz Baden-Würt-

temberg, Heft 21. Offenburg. 101–118. Im Internet unter

www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/70189/

Gesamtdokumentation_Kommunale%20Umweltplanungen.

pdf?command=downloadContent&filename =Gesamtdoku-

mentation_Kommunale%20Umweltplanungen.pdf

4 Frumkin H. Healthy places: exploring the evidence. Ameri-

can Journal of Public Health 2003; 93(9): 1451–1456.

5 Godbey G. Outside Recreation, Health and Wellness.

Understanding and Enhancing the Relationship. Resources

for the Future 2009; Washington

6 Klages A. Starke Sportvereine – starke Kommunen:

Neue Perspektiven für die Stadtentwicklung. Stadt und

Raum 6 / 2012: 320–324.

7 Maller C, Townsend M, Pryor A, Brown P, St Leger L.

Healthy Nature Healthy People: Contact with Nature as an

Upstream Health Promotion Intervention for Populations.

Health Promotion International 2006; 21: 45–54.

8 McCurdy LE, Winterbottom KE, Mehta SS, Roberts JR

Using nature and outdoor activity to improve children‘s

health. Current Problems in Pediatric Adolescent Health

Care 2010; 40 (5): 102–117

9 Rittel K, Bredow L, Wanka ER, et al. Grün, natürlich, ge-

sund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume.

2014. Bundesamt für Naturschutz. BfN-Skripten 371

Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014

Liebe Eltern, ein Peak-Flow-Meter erfüllt für das

Asthma so ähnliche Aufgaben wie ein

Thermometer für das Fieber. Mit beiden

Geräten kann man Vorgänge im Kör-

per messen, welche subjektiv oft nur

schwierig einzuschätzen sind. Das Fie-

berthermometer gibt Auskunft über die

Körpertemperatur, das Peak-Flow-Meter

über die Lungenfunktion.

Was bedeutet Peak-Flow?Peak-Flow bedeutet Spitzenfluss. Das

Peak-Flow-Meter ist ein einfaches,

tragbares Gerät, das die maximale

Geschwindigkeit bei

der Ausatmung messen

kann (s. Abb. 1). Daraus

können Rückschlüsse auf

die Weite der Atemwege

und die Lungenfunktion

gezogen werden. Mit

der Peak-Flow-Messung

lässt sich allerdings nur

die Weite der großen Atem-

wege (Luftröhre und größere

Bronchien) einschätzen. Die

Weite der kleinen Atemwege oder das

Lungenvolumen kann nur ein Arzt

mithilfe einer Lungenfunktionsunter-

suchung beurteilen (Spirometrie oder

Bodyplethysmografie). Der große Vorteil

der Peak-Flow-Messung ist jedoch, dass

sie praktisch zu jedem Zeitpunkt und an

jedem Ort durchgeführt werden kann.

Was kann ein Peak-Flow-Meter leisten? Ein Peak-Flow-Meter kann dabei helfen,

� eine Überempfindlichkeit der Bron-

chien zu diagnostizieren,

� festzustellen, wie schwer ein Asthma

ist,

� eine Verschlechterung der Lungen-

funktion rechtzeitig zu erkennen,

� durch eine frühzeitige Behandlung

einen schweren Asthma-Anfall zu

verhindern,

� den Erfolg der Behandlung bei einem

akuten Asthmaanfall zu überprüfen,

� den Behandlungsverlauf bei chroni-

schem Asthma zu kontrollieren.

Die Peak-Flow-Messung wird vor allem

bei Asthma bronchiale eingesetzt. Ab

dem Alter von 5–6 Jahren sind aussage-

kräftige Ergebnisse zu erwarten. Nach

Absprache mit dem Arzt wird der Peak-

Flow meist morgens und abends (vor

einer eventuellen Inhalation) und / oder

gezielt bei Atembeschwerden gemessen.

Das Peak-Flow-Protokoll sollten Sie bit-

te immer zum Arztbesuch mitnehmen.

Wie wird die Messung durchgeführt?Eine Peak-Flow-Messung wird folgen-

dermaßen durchgeführt (s. Abb. 4):

� Aufrecht stehen oder aufrecht sitzen.

� Zeiger auf Null schieben.

Wie verwende ich ein Peak-Flow-Meter korrekt?Peter J. Fischer, Praxis für Kinder- und Jugendmedizin, Schwäbisch Gmünd

Abbildung 2. Peak-Flow-Werte im grünen und gelben Bereich

Abbildung 2 a. Stabile Peak-Flow-Werte im grünen Bereich. Persönlicher Bestwert 200 l / min.

Abbildung 2 b. Peak-Flow-Abfall in den gelben Bereichen bei Infekt und Normalisierung nach Salbutamol-Inhalationen.

Abbildung 1. PARI Peak Flow Meter Kids.

Mit frdl. Genehmigung der Firma PARI GmbH.

0 50

100 150 200 250

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Tag

Peak-Flow-Abfall im gelben Bereich bei Infekt

Peak

-Flo

w(L

iter

/ Min

ute)

0 50

100 150 200 250

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Peak

-Flo

w(L

iter

/ Min

ute)

Tag

Stabile Peak-Flow-Werte im grünen Bereich

Elternratgeber 36 _ 37

Abbildung 4. Peak-Flow-Messung.

Mit frdl. Genehmigung der Firma PARI GmbH.

Praxis für Kinder- und Jugendmedizin

Allergologie Kinderpneumologie Umweltmedizin

Mühlbergle 11 | 73525 Schwäbisch Gmünd

[email protected]

Dr. med. Peter J. Fischer

Abbildung 3. Einsatz der Peak-Flow-Messung im Rahmen eines Asthma-Selbstbehandlungsplans

GRÜNE Zone „Alles okay”

Ihr Kind hat keine Asthmasymptome, keinen Husten, Ihr Kind kann allen sportlichen Betätigungen nachgehen, der Schlaf Ihres Kindes ist ungestört

und Peak-Flow 80–100% vom Bestwert

Medikamente weiter wie vom Arzt verordnet

Ihr Kind hat eventuell Husten, ist kurzatmig oder hat ein Engegefühl in der Brust, diese Symptome hindern Ihr Kind beim Sport oder beim Schlafen

und/oder Peak-Flow 60–80% vom Bestwert

Notfallplan

Ihr Kind hat dauernd Husten oder ist kurzatmig oder hat ein Engegefühl in der Brust, die Symptome hindern Ihr Kind am normalen Sprechen, bei leichter Anstrengung oder beim

Schlafen und/oder

Peak-Flow unter 60% vom Bestwert

Notfallplan

GELBE Zone „Achtung”

ROTE Zone „Notfall”

der unterscheiden (s. Abb. 2 a). Mess-

werte, die stark schwanken oder bei

körperlicher Belastung deutlich ab-

fallen, weisen auf eine bronchiale Über-

empfindlichkeit mit Verengung der

Atemwege hin.

Wie wird der Peak-Flow zur Therapie-steuerung eingesetzt?Die Peak-Flow-Messung kann in einem

Asthma-Selbstbehandlungsplan in die

Therapiesteuerung einbezogen werden.

Hier gilt:

� Gering schwankende Werte im „grü-

nen“ Bereich weisen auf eine gute

Therapie-Einstellung hin (s. Abb. 2 a).

� Der Abfall der Werte in den „gelben“

Bereich signalisiert die Notwendig-

keit, mit einem Bronchialerweiterer

(z. B. Salbutamol) zu inhalieren

(s. Abb. 2 b).

� Ein Abfall in den „roten“ Bereich

erfordert eine Intensivierung der

Akuttherapie und Rücksprache mit

dem Arzt (s. Abb. 3). Einen Notfall-

plan erhält Ihr Kind vom behandeln-

den Arzt.

� Auch bei einer Umstellung der

Asthma-Dauertherapie (Intensi-

vierung oder Verminderung) sind

Peak-Flow-Messungen hilfreich.

Wie wird das Peak-Flow-Meter gereinigt?Das Mundstück des Peak-Flow-Meters

sollte einmal pro Woche nach den An-

gaben des Herstellers gereinigt werden,

in der Regel mit Wasser und Geschirr-

spülmittel.

� Gerät waagerecht vor den Mund hal-

ten. Der Schlitz mit dem Zeiger und

die Öffnungen am Ende des Geräts

dürfen nicht abgedeckt werden.

� Zur Seite ausatmen, dann tief Luft

holen.

� Mundstück mit den Lippen und

Zähnen fest umschließen (liegt das

Mundstück vor den Lippen, sind

falsche Messwerte die Folge).

� Schnell und kräftig „wie ein Sturm“

in das Gerät hineinpusten, nicht

durch die Nase ausatmen.

� Messwert am Zeiger ablesen.

� Zeiger wieder auf Null schieben.

� Insgesamt 3-mal messen, den

besten Wert notieren und in das

Peak-Flow-Protokoll eintragen.

Das Peak-Flow-Meter ist nicht geeicht.

Eine Messung mit unterschiedlichen

Peak-Flow-Metern kann deshalb zu

etwas unterschiedlichen Messwerten

führen. Daher sollten Sie immer das-

selbe Peak-Flow-Meter benutzen.

Wie werden Peak-Flow-Werte beurteilt?Peak-Flow Normwerte aus Tabellen

sind für die einzelne Person wenig

aussagekräftig. Viel wichtiger ist der

persönliche Bestwert. Der persönliche

Bestwert ist der Wert, der bei stabiler

Lungensituation über 14 Tage hinweg

mehrfach als bester Wert ermittelt

wurde (s. Abb. 2 a).

Wenn die Messwerte nur gering schwan-

ken, zeigt dies eine stabile Lungenfunk-

tion an. Idealerweise sollten die Werte

sich nicht um mehr als 10 % voneinan-

Mit „Kinderallergologie in Klinik und Praxis“ geben die drei erfahrenen Aller-

gologen Hagen Ott, Matthias V. Kopp und Lars Lange dem allergologisch

tätigen Arzt ein kompaktes, hilfreiches Buch an die Hand. Den Anfang ma-

chen die Grundlagen der Allergologie: eine Übersicht der immunologischen

Pathomechanismen, gut verständliche Erläuterungen zu epi-/genetischen

Daten, Interpretation epidemiologischer Zahlen sowie die Darstellung der

wichtigen Allergene. Bekannte und erprobte präventive Maßnahmen fassen

die Autoren praxisorientiert vor allem im Hinblick auf das ärztliche Gespräch

mit Patienten und deren Familien zusammen.

Den Schwerpunkt des Handbuchs bilden Erläuterungen zu Klinik, Diagnose

und Therapie der allergischen Krankheitsbilder bei Kindern und Jugend-

lichen – allergische Rhinitis, Asthma bronchiale, allergische Hautkrank-

heiten, Nahrungsmittelallergie, Anaphylaxie, Arznei- und Insektengift-

allergien sowie exogen allergische Aspergillose, allergische broncho-

pulmonale Alveolitis und Mastozytose. Fotos der typischen Klinik, Grafiken

und Tabellen erleichtern die rasche Orientierung. Wichtige grundsätzliche

Diagnose- und Therapieverfahren stellen die Autoren in eigenen Kapiteln in

klar strukturierter Abfolge dar. Auch hier erlauben Bilder der Hauttests und

optisch hervorgehobene Indikationen, Kontraindikationen und Komplika-

tionen schnell zu finden, wonach man suchte. Für das Patienten- / Eltern-

gespräch über die vielen komplementären

diagnostischen und therapeutischen Verfah-

ren wird sicher das eigene Kapitel zu diesem

Thema auf Interesse treffen. Ein knappes

„Fazit für die Praxis“ ermöglicht jeweils

die rasche Rekapitulation des Gelesenen. Wer schnell eine Übersicht über

Eigenschaften und Dosierungen der gängigen anti-allergischen Wirkstoffe

braucht, wird in der Dosierungstabelle im Anhang fündig.

Gerne hätte man noch einen Abschnitt zu Immundefekten gelesen, die für

den Allergologen differenzialdiagnostisch wichtig sind. Das lässt sich ja in

einer 2. Auflage ergänzen, die bei diesem schönen Buch sicher kommen

wird. Es ist den Autoren mit diesem stringent verfassten Buch aber gelungen,

alle relevanten Aspekte der Allergologie klar verständlich darzustellen

und dies mit gut umzusetzenden Handlungsempfehlungen für die alltägliche

Praxis zu kombinieren.

BUCHREZENSION: OTT, KOPP, LANGE „KINDERALLERGOLOGIE IN KLINIK UND PRAXIS“, SPRINGER VERLAG 2014

Aus wissenschaftlich fundierter Praxis für die PraxisAlbrecht Bufe, Universitätsklinik Bergmannsheil, Bochum

TOPICAktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Allergieprävention

TOPIC25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte?

PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIEAUSGABE 04 / 2014

IN KLINIK UND PRAXIS

UMWELTMEDIZINGrün, natürlich, gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume

ELTERNRATGEBERWie verwende ich ein Peak-Flow-Meterkorrekt?

Kinderallergologie in Klinik und Praxis, 2014, IX, 339 S. 105 Abb., 104 Abb. in Farbe.

Hardcover, 59,99 Euro, ISBN 8-3-642-36998-8

Hagen Ott, Matthias V. Kopp, Lars Lange

Diese Ausgabe der Pädiatrischen Allergologie wird ab Oktober 2014 zu-

nächst nur für Mitglieder der GPA zusätzlich als ePaper publiziert. Die Aus-

gaben 4 / 2014 und die im Januar erscheinende 1 / 2015 werden zusätzlich

noch gedruckt und per Post versandt werden. Sie erhalten als Mitglied die

Zugangsdaten zum ePaper bis spätestens Ende Oktober 2014. Ab Frühjahr

2015 wird unsere Zeitschrift nur noch als ePaper erscheinen.

Und so können Sie Zugang zum ePaper finden: Bis Ende Oktober 2014 er-

halten Sie über den von Frank Friedrichs herausgegebenen GPA-Newsletter

einen Link zu unserer Homepage: www.gpau.de.

Dort führen wir Sie für die Ausgabe 4 / 2014 in

einen noch offenen Bereich der Zeitschrift, aus

dem Sie die aktuelle Ausgabe des ePapers auf

Ihren Rechner herunterladen können. Das ePaper

wird ein pdf-file sein, den Sie aktiv blättern können

und in dem Sie Links zu anderen Web-Seiten,

Veranstaltungen, Organisationen und Institutionen

finden werden. Es wird grundsätzlich auch Links

zu Videos geben, um wichtige Dinge besser zu

veranschaulichen. Anzeigen werden in der

jetzigen und kommenden Ausgabe noch nicht

erscheinen. Erst ab Ausgabe 2 / 2015, wenn

nur noch das ePaper erstellt wird, werden wir

einen geschlossenen Bereich auf unserer Homepage

geschaffen haben, auf den nur noch Mitglieder und Abonnenten zugreifen

können. Das Erscheinen kündigen wir Ihnen dann auf mehreren Wegen an:

durch E-Mail, per Newsletter, auf der Homepage, per social media oder

mittels anderer Kommunikationsmittel. Wichtig an dieser Stelle also: Wer

als GPA-Mitglied noch keine E-Mail-Adresse bei unserer Geschäftsstelle

hinterlegt hat, möge dies nachholen, um möglichst schnell und einfach an

die Informationen zu gelangen. Teilen Sie uns daher bitte umgehend Ihre

E-Mail-Adresse mit, falls Sie den GPA-Newsletter, der viermal jährlich seit

fünf Jahren erschienen ist, in letzter Zeit nicht erhalten haben!

Wir freuen uns auf Ihr Interesse an unserer neuen Zeitschrift und hoffen,

Ihnen als Mitglieder damit nicht nur eine kostengünstige, sondern hoch-

aktuelle, schnelle, moderne und trotzdem fundierte Zeitschrift mit erheb-

lichem Nutzen für Ihre Tätigkeit zu bieten.

In eigener Sache ACHTUNG„Die Pädiatrische Allergologie“ ab sofort auch als ePaper.

In eigener Sache / Journal Club 38 _ 39

ForschungsansatzDie Autoren wollten zwei Fragestellun-

gen klären – die Assoziation von

wheezing (Asthmasymptomen) und

Atopie bei Kleinkindern zum einen mit

dem Vorkommen von Allergenen aus

Kakerlaken, Maus, Hausstaubmilben

und von Hund / Katze und zum ande-

ren mit bestimmten Bakterienspezies

im Hausstaub bei Kleinkindern. Als

Neugeborene bis zum Alter von 3 Jahren

wurden 560 Probanden aus Stadtteilen

in Baltimore, New York City, Boston

und St. Louis untersucht, in denen

mehr als 20 % der Bewohner unterhalb

der Armutsgrenze lebten. Eine aller-

gische Krankheit bei Vater und / oder

Mutter sowie die Geburt nach der 34.

Gestationswoche waren weitere Ein-

schlusskriterien. 44 % der Kinder waren

sensibel gegenüber mindestens einem

Aeroallergen, 30 % litten an wiederhol-

ten wheezing-Episoden, 9 % an einem

atopischen Ekzem und 12 % wiesen

einen positiven „Modified Asthma Pre-

diction Index“ auf.

ErgebnisseWie erwartet ergab sich eine deutliche

Korrelation zwischen der kumulativen

Exposition innerhalb der ersten 3 Le-

bensjahre gegenüber Allergenen aus

Kakerlake, Maus und Milben (Dermato-

phagoides farinae) (OR 1,47; 1,52 und

1,68) und allergischer Sensibilisierung;

diese wiederrum korrelierte positiv mit

wiederholtem wheezing im Alter von

drei Jahren. Entgegen der Hypothese der

Autoren allerdings ließ sich ein negati-

ver Zusammenhang zwischen wieder-

holtem wheezing und Allergenen aus

Kakerlake, Maus und Katze berechnen,

wenn nur die Exposition im ersten Le-

bensjahr berücksichtigt wurde (OR 0,6;

0,65 und 0,75, p≤0,01–0,005). Wie sich

aus einer „nested“ Fall-Kontroll-Stu-

die an 104 Kindern ergab, litten die

3-Jährigen ebenfalls deutlich seltener

an Atopie oder mit Atopie assoziiertem

wheezing, wenn sich im Hausstaub aus

Proben während des ersten Lebensjahres

hohe Konzentrationen verschiedener

Bakterienstämme, insbesondere Firmi-

cutes (z. B. Lactobazillen, Streptokokken

etc.) und Bacteriodetes (z. B. Actibacter,

Flavobacterium, etc.) nachweisen ließen

(OR 0,72 / 0,73; p = 0,01).

Anders berechnet waren die Kinder, die

als 3-Jährige weder eine Atopie noch

wiederholtes wheezing aufwiesen, am

ehesten in den ersten 12 Monaten sehr

hohen Allergenkonzentrationen und

ebenfalls hohen Bakterienwerten ausge-

setzt gewesen. Aus bestimmten Korrela-

tionen zwischen den Daten von Kaker-

lakenallergen und Bakterien ließ sich

auch ableiten, dass manche mikrobiellen

Bestandteile des Hausstaubs möglicher-

weise von Kakerlaken stammen.

SchlussfolgerungIn URECA seien erstmals Zusammen-

hänge zwischen allergischer Sensibi-

lisierung und sowohl Allergenen als

auch Bakterien in derselben Population

untersucht worden, betonen die Auto-

ren. Eine hohe Allergenexposition im

ersten Lebensjahr schützte hier eher vor

wheezing, eine hohe Bakterienkonzen-

tration eher vor Atopie. Grundsätzlich

wirke sich die städtische Umgebung

negativ auf Atopie / wheezing auf, so die

Autoren, aber dennoch gebe es gerade

im ersten Lebensjahr offenbar präventi-

ve Expositionsmuster. Möglicherweise

biete in einem grundsätzlich allergenen

Umfeld eine erhöhte Mikrobenexposi-

tion in den ersten 12 Monaten effekti-

veren Schutz als eine Bekämpfung von

Tierallergenen.

LYNCH ET AL. EARLY LIFE EXPOSURE AND ATOPY

Allergenexposition im ersten Lebensjahr auch bei Stadtkindern entscheidendSusanne Meinrenken, Bremen

Wie bekannt ist, entwickeln Kinder auf Bauernhöfen seltener eine Allergie, wenn sie früh im ersten Lebensjahr mit bestimmten

mikrobiellen Erregern in Kontakt kommen. Wie es hingegen in der Stadt diesbezüglich aussieht, untersuchten Susan Lynch und

Kollegen aus den USA anhand der „Urban Environment and Childhood Asthma“-Studie (URECA).

Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen

[email protected]

Kontakt

Originalstudie

Lynch, Susan Vet al. Effects of early-life exposure to allergens

and bacteria on recurrent wheeze and atopy in urban children.

J Allergy Clin Immunol 2014 (Epub ahead of print)

Europäische Akademie für Umweltmedizin10. – 12. Oktober 2014, Würzburg

Information: European Academy

for Environmental Medicine e. V.,

Trierer Str. 44, 54411 Hermeskeil,

[email protected],

www.europaem.de

Ausbildung zum Prüfarzt / Prüfarztassistenten Grundkurs, Refresherkurs GCP-Training inklusive MPG-Schulung für Prüfärzte30. Oktober / 01. November 2014,

Bretten bei Karlsruhe

17. / 18. April 2015, Bochum

Veranstalter: NETSTAP e. V.

Information: NETSTAP e. V.,

Frau Eike Stöckmann,

Parkallee 35, 23845 Borstel,

[email protected]

21. Jahrestagung derWestdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e.V. (WAPPA)07. und 08. November 2014, Bonn

Leitung: Dr. med. Lars Lange, Bonn

Information: DI-Text, Frank Digel,

Butjadinger Str. 19,

26969 Butjadingen-Ruhwarden,

[email protected], www.di-text.de

Kompaktkurs „Pädiatrische Pneumologie“ der AGPAS07. und 08. November, Stuttgart

Leitung: Dr. Armin Grübl, München,

Dr. Stefan Illing, Stuttgart

Information: Wurms & Partner PR GmbH,

Öschweg 12, 88079 Kressbronn,

[email protected]

32. Allergiesymposium der NorddeutschenArbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (nappa) 21. und 22. November 2014, Lübeck

Leitung: Prof. Dr. med. Matthias Kopp,

Lübeck

Information: DI-Text, Frank Digel,

Butjadinger Str. 19

26969 Butjadingen-Ruhwarden,

[email protected], www.di-text.de

35. Seminar Indikation undDurchführung der Hyposensibilisierung für Kinderärztinnen und Kinderärzte der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (WAPPA)28. und 29. November 2014, Köln

Leitung: Dr. med. Frank Friedrichs, Aachen,

Prof. Dr. med. Bodo Niggemann, Berlin

Information: DI-Text, Frank Digel,

Butjadinger Str. 19,

26969 Butjadingen-Ruhwarden,

[email protected], www.di-text.de

10. „Praktische Neurodermitis-Therapie im Kindesalter“16. bis 17. Januar 2015, Dresden

Leitung: Dr. med. Susanne Abraham,

Dresden, Dr. med. Katja Nemat, Dresden

Information: DI-Text, Frank Digel,

Butjadinger Str. 19,

26969 Butjadingen-Ruhwarden,

[email protected], www.di-text.de

3. Update-Tag der WestdeutschenArbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (WAPPA)31. Januar 2015, Düsseldorf

Leitung: Prof. Dr. med. Antje Schuster,

Düsseldorf

Information: DI-Text, Frank Digel,

Butjadinger Str. 19,

26969 Butjadingen-Ruhwarden,

[email protected], www.di-text.de

12. gemeinsame Jahrestagung derArbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V. (AGAS) und der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung e.V. (AGNES)20. und 21. Februar 2015, Fulda

Leitung: Dr. med. Ansgar Forderer, Fulda,

Dr. med. Thomas Spindler, Wangen / All-

gäu, PD Dr. med. Jens-Oliver Steiß,

Fulda

Information: DI-Text, Frank Digel,

Butjadinger Str. 19,

26969 Butjadingen-Ruhwarden,

[email protected], www.di-text.de

Weitere Termine unter www.gpau.de

NeurodermitisDie Ausgabe 01 / 2015 erscheint am 30. Dezember 2014

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PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE

AUSGABE 04 / 2014