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2. Eingereicht werden ko ¨nnen in deutscher Sprache ver- fasste unvero ¨ffentlichte Arbeiten und solche, deren Vero ¨ffentlichung nach dem 1. Juli 2009 erfolgt ist. Bei Dissertationen / Diplomarbeiten gilt der gleiche Termin fu ¨ r deren Approbation. 3. Die Arbeit muss bis spa ¨ testens 30. Juni 2010 bei der Walter Haslinger Privatstiftung, 4020 Linz, Rosegger- straße 58, im verschlossenen Umschlag einlangen. Der eingereichten Arbeit ist ein kurzer Lebenslauf der Verfasserin / des Verfassers beizulegen; etwaige aka- demische Zeugnisse, die fu ¨ r die Arbeit erteilt wurden, sind bekannt zu geben. Sollte die Arbeit bereits bei anderen Institutionen, welche Preise stiften, einge- reicht oder pra ¨miert worden sein, ist dies im Bewer- bungsschreiben mitzuteilen. 4. U ¨ ber die Zuerkennung des Preises entscheidet der Stiftungsvorstand auf Vorschlag des Kuratoriums. Der Preis kann unter mehreren AutorInnen geteilt werden. Mangels preiswu ¨ rdiger Arbeiten kann die Vergabe ausgesetzt werden. Die Entscheidung der Stiftungsorgane ist endgu ¨ ltig und unterliegt keinerlei Anfechtung, insbesondere auch nicht vor Gericht. # Springer-Verlag 2010 292 2010, Heft 5 Mai Rechtsprechung Ordentliche Gerichte Zivilsachen Ausnahmsweise Durchsetzung des Zugangsrechts erwachsener Kinder zu Elternteil gegenu ¨ ber Drit- ten DOI 10.1007/s00503-010-1896-y §§ 16, 137 Abs 2, §§ 354, 521 ABGB; Art 8 MRK: Das auf engen verwandtschaftlichen Beziehungen be- ruhende Eltern-Kind-Verha ¨ ltnis begru ¨ ndet ein von der Rechtsordnung anerkanntes lebenslanges Rechtsverha ¨ lt- nis, in dessen Schutzbereich auch das durch § 16 ABGB, Art 8 EMRK geschu ¨ tzte Streben nach gegenseitigem per- so ¨nlichen Kontakt und Zugang fa ¨ llt. Das Zugangsrecht eines erwachsenen Kindes zu einem Elternteil ist zwar auch von Dritten zu respektieren, kann aber nur in Ausnahmefa ¨ llen Dritten gegenu ¨ ber ge- richtlich erzwungen werden. Die Ausu ¨ bung dieses Zugangsrechts setzt voraus, dass der Elternteil den gewu ¨ nschten Besuchskontakt des Kin- des nicht ablehnt und dass das Recht (entsprechend dem Grundsatz des gelindesten Mittels) auf eine Weise ausge- u ¨ bt wird, dass dabei Rechtsgu ¨ ter Dritter – wie etwa das Hausrecht oder das Recht auf ein ungesto ¨ rtes Familienle- ben – mo ¨ glichst unberu ¨ hrt bleiben. Die Dienstbarkeit des Wohnungsrechts (§ 521 ABGB) umfasst zwar auch das Recht, fremden Personen das Be- treten der Liegenschaft als Besucher zu gestatten. Dieses Recht begru ¨ ndet aber kein gegenu ¨ ber dem Liegen- schaftseigentu ¨ mer durchsetzbares subjektives Zutritts- recht eines Dritten als potenzieller Besucher, sondern muss im Streitfall vom Wohnungsberechtigten klagewei- se durchgesetzt werden. OGH 16. 12. 2009, 4 Ob 186/09w (LG Linz 6. 8. 2009, 16 R 99/09f; BG Ur- fahr-Umgebung, 5. 2. 2009, 3 C 873/08h) Die Kl und die mit dem Zweitbekl verheiratete Erst- bekl sind Schwestern. Ihre Mutter hat den Bekl mit U ¨ bergabevertrag vom 18. 3. 1993 eine Liegenschaft je zur Ha ¨ lfte u ¨ bergeben; zugleich ließ sie sich ein grundbu ¨- cherlich sichergestelltes Wohnungsrecht an der von ihr bewohnten Wohnung im Erdgeschoß des auf der u ¨ berge- benen Liegenschaft errichteten Hauses einra ¨ umen. Die Mutter sitzt nach einem erlittenen Schlaganfall im Roll- stuhl und ist pflegebedu ¨ rftig; fu ¨ r sie wurde ein – wegen eines bestehenden Familienkonflikts familienfremder – Sachwalter bestellt. Die Kl begehrt, die Bekl schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, durch sich selbst oder ihre Kinder die Kl in der Ausu ¨ bung des Besuchsrechts bei ihrer Mutter in deren na ¨her bezeichneter Wohnung zu behindern oder zu sto ¨ren oder die Kl dabei des Hauses zu verweisen. Das Wohnungsrecht ihrer Mutter umfasse auch das Recht, die u ¨ blichen Besuche – insb von nahen Familien- angeho ¨ rigen ohne Einschra ¨ nkungen zu empfangen. Die Kl sei „drittberechtigte Person‘‘ aus dem Wohnungs- recht ihrer Mutter. Diese sei u ¨ ber die Besuche der Kl „augenscheinlich erfreut‘‘ und kommuniziere mit ihr. Die Bekl ha ¨ tten die Kl wiederholt aus Anlass ihrer Besu- che bei der Mutter des Hauses verwiesen; sie verhinder- ten nunmehr regelma ¨ ßig und systematisch Besuche der Kl bei ihrer Mutter, welche infolge ihres gesundheitli- chen Zustands nicht in der Lage sei, das ihr zustehende Recht, Besuche zu empfangen, durchzusetzen. Die Kl be- gehre die Gestattung des Besuchsrechts zu den u ¨ blichen Tageszeiten im Zeitraum von 8 Uhr bis 18 Uhr. Die Bekl beantragten die Abweisung des Klagebegeh- rens. Die Kl sei nicht aktiv klagelegitimiert. Das Recht, Besuche zu empfangen, stehe der Wohnungsberechtigten aufgrund der Dienstbarkeit zu. Dieses Recht der Mutter der Kl werde, soweit sie es beanspruche und wu ¨ nsche, auch nicht eingeschra ¨nkt. Tatsa ¨ chlich wu ¨ nsche die Mut- ter der Kl – wie sie ausdru ¨ cklich gegenu ¨ber den Bekl er- kla ¨rt habe – keinen Besuch ihrer Tochter, weil es laufend von der Kl inszenierte Streitigkeiten gebe. Vom Angebot der Bekl an die Kl, die Mutter einmal wo ¨ chentlich fu ¨r zwei Stunden abzuholen, habe die Kl nie Gebrauch ge- macht. Die Kl habe sich gegenu ¨ ber den Bekl und deren Kinder derart verhalten, dass die Bekl berechtigt seien, Besuche der Kl in der Wohnung ihrer Mutter zu unter- binden. Das ErstG wies das Klagebegehren ab. Das BerG besta ¨ tigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 5.000,–, nicht jedoch 30.000,– u ¨ bersteige und die ordentliche Revision mangels ho ¨ chstgerichtlicher Rsp zur Frage, ob ein Dritter Rechte aus einem Wohnungsrecht geltend ma- chen ko ¨ nne, zula ¨ ssig sei. Die Revision ist aus dem vom BerG genannten Grund zula ¨ ssig; das Rechtsmittel ist im Sinne seines Aufhe- bungsantrags berechtigt. 1.1. Die Kl verweist auf die Ansicht von Spielbu ¨ chler (in Rummel 3 §§ 365, 366 Rz 4), wonach Personen, die Rechte aus einem Vertragsverha ¨ ltnis anderer Personen fu ¨ r sich ableiten ko ¨nnten, berechtigt seien, diese Rechte auch gerichtlich geltend zu machen; so seien etwa Fruchtnießer oder Ausgedinger, Pa ¨chter oder Hausbesor- ger, aber auch jeder Dritte, den der Berechtigte nach dem Inhalt des Rechtsverha ¨ ltnisses erma ¨ chtigt habe, etwa ein Besucher, legitimiert, Einwendungen aus dem Grundver- trag geltend zu machen. Dieser Lehrmeinung folgend ha- be die ho ¨ chstgerichtliche Rsp laufend in ausdehnender Aus den Vereinen / Anku ¨ ndigungen – Rechtsprechung

Ausnahmsweise Durchsetzung des Zugangsrechts erwachsener Kinder zu Elternteil gegenüber Dritten

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2. Eingereicht werden koÈnnen in deutscher Sprache ver-fasste unveroÈffentlichte Arbeiten und solche, derenVeroÈffentlichung nach dem 1. Juli 2009 erfolgt ist.Bei Dissertationen / Diplomarbeiten gilt der gleicheTermin fuÈ r deren Approbation.

3. Die Arbeit muss bis spaÈ testens 30. Juni 2010 bei derWalter Haslinger Privatstiftung, 4020 Linz, Rosegger-straûe 58, im verschlossenen Umschlag einlangen. Dereingereichten Arbeit ist ein kurzer Lebenslauf derVerfasserin / des Verfassers beizulegen; etwaige aka-demische Zeugnisse, die fuÈ r die Arbeit erteilt wurden,

sind bekannt zu geben. Sollte die Arbeit bereits beianderen Institutionen, welche Preise stiften, einge-reicht oder praÈmiert worden sein, ist dies im Bewer-bungsschreiben mitzuteilen.

4. UÈ ber die Zuerkennung des Preises entscheidet derStiftungsvorstand auf Vorschlag des Kuratoriums.Der Preis kann unter mehreren AutorInnen geteiltwerden. Mangels preiswuÈ rdiger Arbeiten kann dieVergabe ausgesetzt werden. Die Entscheidung derStiftungsorgane ist endguÈ ltig und unterliegt keinerleiAnfechtung, insbesondere auch nicht vor Gericht.

# Springer-Verlag 2010

2922010, Heft 5

Mai

Rechtsprechung

Ordentliche Gerichte

Zivilsachen

Ausnahmsweise Durchsetzung des Zugangsrechtserwachsener Kinder zu Elternteil gegenuÈ ber Drit-ten

DOI 10.1007/s00503-010-1896-y

§§ 16, 137 Abs 2, §§ 354, 521 ABGB; Art 8 MRK:Das auf engen verwandtschaftlichen Beziehungen be-

ruhende Eltern-Kind-VerhaÈ ltnis begruÈndet ein von derRechtsordnung anerkanntes lebenslanges RechtsverhaÈ lt-nis, in dessen Schutzbereich auch das durch § 16 ABGB,Art 8 EMRK geschuÈ tzte Streben nach gegenseitigem per-soÈnlichen Kontakt und Zugang faÈ llt.

Das Zugangsrecht eines erwachsenen Kindes zu einemElternteil ist zwar auch von Dritten zu respektieren,kann aber nur in AusnahmefaÈ llen Dritten gegenuÈ ber ge-richtlich erzwungen werden.

Die AusuÈ bung dieses Zugangsrechts setzt voraus, dassder Elternteil den gewuÈ nschten Besuchskontakt des Kin-des nicht ablehnt und dass das Recht (entsprechend demGrundsatz des gelindesten Mittels) auf eine Weise ausge-uÈ bt wird, dass dabei RechtsguÈ ter Dritter ± wie etwa dasHausrecht oder das Recht auf ein ungestoÈrtes Familienle-ben ± moÈglichst unberuÈ hrt bleiben.

Die Dienstbarkeit des Wohnungsrechts (§ 521 ABGB)umfasst zwar auch das Recht, fremden Personen das Be-treten der Liegenschaft als Besucher zu gestatten. DiesesRecht begruÈ ndet aber kein gegenuÈ ber dem Liegen-schaftseigentuÈmer durchsetzbares subjektives Zutritts-recht eines Dritten als potenzieller Besucher, sondernmuss im Streitfall vom Wohnungsberechtigten klagewei-se durchgesetzt werden.

OGH 16. 12. 2009, 4 Ob 186/09w (LG Linz 6. 8. 2009, 16 R 99/09f; BG Ur-fahr-Umgebung, 5. 2. 2009, 3 C 873/08h)

Die Kl und die mit dem Zweitbekl verheiratete Erst-bekl sind Schwestern. Ihre Mutter hat den Bekl mitUÈ bergabevertrag vom 18. 3. 1993 eine Liegenschaft jezur HaÈlfte uÈ bergeben; zugleich lieû sie sich ein grundbuÈ -cherlich sichergestelltes Wohnungsrecht an der von ihrbewohnten Wohnung im Erdgeschoû des auf der uÈ berge-benen Liegenschaft errichteten Hauses einraÈumen. DieMutter sitzt nach einem erlittenen Schlaganfall im Roll-stuhl und ist pflegebeduÈ rftig; fuÈ r sie wurde ein ± wegeneines bestehenden Familienkonflikts familienfremder ±Sachwalter bestellt.

Die Kl begehrt, die Bekl schuldig zu erkennen, es zuunterlassen, durch sich selbst oder ihre Kinder die Klin der AusuÈ bung des Besuchsrechts bei ihrer Mutter in

deren naÈher bezeichneter Wohnung zu behindern oderzu stoÈren oder die Kl dabei des Hauses zu verweisen.Das Wohnungsrecht ihrer Mutter umfasse auch dasRecht, die uÈ blichen Besuche ± insb von nahen Familien-angehoÈrigen ± ohne EinschraÈnkungen zu empfangen.Die Kl sei ¹drittberechtigte Person`̀ aus dem Wohnungs-recht ihrer Mutter. Diese sei uÈ ber die Besuche der Kl¹augenscheinlich erfreut`̀ und kommuniziere mit ihr.Die Bekl haÈ tten die Kl wiederholt aus Anlass ihrer Besu-che bei der Mutter des Hauses verwiesen; sie verhinder-ten nunmehr regelmaÈûig und systematisch Besuche derKl bei ihrer Mutter, welche infolge ihres gesundheitli-chen Zustands nicht in der Lage sei, das ihr zustehendeRecht, Besuche zu empfangen, durchzusetzen. Die Kl be-gehre die Gestattung des Besuchsrechts zu den uÈ blichenTageszeiten im Zeitraum von 8 Uhr bis 18 Uhr.

Die Bekl beantragten die Abweisung des Klagebegeh-rens. Die Kl sei nicht aktiv klagelegitimiert. Das Recht,Besuche zu empfangen, stehe der Wohnungsberechtigtenaufgrund der Dienstbarkeit zu. Dieses Recht der Mutterder Kl werde, soweit sie es beanspruche und wuÈ nsche,auch nicht eingeschraÈnkt. TatsaÈchlich wuÈ nsche die Mut-ter der Kl ± wie sie ausdruÈ cklich gegenuÈ ber den Bekl er-klaÈrt habe ± keinen Besuch ihrer Tochter, weil es laufendvon der Kl inszenierte Streitigkeiten gebe. Vom Angebotder Bekl an die Kl, die Mutter einmal woÈchentlich fuÈ rzwei Stunden abzuholen, habe die Kl nie Gebrauch ge-macht. Die Kl habe sich gegenuÈ ber den Bekl und derenKinder derart verhalten, dass die Bekl berechtigt seien,Besuche der Kl in der Wohnung ihrer Mutter zu unter-binden.

Das ErstG wies das Klagebegehren ab.

Das BerG bestaÈtigte dieses Urteil und sprach aus, dassder Wert des Entscheidungsgegenstands zwar ³ 5.000,±,nicht jedoch ³ 30.000,± uÈ bersteige und die ordentlicheRevision mangels hoÈchstgerichtlicher Rsp zur Frage, obein Dritter Rechte aus einem Wohnungsrecht geltend ma-chen koÈnne, zulaÈssig sei.

Die Revision ist aus dem vom BerG genannten GrundzulaÈssig; das Rechtsmittel ist im Sinne seines Aufhe-bungsantrags berechtigt.

1.1. Die Kl verweist auf die Ansicht von SpielbuÈ chler(in Rummel3 §§ 365, 366 Rz 4), wonach Personen, dieRechte aus einem VertragsverhaÈ ltnis anderer PersonenfuÈ r sich ableiten koÈnnten, berechtigt seien, diese Rechteauch gerichtlich geltend zu machen; so seien etwaFruchtnieûer oder Ausgedinger, PaÈchter oder Hausbesor-ger, aber auch jeder Dritte, den der Berechtigte nach demInhalt des RechtsverhaÈ ltnisses ermaÈchtigt habe, etwa einBesucher, legitimiert, Einwendungen aus dem Grundver-trag geltend zu machen. Dieser Lehrmeinung folgend ha-be die hoÈchstgerichtliche Rsp laufend in ausdehnender

Aus den Vereinen / AnkuÈ ndigungen ± Rechtsprechung

Tendenz dem reinen Sachinhaber aus bloû schuldrechtli-chen AnspruÈ chen die Berechtigung eingeraÈumt, diesbe-zuÈ gliche AnspruÈ che geltend zu machen. So bestehe etwafuÈ r Mieter die Berechtigung, UnterlassungsanspruÈ chegegen StoÈrer im direkten Wege geltend zu machen, undnicht nur die MoÈglichkeit, den Vermieter zu belangen,eine StoÈrung des Mietrechts abzustellen. In gleicher Wei-se koÈnne ein Dritter dem RaÈumungsanspruch des Haus-eigentuÈ mers den Umstand entgegenhalten, dass er seineBefugnis zur BenuÈ tzung vom Recht des Vertragspartnersdes HauseigentuÈ mers ableite, soweit nur dieses Recht desVertragspartners aufrecht bestehe. Daraus sei abzuleiten,dass Rechte aus einem Vertrag (hier: dem Wohnungs-recht) nicht nur von den Vertragsparteien, sondern auchvon Dritten geltend gemacht werden koÈnnten, deren Be-rechtigung in diesem Vertrag begruÈ ndet sei.

1.2. Die von der Kl angefuÈ hrte Kommentarstelle trifftden Sachverhalt nicht. Zwar gewaÈhrt die Rsp Sachinha-bern kraft bloû schuldrechtlichen Anspruchs uÈ ber § 372ABGB AnspruÈ che auch gegen Dritte (SpielbuÈ chler, aaO§ 372 Rz 5 mwN). Dieser Anspruch aus besserem Besitz(actio Publiciana) mit dem gleichen Ziel der strengen Ei-gentumsklage steht ± weil ihre Stellung jener eines ding-lich Berechtigten angenaÈhert ist ± auch solchen Sachin-habern zu, die sich als Rechtsbesitzer nur auf obligatori-sche Rechte stuÈ tzen koÈnnen, nicht jedoch jedem sonsti-gen Berechtigten (Eccher in KBB2 § 372 Rz 3; vgl RIS-Justiz RS0106815). Da die Kl keine Sachbesitz an derzu betretenden Wohnung innehabende RechtsbesitzeriniSd angefuÈ hrten Rsp ist, kann sie ihren Unterlassungsan-spruch nicht auf § 372 ABGB stuÈ tzen.

1.3. Zutreffend haben die Vorinstanzen auch daraufhingewiesen, dass die Dienstbarkeit des Wohnungsrechts(§ 521 ABGB) zwar auch das Recht umfasst, fremden Per-sonen das Betreten der Liegenschaft als Besucher zu ge-statten (8 Ob 259/68 = JBl 1969, 276); dieses Recht stehtdem Wohnungsberechtigten zu und muss von diesem imStreitfall klageweise durchgesetzt werden. Die Dienst-barkeit des Wohnungsrechts begruÈ ndet aber kein gegen-uÈ ber dem LiegenschaftseigentuÈ mer durchsetzbares sub-jektives Zutrittsrecht eines Dritten als potenzieller Besu-cher des Wohnungsberechtigten.

2.1. Die Kl hat sich zur BegruÈ ndung ihres Unterlas-sungsbegehrens nicht nur auf das Wohnungsrecht ihrerMutter, sondern auch auf ihre familienrechtliche Stel-lung als leibliche Tochter berufen. In der Revision machtsie geltend, die Auffassung der Vorinstanzen schlieûe siefuÈ r alle Zeiten vom Besuch der eigenen Mutter aus undgebe es den Bekl in die Hand, allein uÈ ber den Zugangund die persoÈnlichen Kontakte zu ihrer Mutter zu ent-scheiden.

2.2. § 16 ABGB wird von Lehre und Rsp in seiner Be-deutung als Zentralnorm der oÈsterr Rechtsordnung aner-kannt, die in ihrem Kernbereich die MenschenwuÈ rdeschuÈ tzt. Diese Bestimmung ist die Grundlage fuÈ r die An-erkennung einer Anzahl von subjektiven Rechten, welchedem Menschen als Person zustehen und die von Drittenzu respektieren sind (Aicher in Rummel3 § 16 Rz 3; Poschin Schwimann, ABGB3 § 16 Rz 3 je mwN; RIS-JustizRS0008993).

2.3. Grundfreiheiten und Menschenrechte richten sichprimaÈr an den Staat, waÈhrend sie im Privatrecht ihreVerwirklichung im Allgemeinen in Form der mittelbarenDrittwirkung finden. Soweit das nicht durch besondereeinfachgesetzliche Normen geschieht, transportiert § 16ABGB die verfassungsmaÈûig garantierten Grundrechtein das Privatrecht. Sie dienen damit nicht nur der Absi-cherung von fundamentalen Freiheiten und Rechten derBuÈ rger gegenuÈ ber der Staatsmacht, sondern haben dar-uÈ ber hinaus auch Auswirkungen auf das VerhaÈ ltnis derBuÈ rger untereinander, indem die durch sie verkoÈrperten

Wertungen bei der Auslegung und LuÈ ckenfuÈ llung privat-rechtlicher Beziehungen zu beruÈ cksichtigen sind (RIS-Justiz RS0008993 [T7]). Zu diesen Grundrechten zaÈhltauch der Schutz des Privat- und Familienlebens gemArt 8 EMRK (RIS-Justiz RS0008993 [T8]).

2.4. Art 8 EMRK gewaÈhrleistet das Recht auf Achtungdes Familienlebens. Familie im Sinne dieser Bestimmungumfasst nach der Rsp des EGMR auch die Beziehung vonErwachsenen zu ihren Eltern (Grabenwarter, EuropaÈ i-sche Menschenrechtskonvention4 206 in FN 91; Wiederinin Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte Band VII/1, 196). Der Staat ist danach verpflichtet, das Familienle-ben auch im VerhaÈ ltnis zwischen Privaten untereinanderzu schuÈ tzen und einen die wechselseitigen Interessen re-gelnden Rechtsrahmen sowie einen effektiven Durchset-zungsmechanismus bereitzustellen. Dazu gehoÈrt auchdie UnterstuÈ tzung von Familienmitgliedern, die ihrRecht auf Zugang zueinander gegen Dritte oder gegenweitere FamilienangehoÈrige durchsetzen wollen (Wiede-rin, aaO 201 f mN zur Rsp des EGMR).

2.5. § 148 Abs 1 erster Satz ABGB idF KindRAÈ G 2001,BGBl 2000/135, sieht ausdruÈ cklich ein Recht des minder-jaÈhrigen Kindes auf persoÈnlichen Verkehr mit dem nichtim gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteil vor. DasRecht des nicht obsorgeberechtigten Elternteils, mitdem Kind persoÈnlich zu verkehren, ist ein Grundrechtder Eltern-Kind-Beziehung und daher ein unter demSchutz des Art 8 EMRK stehendes, allgemein anzuerken-nendes Menschenrecht (8 Ob 42/02p).

2.6. Gem § 137 Abs 2 erster Halbsatz ABGB haben El-tern und Kinder einander beizustehen. Diese wechselsei-tige Beistandspflicht erlischt nicht mit der VolljaÈhrigkeitdes Kindes, sondern gilt auch fuÈ r das eigenberechtigteKind (Hopf in KBB2 § 137 Rz 3; RIS-Justiz RS0009634).Sind Eltern und Kinder einander lebenslang Beistandschuldig, begruÈ ndet dies zweifellos ± unabhaÈngig vonden Rechtswirkungen der Norm (vgl dazu Stefula, Zuden allgemeinen familiaÈren Beistandspflichten, OÈ JZ2005, 609 ff; 6 Ob 29/09x [= JBl 2010, 113. Red.]) ± fuÈ rdie Beteiligten ein rechtlich anerkanntes Kontaktver-haÈ ltnis.

2.7. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das aufengen verwandtschaftlichen Beziehungen beruhende El-tern-Kind-VerhaÈ ltnis ein von der Rechtsordnung aner-kanntes lebenslanges RechtsverhaÈ ltnis begruÈ ndet, indessen Schutzbereich auch das durch § 16 ABGB, Art 8EMRK geschuÈ tzte Streben nach gegenseitigem persoÈnli-chen Kontakt und Zugang faÈ llt.

3.1. Der Schutzbereich von PersoÈnlichkeitsrechten istnur durch eine umfassende GuÈ ter- und InteressenabwaÈ-gung zu gewinnen, bei welcher dem Interesse am gefaÈhr-deten Gut stets auch die Interessen der Handelnden unddie der Allgemeinheit gegenuÈ bergestellt werden muÈ ssen(Aicher, aaO Rz 27; RIS-Justiz RS0008990; 9 ObA109/06d = SZ 2006/191 [= JBl 2007, 738. Red.]). Dies gilt auchfuÈ r das aus dem Eltern-Kind-VerhaÈ ltnis entspringendeRecht auf gegenseitigen persoÈnlichen Kontakt und Zu-gang.

3.2. Die AusuÈ bung dieses Zugangsrechts setzt voraus,dass der Elternteil den gewuÈ nschten Besuchskontaktdes Kindes nicht ablehnt und dass das Recht (entspre-chend dem Grundsatz des gelindesten Mittels) auf eineWeise ausgeuÈ bt wird, dass dabei RechtsguÈ ter Dritter ±wie etwa das Hausrecht oder das Recht auf ein ungestoÈr-tes Familienleben ± moÈglichst unberuÈ hrt bleiben. Solltedies ausnahmsweise nicht moÈglich sein (etwa weil derBesuchsempfaÈnger bettlaÈgrig ist oder ihm ± bei Gebrech-lichkeit ± keine Begleitperson zur VerfuÈ gung steht, wes-halb er die Wohnung zur persoÈnlichen Kontaktaufnahmenicht allein verlassen kann), wird im Rahmen der gebote-nen InteressenabwaÈgung auch zu beruÈ cksichtigen sein,

# Springer-Verlag 2010

2010, Heft 5Mai 293Rechtsprechung

dass ein Zugang im Fall unzumutbarer BeeintraÈchtigungvon Rechten Dritter zu unterbleiben hat.

4.1. Wer zu einem bestimmten Verhalten (hier: wechsel-seitigem Beistand zwischen Eltern und Kind) verpflich-tet ist, darf auf der anderen Seite nicht an der ErfuÈ llungdieser Pflichten grundlos gehindert werden, sondernmuss auch gegen StoÈrungen von auûen geschuÈ tzt werden(vgl Coester in Staudinger [2007] § 1618a Rz 58 f; Ent-scheidungsanmerkung von Leûmann in JZ 1989, 40). Fa-miliaÈre Rechtsbeziehungen entfalten ihre Wirkung zwarin erster Linie unter den AngehoÈrigen und haben somitrelativen Charakter. Dennoch muÈ ssen sie in gewissemUmfang auch von Dritten respektiert werden, die nichtwillkuÈ rlich in diese Rechtsbeziehung eingreifen duÈ rfen.Insofern sind manche Familienrechte zugleich als abso-lute Rechte ausgestaltet (Koziol/Welser I13 441; Schwindin Klang2 I/1, 759 f; Stefula, aaO 623).

4.2. Aus dem Charakter der PersoÈnlichkeitsrechte alsabsolute Rechte, die mit Enthaltungspflichten gegenuÈ berjedermann bewehrt sind (Aicher, aaO Rz 9 mwN), ge-waÈhrt die Rsp (verschuldensunabhaÈngige) Unterlas-sungsanspruÈ che im Fall von Eingriffs- oder Wiederho-lungsgefahr bei PersoÈnlichkeitsverletzungen auch dort,wo die Rechtsordnung keine ausdruÈ cklich normiertenTatbestaÈnde vorsieht (Aicher, aaO Rz 35; Koch in KBB2

§ 16 Rz 9, Posch aaO, je mwN).4.3. Zusammenfassend gilt demnach, dass das Zu-

gangsrecht eines erwachsenen Kindes zu einem Elternteilzwar auch von Dritten zu respektieren ist, aber nur inAusnahmefaÈ llen Dritten gegenuÈ ber gerichtlich erzwun-gen werden kann.

5.1. Ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansichtreichen die Feststellungen der Tatsacheninstanzen nichtaus, die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens ab-schlieûend beurteilen zu koÈnnen. Der Stoffsammlungs-mangel fuÈ hrt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.Die Rechtssache ist deshalb an das ErstG zuruÈ ckzuver-weisen, das nach VerfahrensergaÈnzung neuerlich uÈ berdas Klagebegehren zu entscheiden haben wird.

5.2. Im fortgesetzten Verfahren wird mit den Parteienzu eroÈrtern sein, ob im Anlassfall die zuvor erlaÈutertenVoraussetzungen eines gegenuÈ ber Dritten gerichtlichdurchsetzbaren Zugangsrechts vorliegen. Unter der Vor-aussetzung, dass die Mutter den Besuchskontakt nichtablehnt, wird festzustellen sein, ob es der Mutter der Klaufgrund ihrer persoÈnlichen VerhaÈ ltnisse moÈglich undzumutbar ist, den persoÈnlichen Kontakt zur Kl auûer-halb der Liegenschaft der Bekl zu pflegen. Sollte diesnicht der Fall sein, wird zuletzt im Rahmen einer Interes-senabwaÈgung zu pruÈ fen sein, ob durch eine AusuÈ bungdes Kontakt- und Zugangsrechts auf der Liegenschaftder Bekl solche berechtigte Interessen der Liegenschafts-eigentuÈ mer (wie etwa der Schutz des Hausrechts und desungestoÈrten Familienlebens) verletzt werden, die gegen-uÈ ber dem verfolgten Recht der Kl uÈ berwiegen.

Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten in-folge Betreuung eines nach der Scheidung gebore-nen Kindes

DOI 10.1007/s00503-010-1895-z

§§ 66, 73 f EheG:Bei der Beurteilung, ob und in welchem Ausmaû dem

unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten eine Er-werbstaÈ tigkeit zumutbar ist, ist auch die Betreuung einesnach der Scheidung geborenen, nicht vom Unterhalts-schuldner abstammenden Kindes zu beruÈ cksichtigen.

Die Geburt eines Kindes nach der Scheidung ist wederals Fall einer selbst verschuldeten BeduÈ rftigkeit (§ 73

EheG) noch als schwere Verfehlung gegen den unter-haltspflichtigen geschiedenen Ehegatten (§ 74 EheG) zuqualifizieren. FuÈ r eine ¹nacheheliche Schadensminde-rungspflicht`` des UnterhaltsglaÈubigers gibt es keine ge-setzliche Grundlage.

OGH 25. 11. 2009, 3 Ob 134/09s (LG Salzburg 22. 10. 2008, 21 R 281/08g; BGSt. Johann im Pongau 25. 3. 2008, 4 C 7/04m)

Der 1959 geborene Kl und die 1960 geborene Beklschlossen am 28. Dezember 1982 vor dem StandesamtLodz in Polen die Ehe. Dieser entstammen die KinderDavid, geboren am 19. 3. 1984, und Maria, geboren am27. 3. 1986.

Bei der ersten Streitverhandlung uÈber die von der nun-mehrigen Bekl eingebrachte Ehescheidungsklage am30. 9. 1993 schlossen die Streitteile eine Scheidungsver-einbarung, wodurch die Ehe noch am selben Tag gem§ 55a EheG einvernehmlich geschieden werden konnte.Punkt 4. des Scheidungsvergleichs lautet:

¹Der Ehemann verpflichtet sich, an die Ehefrau ab1. 10. 1993 bis auf weiteres einen monatlichen Unter-haltsbeitrag in der HoÈhe von S 8.487 bei Exekution zubezahlen.

Die bis zum Eintritt der Wirksamkeit dieser Vereinba-rung faÈ llig gewordenen BetraÈge sind binnen 14 Tagen, dieweiteren faÈ llig werdenden BetraÈge am Ersten eines jedenMonats im Vorhinein zu bezahlen.

Vergleichsgrundlage:Einkommen des Ehemannes S 29.100 netto 14-mal

jaÈhrlich; weitere Sorgepflichten fuÈ r obgenannte Minder-jaÈhrige.

Danach verzichtet der Ehemann auf Unterhalt auchfuÈ r den Fall geaÈnderter VerhaÈ ltnisse, geaÈnderter Rechts-lage oder unverschuldeter Not.

Bei einer wesentlichen VeraÈnderung der VerhaÈ ltnisseerfolgt eine Anpassung nach den GrundsaÈ tzen der §§ 68bis 69 Abs 3 EheG ± der §§ 66, 67 EheG (ausgehendvon der Annahme, der Unterhaltspflichtige sei alleinoder uÈberwiegend schuldig) ± §§ 69 Abs 2 EheG, 94ABGB.`̀

Der Kl verpflichtete sich weiters zur Zahlung vonmonatlichen UnterhaltsbetraÈgen an die Kinder von jeoÈS 4.753,±.

Vor Einbringung der Scheidungsklage fuÈ hrten dieStreitteile VergleichsgespraÈche, bei denen auch der Klanwaltlich vertreten war. Als Bedingung fuÈ r seine Zu-stimmung zur einvernehmlichen Scheidung fuÈ hrte derKl an, die Unterhaltszahlungen fuÈ r die Gattin muÈ sstennach einem Zeitraum von vier Jahren ab Oktober 1992enden, in diesem Zeitraum betrage der monatliche Un-terhalt fuÈ r die Bekl und die beiden Kinder insgesamtoÈS 20.000,± und nach Ablauf dieser Zeit verzichte dieBekl selbst auf jegliche Unterhaltsleistung, waÈhrend dieUnterhaltszahlungen fuÈ r die beiden Kinder aufgrundder dann gegebenen VerhaÈ ltnisse neu festgesetzt bzw ver-einbart wuÈ rden.

Der Kl wollte mit dem Scheidungsvergleich eine lang-fristige Auseinandersetzung vermeiden und sicherstel-len, dass die aus der Ehe entstammenden Kinder finan-ziell versorgt seien. Er wollte jedoch nicht die Bekl finan-ziell bedenken, weil er aufgrund ihrer immer wieder aus-geuÈ bten ErwerbstaÈ tigkeiten davon ausging, dass sie fuÈ rsich selber sorgen koÈnne, wenngleich sie aus einem Gale-riebetrieb Schulden von oÈS 120.000,± angehaÈuft hatte.Diese Intentionen des Kl wurden nicht in den Schei-dungsvergleich aufgenommen. Da von der Verhandlungs-richterin im Zusammenhang mit dem Wunsch des Kl,eine Befristung durch seine Unterhaltszahlungen in denVergleich aufzunehmen, darauf hingewiesen wurde, dassdie ¹clausula rebus sic stantibus`̀ gelte, ging der Kl da-von aus, dass die Bekl arbeiten gehe, wenn die Kinder

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2010, Heft 5Mai294 Rechtsprechung