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62 kfz-betrieb 29-30/2018 Im Lexus-Forum Osnabrück können die Servicekunden die Direktan- nahme bequem von der Lounge aus verfolgen. Der Lexus-Serviceberater führt die Direktannahme in der Werkstatt mit einer Augmented-Reality-Brille durch. Bild: Lexus Bild: Lexus E ine Direktannahme vor dem Ka- min im bequemen Sessel und mit dem Lieblingsgetränk in der Hand statt in der Werkstatt unter sei- nem dreckigen Fahrzeug – diesen Kun- denservice bietet seit wenigen Tagen das Lexus-Forum Osnabrück an, das zu Auto Weller gehört. Und so geht’s: Die Servicekunden werden von der Serviceassistentin in Empfang genom- men und in die Wartelounge begleitet, wo sie ein Tablet erhalten. Dann wird die Verbindung zum Serviceberater hergestellt, der in der Werkstatt mithil- fe einer Industrie-Datenbrille die Di- rektannahme durchführt. Der Service- kunde kann den gesamten Prozess in Echtzeit aus der Sicht des Servicebera- ters verfolgen. Übertragen werden aus der Werkstatt dabei nicht nur Bilder, sondern auch der Ton. Der Servicebe- rater kann so seine Arbeitsschritte er- klären, und der Kunde kann Fragen stellen. Das Osnabrücker Lexus-Forum ist das erste Autohaus, in dem Toyota Deutschland die neue Technik des Softwarelieferanten Essert testet. Dabei ist die virtuelle Direktannahme quasi nur ein Nebenprodukt: Denn eigent- lich will Toyota die Datenbrillen in den Autohäusern primär aus einem ande- ren Grund einsetzen: Die hoch spezi- alisierten Techniker des Importeurs sollen die Mechatroniker in den Werk- stätten bei komplizierten Fällen virtu- ell durch die Reparatur leiten. Denn genau das macht den besonderen Reiz der rund . Euro teuren Datenbril- len Realwear HMT aus, die das Soft- wareunternehmen einsetzt: Die Me- chatroniker haben zwei freie Hände, mit einem Auge können sie normal sehen, über das zweite projiziert die Augmented-Reality-Brille die Repara- turanweisung. Bis Ende läuft das Pilotprojekt noch in ausgewählten Betrieben, ist der flächendeckende Rollout ge- plant. Die Toyota-Händler sollen die Datenbrille dann sowohl für den tech- nischen Support als auch für die Direktannahme nutzen können. Andreas Stege, Geschäftsführer des Lexus-Forums Osnabrück, ist von der neuen Technik begeistert und plant, sie auch in seinem angrenzenden Toyota- Betrieb einzusetzen: „Wir stehen zwar noch ganz am Beginn, aber nach an- fänglichen Übertragungsproblemen Dirk Demsky, Serviceleiter beim Ford-Autohaus Ortgies, dreht wöchentlich zwischen 20 und 50 Kurzfilme. Bild: Autohaus Ortgies VIRTUELLE DIREKTANNAHME Kamera an! Nicht jeder Servicekunde will sich für die Direktannahme unter sein Auto stellen. Dank neuer virtuellen Techniken gibt es inzwischen andere Möglichkeiten, diese Kunden trotzdem einzubeziehen. Ford und Toyota zeigen, wie das geht. AUTOMOBILBRANCHE DIGITAL

AUTOMOBILBRANCHEDIGITAL sBil - ESSERT Robotics · 2018. 7. 31. · Ford-AutohausOrtgies in Bünde,das täglich zwischen und Werkstatt-durchläufe meistert, hat ähnlich posi-tiveErfahrungen

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  • 62 kfz-betrieb 29-30/2018

    Im Lexus-Forum Osnabrück können die Servicekunden die Direktan-nahme bequem von der Lounge aus verfolgen.

    Der Lexus-Serviceberater führt die Direktannahme in der Werkstattmit einer Augmented-Reality-Brille durch.

    Bild

    :Lexus

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    :Lexus

    EineDirektannahme vor demKa-min im bequemen Sessel undmit demLieblingsgetränk in derHand statt in der Werkstatt unter sei-nemdreckigen Fahrzeug – diesenKun-denservice bietet seit wenigen Tagendas Lexus-Forum Osnabrück an, daszu Auto Weller gehört. Und so geht’s:Die Servicekunden werden von derServiceassistentin in Empfang genom-menund in dieWartelounge begleitet,wo sie ein Tablet erhalten. Dann wirddie Verbindung zum Serviceberaterhergestellt, der in derWerkstattmithil-fe einer Industrie-Datenbrille die Di-rektannahmedurchführt. Der Service-kunde kann den gesamten Prozess inEchtzeit aus der Sicht des Servicebera-ters verfolgen. Übertragenwerden ausder Werkstatt dabei nicht nur Bilder,

    sondern auch der Ton. Der Servicebe-rater kann so seine Arbeitsschritte er-klären, und der Kunde kann Fragenstellen.Das Osnabrücker Lexus-Forum ist

    das erste Autohaus, in dem ToyotaDeutschland die neue Technik desSoftwarelieferanten Essert testet. Dabeiist die virtuelle Direktannahme quasinur ein Nebenprodukt: Denn eigent-lichwill Toyota dieDatenbrillen in denAutohäusern primär aus einem ande-ren Grund einsetzen: Die hoch spezi-alisierten Techniker des Importeurssollen dieMechatroniker in denWerk-stätten bei komplizierten Fällen virtu-ell durch die Reparatur leiten. Denngenaudasmacht den besonderenReizder rund . Euro teuren Datenbril-len Realwear HMT aus, die das Soft-

    wareunternehmen einsetzt: Die Me-chatroniker haben zwei freie Hände,mit einem Auge können sie normalsehen, über das zweite projiziert dieAugmented-Reality-Brille die Repara-turanweisung.

    Bis Ende läuft das Pilotprojektnoch in ausgewählten Betrieben, ist der flächendeckende Rollout ge-plant. Die Toyota-Händler sollen dieDatenbrille dann sowohl für den tech-nischen Support als auch für dieDirektannahme nutzen können.

    Andreas Stege, Geschäftsführer desLexus-Forums Osnabrück, ist von derneuenTechnik begeistert undplant, sieauch in seinemangrenzendenToyota-Betrieb einzusetzen: „Wir stehen zwarnoch ganz am Beginn, aber nach an-fänglichen Übertragungsproblemen

    Dirk Demsky, Serviceleiter beim Ford-Autohaus Ortgies, drehtwöchentlich zwischen 20 und 50 Kurzfilme.

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    ausOrtgies

    VIRTUELLE DIREKTANNAHME

    Kamera an!Nicht jeder Servicekunde will sich für die Direktannahme unter sein Auto stellen.Dank neuer virtuellen Techniken gibt es inzwischen andere Möglichkeiten, dieseKunden trotzdem einzubeziehen. Ford und Toyota zeigen, wie das geht.

    AUTOMOBILBRANCHE DIGITAL

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    AUTOMOBILBRANCHE DIGITAL

    VIDEODREH IM AUTOHAUS

    Mit Selfiestick und iPodMan muss kein Ford-Händler sein, um in seiner Direktannahme oder inseinem Showroom Videos zu drehen. Der Videospezialist Citnow bietetKfz-Betrieben eine Videokomplettlösung an. Sie besteht aus einer App,die es dem Nutzer ermöglicht, durch einfache, vorgegebene Schrittekurze Videosequenzen aufzunehmen und diese dann an die Kunden zuverschicken. Geliefert wird die Software zusammen mit einem iPod undeinem Selfiestick. Die Videos werden auf dem Citnow-Server gespei-chert und sind jederzeit immer wieder abrufbar. Praktisch für die Di-rektannahme ist, dass man neben dem Video auch gleich ein Preisan-gebot verschicken kann, das der Kunde per Mausklick freigeben kann.Der Händler kann sehen, ob ein Kunde das Video angeschaut und dasAngebot angenommen hat. Bei Rückfragen kann er per Video oderTelefon antworten. Die Videolösung wird einmalig installiert, dannfallen monatliche Lizenzgebühren an. Die sind abhängig von der Anzahlder Händlerstandorte, die das Produkt nutzen, der Laufzeit des Vertrags,dem Grad der Individualisierung der App, der Anzahl der Automarkenund der Lösung an sich (Standard, Medium oder Pro). Die monatlichenKosten für die Lizenz beginnen bei rund 315 Euro inklusive einer un-begrenzten Datenmenge, unbegrenzten Video-Uploads und einer un-begrenzten Nutzerzahl an einem Standort. Bei Hersteller-Rahmenver-trägen, mehreren Standorten oder bei Mehrmarkenbetrieben könnendiese auch geringer sein.

    läuft alles super. Sowohl die Ton- alsauch die Bildqualität sind sehr gut, so-fern dieWerkstatt gut ausgeleuchtet ist.Es ist wirklich so, als würde der Kundeallesmit seinen eigenenAugen sehen.“

    Das einzigeHindernis, das er vor al-lem bei der virtuellen Direktannahmesieht, ist die Akzeptanz der Servicemit-arbeiter: „Naturgemäß gibt es Berüh-rungsängste mit neuen Technologien,die es zu überwinden gilt.“ Im Osna-brücker Toyota- und Lexus-Betriebarbeitet momentan noch ausschließ-lich der Lexus-Serviceberater mit derDatenbrille, zweiweitere technikaffineMeister werden gerade geschult.

    Andreas Stege ist sich sicher,mit derDatenbrille, die im Grunde ein Rech-ner zumAufsetzen ist, erfolgreich zweiFliegen mit einer Klappe schlagen zukönnen: den Kunden ein besonderesServiceerlebnis zu bieten und die Effi-zienz in der Werkstatt zu steigern, in-dem der Toyota-Techniker virtuell dieHand des Mechatronikers führt. Fürdie Zukunft wünscht er sich, dass dieServicekunden die Möglichkeit be-kommen, dieDirektannahmenicht nurim Betrieb virtuell zu verfolgen, son-dern auch von zuHause oder von ihrerArbeit aus, indem sie sich perWeblinkoder App in die Direktannahme ein-klinken. Vor allem bei Schlüsselwer-fern, bei denen eine Auftragserweite-rung anstehe, sei das von Vorteil.

    Reparaturen nachvollziehenGenau dieser Nutzen steht auch

    beim Video-Check von Ford im Zen-trum, den der Hersteller Anfang im Handel eingeführt hat. Bei der vir-tuellen Direktannahme geht Ford da-bei einen anderenWeg:Die Servicebe-rater, teilweise auchdieMechatroniker,drehen mit einem Smartphone maxi-mal dreiminütige Direktannahme-Vi-deos, in denen sie amKundenfahrzeugschildern, welche Arbeiten zu erledi-gen sind – eineDokumentation, die vorallem imFall einer nötigenAuftragser-weiterung von Vorteil ist. Die Kundenkönnen so nicht nur transparenterReparaturen und Verschleißarbeitennachvollziehen, siewerden auf diesemWeg auch gleich über den Preis infor-miert und können am Laptop perMausklick oder über ihr Smartphonedie Reparatur freigeben.Über Ford-Händler nutzen das

    Angebot bereits, bis Ende des Jahressollen es sein. Bislang seien circa. Videos gedreht, so Petra Sorge-Booms, Marketingleiterin der Ford-Service-Organisation. Eineinhalb Jah-

    re nach der Einführung der virtuellenStand-Alone-Lösung, die der automo-bile Videospezialist Citnow entwickelthat, zieht sie ein rundum positivesFazit: „Der Video-Check kommt aus-nahmslos bei allen Ford-Partnern, dieihn einsetzen, undbei den Servicekun-den sehr gut an.“

    Letzteres belege nicht nur die hoheÖffnungsrate der versendeten Videosvon , Prozent, sondern auchdie gu-te Benotung. Die Kunden können dieVideos, die sie per SMS-Link von ihremFord-Partner erhalten, gleich bewer-ten: Von fünfmöglichen Sternenhabensie bislang , vergeben.

    Mehr Umsatz mit Ersatzteilen„Seit einigenMonaten verfolgenwir

    zudem,wie der Video-Check denKun-denmeinungsspiegel beeinflusst, unddie Ergebnisse sind beeindruckend:Servicekunden, die von ihremHändlerein Video bekommenhaben, bewertenden Servicemit , vonmöglichen Punkten – das sind , Prozentpunktemehr als üblich.“Dochdamit nicht ge-nug: „Wir steigern auch die Transpa-renz. Unsere Kunden sehen mit eige-nen Augen, welche Serviceleistungenoder Reparaturen sinnvoll sind“, fügtPetra Sorge-Booms hinzu. Erste Indi-kationen zeigen, dass die Händler mitdem Video-Check bis zu zehn Prozentmehr Ersatzteile verkaufen.Dirk Demsky, Serviceleiter beim

    Ford-Autohaus Ortgies in Bünde, dastäglich zwischen und Werkstatt-durchläufe meistert, hat ähnlich posi-tive Erfahrungen gemacht. Seit Sep-tember dreht er fleißig Videos undzeigt mithilfe von Messinstrumenten,warum neue Reifen oder neue Brem-sen nötig sind – pro Woche versendeter zwischen und Filme. „Fürmichist der Video-Check das hilfreichsteTool für meinen Arbeitsalltag“, unter-streicht er. Vor allembei einer Auftrags-erweiterung kommt er zum Einsatz.„Während wir früher oft den Kundenmehrfach hinterher telefonierenmuss-ten, bis wir sie für die nötige Freigabeerreicht haben, dauert es bei über derHälfte der Servicekunden maximal Minuten, bis wir ihr Okay haben“, soDemsky. Das Kunden-Feedback seibislang ausnahmslos positiv gewesen.

    Die Bedenken seiner Händlerkolle-gen, dass der Videodreh zu zeitintensivsei, kann er nicht nachvollziehen:„Nach einer rund zweiwöchigen Lern-und Gewöhnungsphase benötige ichnur rund sechsMinuten, umdas Videozu drehen, es hochzuladen und dem

    NOCH FRAGEN?

    Julia Mauritz, Redakteurin„Videos sind nicht nur fürDokumentationszweckeäußerst praktisch – nochkann man bei seinenKunden damit für Ge-sprächsstoff sorgen.Denn gängig sind beweg-te Bilder in Kfz-Betriebennoch lange nicht.“

    0931/[email protected]

    kfz-betrieb

    Kunden eine SMS samt Kostenvoran-schlag zu senden.“ Dafür gehörtenPreisverhandlungen und Anrufe derVergangenheit an. Mittlerweile setztder Serviceleiter den Video-Checkauch für andere Zwecke ein: Beispiels-weise dreht er ein kurzes Video, wenndas Auto nach dem Werkstattbesuchfrüher als geplant abholbereit ist. Auchfür die Schadendokumentation willDemsky dieses Instrument stärker nut-zen.Aufmerksam macht das Autohaus

    auf den Video-Check unter anderemmit Flyern. Auch Ford selbst will ihnbekannter machen. Der Herstellerplant, ihn über Youtube-Videos, Face-book-Posts und Onlinebanner publikzu machen. Und mit der Prämierungdes „Regisseurs des Monats“ will derHersteller auch die Motivation imHändlernetz hoch halten. JULIA MAURITZ

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