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»» I N T R O Licht an und Spot on! Als der Star-Wars-Held Luke Skywalker 1977 zum ersten Mal sein Lichtschwert auf der Leinwand schwang, war das sicherlich eine spektakuläre Science-Fiction-Vision. Die Erzeugung der komplizierten Spezialeffekte für die Leinwand wäre ohne optische Techno- logien nicht möglich gewesen. Dank des optischen Printers, der im vordigitalen Zeitalter dazu genutzt wurde, Effekte in vorhandenes Filmmaterial hineinzukopieren, wurden die frühen Star-Wars-Filme zu spektakulären Kinorennern. Seitdem hat sich die Technik rasant weiter entwickelt. Die meisten Effekte sind inzwischen computergeneriert, und ganz generell haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer mehr Geräte, die auf optischen Entwicklungen beruhen, den Markt der Unterhaltungselekt- ronik geradezu überschwemmt – von Fotoapparaten über Fernseher bis hin zu Blue- Ray-DVDs. Nicht ohne Grund gehört die deutsche Photonik- industrie zu den Branchen mit dem größten Wachstums- und Innovationspotenzial. Man darf gespannt sein, wann Ingeni- eurinnen und Ingenieure ein echtes Lichtschwert das Licht der Welt erblicken lassen. // Zukunftstechnologie, Querschnittstechnologie, Schlüsseltechnologie – diese Bezeichnungen fallen, wenn von Photonik die Rede ist – und das nicht ohne Grund: Für den Fortschritt in vielen Disziplinen wird die Photonik in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle spielen. Es sind vor allem vier Bereiche, die voraussichtlich besonders von den Entwicklungen auf dem Gebiet der optischen Technologien profitieren werden, wie eine Studie des Hightech- Industrieverbandes SPECTARIS feststellt. Einer davon nennt sich „Sicherheit und Mobilität“. Ein Beispiel dazu: Die Dortmunder Firma Elmos entwickelt optische Sensoren, die den Sonnenstand an der Windschutzscheibe eines Autos ablesen können. Die da- raus gewonnen Informationen können die Darstellung auf den im Innenraum eingebauten Dis- plays steuern und dafür sorgen, dass sie immer gut lesbar blei- ben. Denkbar sind auch Systeme zur Gesichtserkennung, die bei beginnendem Sekundenschlaf Alarm schlagen oder Sensoren, die Kollisionen mit Fahrzeugen im toten Winkel verhindern. Der zweite Bereich, für den optische Technologien von »» P O R T R Ä T Die Magie von Licht und Optik Dr. Renate Müller ist Physikerin und Ingenieurin. Das naturwissen- schaftliche Know-how hilft ihr, bei der Entwicklung von optischen Systemen für die Halbleiterindus- trie den Durchblick zu behalten und manche Erleuchtung zu be- kommen. »» weiter S. 3 + 4 »» P R O D U K T E Noch mehr lichte Momente Manche Entwicklung der Opto- elektronik klingt wie Science-Fic- tion. Da gibt es Vakuum-Lampen zur Fettverbrennung, Blut lässt sich per Lichtstrahl messen und Hochleistungs-Glasfaserkabel sind zehn Mal dünner als ein mensch- liches Haar. »» weiter S. 5 + 6 enormer Bedeutung sind, ist „Energie und Umwelt“. Schließ- lich war die Fotovoltaik einer der Vorreiter bei der Erforschung von Methoden zur alternativen Energiegewinnung. Aber auch wenn Solarzellen auf Hausdä- chern schon lange kein Staunen mehr hervorrufen, kämpfen die Entwickler nach wie vor damit, den Wirkungsgrad bei der Um- wandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom zu erhöhen. Bei durchschnittlich nicht mehr als 11 bis 17 Prozent gibt es noch viel Raum für Optimierungen. Eine Möglichkeit auf diesem Forschungsgebiet der „Green Photonics“ ist Optische Optimierung Vier Wissenschaftsbereiche für eine große Zukunft in Sachen Licht: Optische Sensoren, Energiegewinnung und -einsparung, Datenübertragung sowie Medizin und Gesundheit »» P H O T O N I K »» weiter S. 2 © Carl Zeiss AG kompakt © Rebecca Brooks, Fotolia · Foto oben: Rumkugel, Fotolia · Foto ganz oben: Image Source Jeden Monat neue Infos aus der Welt der Ingenieure Jeden Monat neue Infos aus der Welt der Ingenieure © Photocase Thema: Optische Technologien Ausgabe 11 | 2010 Ausgabe 11 | 2010

Ausgabe 11 | 2010 kompakt - think ING. · Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung über thermomechanische Eigenschaf-ten von polymeren Hohlkapseln promoviert,

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Thema: Optische Technologien

Thema: Textiltechnik

»» I N T R OLicht an und Spot on! Als der Star-Wars-Held Luke Skywalker 1977 zum ersten Mal sein Lichtschwert auf der Leinwand schwang, war das sicherlich eine spektakuläre Science-Fiction-Vision. Die Erzeugung der komplizierten Spezialeffekte für die Leinwand wäre ohne optische Techno- logien nicht möglich gewesen. Dank des optischen Printers, der im vordigitalen Zeitalter dazu genutzt wurde, Effekte in vorhandenes Filmmaterial hineinzukopieren, wurden die frühen Star-Wars-Filme zu spektakulären Kinorennern.

Seitdem hat sich die Technik rasant weiter entwickelt. Die meisten Effekte sind inzwischen computergeneriert, und ganz generell haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer mehr Geräte, die auf optischen Entwicklungen beruhen, den Markt der Unterhaltungselekt-ronik geradezu überschwemmt – von Fotoapparaten über Fernseher bis hin zu Blue-Ray-DVDs. Nicht ohne Grund gehört die deutsche Photonik-industrie zu den Branchen mit dem größten Wachstums- und Innovationspotenzial. Man darf gespannt sein, wann Ingeni-eurinnen und Ingenieure ein echtes Lichtschwert das Licht der Welt erblicken lassen. //

Zukunftstechnologie, Querschnittstechnologie, Schlüsseltechnologie – diese Bezeichnungen fallen, wenn von Photonik die Rede ist – und das nicht ohne Grund: Für den Fortschritt in vielen Disziplinen wird die Photonik in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle spielen.

Es sind vor allem vier Bereiche, die voraussichtlich besonders von den Entwicklungen auf dem Gebiet der optischen Technologien profitieren werden, wie eine Studie des Hightech-Industrieverbandes SPECTARIS feststellt. Einer davon nennt sich

„Sicherheit und Mobilität“. Ein Beispiel dazu: Die Dortmunder Firma Elmos entwickelt optische Sensoren, die den Sonnenstand an der Windschutzscheibe eines Autos ablesen können. Die da-raus gewonnen Informationen können die Darstellung auf den im Innenraum eingebauten Dis-plays steuern und dafür sorgen, dass sie immer gut lesbar blei-ben. Denkbar sind auch Systeme zur Gesichtserkennung, die bei beginnendem Sekundenschlaf Alarm schlagen oder Sensoren, die Kollisionen mit Fahrzeugen im toten Winkel verhindern. Der zweite Bereich, für den optische Technologien von

»» P O R T R Ä TDie Magie von Licht und Optik Dr. Renate Müller ist Physikerin und Ingenieurin. Das naturwissen-schaftliche Know-how hilft ihr, bei der Entwicklung von optischen Systemen für die Halbleiterindus- trie den Durchblick zu behalten und manche Erleuchtung zu be-kommen. »» weiter S. 3 + 4

»» P R O D U K T ENoch mehr lichte Momente Manche Entwicklung der Opto-elektronik klingt wie Science-Fic-tion. Da gibt es Vakuum-Lampen zur Fettverbrennung, Blut lässt sich per Lichtstrahl messen und Hochleistungs-Glasfaserkabel sind zehn Mal dünner als ein mensch-liches Haar. »» weiter S. 5 + 6

enormer Bedeutung sind, ist „Energie und Umwelt“. Schließ-lich war die Fotovoltaik einer der Vorreiter bei der Erforschung von Methoden zur alternativen Energiegewinnung. Aber auch wenn Solarzellen auf Hausdä-chern schon lange kein Staunen mehr hervorrufen, kämpfen die Entwickler nach wie vor damit, den Wirkungsgrad bei der Um-wandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom zu erhöhen. Bei durchschnittlich nicht mehr als 11 bis 17 Prozent gibt es noch viel Raum für Optimierungen. Eine Möglichkeit auf diesem Forschungsgebiet der „Green Photonics“ ist

Optische Optimierung Vier Wissenschaftsbereiche für eine große Zukunft in Sachen Licht: Optische Sensoren, Energiegewinnung und -einsparung, Datenübertragung sowie Medizin und Gesundheit

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Thema: Optische Technologien

Ausgabe 11 | 2010Ausgabe 11 | 2010

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»» Fortsetzung von S. 1: Optische Optimierung

Links zum Studium

Seitens der Industrie wird betont, dass Ingenieurinnen und Ingenieure, die im Bereich der optischen Technologien arbeiten wollen, nicht unbe-dingt ein spezielles Studium absolvieren müssen. Auch die klassischen Fachrichtungen wie Maschinenbau und Elektro-technik bieten entsprechende Vertiefungsangebote. Selbst-verständlich gibt es aber auch Studiengänge mit Namen wie

„Photonik“ oder „Optical Engi-neering“. Hier sind einige davon:

Optoelektronik/Lasertechnik an der Hochschule Aalen:http://www.htw-aalen.de/studium/o/Laser- und Optotechnologien an der FH Jena:http://www.fh-jena.de/lot/Photonik an der Hochschule Emden/Leer:http://www.technik-emden.de/studium/n/photonik.phpMikrosystemtechnik und Optische Technologien an der FH Brandenburg:http://fh-brandenburg.de/studienangebote.3.html?&no_cache=1&user_campus-manager_pi11[showUid]=31&cHash=ab92c85a54Optronik an der TU Ilmenau:http://www.studieren.de/studienprofil.0.optronik-bsc-technische-universitaet-ilmenau.221.413.htmlOptik und Lasertechnik auf dem RheinAhrCampus Re-magen der FH Koblenz: http://www.rheinahrcampus.de/Bachelor-Optik-und-Lasertechni.1200.0.htmlOptische Technologien an der Leibniz-Universität Hannover (Masterstudiengang):http://www.uni-hannover.de/de/studium/studien-fuehrer/optische-tech/Photonik an der FH Mün-chen (Masterstudiengang):http://www.fb06.fh-muen-chen.de/fb/studiengaenge/photonik/index.php

Weitere Studiengänge finden sich in der IngenieurStudien-gangSuche von THINK ING. unter: www.search-ing.de

länge von nur 13,5 Nanometern hat. Damit können Strukturen von weniger als 45 Nanometern Breite hergestellt und die Zahl der Transistoren, die auf einem Chip Platz haben, vervielfacht werden. Die Geschwindigkeit der Chips dürfte sich innerhalb der nächsten 15 Jahre da-durch fast verhundertfachen.

„Gesundheit und Ernäh-rung“ ist der vierte spannende Bereich. Hier hilft die Photonik

schon in vielfältiger Form, um die Medizin in Zukunft noch stärker zu unterstützen – etwa bei der Diagnose von Krankheiten. Die Endoskopie zum Beispiel liefert Bilder aus dem Inneren des Körpers, die Aufschluss über Tumore geben können. Je kleiner die Endoskope, die in den Körper eingeführt werden müssen, sind, desto schonender ist ihr Einsatz für die Patienten. Dazu ist es notwendig, die

die Konstruktion sogenannter Lichtfallen, die Lichtquanten in die Solarzelle hinein-, aber nicht wieder herauslassen.Auch bei der Energieeinsparung kann die Photonik helfen. Erste Straßenlaternen basieren bereits auf LED-Technik. Würde die komplette Stadtbeleuchtung in Deutschland auf LED-Laternen umgestellt, könnte der jährliche Stromverbrauch von über drei Milliarden Kilowatt auf fast die Hälfte reduziert werden.

Der dritte Entwicklungs-bereich heißt „Information und Kommunikation“. Hier soll die Datenübertragung noch rasanter werden. Die Europäische Union will den Ausbau von Glasfa-sernetzen in den nächsten Jahren massiv vorantreiben mit dem Ziel, dass im Jahr 2020 alle EU-Bürger auf Verbindungen von 30 Megabit (das entspricht 3,75 Megabyte) pro Sekunde Zugriff haben und die Hälfte sogar mit 100 Megabit unterwegs ist. Aber nicht nur die Verbindungen zwischen den Computern, sondern auch die Computer selbst werden stark von optischen Technologien profitieren: Die Extreme-Ultra-Violet-Lithographie (EUVL) ist ein Verfahren, das die Leistungs-fähigkeit von Mikrochips weiter steigern kann. Es basiert auf der Belichtung mit äußerst kurzwel-liger Strahlung, die eine Wellen-

eingebauten Kameras so weit wie möglich zu miniaturisie-ren und dabei gleichzeitig die Bildqualität zu verbessern. Die Visionen gehen soweit, dass bei „sehenden Nadelspitzen“ das integrierte optische System auf einen Durchmesser von drei Millimetern schrumpft. Bereits heute angewandt wird die Photodynamische Therapie (PDT), eine Form der Krebstherapie unter Verwen-

dung von Licht. Hierbei wird zunächst eine Substanz, der sogenannte Photosensibilisator, im Tumorgewebe angerei-chert, danach erfolgt die Bestrahlung mit Laserlicht einer bestimmten Wellen-länge, das den Sensibilisa-tor zur Bildung eines Stof-fes anregt, der als Zellgift wirkt und die Krebszellen zerstört. Im Vergleich zu ei-nem chirurgischen Eingriff wird kein gesundes Ge-

webe in der Tumorumgebung entfernt, und außerdem erfolgt die Bestrahlung mit „normalem“ Licht; sie ist also nicht radioaktiv und belastet den Patienten entsprechend gering.

Man merkt schon, plant man sein Studium mit Licht und Op-tik, dann steht man garantiert nicht auf der Schattenseite. Optische Technologien sind ein echter Lichtblick für eine erfolg-reiche Ingenieurkarriere. //

Mit Riesenlasern lassen sich Bedingungen erzeugen, wie sie noch nicht mal im Zentrum der Sonne herr-schen: bis zu 100 Millionen Grad Celsius

Objektive – diese Hightech- und Präszionsprodukte der Optischen Technologien kennt jeder aus dem Alltag

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sogenannte Chucks, die in der Halbleiterindustrie zur Chip-herstellung benötigt werden.

Der vorurteilsbeladene Lehrer guckt also in die Röhre und Renate Müller steht im Licht – im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie ist mittendrin in der Hightech-Branche der Optoelek-tronik und Optomechanik. Nicht bei irgendeinem Unternehmen, sondern bei Berliner Glas, einem führenden europäischen Anbie-ter für optische Schlüsselkompo-nenten, Baugruppen und Syste-me sowie hochwertig veredelte technische Gläser. In diesem – oft auch als Schlüsseltechno-logie der Zukunft bezeichnetem Industriezweig – kombiniert sich das Know-how der Ingenieur-Fachrichtungen Optik, Mechanik

Karriere zwischen Chips und Chucks

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Kurz nach dem Abitur hat sich die 31-jährige Renate Müller auf die vielleicht wichtigste Wette ihres Lebens eingelassen. Einer ihrer Gymnasiallehrer war davon überzeugt, dass die junge Frau es niemals schaffen würde, ein anspruchsvolles Physik-Studium an der Universität durchzuziehen. Heute ist klar: Der Lehrer wurde eines Besseren belehrt. Winner is Renate Müller! Sie hat nicht nur an der Universität Bayreuth mit Bravour Physik studiert und am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung über thermomechanische Eigenschaf-ten von polymeren Hohlkapseln promoviert, sondern sie arbeitet seit 2008 bei Berliner Glas in der Bundeshauptstadt als System-ingenieurin und entwickelt

Dr. Renate Müller forscht und entwickelt bei der Berliner Glas Gruppe an optischen Technologien für die Halbleiterindustrie

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und Elektronik zu innovativen optischen Systemlösungen, die weltweit in der gesamten lichtnutzenden Industrie zum Einsatz kommen. Da ist alles dabei, was Rang und Namen hat – von der Medizin und Biotechnologie über die Halb-leiterindustrie, Messtechnik und Analytik, Raumfahrt und Militär bis hin zu Elek-

tro-nik-konzer-nen, die Displays für Fernseh-geräte oder Navigationssys-teme herstellen.

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Hier gibt’s keine Staubkörnchen in der Umgebungsluft – Reinraumfertigung bei Berliner Glas

Das Fachvokabular, dass Renate Müller in ihrer täglichen Arbeit umschwirrt, ist schon ziemlich speziell: Prismen, Strahl-teiler, asphärische und zylind-rische Optiken, Lithographie, Clampkraft, Dünnschicht-technik,

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Spektralbereiche und hologra-fische Gitter. „Da kann ein Phy-sikstudium nicht schaden, um sofort zu wissen, was sich hinter all dem verbirgt“, sagt sie, und fügt noch hinzu: „Aber mein Kernarbeitsgebiet liegt in der Entwicklung von Chucks, die in der Halbleiterindustrie zur Chip-herstellung benötigt werden. Das versteht doch jeder, oder?“

Von wegen, mit Chucks sind nämlich nicht die hippen, viel-farbigen US-Basketballschuhe aus Leinen gemeint und Chips sind in diesem Fall auch nicht das allseits bekannte, fettige Knabberzeugs. Hier geht ’s um Hightech. Ohne Chucks keine Chips. Niemand weiß das besser als Renate Müller, denn sie ist maßgeblich beteiligt an der Entwicklung

von elektrostatischen oder Vakuum-Chucks für dieverschiedenen Bearbeitungs-schritte bei der Herstellung von Computer-Chips. „Chuck

heißt auf gut deutsch

ganz banal Spannvor-

richtung. Und

darin be-

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steht auch die Leistung der Chucking-Systeme. Sie können sogenannte Wafer, also jene runden Plattenrohlinge aus Silizium, die die Grundlage zur Fertigung von Chips sind, beidseitig halten – fach-sprachlich nennt man das Clampen“, erklärt sie. „Darüber hinaus lässt sich in Chucks nicht nur eine Wasserküh-lung oder eine elektrische Beheizung integrieren, sie sind auch echte Nanotechnik-Komponenten – extrem eben und aus Materialien mit null Ausdehnung, hoher Verschleißfestigkeit sowie speziellen Mikrostrukturen.“

Dieser Job ist für Renate Müller also ein echter persön-licher Lichtblick. So kann sie ihr Interesse an Forschung

perfekt mit konkret an-wendbarer Technik verbin-den. Denn Optoelektronik und Optomechanik sind Querschnittstechnologien, die aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.„Licht und die Arbeit mit Licht als Werkzeug findet sich in der Medizintechnik, in den Kommunikationstechnolo-gien, der Industrie und in vielen Situationen, die uns gar nicht bewusst sind. Wenn beispielsweise die Speicher-kapazität von Computerchips immer größer wird, dann hat das auch immer etwas

mit dem Einsatz von optischen Technologien

zu tun – und meine Chucks tragen ihren

Teil dazu bei“, freut sich Renate Müller.

Dieser sogenannte Chuck steckt voller Nanotechnologie und Präzision. In der Halbleiterherstellung ist er unerlässlich – als Halter bei der Herstellung von Wafern, also jenen runden Plattenrohlingen aus Silizium, die zur Fertigung von Mikrochips benötigt werden

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Glas und Optik gehören zusammen

Dr. Renate Müller (31) hat Physik studiert, promo-viert und arbeitet nun als Systemingenieurin bei der Berliner Glas Gruppe, die in verschiedenen Unterneh-mensbereichen mit rund 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit mehr als 100 Jahren optische Lösun-gen entwickelt und fertigt.

Was hat Sie an der Physik schon immer fasziniert? Die genaue Beobachtung von Naturphänomen, das Abstra-hieren dieser Beobachtung und die anschließende Verall-gemeinerung innerhalb einer Gesetzmäßigkeit. Das erfordert viel Neugierde und Kreativität.

Welche im Studium er-worbenen Physikkenntnisse benötigen Sie heute noch in Ihrem Job bei Berliner Glas? Selbständiges und abstrak-tes Denken, Belastbarkeit, die methodische Vorgehenswei-se, das Fachwissen und die Fähigkeit neues Wissen zügig aufzunehmen. Im Nachhin-ein hätte ich mir im Studium aber auch das Trainieren einiger Soft Skills gewünscht.

Haben Sie mal ein paar Beispiele der alltäglichen Nutzung von optome-chanischen Bauteilen? Optomechanik ist aus Optik und Mechanik zusammenge-setzt. Ein ganz einfaches Beispiel für ein optomechanisches System ist ein Objektiv. Bei Berliner Glas werden zahlreiche

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optomechanische Systeme hergestellt: zum Beispiel Endo-skopkameras für den Einsatz in der Chirurgie oder eine Den-talkamera, mit der Zahnersatz durch 3D-Aufnahmen von Zähnen präziser und deutlich schneller erstellt werden kann.

Und wie sieht bei Ihnen ein typischer Arbeitstag aus? Sehr abwechslungsreich. Mor-gens eine Tasse Tee, dann E-Mails checken, in der Fertigung den Fortschritt der Bauteile kontrollieren und – falls nötig – Absprachen mit den Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern treffen. Die Nachmittage verbringe ich eher am Schreibtisch mit Kundentelefonaten und beim Erstellen von Präsentationen.

Welchen Rat geben Sie jungen Menschen, die ihre Karriere auch im Bereich Optoelektronik starten wollen? Eine gute Idee! Die Branche hat Zukunft und bietet viele interessante Möglichkeiten.

Welche Arten von Inge-nieurinnen, Ingenieuren, Wissenschaftlern und Wis-senschaftlerinnen sind bei Berliner Glas beschäftigt? Mit welchen Abschlüssen hat man die besten Chancen? In der Entwicklung arbeiten Physikerinnen und Physiker, Ma-terialwissenschaftlerinnen und Materialwissenschaftler sowie Ingenieurinnen und Ingenieure aus den Bereichen Optik und Optotechnologie, Feinwerktech-nik oder Maschinenbau. Die meisten Entwicklungsingeni-eurinnen und -ingenieure bei uns haben ein Diplom, einen Master oder eine Promotion.

Ohne Sonne gibt’s kein Licht und ohne Studium keine Kar-riere – Sehen Sie das ähnlich? Nicht unbedingt. So wie’s auch nachts Licht gibt, hängt die Karriere von vielen Fakto-ren ab. Einmal ist es die Wahl des Studienfaches, zum an-deren braucht man auch die entsprechende Persönlichkeit und einen festen Willen. //

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Das Gerät Haemospect der MBR Optical Systems GmbH aus Wuppertal kann über einen Lichtsensor die Hämoglobinwerte im Blut bestimmen – ganz ohne Einstich. Dabei wird Licht ins Gewebe gesendet, das von verschiedenen Blutbestand-teilen unterschiedlich stark reflektiert wird.

Aber nicht nur für Blut, sondern auch für andere Flüssigkeiten gibt es optische Messgeräte. Mit einem soge-nannten Refraktometer des Hamburger Unternehmens A. Krüss Optronic lässt sich zum Beispiel der Zuckergehalt (der Fachmann spricht vom Oechsle-Grad) und damit die Qualität eines Weins bestimmen. Auch der Salzgehalt des Meeres kann hiermit überprüft werden. Das Grundprinzip beruht auf dem Effekt, dass bestimmte Moleküle einfallendes Licht in einem bestimmten Winkel brechen – und das kann man messen.

Unvorstellbar, die Datenmen-ge, die im Jahr 2009 im Internet gespeichert war, entspricht in etwa zwei gut ausgestatteten iPods pro Erdenbürger. Und es geht gigantisch weiter. Laut Prognosen verdoppelt sich dieses Web-Datenvolumen alle zwei Jahre. Eine ständige Erhöhung von Rechner- und

Speicherkapazitäten ist also dringend notwendig. Da kann die Photonikindustrie helfen. Sie liefert innovative

Methoden zur Chipherstellung. Dank Extreme-Ultra-Violet-Lithografie (EUVL) werden die Computerchips der Zu-kunft etwa 100 Mal schneller und deren Speicherkapazität etwa 1000 Mal größer sein als heute. Besonders kurze Wellenlängen erlauben es, noch feinere Strukturen auf die

Chips einzuschreiben. Dadurch bleibt man auch im Einklang mit dem Mooreschen Gesetz. Jenes sagt nämlich voraus, dass

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Photonenmanagement und Vakuum-Lampen zur FettverbrennungManche optischen Anwendungen klingen wie Zukunftsmusik, sind aber längst auf dem Sprung in unseren technischen Alltag

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»» K U R Z - I N T E R V I E W» 10 Antworten in 10 Sätzen

Diplom-Ingenieurin Anett Jahn (31) ist Technologin bei der Jenoptik Optical Systems GmbH

und ist im Bereich Mikroop ik tätig. Studiert hat Jahn Maschinenbau mit der Fachrichtung Konstrukti-onstechnik an der TU-Ilmenau. Ein Arbeitstag beginnt mit …einem Blick auf den Terminkalender, Mails, dem Gang durch die Fertigung und Besprechungen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.Im Bereich Optoelektronik muss man …sehr gut organisieren können, um die steigende Anzahl von Serien- produkten und die zahlreichen Neuentwicklungen zeitgleich bewältigen zu können.Aufregen könnte ich mich …darüber, dass die Stellung der Frauen in vielen technischen Bereichen noch nicht der der Männer angeglichen ist.Die deutsche Optotronik-Industrie ist …eine Schlüsselindustrie, die die verschiedensten Branchen wie Halbleiter- und Fotovoltaikindustrie, Medizintechnik oder Automotive- und Maschinenbauindustrie bedient.International sieht man sie als …anerkannten Technologiepartner. Elektronische Daten und Licht sind …Medien der Zukunft und Grundla-ge für nachhaltige, effiziente Technologien der Zukunft in verschiedenen Industriezweigen.Entspannung finde ich …in erster Linie bei meiner Familie, denn in meiner knappen Freizeit spiele ich Klavier und unternehme Mountainbike-Touren mit mei-nem Mann und meinem Sohn.Meine Welt ist voller Licht, …wenn ich die leuchtenden Augen und das Lachen meines Sohnes Armin (2 1/2 Jahre) sehe.Wenn ich nicht Ingenieurin geworden wäre, … tja, was dann? Ich hatte keinen anderen Berufswunsch, da ich schon als Kind sehr technikinter-essiert war. Das Beste an meinem Job ist, …die vielseitige und verantwor-tungsvolle Tätigkeit, bei der ich den ganzen Tag in Bewegung bin und nicht stundenlang nur vor dem Rechner sitzen muss. //

Mit Lithografieobjektiven werden neue, noch leistungsfähigere Generationen von Mikrochips hergestellt

Mikrochips müssen immer mehr Daten speichern und immer schneller rechnen können – ganz nebenbei sind sie ein hochqualitatives Hightech-Massenprodukt

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Optische Technologien sor-gen für regelmäßige Weltre-korde in der Informations- und Kommunikationstechnologie. Wissenschaftler schicken heute bereits 32 Terabit pro Sekunde durch Glasfaserkabel, die nur ein Zehntel eines menschlichen Haares dick sind. Das ist nicht nur verdammt mini, sondern auch eine große Leistung, denn die Datenmenge entspricht rund einer Million MP3-Musik- dateien.

Schon mal was von „Photo-nenmanagement“ gehört? Damit ist eine neue Methode gemeint, um Solarzellen und deren Energieausbeute noch effizienter zu machen. Ziel ist, eine möglichst hohe Zahl von Photonen in die nur ein tausendstel Millimeter starke, aktive Schicht einer Solarzel-le zu leiten. Dazu nutzt man die Technologie des Light Trapping, zu deutsch: „Licht fangen“. Schon die nächste Generation der Solarzellen soll über diese mehrschichtigen Photonenfallen verfügen und die Lichtquanten zwar in die Solarzelle hineinlassen, ihnen aber den Weg nach außen versperren. Dabei hilft auch

eine Innovation der Material-forschung, nämlich Schwarzes

Silizium. Jenes hat eine nano-strukturierte Oberfläche und kann einen deutlich höheren Anteil an Lichtenergie einfan-gen als gewöhnliches Silizium. Zusätzlich lenken sogenannte Plasmonen das einfallende Licht auf der Oberfläche seit-lich ab, so dass die Photonen in der Zelle verbleiben. //

sich die Transistoren pro Chip alle zwei Jahre verdoppeln.

Jetzt wird es „heiß und fettig“: Die Firma Heraeus Noblelight aus Hanau produ-ziert Vakuum-UV-Lampen, deren extrem kurzwelliges ultraviolettes Licht Fette zer-setzen kann, so dass nur leicht abwaschbare weiße Asche zurückbleibt. Das ist vor allem für Großküchen interessant, denn die Fettablagerungen, die sich dort bilden, riechen nicht nur schlecht, sondern sie sind auch leicht brennbar.

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Licht-Deutsch und Opto-Latein

» Laser: Stammt aus dem Englischen und heißt „Light Amplifica-tion by Stimulated Emission of Radiation“. Diese wichtige optische Technologie ist eine Form der Erzeugung von Strahlen, bei der Licht stark gebündelt und gerichtet wird.» LED: Diese englische Abkürzung steht für „Light Emitting Diode“. Gemeint sind Leuchtdioden. Moderne Ausführungen wer-den aufgrund ihrer positiven Eigenschaften Glühbirnen und Halogenleuchten langfristig verdrängen. Denn sie verbrau-chen bei gleicher Lichtaus-beute weniger Energie, geben weniger Wärme ab und haben eine lange Lebensdauer.» Lithografie: Ursprünglich – im 19. Jahr-hundert – eine Drucktechnik für farbige Drucksachen. In der Halbleitertechnik wird der Begriff für Reproduktionsver-fahren verwendet, bei denen durch Belichtung Muster auf Materialien aufgebracht werden, also zum Beispiel integrierte Schaltkreise auf Mikrochips.» Optoelektronik: Der Begriff entstand aus der Kombination von Optik und Halbleiterelektronik und bezeichnet alle Produkte und Verfahren, die elektronisch er-zeugte Daten in Lichtemissionen umwandeln – und umgekehrt. Dazu gehört ebenfalls die Um-wandlung von elektrischer Ener-gie in Licht beziehungsweise die Wandlung von Licht in Energie.» Optomechanik:Die Kombination der Worte Optik und Mechanik bezeichnet Produkte und Verfahren, bei denen optische und feinmecha-nische Komponenten gemein-sam verwendet und durch elektronische Bauteile ergänzt werden. Gute Beispiele dafür sind Linsen, Bildsensoren, Objek-tive und sogar Computermäuse.» Photonik:Oberbegriff für Grundlagen und Anwendungen von optischen Technologien wie Optoelektronik und Optomechanik.

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ImpressumHerausgeber:

GESAMTMETALL

Gesamtverband der Arbeitgeberverbände

der Metall- und Elektro-Industrie e. V.

Voßstraße 16 · 10117 Berlin

Objektleitung: Wolfgang Gollub (verantw.)

Druck: color-offset-wälter GmbH & Co. KG,

Dortmund

Ein Mikroskop für industrielle Inspektionsaufgaben in der Metallografie, der Qualitäts-sicherung oder der Fertigung

Vakuumkammer eines EUV-Beleuchtungssystems für künftige Lithografiesysteme zur Halb- leiterproduktion