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TOPICAktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Allergieprävention
TOPIC25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte?
PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIEAUSGABE 04 / 2014
IN KLINIK UND PRAXIS
UMWELTMEDIZINGrün, natürlich, gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume
ELTERNRATGEBERWie verwende ich ein Peak-Flow-Meter korrekt?
2 _ 3Editorial
Auch wenn wir in der Allergologie,
wie in vielen gesellschaftlichen und
politischen Bereichen, einen gewissen
Sättigungseffekt beobachten, herrscht
in der GPA rege Aufbruchsstimmung.
Nachdem wir im Januar diesen Jahres
einen neuen Vorstand gewählt haben
– ein Vorstand, der sich die von den
vier regionalen Arbeitsgemeinschaften
beschlossene AGEnda 2020 der GPA
auf die Fahne geschrieben hat – beginnt
schon der angestrebte Generationen-
wechsel: Christian Vogelberg, Dresden,
Vorsitzender der APPA, wird (vorbehalt-
lich der Zustimmung der Mitgliederver-
sammlung der GPA) bereits im Oktober
2014 beim Deutschen Allergiekongress
in Wiesbaden das Ruder der GPA über-
nehmen. Albrecht Bufe, Bochum, tritt
ob neuer Herausforderungen als Dekan
an seiner Medizinischen Fakultät in die
zweite Reihe. Unser Nestor Frank Fried-
richs, Aachen, und der sehr erfahrene
Vorstandsneuling Armin Grübl, Mün-
chen, bleiben unverändert im Team.
Erkennbar ist die Aufbruchsstimmung
ferner bereits am neuen „Outfit“ dieser
Ausgabe der „Pädiatrischen Allergologie
in Klinik und Praxis“. Mit einem neuen
Redaktionsteam, bestehend aus Frau Dr.
Susanne Meinrenken als Redaktions-
assistentin und Lektorin, der uns lange
bekannten Agentur iKOMM mit Herrn
Dr. Kümmel und Herrn Habicht an der
Spitze als Verlag sowie dem bewährten
Team aus Ute Lohschelder-Dreuw in
der Geschäftsstelle der GPA in Aachen
und den Schriftleitern Ernst Rietschel,
Armin Grübl, Christian Vogelberg und
Albrecht Bufe erleben wir hier das Neue
Layout unserer Zeitschrift. Nicht zu ver-
gessen sind unsere Ressortleiterinnen
und -leiter, die unverändert die bekann-
ten Rubriken bedienen.
Auch in unserem Kernthema Allergie-
prävention, dem Topic dieser Ausgabe,
herrscht Aufbruchsstimmung. Johanna
Bellach und Kirsten Beyer widmen sich
dem wieder einmal aktuellen Dauer-
thema der Prävention von Nahrungs-
mittelallergien und fassen neueste Er-
kenntnisse zur Rolle der Exposition
durch Nahrungsmittel zusammen.
Ulrich Wahn, der Pionier und Groß-
meister der Pädiatrischen Allergologie,
blickt zurück auf 25 Jahre Allergie-
prävention. Kritisch zeigt er uns, dass
wir trotz bedeutender Erkenntnisse aus
der Grundlagenforschung und vieler
klinischer Studien leider noch nicht
viel erreicht haben. Und doch herrscht
Optimismus, weil eine Reihe vielver-
sprechender Optionen am Horizont
erkennbar sind. Das Titelbild der Zeit-
schrift verweist auf den Ort, dem einige
Hoffnungen gelten: der traditionellen
Stallumgebung. Die Erkenntnisse aus
den berühmten Bauernhof-Studien, die
wir seit über 15 Jahren analysieren, füh-
ren zu neuen Konzepten der Allergie-
prävention. Im neuen Journal-Club be-
richten wir über ein weiteres Puzzleteil
hierzu: der Bedeutung von Exposition
gegenüber Allergenen und dem Mikro-
biom. Pünktlich zu dieser Ausgabe
der GPA-Zeitschrift erscheint die aktua-
lisierte S3-Leitlinie Allergieprävention,
die unter Federführung von Torsten
Schäfer im Auftrag der DGAKI und un-
ter maßgeblicher Beteiligung der DGKJ,
der GPA und vieler anderer Gruppen
aus dem Fachgebiet jüngst fertiggestellt
wurde. Wir veröffentlichen eine Kurz-
fassung. Die Langfassung finden Sie
im Allergo Journal und auf der AWMF-
Homepage. Wir wollen Ihnen die wich-
tigsten Empfehlungen und Stellungnah-
men der Leitlinie für die Anwendung in
der täglichen Umsetzung präsentieren.
Im Übrigen finden
Sie in diesem Heft
unverändert Beiträge,
Kurznachrichten und
Informationen aus unseren Ressorts,
Berichte und Hinweise zu Fortbildungen
und Kongressen, Fragen an den Aller-
gologen, das Magazin und vieles mehr.
Wir hoffen, Sie auf einer der vielen
Veranstaltungen der GPA und unserer
regionalen Arbeitsgemeinschaften, auf
die auch hier in unserer Ausgabe wieder
kurz hingewiesen wird, oder dem Deut-
schen Allergiekongress in Wiesbaden
wiederzusehen und wünschen uns, dass
Sie von der Aufbruchsstimmung in der
GPA angesteckt werden.
Das Wichtigste zum Schluss: Wir kom-
men nicht nur im neuen Layout und
mit neuem Verlag daher; wir sind auch
auf dem Weg in die Welt der elektro-
nischen Medien, wie in der AGEnda
2020 beschlossen: Diese Ausgabe der
Pädiatrischen Allergologie erscheint ab
Oktober zunächst nur für Mitglieder der
GPA zusätzlich als ePaper. Die Ausga-
ben 4/2014 und die im Januar erschei-
nende Nr. 1/2015 werden zudem noch
gedruckt und per Post versandt werden.
Danach wird die GPA-Zeitschrift nur
noch als ePaper erscheinen. Wie Sie
den Zugang zum ePaper erhalten
können, erläutern wir in diesem Heft
auf Seite 38 („In eigener Sache“).
Albrecht Bufe und Christian Vorgelberg
Liebe Kolleginnen und Kollegen der GPA! ACHTUNG„Die Pädiatrische Allergologie“ ab sofort auch als ePaper.
Weitere Informationen finden Sie auf Seite 38.
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Tel. 02 41 / 98 00 - 4 86, Fax 02 41 / 98 00-2 59,
[email protected], www.gpaev.de
Verlag:
iKOMM • Information und Kommunikation im
Gesundheitswesen GmbH, Friesenstraße 14,
53175 Bonn, Tel. 02 28 / 37 38 41, Fax 02 28 / 37 38 40,
[email protected], www.ikomm.info
Verlagsleitung: Dr. Ulrich Kümmel
Schriftleitung:
Prof. Dr. Albrecht Bufe, Universitätsklinik
Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum,
[email protected]; Dr. Armin Grübl, Kinderklinik
München-Schwabing, Klinik und Poliklinik f. Kinder- und
Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 80804 München,
[email protected]; Dr. Ernst Rietschel, Klinik für
Kinder und Jugendliche der Universitätsklinik Köln,
Kerpener Str. 62, 50924 Köln, [email protected];
PD Dr. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum
Carl Gustav Carus, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden,
Ressortschriftleiter:
Prof. Dr. med. Kirsten Beyer, Pädiatrie mit Schwerpunkt
Immunologie und Pneumologie, Charité Universitätsmedizin,
13353 Berlin (Topic Nahrungsmittel); Dr. med. Peter J.
Fischer, Schwäbisch Gmünd (Elternratgeber); Dr. med. Frank
Friedrichs, Aachen (Gesundheitspolitik), Dr. Armin Grübl,
Kinderklinik München-Schwabing, Klinik und Poliklinik f.
Kinder- und Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 80804
München (Umweltmedizin); Prof. Dr. M. Kopp, Klinik für
Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck (Fragen
an den Allergologen); Dr. Th. Lob-Corzilius, Kinderhospital
Osnabrück, 49082 Osnabrück (Umweltmedizin), PD Dr. H. Ott,
Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, 22149 Hamburg
(Pädiatrische Dermatologie); Prof. Dr. med. Torsten Schäfer,
Immenstadt (Leitlinie); Prof. Dr. med. Ulrich Wahn, Charité,
Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie,
13353 Berlin (Topic Forschung Allergieprävention); Prof.
Dr. med. Volker Wahn, Charité, Klinik für Pädiatrie m. S.
Pneumologie und Immunologie, 13353 Berlin (Pädiatrische
Immunologie)
Wissenschaftlicher Beirat:
PD Dr. T. Ankermann, PD Dr. G. Frey, Dr. W. Lässig,
Dr. W. Rebien, Dr. S. Scheewe, Dr. K. Schmidt,
PD Dr. S. Schmidt, Prof. Dr. A. Schuster, Dr. Th. Spindler,
Prof. Dr. V. Stephan
Redaktion:
Dr. Susanne Meinrenken, Am Schäferhof 3, 28759 Bremen,
Bildnachweis:
Prof. A. Bufe: S. 3 links, Foto privat |
fotolia.com: smarco, Titelseite; MaxRiesgo, S. 26;
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Picture-Factory, S. 40 | Prof. M. Kopp: S. 29 unten,
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S. 6 | Dr. Ch. Vogelberg: S. 3 rechts, Foto privat |
Prof. V. Wahn: S. 23, Fotos privat
Anzeigenleitung:
iKOMM GmbH, Albrecht Habicht.
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 1. Januar 2014
Erscheinungsweise:
Die Pädiatrische Allergologie in Klink und Praxis erscheint
vierteljährlich jeweils am Beginn des Quartals.
Bezugspreise:
Einzelheft: 15,00 Euro, Jahresabonnement: 42,00 Euro,
Jahresabonnement für Studenten (bei Vorlage einer
Bescheinigung): 31,50 Euro, (jeweils zzgl. Versandkosten).
Layout: kippconcept gmbh, Bonn
ISSN: 1435-4233
Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 17. Jg / Nr. 4
TOPIC6 Prävention von Nahrungsmittel-
allergien durch frühe Exposition mit Nahrungsmitteln Für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restrik-
tion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene
im ersten Lebensjahr gibt es keine Belege; Experten
empfehlen jedoch auch nicht das gezielte Einführen
potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr.
Mögliche präventive Effekte und Risiken der frühen
Einführung potenter Nahrungsmittelallergene werden
diskutiert.
11 25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte? Nach 2½ Dekaden intensiver, oft hochkompetitiver
Forschung scheint es heute an der Zeit zuzugeben, dass
die meisten der Konzepte zu Interventionsstrategien
hinsichtlich der Entwicklung allergischer Erkrankungen
die gewünschten Effekte nicht erkennen lassen.
14 S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014 Gekürzte Fassung der aktuellen 2. Überarbeitung der
S3-Leitlinie Allergieprävention
WEITERE THEMEN23 Neue Immundefekte (11)
CVID-ähnlicher Immundefekt mit ausgeprägter
Autoimmunität bei Defekt der Proteinkinase Cδ
25 Differenzialdiagnosen des atopischen EkzemsSeborrhoisches Säuglingsekzem
27 Im Quartett gegen Allergien Vorstellung des neu gegründeten „Aktionsforum
Allergologie“ von Dermatologen, HNO-Spezialisten,
Pädiatern und Pneumologen
28 Fragen an den AllergologenSymptomatik unter Hyposensibilisierung
31 Grün, natürlich, gesund: die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume Exzerpt und Zusammenfassung der Ergebnisse
des gleichnamigen F+E-Vorhabens des Bundesamts
für Naturschutz mit dem Fokus auf Prävention aus
pädiatrischer und pädiatrisch allergologischer Sicht
(unter Mitarbeit der WAG Umwelt der GPA).
ELTERNRATGEBER36 Wie verwende ich
ein Peak-Flow-Meter korrekt? Mit dem Peak-Flow-Meter können
Patienten zu Hause die Weite der Atemwege
messen und dokumentieren.
IN EIGENER SACHE / JOURNAL CLUB38 „In eigener Sache“
38 Buchrezension
39 Allergenexposition im ersten Lebensjahr auch bei Stadtkindern entscheidend(Lynch et al. J Allergy Clin Immunol 2014)
VERANSTALTUNGEN30 Tagungen40 Termine
Inhalt / Impressum
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
Kein Verzicht auf potente Nahrungsmittelallergene nach dem vierten LebensmonatDie deutsche S3-Leitlinie zur Allergie-
prävention (s. Topic Leitlinie in dieser
Ausgabe) und die aktuelle europäische
Leitlinie der European Academy of Al-
lergy and Clinical Immunology (EAACI)
zur primären Prävention von Nahrungs-
mittelallergien empfehlen, alle Kinder
in den ersten vier Lebensmonaten voll
zu stillen [22, 26].
Wenn dies nicht möglich oder nicht
gewollt ist, sollten Kinder mit positivem
familiärem Atopiestatus hypoallergene
Säuglingsmilch erhalten. Nach voll-
endetem viertem Lebensmonat gibt es
aus allergologischer Sicht keinen Grund,
die Einführung der Beikost zu verzö-
gern, da ein allergiepräventiver Effekt
dafür nicht belegt werden kann. Der
Verzicht auf potente Nahrungsmittel-
allergene (s. Abb. 1) wird weder wäh-
rend der Schwangerschaft noch in der
Stillzeit empfohlen. Auch für die diä-
tetische Restriktion durch Meidung
potenter Nahrungsmittelallergene im
ersten Lebensjahr gibt es keine aus-
reichende Evidenz.
Über mehrere Jahrzehnte wurde die
Allergenvermeidung vor allem bei Kin-
dern mit erhöhtem Allergierisiko emp-
fohlen, um der Entstehung von Nah-
rungsmittelallergien vorzubeugen. Seit
der Re-Evaluation der Allergiepräven-
tionsempfehlungen im Jahre 2008 wur-
de diese Empfehlung aufgrund fehlen-
der Belegbarkeit weltweit zurückge-
nommen [8, 26]. Die fehlende Evidenz
für den schützenden Effekt einer diäte-
tischen Restriktion bedeutet nicht
zwangsläufig, dass das Gegenteil – also
die frühe Exposition mit Nahrungsmit-
telallergenen in den ersten Lebensjahren
– präventiv wirkt. Es folgen daraus aber
unweigerlich Überlegungen, warum
diese vermeidende Maßnahme nicht die
erhoffte Protektion bewirkte und welche
Vorbeugungsmaßnahmen stattdessen
wirksamer sein könnten.
Allergenexposition über die Haut als Risikofaktor?Nahrungsmittelallergien sind antigen-
spezifische Erkrankungen: Auch wenn
die Vermeidung der oralen Exposition
mit potenten Nahrungsmittelallergenen
in der frühen Kindheit nicht den erhoff-
ten Schutz zu bieten scheint, kann eine
Prävention von Nahrungsmittelallergien durch frühe Exposition mit NahrungsmittelnJohanna Bellach, Kirsten Beyer
Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin
Bis zu 8 % der Kinder sind weltweit von Nahrungsmittelallergien betroffen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Prävalenz in den
letzten Jahrzehnten zugenommen hat [28]. Da es bis heute keine kausalen Therapiemöglichkeiten für Nahrungsmittelallergien
gibt, haben präventive Strategiemaßnahmen einen hohen Stellenwert. Die für Risikokinder lange propagierte diätetische Res-
triktion potenter Nahrungsmittelallergene in der Ernährung der Mutter während Schwangerschaft und Stillzeit und des Kindes
in den ersten Lebensjahren wird allerdings seit 2008 nicht mehr empfohlen. Auch in der in diesem Heft vorgestellten neues-
ten Version der Leitlinie gilt, dass nach dem vollendeten vierten Lebensmonat aus allergologischer Sicht nichts gegen eine Bei-
kosteinführung spricht (s. Seite 14). Ein Problem bleiben nach wie vor „allergene“ Nahrungsmittel. Obwohl es für einen präventi-
ven Effekt einer diätetischen Restriktion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr keine Belege gibt
und sie deshalb nicht erfolgen sollte, empfiehlt insbesondere die neue Europäische Leitlinie auch nicht das gezielte Einführen
potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr.
In diesem Beitrag werden aktuelle Fragen, wie die mögliche Aufnahme von Allergenen über die Haut und die möglicherweise
protektive Wirkung, aber auch die Risiken der frühen Einführung von Hühnerei, Erdnuss etc. diskutiert.
Topic 6 _ 7
© Johanna Bellach, Berlin
Exposition mit den betreffenden Nah-
rungsmittelallergenen nicht irrelevant
für eine Allergieentstehung sein. Es gibt
Hinweise darauf, dass eine Sensibilisie-
rung und folgende Allergieentwicklung
über den Kontakt mit der Haut entste-
hen kann. In einem Tiermodell wurde
gezeigt, dass die Exposition von Mäusen
mit Hühnerei (Ovalbumin) oder Erd-
nuss auf abgeschürfter Haut zu Sensibi-
lisierungen führt [30]. Bei einem sechs
Monate alten Kind, das an atopischer
Dermatitis erkrankt war, konnten in der
entzündeten Haut bzgl. Erdnussallergen
spezifische T-Zellen isoliert werden.
Erdnuss war in die Ernährung des Kin-
des noch nicht eingeführt worden; die
Mutter des Kindes hatte sich ebenfalls
während der Schwangerschaft und Still-
zeit streng erdnussfrei ernährt [33]. Des
Weiteren wurden Hinweise darauf ge-
funden, dass die Applikation von Erd-
nussöl auf die entzündete Haut mit
einem höheren Risiko für die Entwick-
lung einer Erdnussallergie bei kleinen
Kindern verbunden ist [17]. In mehreren
Studien wurde Erdnussprotein in der
häuslichen Umgebung wie z. B. im Haus-
staub nachgewiesen [2, 3, 32]. Je mehr
Erdnussprodukte im Haushalt konsu-
miert wurden, desto größere Mengen an
Erdnussprotein wurden im Hausstaub
gefunden [3]. Ebenfalls konnten relevan-
te Mengen an Erdnussallergen sowohl
im Speichel als auch auf den Händen
nach der Verwendung von Erdnuss-
produkten nachgewiesen werden [21, 24].
In einer prospektiven Beobachtungs-
studie waren Kinder mit einer Erdnuss-
allergie im Vergleich zu atopisch vorbe-
lasteten Kindern ohne Erdnussallergie
einer 10-fach höheren häuslichen Expo-
sition gegenüber Erdnuss ausgesetzt [7].
Für den Sensibilisierungsweg über die
Haut könnte ebenfalls sprechen, dass
ungefähr jedes dritte Kind mit einer
atopischen Dermatitis zusätzlich eine
Nahrungsmittelallergie entwickelt [5, 6].
Ein zentrales Element der Erkrankung
des atopischen Ekzems ist die defekte
Barrierefunktion der Haut [31]. Beson-
ders gefährdet für die Entwicklung einer
Nahrungsmittelallergie sind die Kinder,
die bereits in den ersten sechs Lebens-
monaten eine atopische Dermatitis ent-
wickeln. Das Risiko steigt hierbei noch
zusätzlich mit der Schwere des Ekzems
an [11, 16, 17, 18].
Frühe orale Allergenexposition als protektiver Faktor?Wenn Allergenexposition über die Haut
zu Sensibilisierungen und Allergien
führen kann, stellt sich die Frage, ob
umgekehrt vielleicht die frühe Expo-
sition über den Magendarmtrakt vor
der Entwicklung einer Allergie auf das
betreffende Nahrungsmittel schützen
kann. Im Mausmodell konnte gezeigt
werden, dass eine hohe oral verabreich-
te Einzeldosis von Nahrungsmittelaller-
genen wie Erdnuss, Kuhmilch (β-Lacto-
globulin) und Hühnerei (Ovalbumin)
eine orale Toleranz des betreffenden
Nahrungsmittels bewirkt und eine IgE-
Sensibilisierung verhindert [29].
Ebenfalls geben ökologische Studien-
daten Hinweise auf einen Zusammen-
hang zwischen früher oraler Exposition
und Toleranzentwicklung: In Ländern
wie Israel und den Philippinen sind
Erdnüsse als Lebensmittel sehr beliebt.
Sie werden in diesen Ländern auch
während der Schwangerschaft und frü-
hen Kindheit gegessen. Erdnussallergien
stellen hier jedoch extrem seltene Er-
krankungen dar. Dagegen kommen in
Großbritannien und den USA Erdnuss-
allergien häufiger vor. Erdnussprodukte
werden dort ebenfalls in hohen Mengen
konsumiert, aber über mehrere Jahr-
zehnte wurde in diesen Ländern der Ver-
zicht auf solche Nahrungsmittel wäh-
rend der Schwangerschaft und den
ersten Lebensjahren empfohlen [10, 12,
16, 19, 20, 27].
Die genannten Länder unterscheiden
sich natürlich nicht nur in Bezug auf
die beschriebenen Präventionsempfeh-
lungen früherer Jahre; Gründe für die
unterschiedlich hohe Prävalenz von
Erdnussallergien könnten auch in dif-
ferierenden Lebensstilen, einer generell
niedrigeren Rate von atopischen Erkran-
kungen [1] oder genetischen Unterschie-
den liegen.
Vor diesem Hintergrund wurden in
einer gemeinsamen Untersuchung des
King’s College in London und der Uni-
versität in Tel Aviv jüdische Kinder aus
Israel mit jüdischen Kindern in Groß-
britannien im Alter von 8–14 Monaten
verglichen: Es zeigte sich eine 10-fach
höhere Prävalenz von Erdnussallergien
Abbildung 1. Die wichtigsten Nahrungsmittel- allergene im Kindesalter
Kuhmilch
Hühnerei
Erdnüsse
Baumnüsse (z. B. Haselnuss)
Weizen
Soja
Fisch
Schalentiere (z. B. Shrimps)
Samen (z. B. Sesam)
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
bei den britischen Kindern, wobei die
Kinder in Israel in ihrer frühen Kindheit
signifikant mehr und häufiger Erdnuss-
produkte konsumierten [4]. Auch aus
anderen Beobachtungsstudien gibt es
Hinweise darauf, dass eine frühe Ein-
führung von hochpotenten Nahrungs-
mittelallergenen in die Beikost vor
Nahrungsmittelallergien schützen kann.
In der australischen HealthNuts-Studie,
bei der 2.589 Kinder untersucht wurden,
stieg das Risiko für die Entwicklung
einer Hühnereiallergie kontinuierlich
mit dem Alter bei Hühnereieinführung
an: Kinder, bei denen Hühnerei erst
nach dem ersten Lebensjahr eingeführt
wurde, zeigten ein über 3-fach erhöhtes
Risiko, an einer Hühnereiallergie zu
erkranken im Vergleich zu Kindern,
die bereits zwischen dem vierten und
sechsten Lebensmonat Hühnerei
gegessen hatten. Dieser Effekt ließ sich
sowohl bei Kindern mit niedrigem
als auch mit höherem Allergierisiko
(Kinder mit Ekzem, Nahrungsmittel-
reaktionen in der Vorgeschichte und /
oder Nahrungsmittelallergien in der
Familie) nachweisen [14]. Ebenso zeigte
sich in einer amerikanischen Geburts-
kohortenstudie die späte Einführung
von Getreideprodukten nach dem sechs-
ten Lebensmonat als ein Risikofaktor für
die Entwicklung einer Weizenallergie
[25]. In einer prospektiven Beobach-
tungsstudie mit 13.019 israelischen Kin-
dern wurden Hinweise darauf gefunden,
dass teilgestillte Kinder, die bereits in
den beiden ersten Lebenswochen in
Kontakt mit Kuhmilchprotein kamen,
signifikant seltener an einer Kuhmilch-
allergie erkrankten als Kinder, bei denen
dies nicht der Fall war [13].
Hiervon unterschieden sich jedoch die
Ergebnisse der Untersuchung von Kin-
dern aus der europäischen EuroPrevall-
Geburtskohorte: Kinder, bei denen die
Beikost vor der 17. Lebenswoche ein-
geführt wurde, hatten ein höheres Risiko,
im zweiten Lebensjahr an einer Nah-
rungsmittelallergie erkrankt zu sein. Es
wurden aber Hinweise darauf gefun-
den, dass gleichzeitiges Stillen bei der
Einführung von hochpotenten Nahrungs-
mittelallergenen das Risiko für die Ent-
wicklung von Nahrungsmittelallergien
reduziert [9]. Eine besondere Rolle unter
den Nahrungsmittelallergenen scheint
Fisch einzunehmen; die Ergebnisse einer
schwedischen Geburtskohortenstudie
deuten darauf hin, dass der regelmä-
ßige Fischkonsum während des ersten
Lebensjahres insgesamt vor Sensibilisie-
rungen und Allergien schützt [15].
Interventionsstudien zur Prävention durch die frühe orale Exposition mit NahrungsmittelallergenenDie oben genannten Ergebnisse aus
Beobachtungsstudien geben Hinweise
darauf, dass eine frühe Exposition mit
hochpotenten Nahrungsmittelallergenen
bei Kindern eine Toleranz gegenüber
den betreffenden Nahrungsmitteln för-
dern und vor Nahrungsmittelallergien
schützen könnte. Diese Hinweise wer-
den derzeit in verschiedenen Interven-
tionsstudien überprüft (s. Tab. 1).
Die Mehrzahl dieser Studien unter-
sucht den protektiven Effekt der frühen
Einführung eines spezifischen Nah-
rungsmittels, entweder Hühnerei oder
Erdnuss. Allerdings variiert das Risiko
für die Entwicklung von Nahrungsmit-
telallergien zwischen den betrachteten
Studienpopulationen durch die unter-
schiedlichen Einschlusskriterien: In der
britischen LEAP-Study und der deut-
schen PEAP-Studie wird der protektive
Effekt einer frühen oralen Exposition
mit Erdnussprotein bei Hochrisiko-
kindern (Kinder mit einer atopischen
Dermatitis und / oder Nahrungsmittel-
allergie) untersucht. Bei zwei austra-
lischen Studien (STEP und BEAT) zur
Prävention von Hühnereiallergien durch
frühzeitige Hühnereigabe werden Kinder
mit einem mittleren Risiko (Kinder mit
einem positiven familiären Atopiestatus)
betrachtet. Dagegen wird der protektive
Effekt einer frühzeitigen Hühnereiein-
führung bei allen Kindern – unabhängig
von einer atopischen Vorbelastung – in
der deutschen HEAP-Studie untersucht.
Die britische EAT-Study richtet sich
Topic 8 _ 9
1 International Clinical Trials Registry Platform: http://www.who.int/ictrp/search/en/
Tabelle 1. Derzeit laufende Interventionsstudien zur Prävention von Nahrungsmittelallergien durch die frühe Exposition mit Nahrungsmittelallergenen
ebenfalls an die Gesamtpopulation aller
Kinder: Hier wird der mögliche schüt-
zende Effekt einer frühen Einführung
(bereits im dritten Lebensmonat) von
hochpotenten Nahrungsmittelallergenen
(Kuhmilch, Hühnerei, Erdnuss, Fisch,
Weizen und Sesam) unter dem Schutz
der Muttermilch geprüft.
Eine australische randomisierte placebo-
kontrollierte Interventionsstudie zur Prä-
vention von Hühnereiallergien (STAR-
Study) durch frühe Hühnereigabe wurde
aus finanziellen Gründen zwar vorzeitig
beendet, konnte jedoch dadurch ihre
Ergebnisse bereits im letzten Jahr pub-
lizieren. In diese Studie wurden 86 Hoch-
risikokinder (Kinder mit einer atopi-
schen Dermatitis) eingeschlossen und in
zwei Gruppen randomisiert:
� Die Interventionsgruppe erhielt
zwischen dem vierten und achten
Lebensmonat täglich einen Teelöffel
rohes pasteurisiertes Hühnereipulver
(ca. 1 / 6 Hühnerei),
� die Kontrollgruppe täglich einen
Teelöffel Reispulver.
Bis zum achten Lebensmonat wurden
alle teilnehmenden Kinder (abgesehen
vom Studienpulver bei Kindern der
Interventionsgruppe) hühnereifrei er-
nährt. Danach fand in beiden Gruppen
eine Hühnereieinführung in Form von
hartgekochtem Hühnerei statt (2 Tee-
löffel, entspricht ca. 1 / 6 eines Hühner-
eis). Wurde das gekochte Hühnerei gut
vertragen, wurde die Gabe von gekoch-
tem Hühnerei bis zum 12. Lebensmonat
fortgeführt. Mit Beendigung des ersten
Lebensjahres erhielten alle Kinder eine
offene Provokation mit rohem Hühnerei.
Es zeigte sich, dass ein geringerer, aber
nicht signifikanter Anteil der Verum-
gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe
die Diagnose einer Hühnereiallergie
erhielt (33 % versus 51 %). Dass der
Unterschied nicht statistisch signifikant
war, könnte auf den zu kleinen Stich-
probenumfang zurückgeführt werden.
Das Studienergebnis könnte also
durchaus einen Trend anzeigen, dass
die frühe Gabe von Hühnerei bei Hoch-
risikokindern zu einer Toleranz von
Hühnerei führt. Gleichzeitig zeigten
jedoch ca. ein Drittel (15 / 49) der Kinder
in der Verumgruppe eine allergische
Reaktion auf das Hühnereipulver, wobei
die meisten dieser Reaktionen (10 / 15)
bereits bei der ersten Gabe auftraten. Ein
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
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epitope in the skin of a young infant with atopic dermati-
tis. J Allergy Clin Immunol 1998; 101(2 Pt 1): 207–9
Kind entwickelte sogar eine schwere
anaphylaktische Reaktion. Bei 36 %
der Kinder beider Gruppen konnten im
Alter von vier Monaten – noch vor der
Beikosteinführung – IgE-Antikörper
gegen Hühnerei (> 0,35 kUA/l) nachge-
wiesen werden [23].
Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass
bei Hochrisikokindern bei der Emp-
fehlung zur frühen Einführung von
hochpotenten Nahrungsmittelallergenen
Vorsicht geboten ist. Leider sind es na-
türlich gerade diese Hochrisikokinder,
für die der möglicherweise schützende
Effekt durch eine frühe orale Exposition
als präventive Maßnahme besonders
wichtig sein könnte. Aus der hohen
Anzahl an bereits sensibilisierten Kin-
dern im Alter von vier Monaten ließe
sich aber auch schließen, dass die orale
Exposition eventuell schon zu einem
früheren Zeitpunkt stattfinden müsste.
AusblickViele Fragen bezüglich der primären
Prävention von Nahrungsmittelallergien
durch die frühe Exposition mit Nah-
rungsmittelallergenen bleiben leider
weiterhin unbeantwortet. Die derzeitig
laufenden Interventionsstudien (s. Tab. 1)
werden hoffentlich einen Teil zu deren
Beantwortung beitragen können. Eine ge-
meinsame Analyse der australischen und
europäischen Studien ist innerhalb des
EU-finanziertem Projekts iFAAM geplant.
Auf dem jetzigen Stand der Wissenschaft
lässt sich weder eine Empfehlung zu
einer verspäteten Einführung von hoch-
allergenen Nahrungsmitteln mit der Bei-
kost rechtfertigen noch gibt es eindeutige
Belege dafür, dass eine frühe Einführung
vor der Entwicklung von Nahrungsmit-
telallergien schützt.
Charité Universitätsmedizin Berlin
Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie
Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin
[email protected] | www.charite-ppi.de
Prof. Dr. med. Kirsten Beyer
Für Frau Johanna Bellach besteht kein conflict of interest bzgl. ihres Beitrags.
Topic 10 _ 11
Die Rolle der Säuglingsernährung zur PrimärpräventionStrategien zu einer präventionsorien-
tierten Säuglingsernährung betrafen
zumeist eine noch gesunde Säuglings-
population mit entweder durchschnitt-
lichem oder deutlich erhöhtem Krank-
heitsrisiko. Der Effekt konsequenten
Stillens hat unter Kinderärzten immer
wieder großes Interesse gefunden,
konnte jedoch nie in einem streng
wissenschaftlichen Rahmen als rando-
misierte kontrollierte Studie prospektiv
überprüft werden, da es bis heute als
ethisch nicht vertretbar gilt, in einem
randomisierten Studiendesign Säug-
linge auf verschiedene Studienarme
mit unterschiedlichen Ernährungsre-
gimes zu verteilen. Aus diesem Grund
ist die – oft emotionale – Kontroverse
um die Bedeutung des konsequenten,
ausschließlichen oder verlängerten
Stillens bis heute nicht beendet. In
wohlhabenden Industrienationen gibt es
begründete Empfehlungen für ein aus-
schließliches Stillen über mindestens
vier Monate; die Argumente dazu haben
jedoch nichts mit Allergieprävention zu
tun. Globale Empfehlungen zum Stillen
im Säuglingsalter orientieren sich nur
zum Teil an dokumentierter Evidenz zur
Erhaltung von Public Health. Vielfach
mischen sich in die Empfehlungen
politische und ideologische Vorurteile
anstelle wissenschaftlicher Evidenz [5].
In einigen Ländern, darunter im
deutschsprachigen Raum, sind Hy-
drolysatnahrungen als Ersatz für die
Muttermilch Teil von Empfehlungen
und Leitlinien. Dabei geht es um die im
Rahmen der GINI-Studie dokumentierte
Intervention in den ersten sechs Lebens-
monaten: Hier ließ sich zeigen, dass
partiell ebenso wie extensiv hydroly-
sierte Säuglingsnahrung aus Molke oder
Kasein die Manifestation der atopischen
Dermatitis im Säuglingsalter unter-
schiedlich stark signifikant reduziert.
Dieser Effekt konnte inzwischen über
die gesamte erste Lebensdekade als
nachhaltig dokumentiert werden. Ein
Effekt der Hydrolysatfütterung auf die
allergische Sensibilisierung im Sinne
einer verminderten IgE-Antwort auf
Nahrungsmittelallergene konnte jedoch
bis heute nicht überzeugend nachge-
wiesen werden, auch fanden sich keine
Hinweise auf eine Reduktion allergi-
scher Atemwegserkrankungen. Daher ist
der singuläre Effekt auf das atopische
Ekzem mechanistisch bisher nicht aus-
reichend verstanden [11].
Die Ergänzung der Säuglingsnahrung
durch präbiotische Oligosaccharide hat
im Tierversuch deutliche Hinweise auf
einen immunmodulatorischen Effekt
ergeben (Heraufregulation von TH1,
Herunterregulation von TH2). Die Über-
prüfung der Effekte bei menschlichen
Säuglingen ohne erhöhtes Allergierisiko
in der Familie konnte in der Tat zeigen,
dass ähnlich wie Hydrolysate auch Prä-
biotika die Inzidenz der atopischen Der-
matitis signifikant zu reduzieren vermö-
gen [3]. Ein Effekt auf die Entwicklung
der allergischen Sensibilisierung war
25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte?Ulrich Wahn, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin
Vor über 25 Jahren sind pädiatrische Allergologen in ganz Europa und den USA angetreten, sich in Arbeitsgruppen und kleine-
ren nationalen Fachgesellschaften wissenschaftlich mit der Entwicklung des Immunsystems des Kindes vor allem in Bezug auf
die Entwicklung allergischer Erkrankungen zu beschäftigen [14]. Überall war großer Enthusiasmus erkennbar, da epidemiologi-
sche Daten zeigten, dass allergische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter dabei waren, sich zu einer der großen Epidemien
des 21. Jahrhunderts zu entwickeln. Den atopischen Erkrankungen ist eine Sequenz unterschiedlicher klinischer Manifestationen
sowie der typischen Entwicklung allergischer Sensibilisierungen eigen. Dies war geradezu eine Herausforderung für die Prädik-
tion allergischer Erkrankungen im frühen Säuglingsalter – zunächst über Biomarker, später über genetische Polymorphismen.
Lange schien es so, als seien Interventionsstrategien zur Primär- und Sekundärprävention, die auf einem neuen und fundierten
Verständnis des „Allergischen Marsches“ basierten, nur noch eine Frage der Zeit [1].
Nach 2½ Dekaden intensiver, oft hochkompetitiver – sowohl grundlagenorientierter als auch klinischer – Forschung scheint es
heute an der Zeit zuzugeben, dass die meisten unserer Konzepte zu Interventionsstrategien die gewünschten Effekte mit einer
Umkehr des epidemiologischen Trends nicht erkennen lassen.
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
allerdings nicht erkennbar. Die Debatte
über Effekte und Effektstärken durch
Veränderung der Säuglingsnahrung, ins-
besondere auf dem Feld probiotischer
Supplementierungen etwa mit Lakto-
bazillen oder Bifidusbakterien, ist bis
heute lebhaft. Kaum ein Monat vergeht,
in dem nicht im internationalen Schrift-
tum neue Daten über ermutigende oder
enttäuschende Effekte von Probiotika
beschrieben werden [8, 10, 13].
Elimination von UmweltallergenenFrühe Studien aus den 1990er Jahren
haben sich damit beschäftigt, die Be-
lastung von Umweltallergenen in den
ersten Lebensjahren, insbesondere aus
dem häuslichen Bereich, zu reduzieren,
zumal das frühkindliche Sensibilisie-
rungsrisiko mit der Innenraumallergen-
exposition in Querschnitts- und Längs-
schnittsstudien erkennbar assoziiert
war. Umso enttäuschender waren die
Ergebnisse der meisten Interventions-
studien zur Reduktion von Hausstaub-
milben und Tierallergenen im häus-
lichen Bereich: Nur eine einzige Studie
von der Isle of Wight konnte einen
Interventionseffekt zur Allergenreduk-
tion gemeinsam mit der Ernährung
durch eine hydrolysierte Säuglings-
formel beschreiben [2].
Die mitunter geäußerte Vorstellung, dass
Allergenvermeidung prinzipiell eine
falsche und deshalb ineffektive Strategie
sei, ist keinesfalls gut begründet.
In der vergangenen Dekade haben wir
aus der – glücklicherweise vorüber-
gehenden – Epidemie einer Latex-
allergie gelernt, dass die vollständige
Vermeidung einer Latexexposition,
etwa für besonders gefährdete Risiko-
kinder mit Spina bifida, in latexfreien
Operationssälen ein hervorragend
wirksames und auch praktikables Kon-
zept darstellt [7].
Rolle einer Exposition gegenüber MikrobenNachdem epidemiologische Unter-
suchungen suggerierten, dass die
frühkindliche Exposition gegenüber
Infektionserregern oder bestimmten
molekularen Strukturen von Mikroben
langfristig allergiepräventive Effekte
verspricht, haben Forschergruppen
vor allem im deutschsprachigen Raum
versucht, die Grundlagen der sog.
„Hygienehypothesen“ zu verstehen und
die hiermit verbundenen protektiven
Mechanismen zu erkennen.
Letztendlich ist es das Ziel, protektive
Komponenten aus einem Umfeld wie
dem bayerischen Bauernhofmilieu auf
sinnvolle Weise in das Leben allergie-
gefährdeter Kinder zu integrieren. Eine
solche „künstliche“ Exposition im
frühen Leben soll die Wirkung ähnlich
einer antiallergischen „Vakzine“ er-
möglichen.
Ant
eil o
hne
Ekze
m (%
)
Alter (Tage)
AktivPlacebo
Abbildung 1. Präventiver Effekt durch Pro-Symbioflor:
Dargestellt ist die Subgruppe mit einfach positiver Familienanamnese. In der Subgruppe mit doppelt positiver familiärer Belastung (Vater und Mutter) zeigten sich keinerlei präventive Effekte.
Quelle: Lau et al. 2012
Topic 12 _ 13
Kandidaten wie Acinetobacter Iwofii
sind bereits Gegenstand eines intensiven
Untersuchungsprogramms. Tierversuche
mit Lipopolysacchariden oder anderen
bakteriellen Zellwandkomponenten, die
man weithin im Milieu der Bauernhöfe
(Schweine-, Geflügel- oder Kuhställe)
findet, zeigen ermutigende Effekte, z. B.
bei Mäusen. Leider haben klinische Un-
tersuchungen am Menschen mit starker
genetischer Allergiebereitschaft (d. h.
doppelt positiver familiärer Belastung)
bisher keine überzeugenden Interven-
tionseffekte gezeigt (s. Abb. 1), sodass
ein von den Behörden genehmigtes
Label für irgendeine medikamentöse
Intervention zur Allergieprävention bis-
her nicht vergeben wurde [6].
Es wird die Aufgabe der nächsten Jahre
sein, die antiallergische Stecknadel im
bayerischen Heuhaufen zu suchen und
eine molekulare Intervention als Anti-
allergieimpfung klinisch zu überprüfen
oder aber das Konzept einer breiten
Immunstimulation, wie etwa durch
Bakterienlysate, weiter im Bereich der
Primärprävention voranzutreiben.
Pharmakologische InterventionenDie Frühmanifestation des atopischen
Ekzems ist wahrscheinlich direkt mit
der später erkennbaren Entwicklung der
allergischen Atemwegserkrankung (Al-
lergischer Marsch) verknüpft und diese
beiden Manifestationsformen sind wohl
nicht unabhängig voneinander als einfa-
che Koexpression zweier verschiedener
Phänotypen zu verstehen: Basierend auf
dieser Annahme wurden in den letzten
20 Jahren verschiedene pharmakologi-
sche Interventionsstudien durchgeführt:
Antihistaminika (Cetirizin, Levoce-
tirizin und Desloratadin) wurden in
großen Kohorten von Kleinkindern mit
atopischer Dermatitis überprüft mit dem
Ziel, die Inzidenz eines allergischen
Asthmas in den Folgejahren zu vermin-
dern [12]. Auch Pimecrolimus, welches
bei Säuglingen mit atopischer Derma-
titis appliziert werden kann, wurde
unter diesem Aspekt verfolgt. Leider
haben alle derartigen Studien bis heute
keinerlei Interventionseffekt auf die
allergische Sensibilisierung oder die
Entwicklung einer Atemwegserkran-
kung überzeugend nachweisen können.
Unabhängig von derartigen Studien
haben amerikanische Arbeitsgruppen
überprüft, ob die frühzeitige Gabe
inhalativer Kortikosteroide bei Kindern
mit rekurrierend auftretenden Asthma
episoden den natürlichen Krankheits-
verlauf zur Chronifizierung des Asthmas
langfristig modifizieren kann. Hier war
ein robuster und überzeugender Effekt
auf die symptomatische Kontrolle er-
kennbar, nach Absetzen der Kortiko-
steroide traten die Krankheitssymptome
aber rasch wieder auf. Also kann auch
inhalativen Kortikosteroiden kein prä-
ventiver langfristig krankheitsmodifizie-
render Effekt zugeschrieben werden.
Aufgaben für die ZukunftOhne Frage bedarf es neuer Ideen zur
Allergieprävention [9]. Dabei scheint es
durchaus denkbar, dass sich Strategien
zur Vermeidung von Nahrungsmittel-
allergien oder atopischer Dermatitis
unterscheiden können von einer Prä-
vention gegenüber Rhinitis oder Asthma.
Nach derzeitiger Datenlage scheint es
unwahrscheinlich, dass eine einzige
Strategie im Sinne einer antiallergischen
Immunmodulation alle atopischen
Manifestationen erreichen kann.
Der australische Forscher Patrick Holt
hat sich in den vergangenen Jahren mit
den unterschiedlichen Optionen zur
Prävention eines kindlichen Asthma
bronchiale befasst. Ohne Frage spielt
hierbei die Verhinderung eines „Früh-
bahneneffekts“ durch RS-Viren oder
Rhinoviren als Initiatoren eines Asth-
mas bei Kleinkindern eine besondere
Rolle [4]. Die Forschung zur Entwick-
lung entsprechender Vakzine erscheint
zum einen sinnvoll und wichtig. Zum
anderen ergeben sich für Kinder mit
besonders erhöhtem Risiko einer aller-
gischen Atemwegserkrankung vielleicht
neue Optionen zur frühen Applikation
einer allergenspezifischen Immun-
therapie (sublingual, intralymphatisch,
transdermal). Sie gilt es sorgfältig zu
studieren.
Auf dem Gebiet der Nahrungsmittel-
allergie werden an verschiedenen Zen-
tren derzeit Studien zur Frühapplika-
tion Toleranz induzierender Nahrungs-
proteine über die orale Route geprüft,
um die im frühen Kindesalter sich mani-
festierenden Nahrungsmittelallergien
(Erdnuss, Milch, Ei), von denen einige
als lebensbedrohlich zu klassifizieren
sind, zu verhindern. Die bisher veröf-
fentlichten Studien auf diesem Gebiet
zeigen, dass ein derartiger Weg möglich
ist, die Ergebnisse sind jedoch in keiner
Weise abschließend zu bewerten (s. S. 9).
Insgesamt müssen pädiatrische Allergo-
logen heute nüchtern feststellen, dass
nur wenige der Forschungsaktivitäten
der letzten 25 Jahre in wirklich an-
wendbare und gut begründete Interven-
tionsstrategien gemündet sind. Es sieht
so aus, als wäre es an der Zeit, neue
Ideen zu entwickeln, um die für das
Fachgebiet entscheidende Schlacht
zur Bekämpfung der Epidemie des
21. Jahrhunderts wirklich erfolgreich
zu bestehen.
Direktor a. D.
Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie
Charité Universitätsmedizin Berlin
Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Ulrich Wahn
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
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LEITLINIE DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ALLERGOLOGIE UND KLINISCHE IMMUNOLOGIE (DGAKI) UND DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN (DGKJ)
S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014T Schäfer, CP Bauer, K Beyer*, A Bufe, F Friedrichs*, U Gieler, G Gronke*, E Hamelmann, M Hellermann, A Kleinheinz,
L Klimek*, S Koletzko, MV Kopp, S Lau , H Müsken, I Reese, S Schmidt, S Schnadt*, H Sitter, K Strömer, J Vagts,
C Vogelberg, U Wahn, T Werfel, M Worm, C Muche-Borowski (*schriftliche Zustimmung, keine Teilnahme am
Konsensustreffen) (Die institutionelle Zugehörigkeit der Autoren ist der Langversion der Leitlinie zu entnehmen:
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html). Der conflict of interest für die Autoren ist im Leitlinienreport
unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html aufgeführt.
In Zusammenarbeit mit Ärzteverband Deutscher Allergologen
(ÄDA), Arbeitsgemeinschaft Dermato-
logische Prävention (ADP), Arbeitskreis
Diätetik in der Allergologie, Berufs-
verband der Deutschen Dermatologen
(BVDD), Berufsverband der HNO-Ärzte
(BVHNO), Berufsverband der Kinder-
und Jugendärzte (BVKJ), Deutscher
Allergie- und Asthmabund (DAAB),
Deutsche Dermatologische Gesell-
schaft (DDG), Deutsche Gesellschaft für
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-
und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC),
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie
(DGP), Deutsche Gesellschaft für Psycho-
somatische Medizin (DGPM), Gesell-
schaft für Pädiatrische Allergologie und
Umweltmedizin (GPA), Gesellschaft für
pädiatrische Gastroenterologie und Er-
nährung (GPGE), Kinderumwelt GmbH,
Präventions- und Informationsnetzwerk
Allergie/Asthma (PINA), Therapie
Schwelmer Modell GmbH
FörderungDie Überarbeitung der Leitlinie wurde
durch die Deutsche Gesellschaft für
Allergologie und Klinische Immunologie
(DGAKI) und die Deutsche Gesellschaft
für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)
unterstützt.
GültigkeitDie Leitlinie ist bis zum Jahr 2019 gültig
und wird bis dahin unter Federführung
der korrespondierenden Autoren über-
arbeitet.
Entwicklungsstufe: S3
Stand: Juli 2014
Conflict of interest, Vortragshonorare: Nestle, Nutricia, ALK, Allergopharma, Stallergenes, Thermo Fisher, Novartis, Consultant Honorare: Meda, Danone, Novartis, Beyer Healthcare, Stallergenes
Topic 14 _ 15
ZusammenfassungDie weiterhin hohe Prävalenz allergi-
scher Erkrankungen in westlichen In-
dustrienationen und die eingeschränk-
ten Möglichkeiten einer kausalen
Therapie machen eine evidenzbasierte
Primärprävention notwendig. Die Emp-
fehlungen der zuletzt 2009 veröffent-
lichten S3-Leitlinie Allergieprävention
wurden auf der Basis einer aktuellen
systematischen Literatursuche über-
arbeitet und konsentiert.
Die Evidenzsuche erfolgte für den
Zeitraum 05/2008 bis 05/2013 in den
elektronischen Datenbanken Cochrane
und MEDLINE sowie in den Referenz-
listen von aktuellen Übersichtsarbeiten
und durch Expertenanschreiben. Die
aufgefundene Literatur wurde in zwei
Filterprozessen zunächst nach Titel und
Zusammenfassung und die verbliebenen
Arbeiten im Volltext auf Relevanz hin
überprüft. Für eingeschlossene Studien
wurden Evidenzgrade vergeben und die
Studienqualität im Sinne des Verzer-
rungspotenzials (niedrig/hoch) angege-
ben. Die überarbeiteten Empfehlungen
wurden unter Beteiligung von Vertre-
tern relevanter Fachgesellschaften und
(Selbsthilfe-)Organisationen formal kon-
sentiert (nominaler Gruppenprozess).
Von 3.284 Nennungen wurden 165
Studien (1 Metaanalyse, 15 Systematic
Reviews, 31 randomisierte kontrol-
lierte Studien, 65 Kohortenstudien, 12
Fall-Kontroll-Studien und 41 Quer-
schnittstudien) eingeschlossen und
bewertet. Im Wesentlichen unverändert
blieben die Empfehlungen zum Voll-
stillen über vier Monate aus Gründen
der Allergieprävention (bei Risikokin-
dern alternativ hypoallergene Säuglings-
nahrung), der Vermeidung von Über-
gewicht, zum Fischkonsum (in Schwan-
gerschaft/Stillzeit und als Beikost), zur
Vermeidung der Luftschadstoff- und
Tabakrauchexposition, der Vermeidung
eines schimmelpilzfördernden Innen-
raumklimas und der Impfung nach
Empfehlungen der STIKO.
Unverändert bleibt auch die Aussage,
dass eine Reduktion des Hausstaub-
milbenallergengehalts als primärpräven-
tive Maßnahme nicht empfohlen wird.
Die Beikosteinführung sollte nicht ver-
zögert werden. Bei Risikokindern soll-
ten keine Katzen angeschafft werden.
Die Haltung von Hunden im Haushalt
ist nicht mit einem erhöhten Allergie-
risiko verbunden.
Neu aufgenommen wurde die Empfeh-
lung, das erhöhte Asthmarisiko nach
Kaiserschnittentbindung zu berücksich-
tigen. Weitere Stellungnahmen wurden
zu Prä- und Probiotika, psychosozialen
Faktoren, Medikamenten und verschie-
denen Nahrungsbestandteilen formu-
liert.
Die Überarbeitung der Leitlinie auf einer
umfangreichen Evidenzgrundlage führte
sowohl zu einer Bestätigung bestehen-
der Empfehlungen als auch zu Modifi-
kationen und neuen Empfehlungen. Die
Aktualisierung der Leitlinie ermöglicht
es, evidenzbasierte und aktuelle Präven-
tionsempfehlungen zu geben.
Schlüsselwörter: Allergie, Evidenz,
S3-Leitlinie, Primärprävention, Über-
arbeitung
EinleitungAllergische Erkrankungen, wie aller-
gisches Asthma, Heuschnupfen und
das atopische Ekzem, verblieben in den
westlichen Industrienationen auch in
den letzten Jahren auf einem hohen Prä-
valenzniveau [5]. Die Ursachen für die
Entwicklung und Zunahme sind nach
wie vor weitgehend ungeklärt. Da die
kausalen Therapieansätze beschränkt
sind, kommt der Prävention besondere
Bedeutung zu, wenn man dem anstei-
genden Trend begegnen will [21]. Mit
Unterstützung des Bundesministeriums
für Gesundheit und soziale Sicherung
wurde im Rahmen des Aktionsbündnis-
ses Allergieprävention (abap) im Jahr
2004 die erste S3-Leitlinie zur Allergie-
prävention veröffentlicht [52] und
Vorwort
Primärprävention in der Allergologie beginnt ganz früh im Leben, das weiß jedes Kind. Auf dem Boden langjähriger Erfahrung und mit einer Gruppe gestandener Wissenschaftler, Allergologen
und zahlreicher Kinderallergologen – unter Federführung der Epidemiologen, der DGAKI und der DGKJ – entstand schon früh die Leitlinie Allergieprävention, die 2004 erstmals auf S3-Niveau
publiziert wurde. Nunmehr liegt eine gleichermaßen aktualisierte Version der Leitlinie vor. Diese wird parallel im Allergo Journal als vollständige Leitlinie publiziert und lässt sich natürlich
auf der AWMF-Homepage (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html) komplett wiederfinden. Wir veröffentlichen hier für unsere Mitglieder eine gekürzte Version, in der wir im
Wesentlichen auf die Darstellung der Methodik und die Auflistung der zugrunde liegenden Studien verzichten. Diese Zusammenfassung zeigt vor allem die Ergebnisse, die Empfehlungen und
die Stellungnahmen. In der Diskussion, die vollständig abgedruckt erscheint, lassen sich wesentliche Aspekte der Konsensfindung sowie das Für und Wider einiger entscheidender, aber bisher
ungelöster Fragen der Allergieprävention verfolgen. Wir hoffen, dass die Leitlinie über die wichtigen wissenschaftlichen Diskussionen hinaus weiterhin, wie schon mit der Leitlinie von 2009,
für unsere Mitglieder großen praktischen Nutzen in der täglichen Beratungsarbeit behält.
Albrecht Bufe, Torsten Schäfer
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
5 Jahre später erstmals überarbeitet [39].
Diese wurde nun zum zweiten Mal,
der Methodik für evidenzbasierte und
konsentierte Leitlinien folgend, über-
arbeitet. Die aktuelle Leitlinienversion
wird im Folgenden dargestellt. Für die
methodischen Aspekte der Evidenz-
suche und -bewertung sowie der Kon-
sentierung wird auf die Langversion der
Leitlinie verwiesen: http://www.awmf.
org/leitlinien/detail/ll/061-016.html.
ErgebnisseMit der verwendeten Suchstrategie
konnten in den Medline- und Cochrane-
Datenbanken insgesamt 3.284 Treffer
gefunden werden. Zusätzlich wurden
Arbeiten aufgenommen, die in den
Referenzlisten der Übersichtsarbeiten
gefunden und von Mitgliedern der Kon-
sensusgruppe benannt wurden. In zwei
Selektionsschritten nach Titel und Zu-
sammenfassung und im Volltext wurden
letztendlich 173 Originalarbeiten be-
wertet und davon 165 in der Auswer-
tung berücksichtigt. Diese setzen sich
aus 1 Metaanalyse (MA), 15 Systematic
Reviews (SR), 31 randomisierten kon-
trollierten Studien (RCT), 65 Kohorten-
studien (KS), 12 Fall-Kontroll-Studien
(FK) und 41 Querschnittstudien (QS)
zusammen.
Die gesamte Evidenzlage ist nach
Themengebieten und unter Angabe der
Studienanzahl, der Studientypen,
der Evidenzgrade und der Empfehlungs-
klassen in Tabelle 4 der Langversion
(http://www.awmf.org/leitlinien/detail/
ll/061-016.html) aufgeführt.
Die konsentierten Empfehlungen zur
Primärprävention von Asthma, Heu-
schnupfen und atopischem Ekzem gelten
für Risiko- und Nicht-Risikopersonen,
sofern nicht explizit unterschieden bzw.
darauf hingewiesen wird, und lauten
wie im Folgenden aufgeführt.
Empfehlungen
Ernährung
Zum Thema Ernährung unterstützt die
Konsensusgruppe einstimmig die Emp-
fehlungen der Fachgesellschaften und
Organisationen (www.fke-do.de, www.
dge.de, www.dgkj.de) bezüglich einer
ausgewogenen und nährstoffdeckenden
Ernährung von Säuglingen, Kleinkin-
dern, Schwangeren und Stillenden.
Stillen
Stillen hat viele Vorteile für Mutter und
Kind (s. u. a. [15], [51]). Die aktuelle
Datenlage unterstützt die Empfehlung,
dass für den Zeitraum der ersten vier
Monate voll gestillt werden soll (ent-
spricht der WHO Definition „predomi-
nant breastfeeding“)1. (A)
Mütterliche Ernährung in der Schwanger-
schaft und / oder Stillzeit
Während Schwangerschaft und Stillzeit
wird eine ausgewogene und nährstoff-
deckende Ernährung empfohlen. Diäte-
tische Restriktionen (Meidung potenter
Nahrungsmittelallergene) während der
Schwangerschaft oder Stillzeit sollen
aus Gründen der Primärprävention
nicht erfolgen. (A)
Es gibt Hinweise darauf, dass Fisch in
der mütterlichen Ernährung während
der Schwangerschaft und oder Stillzeit
einen protektiven Effekt auf die Ent-
wicklung atopischer Erkrankungen beim
Kind hat. Fisch sollte Bestandteil der
mütterlichen Ernährung während der
Schwangerschaft und Stillzeit sein. (B)
Muttermilchersatznahrung bei Risikokindern
Wenn nicht oder nicht ausreichend
gestillt wird, soll hydrolysierte Säug-
lingsnahrung bei Risikokindern gegeben
werden. Die aktuelle Datenlage stützt
diese Empfehlung für den Zeitraum der
ersten vier Lebensmonate. (A)
Sojabasierte Säuglingsnahrungen sind
zum Zwecke der Allergieprävention
nicht zu empfehlen. (A)2,3
Einführung von Beikost und Ernährung
des Kindes im ersten Lebensjahr
Die zu der Zeit in Deutschland existie-
rende Empfehlung, Beikost nach dem
vollendeten 4. Lebensmonat einzufüh-
ren, ist aus Gründen eines steigenden
Nährstoffbedarfs sinnvoll (s. u. a. Emp-
fehlungen der Ernährungskommission
[15] und des FKE [Forschungsinstitut
für Kinderernährung]).
Eine Verzögerung der Beikosteinführung
soll aus Gründen der Allergieprävention
nicht erfolgen. (A)
Für einen präventiven Effekt einer
diätetischen Restriktion durch Meidung
potenter Nahrungsmittelallergene im
ersten Lebensjahr gibt es keine Belege.
Sie sollte deshalb nicht erfolgen. (B)
Für einen präventiven Effekt durch die
1 Entspricht der WHO Definition „predominant breast-
feeding“: ”Predominant breastfeeding“ means that
the infant‘s predominant source of nourishment has
been breast milk (including milk expressed or from a
wet nurse as the predominant source of nourishment).
However, the infant may also have received liquids
(water and water-based drinks, fruit juice) ritual fluids
and ORS, drops or syrups (vitamins, minerals and
medicines).
http://www.who.int/nutrition/topics/
infantfeeding_recommendation/en/index.html
2 Unabhängig davon wurde bislang die Indikation für
Säuglingsanfangsnahrungen auf Sojabasis von er-
nährungswissenschaftlichen Gesellschaften aus
teilweise gesundheitsbedenklichen Gründen sehr eng
gestellt (Ernährungskommission der Deutschen Ge-
sellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Ernäh-
rungskommission der Schweizerischen Gesellschaft
für Pädiatrie (2006): Agostini C et al. 2006; Soy protein
infant formulae and follow-on formulae: a commentary
by the ESPGHAN Committee on Nutrition. J. Pediatr.
Gastroenterol. Nutr. 2006; 42: 352-361)
3 Es gibt derzeit keine Belege für eine allergiepräven-
tive Wirkung anderer Tiermilchen, wie Ziegen-,
Schafs- oder Stutenmilch.
Topic 16 _ 17
Einführung potenter Nahrungsmittel-
allergen vor dem vollendeten vierten
Lebensmonat gibt es derzeit keine ge-
sicherten Belege. Es gibt Hinweise
darauf, dass Fischkonsum des Kindes
im ersten Lebensjahr einen protektiven
Effekt auf die Entwicklung atopischer
Erkrankungen hat. Fisch sollte mit der
Beikost eingeführt werden. (B)
Körpergewicht
Es gibt Belege dafür, dass ein erhöhter
Body Mass Index (BMI) mit Asthma
positiv assoziiert ist. Bei Kindern soll
Übergewicht/Fettleibigkeit auch aus
Gründen der Asthmaprävention vermie-
den werden. (A)
Haustierhaltung
Personen ohne erhöhtes Allergierisiko
sollten die Haustierhaltung nicht ein-
schränken.
Bei Risikokindern gilt: Familien mit
erhöhtem Allergierisiko sollten keine
Katzen anschaffen. Hundehaltung ist
nicht mit einem höheren Allergierisiko
verbunden. (B)
Hausstaubmilben
Zur Primärprävention können spezifi-
sche Maßnahmen, z. B. milbenallergen-
dichter Matratzenüberzug (encasing)
zur Reduktion der Exposition gegenüber
Hausstaubmilbenallergenen, nicht emp-
fohlen werden. (B). (Dies betrifft nicht
die Maßnahmen zur Sekundär-/Tertiär-
prävention).
Schimmel und Feuchtigkeit
Ein Innenraumklima, das Schimmel-
pilzwachstum begünstigt (hohe Luft-
feuchtigkeit, mangelnde Ventilation),
sollte vermieden werden. (B)
Exposition gegenüber Tabakrauch
Aktive und passive Exposition gegen-
über Tabakrauch erhöhen das Allergie-
risiko (insbesondere das Asthmarisiko)
und sind zu vermeiden. Dies gilt bereits
während der Schwangerschaft. (A)
Innenraumluftschadstoffe
Es gibt Hinweise darauf, dass Innen-
raumluftschadstoffe das Risiko für
atopische Erkrankungen und insbe-
sondere Asthma erhöhen können (z. B.
Formaldehyd, flüchtige organische
Komponenten, wie sie besonders
durch neue Möbel und bei Maler- und
Renovierungsarbeiten freigesetzt werden
können). Die Exposition gegenüber
Innenraumluftschadstoffen sollte gering
gehalten werden. (B)
Kfz-Emission
Die Exposition gegenüber Stickoxiden
und kleinen Partikeln (PM 2,5 ) ist mit
einem erhöhten Risiko, besonders für
Asthma, verbunden. Die Exposition ge-
genüber kraftfahrzeugbedingten Emissi-
onen sollte gering gehalten werden. (B)
Impfungen
Es gibt keine Belege dafür, dass Imp-
fungen das Allergierisiko erhöhen, aber
Hinweise darauf, dass Impfungen das
Allergierisiko senken können. Es wird
empfohlen, dass alle Kinder, auch
Risikokinder, nach den STIKO-Empfeh-
lungen geimpft werden sollen. (A)
Kaiserschnitt
Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder,
die durch Kaiserschnitt auf die Welt
kommen, ein erhöhtes Allergierisiko
haben. Dies sollte bei der Wahl des Ge-
burtsverfahrens berücksichtigt werden,
sofern keine medizinische Indikation
für einen Kaiserschnitt besteht. (B)
Stellungnahmen (keine Empfehlungen)Zu den folgenden Themen wurden
Stellungnahmen (Evidenzlevel in Klam-
mern), jedoch keine Empfehlungen
verabschiedet.
Einfluss von Probiotika
Ein präventiver Effekt von Probiotika
konnte bislang nur für das atopische
Ekzem dargestellt werden. Eine Empfeh-
lung hinsichtlich konkreter Präparate,
Applikationsformen und Dauer und
Zeitpunkt der Gabe kann aufgrund der
Heterogenität der Bakterienstämme
und der Studiendesigns nicht gegeben
werden. (1a bis 2b)
Einfluss von Präbiotika
Ein präventiver Effekt von Präbiotika
konnte bislang nur für das atopische
Ekzem dargestellt werden. Eine Empfeh-
lung kann aufgrund der geringen Anzahl
und der Heterogenität der Studien nicht
gegeben werden. (1b bis 2b)
Ernährung allgemein und Vitamin D
Es gibt Hinweise darauf, dass der Kon-
sum von Gemüse und Früchten, einer
sog. mediterranen Kost, von Ω3-Fettsäu-
ren (bzw. ein günstiges Ω3:Ω6-Verhältnis)
sowie von Milchfett einen präventiven
Effekt auf atopische Erkrankungen hat.
Bezüglich der Bedeutung von Vitamin D
für die Entstehung allergischer Er-
krankungen ist die Studienlage derzeit
widersprüchlich. Insgesamt ist die
Datenlage derzeit nicht ausreichend,
um eine Empfehlung zu formulieren.
(1b bis 3b)
Unspezifische Immunmodulation
Es gibt Belege dafür, dass eine frühzeiti-
ge unspezifische Immunstimulation vor
der Entwicklung allergischer Erkran-
kungen schützt. Hierzu zählen z. B. das
Aufwachsen auf einem Bauernhof, der
Besuch einer Kindertagesstätte in den
ersten 2 Lebensjahren und eine höhere
Anzahl älterer Geschwister. (2b bis 3b)
Medikamente
Die beschriebenen Zusammenhänge
zwischen der Einnahme von Antibio-
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
tika, Paracetamol oder Acetaminophen
und atopischen Erkrankungen sind
aufgrund potenziell verzerrender Ein-
flussfaktoren nicht sicher zu interpre-
tieren. Bislang fehlt der Nachweis eines
ursächlichen Zusammenhangs zwischen
entsprechender Medikamenteneinnah-
me und der Entwicklung von atopischen
Erkrankungen. (2a bis 3b)
Psychosoziale Faktoren
Es gibt Hinweise dafür, dass ungünstige
psychosoziale Faktoren (z. B. schwer-
wiegende Lebensereignisse) während
der Schwangerschaft und Kindheit zur
Manifestation von atopischen Erkran-
kungen beitragen können. (2b)
DiskussionIm Rahmen der Überarbeitung der S3-
Leitlinie „Allergieprävention“ wurden
bestehende Empfehlungen weiter ge-
stützt, bisherige Empfehlungen revidiert
und neue Empfehlungen und Stellung-
nahmen verabschiedet. Die Empfehlun-
gen zum Stillen, zur Haustierhaltung,
zum Thema Schimmel und Feuchtigkeit
und zur Schadstoffexposition konnten
durch die aktuellen Studien weiter
gestützt werden.
Geänderte bzw. neu aufgenommene
Empfehlungen werden im Folgenden
diskutiert.
Ernährung
Die Empfehlungen zur Ernährung wur-
den im Licht der aktuellen Literatur in-
tensiv diskutiert. Für Deutschland liegen
u. a. die u. g. allgemeinen Empfehlungen
der DGKJ [15] und des Netzwerks Junge
Familie [27] vor. Demnach stellt Stillen
die bevorzugte, natürliche Ernährungs-
form für Säuglinge dar. Weiterhin wird
hier Stillen ohne Zufütterung für die
Dauer der ersten vier bis sechs Lebens-
monate empfohlen und ausgeführt, dass
auch nach der Einführung der Beikost
weiter gestillt werden kann und soll
(www.dgkj.de, www.gesund-ins-leben.de).
Nach wie vor werden präventive Effekte
auf allergische Erkrankungen durch
das Stillen berichtet. Insgesamt schwä-
chen sich diese Effekte allerdings ab.
Die Auffassung, dass durch längeres,
insbesondere ausschließliches Stillen die
präventiven Effekte verstärkt würden, ist
im Hinblick auf die Allergieprävention
nicht evidenzbasiert [28, 38]. Zahlreiche
Studien deuten darauf hin, dass eine Bei-
kosteinführung ab Beginn des 5. Lebens-
monats mit einer geförderten Toleranz-
entwicklung assoziiert ist. Entsprechend
gibt es Hinweise dafür, dass längeres
ausschließliches Stillen auch mit einer
Risikoerhöhung für Allergien verbunden
sein kann [18, 45]. Naturgemäß leiten
sich Ergebnisse zum Stillen aus Beobach-
tungsstudien ab. Methodische Verzer-
rungen, z. B. durch sog. reverse causality
sollten hier kritisch beachtet werden.
Zukünftig wird die elterliche Vorbelas-
tung auch differenziert zu betrachten
sein, zumal deutsche Untersuchungen
darauf hindeuten, dass längeres Stillen
das Allergierisiko des Kindes insbeson-
dere dann erhöht, wenn die Mutter selbst
von Allergien betroffen ist.
Die aktuelle Datenlage unterstützt aller-
dings weiterhin die Empfehlung, dass
für den Zeitraum der ersten vier Monate
voll – im Sinne der WHO-Definition von
„predominant breastfeeding“ – gestillt
werden soll. Zusätzlich wurde darauf
hingewiesen, dass Stillen im Allge-
meinen viele Vorteile für Mutter und
Kind hat [51]. Für Risikokinder wird
weiterhin ersatzweise für die ersten vier
Lebensmonate eine Hydrolysatnahrung
empfohlen, wenn nicht gestillt oder teil-
gestillt wird. Dabei ist zu beachten, dass
die in den Studien getesteten hydroly-
sierten Säuglingsnahrungen auf dem
deutschen Markt zum Teil nicht mehr
erhältlich sind [6]. Die Evidenzlage und
die Größe der berichteten Effekte sind
für die in Deutschland getesteten Präpa-
rate BebaHA (Nestle, Vevey, Schweiz),
Hipp-HA (Hipp, Pfaffenhofen), Nutra-
migen (Mead Johnson, Diezenbach) und
NutrilonPremium (Nutricia/Numico,
Zoetermeer, Niederlande) ebenfalls
unterschiedlich.
Für sojabasierte Säuglingsnahrungen
fehlt weiterhin der Hinweis auf einen
präventiven Effekt. Zusätzlich bestehen
gesundheitliche Bedenken [1, 59], die
in jüngster Zeit diskutiert wurden [57].
An der Empfehlung, dass sich soja-
basierte Säuglingsnahrungen nicht zur
Allergieprävention eignen, ändert dies
allerdings nichts.
Während der Schwangerschaft und
Stillzeit wird wie bisher eine ausgewo-
gene und nährstoffdeckende Ernährung
empfohlen. In einer Stellungnahme
wurde den Beobachtungen Rechnung
getragen, dass der Konsum von Gemüse
und Früchten, einer sog. mediterranen
Kost, von langkettigen Ω3-Fettsäuren
bzw. einem günstigen Verhältnis von
Ω3- zu Ω6-Fettsäuren sowie Milchfett,
mit einer geringeren Allergieprävalenz
assoziiert ist [4, 12, 48, 58]. Der Konsum
von Gemüse und Obst wird mit Blick
auf die Aufnahme von Antioxidanzien,
aber auch aufgrund der Aufnahme von
präbiotischen Nahrungsinhaltsstoffen
als günstig angesehen. Letztere spielen
möglicherweise eine vorteilhafte Rolle
bei der Ausbildung einer komplexen
intestinalen Mikroflora, die wiederum
einen günstigen Einfluss auf die orale
Toleranzentwicklung hat [24]. Die Zu-
fuhr von Ω3-Fettsäuren, insbesondere
von langkettigen Ω3-PUFAs (DHA/EPA),
führt offenbar zu einer veränderten
Immunantwort, die mit einem Schutz
vor Allergien assoziiert ist [22, 10]. Im
Milchfett werden vor allem die wieder-
käuertypischen trans-Fettsäuren für den
Topic 18 _ 19
protektiven Effekt verantwortlich ge-
macht [26, 56, 60]. Bezüglich der durch
industrielle Fetthärtung entstehenden
trans-Fettsäureestern bestehen zahl-
reiche gesundheitliche Bedenken und
für Säuglingsnahrung und Olivenöl ein
entsprechender Grenzwert auf EU-Ebene
(BfR 2006). Während für die Zufuhr
von Ω3-Fettsäuren unterstützende Daten
aus einzelnen kontrollierten Interven-
tionsstudien vorliegen, wurden positive
Effekte von Obst und Gemüse sowie von
Milchfett lediglich in Beobachtungs-
studien berichtet. Eine Empfehlung
wurde zu diesem Thema nicht ausge-
sprochen.
Die bisherigen Empfehlungen, keine
vorbeugenden diätetischen Restriktio-
nen (Meidung potenter Nahrungsmit-
telallergene) durchzuführen, aber Fisch
aus Gründen der Allergieprävention
in die mütterliche Ernährung während
Schwangerschaft und Stillzeit zu integ-
rieren, wurden aufgrund weiterer unter-
stützender Hinweise für beide Aussagen
[34, 35] beibehalten. Selbstverständlich
gelten die Empfehlungen zum Fischkon-
sum nicht für Personen mit bekannter
oder vermuteter Fischunverträglichkeit.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht
sind die zurzeit in Deutschland existie-
renden Empfehlungen, Beikost zwischen
dem Beginn des 5. und dem Beginn des
7. Lebensmonats einzuführen, auf-
grund des steigenden Nährstoffbedarfs
sinnvoll [2]. In diesem Zusammenhang
sei zusätzlich auf die Empfehlungen der
DGKJ (www.dgkj.de) und des Netzwerks
Junge Familie (www.gesund-ins-leben.de)
hingewiesen. Aus Gründen der Aller-
gieprävention ist eine Verzögerung der
Beikosteinführung über den Beginn des
5. Lebensmonats hinaus nicht sinnvoll.
Für einen präventiven Effekt durch
vorbeugende Meidung potenter Nah-
rungsmittelallergene im ersten Lebens-
jahr gibt es keine Belege. Allerdings gibt
es bisher auch für einen protektiven
Effekt durch gezielte Einführung poten-
ter Nahrungsmittelallergene vor dem
vollendeten vierten Lebensmonat keine
gesicherten Belege [50].
Für einen protektiven Effekt durch
einen frühzeitigen Fischkonsums gibt es
weitere Belege [3, 19, 33], sodass an der
Empfehlung zur Einführung von Fisch
im Rahmen der Beikost festgehalten
wird.
Hinweise auf eine geringere Allergieprä-
valenz bei einer Ω3-Fettsäuren-haltigen,
mediterranen Ernährung, einem günsti-
gen Ω3/Ω6-Fettsäurenverhältnis bzw. für
Milchfett in der Ernährung finden sich
auch für das Säuglings- und Kindesalter
[16, 48].
Die Studienlage bezüglich Vitamin-D-Spie-
geln bzw. Vitamin-D-Supplementierung und
allergischen Erkrankungen ist wider-
sprüchlich. Eine deutsche Untersu-
chung zeigte auch eine höhere Ekzem-
prävalenz bei hohen Vitamin-D-Spiegeln
[23]. Die Datenlage wurde entsprechend
als nicht ausreichend angesehen, um
Empfehlungen zu verabschieden.
Pro- und Präbiotika
Die Gabe von Probiotika zur Allergieprä-
vention wird in Deutschland weiterhin
kontrovers diskutiert. Dem entspre-
chend wurde wiederum auch nur eine
Stellungnahme zu diesem Thema verab-
schiedet. Aktuelle Metaanalysen zeigen
einen signifikante Reduktion des Ek-
zemrisikos um 21% [42, 54], allerdings
mit deutlichen Unterschieden zwischen
den verwendeten Präparaten / Bakterien-
stämmen. Insbesondere die jüngeren
Studien zeigen einen konsistenten
präventiven Effekt. Der signifikante
Präventionseffekt ist auf das atopische
Ekzem beschränkt. Dies trifft allerdings
u. a. auch auf die Gabe von Hydrolysat-
nahrung zu und erklärt sich am ehesten
dadurch, dass nur das Ekzem in dieser
Altersgruppe eine ausreichend Präva-
lenz erreicht, um Effekte auch als signi-
fikant darstellen zu können. Tatsächlich
konnte aber bis dato dieser Effekt nicht
in Deutschland reproduziert werden.
Die Ableitung einer konkreten Emp-
fehlung wird dadurch erschwert, dass
sich die Studiendesigns hinsichtlich
der verwendeten Bakterienstämme,
der gegebenen Menge sowie hinsicht-
lich des Zeitpunkts und der Dauer
der Gabe unterscheiden. Stratifizierte
Analysen legen nahe, dass eine Gabe
in der Schwangerschaft größere Effekte
zeigt als die nachgeburtliche, dass aber
hinsichtlich der Dauer, der Menge und
der Anzahl bzw. des Typs der Bakterien-
stämme keine signifikanten Effektunter-
schiede bestehen.
Für Präbiotika berichtet der aktuelle
Cochrane Review eine signifikante
Risikoreduktion für das atopische
Ekzem um 32 % [41]. Die Evidenz-
grundlage ist mit vier ausgewerteten
Studien allerdings relativ schwach und
die Ergebnisse der Einzelstudien sind
heterogen. Aus diesem Grund wurde
diese Beobachtung in einer Stellungnah-
me aufgegriffen, aber keine Empfehlung
verabschiedet.
Übergewicht
Die Empfehlung, dass bei Kindern Über-
gewicht/Fettleibigkeit auch aus Grün-
den der Allergieprävention vermieden
werden soll, wird durch die aktuelle
Studienlage weiter gestützt. Dieser
Effekt ist insbesondere für das Asthma
beschrieben und eine aktuelle Meta-
analyse beschreibt ein höheres Asthma-
risiko bei Übergewichtigkeit bei Buben
verglichen mit Mädchen [13]. Entschei-
dend ist es, die Übergewichtigkeit bereits
im frühen Kindesalter zu vermeiden.
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
bei Risikokindern festgehalten. Dabei
wurden die Empfehlungen konkreter
und anwenderorientierter ausformuliert.
So wird empfohlen, bei Risikokindern
keine Katze anzuschaffen. Da die Stu-
dienlage aber insgesamt widersprüch-
lich ist, wurde keine Empfehlung zur
Abschaffung einer bereits im Haushalt
lebende Katze gegeben. Dies sollte im
Einzelfall entschieden werden.
Hausstaub
Wenig verändert hat sich die Studien-
lage zur Reduktion des Hausstaubmilben-
allergengehalts als primärpräventive Ein-
zelmaßnahme. Ein Cochrane Review aus
dem Jahr 2009, der drei interventionelle
Kohortenstudien zusammenfasst, zeigt
keinen präventiven Effekt [32]. Entspre-
chend wurde formuliert, dass derartige
Maßnahmen zur Primärprävention nicht
empfohlen werden können. Dies betrifft
nicht Maßnahmen zur Sekundär- und
Tertiärprävention, wo durchaus Belege
der Wirksamkeit existieren.
Luftschadstoffe und Impfungen
Hinsichtlich der Einflüsse durch Luft-
schadstoffe in Innen- und Außenräumen
einschließlich der Tabakrauchexposition
werden die bisherigen Empfehlungen
durch die aktuelle Studienlage weiter
gestützt [11, 37]. Die Empfehlungen
wurden lediglich dem AWMF-Sprach-
gebrauch für Empfehlungen angepasst.
Auch die Empfehlung zur Impfung wurde
beibehalten.
Unspezifische Immunstimulation
Die Stellungnahme zu den günstigen
Effekten einer frühkindlichen unspe-
zifischen Immunstimulation wurde im
Wesentlichen beibehalten. Der Hinweis
auf die ebenfalls mit einer geringeren
Allergieprävalenz assoziierten Wurm-
infektionen wurde mangels derzeit
praktischer Umsetzbarkeit gestrichen.
Eine aktuelle Metaanalyse bestätigt eine
Haustierhaltung
Die aktuelle Studienlage zur Haustier-
haltung bestätigt im Wesentlichen die
bisherigen Empfehlungen. Weiterhin
werden diesbezüglich keine Ein-
schränkungen für Nicht-Risikokinder
empfohlen. Die Ergebnisse für Hun-
de- und Katzenhaltung sind weiterhin
unterschiedlich. Hundehaltung ist nach
aktuellen Metaanalysen mit einer signi-
fikanten Risikoreduktion von 28% für
das atopische Ekzem und einer nicht-
signifikanten Risikoreduktion von 23%
für Asthma verbunden [30, 43]. Katzen-
haltung geht nach diesen Metaanalysen,
bei heterogener Einzelstudienlage, nicht
mit einem erhöhten oder erniedrigten
Risiko für atopische Erkrankungen
einher. Allerdings geben Einzelstudien
bei Risikokindern z. B. mit einer „loss of
function“-Mutation im Fillagrin-Gen ein
deutlich erhöhtes Ekzemrisiko bei Kat-
zenhaltung an [7]. Entsprechend wurde
an einer einschränkenden Empfehlung
Abbildung 1. Algorithmus zur Primärprävention von Asthma, Heuschnupfen und atopischem Ekzem bei Risiko- und Nichtrisikopersonen
Keine Verzögerung der Beikosteinführung
Beachten einer ausgewogenen und nährstoffdeckenden Ernährung in Schwangerschaft / Stillzeit und im ersten Lebensjahr
Fisch wird in Schwangerschaft / Stillzeit und als Beikost empfohlen
Vermeidung von Übergewicht
Es gibt keine allgemeine (restriktive) Diät für Mutter und Kind zur Allergieprävention
HaustierhaltungKeine Einschränkungen Keine Anschaffung einer Katze
Vermeidung eines schimmelpilzfördernden Innenraumklimas(Leitfaden Umweltbundesamt)
Vermeidung der Aktiv- und Passivtabakrauchexposition (bereits in der Schwangerschaft)
Minimierung der Exposition gegenüber Luftschadstoffen des Innen- und Außenraumes
Beachten des erhöhten Allergierisikos bei Kaiserschnittentbindung
Impfung nach STIKO-Empfehlungen
Familiäre Vorbelastung
(besteht, wenn mindestens ein Elternteil und / oder ein Geschwister-kind Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis haben)
Keine Risikoperson Risikoperson
nein ja
Vollstillen in den ersten vier Lebensmonaten
falls nicht möglich
Normale SäuglingsnahrungHypoallergene (HA) Nahrung
(partiell oder extensiv hydrolysiert, keine sojabasierte
Säuglingsnahrung)
Topic 20 _ 21
signifikante Risikoreduktion um rund
30 % für Asthma-Symptome durch das
Aufwachsen auf einem Bauernhof [17].
Nach Ergebnissen der PASTURE-Studie
sinkt das kindliche Ekzemrisiko mit stei-
gender Anzahl von Tierarten, mit denen
die Mutter während der Schwangerschaft
auf dem Bauernhof Kontakt hatte [47].
Die Studie zur präventiven Gabe von
Bakterienlysaten zeigte für den primären
Endpunkt keinen Effekt. In der Unter-
gruppe mit einfacher elterlicher Vor-
belastung wurde eine signifikante Reduk-
tion des Ekzemrisikos beobachtet [29].
Kaiserschnitt
Eine neue Empfehlung wurde zum Kai-
serschnitt verabschiedet. Dies trägt der
Evidenzlage Rechnung, die ein erhöhtes
Risiko insbesondere für Asthma bei Kin-
dern zeigt, die durch Kaiserschnitt auf
die Welt kamen [46, 55]. Die mangelnde
Immunstimulation durch die Exposition
im natürlichen Geburtskanal wird hier
u. a. als ursächlich diskutiert. Entspre-
chend wurden andere immunologische
Phänotypen bei Kindern beobachtet, die
durch Kaiserschnitt auf die Welt kamen
[25]. Auch Veränderungen der Lungen-
und Leberfunktion und des Stressver-
haltens wurden bei diesen Kindern
beschrieben. Vor dem Hintergrund, dass
derzeit in Deutschland rund jedes dritte
Kind durch Kaiserschnitt auf die Welt
kommt, sollte dieser Umstand bei der
Auswahl des Geburtsverfahrens berück-
sichtigt werden.
Medikamente
Zahlreiche Studien legen Assoziationen
zwischen Medikamenteneinnahmen,
insbesondere von Antibiotika und Para-
cetamol, und atopischen Erkrankungen
nahe. Aufgrund potenziell verzerrender
Einflussfaktoren (reverse causality) sind
diese Ergebnisse mit Vorsicht zu inter-
pretieren. Subgruppenanalysen von Stu-
dien, die diesen Einfluss minimieren,
konnten zeigen, dass in diesen Studien
keine signifikanten Assoziationen mehr
beobachtet wurden [44]. Entsprechend
wurde in der Stellungnahme darauf
hingewiesen, dass bislang der Nachweis
eines ursächlichen Zusammenhangs
zwischen entsprechender Medikamen-
teneinnahme und der Entwicklung von
atopischen Erkrankungen fehlt.
Psychosoziale Faktoren
Eine neue Stellungnahme wurde
bezüglich psychosozialer Einflüsse
verabschiedet. Eine wachsende Anzahl
von Studien zeigt, dass das Erleben
sog. schwerwiegender Lebensereignisse
(Trennung der Eltern, Tod eines Eltern-
teils etc.) sowohl in der Schwanger-
schaft als auch in der frühen Kindheit
das Risiko für nachfolgende atopische
Erkrankungen erhöht [14]. Ein prä-
ventiver Ansatz könnte sich durch die
frühzeitige therapeutische Begleitung
dieser Kinder ergeben.
Übersicht der Präventionsempfehlungen
Präventionsempfehlungen wurden in
eine entsprechend für Risikokinder und
Nicht-Risikokinder in einen getrennten
Algorithmus überführt (s. Abb. 1).
Dissemination und ImplementierungDie Leitlinie wird in nationalen
Fachorganen beteiligter Gesellschaften
und Organisationen und im Internet
veröffentlicht. Darüber hinaus werden
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Literatur Die Liste der berücksichtigten 165 Einzelstudien ist bei den korrespondierenden Autoren bzw. im Internet abrufbar.
Dermatologische Praxis
Kirchplatz 3
87509 Immenstadt
Prof. Dr. med. Torsten Schäfer, MPH
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
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Weitere Themen 22 _ 23
IndexpatientenSalzer et al. (2013) beschrieben diesen
Immundefekt als erste [3] (CVID: Com-
mon Variable Immunodeficiency, s. a.
Abb. 1). Der Indexpatient entstammte
einer konsanguinen Familie und litt
an schweren polytopen Infektionen in
Verbindung mit einem Lupus-ähnlichen
Krankheitsbild. Bei den immunolo-
gischen Untersuchungen fiel auf, dass
die Anzahl der B-Zellen (CD19 +) im
Zuge der Langzeitbeobachtung stetig ab-
nahm. IgM- und IgG-Memory-B-Zellen
waren vermindert, was als Hinweis auf
ein gestörtes Klassen-Switching verstan-
den wurde, während CD21low-B-Zellen
vermehrt waren. Mittels aufwendiger
molekulargenetischer Untersuchungen
konnte eine biallelische Spleißmuta-
tion bei der Proteinkinase C δ (PRKCD)
nachgewiesen werden mit fehlender
Expression des kodierten Proteins
(loss-of-expression, loss-of-function).
Die biochemischen Aufgaben dieses
Proteins konnten somit nicht wahr-
genommen werden.
In der Arbeit von Belot et al. (2013, [3])
wurden drei Patienten mit juvenil
manifestem familiärem systemischem
Lupus erythematodes (SLE) beschrie-
ben, die ebenfalls Mutationen bei
der Proteinkinase C δ aufwiesen mit
reduzierter Expression des Genpro-
dukts. Autoreaktive B-Zellen erwiesen
sich als resistent gegenüber der über
den B-Zell-Rezeptor vermittelten und
Ca 2+-abhängigen Apoptose, zeigten
dagegen eine gesteigerte Proliferation.
Nur ein Teil der in dieser zweiten Arbeit
beschriebenen Patienten hatte einen
B-Zell-Defekt wie von Salzer et al. be-
schrieben, der Immundefekt gehört also
nicht obligat zu diesem Krankheitsbild
dazu. Die Unreife der B-Zellen ließ sich
aber bestätigen.
Antikörpersynthese und Autoantigen-Toleranz gestörtWie nun lässt sich erklären, dass dieser
Defekt zu Immundefizienz und Auto-
immunität beiträgt? In B-Zellen ist die
Proteinkinase C δ involviert in die Si-
gnalübertragung jenseits der Bruton‘s
Tyrosinkinase (BTK) und der Phospho-
lipase Cγ2 (PLCγ2). Daher ist es nicht
verwunderlich, dass die Antikörper-
synthese bei Fehlen von Proteinkinase
C δ gestört sein kann. Auch die unzu-
reichende Aktivierung von NFκB dürfte
zum humoralen Immundefekt beitra-
gen. Was die Autoimmunität angeht,
zeigt ein Knockout-Mausmodell, dass
bei Fehlen der Proteinkinase C δ ein
proapoptotisches Signal fehlt und es
zu unkontrollierter Lymphadenopathie,
Splenomegalie, Immunkomplex-Glo-
merulonephritis, B-Zell-Expansion und
gestörter Toleranz gegenüber Auto-
antigenen kommt.
Die hier proliferierenden Zellen fallen
also nicht dem programmierten Zelltod
(Apoptose) zum Opfer. Apoptose ist
aber ein unerlässlicher Vorgang beim
Schutz gegenüber Autoimmunität.
Abbildung 2 verdeutlicht diese Zusam-
menhänge schematisch.
NEUE IMMUNDEFEKTE (11)
CVID-ähnlicher Immundefekt mit ausgeprägter Autoimmunität bei Defekt der Proteinkinase CδVolker Wahn, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin
Abbildung 1. Eitrige Sekretion aus mehreren Bronchien bei 11-jährigem Jungen mit
X-chromosomaler Agammaglobulinämie. Bei CVID können ähnliche Befunde erhoben werden.
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
Charité Universitätsmedizin Berlin
Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie
Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Volker WahnLiteratur 1 Belot A, Kasher PR, Trotter EW, et al.
Protein kinase c δ deficiency causes mendelian systemic
lupus erythematosus with B cell-defective apoptosis
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Abbildung 2. BZR-abhängige, PKCβ-vermittelte NF-κB-Aktivierung und PKCδ-regulierte B-Zell-Anergie
Links
BZR-abhängige, PKCβ-vermittelte NF-κB Aktivierung: Die Kreuzvernetzung des B-Zell-Rezeptors (BZR) erzeugt in der Zellmembran ein Signal, welches die Aktivierung der Proteinkinase
Cβ (Isoform der Proteinkinase Cδ) bewirkt. Durch dieses Signal wird auch CARD11 (CARD = caspase recruitment domain) an die Lipiddoppellamelle angelagert. Die aktivierte PKCβ
phosphoryliert CARD11 (andere Abkürzung = CARMA1), was zu dessen Konformationsänderung beiträgt. Darauf folgt die Rekrutierung und Oligomerisierung weiterer Signalmoleküle
wie Bcl10, welches dann NFκB zum einen über MALT1 (mucosaassociated lymphoid tissue lymphoma translocation gene 1), zum anderen durch das Ubiquitin-konjugierende Enzym
13 (UBC13) die Ubiquitinierung von IKKγ (= NEMO) bewirkt. Der NEMO-Komplex aktiviert schließlich NFκB (nuclear factor kappa B), über dessen biologische Rolle schon mehrfach in
dieser Serie berichtet wurde.
Rechts
PKCδ-regulierte B-Zell-Anergie: Nachdem die B-Zelle über die Bruton‘s Tyrosinkinase (BTK), PLCγ2, Diacylglycerol (DAG) und Kalzium aktiviert wurde, kommt es über die PKCβ zu einer
Feedback-Hemmung von BTK, durch PKCδ zu einer Hemmung des NF-IL-6-Transkriptionsfaktors und dadurch zu einer Begrenzung der Interleukin-6-Synthese (IL-6). Werden solche B-Zellen
durch Autoantigene aktiviert bei gleichzeitig reduzierter IL-6-Synthese, so trägt dies normalerweise zur Induktion einer B-Zell-Anergie bei. Bei entsprechenden Mutationen bei PKCδ fehlt
dieser Kontrollmechanismus und somit die Anergisierung der autoreaktiven B-Zellen. (Vereinfacht nach Guo et al. 2004 [2])
Weitere Themen 24 _ 25
Epidemiologie und KrankheitsverlaufExakte epidemiologische Kennzahlen lie-
gen nicht vor, es kann jedoch näherungs-
weise von einer Prävalenz zwischen 4
und 10 % ausgegangen werden [3, 7].
Damit zählt das seborrhoische Ekzem zu
den häufigsten Dermatosen im Säuglings-
alter. Es besteht keine Geschlechtsprä-
ferenz. Charakteristischerweise beginnt
das seborrhoische Säuglingsekzem be-
reits in der zweiten bis zehnten Lebens-
woche, der Erkrankungsgipfel liegt im
dritten Lebensmonat. Meist kommt es zu
einer Spontanregression bis zum Ende
des ersten Lebensjahres. Weniger als
10 % der Patienten entwickeln später ein
adultes seborrhoisches Ekzem [6], wobei
umstritten ist, ob es sich hierbei tatsäch-
lich um eine Variante derselben Krank-
heit oder eine eigene Entität handelt.
Ätiologie und TriggerfaktorenDie Ursachen des seborrhoischen
Säuglingsekzems sind nicht bekannt,
diskutiert werden u. a. folgende Patho-
mechanismen [1, 8, 10]:
� Kolonisation mit dem Hefepilz
Malassezia furfur (Syn.: Pityro-
sporum ovale).
� Pathologische Talgdrüsenaktivität
mit verändertem Fettsäureprofil
des Talgdrüsensekrets.
� Einfluss maternaler Hormone auf
die Talgdrüsenaktivität der Haut
bei gestillten Säuglingen.
Eine genetische Prädisposition für das
seborrhoische Ekzem konnte bisher
nicht belegt werden.
KlinikPrädilektionsstellen sind das Capilli-
tium und die intertriginösen Areale
(Zervikonuchalregion, Axillae, Inguinal-
region bzw. Windelbereich; s. Abb. 1).
Am Capillitium sowie frontal und an
den Augenbrauen können erythematöse,
teils lachs- oder orangerote Plaques
mit gelblichen, fettigen Schuppenkrus-
ten auftreten („cradle cap“, Kopfgneis;
s. Abb. 2). Axillär, zervikonuchal, um-
bilikal sowie inguinal und intergluteal
sind häufig hell-erythematöse Patches
mit feinlamellärer Schuppung zu beob-
achten (Abb. 3).
Selten kommt es zu (Sub)Erythrodermie,
Mazerationen und exsudativen Läsionen.
Meist besteht wenig oder kein Juckreiz.
DiagnostikDie Diagnose wird in Zusammenschau
der Anamnese und des klinischen
Bildes gestellt. Eine Hautbiopsie ist nur
bei Persistenz ausgeprägter Beschwer-
den trotz adäquater Lokaltherapie und /
oder bei Verdacht auf auf eine ernst-
hafte Grunderkrankung (z. B. Langer-
hanszell-Histiozytose) indiziert. Eine
mykologische Diagnostik zum Nachweis
von Malassezia sp. ist nicht routine-
mäßig erforderlich. Sie sollte jedoch
bei Verdacht auf eine Dermatomykose
veranlasst werden.
DifferenzialdiagnosenAtopisches Ekzem
� Andere Prädilektionsstellen (Windel-
bereich regelhaft ausgespart),
� häufig Pruritus,
� fakultativ zusätzliche Stigmata
(z. B. Dennie-Morgan-Falte, Keratosis
pilaris),
� häufig positive Familienanamnese,
� späterer Erkrankungsbeginn
(≥ dritter Lebensmonat).
DIFFERENZIALDIAGNOSEN DES ATOPISCHEN EKZEMS
Seborrhoisches SäuglingsekzemAntonia Reimer, AUF DER BULT, Kinder- und Jugendkrankenhaus, Hannover
Das Seborrhoische Säuglingsekzem manifestiert sich als erythematosquamöse Hauterkrankung des frühen Säuglingsalters bevor-
zugt am Capillitium, an der Stirnregion und in intertriginösen Hautarealen [4]. Die Ursachen sind nicht genau geklärt, eine gene-
tische Prädisposition liegt offenbar nicht vor. Die Diagnose lässt sich in der Regel klinisch stellen. Leichte Formen bedürfen keiner
Therapie, bei schwereren Verläufen ist nicht selten eine topische Behandlung mit Glukokortikoiden oder Antimykotika indiziert.
Abbildung 1. Charakteristische, intertriginöse
Prädilektionsstellen des infantilen seborrhoischen
Ekzems: Zervikonuchalregion, Axillae, Windelbereich
(mit frdl. Genehmigung, PD Dr. H. Ott).
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
Psoriasis
� Im Säuglingsalter ähnliche Prädilek-
tionsstellen (v.a. Windelbereich),
� Befund jedoch in der Regel
schärfer begrenzt und unter Um-
ständen mit weiteren Psoriasis-
Stigmata assoziiert (z. B. Köbner-
Phänomen),
� initial oft nicht sicher von einem
seborrhoischen Säuglingsekzem
abgrenzbar, definitive Diagnose erst
durch Beobachtung im Verlauf.
Skabies
� Ausgeprägter Juckreiz,
� bei Säuglingen oft palmoplantare
Papeln und Pusteln sowie nodöse
Effloreszenzen an Stamm und Ex-
tremitäten,
� positive Umgebungsanamnese.
Tinea capitis sive corporis
� Effloreszenzen häufig schärfer begrenzt
und mit randbetonter Schuppung,
� meist positive Umgebungsanamnese
(Haustiere?).
Weitere seltene bzw. sehr seltene
Differenzialdiagnosen sind die Langer-
hanszell-Histiozytose und der multiple
Carboxylase-Defekt [5].
TherapieEine Therapie ist zumindest bei leich-
ten Formen nicht erforderlich, in erster
Linie sollte eine Okklusion durch An-
wendung lipidreicher Externa unter-
bleiben. Die Fettschuppen des Kopf-
gneises lassen sich gut lösen, wenn sie
über Nacht mit pflanzlichen Ölen (z. B.
Olivenöl) eingeweicht und morgens
mit mildem Shampoo ausgewaschen
werden. Bei schwereren Formen kann
der Einsatz niedrig-potenter, topischer
Glukokortikoide (z. B. Hydrocortison-
acetat-Creme 1 %) kurzzeitig (<7 Tage)
erfolgen. Allerdings sollten gluko-
kortikoidsensitive Areale (v.a. Zentro-
fazial- und Windelregion) gar nicht oder
nur über wenige (<3) Tage mit Präpa-
raten dieser Substanzgruppe behandelt
werden.
Alternativ ist eine Behandlung mit to-
pischen Antimykotika über 2–4 Wochen
möglich (z. B. Ketoconazol-Creme und
-Shampoo, Ciclopirox-Olamin-Creme
oder Clotrimazol-Paste [2, 9]).
Abbildung 2. Zentrofaziales seborrhoisches
Ekzem mit lachsroten Patches, gelblichen Schuppen
und angedeutetem Kopfgneis („cradle cap“)
(mit frdl. Genehmigung, PD Dr. H. Ott).
Abbildung 3. Häufig von einem infantilen
seborrhoischen Ekzem betroffen: Windelbereich mit
hellrotem Erythem und feinlamellärer Schuppung
(mit frdl. Genehmigung, PD Dr. H. Ott).
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infantile seborrheic dermatitis. J Pediatr 1995; 127(5):
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7 Palamaras I, Kyriakis KP, Stavrianeas NG. Seborrheic
dermatitis: lifetime detection rates. J Eur Acad Dermatol
AUF DER BULT, Kinder- und Jugendkrankenhaus
Janusz-Korczak-Allee 12 | 30173 Hannover
Dr. med. Antonia Reimer
Venereol 2012; 26(4): 524–526.
8 Schwartz RA, Janusz CA, Janniger CK. Seborrheic dermati-
tis: an overview. Am Fam Physician 2006; 74(1): 125–130.
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treatment of infantile seborrheic dermatitis. J Med Assoc
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10 Wannanukul S, Chindamporn A, Yumyourn P et al. Malas-
sezia furfur in infantile seborrheic dermatitis. Asian Pac J
Allergy Immunol 2005; 23(2–3): 101–105.
Weitere Themen 26 _ 27
Die Datenlage ist dramatischEs ist im doppelten Sinne paradox: Der
sozioökonomische Status in der Bun-
desrepublik verbessert sich, gleichzeitig
nimmt die Anzahl der Allergiepatien-
ten zu. Die Krankheitshäufigkeit geht
aber nicht mit einer Verbesserung der
Versorgung von Allergikern einher (vgl.
Studie des Robert-Koch-Instituts [2]).
Im Gegenteil: Die Zahl der Arztpraxen,
die allergologische Diagnosen kodieren,
nimmt ab. Der Anteil der Patienten, die
eine spezifische Immuntherapie (SIT)
erhalten, ist unterproportional zum An-
stieg der Gesamtzahl von allergischen
Patienten (vgl. Wasem-Studie [1]).
Ein Drittel der deutschen Bevölkerung
kämpft mit zumindest einer allergischen
Erkrankung. Unzureichende Behandlun-
gen anfänglich oft harmloser Allergien
führen immer häufiger zu dramati-
schen allergischen Leiden, wie starken
Nahrungsmittelallergien oder auch zu
allergischem Asthma. Oft wird in der
Bevölkerung noch verharmlosend von
„Heuschnupfen“ gesprochen. Angesichts
potenziell lebensbedrohlicher Schock-
reaktionen, denen manche Allergiker
ausgesetzt sind, ist das ein gefährlicher
Euphemismus. Häufiger als noch vor
Jahren kommt es zu chronischen aller-
gischen Störungen, die nicht nur einen
erheblichen Verlust an Lebensqualität
mit sich bringen, sondern auch mit einer
erhöhten Morbidität einhergehen.
Hinzu kommen sozioökonomische
Kosten allergischer Erkrankungen.
Insbesondere sind es die allergischen
Atemwegskrankheiten, die zu Einschrän-
kungen der Arbeitsfähigkeit führen und
in Europa geschätzte Kosten von bis zu
385 Mrd. Euro im Jahr verursachen (vgl.
Wasem-Studie [1], [3]). Hohe Therapie-
kosten – je Patient von über 6.000 Euro
im Jahr – für die Behandlung eines
schweren Asthmas sind nicht selten.
Die Aufgabe ist klar – der Weg nicht leichtEine Verbesserung der medizinischen
Versorgung von Allergikern stellt sich
auf Grund der Datenlage geradezu als
Verpflichtung heraus. Man bedenke,
dass z. B. eine frühzeitig realisierte Im-
muntherapie nachweislich das Potenzial
hat, das Fortschreiten der Erkrankung
zu vermeiden. Im Jahre 2010 kamen
jedoch nur 7 % der Rhinitis- und 5 %
der Asthmapatienten in den Genuss
der Spezifischen Immuntherapie (SIT).
Bis zu diesem Jahr war obendrein ein
Rückgang dieser Therapieform zur Be-
handlung von Allergiepatienten zu be-
obachten (vgl. Wasem-Studie [1]). Ganz
allgemein wurde wie bereits erwähnt
belegt, dass die Zahl der Arztpraxen, die
allergologische Leistungen erbringen,
ab- und nicht zunimmt [1].
Im vergangenen Jahr wurde die Heraus-
forderung, die sich für verantwortungs-
volle Mediziner ergibt, auf eine breite
Diskussionsbasis gestellt: Im Rahmen
des „Aktionsforums Allergologie“
haben sich sieben führende medizini-
sche Verbände zusammengeschlossen,
um der Fehlentwicklung im Bereich
„Allergiebehandlung in Deutschland“
Einhalt zu gebieten. Sie wollen sich
gemeinschaftlich für die Förderung und
Weiterentwicklung der Behandlungs-
optionen in der Allergologie in Deutsch-
land einsetzen.
„Aktionsforum Allergologie“ formuliert klare Vorstellungen„Allergien sind eine unterschätzte
Volkskrankheit“, unterstreicht Prof. Dr.
med. Eckard Hamelmann, General-
sekretär der Deutschen Gesellschaft für
Allergologie und Klinische Immunolo-
gie, Aktionsforums-Mitglied, „und ein
so großes Problem, dass es eine konzer-
tierte Anstrengung von allen beteiligten
Medizinern erfordert. Wenn wir nicht
schnell und effektiv handeln, werden
Millionen von Betroffenen tägliche
Einbußen in der Lebensqualität erleiden
müssen. Für viele Allergiker ist schon
jetzt jeder Tag eine Qual.“
Das Aktionsforum aus Dermatologen,
HNO-Spezialisten, Pädiatern und
Pneumologen will sich für die Koordi-
nation aller allergologisch tätigen Ärzte
einsetzen. Es geht um die Entwicklung
einer Präventionsstrategie, aber auch um
Im Quartett gegen AllergienVertreter der GPA im „Aktionsforum Allergologie“ ist Dr. Frank Friedrichs (Adresse s. unten).
Wie lautet die Schnittmenge aus Dermatologie, HNO-Medizin, Pädiatrie und Pneumologie? Ganz einfach: Die vier Disziplinen
verbindet die Sorge um Allergiepatienten. Die Anzahl der allergiegeplagten Patienten in den Wartezimmern und Kliniken dieser
Fachrichtungen nimmt zu. Die Möglichkeiten der Behandlung halten aber nicht Schritt. Es gibt Versorgungsprobleme, ja sogar
nachweislich Unterversorgung vieler Patienten. Das „Aktionsforum Allergologie“ hat nun beschlossen, mit vereinten Kräften
alles für Patienten und Allergologen und gegen die Allergien zu tun. Sieben führende Organisationen tagen nun regelmäßig, um
spürbare Verbesserungen in Gang zu setzen.
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
die sichere und strukturierte Versorgung
von Patienten mit allergischen Leiden.
Wichtiger erster SchrittEin erster wichtiger Schritt wurde vom
Aktionsforum Allergologie getan: Der
umfangreiche Fragenkatalog für die An-
tragszulassung des Disease Management
Programms (DMP) wurde beantwortet.
Das Schreiben liegt jetzt beim Gemein-
samen Bundesausschuss in Berlin. „Sollte
es langfristig zu einer Genehmigung des
strukturierten Behandlungsprogramms
kommen, wären wir einen sehr guten
Schritt weiter;“, meint Privatdozentin Dr.
med. habil. Kirsten Jung, Vorsitzende des
Ärzteverbandes Deutscher Allergologen
e.V. (AeDA), „parallel dazu haben wir
aber eine lange Liste anderer Aktivi-
täten geplant, die der Allergietherapie
in Deutschland helfen werden.“ Das
„Aktionsforum Allergologie“ will sich so
z. B. auch um bessere Rahmenbedingun-
gen für ärztliche Aus- und Weiterbildung
kümmern und denkt darüber nach, eine
breit angelegte Aufklärungskampagne für
Patienten zu starten.
Literatur 1 Biermann J, Merk H, Wehrmann W, Klimek L, Wasem J.
Allergische Erkrankungen der Atemwege – Ergebnisse
einer umfassenden Patientenkohorte in der deutschen
gesetzlichen Krankenversicherung. Allergo J 2013; 22 (6):
2 Langen U, Schmitz R, Steppuhn H. Häufigkeit allergischer
Erkrankungen in Deutschland. Ergebnisse der Studie zur
Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundes-
gesundheitsbl 2013; 56: 698–706
3 Zuberbier T, Lötvall J. Allergies have a socioeconomic
impact: a model calculation. Allergy 2008; 63: 612–21
Das Aktionsforum Allergologie setzt sich zusammen aus:
� Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) e.V.
� Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) e.V.
� Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) e.V.
� Bundesverband der Pneumologen (BdP)
� Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klini-sche Immunologie (DGAKI) e.V.
� Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte (HNO) e.V.
� Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) e.V.
Informationen: www.aktionsforum-allergologie.de
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin,
Allergologie, Umweltmedizin, Kinder-Pneumologie
kinderarztpraxis laurensberg
Dres. Friedrichs, Pfannenstiel, Neunzig,
Henrichsmeier und Becker
Rathausstraße 10 | 52072 Aachen
Dr. Frank Friedrichs
SERIE: AKTUELLE FRAGEN AN DEN ALLERGOLOGEN
Engegefühl im Brustkorb unter HyposensibilisierungMatthias V. Kopp, Kinderpneumologie & Allergologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck
Frau L. aus P fragt: Aktuell behandle ich einen 14-jährigen Jungen, der eine allergische Rhinokonjunktivitis bei Sensibi-
lisierung gegen Gräserpollen und ein leichtgradiges, unter niedrig-dosierten inhalativen Steroiden kontrolliertes Asthma
bronchiale hat. Er erhält seit einigen Monaten eine subkutane Hyposensibilisierung mit einem Gräserpollenextrakt, nachdem
er in den Jahren davor während des Gräserpollenflugs ein Maximum seiner rhinokonjunktivalen Beschwerden gezeigt hatte.
Die Aufdosierungsphase hat er ohne Probleme vertragen. Nun berichtete er unter der Erhaltungstherapie, dass er regel-
mäßig am Tag der Hyposensibilisierung ein Engegefühl auf der Brust verspüre. Ich habe daher vor und nach der nächsten
Injektion eine Lungenfunktionsprüfung gemacht und dabei eine Abnahme der FEV1 von 17 % nach der Injektion feststellen
müssen. Erneut hat er unter einem Engegefühl im Brustkorb geklagt. Wie ist nun weiter vorzugehen? Muss die Hyposensibi-
lisierung abgebrochen werden? Ich bin auch deshalb beunruhigt, weil diese Symptomatik außerhalb der Gräserpollensaison
aufgetreten ist.
Prof. Dr. med. Matthias Kopp antwortet: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass
für Ihren 14-jährigen Jungen die Indi-
kation zur Durchführung einer spezifi-
schen Immuntherapie mit einem sub-
kutanen Gräserpollenextrakt richtig ge-
stellt wurde: Er litt offenbar seit einigen
Jahren unter einer allergischen Be-
schwerdesymptomatik, die sich wäh-
rend des Gräserpollenflugs verstärkt
hat [4]. Die Tatsache, dass er auch ein
Asthma bronchiale hat, spricht nicht ge-
Weitere Themen 28 _ 29
gen eine Hyposensibilisierung, wenn –
wie in Ihrem Fall geschildert – die
asthmatische Beschwerdesymptomatik
gut kontrolliert ist. In der Nationalen
Versorgungleitlinie Asthma heißt es
dazu: „Es muss ein geeigneter Extrakt
zur Verfügung stehen und die Wirk-
samkeit der SCIT (subkutanen Immun-
Therapie) für die jeweilige Indikation
belegt sein. Positive Effekte auf das al-
lergische Asthma wurden für die Aller-
gene Gräser-, Baum- und Kräuterpollen,
Hausstaubmilben, Katzen und Schim-
melpilze (Alternaria, Cladosporium)
berichtet.“ [4, 5]. Eine Cochrane-Meta-
analyse, die zuletzt im Jahr 2010 aktua-
lisiert wurde, belegt ebenso wie aktuelle
Übersichtsarbeiten die Wirksamkeit
einer spezifischen subkutanen Immun-
therapie (SCIT) bei Asthma bronchiale
bei Erwachsenen und Kindern [1, 2, 3].
Nun besteht die aktuelle Problematik in
einer akuten Beschwerdesymptomatik
mit Engegefühl und Abnahme der FEV1
in direktem Zusammenhang mit den
Injektionen. Ich würde daher folgender-
maßen vorgehen:
� Vor einer jeden Injektion ist – wie all-
gemein empfohlen – nach der Verträg-
lichkeit der letzten Spritze zu fragen.
Besonders sorgfältig ist auch nach
möglichen akuten Asthmabeschwer-
den zu fragen (Husten, Kurzatmigkeit,
Notwendigkeit der Einnahme von in-
halativen Betamimetika) und es sollte
eine Auskultation der Lunge erfolgen.
� Vor den nächsten s.c.-Injektionen
würde ich eine Ruhelungenfunktion
durchführen und danach ein Beta-
mimetikum inhalieren lassen, z. B.
zwei Hübe Salbutamol DA über eine
Inhalierhilfe.
� Nach der Applikation der SCIT würde
ich im Abstand von 30 min erneut
eine Ruhelungenfunktion aufzeichnen.
Kommt es unter diesen Maßnahmen
zu einer Besserung der geschilderten
Symptomatik, so kann nach meinem
Dafürhalten die spezifische Immun-
therapie weiter fortgesetzt werden. Bei
gutem Allgemeinbefinden und fehlen-
der Beschwerdesymptomatik kann im
weiteren Verlauf die Lungenfunktions-
messung durch Peak-Flow-Messungen
vor und nach der SCIT ersetzt werden.
Kommt es unter den geschilderten
Maßnahmen weiterhin zu therapieasso-
ziierten pulmonalen Beschwerden, ist
zu erwägen, die Dosis der SCIT um 20 %
zu reduzieren. In der Gräserpollensai-
son muss die asthmatische Beschwer-
desymptomatik besonders sorgfältig
erfasst werden. Gegebenenfalls ist auch
hier eine Dosisanpassung erforderlich.
Zu guter Letzt sollte der Junge darauf
hingewiesen werden, an den Tagen
der SCIT-Injektion nicht aktiv Sport
zu treiben. Unter Berücksichtigung
der skizzierten Maßnahmen sollte die
erfolgreiche Durchführung einer SCIT
ohne weitere Probleme möglich sein.
Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL)
Leiter des Schwerpunktes
Kinderpneumologie & Allergologie
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universität zu Lübeck
Ratzeburger Allee 160 | 23538 Lübeck
Univ. Prof. Dr. Matthias V. Kopp
Literatur 1 Abramson MJ, Puy RM, Weiner JM. Injection allergen
immunotherapy for asthma. Cochrane Database Syst Rev
2010; 8:CD001186
2 Brehler R, Klimek L, Kopp MV, Christian Virchow J. Specific
immunotherapy-indications and mode of action.
Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 148–58
3 Kim JM, Lin SY, Suarez-Cuervo C et al. Allergen-specific
immunotherapy for pediatric asthma and rhinoconjunctivi-
tis: a systematic review. Pediatrics 2013;131: 1155–67
4 Kleine-Tebbe J, Bufe A et al. Die spezifische Immun-
therapie (Hyposensibilisierung) bei IgE-vermittelten
allergischen Erkrankungen. Allergo J 2009; 18: 508–37
5 Nationale Versorgungsleitlinie Asthma. 2. Auflage, 2009;
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/asthma/pdf/
nvl-asthma-2.aufl.-lang-5.pdf
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
WAPPADie 21. Jahrestagung der Westdeutschen
Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneu-
mologie und Allergologie e.V. (WAPPA;
www.wappaev.de) am 7. / 8. November
2014 im LVR-Museum in Bonn bietet
wie sonst auch vor allem die Möglich-
keit, sich auf den neuesten Stand wich-
tiger allergologischer und pneumolo-
gischer Themen zu bringen und sich
NAPPADas 32. Allergiesymposium der Nord-
deutschen Arbeitsgemeinschaft Pädiatri-
sche Pneumologie und Allergologie e.V.
(nappa, www.nappa-ev.de) am 21./22.
November 2014 in Lübeck steht unter
dem Motto: „Wissen sichern – sicher
AGPASDie 28. Jahrestagung der Arbeitsge-
meinschaft Pädiatrische Allergologie
und Pneumologie Süd e. V. (AGPAS,
in familiärer Atmosphäre mit Kolle-
ginnen und Kollegen auszutauschen.
In den verschiedenen Vorträgen und
Seminaren mit aktuellen Themen von
renommierten Referenten wird bei allen
Themen vor allem der Bezug zum Alltag
in Praxis und Klinik sein. Am Freitag
werden sich die ersten Vorträge mit der
Pneumologie beschäftigen. Es wird ein
Update täglich relevanter Themen wie
Bronchitis oder Pneumonie angeboten.
Samstagmorgen werden auf verständ-
liche und unterhaltsame Weise immu-
nologische und allergologische Grund-
lagen erklärt. Das Ganze wird abge-
Handeln“. In den gemeinsamen Arbeits-
gruppen am Freitag und bei den Vorträ-
gen am Samstagvormittag wird es also
nicht nur um das Auffrischen, Vertiefen
und kritische Hinterfragen von aktuel-
len „Hot Topics“ der Kinderpneumo-
logie und Allergologie gehen, sondern
auch um ganz handfeste Aspekte: So
wird in verschiedenen Arbeitsgruppen
Ihre aktive Mitarbeit gefragt sein, z. B.
„Der anaphylaktische Notfall – prakti-
sches Reanimationstraining für die aller-
gologische Praxis“ im Simulationslabor
www.agpas.de) findet am 17./18. Okto-
ber 2014 in Waldburg-Zeil Fachkliniken
Wangen im Allgäu statt. Die Fachklini-
ken Wangen sind deutschlandweit als
Kompetenzzentrum der Pneumologie
und Allergologie sowohl für Kinder und
Jugendliche als auch für Erwachsene
bekannt. Ziel der Tagung ist, die von der
AGPAS vertretenen Inhalte auf breiter
Basis praxisrelevant darzustellen. Im
Programm haben wir das Spektrum der
rundet von der Allergologie mit der
Vorstellung neuer Leitlinien, neuer dia-
gnostischer Verfahren, wie der moleku-
laren Allergiediagnostik und alltäglicher
Fragen, wie Impfungen und Allergie.
Neben klassischen Vorträgen werden
auch eine Pro- und Contra-Session
und ein Fall-Quiz stattfinden. In den
Seminaren bieten wir reichlich Gele-
genheit zum interkollegialen Austausch.
Für besonders Interessierte startet die
Veranstaltung am Freitagmorgen mit
dem Literatur-Update, in dem die wich-
tigsten Publikationen der letzten zwei
Jahre vorgestellt werden.
oder „Physiotherapie im Kindesalter –
was passiert da eigentlich?“. Daneben
werden wir aber auch über viele aktu-
elle Themen diskutieren, z. B. über
die neue S2-Leitlinie zur spezifischen
Immuntherapie oder das Management
der Obstruktion der oberen Atemwege.
Die Tagung wird in den Media Docks
direkt an der Trave stattfinden, von
dort ist selbst im Monat November ein
wunderschöner Blick auf die historische
Hansestadt Lübeck (seit 1987 UNESCO
Weltkulturerbe) garantiert.
pädiatrischen Allergologie, Pneumo-
logie und auch der Schlafmedizin abge-
bildet, um den Interessen der Kliniker
und den niedergelassenen Kollegin-
nen und Kollegen zu entsprechen. Die
begleitenden Seminare wenden sich an
Kollegen mit Interesse an pneumologi-
scher-allergologischer Arbeit. Des Weite-
ren werden Seminare für Medizinische
Fachangestellte und Gesundheits- und
Kinderkrankenpfleger/innen angeboten.
Tagungen
Veranstaltungen
Weitere Themen 30 _ 31
Ein wichtiger Beweggrund zur Durch-
führung der genannten Studie ist die
offensichtliche Tatsache, dass „Stadt-
natur“ und städtische Grünräume zur
Förderung der Gesundheit in Städten
beitragen. Im Mittelpunkt der Studie
stehen deshalb folgende zentrale Fragen:
� Welche gesundheitsfördernden
Wirkungen bzw. Potenziale haben
Grünräume und naturnahe Flächen in
der Stadt?
� Gibt es besondere Merkmale, die
diese Räume aufweisen müssen, um
gesundheitsfördernd zu sein oder
sein zu können?
� Welche Synergien und Konflikte zwi-
schen dem Schutz der biologischen
Vielfalt als wesentlichem Anliegen
des Naturschutzes und der Gesund-
heitsförderung bestehen in städti-
schen Grünräumen? Wie können Kon-
flikte minimiert oder gelöst werden?
� Wie können Belange der Gesundheits-
förderung in der Landschaftsplanung
(als Planungsinstrument des Natur-
schutzes) berücksichtigt und themati-
siert werden?
Die Ergebnisse des Vorhabens sollen in
der Naturschutz-, Planungs- und Ver-
waltungspraxis anwendbar sein. Der
Schwerpunkt des Vorhabens liegt auf
der Gesundheitsförderung durch Erhalt
der Gesundheit und der Stärkung von
Gesundheitsressourcen sowie der plane-
rischen Schaffung gesundheitsfördern-
der Umwelten und zielt somit nicht
auf die Veränderung des Verhaltens
eines Menschen oder eine Bevölke-
rungsgruppe. Ziel des Vorhabens ist es,
praxisbezogene Arbeits- und Planungs-
materialien zur Landschafts- und
Freiraumplanung zu erarbeiten, die
die Aspekte der Gesundheitsförderung
berücksichtigen.
Gesundheitsförderung im AllgemeinenGesundheit ist nicht definiert als das
„Fehlen von Krankheit“, sondern in
umfassender Weise ein „Zustand voll-
ständigen physischen, geistigen und
sozialen Wohlbefindens“ (WHO 1946)
(s. Tab. 1). Prävention bzw. Gesundheits-
förderung sind neben dem Gesundheits-
schutz dabei eine wichtige Vorgabe.
Ob gesundheitsrelevante Potenziale
wirksam werden, hängt immer indi-
viduell vom Verhalten der Menschen
ab. Konkret bedeutet das: Gesundheits-
relevante Wirkungen der Grünräume
entfalten sich erst durch den Aufenthalt
in Grünräumen bzw. in deren Nähe.
Ressourcen müssen also so angeboten
werden, dass sie auch genutzt werden.
Stressoren, also gesundheitsbeeinträch-
tigende Faktoren, wie Lärm, chemische
und biologische Umweltbelastungen,
Bewegungsmangel, soziale Isolation,
negativer Stress oder Diskriminierung
etc., müssen vom Menschen städte- und
raumplanerisch ferngehalten werden.
Grün, natürlich, gesund: die Potenziale multifunktionaler städtischer RäumeArmin Grübl, Kinderklinik München Schwabing
Exzerpt und Zusammenfassung der Ergebnisse des gleichnamigen F+E-Vorhabens des Bundesamts für Naturschutz
(FKZ 3511 82 0800, Laufzeit 09 / 2011 bis 02 / 2013) mit dem Fokus auf Prävention aus pädiatrischer und pädiatrisch
allergologischer Sicht. Die WAG Umwelt der GPA war hierbei vertreten durch Armin Grübl in der Projektbegleitenden
Arbeitsgruppe (PAG) und den umweltmedizinischen Workshops (Exzerpte / Tabellen / Zitate / Inhalte sind dem Skript
aus http://www.bfn.de/0502_skriptliste.html entnommen).
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
Gesundheitsförderung im Stadtnaturschutz Die physische Gesundheit wird direkt
durch die Filterung von Luftschad-
stoffen und Stäuben durch Baum- und
Strauchbestände, die Abkühlung der
städtischen Temperatur durch Entste-
hung und Transport von Kaltluft etc.
gefördert. Darüber hinaus besteht eine
positive Auswirkung von Grünflächen
auf die Psyche und das Wohlbefin-
den, aber auch auf das Sozialverhalten
(z. B. Interaktion und Kommunikation),
insbesondere auch auf die soziale Ent-
wicklung von Kindern beim Spielen
in Grünräumen. Isolation und Einsam-
keitsgefühle werden vermindert und
die gesellschaftliche Integration unter-
schiedlicher Bevölkerungsgruppen wird
gefördert. Forschungsergebnisse zeigen,
dass Menschen sich schneller regenerie-
ren und erholen, wenn sie Grünräume
betrachten oder sich in ihnen oder ihrer
Nähe aufhalten können. Im genannten
BfN-Skript wird dazu ein Review von
Maller et al. (2005) zitiert, nach dem
die Krankenhauspatienten, die von
ihrem Zimmer „Natur“ sehen konnten,
sich schneller erholten als jene mit
Blick auf Bebauung, einen kürzeren
Krankenhausaufenthalt hatten, weni-
ger Schmerzmittel brauchten und
weniger postoperative Komplikationen
erlitten. Natürlich gibt es auch negative
Auswirkungen, z. B. Allergien auslösen-
de Pflanzenarten oder die Übertragung
von Infektionskrankheiten durch Tiere.
Hinsichtlich der Einbeziehung von
Grünraumplanung zur Gesundheitsför-
derung ist der offensichtliche Paradig-
menwechsel der Gesundheitswissen-
schaften ausschlaggebend: Der Mensch
und sein Verhalten werden nicht mehr
isoliert betrachtet, der Einfluss von so-
zialer und physischer Umgebung auf
das menschliche Verhalten und die Ge-
sundheit wird anerkannt.
Das individuelle Verhalten bleibt je-
doch bestehen: Der eine sucht Ruhe
und Stille, der andere das gesellige
Miteinander. Dies macht die Planung
entsprechender Grünräume nicht
leichter, aber spannender und fordert
die Planer regelrecht heraus, entspre-
chende Möglichkeiten zu finden, vielen
bis allen gerecht zu werden. Nicht jede
Kommune wird jedoch die personellen
und finanziellen Ressourcen haben,
hier optimal planen und gestalten zu
können.
Gesellschaftliche und umwelt- bedingte Einflüsse auf Gesundheits- förderung und Naturschutz Auswirkungen des Klimawandels, wie
Zunahme von Temperaturextremen,
Überschwemmungen, Wasserhaushalts-
probleme und zunehmende Luftschad-
stoffkonzentrationen etc., zwingen
Städte- und Landschaftsplaner zukünftig
dazu, Aspekte der Gesundheitsförderung
und Naturschutz enger miteinander zu
verknüpfen. Klimatische Veränderungen
führen zu Veränderung und Verlän-
gerung der Pollenflugzeiten sowie zu
einem sich ändernden Spektrum von
Allergieauslösern auch durch invasi-
ve Pflanzen- und Tierarten. Beispiele
hierfür sind etwa Ambrosia oder der Ei-
chenprozessionsspinner. Vor allem ältere
Menschen, aber auch Kinder, sind eine
Gruppe, die besonders unter der klima-
wandelbedingten Zunahme städtischer
Hitzebelastungen leidet und zunehmend
mehr leiden wird.
GesundheitsschutzGesundheits-
förderung
Verhältnis-
prävention
Verhaltensprävention
Primärprävention Sekundärprävention Tertiärprävention
Ziel Vermeidung von
Gefahren (Gesund-
heitsstressoren) für
die menschliche Ge-
sundheit (z. B. mittels
Lärmschutzwänden)
Stärkung von Gesund-
heitsressourcen (z. B.
durch Nutzung eines
Parks zum Stressab-
bau)
Anpassung der
Wohn-, Lebens- und
Arbeitsumgebung
(z. B. Anlage eines
grünen Schulhofs)
Verhinderung
von Krankheit
und Stärkung der
Gesundheit (z. B.
Schutzimpfungen
durchführen)
Erkennung / Vorsorge
(z. B. Früherkennungs-
untersuchungen
wahrnehmen)
Verhinderung von
Verschlechterung
(z. B. Therapien durch-
führen)
Zielgruppe Gesamtbevölkerung Individuelle
Person und Gesamt-
bevölkerung
Gesamtbevölkerung Risikogruppen
(z. B. Kinder)
Bereits erkrankte
Person noch ohne
Beschwerden
Erkrankte Person
in Behandlung
Zeitpunkt Vor Entstehung der
Krankheit
Vor Entstehung der
Krankheit
Zu allen Zeitpunkten Vor Entstehung der
Krankheit
Frühstadium der
Krankheit
Fortgeschrittenes
Krankheitsstadium
Tabelle 1. Erhaltung von Gesundheit – Differenzierung verschiedener Begriffe
Quelle: [9]
Weitere Themen 32 _ 33
Stadtnaturschutz, Stadt- und Freiraum-
planung werden nicht zuletzt auch
zu einer Frage sozialer Gerechtigkeit.
Die Erhaltung und Neuschaffung von
qualitativ hochwertigen Grünräumen
ist gerade in den benachteiligten Stadt-
vierteln von Großstädten erforderlich.
Erstrebenswert ist dabei stets eine Parti-
zipation / Teilhabe großer Teile der Be-
völkerung an der Entwicklung gesund-
heitsfördernder Grünraumgestaltung,
um so die Akzeptanz und dann letzt-
endlich den gewünschten Erfolg zu
erreichen. Ein erstrebenswertes Ziel ist
es, erfolgreich einem rasanten Lebens-
stilwandel entgegenzuwirken, der sich
neben unausgewogener Ernährung,
Übergewicht und Stress durch vermehr-
te sitzende Tätigkeiten („sedentary life-
style; wörtlich: sitzender Lebensstil“)
auszeichnet. Es gilt, der zunehmenden
Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkran-
kungen, Adipositas, Diabetes mellitus
etc. gegenzusteuern.
Synergien und KonfliktePotenzielle Synergien zwischen Natur-
schutz und Gesundheitsförderung schei-
nen potenzielle Konflikte bei Weitem
zu überwiegen, Konflikte können meist
minimiert und vermieden werden. Zu
beachten ist dabei auch der zeitliche
Aspekt („zeitlicher Vorrang“), da sich
naturschutz- und gesundheitsrelevante
Potenziale, Wirkungen und Funktionen
im Laufe der Zeit verändern können:
z. B. werden neu gepflanzte junge Bäu-
me älter und größer oder die Nutzungs-
form und / oder die Pflegeintensität
ändert sich.
Da Naturerfahrung durch Kinder und
Jugendliche gerade in Städten mit
entsprechend kleinen Grünflächen eine
hohe Bedeutung hat, sollten aufkom-
mende Konflikte mit dem Arten- und
Biotopschutz in der Regel stets zu-
gunsten der Kinder und Jugendlichen
aufgelöst werden. Ein sehr mutiges und
erstrebenswertes Ziel – nicht zuletzt aus
pädiatrischer Sicht.
Nutzergruppen aus pädiatrischer und pädiatrisch allergologischer SichtHierzu finden sich im Forschungsskript
wichtige vor allem Kinder und Jugend-
liche betreffende Zitate (aus [9]):
„Patienten mit Atemwegsallergien sind
auf eine möglichst allergenarme Um-
gebung angewiesen, entsprechend wird
ihnen empfohlen, allergieauslösende
Räume zu meiden. Aus Sicht dieser
Gruppe sollten Grünräume möglichst
frei von allergenen Pflanzen sein, auf
Neupflanzung entsprechender Arten
(z. B. Birke, Erle, Esche, Haselnuss) soll-
te verzichtet werden.“
„Kleinkinder (2- bis 5-Jährige) müssen
in der Nähe der Eltern spielen können.
Dabei geht es vor allem um die Ent-
wicklung der Sinne und Motorik sowie
Rollenspiele. Kleine Räume sind daher
oft ausreichend. Ältere Kinder (6- bis
12-Jährige) benötigen im Gegensatz
dazu große Räume, in denen sie unab-
hängig von den Eltern ‚die Welt ent-
decken‘ können. Grundsätzlich sollten
sich Spielräume in der Nähe von Schule
und Wohnung befinden.“
„Jugendliche suchen vor allem soziale
Kontakte sowie Sportmöglichkeiten in
öffentlichen Räumen. Ein ausgewogenes
Verhältnis von sowohl stark besuch-
ten als auch geschützten Räumen (von
anderen sozialen Gruppen), welche
sich in der Nähe der Wohn- und Schul-
umgebung befinden, sollte gegeben sein.
Die Ausstattung spielt eher eine nach-
rangige Rolle. Große Räume sind für
Spiel- und Sportaktivitäten wichtig, die-
se müssen eine den Bedürfnissen der
Jugendlichen entsprechende Aufent-
haltsqualität aufweisen.“
Gesundheitsfördernde Potenziale städtischer Grünräume Möglicherweise hat jeder städtische
Grünraum irgendein gesundheitsför-
derndes Potenzial. Jedoch ist es nicht
möglich, bestimmte Gesundheitspoten-
ziale bzw. positive Wirkungen einem
bestimmten „Grünraumtypus“ (Park,
Wäldchen oder Brachfläche etc.) sicher
zuzuordnen. Allerdings gilt: Um eine
Wirkung zu erzielen, muss der Grünraum
auch genutzt werden. Neben ästheti-
schen und identifikationsfördernden
Merkmalen sind dabei auch „allgemeine
Qualitätskriterien“ maßgebend (Sicher-
heit, Sauberkeit, Erreichbarkeit).
Für den am Thema Interessierten hat
die Forschergruppe einen detaillierten
Kriterienkatalog entwickelt, mit dessen
Hilfe die jeweiligen gesundheitsrele-
vanten Merkmale von Grünräumen
erhoben werden und das entsprechende
Potenzial abgeschätzt bzw. bewertet
werden kann – jeweils bezogen auf die
vier Gesundheitskomponenten ästhe-
tisch / symbolisch, sozial, psychisch
und physisch.
Argumentationshilfen für die kommunale Praxis Gesundheitsrelevante Naturhaushalts-
funktionen wirken sich überwiegend
positiv auf die physische, aber auch auf
die psychische Gesundheit aus. Dazu
enthält das Skript zahlreiche markante
Aussagen bzw. Literaturverweise [9]:
� „Der Aufenthalt in Grünräumen
fördert die kognitive und emotionale
Entwicklung von Kindern.“ (nach
Frumkin 2003)
� „Sport in Grünräumen fördert die
körperliche Entwicklung von Kin-
dern.“ (nach McCurdy et al. 2010)
� „Bestimmte Baumarten und Pflanzen
können allergische Belastungen aus-
lösen“.
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
Bergmann et al. (2012) berichten in
einem Review, dass der Klimawandel
Veränderungen des Pollenflugs und die
Ausbreitung invasiver allergener Pflanzen
begünstigen kann. Daher sollten Neu-
pflanzungen hoch allergener Arten ver-
mieden und allergene invasive Arten
(z. B. Ambrosia) gezielt bekämpft werden.
Gesundheitsaspekte im kommunalen LandschaftsplanIm Rahmen der Strategischen Umwelt-
prüfung (SUP) ist bisher „nur“ die
Behandlung des Schutzguts „mensch-
liche Gesundheit“ verpflichtend
(s. Tab. 2). Ob Gesundheit per se und
vor allem Gesundheitsprävention
darüber hinaus ein Thema der Land-
schaftsplanung wird, bleibt individuell
den örtlichen Entscheidungsträgern
überlassen. In Tabelle 2 werden deshalb
bekannte Defizite und Anforderungen
hinsichtlich der Bearbeitung des
Schutzguts Mensch und der mensch-
liche Gesundheit erfasst [9].
FazitEs konnte im Forschungsbericht gezeigt
werden, „dass zwischen Gesundheits-
belangen, insbesondere der Gesund-
heitsförderung einerseits, sowie dem
Stadtnaturschutz und seinen Pla-
nungsinstrumenten andererseits viele
Berührungspunkte bestehen. Denn viele
Grünräume üben positive Wirkungen
auf die menschliche Gesundheit aus
oder verfügen zumindest über das
Potenzial hierfür.“ (…) Der Bericht stellt
somit „eine solide Argumentationsbasis
für die Diskussion über ‚Natur in der
Stadt‘ und städtische Grünräume sowie
deren gesundheitsfördernde Wirkung
dar.“ (…) In ihm „werden Argumente
und erste methodische Ansätze für die
Berücksichtigung der Gesundheitsförde-
rung in der Landschafts- und Freiraum-
Defizite bei der Bearbeitung des Schutzguts Mensch / menschliche Gesundheit Anforderungen an die Bearbeitung des Schutzguts Mensch / menschliche
Gesundheit
Datenbasis zur Gesundheit der Bevölkerung vielfach unzureichend Verbesserung der Bestandsdaten zur Gesundheit der Bevölkerung
Gesetzliche Grenzwerte oft nicht ausreichend vorsorgeorientiert
Keine gesetzlichen Immissionswerte für etliche Schadstoffe vorhanden
(z. B. Dioxine)
Orientierung gesetzlicher Grenzwerte an Vorsorgekriterien
Weitere Forschung über Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Umweltein-
flüssen und der menschlichen Gesundheit
Kumulationswirkungen einzelner Schadstoffe i. d. R. nicht berücksichtigt Synergie- / Kumulationswirkungen sowie chronische / langfristige Wirkungen
geringerer Schadstoffdosen bei Wirkungsabschätzungen berücksichtigen
Fehlen einer Behörde, die das ‚Schutzgut Mensch‘ umfassend in Verfahren
vertritt
Gesundheitsbehörden nicht regelmäßig und häufig nicht frühzeitig genug in
gesundheitsrelevante Planungen einbezogen
Kooperation zwischen Planungs-, Umwelt- und Gesundheitsbehörden häufig
unzureichend
Frühzeitige interdisziplinäre Integration von Umwelt- und Gesundheitsressorts
in Planungsverfahren; Verbesserung der Zusammenarbeit
Aufbau eines ExpertInnen-Netzwerks i.V. mit der Einrichtung einer Internet-
Plattform zur Thematik ‚Mensch und Umwelt‘ sowie ‚Gesundheitsverträglich-
keitsprüfung‘ (GVP)
Gesundheitsbelange aus Zeit-, Finanz-, Qualifikations- und Personalgründen oft
nicht ausreichend prüfbar
Bessere personelle und finanzielle Ausstattung sowie entsprechende Qualifi-
zierung der Umwelt- und Gesundheitsbehörden
Tabelle 2. Defizite und Anforderungen hinsichtlich der Bearbeitung des Schutzguts Mensch und menschliche Gesundheit
Modifiziert nach Claßen und Hornberg 2008 [2]; Crecelius 2010 [3]; aus Rittel et al. 2014 [9]
planung geliefert.“ (…) Die Autoren stel-
len fest, „dass die Nutzung von Synergien
und die Lösung potenzieller Konflikte
zwischen Stadtnaturschutz und Gesund-
heitsförderung beiden Seiten erhebliche
Chancen bieten. Die Nutzung (…) ist
unzweifelhaft kein Selbstläufer und
auch mit Schwierigkeiten verbunden.
Dennoch gilt: Die ‚gesunde Stadt‘ ist …
nur als interdisziplinäre Aufgabe und
als Ergebnis gemeinsamer Anstren-
gungen vieler Akteure zu verstehen“
(Klages 2012, S. 333 [6]).“.
Als Pädiater und speziell als Pädiatrische
Allergologen und umweltmedizinisch In-
teressierte sollten wir uns zukünftig bei
der Planung und Gestaltung von Grün-
räumen in den Städten intensiver mit
einbringen. Zur Vertiefung ist die aus-
führliche Fassung des Forschungsskripts
mit seinem umfangreichen Literaturver-
zeichnis sehr zu empfehlen.
Allergologe, Kinderpneumologe, Umweltmediziner
Kinderklinik München Schwabing
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Klinikum Schwabing, StKM GmbH und Klinikum Rechts
der Isar (AöR) der Technischen Universität München
Kölner Platz 1 | 80804 München
Dr. Armin Grübl
Literatur Das Forschungsskript mit der kompletten Literaturliste findet
sich unter http://www.bfn.de/0502_skriptliste.html
1 Bergmann K-C, Zuberbier T, Augustin J, Mücke HG, Straff
W. Klimawandel und Pollenallergie: Städte und Kommu-
nen sollten bei der Bepflanzung des öffentlichen Raums
Rücksicht auf Pollenallergiker nehmen. Allergo Journal
2012; 21(2): 103–108 (www.pollenstiftung.de/uploads/
media/Artikel_Allergo_Journal_2_2012.pdf)
2 Claßen T, Hornberg C. Menschliche Gesundheit als
Gegenstand von Planungsverfahren – Problemlage
und Lösungsansätze. Vortrag am 1.10.2008 auf dem
9. UVP-Kongress 2008 in Bad Kissingen
3 Crecelius, M. (2010) Aspekt „Menschliche Gesundheit“
in der Umweltverträglichkeitsprüfung / Strategischen
Umweltprüfung. In: Hutter, C.-P.; Rapp, M. (Hrsg.):
Umweltplanungen in Kommunen –Neuerungen bei der
Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung, Eingriffsregelung,
artenschutzrechtlichen Prüfung sowie bei der Landschafts-
planung. Dokumentation der Tagung am 17. / 18. Juni 2010
der Akademie für Natur und Umweltschutz Baden-Würt-
temberg. Umweltplanungen in Kommunen. Tagungsführer
der Akademie für Natur-und Umweltschutz Baden-Würt-
temberg, Heft 21. Offenburg. 101–118. Im Internet unter
www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/70189/
Gesamtdokumentation_Kommunale%20Umweltplanungen.
pdf?command=downloadContent&filename =Gesamtdoku-
mentation_Kommunale%20Umweltplanungen.pdf
4 Frumkin H. Healthy places: exploring the evidence. Ameri-
can Journal of Public Health 2003; 93(9): 1451–1456.
5 Godbey G. Outside Recreation, Health and Wellness.
Understanding and Enhancing the Relationship. Resources
for the Future 2009; Washington
6 Klages A. Starke Sportvereine – starke Kommunen:
Neue Perspektiven für die Stadtentwicklung. Stadt und
Raum 6 / 2012: 320–324.
7 Maller C, Townsend M, Pryor A, Brown P, St Leger L.
Healthy Nature Healthy People: Contact with Nature as an
Upstream Health Promotion Intervention for Populations.
Health Promotion International 2006; 21: 45–54.
8 McCurdy LE, Winterbottom KE, Mehta SS, Roberts JR
Using nature and outdoor activity to improve children‘s
health. Current Problems in Pediatric Adolescent Health
Care 2010; 40 (5): 102–117
9 Rittel K, Bredow L, Wanka ER, et al. Grün, natürlich, ge-
sund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume.
2014. Bundesamt für Naturschutz. BfN-Skripten 371
Pädiatrische Allergologie » 04 / 2014
Liebe Eltern, ein Peak-Flow-Meter erfüllt für das
Asthma so ähnliche Aufgaben wie ein
Thermometer für das Fieber. Mit beiden
Geräten kann man Vorgänge im Kör-
per messen, welche subjektiv oft nur
schwierig einzuschätzen sind. Das Fie-
berthermometer gibt Auskunft über die
Körpertemperatur, das Peak-Flow-Meter
über die Lungenfunktion.
Was bedeutet Peak-Flow?Peak-Flow bedeutet Spitzenfluss. Das
Peak-Flow-Meter ist ein einfaches,
tragbares Gerät, das die maximale
Geschwindigkeit bei
der Ausatmung messen
kann (s. Abb. 1). Daraus
können Rückschlüsse auf
die Weite der Atemwege
und die Lungenfunktion
gezogen werden. Mit
der Peak-Flow-Messung
lässt sich allerdings nur
die Weite der großen Atem-
wege (Luftröhre und größere
Bronchien) einschätzen. Die
Weite der kleinen Atemwege oder das
Lungenvolumen kann nur ein Arzt
mithilfe einer Lungenfunktionsunter-
suchung beurteilen (Spirometrie oder
Bodyplethysmografie). Der große Vorteil
der Peak-Flow-Messung ist jedoch, dass
sie praktisch zu jedem Zeitpunkt und an
jedem Ort durchgeführt werden kann.
Was kann ein Peak-Flow-Meter leisten? Ein Peak-Flow-Meter kann dabei helfen,
� eine Überempfindlichkeit der Bron-
chien zu diagnostizieren,
� festzustellen, wie schwer ein Asthma
ist,
� eine Verschlechterung der Lungen-
funktion rechtzeitig zu erkennen,
� durch eine frühzeitige Behandlung
einen schweren Asthma-Anfall zu
verhindern,
� den Erfolg der Behandlung bei einem
akuten Asthmaanfall zu überprüfen,
� den Behandlungsverlauf bei chroni-
schem Asthma zu kontrollieren.
Die Peak-Flow-Messung wird vor allem
bei Asthma bronchiale eingesetzt. Ab
dem Alter von 5–6 Jahren sind aussage-
kräftige Ergebnisse zu erwarten. Nach
Absprache mit dem Arzt wird der Peak-
Flow meist morgens und abends (vor
einer eventuellen Inhalation) und / oder
gezielt bei Atembeschwerden gemessen.
Das Peak-Flow-Protokoll sollten Sie bit-
te immer zum Arztbesuch mitnehmen.
Wie wird die Messung durchgeführt?Eine Peak-Flow-Messung wird folgen-
dermaßen durchgeführt (s. Abb. 4):
� Aufrecht stehen oder aufrecht sitzen.
� Zeiger auf Null schieben.
Wie verwende ich ein Peak-Flow-Meter korrekt?Peter J. Fischer, Praxis für Kinder- und Jugendmedizin, Schwäbisch Gmünd
Abbildung 2. Peak-Flow-Werte im grünen und gelben Bereich
Abbildung 2 a. Stabile Peak-Flow-Werte im grünen Bereich. Persönlicher Bestwert 200 l / min.
Abbildung 2 b. Peak-Flow-Abfall in den gelben Bereichen bei Infekt und Normalisierung nach Salbutamol-Inhalationen.
Abbildung 1. PARI Peak Flow Meter Kids.
Mit frdl. Genehmigung der Firma PARI GmbH.
0 50
100 150 200 250
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Tag
Peak-Flow-Abfall im gelben Bereich bei Infekt
Peak
-Flo
w(L
iter
/ Min
ute)
0 50
100 150 200 250
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Peak
-Flo
w(L
iter
/ Min
ute)
Tag
Stabile Peak-Flow-Werte im grünen Bereich
Elternratgeber 36 _ 37
Abbildung 4. Peak-Flow-Messung.
Mit frdl. Genehmigung der Firma PARI GmbH.
Praxis für Kinder- und Jugendmedizin
Allergologie Kinderpneumologie Umweltmedizin
Mühlbergle 11 | 73525 Schwäbisch Gmünd
Dr. med. Peter J. Fischer
Abbildung 3. Einsatz der Peak-Flow-Messung im Rahmen eines Asthma-Selbstbehandlungsplans
GRÜNE Zone „Alles okay”
Ihr Kind hat keine Asthmasymptome, keinen Husten, Ihr Kind kann allen sportlichen Betätigungen nachgehen, der Schlaf Ihres Kindes ist ungestört
und Peak-Flow 80–100% vom Bestwert
Medikamente weiter wie vom Arzt verordnet
Ihr Kind hat eventuell Husten, ist kurzatmig oder hat ein Engegefühl in der Brust, diese Symptome hindern Ihr Kind beim Sport oder beim Schlafen
und/oder Peak-Flow 60–80% vom Bestwert
Notfallplan
Ihr Kind hat dauernd Husten oder ist kurzatmig oder hat ein Engegefühl in der Brust, die Symptome hindern Ihr Kind am normalen Sprechen, bei leichter Anstrengung oder beim
Schlafen und/oder
Peak-Flow unter 60% vom Bestwert
Notfallplan
GELBE Zone „Achtung”
ROTE Zone „Notfall”
der unterscheiden (s. Abb. 2 a). Mess-
werte, die stark schwanken oder bei
körperlicher Belastung deutlich ab-
fallen, weisen auf eine bronchiale Über-
empfindlichkeit mit Verengung der
Atemwege hin.
Wie wird der Peak-Flow zur Therapie-steuerung eingesetzt?Die Peak-Flow-Messung kann in einem
Asthma-Selbstbehandlungsplan in die
Therapiesteuerung einbezogen werden.
Hier gilt:
� Gering schwankende Werte im „grü-
nen“ Bereich weisen auf eine gute
Therapie-Einstellung hin (s. Abb. 2 a).
� Der Abfall der Werte in den „gelben“
Bereich signalisiert die Notwendig-
keit, mit einem Bronchialerweiterer
(z. B. Salbutamol) zu inhalieren
(s. Abb. 2 b).
� Ein Abfall in den „roten“ Bereich
erfordert eine Intensivierung der
Akuttherapie und Rücksprache mit
dem Arzt (s. Abb. 3). Einen Notfall-
plan erhält Ihr Kind vom behandeln-
den Arzt.
� Auch bei einer Umstellung der
Asthma-Dauertherapie (Intensi-
vierung oder Verminderung) sind
Peak-Flow-Messungen hilfreich.
Wie wird das Peak-Flow-Meter gereinigt?Das Mundstück des Peak-Flow-Meters
sollte einmal pro Woche nach den An-
gaben des Herstellers gereinigt werden,
in der Regel mit Wasser und Geschirr-
spülmittel.
� Gerät waagerecht vor den Mund hal-
ten. Der Schlitz mit dem Zeiger und
die Öffnungen am Ende des Geräts
dürfen nicht abgedeckt werden.
� Zur Seite ausatmen, dann tief Luft
holen.
� Mundstück mit den Lippen und
Zähnen fest umschließen (liegt das
Mundstück vor den Lippen, sind
falsche Messwerte die Folge).
� Schnell und kräftig „wie ein Sturm“
in das Gerät hineinpusten, nicht
durch die Nase ausatmen.
� Messwert am Zeiger ablesen.
� Zeiger wieder auf Null schieben.
� Insgesamt 3-mal messen, den
besten Wert notieren und in das
Peak-Flow-Protokoll eintragen.
Das Peak-Flow-Meter ist nicht geeicht.
Eine Messung mit unterschiedlichen
Peak-Flow-Metern kann deshalb zu
etwas unterschiedlichen Messwerten
führen. Daher sollten Sie immer das-
selbe Peak-Flow-Meter benutzen.
Wie werden Peak-Flow-Werte beurteilt?Peak-Flow Normwerte aus Tabellen
sind für die einzelne Person wenig
aussagekräftig. Viel wichtiger ist der
persönliche Bestwert. Der persönliche
Bestwert ist der Wert, der bei stabiler
Lungensituation über 14 Tage hinweg
mehrfach als bester Wert ermittelt
wurde (s. Abb. 2 a).
Wenn die Messwerte nur gering schwan-
ken, zeigt dies eine stabile Lungenfunk-
tion an. Idealerweise sollten die Werte
sich nicht um mehr als 10 % voneinan-
Mit „Kinderallergologie in Klinik und Praxis“ geben die drei erfahrenen Aller-
gologen Hagen Ott, Matthias V. Kopp und Lars Lange dem allergologisch
tätigen Arzt ein kompaktes, hilfreiches Buch an die Hand. Den Anfang ma-
chen die Grundlagen der Allergologie: eine Übersicht der immunologischen
Pathomechanismen, gut verständliche Erläuterungen zu epi-/genetischen
Daten, Interpretation epidemiologischer Zahlen sowie die Darstellung der
wichtigen Allergene. Bekannte und erprobte präventive Maßnahmen fassen
die Autoren praxisorientiert vor allem im Hinblick auf das ärztliche Gespräch
mit Patienten und deren Familien zusammen.
Den Schwerpunkt des Handbuchs bilden Erläuterungen zu Klinik, Diagnose
und Therapie der allergischen Krankheitsbilder bei Kindern und Jugend-
lichen – allergische Rhinitis, Asthma bronchiale, allergische Hautkrank-
heiten, Nahrungsmittelallergie, Anaphylaxie, Arznei- und Insektengift-
allergien sowie exogen allergische Aspergillose, allergische broncho-
pulmonale Alveolitis und Mastozytose. Fotos der typischen Klinik, Grafiken
und Tabellen erleichtern die rasche Orientierung. Wichtige grundsätzliche
Diagnose- und Therapieverfahren stellen die Autoren in eigenen Kapiteln in
klar strukturierter Abfolge dar. Auch hier erlauben Bilder der Hauttests und
optisch hervorgehobene Indikationen, Kontraindikationen und Komplika-
tionen schnell zu finden, wonach man suchte. Für das Patienten- / Eltern-
gespräch über die vielen komplementären
diagnostischen und therapeutischen Verfah-
ren wird sicher das eigene Kapitel zu diesem
Thema auf Interesse treffen. Ein knappes
„Fazit für die Praxis“ ermöglicht jeweils
die rasche Rekapitulation des Gelesenen. Wer schnell eine Übersicht über
Eigenschaften und Dosierungen der gängigen anti-allergischen Wirkstoffe
braucht, wird in der Dosierungstabelle im Anhang fündig.
Gerne hätte man noch einen Abschnitt zu Immundefekten gelesen, die für
den Allergologen differenzialdiagnostisch wichtig sind. Das lässt sich ja in
einer 2. Auflage ergänzen, die bei diesem schönen Buch sicher kommen
wird. Es ist den Autoren mit diesem stringent verfassten Buch aber gelungen,
alle relevanten Aspekte der Allergologie klar verständlich darzustellen
und dies mit gut umzusetzenden Handlungsempfehlungen für die alltägliche
Praxis zu kombinieren.
BUCHREZENSION: OTT, KOPP, LANGE „KINDERALLERGOLOGIE IN KLINIK UND PRAXIS“, SPRINGER VERLAG 2014
Aus wissenschaftlich fundierter Praxis für die PraxisAlbrecht Bufe, Universitätsklinik Bergmannsheil, Bochum
TOPICAktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Allergieprävention
TOPIC25 Jahre Forschung zur Allergie mit Prävention – eine Erfolgsgeschichte?
PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIEAUSGABE 04 / 2014
IN KLINIK UND PRAXIS
UMWELTMEDIZINGrün, natürlich, gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume
ELTERNRATGEBERWie verwende ich ein Peak-Flow-Meterkorrekt?
Kinderallergologie in Klinik und Praxis, 2014, IX, 339 S. 105 Abb., 104 Abb. in Farbe.
Hardcover, 59,99 Euro, ISBN 8-3-642-36998-8
Hagen Ott, Matthias V. Kopp, Lars Lange
Diese Ausgabe der Pädiatrischen Allergologie wird ab Oktober 2014 zu-
nächst nur für Mitglieder der GPA zusätzlich als ePaper publiziert. Die Aus-
gaben 4 / 2014 und die im Januar erscheinende 1 / 2015 werden zusätzlich
noch gedruckt und per Post versandt werden. Sie erhalten als Mitglied die
Zugangsdaten zum ePaper bis spätestens Ende Oktober 2014. Ab Frühjahr
2015 wird unsere Zeitschrift nur noch als ePaper erscheinen.
Und so können Sie Zugang zum ePaper finden: Bis Ende Oktober 2014 er-
halten Sie über den von Frank Friedrichs herausgegebenen GPA-Newsletter
einen Link zu unserer Homepage: www.gpau.de.
Dort führen wir Sie für die Ausgabe 4 / 2014 in
einen noch offenen Bereich der Zeitschrift, aus
dem Sie die aktuelle Ausgabe des ePapers auf
Ihren Rechner herunterladen können. Das ePaper
wird ein pdf-file sein, den Sie aktiv blättern können
und in dem Sie Links zu anderen Web-Seiten,
Veranstaltungen, Organisationen und Institutionen
finden werden. Es wird grundsätzlich auch Links
zu Videos geben, um wichtige Dinge besser zu
veranschaulichen. Anzeigen werden in der
jetzigen und kommenden Ausgabe noch nicht
erscheinen. Erst ab Ausgabe 2 / 2015, wenn
nur noch das ePaper erstellt wird, werden wir
einen geschlossenen Bereich auf unserer Homepage
geschaffen haben, auf den nur noch Mitglieder und Abonnenten zugreifen
können. Das Erscheinen kündigen wir Ihnen dann auf mehreren Wegen an:
durch E-Mail, per Newsletter, auf der Homepage, per social media oder
mittels anderer Kommunikationsmittel. Wichtig an dieser Stelle also: Wer
als GPA-Mitglied noch keine E-Mail-Adresse bei unserer Geschäftsstelle
hinterlegt hat, möge dies nachholen, um möglichst schnell und einfach an
die Informationen zu gelangen. Teilen Sie uns daher bitte umgehend Ihre
E-Mail-Adresse mit, falls Sie den GPA-Newsletter, der viermal jährlich seit
fünf Jahren erschienen ist, in letzter Zeit nicht erhalten haben!
Wir freuen uns auf Ihr Interesse an unserer neuen Zeitschrift und hoffen,
Ihnen als Mitglieder damit nicht nur eine kostengünstige, sondern hoch-
aktuelle, schnelle, moderne und trotzdem fundierte Zeitschrift mit erheb-
lichem Nutzen für Ihre Tätigkeit zu bieten.
In eigener Sache ACHTUNG„Die Pädiatrische Allergologie“ ab sofort auch als ePaper.
In eigener Sache / Journal Club 38 _ 39
ForschungsansatzDie Autoren wollten zwei Fragestellun-
gen klären – die Assoziation von
wheezing (Asthmasymptomen) und
Atopie bei Kleinkindern zum einen mit
dem Vorkommen von Allergenen aus
Kakerlaken, Maus, Hausstaubmilben
und von Hund / Katze und zum ande-
ren mit bestimmten Bakterienspezies
im Hausstaub bei Kleinkindern. Als
Neugeborene bis zum Alter von 3 Jahren
wurden 560 Probanden aus Stadtteilen
in Baltimore, New York City, Boston
und St. Louis untersucht, in denen
mehr als 20 % der Bewohner unterhalb
der Armutsgrenze lebten. Eine aller-
gische Krankheit bei Vater und / oder
Mutter sowie die Geburt nach der 34.
Gestationswoche waren weitere Ein-
schlusskriterien. 44 % der Kinder waren
sensibel gegenüber mindestens einem
Aeroallergen, 30 % litten an wiederhol-
ten wheezing-Episoden, 9 % an einem
atopischen Ekzem und 12 % wiesen
einen positiven „Modified Asthma Pre-
diction Index“ auf.
ErgebnisseWie erwartet ergab sich eine deutliche
Korrelation zwischen der kumulativen
Exposition innerhalb der ersten 3 Le-
bensjahre gegenüber Allergenen aus
Kakerlake, Maus und Milben (Dermato-
phagoides farinae) (OR 1,47; 1,52 und
1,68) und allergischer Sensibilisierung;
diese wiederrum korrelierte positiv mit
wiederholtem wheezing im Alter von
drei Jahren. Entgegen der Hypothese der
Autoren allerdings ließ sich ein negati-
ver Zusammenhang zwischen wieder-
holtem wheezing und Allergenen aus
Kakerlake, Maus und Katze berechnen,
wenn nur die Exposition im ersten Le-
bensjahr berücksichtigt wurde (OR 0,6;
0,65 und 0,75, p≤0,01–0,005). Wie sich
aus einer „nested“ Fall-Kontroll-Stu-
die an 104 Kindern ergab, litten die
3-Jährigen ebenfalls deutlich seltener
an Atopie oder mit Atopie assoziiertem
wheezing, wenn sich im Hausstaub aus
Proben während des ersten Lebensjahres
hohe Konzentrationen verschiedener
Bakterienstämme, insbesondere Firmi-
cutes (z. B. Lactobazillen, Streptokokken
etc.) und Bacteriodetes (z. B. Actibacter,
Flavobacterium, etc.) nachweisen ließen
(OR 0,72 / 0,73; p = 0,01).
Anders berechnet waren die Kinder, die
als 3-Jährige weder eine Atopie noch
wiederholtes wheezing aufwiesen, am
ehesten in den ersten 12 Monaten sehr
hohen Allergenkonzentrationen und
ebenfalls hohen Bakterienwerten ausge-
setzt gewesen. Aus bestimmten Korrela-
tionen zwischen den Daten von Kaker-
lakenallergen und Bakterien ließ sich
auch ableiten, dass manche mikrobiellen
Bestandteile des Hausstaubs möglicher-
weise von Kakerlaken stammen.
SchlussfolgerungIn URECA seien erstmals Zusammen-
hänge zwischen allergischer Sensibi-
lisierung und sowohl Allergenen als
auch Bakterien in derselben Population
untersucht worden, betonen die Auto-
ren. Eine hohe Allergenexposition im
ersten Lebensjahr schützte hier eher vor
wheezing, eine hohe Bakterienkonzen-
tration eher vor Atopie. Grundsätzlich
wirke sich die städtische Umgebung
negativ auf Atopie / wheezing auf, so die
Autoren, aber dennoch gebe es gerade
im ersten Lebensjahr offenbar präventi-
ve Expositionsmuster. Möglicherweise
biete in einem grundsätzlich allergenen
Umfeld eine erhöhte Mikrobenexposi-
tion in den ersten 12 Monaten effekti-
veren Schutz als eine Bekämpfung von
Tierallergenen.
LYNCH ET AL. EARLY LIFE EXPOSURE AND ATOPY
Allergenexposition im ersten Lebensjahr auch bei Stadtkindern entscheidendSusanne Meinrenken, Bremen
Wie bekannt ist, entwickeln Kinder auf Bauernhöfen seltener eine Allergie, wenn sie früh im ersten Lebensjahr mit bestimmten
mikrobiellen Erregern in Kontakt kommen. Wie es hingegen in der Stadt diesbezüglich aussieht, untersuchten Susan Lynch und
Kollegen aus den USA anhand der „Urban Environment and Childhood Asthma“-Studie (URECA).
Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen
Kontakt
Originalstudie
Lynch, Susan Vet al. Effects of early-life exposure to allergens
and bacteria on recurrent wheeze and atopy in urban children.
J Allergy Clin Immunol 2014 (Epub ahead of print)
Europäische Akademie für Umweltmedizin10. – 12. Oktober 2014, Würzburg
Information: European Academy
for Environmental Medicine e. V.,
Trierer Str. 44, 54411 Hermeskeil,
www.europaem.de
Ausbildung zum Prüfarzt / Prüfarztassistenten Grundkurs, Refresherkurs GCP-Training inklusive MPG-Schulung für Prüfärzte30. Oktober / 01. November 2014,
Bretten bei Karlsruhe
17. / 18. April 2015, Bochum
Veranstalter: NETSTAP e. V.
Information: NETSTAP e. V.,
Frau Eike Stöckmann,
Parkallee 35, 23845 Borstel,
21. Jahrestagung derWestdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e.V. (WAPPA)07. und 08. November 2014, Bonn
Leitung: Dr. med. Lars Lange, Bonn
Information: DI-Text, Frank Digel,
Butjadinger Str. 19,
26969 Butjadingen-Ruhwarden,
[email protected], www.di-text.de
Kompaktkurs „Pädiatrische Pneumologie“ der AGPAS07. und 08. November, Stuttgart
Leitung: Dr. Armin Grübl, München,
Dr. Stefan Illing, Stuttgart
Information: Wurms & Partner PR GmbH,
Öschweg 12, 88079 Kressbronn,
32. Allergiesymposium der NorddeutschenArbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (nappa) 21. und 22. November 2014, Lübeck
Leitung: Prof. Dr. med. Matthias Kopp,
Lübeck
Information: DI-Text, Frank Digel,
Butjadinger Str. 19
26969 Butjadingen-Ruhwarden,
[email protected], www.di-text.de
35. Seminar Indikation undDurchführung der Hyposensibilisierung für Kinderärztinnen und Kinderärzte der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (WAPPA)28. und 29. November 2014, Köln
Leitung: Dr. med. Frank Friedrichs, Aachen,
Prof. Dr. med. Bodo Niggemann, Berlin
Information: DI-Text, Frank Digel,
Butjadinger Str. 19,
26969 Butjadingen-Ruhwarden,
[email protected], www.di-text.de
10. „Praktische Neurodermitis-Therapie im Kindesalter“16. bis 17. Januar 2015, Dresden
Leitung: Dr. med. Susanne Abraham,
Dresden, Dr. med. Katja Nemat, Dresden
Information: DI-Text, Frank Digel,
Butjadinger Str. 19,
26969 Butjadingen-Ruhwarden,
[email protected], www.di-text.de
3. Update-Tag der WestdeutschenArbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (WAPPA)31. Januar 2015, Düsseldorf
Leitung: Prof. Dr. med. Antje Schuster,
Düsseldorf
Information: DI-Text, Frank Digel,
Butjadinger Str. 19,
26969 Butjadingen-Ruhwarden,
[email protected], www.di-text.de
12. gemeinsame Jahrestagung derArbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V. (AGAS) und der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung e.V. (AGNES)20. und 21. Februar 2015, Fulda
Leitung: Dr. med. Ansgar Forderer, Fulda,
Dr. med. Thomas Spindler, Wangen / All-
gäu, PD Dr. med. Jens-Oliver Steiß,
Fulda
Information: DI-Text, Frank Digel,
Butjadinger Str. 19,
26969 Butjadingen-Ruhwarden,
[email protected], www.di-text.de
Weitere Termine unter www.gpau.de
NeurodermitisDie Ausgabe 01 / 2015 erscheint am 30. Dezember 2014
Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe
TERMINE
PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE
AUSGABE 04 / 2014