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MODE VON MORGEN BEI MASERATI BMW-CHEF KR GER IM INTERVIEW ZU BESUCH BEI KOHLS CHAUFFEUR AUTOS AM NABEL AUGUST 2016

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MODE VONMORGEN BEIMASERATI

BMW-CHEFKR GER IMINTERVIEW

ZU BESUCHBEI KOHLSCHAUFFEUR

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AUGUST 2016

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Redaktionelle Mitarbeit:Holger Appel, Julia Bähr, Dr. Marco Dettweiler, TimoFrasch, Markus Frühauf, Nina Hewelt, Thomas Klemm,Diana von Kopp, Freddy Langer, Dr. Eckart Lohse,Melanie Mühl, Dr. Reinhard Müller, Hans-HeinrichPardey, Henning Peitsmeier, Frank Pergande, SusannePreuß, Dr. Ulf von Rauchhaupt, Felicitas Rhan, BorisSchmidt, Peter-Philipp Schmitt, Dr. Tilman Spreckelsen,Bernd Steinle, Ralf Weitbrecht, Axel Wermelskirchen,Jennifer Wiebking, Maria Wiesner, Matthias Wyssuwa

Bildredaktion:Christian Matthias Pohlert

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Leitung Anzeigenverkauf Frankfurter Allgemeine Magazin:Kerry O’Donoghue, E-Mail: [email protected]

Produktionsleitung:Andreas Gierth

Layout:Verena Lindner, Oliver Schaffer

Einzelhefte können zum Preis von €5,– [email protected] bezogen werden.

Druck:Prinovis Ltd. &Co.KG – Betrieb NürnbergBreslauer Straße 300, 90471 Nürnberg

n der Friedrich-Ebert-Anlage ging mir ein Licht auf: Ichwurde geblitzt. Stundenlang hatte ich auf einer Auto-fahrt darüber nachgedacht, was ich hier an wertvollenErkenntnissen übers Autofahren mitzuteilen hätte.

Denn in diesem Heft soll es um „individuelleMobilität“ gehen, wie man das Ausleben seines Fahrtriebs ja auchgerne nennt. Als ich in Frankfurt einfuhr, war ich vermutlich soabgelenkt von meinen Gedanken, dass ich die Radarsäule vergaß,die mir eigentlich gut bekannt ist und mir sogar schon einmaleinen Brief geschrieben hatte. Mit einem Mal wurde mir bewusst,dass das Autofahren natürlich auch von den Anti-Geschichtenlebt, vom Gruß ans Getriebe, vom Abmurksen an der Ampel, vomWetteifern um Knöllchenstorys, vom Jägerlatein der Schnellstraße.In diesem Heft widmen wir dem Scheitern gleich zwei Doppel-seiten: Elf Kollegen aus der Redaktion schildern, wie sie durch dieFührerscheinprüfung fielen. Einer von ihnen schreibt nun sogarberuflich über Autos. Das Scheitern produktiv zu wenden, das istfast schon eine Parabel aufs ganze Leben. Auch ich habe da eineGeschichte zu erzählen. Seit Beginn der Midlife-Crisis überweiseich jedes Jahr vierstellige Summen an die Straßenverkehrsämter.Ich will nicht damit angeben, dass ich gelegentlich die Geschwin-digkeit übertrete (in der Schweiz geht das schnell und kostet viel),dass ich falsch parke und mein armes Auto öfters abgeschlepptwird. Das sind Fehler, und ich tue Buße. Aber die Laune verdirbtes mir nicht. Ich bereite damit sogar Mitmenschen eine Freude,zum Beispiel dem Wächter der Tiefgarage mit den abgeschlepptenAutos an der Avenue Foch in Paris. Er war erfreut, als sich maljemand nicht über die 170 Euro Abschleppgebühren beschwerte.(Ich hatte kurz an der Avenue Montaigne gegenüber von Diorgeparkt.) Ein paar Wochen zuvor war mein Auto in Frankfurtabgeschleppt worden. Das machte rund 320 Euro, samt Straf-zettel, aber ohne Taxifahrt zum Abschleppdienst in Preungesheim.Weil mir die Pariser Gebührenordnung plötzlich so menschlicherschien, verfiel ich im Untergrund des 16. Arrondissements inerleichtertes Gelächter. Und der unterirdische Wächter der indivi-duellen Mobilität lachte so laut mit, dass es im Parkdeck wider-hallte. Ist es nicht schön, so zu scheitern? Alfons Kaiser

SCHNELLSCHEITERN

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MARCO DETTWEILER freutsich jedes Jahr auf die Technik-messen wie ein Kind auf denvorweihnachtlichen Gang durchdie Spielzeugabteilung. Nochmehr Spaß macht es dem Redak-teur aus dem Ressort Technik &Motor aber, wenn er danach dieGeräte in seinem Büro testendarf. Dann sieht man den promo-vierten Philosophen mit Espresso-tasse in der Hand, Kopfhörer aufden Ohren oder Smartwatch umsHandgelenk. Wenn Spätzlehobel,Standmixer oder Sous Videausprobiert werden, muss auchmal die heimische Küche herhal-ten. Technik hat für ihn keineGrenzen – wie man auf Seite 38erkennt. Nur von Autos lässt erlieber die Finger.

BORIS SCHMIDT musste denOpel Rekord B mögen. Es wardas erste Auto seines Vaters, dermit 37 Jahren den Führerscheingemacht hatte – nicht unüblichMitte der sechziger Jahre, alsAutos noch ein großes Abenteuerwaren. Für Boris Schmidt sind siedas bis heute, ob sie aus Deutsch-land, Italien (Seite 22), Englandoder Schweden kommen. DerRedakteur und Autor mehrererBücher schreibt seit mehr als25 Jahren für diese Zeitung überso ziemlich alles, was fährt undeinen Motor hat. Nur der Führer-schein mit 18 hat nicht aufAnhieb geklappt. (Seite 32)

OLAF WIPPERFÜRTH hat fürdieses Heft eine Modestrecke mittechnischem Flair aufgenommen:im Maserati-Werk in Turin. DieBilder des deutschen Fotografen,der in Paris lebt und bei demitalienischen Autobauer mitStylist Markus Ebner am Bandstand, erinnern an Filmszenen.Models arbeiten in einer High-tech-Fabrik? Die Nähe zu CharlieChaplin gab den Arbeitstitel„Modern Times“ reloaded vor(Seite 22). Für diese futuristischschönen Fotos hielt Maseratisogar die Produktion an.

MITAR

BEITERFELICITAS RHAN ist seit An-fang des Jahres im Kunstmarkt-Ressort des Feuilletons zu Hause.Für unser Magazin hatte siezuletzt wichtige Künstlerinnenaus Südamerika vorgestellt.Dieses Mal schaut sich die Kunst-historikerin den Stil der FamilieReagan an. Der Nachlass desehemaligen amerikanischenPräsidenten und seiner Frau wirdbald bei Christie’s in New Yorkversteigert (Seite 43). Die Leiden-schaft unserer Autorin für schöneMöbel und dekorative Einrich-tungsgegenstände wurde dabeijedoch auf eine harte Probe

gestellt: Das Zuhause deseinstigen amerikanischenVorzeige-Paars wird vorallem von Kissen, Kitschund kuriosen Tierfigurenbevölkert.

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11INHALT

ZUM TITELDas Heck des Prototyps BMW i8Vision Future mit Ladekabel wurdevon Tobias Schmitt auf der Baustelleder BMW Classic Austellung inden Hallen der ersten BMW-Fabrikin München fotografiert.

TAUF MICH Warum wirunseren Autos so gerneSpitznamen geben. Seite 17

KAUF MICH Wir stellendie interessantesten Neuheitender IFA in Berlin vor. Seite 38

NIMM MICH Bei Christie’swird der Hausstand der Reagansversteigert. Seite 43

SIEH MICH Die Cadillac Ranchin der Wüste von Texas ist einautomobiles Monument. Seite 44

VERGISS MICH Ciao, Stau:Die Insel Baltrum hat sich vomAuto freigemacht. Seite 46

FLICK MICH Wie auf Kubaamerikanische Straßenkreuzerwiederbelebt werden. Seite 47

Die nächste Ausgabe des Magazins liegt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 10. September bei.FO

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Zeitreise: Wir haben imMaserati-Werk in Turineinen Blick in die Zukunftgeworfen – in Sachen Autosund Mode (Seite 22).

Fahr-Gemeinschaft:Wer durch dieFührerscheinprüfungfällt, hat wenigstens waszu erzählen – wie unsereelf Kollegen. (Seite 32)

12 KARL LAGERFELD18 HARALDKRÜGER36 ERNSTHEBEKER40 ECKHARD SEEBER50 JUTTAKLEINSCHMIDT

Das hört man gern:Manche Geräusche imAuto nerven nur –andere sind Musik imOhr. Sound-IngenieurKlaus Genuit (Seite 31)erklärt den Unterschied.

Rat zum Rad: DasPashley Princess machtimmer eine gute Figur.Wir haben noch sechsweitere Tipps (Seite 42)für außergewöhnlicheFahrräder.

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12 KARLIKATUR

Schneller als Margaret Thatcher, die von Mai 1979 bis November 1990Premierministerin des Vereinigten Königreichs war, ist die neue Regierungs-chefin Theresa May zur Stil-Ikone geworden. Und während Thatchersbeste Waffen die Handtaschen waren, verschafft sich May mit weiblicherMode Geltung. Statt der ewigen Pumps steht sie auf bunt bedruckte Schuhe.Und statt des ewigen Hosenanzugs weiblicher Erfolgsmenschen trägt sieauch gern mal Kleid oder Kostüm. Auf die doch recht zickigen Worte, dieunser Zeichner der neuen Premierministerin in den Mund legt, kann dieBundeskanzlerin nur mit steifer Pose antworten. „Angela Merkel reagiert

mit fast herablassender Gleichgültigkeit auf die Worte und die Eitelkeit derEngländerin“, sagt Karl Lagerfeld über seine Karlikatur. Was der Mode-macher, der sich politische Figuren gerne auf ihre stilistische Aussage hinansieht, damit sagen möchte: In der Politik geht es am Ende doch um dieInhalte und gerade nicht um ihre Verpackung. Am Ende der Brexit-Verhandlungen wird man sehen, wer sich durchgesetzt hat. Jetzt aber isterst einmal Sommerpause. Unserem Zeichner ist nicht bange, dass dieThemen in den „grandes vacances“ ausgehen: „Die Aktualität wird unsschon eine Idee diktieren.“ Am 10. September werden wir sie sehen. (kai.)

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14 PRÊT-À-PARLER

PRÊT-À-PARLER

Für Menschen, die wie selbstverständlich vom Schreib-tisch direkt zum Spinning düsen und dann in die nächsteBar stolpern, mag das unvorstellbar sein: Es gab mal eineZeit, da passte sich die Mode den jeweiligen Lebenslagenan. Von wegen day-to-night-dresser! Büro hieß Business-Garderobe, Bar bedeutete hohe Schuhe und große Ohr-ringe. Auch zum Autofahren sollte man sich damals um-ziehen, also zumindest die Schuhe wechseln. Als der Besitzeines Autos gerade massentaugliche Dringlichkeit bekom-men hatte, in den fünfziger Jahren, kamen Italiener aufeine findige Idee, über die heute die Ugg-Boots-und-Flip-Flops-Fraktion beim Gasgeben wohl lachen würde. Auto-

fahrerschuhe mussten her. Sie sollten die Füße so sicherwie bequem umschließen, so wie das Auto den Fahrer sicherumschließt. Zugleich waren die driving shoes statt mitLeder an der Sohle mit Gummi oder Noppen versehen,damit der Träger ganz nebenbei zwischen Kupplung, Gas-pedal und Bremse wechseln konnte. Die goldenen Schuhevon Tod’s (4) erinnern schon deshalb an eine längst ver-gangene Zeit. Ihre Troddeln und Bommeln sind in diesemSommer zwar so angesagt wie lange nicht mehr, aber dieNoppen an der Sohle zeichnen die Schuhe als Autofahrer-modelle aus. Vor Tod’s gründete schon die ebenfallsitalienische Marke Car Shoe in den Sechzigern Modelle

auf dieser Idee. Heute gehört Car Shoe längst zur Prada-Gruppe, so wie die Schuhe vonChurch’s (1), derenGummi-sohle auch diesen Loafer als car shoe ausweist. Interessanteigentlich, dass ausgerechnet das Land des Dolce Vita zumExperten für ein so pragmatisches Stück werden konnte,statt, sagen wir, die Auto-Nation Deutschland. Schließlichwären da auch die Schuhe von Salvatore Ferragamo (2)und Fratelli Rossetti (3). Andererseits ist die Bedeutungeiner Ledersohle ja vielen Deutschen bis heute nicht ganzklar. Sie tragen einfach immer Gummisohle. Von morgensbis abends Autofahrerschuhe: Die Deutschen sind ebenechte day-to-night-dresser. (jwi.)

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GEZUPFT, DANN GUT GESCHÜTTELTIm Sommer soll es schnell gehen, besonders in der Küche.Wenn die Abende mild sind und die Sonne nur langsamuntergeht, möchte man so viel Zeit wie möglich draußenverbringen – und nicht lange am Herd stehen. Wie mandie Küche mit etwas Vorbereitung eine ganze Woche langumgeht, zeigt der Mainzer Sternekoch Frank Buchholz fürunsere Video-Kochreihe „Einfach Kochen“ auf FAZ.NETam Beispiel von Salat. Wegen der Abwechslung mischt derKoch Wildkräuter, Radicchio und eine Salatmischung ausLollo Rosso, Eichblatt und Frisée. „Die wichtigste Arbeitbeim Zubereiten: putzen“, sagt der Sternekoch und lässtlauwarmes Wasser ein. „Wenn der Salat gezupft wird,nehmen die Blätter noch etwas Nährstoffe auf und bleibenlänger frisch.“ Buchholz zupft daraufhin flink die Salat-blätter in mundgerechte Stücke. „Es genügt, wenn mandas einmal in der Woche mit einer großen Portion macht.“

Den abgetropften Salat dann einfach in einem lebens-mittelechten dunklen Kunststoffbeutel verschließen undim Gemüsefach des Kühlschranks lagern. So bleibt er überTage frisch und lässt sich schnell zubereiten, ob als Vor-speise oder Hauptgericht. Während der Salat noch kurz imWasserbad liegen bleibt, bereitet der Koch seine Dressingszu: eine helle und eine dunkle Balsamico-Vinaigrette. Ineiner Glasflasche mit Schraubverschluss könne man auchsie über mehrere Tage problemlos im Kühlschrank auf-heben. Im Sommer hat man schließlich Besseres zu tun,als den lieben langen Tag lang in der Küche herumzu-stehen. (marw.)

Die Rezepte und die Videos zu unserer Serie – unter anderenLachsforelle mit Polenta und Salsa Verde sowie der Sommersalat –unter www.faz.net/einfachkochen

Draußen schmeckt alles besser, besonders wenn das Essen von dortkommt: Frank Buchholz macht Salat.

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15PRÊT-À-PARLER

Wir waren neulich im Archäologischen Museum, hatte ichunserer Freundin, der Buchhändlerin geantwortet, als siemich gefragt hatte, wie wir unseren Sohn während derFerien beschäftigten, weil der Junge wissen wollte, wasvon der ganz alten Stadt noch übrig ist.

Und, hatte sie gefragt, was ist noch übrig?Leider nicht mehr so viel, hatte ich gesagt, dafür haben

schon die Barbaren der Spätantike gesorgt, bevor es dannalles immer schlimmer wurde.

Aber möchtest du wirklich noch in einer Römervillaleben, hatte die Buchhändlerin gefragt. Kommt drauf an,hatte ich gesagt, jedenfalls nicht als Sklave. Dann hatten wireinen Termin für den nächsten Spiele-Abend gefunden,und die Buchhändlerin hatte noch gesagt, ich solle meinennordhessischen Cousin bitte auch einladen.

Das war nicht nötig, weil mein Cousin schon seiteiniger Zeit wieder in meinem Arbeitszimmer schlief, umin seinerWG Platz für die Hanfpflanzen des Hauptmieterszu machen. Er stand am Herd, als die Buchhändlerin klin-gelte. Sie umarmte meinen Vetter zur Begrüßung, schnup-perte übertrieben und sagte, er könne glatt ein Restaurantaufmachen.

Gute Idee, dann ist der Sportsfreund hier wenigstensmal beschäftigt, sagte Ullrich, ihr Mann, als er hinter ihr insHaus kam. Aber eingekauft habt doch ihr, oder?

Das Spiel, das die beiden mitgebracht hatten, hieß„Machi Koro“. Das sei Japanisch, erklärte die Buchhänd-lerin, die Worte bedeuteten „Die Stadt“ und „Würfeln“,und genau darum gehe es auch: Jeder Mitspieler errichteeine Stadt, indem er nach und nach zum Beispiel Bauern-höfe, Fabriken, Restaurants oder Molkereien baue unddurch Würfelglück damit so viel Geld verdiene, dass erschließlich einen Bahnhof, ein Einkaufszentrum, einenFreizeitpark und einen Funkturm errichten könne. Undwer das zuerst schaffe, der sei Sieger.

Von Buchhandlungen ist da wohl nicht die Rede, sagteUllrich, aber wahrscheinlich funktioniert eine Stadt auchohne. Er schaffte sich in den folgenden Runden Bauern-höfe und Weizenfelder an, weil er, wie er sagte, erst maldie Versorgung seiner Leute sichern wollte. Dann würfelteer eine drei und musste deshalb allen Mitspielern, die sichCafés gebaut hatten, für jedes eine Münze zahlen. UnserSohn hatte vier.

Wie jetzt, sagte Ullrich, bei eurem Sohn gibt’s doch be-stimmt nur Kinderportionen, das kostet dann aber nur dieHälfte. Er schob unserem Sohn zwei Münzen rüber undmir noch eine, weil ich auch ein Café hatte.

Ullrich!, sagte die Buchhändlerin.Ist doch wahr, sagte Ullrich, immer wollt ihr alle mein

Geld! Wie soll man denn da eine Stadt aufbauen?Ohne Recht und Ordnung geht im Gemeinwesen gar

nichts, sagte meine Frau.

Und Zechprellern geht es überall schlecht, sagte meinCousin, ob im Café oder im Restaurant.

Ullrich zahlte, was er zahlen musste und war danachpleite. Unser Sohn kaufte sich einen Fernsehsender unddurfte dann, als er eine sechs würfelte, von einem Mit-spieler seiner Wahl fünf Münzen verlangen.

Von mir nicht, sagte Ullrich, erstens habe ich kein Geld,und zweitens lehne ich Rundfunkgebühren sowieso ab.

Was für eine Stadt wird das bei dir eigentlich, Ullrich,fragte mein Cousin, so was wie Bullerbü?

Arm, aber anarchisch, sagte Ullrich, euer Einkaufs-zentrum könnt ihr jedenfalls behalten.

Und ich brachte unseren Sohn ins Bett.Tilman Spreckelsen

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ESSEN GEGEN STRESS: WARUM EIN MILCHSHAKESIE UNGEHEUER BERUHIGEN KANN

Sie stehen im Stau. Es herrscht drückende Hitze, dieKlimaanlage funktioniert nicht, und eine Fliege umkreisthartnäckig Ihren Kopf, während sich die Autos keinenMillimeter vorwärts bewegen. Wie gehen Sie mit solchenStresssituationen um? Hoffentlich nicht wie MichaelDouglas, der in dem Film „Falling Down“ zusehends inRage gerät, bis er irgendwann aus seinem Auto steigt undzornig und bewaffnet durch Los Angeles zieht. Hätte erdoch bloß einen Milchshake gehabt!

Der Wirtschaftswissenschaftler und Harvard-Profes-sor Clayton Christensen hat im Auftrag einer Fast-Food-Kette ermittelt, was die Verkäufe von Milchshakes in dieHöhe schnellen lässt. Dafür galt es zunächst, die typischeKonsumentengruppe ausfindig zu machen, diejenigen also,die normalerweise einen Milchshake kaufen. Vielleichttippen Sie jetzt auf Kinder, Schwangere oder Jugendliche.Weit gefehlt!

Christensen fand heraus, dass die meisten Amerikanerihre Milchshakes vor acht Uhr morgens kaufen. Währenddie meisten Kinder und Jugendlichen noch zu Hauseam Frühstückstisch sitzen dürften, sind die klassischenMilchshake-Käufer schon längst auf Achse. Es sind Pend-ler, denen eine lange Autofahrt zur Arbeit bevorsteht.

Christensens nächste Frage: Welchen Zweck erfüllteigentlich ein Milchshake? Eine kluge Frage, die die sozialeDimension ins Auge fasst, statt sich an Geschmacksüber-legungen festzubeißen. Schließlich ist es ökonomischerUnsinn, 20 verschiedene Sorten Milchshake anzubieten,wenn der Kunde gar keine Muße für eine zeitraubendeEntscheidung hat. Ein Milchshake soll satt machen, solange wie möglich dickflüssig bleiben und für Ablenkungsorgen, so lauteten die Antworten der Konsumenten. Und:„Mich im Stau beruhigen.“ Kurz gesagt: „Die Leute wolleneine Aufgabe, und sei es nur die, auf Fruchtstückenherumzukauen. Wobei die Fruchtstücke nicht etwa dazugedacht sind, den Milchshake gesünder zu machen, son-dern um ein unvorhergesehenes Ereignis zu erzeugen.“Christensens Fazit: „Es ist nicht der Milchshake, es ist derBeruf des Konsumenten, der ihn zum Kauf veranlasst.“

Ein beträchtlicher psychologischer Beruhigungsfaktorist der Strohhalm. Nicht nur, weil er verhindert, dass Flüs-sigkeit auf den Anzug oder auf das Kostüm tropft, sondern

weil das Saugen besänftigend wirkt. Zum einen verändertes die Konsistenz des Milchshakes im Mund. Dort trifftweniger Flüssigkeit auf größere Mengen Luft. Das Ergeb-nis: ein angenehm cremiges Gefühl. Die längere Verweil-dauer im Mund verstärkt außerdem den Geschmack, be-sonders seine süße Komponente. Das Saugen wird zudemmit Lustempfinden, Beruhigung und Sättigung verknüpft.Es ist eine der ersten Erfahrungen eines Menschen über-haupt, ein angeborener, lebenserhaltender Reflex.

An die Stelle des Reflexes tritt im Laufe des Lebenseine Gewohnheit, die mit positiven Gefühlen einhergeht.Genau diese Assoziation wiederum motiviert zum Kaufeines Milchshakes. Gesteuert wird sie von dem HormonDopamin. Unser Gehirn schüttet es aus, wenn wir uns aufetwas freuen, weshalb es auch das „Haben-wollen-Hormon“genannt wird.

Könnte auch ein Schokocroissant den Zweck desMilchshakes erfüllen? Nein. Es ist schnell gegessen, krümelt,verschmiert die Polster, eignet sich nicht, um daran zusaugen, und macht nicht einmal satt. Es erzeugt Stress,statt ihn zu lindern. Denn das Pendeln erzeugt nun malStress, selbst wenn es den Betroffenen oft nicht bewusstist. Der Schlaf leidet darunter, das Herz pumpt schneller,die Anspannung steigt, zumal sich nie zuverlässig bestim-men lässt, wann der Zielort erreicht wird.

Gar nicht erst zu sprechen von den sozialen Folgen.Eine Forscherin aus Schweden sammelte über zehn JahreUnmengen an Daten. Die Auswertungen ergaben, dassPendeln nicht nur die Sterblichkeit erhöht, sondern auchdas Risiko für Ehescheidungen: Um sage und schreibe40 Prozent steigt demnach das Risiko einer Trennungfür Paare, von denen mindestens ein Partner länger als45 Minuten zur Arbeit fährt.

Bevor Sie also wie Michael Douglas, der sich übrigensauf dem Weg zu seiner ehemaligen Frau befand, vor lauterStress irgendwann Rot sehen, füllen Sie Ihre Thermos-kanne morgens lieber mit selbstgemixtem Milchshake.

Melanie Mühl / Diana von Kopp

Der Text ist ein Auszug aus dem Buch „Die Kunst des klugen Essens.42 verblüffende Ernährungswahrheiten“ (250 Seiten, 16 Euro), das geradeim Hanser-Verlag erschienen ist.

Besser als Schokocroissant: Für einen Milchshake am Morgen anzustehen ist kein Fehler. Illustration Sonja Hansen

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16 PRÊT-À-PARLER

PRÊT-À-PARLERDIESE TASCHEN KOMMEN VON GANZ UNTEN

Auf die Idee kam der Marketing-Experte, klar, wo sonst:in der Münchner U-Bahn. Linie 5, irgendwo zwischenLaimer Platz und Neuperlach. Jörg Schleburg beobachtetegerade zwei Fahrgäste, die sich offensichtlich schon langenicht mehr gesehen hatten und sich innig umarmten. Daüberlegte der Münchner, wie viele Begegnungen, Schick-sale und Geschichten sich wohl schon im Untergrundabgespielt haben, seitdem die U-Bahn in der bayerischenLandeshauptstadt vor fast einem halben Jahrhhundert fürdie Olympischen Spiele gebaut wurde.

Jörg Schleburg wollte diese Geschichten weiterlebenlassen. So kam er auf die Idee, die alten blauen Sitzbezügeder U-Bahn zu recyceln und daraus Taschen zu fertigen.Natürlich ist der Einfall nicht ganz neu. Das SchweizerTaschen-Label Freitag fertigt seit Jahren aus alten Last-wagenplanen, Fahrradschläuchen und Autogurten funk-tionelle Taschen. Canvasco nimmt Segeltücher, Feuerwearalte Feuerwehrschläuche. Nun also Sitzbezüge aus U-Bahn-

Waggons. Schleburg, ein Marketing-Experte mit eigenerWerbeagentur, tat sich mit dem PR-Profi WolfgangBischoff zusammen, der Modekunden berät. Gemeinsamgründeten sie das Label Kurzzug. Der Name stammt eben-falls aus dem Untergrund: In München gibt es lange undkurze U-Bahnzüge; die kurzen heißen offiziell Kurzzüge.Also Kurzzug.

Alle paar Wochen bekommen die beiden einen Anrufvon der Münchner Verkehrsgesellschaft. Dann fahren siezur Abholstelle, begutachten die Bezüge, sortieren aus undladen die Auswahl in ihren Wagen. Nicht jede Plane hatdas Zeug zu einem zweiten Leben als Tasche. Weiterver-arbeitet werden nur Bezüge, die noch in gutem Zustandsind. Anschließend reinigen sie die Bezüge und schickensie in den Produktionsbetrieb nach Italien, in die Nähevon Padua. „Wir haben lange gesucht, bis wir einen Betriebfanden, der Kunstleder hochwertig verarbeiten kann“,erzählt Schleburg.

Jeder Sitzbezug unterscheidet sich vom anderen – Hun-derttausende Nutzer hinterlassen ihre Spuren. Das Grund-material ist nicht unendlich verfügbar. Alle aktuellen Sitz-bezüge stammen aus der ersten U-Bahn-Generation.Man hatalso ein Unikat, wenn auch ein teures. Die Stadttasche, inder auch ein Laptop Platz hat, kostet 375 Euro, der größere„Wochenender“ 395 Euro. Portemonnaies liegen zwischen60 und 70 Euro, Schlüsselanhänger gibt es ab 25 Euro.Anfang September soll eine Damentasche dazukommen.Und es gibt weitere Ideen. Bischoff denkt zum Beispiel anRad- und Lenkertaschen oder eine Wiesn-Edition.

Potential sehen die Unternehmer nicht nur für Bayern.Eine U-Bahn-Polster-Tasche ist ein Stück München zumMitnehmen. Selbst im entfernten Hamburg werden dieTaschen schon verkauft, bei Blue de Gênes in Eimsbüttel.Und auch Kapital ist erst einmal vorhanden. Vor kurzemhaben sie eine Finanzspritze von 30.000 Euro erhalten, perCrowdfunding. Die Fahrt geht weiter. Sabine Spieler

Womöglich kann man sogar darauf sitzen: Die Taschen des Münchner Labels Kurzzug sehen jedenfalls nicht soaus, als gäbe es wegen unsachgemäßer Nutzung gleich eine technische Störung.

Die besten Ideen kommen oft in der U-Bahn: Jörg Schleburg (links) macht nun mitWolfgang Bischoff daraus ein überirdisches Geschäft.

LÄUFT UND LÄUFTUND LÄUFT

Der letzte seiner Art steht heute dort, wo einst der erstezusammengebaut wurde: in Wolfsburg. Dort, im Volks-wagenwerk, begann 1938 die Erfolgsgeschichte des vonFerdinand Porsche entwickelten Automobils, das nochim selben Jahr seinen so einprägsamen Namen verpasstbekommen haben soll. Angeblich war es die „New YorkTimes“, die schon im Juli 1938 kurz nach der Grundstein-legung des Werks in Wolfsburg davon schrieb, dass baldTausende und Abertausende Käfer deutsche Autobahnenpflastern würden. Aus der englischen Bezeichnung „beetle“wurde irgendwann in den frühen sechziger Jahren, alsder Volkswagen international längst zum Erfolgsproduktgeworden war, im Deutschen schließlich der VW Käfer.

Bis 2003 liefen mehr als 21 Millionen Käfer vom Band,der letzte in Wolfsburg 1978, der allerletzte schließlich2003 in Puebla in Mexiko. Und trotzdem läuft und läuftund läuft der „Buckel-Porsche“ immer weiter. Die Design-Ikone ist zum Kulturgut geworden. Und so ein Kult lässtsich gut vermarkten – dachten sich auch die Klötzchen-Giganten aus Billund in Dänemark, wo „unser“ Käfer 1999zum „Auto des Jahrhunderts“ gewählt wurde.

Der Spielzeughersteller Lego und der amerikanischeDesigner Mike Psiaki haben also einen azurblauen Käfernachgebildet. Und zwar detailgenau: Der 15 Zentimeterhohe, 29 Zentimeter lange und zwölf Zentimeter breiteKleinwagen besteht aus 1167 Einzelteilen. „Das Interieurist in klassischem Beige gestaltet und enthält neben Arma-turenbrett und Lenkrad auch nach vorne umklappbareSitze“, heißt es in der Beschreibung. „Der authentischeluftgekühlte Vierzylinder-Motor unter der Motorhaubesowie ein Ersatzrad und ein Benzintank im Kofferraumverleihen dem Kult-Auto den letzten Feinschliff.“

Zu diesem Kult-Auto aus den Sechzigern, das zu Som-mer, Sonne, Strand passen soll, gehören auf Wunsch nochein Surfbrett und eine Kühlbox, die auf dem Dachgepäck-träger befestigt werden können. Empfohlen ist der LegoCreator Expert VW Käfer für Baumeister von 16 Jahren an.Und wer ihn einmal zusammengebaut hat, wird ihn sichernicht noch einmal auseinandernehmen. (pps.)

Fast wie der große Käfer:Unter der Motorhaubeaus Kunststoffklötzchensteckt ein luftgekühlterVierzylinder-Motor.

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Eigentlich ist George immer unterwegs, zusammen mitJohanna Bach. Sie fahren von ihrer Berliner Wohnung inPrenzlauer Berg aus schnell zum Yoga nach Mitte oderzum Wannsee oder in eine andere Stadt. Johanna Bachbraucht kein Fahrrad und keine Monatskarte, Carsharingmacht sie nur auf dem Weg zu einem Treffen am Abend,wenn sie dort was trinken will und sich anschließend einTaxi nimmt. Dann wäre George doch hinderlich. Georgeist schließlich Johanna Bachs Auto.

Natürlich bekommt jedes Automodell schon ab Werkeinen Namen. Aber ihre Besitzer taufen die Gefährtentrotzdem oft individuell um. „George hat große Augenund einen gewissen Charme“, erzählt Bach, die eigentlichanders heißt, aber ihren richtigen Namen nicht im Zusam-menhang mit dem Spitznamen ihres Autos veröffentlichtsehen möchte. „Er hat ein Gesicht und leuchtet, deshalbbrauchte er auch einen Namen.“ Einen, der ein bisschenungewöhnlicher ist als Mini, sein offizieller Name.

Laut einer Umfrage des MeinungsforschungsinstitutsYouGov im vergangenen Jahr gibt jeder siebte Autobesitzerin Deutschland seinem Wagen einen Spitznamen. Wie siedarauf kommen? Naja, wenn schon der Titan-Cadillac desPräsidenten der Vereinigten Staaten besser bekannt ist als„The Beast“, wenn Sebastian Vettel seine Ferraris Eva undMargherita nennt, Taylor Swifts Toyota auf den NamenToyoat anspringt und Schauspieler Ralf Möller erzählt,dass er jedes seiner Autos Beauty nennt – dann ist eseigentlich kein Wunder, dass auch der Golf von nebenaneinen Namen braucht.

Überhaupt Volkswagen: Schon der Käfer ist ein Spitz-name, ursprünglich ging er als Typ 1 vom Band. ZuBeginn der Sechziger setzte sich sein Kosename im Volks-mund durch, Ende der Sechziger führte dann auch derKonzern das Modell offiziell unter inoffiziellem Namen.Oder die Ente. Der 2CV galt als hässliches Entleinzwischen den Citroën-Schwänen. Das ehemalige Logo derfranzösischen Marke zeigte einen Schwan. Also die Ente.

Echte Spitznamen, also Namen, die Besitzer nur ihremeigenen Auto geben, sind natürlich persönlicher. Georgezum Beispiel ist auf den jungen Prinzen zurückzuführen.Das passt schon deshalb, weil George in Oxford zusam-mengeschraubt wurde. „Auf seinem Rücksitz liegt einKissen mit Union-Jack-Flagge“, sagt Bach. Und, ach ja, fürdie Berlinerin war George selbstverständlich von Beginnan in Sachen Brexit-Fragen ein Remainer.

„Namen sind emotionale Entscheidungen“, sagt Man-fred Gotta. Er ist Profi, wenn es darum geht, Autos zubenennen. Gotta hat den Renault Twingo zum Twingogemacht und den Smart auf Smart getauft. „Der Klangmuss zum Auto passen“, sagt der Werbetexter. Er gehe andie Arbeit wie ein Komponist, der ein Lied schreibt. „Auchwir überlegen, wie wir die Buchstaben so zusammenstel-len, dass sie einen Klang ergeben. Nach einer gewissen Zeithat man einen Namen und kann entscheiden, ob der passtoder nicht.“ Dass sich private Autobesitzer über seineNamensgebung hinwegsetzen und ihren Wagen umtau-fen, versteht Gotta. „Es ist ihr Baby. Also suchen sie sichNamen aus, die zeigen, was sie für das Auto empfinden.“

Die Beziehung zwischen Auto und Gefährt beschäftigtauch den Psychologen Rüdiger Hossiep, der an der Univer-sität Bochum forscht. „Die Frage ist, ob das Auto mit demNamen auch zum Gefährten wird.“ Hossiep meint, dasswir unseren Autos Namen geben, weil es die Identifikationmit dem Fahrzeug stärke. Bei einem Laptop oder bei demHaus, in dem man wohnt, komme die Namensgebungdagegen nicht in Frage. „Ein Auto ist mit allen Sinnen zuerfassen. Man kann es hören, riechen, es bewegt sie. Es istein sozialer Raum zum Mitnehmen.“

Wer etwa bei seinen Eltern zu Hause rausgeflogen ist,der hat, wenn er sich glücklich schätzen kann, ein Auto zubesitzen, stets ein Dach über dem Kopf. Und selbst wernoch eine Bleibe hat, dessen Auto mutet von innen tat-sächlich oft so an, als sei er gerade nirgendwo mit festemWohnsitz gemeldet: leere Kaffeebecher, die Wechselschuhe,die Sportsachen – gehört alles längst nicht mehr nur in denAbfall oder die Waschmaschine, sondern erst mal übereine Dauer von mehreren Wochen ins Auto.

Das Auto als sozialer Raum. In Zeiten, da sich dieSicherheitslage ändert, dürfte das individuelle Gefährtmit dem witzigen Spitznamen künftig nicht an Bedeutungverlieren. „In öffentlichen Verkehrsmitteln muss man mitzwei Dingen rechnen“, erklärt Hossiep. „Dass ständigum einen herum geniest wird, und dass sie überhauptunsicherer geworden sind.“ Das Auto bedient somit dasAbgrenzungs- und Sicherheitsbedürfnis des Menschen.„Man kommt jederzeit weg.“ Nicht umsonst seien großeGeländewagen selbst bei kleineren Frauen beliebt. „Weilsie damit fliehen können.“

Johanna Bachs George ist geleast, vor ein paar Wochenhätte sie das Auto loswerden können. Auch sie stellte sichdie Frage, ob sie den Wagen in einer Großstadt wie Berlinwirklich braucht. „Das ist ja schon ein großer Luxus undkeine Lebensnotwendigkeit.“ Am Ende behielt sie George.„Auch weil ich mich damit sicherer fühle.“ (jwi.)

PRÊT-À-PARLER

WARUM WIR AUTOS NAMEN GEBEN

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18 INTERVIEW

Herr Krüger, die Autofahrer, die sich nochselbst unter die Ölwanne legen, gebenallmählich den Führerschein ab. GlaubenSie, dass das Auto in den nächsten zwei, dreiJahrzehnten noch dieselbe Bedeutung in derGesellschaft haben wird wie heute?Wenn ich dabei nicht nur an das Auto ansich denke, zeigt sich: Der Stellenwert derindividuellen Mobilität in der Gesellschaftwird auch weiterhin sehr hoch sein. Wennich jetzt die Zeit hätte, würde ich gleichnach unserem Gespräch ins Voralpenlandzu einem schönen Biergarten rausfahren.Und wenn ich die Wahl hätte, würdeich für die Fahrt bei diesemWetter einCabriolet nehmen. Reisen, Freiheit,individuelle Entscheidungen und selbst-bestimmte Mobilität: Das sind Bedürfnisseder Menschen, die bleiben. Schauen Siesich China an, ein Land, das früher strengeReisebeschränkungen hatte. Heute reisenauch viele Chinesen rund um die Welt.Individuelle Mobilität bleibt, aber dieRolle des Autos wird sich in Zukunftweiterentwickeln.

Das müssen Sie erklären.Für die Menschen wird eine Frage immerwichtiger: Will ich in der Stadt nur vonA nach B fahren, oder will ich auf meinerReise ein emotionales Erlebnis haben?Im ersten Fall werden die Menschen reinautonom fahren, so wie heute mit derU-Bahn oder S-Bahn. Das selbstfahrendeAuto wird dabei mit den öffentlichenVerkehrsmitteln kombiniert und vernetztwerden. Im zweiten Fall geht es um dasErlebnis und um die Freude am Fahren.Nicht umsonst kaufen die Menschen auchheute noch mit großer BegeisterungOldtimer.

Viele Oldtimerkäufer sehen darin eineGeldanlage, manche Banker empfehlensogar eine Anlage in ,Garagengold‘ und,Chromjuwelen‘.Aus meiner Sicht geht es dabei nicht nurum die Geldanlage. Ich habe ein paar Jahrein England gelebt und in den Cotswoldsalte Flughallen besucht, in denen faszinie-rende Oldtimer ausgestellt wurden. Es istunglaublich, wie viel Spaß die Sammleran den Autos hatten, an ihren Formen,an traditioneller Technik und dieser purenForm der Automobilität. Das ist echteFreude am Fahren. Die Marke BMW hatbewusst zum hundertjährigen Jubiläummit einem Innovationsfahrzeug eine Visionfür die Zukunft gezeigt, in der die Freudeam Fahren erhalten bleibt. Das Selber-fahren wird in Zukunft nur einen Teil derZeit im Auto ausmachen. Vielleicht wirdder BMW-Fahrer von morgen nur beider Hälfte aller Fahrten selbst zum Steuergreifen, aber dann mit umso mehrBegeisterung.

Die Menschen wollen also auch in Zukunftdie Elemente spüren, mit dem Fahrrad imRegen fahren, raus aus der Komfortzone?Das passiert ja schon heute. Ein Beispiel:Das Interesse an der Mille Miglia, demOldtimerrennen über öffentliche Straßenin Italien, ist heute so groß wie nie zuvor.Jedes Jahr steigt die Zahl der Anmeldungen.Heute bekommen gar nicht mehr alleBewerber einen Startplatz. Und das,obwohl die Mille Miglia sicherlich auchanstrengend und unbequem sein kannund man demWetter ausgeliefert ist. Aberdie Faszination fürs Automobil ist größer.Genauso ist es mit der Liebe zum Motor-rad: Die kommt doch nicht von ungefähr.Motorradfahren ist eines der letztenAbenteuer unserer Zeit.

Der BMW-Vorstandsvorsitzende Harald Krüger über diepersönliche Beziehung zum Fahrzeug, günstige Elektromotoren,sensible Kundendaten und chinesischen ErfindergeistFoto Tobias Schmitt

„Auch imAuto ist Wellnesswichtig“

19INTERVIEW

Die BMW-Welt ist heute die meistbesuchteSehenswürdigkeit in München.Wie wird dieDauerausstellung in 20 Jahren aussehen?Werden dort auch noch so viele unterschied-liche Fahrzeugmodelle von drei unterschied-lichen Marken zu sehen sein, wenn diemeisten Menschen doch eine eher rationaleEinstellung zum Auto haben?Ich denke: Die Stärke der Marken wirdkünftig noch wichtiger werden. DerMini-Kunde ist ein ganz anderer als derBMW-Kunde oder der Rolls-Royce-Kunde,aber allen dreien ist der Charakter ihrerMarke sehr wichtig. Der Mini-Fahrer hatoft eine sehr persönliche Beziehung zuseinem Auto. Das habe ich selbst einmal inAmerika erlebt, als ein Mini-Kunde in eineWerkstatt kam und sagte: ,David needs atreatment.‘ David war sein Mini, und derbrauchte aus der Sicht des Besitzers keineReparatur in der Werkstatt, sondern eineBehandlung wie beim Arzt. Andere Mini-Fahrer parken ihr Auto in ihrem Penthousedirekt neben der Designercouch.

Klingt verrückt.Oder einfach nur sehr menschlich. Wirerwarten, dass es diese personifizierteBeziehung zum Auto auch in den kommen-den Jahrzehnten geben wird, nur etwasanders, wie wir mit unserer Mini-Zukunfts-studie gezeigt haben. Ein Beispiel: DerFahrer steigt künftig in Frankfurt aus demMini ins Flugzeug, und wenn er in LosAngeles gelandet ist, erwartet ihn am

Flughafen der identische Mini. DieselbeFarbe, dasselbe Interieur, dieselbenEinstellungen von Fahrwerk und Motor,das identische Medien-Set-up, dieselbeMusik. Alles unter dem Motto: ,EveryMini is my Mini.‘

Und dann ist es egal, ob dem Fahrer dasAuto gehört, oder ob er es nur gemietet hat?Genau. Er hat das gleiche emotionaleErlebnis wie zu Hause, denn der Minierkennt seinen Fahrer und stellt sich ganzauf ihn ein. Er wird dem Fahrer in LosAngeles sogar Vorschläge für italienischeRestaurants machen, weil das Auto aus denKundendaten die kulinarischen Vorliebendes Fahrers kennt. Die Menschen wollenpersönliche Beziehungen und starkeMarken. Erst recht in unsicheren Zeitensuchen sie nach Orientierung.

Uns macht es eher Sorgen, wenn das Autoalles über den Fahrer weiß, wenn derBordcomputer ausWahrscheinlichkeitenerrechnet, welches italienische Restaurant inLos Angeles in Frage kommt. Das ist dochunheimlich.Wir würden uns dann einenKnopf wünschen, mit dem sich das Auto ausder vernetztenWelt ausklinken kann, damitder Fahrer mal Ruhe vor der Überwachungund den Vorschlägen aus dem Off hat.Das ist ein wichtiger Punkt. In derZukunft, bei vollkommener Vernetzungund ständiger Erreichbarkeit, wird Offlineeine neue Form von Luxus sein. Ich

genieße das ja heute schon manchmal,wenn ich zu einemTermin gefahren werde:einfach mal für ein paar Momente dieAugen schließen, sich auf den nächstenGesprächspartner einstellen. Der BMW-Konzern zeigt daher in seinen Zukunfts-visionen stets Autos, in denen der Fahrerdie Wahl hat. Nutze ich heute dieConnected-Drive-Angebote, oder verzichteich auf sie? Lasse ich fahren oder fahre ichselbst? Wir Menschen haben ein Rechtauf Selbstbestimmung. Das unterscheidetden Menschen vom Computer. Und dieseSelbstbestimmung muss auch in Zukunftweiter gelten, unabhängig von technolo-gischen Entwicklungen.

Doch gleichzeitig will BMW möglichst vielvon den Kunden wissen. Kundendaten sindder Rohstoff von morgen. Manche Kundengehen sorglos mit ihren Daten um, anderesorgen sich um einen zu laxen Datenschutz.Für einen Premiumhersteller wie BMWsind die Kundendaten ein besonders hohesGut. Unsere Kunden erwarten zu recht,dass wir sehr sorgsam mit ihren Datenumgehen. Deswegen achten wir bei neuenTechnologien immer auf die Sicherheit deruns anvertrauten Daten und damit auchauf die Privatsphäre unserer Kunden.Daten jagen und sammeln als Selbstzweck,wie das andere tun, das machen wir nicht.Wir verarbeiten die persönlichen Datennur so, wie es uns der Kunde erlaubt.

Das Auto wird ein neuer Rückzugsraum?Ja, sozusagen ein Kokon. Für viele Kundenist Wellness schon heute wichtig, auch imAuto. Unser Siebener orientiert sich daran:mit Massagesitzen, spezieller Lichtsteue-rung, eigenen Duftstoffen, hochwertigenLedervarianten und vielen weiterenKomfortfunktionen. Das ist wie FirstClass, und die erfreut sich auch bei denFluggesellschaften einer wachsendenNachfrage.

Duft, Leder und Licht im Auto werdenwichtiger als PS, Beschleunigung undHöchstgeschwindigkeit?Beides gehört zusammen, Komfort undPerformance. Da kann auch die Elektro-mobilität punkten. Elektroautos fahrenzwar nicht 250 Kilometer pro Stundeschnell, aber sie beschleunigen stark.Elektromobilität ist pure Fahrfreude, auchohne den klassischen Motorensound.Kunden unterschätzen das, bis sie zumersten Mal einen BMW i3 fahren. Solcheemotionalen Erlebnisse werden auch ineiner technologisch hochentwickeltenWelt nicht verloren gehen.

Können Sie sich auch elektrische Motorrädervorstellen? Oder gar selbstfahrende?Elektrische Motorräder kann ich mir gutvorstellen, da sehe ich Potential, und mitunserem Scooter fahren wir heute schonelektrisch. Das Motorrad als Einspurfahr-zeug erhöht die Flexibilität in den Städten.An autonom fahrende Motorräder indesglaube ich nicht.

Das selbstfahrende Auto allerdings wird wohlkommen.Wie sieht dieWelt der künstlichenIntelligenz aus, in der selbstlernendeMaschinen schlauer sind als die Fahrer?Wir haben schon erlebt, dass ein Schach-Computer den menschlichen Schachwelt-meister schlägt. Gerade erst hat eineMaschine einen südkoreanischen Spitzen-spieler im Brettspiel Go besiegt, mitSpielzügen, die kein menschlicher Go-Spieler zuvor in Erwägung gezogen hätte.Das ist ein gutes Beispiel dafür, waskünstliche Intelligenz alles leisten kann.Für das Auto bietet künstliche Intelligenzdie Chance, den Verkehr langfristigsicherer zu machen. Mehr als 90 Prozentaller Verkehrsunfälle sind heute aufmenschliches Versagen zurückzuführen.Und es wird künftig Situationen geben,in denen der Computer eingreift und denMenschen ,überregelt‘, um ihn vor Fehlernzu schützen. Wenn das Auto mit Hilfeeiner intelligenten Echtzeitkarte weiß,was auf der Straße vor dem Auto allesgeschieht, kann es den Fahrer davorbewahren, zu schnell in eine Kurve oderGefahrenstelle zu fahren.

Zur Zeit erleben wir allerdings, dass auchselbstfahrende Autos Fehler machen undMenschen umkommen, wie neulich im Tesla.Die Technologie ist heute noch nicht inder Lage, Autos ohne Unterstützung desMenschen sicher autonom fahren zulassen. Wir bieten heute schon sehr guteFahrerassistenzsysteme an, aber zumhoch- oder sogar vollautonomen Fahrenist es noch ein weiter Weg. Gemeinsammit den Unternehmen Mobileye und Intelwollen wir die entsprechenden Systemeentwickeln. Unser Ziel ist es, 2021hochautomatisierte Autos in Serie anzu-bieten und auch eine erste Flotte vonvollautonomen Fahrzeugen auf die Straßezu bringen. Dabei spielen Hochleistungs-prozessoren und -sensoren eine genausowichtige Rolle wie automatisierte Bildaus-wertung, die lernende digitale Karte undkünstliche Intelligenz.

Ist der Mensch dem Computer dann dochunterlegen?Das ist eine sehr grundlegende Frage, dieich oft mit meinem Vater – er war Physiker– diskutiert habe. Die technologischenMöglichkeiten sind enorm, aber letztlichwird der Mensch immer einen Schrittvoraus sein: Er kann lernen, sich anzu-passen und hat mit seiner unbegrenztenNeugier und Vorstellungskraft die Fähig-keit, immer wieder alles zu hinterfragenund Neues zu schaffen. Der Schach-computer Deep Blue konnte zwar sehrgut Schach spielen, hätte sich aber nichteinmal so ein einfaches Spiel wie ,Menschärgere Dich nicht‘ ausdenken können.Und der Mensch macht Dinge intuitiv,die ein Rechner niemals lernen wird.

Was genau?Zum Beispiel den Prototypen eines Autosanzuschauen und zu beurteilen, ob derInnenraum so gestaltet ist, wie es unsereKunden von einem BMW erwarten. Dasspielt für den Erfolg eines Autos eine

Harald Krüger – hier voreinem BMW Turbo X1 undhinter einem i8 Vision Future– ist nahbarer als viele andereKonzernchefs und frei vonAllüren. Er passt damit gut indas Bild eines Familienunter-nehmens, das BMW trotzseiner Gesellschaftsform alsAG im Grunde ist. Ob esdem am 13. Oktober 1965 inFreiburg geborenen Maschi-nenbau-Ingenieur gelingt,BMW in eine prosperierendeZukunft zu fahren, muss erfreilich noch beweisen.Krüger fing 1992 bei BMWals Trainee an und übernahmnach wechselnden Vorstands-posten im Mai 2015 denVorstandsvorsitz. DerManager, der verheiratet istund drei Kinder hat, istFußballfan. In der Jugendvon Eintracht Braunschweigverfolgte er einst erstklassigeAmbitionen. (hap.)

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20 INTERVIEW

wesentliche Rolle. Überlassen Sie daseinem Computer, dann würde er alle seineSensordaten auswerten und Ihnen dieeinzige und rechnerisch ,optimale Lösung‘präsentieren. Aber der Mensch hat inseiner gesamthaften Beurteilungsfähigkeitvon Farbe, Material, Haptik, Licht,Geruch und Raumgefühl einzigartigeFähigkeiten, die ein Computer niemalshaben wird.

Die Zukunftsautos, die BMW anlässlichdes hundertjährigen Firmenbestehens zeigt,sehen trotz aller Technik immer noch auswie Autos. Vier Räder, meist ein Lenkrad,und drinnen können mehrere InsassenPlatz nehmen. Ändert sich also doch nichtsGrundlegendes?Die Grundstruktur des Autos wird sichkaum verändern, aber es wird in Zukunftnicht mehr die eine Mobilitätslösunggeben, die überall funktioniert. In denMegastädten wird der Verkehr anderenPrinzipien folgen als auf dem Land, inPeking oder Tokio anderen als im austra-lischen Outback. Wir glauben, dass sich inden großen Städten die Elektromobilitätdurchsetzen wird, in enger Vernetzung mitdem öffentlichen Personennahverkehr. Dasverbessert Luftqualität und Lärmniveau.Auf der Langstrecke werden die klassischenVerbrennungsmotoren irgendwann vomBrennstoffzellenantrieb abgelöst.

Ist das nicht eine Zukunft nur für Reiche?Ihre Elektroautos sind heute schon keineMassenware, und die Brennstoffzelle istnoch teurer.Ich spreche über die Mobilität in 20,30 Jahren. Spätestens dann werden dieneuen Technologien für viele Menschenerschwinglich sein. Schon in einigenJahren könnte der Elektromotor günstigersein als der Diesel. Das liegt neben derWeiterentwicklung der Batterietechnologieauch daran, dass die Abgasnachbehandlungbeim Diesel durch sehr ambitionierteregulatorische Rahmenbedingungenimmer aufwendiger und damit auch fürden Kunden teurer wird. Das macht imVergleich den Elektroantrieb attraktiver,besonders bei den Kleinwagen, die wenigerder teuren Batterien brauchen.

Wird es in 20 Jahren noch Autos mitVerbrennungsmotor geben?Auch da lohnt es sich, die ganze Welt inden Blick zu nehmen. Selbst in denentwickelten Volkswirtschaften beträgt derAnteil der Elektrofahrzeuge derzeit wenigerals ein Prozent. 99 Prozent der Autosfahren also noch mit Verbrennungsmotor.Der Anteil wird sinken, aber auf absehbareZeit nicht auf null. Auch im Jahr 2030wird wohl noch die Mehrzahl der Auto-mobile mit Verbrennungsmotor oder alsHybrid mit der Kombination aus Elektro-und Verbrennungsmotor auf den Straßenunterwegs sein. Der Anteil der reinen

Elektro- und Brennstoffzellenautos wirdaber kontinuierlich weiter steigen.

Und werden die noch ein Lenkrad haben?Wahrscheinlich ja, aber womöglich eines,das auf Wunsch im Armaturenbrettverschwindet, wenn das Auto selbständigfahren soll. Vielleicht kann man es auchvon links nach rechts verschieben, dannkönnen sich Fahrer und Beifahrer abwech-seln, so wie wir es mit demMini-Zukunfts-konzept gezeigt haben. In der 100-Jahre-Studie von Rolls-Royce haben wir dasLenkrad sogar ganz weggelassen. DasFahren übernimmt der digitale Chauffeur.Um Ihre Frage konkret für unsere dreiMarken zu beantworten: Im BMW ja,im Mini ja, im Rolls-Royce eher nicht.

Neue Antriebstechnologien, neue Super-computer. Kommt eigentlich alles Neue inder Welt aus dem Silicon Valley, von Apple,Google und Tesla? Oder warum pilgern soviele europäische Manager nach Palo Alto?So einfach ist es nicht. China ist und bleibtvermutlich der größte Automobilmarkt.Und wie es auf diesem Markt weitergeht,wird maßgeblich auch in China entschie-den und nicht im Silicon Valley. Insbeson-dere in den chinesischen Metropolen sehenwir die größten Luftverschmutzungs-und Lärmprobleme. Das ist dann auch dieTriebfeder für Elektromobilität. Hier istChina schon heute der größte Markt. Dortwurden im vergangenen Jahr nicht nurdie meisten Elektrofahrzeuge zugelassen,dort wurden auch die meisten gebaut.Und Chinas Einfluss auf die Mobilitätder Zukunft wird noch weiter zunehmen.

Kommen dann also morgen auch dieSupercomputer aus China?Schauen Sie sich doch an, was heute schonaus China kommt. Chinesische Unterneh-men exportieren heute schon Elektrobussenach Europa. Und auf dem chinesischenMarkt geben heimische Technologiefirmenden Ton an. Größter Suchmaschinen-betreiber ist Baidu, nicht Google. Diewichtigste Internetplattform und das

größte Online-Auktionshaus gehörenAlibaba, nicht Ebay. Diese chinesischenUnternehmen haben große finanzielleRessourcen und viele hochqualifizierteMitarbeiter, junge Chinesen, die teilweisedirekt aus dem Silicon Valley zurückkom-men, um jetzt China nach vorn zu bringen.

Warum bleiben die nicht in Kalifornien?Das hat etwas mit traditionellen Wertenzu tun. Wir haben selbst in Los AngelesMitarbeiter für unser chinesisches WerkShenyang rekrutiert. Viele junge Chinesenwollen nach ihrer Zeit im Auslandzurückkehren, um daheim die Verant-wortung für ihre älter werdenden Elternzu übernehmen. In Shenyang haben diesein Amerika ausgebildeten Chinesen einenhochwertigen Arbeitsplatz gefunden undkönnen sich nebenbei noch um ihre Elternkümmern. Diese Generation verbindetFamilie, Tradition und beruflichen Erfolg.

Wird also das Silicon Valley hierzulandezu sehr hochgejubelt?Tendenziell schon. Auch von uns werdengelegentlich Mitarbeiter abgeworben.Interessanterweise hat es die zuletzt abernicht so sehr ins Silicon Valley gezogen,sondern eher nach China. Die Mobilitätvon morgen kommt nicht nur von derWestküste der Vereinigten Staaten. Wirwerden viele unterschiedliche Mobilitäts-lösungen bekommen.

Was heißt das für Europa? In den vergange-nen 100 Jahren kamen die großen Fort-schritte, zumindest beim Auto, meist vondeutschen Herstellern. Dreht sich das jetzt?Wir müssen bei den Innovationen immereinen Schritt schneller sein als die Wett-bewerber. Wir sind verpflichtet zuTechnologieführerschaft und nachhaltigerInnovationskultur. Im Digitalisierungs-zeitalter, der vierten Umwälzung derIndustrie nach der Erfindung der Dampf-maschine, der Fließbandarbeit und derAutomatisierung in der Massenproduk-tion, müssen wir extrem schnell sein.

Nicht nur Gewerkschaftsvertreter befürchten,dass es zu einem Arbeitsplatzabbau kommt,wenn immer häufiger Automaten die Jobsbekommen. Auf der Strecke bleiben zuerst dieeinfachen Tätigkeiten, danach aber womög-lich auch die Arbeitsplätze von Facharbeiternund Fachangestellten. Brauchen wir am Endeein bedingungsloses Grundeinkommen, weilsich sonst kaum noch jemand die schönen,selbstfahrenden Autos kaufen kann?Das kann nicht die Lösung sein. Natürlichmuss Armut in einer so wohlhabendenGesellschaft wie Deutschland verhindertwerden. Es liegt auch in der Verantwor-tung der Unternehmen, daran mitzuarbei-ten, indem sie sichere Arbeitsplätzeschaffen und die Mitarbeiter anständigbezahlen. Die Automobilindustrie inDeutschland ist dafür ein gutes Beispiel.

Ganz ohne Leistungsanreize wird das abernicht funktionieren.

Also sollte es ein Recht auf Arbeit geben?Deutschland hat eine soziale Marktwirt-schaft, das ist wichtig und wertvoll. Leiderwird das manchmal vergessen. Wir habeneine Mitbestimmung und gleichzeitigein Klima, in dem sich Leistung lohntund Innovationen entstehen können.

Früher haben Abiturienten gern eineBanklehre gemacht, seit der Wirtschafts-undFinanzkrise ist der Ruf der Banker ruiniert.Der Dieselskandal von Volkswagen belastetjetzt das Image der Autoindustrie. MachenSie sich Sorgen, dass die Jungen lieber zu denhippen Technologiefirmen wechseln werden?Nein, und zwar aus einem einfachenGrund: Die deutsche Autoindustrie warund ist Teil der Gesellschaft und nimmtihre Verantwortung ernst. Wir habenMitarbeiter, die arbeiten in der drittenGeneration bei BMW.Wir sind inNiederbayern genauso in der Gesellschaftverankert wie an unserem Standort inSouth Carolina. So wissen wir, was dieMenschen bewegt. In der Wirtschafts-und Finanzkrise hatte der BMW-Konzern25.000 Mitarbeiter in der Kurzarbeit.Damals haben wir das Kurzarbeitergeldaufgestockt, um sie zu halten, weil wirwussten: Wir brauchen nach der Krisediese Menschen und keine Roboter. Dasverbindet. Und das unterscheidet uns auchvon der Kultur vieler Technologiefirmen,die sich in der Öffentlichkeit gerne alsbesonders attraktive Arbeitgeber darstellen.

Lohnt es sich eigentlich noch, Maschinenbauzu studieren, wenn ich zu BMW will?Ja, ganz sicher, denn es wird immerMenschen geben, die das gesamte Fahrzeugim Auge haben müssen, die verschiedeneKomponenten entwickeln, zusammen-führen und aus den Teilen ein Auto bauen.Darüber hinaus werden aber Ausbildungs-gänge mit dem Schwerpunkt Softwareimmer mehr an Bedeutung gewinnen.

Aber wenn eines Tages niemand mehrVerbrennungsmotoren braucht, droht IhrenBayerischen Motorenwerken das Aus. Waswerden die Tausenden Mitarbeiter dann tun?Es werden andere Tätigkeiten entstehen.Heute sind unsere Fabriken zum Beispielfast ganz digitalisiert. Ich kann die Ferti-gung eines neuen Modells komplettsimulieren, mit den Teilen virtuell durchdie Fertigung fahren. Die Veränderung istatemraubend. Trotzdem haben wir in denvergangenen Jahren die Zahl unserer Mit-arbeiter ständig erhöht. Es werden weiterMenschen gebraucht, die Hand in Handmit Robotern arbeiten. Ich glaube jeden-falls nicht an die menschenleere Fabrik.

Die Fragen stellten Holger Appelund Henning Peitsmeier.

„Auch imAuto istWellnesswichtig“

Auf die nächsten 100 Jahre:Die Zukunftsstudien derdrei BMW-Marken zeigen,dass der Wunsch nachindividueller Mobilität wohlbleiben wird. Z

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Angebote in allen GRAVIS Storesund unter grav.is/summersale

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Anna: schwarzes trägerloses Ballon-Kleid von Emporio Armani zu Overknee-Stiefeln mit silbernen Schnallen von Moschino und einer blau verspiegelten Katzenbrille von Matthew Williamson & Linda Farrow;Mariam: durchgeknöpfter Bustier-Frack von Moschino mit hochsitzenden Leggings von La Perla und Creepers mit goldenen Nieten von Hogan, „Daisuke“-Sonnenvisier von Mykita & Bernhard Willhelm sowieeiner massiven silber-schwarzen Koffer-Handtasche von Moschino

„Modern Times“ reloaded in der Fabrik in Turin,wo Maserati seinen SUV herstellt. Neue Autos, neueMode: Das sitzt, passt, wackelt – und hat Lust.Fotos Olaf Wipperfürth, Styling Markus Ebner

Anna: mehrfarbiger Statement-Pullover von Moschino, „Vice“-Sonnenbrille in Gelb mit grauen Gläsern von Mykita & Bernhard Willhelm, Colour-Block-Kuverttasche von Emporio Armani;Mariam: waldgrün gestreifter Pullover mit hohem Kragen von Fendi, „Vice“-Sonnenbrille in Blau mit schwarzen Bügeln und grünen Gläsern von Mykita & Bernhard Willhelm, schwarze Tote Bagmit aufgesetzter weißer Außentasche und silbernem Verschluss von Céline

BELLA EIMPOSSIBILE

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Mariam: ärmelloseranthrazitfarbener Rollkragen-pullover von Hugo Boss,Hose mit Karomuster undBundfalte sowie weiße spitzeHigh-Heels mit Holzabsatzvon Marni; Anna: navy-farbener Rundhalspullovermit aufgesticktem „A“von Andrea Incontri,mitternachtsblaue Samthosevon Brunello Cucinelli,zitronenfarbene rundeSonnenbrille von Dries VanNoten & Linda Farrow,rot-weiß-schwarze High-Heels mit Pfennigabsatzvon Marni

Gelbe Boucléjacke von MaxMara, Holzfällerhemd mitKristallknöpfen von No 21,weit ausgestellte Hose mitvertikalen Streifen undMetallic-Fäden aus Wollevon Missoni, bordeauxroterGürtel mit gelben Quastenund goldenen Plättchen vonDsquared2

BELLA EIMPOSSIBILE

Schwarzes Rundhals-Kleid mit Gürtel von Boss

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Anna: mehrfarbig bedrucktes Kleid mit Berglandschaft, Ärmelvolants und massivem Reißverschluss von Emilio Pucci, Sonnenbrille mit metallicblauer Verspiegelung von Italia Independent,rot-weiß-schwarze spitze High-Heels mit Pfennigabsatz von Marni, quaderförmige Tasche mit geflochtenem Tragegurt von Boss; Mariam: rotes Ripp-Top von Vionnet mit hochsitzender Blaumann-hose mit aufgesetzten Taschen und weißen Knöpfen von Marni, spitze weiße High-Heels mit Holzabsatz sowie Sonnenbrille mit ockerfarbenen Gläsern von Marni

BELLAE

IMPO

SSIBILE

Langarm-Top mit schwarzen und goldenen Pailletten von Max Mara, engsitzende Karohose von Tod’s, eckige „Daggoo“-Sonnenbrille von Mykita Mylon

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Colour-Block-Top mit Ledergürtel von Salvatore Ferragamo

BELLA EIMPOSSIBILE

Pailletten-Top mit Blumen-motiv von Rochas, Minirockvon No 21, blutrote Tote Bagvon Marni, schwarzeLeder-Boots mit weiß-golde-nem Absatz von Jimmy Choo

Mariam: hellbraune Bomberjacke und Poloshirt von Larusmiani, ausgestellte Bouclé-Hose in leuchtendem Gelb von Max Mara, Panto-Sonnenbrille von Mykita & Maison Margiela, Schlüsselanhänger sowie derbeBoots mit Plateauabsätzen und Nieten von Prada; Anna: vertikalgestreiftes Hemd mit Pailletten-Detail und lockersitzende Hose von MSGM

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30 MODE

Anna: leuchtend gelbe Lederjackemit aufgesetzten Brusttaschen vonMax Mara, Shirt und Cardiganvon Ralph Lauren, Marlene-Hosevon Sportmax; Mariam: doppel-reihiges Jackett mit steigendemRevers und passender Hose inSchneeweiß von Bottega Veneta,Rollkragen-Pullover von Boss

Models: Anna Grostina, Mariam de

Vinzelle (beide Viva Paris)

Produktion: André Werther Milan

Mode-Koordination: Evelyn Tye

Stylingassistenz: Leonie Volk,

Giuseppe Sileo

Make-Up: Sissy Belloglio (WM)

Haare: Davide Asquini (Green Apple)

Lichtassistenz: Julien Grignon,

Riccardo Oggionni

Digital Operator: Veronica Giacò

Mode bei Maserati? Wo sonst! Der Autobauer ge-hört zu den großen italienischen Sportwagen-Marken. Gegründet wurde das Unternehmen

im Dezember 1914 in Pontevecchio in Bologna, es ist alsoviel älter als zum Beispiel Ferrari oder Lamborghini. AlfieriMaserati und seine Brüder Ettore und Ernesto eröffnetendamals eine Autowerkstatt. Das technische Talent hattendie Brüder von ihrem Vater geerbt, einem Eisenbahn-Inge-nieur. Etwas aus der Art schlug Mario, der künstlerischeAmbitionen hatte. Aber von ihm ist das Markenlogo – derDreizack. Er entwarf es 1926, nach dem Vorbild desNeptunbrunnens in Bologna.

Vor genau 90 Jahren fuhr auch das erste Auto – genauer:der erste Rennwagen – mit dem Dreizack auf dem Kühler,der Tipo 26. Er siegte auf Anhieb in seiner Klasse bei derlegendären Targa Florio in Sizilien. 1932 starb Alfieri anden Spätfolgen eines Rennunfalls, und ein weiterer Bruder,Bindo, trat in das Unternehmen ein. Auch er war ein Auto-mann, bis dahin hatte er bei Isotta Fraschini gearbeitet.Doch der Spirit von Alfieri fehlte. Im Jahr 1937 verkauftenEttore, Ernesto und Bindo die Marke an den IndustriellenAdolfo Orsi aus Modena. Produktion und Firmensitz wur-den dorthin verlegt.

Gebaut wurden weiterhin Rennwagen. Nach demKrieg produzierte man zudem Serienfahrzeuge, auch umdas eigene Engagement im Rennsport zu finanzieren. Dererste Jedermann-Maserati war der A6, ein Sport-Coupé ausdem Jahr 1947. Die Rennsport-Erfolge in den fünfzigerJahren machten Maserati in der Welt bekannt. Juan ManuelFangio gewann 1957 auf Maserati die Formel 1. Ebenfallsmit der Marke unterwegs: Tazio Nuvolari, Alberto Ascarioder Stirling Moss. Aber schon im Jahr 1958 stieg man ausdem Rennsport aus. Die finanziellen Mittel fehlten, unteranderem deshalb, weil Argentinien nach dem Putsch gegenStaatspräsident Juan Péron seinen Verpflichtungen gegen-über Orsi nicht mehr nachkam.

Unsere Modestrecke haben wir beiMaserati in Mirafiori aufgenommen.Die italienische Sportwagen-Marke

blickt gerade mit ihrem neuenSUV in die Zukunft – wie die

Herbstkollektionen der Designer.Von Boris Schmidt

Dennoch spielte Maserati eine wichtige Rolle in densechziger Jahren, der besten Zeit der italienischen Sport-wagen-Kultur. Mit dem Quattroporte (übersetzt schlichtViertürer) eröffnete man 1963 als Erster das Segment dersupersportlichen Limousinen. Andere Highlights aus die-ser Zeit sind der Ghibli, der Mistral oder der Bora. DieModelle Ghibli und Quattroporte sind heute wieder oderimmer noch im Programm.

Aber vom Ruhm alleine kann man nicht leben. Wirt-schaftliche Schwierigkeiten führten Ende des Jahrzehntszu einem mehrheitlichen Einstieg von Citroën. Als dasUnternehmen seinerseits von Peugeot übernommen wurde,schlug man Maserati 1975 dem Konkurrenten De Tomasozu. Doch die finanzielle Lage besserte sich nicht. DeTomaso verkaufte 1989 erst die Hälfte, dann 1993 allesan Fiat. Seither arbeiten Maserati und Ferrari (Fiat ist seit1969 bei Ferrari engagiert) eng zusammen. In den Jahrenzuvor war man stets härteste Konkurrenz gewesen. „Mase-rati hat uns immer zur Höchstleistung getrieben“, sagtezum Maserati-Jubiläum vor zwei Jahren Antonio Ghini,der Direktor des Ferrari-Museums, über die Schwester-marke.

In jüngster Zeit gelang endlich der Aufschwung. Mittler-weile werden im Jahr mehr als 30.000 Maseratis in allerWelt verkauft. Noch bis 2012 waren 10.000 Fahrzeuge imJahr unerreichbar, im alten Jahrhundert liegt der Rekordbei 6300 Einheiten im Jahr 1984.

Doch 30.000 sind nicht genug. Jetzt soll der Levante,der erste SUV der Marke, diese Zahl nochmals verdoppeln.Maserati bricht gerne und erfolgreich mit vermeintlichenTabus, das hat man schon mit dem Einsatz von Diesel-motoren in den Limousinen bewiesen. Für den Levantegibt es schon mehr als 1000 Blindbestellungen. Das hates in diesem Haus noch nicht gegeben. Der Einstieg indie Levante-Welt kostet 70.500 Euro. Maserati will vomSUV-Boom profitieren, der die ganze Welt erfasst hat. Derallradgetriebene Levante wird mit einem Dieselmotor zuhaben sein, für 2018 ist Plug-in-Hybridtechnik avisiert.Dabei wird Technik aus dem Chrysler Pacifica zum Ein-satz kommen. Der Levante selbst ist eine Eigenentwick-lung und kein Jeep-Ableger, wie es ursprünglich geplantwar. Denn seitdem Fiat und Chrysler zusammengehören,ist die Familie um Maserati noch größer geworden.

Gebaut wird der erste Maserati, für den ab Werk eineAnhängerkupplung zu haben ist, im Turiner StadtteilMirafiori. Auch das ist eine Premiere für die Marke ausModena. Historisch gesehen ist Mirafiori ein Fiat-Stand-ort; erstmals rollten dort schon 1939 Autos von den Bän-dern, unvergessene Fiat-Klassiker wie der Topolino, der alte500 und in jüngerer Zeit der Uno oder der Panda. Für Ma-serati wurde die Produktion an alter Stelle neu aufgebaut.

Und auch die Bilderstrecke auf diesen Seiten ist einDebüt. In dem Werk, in dem die Zukunft von Maseratientsteht, sind Models unterwegs, die mit ihrer technoid-futuristischen Mode weit über Herbst und Winter 2016hinausweisen. Es ist ein Ort, der für die Symbiose ausAutos und Mode prädestiniert ist. Denn der Levante blicktnach vorn, so wie die Zukunftsentwürfe der Designer.

UNMÖGLICH SCHÖN

31AUTOKLÄNGE

MEERESRAUSCHENAUF ASPHALT

Wie klingt der optimaleBlinker? Der Motor?Gibt es eine angenehmeEinparkhilfe? KlausGenuit, der solche Soundsentwirft, über die besteAkustik im Auto.

PIEPSEN BEIM EINPARKENEs muss nicht nervig sein, es gibt auchLösungen, die angenehm sind. Leiser.Viele sind zu laut und hochfrequent;für das Gehör ist das unangenehm.Man könnte das Piepsen wie einenSound designen. So dass es zumBeispiel einem C-Dur-Klang gleicht.Auch eine Geige klingt nicht gut,wenn sie schlecht gestimmt ist. Dasrichtige Tuning von Sound ist ebenwichtig, aber es wird in der Automobil-industrie zuweilen stiefmütterlichbehandelt. Die wenigsten arbeitenbei solchen Fragen zum Beispiel mitMusikern zusammen. Außerdemsind die Sensoren beim Zurücksetzenmanchmal träge. Wenn man dannetwas dynamischer rückwärts ein- oderausparkt, ist man schon gegen dasHindernis gefahren, bevor die Ultra-schallsensoren das überhaupt erkannthaben. Eigentlich funktionierensie nur sinnvoll, wenn man kriecht.

HUPEDie klassische Hupe ist so gebaut, dassauch ein anderer Autofahrer, der inseinem Wagen abgekapselt ist, sie nochhören kann. Wenn man diese Hupeverwendet, um einen Fußgänger zuwarnen, ist sie natürlich viel zu laut.Ein gutes Warnsignal ist besonders beileisen Autos wichtig, also bei Elektro-fahrzeugen. Es muss bei den Fußgängernsofort die Assoziation hervorrufen:Achtung, hier kommt ein Auto.Andererseits sollte es aber auch nichterschreckend laut sein. Daher sindmodellierte Rauschsignale für das Gehörangenehmer als Töne. Wenn mehrereFahrzeuge dann zum Beispiel zumAutokorso zusammenkommen, klingtdas wie ein Meeresrauschen.

ZUSCHLAGENDE AUTOTÜRDas erste Geräusch, das man hört,stammt nicht von der Tür, die zuge-schlagen wird, sondern von der Tür, dieman öffnet. Darauf legen alle Auto-hersteller viel Wert, denn es ist oft dererste akustische Kontakt mit einemAuto. Wenn dieses Geräusch schoneine schlechte Qualität vermuten lässt,weil es blechern oder schepperndklingt, dann bekommt man gleich einenegative Voreinstellung. Die Tür musskraftvoll klingen und tief, denn soassoziiert man Masse und Stabilität.Sind höhere Frequenzen enthalten,

entstehen scheppernde Eindrücke.Auf die Kofferraumklappe wird nichtganz so viel Wert gelegt, aber auchda möchten die Hersteller natürlichhohe Frequenzen vermeiden: Sie solltenur mit einem dumpfen „Klopp“geschlossen werden. Bei immer mehrTüren gibt es nun aktive Unterstützung.Man selbst muss die Tür eigentlichnur noch anlehnen, und der Servomotorzieht sie dann selbstständig ins Schloss.Das wird eine ganz neue Heraus-forderung. Wie soll so etwas klingen?Am besten ist hier nur ein kurzes,tiefes „Blubb“.

BLINKEREigentlich muss beim Betätigen des Blin-kers heute kein Geräusch mehr erklingen.Historisch gesehen schon, denn früherwar es wirklich ein Relais, das die Lam-pen ein- und ausgeschaltet hat, und die-ses Klicken hörte man dann. Heute läuftdas elektronisch ab, der Blinker ist alsoeigentlich geräuschlos. Aber man ist esin diesem Fall aus der Historie gewohnt,ein akustisches Feedback zu bekommen.Es gibt sogar Automobilhersteller, dienoch ein kleines Billigrelais hinzufügen,das nur für das Geräusch zuständig istund selbst keine Schaltfunktion mehrhat. Viele sind inzwischen auch dazu

übergegangen, mit Mini-Lautsprecherneinen Sound zu erzeugen. Leider wird daimmer noch sehr viel Geld gespart. Wennman schon aktiv den Sound gestaltet,kann man das auch dynamisch machen.Wenn man an der Ampel steht, wäredann zum Beispiel nur ein Tockern zuhören. Wenn man mit 160 Kilometernpro Stunde auf der Autobahn überholt,wäre es ein deutliches Klicken. In jedemFall ist die Unregelmäßigkeit beimEntwerfen des Blinkergeräuschs wichtig.Elektronisch klingt es eigentlich gleich-mäßig. Aber der Autofahrer erwartet, dassder Sound beim An- und Ausschaltenjeweils anders ist.

HERUNTERFAHRENDEFENSTERSCHEIBESie sollte bestenfalls nach gar nichtsklingen. Ein geräuschloser Scheiben-heber ist ein wunderbarer Luxus.Quietsch- und Schleifgeräusche oder einjaulender Elektromotor sind hingegensehr unangenehm. Es gibt verschiedeneAntriebsmechanismen, aber eigentlichgilt immer: Je leiser, desto besser.Und wenn man die Scheibenheberschon hört, dann sollten zumindestalle im Auto gleich klingen.

AUTOMOTORSchwieriges Thema: Die sportlichenFahrzeuge produzieren viel unnötigenLärm, also einen zusätzlichen Sound,um das Auto nach außen akustischwirken zu lassen. Des einen Freud, desanderen Leid. Nichts kann man zumBeispiel gegen die Lautsprecher oderkleinen Shaker im Fahrzeuginnenraumhaben. So hat der Fahrer etwas davon,wenn er sein Auto auf sportlich schaltet.Aber nach außen hin sollten die Fahr-zeuge so leise sein, wie es nur technischmöglich ist.

Prof. Klaus Genuit ist Inhaber vonHead Acoustics, einem Unternehmen fürAkustiklösungen in Herzogenrath.Protokolle Jennifer Wiebking

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Page 17: AUTOS NABEL - dynamic.faz.net · DESI GN: DIS SIN G + WEITLI NG / LINDB ERG · PAT ENTE D EDITORIAL 7 FO TO IS TO CK VerantwortlicherRedakteur: Dr.AlfonsKaiser RedaktionelleMitarbeit:

32 FAHRPRÜFUNG

Nicht einmal F.A.Z.-Redakteure sind geboreneFahrkünstler. Elf Kollegen aus allen Ressorts berichten,wie sie durch die Führerscheinprüfung fielen.

Das war’sdann wohl!

Julia Bähr

IN BLINDEM VERTRAUEN ABGEBOGENWenn man überprüfen möchte, ob maneinen blinden Fleck hat, kann man dasandere Auge zuhalten, einen Punktfixieren und den Kopf seltsam verdrehen.Man wird dann im Uni-Seminar ange-schaut, als habe man einen Exorzismusnötig. Und es bringt keinen Erkenntnis-gewinn, aber das wusste ich damals, imSeptember 2003, noch nicht. Ich hatte nurein schmerzendes Auge, eine am Nach-mittag anstehende Führerscheinprüfungund in beiden Punkten ein mieses Gefühl.Ich fuhr trotzdem zur Fahrschule, womich ein schlecht gelaunter Prüfererwartete, der über sein Magengeschwürklagte, noch ehe wir ins Auto gestiegenwaren. Wir gondelten durch München,hielten schön an den Stoppschildern undließen uns dauernd anhupen, weil wirim einzigen Auto saßen, das sich an dieGeschwindigkeitsbegrenzung hielt. Dannsollte ich nach links auf eine mehrspurigeEinbahnstraße abbiegen, schaute nachrechts, fuhr los – und mein Fahrlehrer tratauf die Bremse. Ein Auto rauschte direktvor uns vorbei. Ich hatte es übersehen undfiel durch. Aber wenn ich das Gesichtdes Prüfers richtig interpretierte, konnteich zumindest ihm damit eine kleineFreude bereiten. Danach tat ich zumersten Mal an diesem Tag etwas nicht

ganz Bescheuertes: Ich ging zum Augen-arzt. Er diagnostizierte eine Geschwulstauf der Hornhaut, verursacht durchmangelnde Pflege der Kontaktlinsen,schmierte eine Salbe drauf und packte dasAuge in einen spektakulären Verband, dener mehrfach um meinen Kopf wickelte.„Sie können den Verband morgenabnehmen, aber Sie dürfen diese Wocheauf keinen Fall Auto fahren“, schärfte ermir ein. „Keine Sorge“, sagte ich. „Ichhabe keinen Führerschein.“ Beim zweitenVersuch, drei Wochen später, sah ichwieder tadellos. Allerdings war ich sohysterisch vor Angst, ein zweites Maldurchzufallen, dass ich nicht normalatmen, sondern nur nach Luft schnappenund sie langsam wieder auspusten konnte.Mein Gehechel muss Prüfer und Fahrlehrerwahnsinnig gemacht haben. Ich überholtein einer Engstelle todesmutig einen Lasterund parkte zu schwungvoll ein. Als esvorbei war, gab mir der Prüfer den Führer-schein und sagte irgendwas von „geht doch“und „bisschen risikofreudig vielleicht“.Vermutlich wollte er mir kein drittes Malbegegnen. Übrigens fahre ich bis heuteunfallfrei. Und die Pflege meiner Kon-taktlinsen nehme ich seit 2003 sehr ernst.

Die Autorin ist Redakteurin im Feuilleton.

Susanne Preuß

DIE NÄCHSTMÖGLICHE LINKSWie peinlich das immer war: Ich kam aus der Gemeinde-ratssitzung oder der Hauptversammlung der freiwilligenFeuerwehr, und draußen stand mein Vater mit dem Auto,um mich abzuholen. Er war sehr geduldig. Es gab ja 1983noch kein Handy, er musste also abschätzen, wann es Zeitwäre, die Tochter zu holen. Aber woher sollte er ahnen,wie lang so eine Veranstaltung geht? Bestimmt musste eroft lang warten. Heute verwundert mich auch, wie meineEltern klaglos akzeptierten, dass ich nach dem Abiturnicht gleich studieren wollte, sondern als freie Mitarbeiterindes „Südkuriers“ für ein ausbeuterisch niedriges Zeilen-honorar den Journalismus erkundete. Was sie aber nichtakzeptierten: dass ich mit meinem Fahrrad durch dieNacht fuhr, zumal meine Abendtermine oft am Ende derWelt stattfanden. Also musste der Führerschein her, undzwar schnell. Ich erinnere mich nicht besonders gut daran.Nur an Theoriestunden in überhitzten Räumen (das WortKlimaanlage war damals noch nicht mal erfunden) undan einen schönen Sommerabend mit einer Fahrt auf denFeldberg im Schwarzwald: Überlandfahrt und Nachtfahrtfür zwei Fahrschüler mit Abendessen auf der Höhe,herrlich. Dann die Fahrprüfung. Das mit dem Fahren warja easy. Aber der Prüfer legte mich rein. „Die Nächstmög-liche links“, sagte er, und ich entschied mich für die dritteEinmündung. Sekunden später war die Prüfung beendet.Ich hätte da immer noch nicht abbiegen dürfen. Zwar gabes Autos, die auf just dieser Fahrbahn von rechts nachlinks fuhren, aber sie kreuzten die Straße, nur abbiegenwar nicht erlaubt. Mittlerweile ist aus dem Straßengewirrein riesiger Kreisverkehr geworden, in dessen Mitte eineEsso-Tankstelle steht – die gab es auch damals schon. Eswar ein Drama, dass ich durch die Prüfung fiel, denn dieFahrschule hatte dann erst mal Ferien, und alles dauertenoch länger. Das Auto, das mein Vater freundlicherweiseschon für mich gekauft hatte, stand einsam auf der Straße.Auch später wurden wir nicht warm miteinander. Es wareine Ente, 23 PS, vorsintflutliche Technik, mit der Kurbelsollte man den streikenden Motor selbst anwerfen. Daswar ungefähr so sexy, wie vom Vater abgeholt zu werden.Da kaufte ich doch lieber einen Käfer. Meinen Führer-schein von damals habe ich nicht mehr. Er wurde mirgeklaut, in Verdun, als unser Wohnmobil aufgebrochenwurde, während wir uns mit den Toten des ErstenWeltkriegs beschäftigten.

Die Autorin ist Korrespondentin in Stuttgart.

33FAHRPRÜFUNG

Thomas Klemm

GUTE ENTSCHEIDUNG ZUR FALSCHEN ZEITMeine Road Story spielt in Deutschland,ihr Thema ist aber uramerikanisch. Siehandelt von einem Typen, der scheitert.Und das nicht nur einmal. Unaufhörlichmuss er gegen die Widerstände der Weltankämpfen. Er hält durch, trotz allerSelbstzweifel und Rückschläge, und amEnde steht er als strahlender Held da.Auch eine Moral hat die Geschichte. DieStory beginnt in einer Kleinstadt im Jahr1984. Unser Typ, nennen wir ihn Tom,hat den theoretischen Teil der Führer-scheinprüfung tadellos bestanden, nunmuss er zeigen, dass er Auto fahren kann.Er kurvt um den Häuserblock, setzt an derersten Kreuzung den Blinker, biegt linksab wie geheißen. „Das war’s dann wohl“,sagt der Typ auf der Hinterbank. Was war,fragt sich Tom, der sich so verhalten hat,wie man sich im Stadtverkehr verhält:Kommt ein Geradeausfahrer nicht in dieGänge, weil er den Motor abgewürgt hatoder vor sich hin träumt, nutzt man ebendie Gelegenheit und biegt zügig vor ihmab. Tom hat eine gute Entscheidung zurfalschen Zeit getroffen. Durchgefallen.Zwei Wochen später, nächste Prüfung.Tom fährt ohne Selbstvertrauen. Das gehtso lange gut, bis er am Ende der Prüfungrückwärts einparken soll. Nach drei

Anläufen steht das Auto immer nochmitten auf der Straße. Wieder durchgefal-len. Das Geld, das für den Führerscheinvorgesehen war, wird knapp. Beim drittenMal muss es klappen. Mit zittrigenHänden manövriert Tom das Fahrzeug,mit schlotternden Beinen steigt er aus, mittrockenem Mund nimmt er endlich dieFahrberechtigung entgegen. Seine Freudehält sich in Grenzen, das Vertrauen seinerEltern auch. Der Vater verweigert ihmden BMW, die Mutter gibt ihren VW nurunter Auflagen. Die Bundeswehr weißvon alledem nichts und fällt eine mutigeEntscheidung: Tom soll den Lkw-Führer-schein machen. Seine vierte Fahrprüfunggelingt grandios. Einen 7,5-Tonner durchden Stadtverkehr steuern – pipifax! DenLkw samt Anhänger rückwärts einparken– kein Problem! Gefahrengüter oderPanzermotoren durch die Gegendkutschieren – cool! Zum Trucker gereift,fährt Tom jetzt auch wirklich gut Auto.Ob die Road Story glücklich endet, liegtnicht nur an Tom. Darum, Fahrer, hörtdie Signale: Nicht für die Fahrschule,sondern fürs Leben lernen wir.

Der Autor ist Redakteur im Ressort „Wirt-schaft/Geld & Mehr“ der Sonntagszeitung.

Ulf von Rauchhaupt

WO SCHALTET MAN DIE SCHEINWERFER AN?„Nicht bestanden“: vier Silben, die erstepunktiert und eine Terz über den dreiübrigen. Es gibt wenig, was mir so bis indie Sprachmelodie hinein im Gedächtnisgeblieben ist wie das Verdikt des Herrnmit dem silberglänzenden Brillengestell.Sonst erinnere ich mich kaum noch anjenen Herbsttag des Jahres 1982, nurnoch an das verärgerte Gesicht meinesFahrlehrers, des Inhabers der FahrschuleHauser in Augsburg. Bis heute frage ichmich, worüber er erbost war. Über mich?Den Prüfer? Seinen eigenen Regiefehler?Die Prüfungsfahrt fand nämlich ineinem VW Golf statt, da der kleineBMW, mit dem ich viele Fahrstundenbestritten hatte, zur Reparatur musste.Ausgerechnet an jenem Morgen lagNebel über der Stadt, und ich hatte keineAhnung, mit welchem Knopf im Golfdie Scheinwerfer anzuschalten waren, alsder Prüfer mich dazu ermahnte. Damitwill ich nicht andeuten, dass ich dieFahrprüfung ohne Nebel oder in meinemBMW bestanden hätte. Und auch derHinweis, dass die Augsburger Innenstadtnicht unbedingt für ihre Verkehrsführunggerühmt wird, war eher eine Ausrede.In Wahrheit habe ich mich einfach schwergetan mit dem Fahrenlernen. Das hatte

sicher auch mit mangelndem Enthusias-mus zu tun, für Autos und für Fort-bewegungstechniken überhaupt. NachAuskunft meiner Eltern war schon dasLaufställchen für den Erstgeboreneneine Fehlinvestition. Und als mir meintechnikbegeisterter Vater mein erstesFahrrad kaufte, empfand ich das alsDrohung. Auch meine Links-Rechts-Insuffizienz vergällte mir die Fahrstunden:Der Fahrlehrer forderte mich zumRechtsabbiegen auf, und ich ordnetemich links ein; oder umgekehrt. Für denzweiten Anlauf zur praktischen Prüfungorganisierte mir mein Fahrlehrer dannden Chef aller Augsburger Fahrprüfer.Lag es an seinem erfahrungsgesättigtenWohlwollen? Oder daran, dass der BMWwieder da war? Dieses Mal klappte es.Danach saß ich 17 Jahre an keinemLenkrad mehr, bis eine Amerika-Reiseanstand. Ich nahm noch mal Fahrstunden,in Berlin, in einem Wagen mit Automatik-getriebe. Dann galt es, ein Mietautovom Flughafen quer durch Los Angelesnach Pasadena zu steuern. Das war meineeigentliche Fahrprüfung.

Der Autor leitet das Ressort „Wissen“ derSonntagszeitung.

Boris Schmidt

DER FUSS GING VOM GASDie siebziger Jahre. Die Liebe zum Auto und zu allem,was aus eigener Kraft fährt, stellt niemand in Frage.Die Eltern wohnen mehr als abseits, der Papa fährt jedenMorgen den Bub zur Schule, und es ist gar keine Frage,dass der Bub mit 16 ein Mokick und mit 18 ein Auto be-kommt. Schon die Zündapp GTS 50, damals 2250 Markteuer, bringt dem Außenseiter ungeahnte Freiheit und,ja, auch neue Freunde. Damals war für die Klasse 4 nureine theoretische Prüfung notwendig. Die Vorfreude aufdas Auto ist riesig, das Durchfallen bei der ersten Prüfungeine mittlere Katastrophe. Und jetzt noch länger warten.„Did you pass it?“, fragte der Englisch-Lehrer, nachdemdas Zuspätkommen mit dem „Driving-Test“ begründetworden war. Das „No“ schmerzte. Noch am Morgenkannte die Selbstsicherheit keine Grenzen. Dem Fahr-lehrer, Kleinschmidt hieß er, werde man es schon zeigen.Er war streng, und der kleine Klapps auf den Hinterkopfnach dem Überfahren eines Stopp-Schildes ist bis heutenicht vergessen. Geholfen hat es nicht. Wie zuvor geübt,fand die Prüfung hauptsächlich auf Nebenstraßen imFrankfurter Stadtteil Höchst statt. Alles geht gut, auchdas Einparken ist abgehakt, es wird geschulterblickt ohneEnde, und da naht dieses Auto aus der kleinen Querstraßerechts. Die Situation ist etwas unübersichtlich, der Fußgeht vom Gas, mehr aber auch nicht. Zu wenig. „FahrenSie rechts ran.“ Mit die größte Strafe: zu erleben, wieder andere Fahrschüler im Wagen die Prüfung mühelosschafft. Dumm auch, dass alle wussten, dass Prüfung war.Der große Schmidt wird ganz klein. Beim nächsten Malkonsequentes Schweigen, nur die Eltern wissen Bescheid.Der erste Sommerferientag, sechs Wochen nach demFiasko, ist ein guter Termin. Mit einer fadenscheinigenAusrede wird die geplante Urlaubsreise mit Kumpels aufDienstag verschoben und voller Stolz dann der Lappengezeigt. Dieses Mal gab es keine Probleme, der Prüferhieß ja auch Liebeskind. Er nimmt drei Jahre späterauch der Freundin die Prüfung ab; sie schafft es beimersten Mal. Bis heute ist es ein Trost, dass 1978 auch dieBesten aus dem Schuljahrgang bei der ersten Prüfungdurchrasselten. Charlotte fuhr gegen die Einbahnstraße,Tobias über eine rote Fußgängerampel. Heute sind beideerfolgreiche Ärzte. Und ich schreibe über Autos. DenLastwagen-Führerschein habe ich dann übrigens beimersten Mal bestanden.

Der Autor ist Redakteur im Ressort „Technik & Motor“.

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34 FAHRPRÜFUNG

Markus Frühauf

DAS VORFAHRT-SCHILD ÜBERSEHEN

Der erste Blick aus dem Fenster versprachan dem Januartag des Jahres 1987 wenigGutes. Es hatte in der Nacht geschneit inIngolstadt, und das nicht zu knapp. Nunalso rutschige Straßen. Mir wurde bange.Die letzten Fahrstunden hatte ich auftrockenen Straßen absolviert, zur Zufrieden-heit meines Fahrlehrers. Als ich mit demFahrrad zur Prüfung aufbrechen wollte,lag ich gleich auf dem schneebedecktenBoden – ausgerutscht. Auf der Donau-brücke geriet ich mit dem Fahrrad insSchlingern. Die Theorieprüfung hatte ichdenkbar knapp bestanden. Ein falschesKreuzchen mehr, und ich hätte nichteinmal vorfahren dürfen. Im Auto dernächste Schock: Der Prüfer und ich warenuns auf den ersten Blick unsympathisch.Aber daran hat es dann nicht gelegen.Ich fiel durch, weil ich ein Vorfahrt-Schildübersah. Nur das beherzte Bremsenmeines Fahrlehrers verhinderte Schlimme-res. Fazit des Prüfers: „Das war wirklichschlecht. Sie haben die Prüfung nichtbestanden.“ Zu Hause musste ich meinScheitern den Eltern erklären, was fastunmöglich war. Denn in Ingolstadt, derAudi-Stadt, muss man Benzin im Bluthaben. Es war Freunden und Verwandten

schon schwer zu erklären gewesen, dassich nicht sofort mit 18 den Führerscheingemacht hatte, sondern erst eineinhalbJahre später. Mir reichte es, dass es inmeinem Freundeskreis ausreichendAutobesitzer gab. Auch der Spitzname„Beifahrer“ störte mich wenig. Doch derFührerschein musste her. Am Samstagnach der vermasselten Prüfung ließmich mein Vater auf einem öffentlichenParkplatz rückwärts einparken. Dasklappte unerwartet gut. Als mein Fahr-lehrer mich für eine weitere Fahrstundeabholte, fragte meine Mutter ihn, wiesoes denn das erste Mal nicht geklappthabe. Die Antwort: „Er hat sich aberziemlich dumm angestellt.“ Dafür liefdie zweite Prüfung problemlos. DieMärz-Sonne schien, und ich fuhr Prüferund Fahrlehrer, die sich kannten, durchden Ingolstädter Norden spazieren. Diebeiden unterhielten sich angeregt. DenFührerschein konnte ich einen Tag späterabholen. Ich habe ihn seitdem nichtabgeben müssen. Doch meine Beziehungzum Auto blieb unterkühlt. Keine Spurvon Benzin im Blut.

Der Autor ist Wirtschaftsredakteur.

Nina Hewelt

OHNE SCHULTERBLICK ABGEBOGEN

Meine erste Führerscheinprüfung verliefunspektakulär. An einer abschüssigenStraße musste ich bei Rot an der Ampelhalten und wäre meinem Vordermann fastan die Stoßstange gerollt. An der gleichenKreuzung nahm ich einem anderen dieVorfahrt. Danach beschleunigte ich aufdem Zubringer einer Schnellstraße auf80 Kilometer in der Stunde, 50 warenerlaubt. Ich spürte die Nervosität meinesFahrlehrers, obwohl er sich angeregt mitdem Prüfer unterhielt. Schließlich bog ichohne Schulterblick um ein geparktes Auto.Ich durfte noch bis zum „Real“-Parkplatzweiterfahren – wo schon so mancherBremer Fahrschüler heulend aus demAuto stieg. Bestanden hatte ich nicht. DieRückfahrt verbrachte ich weinend aufdem Beifahrersitz. Wochen später standdie zweite Prüfung an. Leider hatte icheine Blasenentzündung. Prüfung machen?Zu Hause bleiben? Ich entschied mich fürdie erste Variante. Nichts trinken vorher,dann passt das schon. Aber nichts passte.Ich kurvte lässig durch die Straßen, parkteein, fuhr auf der Autobahn, doch dereinzige Gedanke galt meiner Blase. Schonnach fünf Minuten konnte ich mich nur

noch auf die Schmerzen konzentrieren.Der Verkehr und die Prüfungssituationerschienen einfach nicht mehr so relevant.Ich fuhr ziemlich souverän. Kein nervösesZucken auf dem Beifahrersitz, keinRäuspern von der Rückbank. Irgendwannhielt ich es nicht mehr aus. Ich mussteso dringend zur Toilette, dass ich amnächsten Stoppschild stehen blieb,durchatmete und Prüfer und Fahrlehrerfragte, ob wir die Fahrt unterbrechenkönnten. „Wir sind gleich fertig, rechtsabbiegen, die Straße runter, dann sind Sieerlöst“, sagte mein Fahrlehrer. Ich bog aufden Parkplatz und hörte im Hintergrund:„Gehen Sie erst mal zur Toilette. Danachberichten wir vom Ergebnis.“ Noch bevorich mich abgeschnallt hatte, öffneteich die Tür und ließ die Füße von denPedalen. Der Wagen würgte gurgelndund machte einen Satz nach vorne. Ich sahmich schon in der dritten Fahrprüfung.Aber außer diesem Fauxpas hatte ich allesgemeistert. Ich bekam eine Standpauke –und den Führerschein.

Die Autorin ist Volontärin in der GrafischenGestaltung.

Ralf Weitbrecht

EIN AUTO, DAS VON RECHTS KAMDie gute alte Gartenstraße. Keine Ahnung, wie oftich da als junger Bursche lang gegangen und geradeltbin. Meine Oma wohnte dort. Nach der Schule gabes zum Nachtisch bei ihr immer leckeres Kompott.Nicht ganz so lecker war das Ereignis, das mir dortan einem sonnigen Apriltag des Jahres 1979 widerfuhr;es schmeckte ziemlich bitter. Schließlich hatte michmein Fahrlehrer – nennen wir ihn einfach „Schorse“ –immer wieder mal übungshalber durch die Gartenstraßegeschickt. Den Hinweis, dass da vorne links meine Omazu Hause war, kommentierte er so: „Junge, konzentrierdich auf den Verkehr.“ Am Prüfungstag war so gutwie kein Verkehr. Alles ruhig. Die Kleinstadt schienim Schlummerschlaf. Die Fahrt lief prima, wie im Flug.Dann die Anweisung von der Rückbank: „Fahren Siemal da vorne in die Gartenstraße.“ Es ist eine geschwun-gene Straße, die ausschaute wie ein Bumerang. Sie hattenur einen kleinen, aber entscheidenden Schönheitsfehler:eine abknickende Vorfahrt in den Klosterkamp. Undtatsächlich: Als ich schon den Führerschein vor meinemgeistigen Auge sah, übersah ich das nur scheinbar ausdem Nichts kommende Auto von rechts. Der folgendeAusspruch ist bekannt: „Fahren Sie mal rechts ran.“Ein paar Monate später bin ich wieder rechts rangefahren.Die Nachprüfung dauerte nur wenige Minuten,und noch auf der Kühlerhaube unterschrieb der Prüferden grauen Schein. Trotzdem suchte ich Trost und Rat.Dem Vater eines Schulfreundes erzählte ich von meinemMissgeschick in der Gartenstraße. Als er von seinerFahrschulzeit berichtete, bekam ich eine Ahnung,was damals bei uns rund um die Kleinstadt am Teufels-moor möglich war. Ich fragte: „Sagen Sie mal, IhreFahrschule war doch mehr als zehn Kilometer vonIhrem Wohnort entfernt. Wie sind Sie da überhaupthingekommen?“ Ein kurzes Lächeln, dann die Antwort:„Mit dem Auto natürlich. Wie sonst?“

Der Autor ist Sportredakteur.

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Reinhard Müller

DER PFEIL NACH RECHTSMein Fahrlehrer hat mich fürs Lebengeprägt. Weniger deshalb, weil er mehr-fach verheiratet war und schon amMorgen Hochprozentiges trank. Nein, ergab auf der Landstraße das unsterblicheMotto „lieber 102 als 98“ aus. Nochbesser: Als einmal eine Fahrschülerinnach Verlassen einer Ortschaft auf seinKommando „Beschleunigen“ Gas gab,drückte er sein eigenes Pedal mit denWorten „Das ist kein Beschleunigen“ volldurch. Herrlich! Auf einer langen Über-landfahrt nahm er die Fahrschulschilderab und ermunterte uns, den Turbodieselauszufahren. Schön. Was will man mehr,als nicht als Schüler erkannt zu werden.Der Fahrlehrer verhielt sich damals schonnach dem weisen Satz meines in Romlebenden Onkels über den Fahrstil derItaliener: leben und leben lassen. So ließ erauch mal anderen die Vorfahrt, großzügigmit der Lichthupe blinkend. Also einegute Ausbildung, noch dazu in nur dreiWochen in einer Art Internat in Nienburgan der Weser, in das Schüler aus ganzNorddeutschland in den Osterferienkamen, sogar eine junge Dame ausWest-Berlin, um den Lappen abzustauben.Ein kleiner Nachteil vielleicht: Man lerntdie Stadt der Prüfung erst während derFahrstunden kennen; ich war immerhinmit den Eltern ein paar Mal durchNienburg und daran vorbeigefahren. DerPrüfer unserer Gruppe hatte vor uns schoneinige durchrasseln lassen. Aber es ginggut los: Ich parkte rückwärts ein wie kaumje vorher oder nachher. Dann setzt dieErinnerung teilweise aus. Es schien ganzgut zu laufen, bis in einem mir bis dahinunbekannten Wohngebiet eine langeVerkehrsinsel auftauchte. Und, nun ja,auf ihr stand ein kleines, zerbeultes,rundes Schild mit Pfeil nach rechts unten.Ich rollte jedoch sachte geradeaus weiter– und mein Fahrlehrer stieg in die Eisenwie sonst nur beim Gasgeben. Zu Rechtnatürlich. „Zurück zur Fahrschule!“ Wiein Trance bretterte ich zurück, eher mit60 als mit 50. Noch bevor sich nach denFerien zu Hause der Frust richtig setzenkonnte, kam der Anruf: Wiederholungs-prüfung gern in zwei Wochen. Es wareher eine Überlandfahrt. Ich zeigtebeim Einparken zu viel Respekt vor demBordstein und fuhr sogar auf der Land-straße recht langsam, weil ich nicht sicherwar, ob da irgendwo ein „70“-Schildstand. Aber ich hielt nach fünf Wochenund viel Internatsspaß den Führerscheinin den Händen. Es hat sich gelohnt. Undwas war die Lehre daraus? Immer rechtsvorbei? „Raser sind schneller am Ende“?Sagen wir lieber: leben und leben lassen.Der Autor verantwortet die Seiten„Zeitgeschehen“ sowie „Staat und Recht“.

Frank Pergande

EIN VORFAHRTFEHLERAn meinem 18. Geburtstag dachte ichüber mein künftiges Erwachsenenlebennach und definierte es vor allem danach,was in ihm nicht möglich sein würde.Ich bin in der DDR aufgewachsen. Ichwar mir deshalb sicher, nie den Westensehen zu dürfen. Ich war mir auch sicher,niemals eine Fahrerlaubnis zu bekommen,wie der Führerschein in der DDR hieß.Wozu sollte ich auch eine Fahrerlaubnisbesitzen, wenn ich sowieso nie zu einemAuto kommen würde – oder was manso in der DDR für ein Auto hielt. DieWartezeit für einen Trabant oder Wart-burg betrug Jahrzehnte, ich hätte michals Kleinkind anmelden müssen. Ich wardann 33 Jahre alt und die DDR geradeGeschichte, als ich nicht nur in denWesten kam, sondern in Greifswald, woich lebte, in den Genuss eines kleinenDienstwagens, ohne Fahrer, versteht sich.Also musste ich nun doch das Fahrenlernen, aus Sicht meiner Mitschüler als derOpa im Kurs. Es kam die Führerschein-prüfung. Im Theoretischen war ich ohneFehler. Als es an das Praktische ging,wollte ich meinem Fahrlehrer wie meinemPrüfer zeigen, wie man ein Auto richtiglenkt. Ich fuhr sicher und forsch zugleich.Zurück auf dem Hof der Fahrschuleerfuhr ich zu meiner Verblüffung, dass ichdurchgefallen war. Und zwar wegen einesschweren Vorfahrtfehlers, den ich nichteinmal mitbekommen hatte. So landeteich denn abermals bei meiner Überzeu-gung, niemals im Leben ein Autofahrerzu werden. Die Wiederholungsprüfungbrachte unter anderem die Herausforde-rung, längs einparken zu sollen. Geübthatte das mein Fahrlehrer mit mir nicht,ich glaube, aus Mangel an Gelegenheitenin Greifswald. So entstand der Moment,in dem ich einfach aussteigen, nach Hausegehen und mich nie wieder hinter einLenkrad setzen wollte. Ich musste denImpuls unterdrücken und mich auf dasEinparken konzentrieren. Mir zittertenderart die Knie, dass ich wieder einmaldachte: Das wird nie was. Auf demHof der Fahrschule sagte der Prüfer:„Da kriegen Sie noch Routine. Sie habenbestanden.“ Das liegt nun mehr als einVierteljahrhundert zurück. Routine?Bis heute bewundere ich, wie Autofahrerlängs einparken, selbst in kleinste Lücken.Ich glaube, ich habe da eine kleineposttraumatische Belastungsstörung.Der Autor ist Korrespondent für dieBundesländer Schleswig-Holstein,Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Matthias Wyssuwa

DIE MASCHE MIT DER LINIEEs war Betrug, es kann nicht anders gewesen sein. Alleslief so gut: seitlich einparken, rückwärts einparken, Blinkersetzen, überholen. Kein Unfall, kein Drama. Es lief sogarganz hervorragend, was ja kein Wunder war, nach denvielen Stunden in Muttis Renault auf den verwaistenIndustriebrache-Parkplätzen der Stadt, nach dem fehler-losen Auftritt beimTheorietest und überhaupt: Ich liebtedas Fahren. Und trotzdem, kurz vor dem Ziel: durch-gezogene Linie überfahren, durchgefallen. Die Liebe bliebunerwidert, das mit der Linie glaube ich bis heute nicht.Betrug! Wie ich darauf kam? Der erste Teil der Antwortist kurz: Ich konnte ja nicht schuld sein. Der zweite Teilist etwas länger, ich musste ihn mir erst argumentativzurechtbiegen, als ich erkannte, dass all jene, die mirsagten, es seien immer die besten Fahrer, die durch diePrüfung fielen, selbst nie durch die Prüfung gefallen waren,mich daher verhöhnten und alles noch schmerzhaftermachten. Dieser Teil beginnt mit dem Bedürfnis, dieSchuld für das eigene Versagen bei Anderen zu suchen,und so witterte ich, wie man das eben so macht im Osten,eine Verschwörung. In der Hauptrolle: mein Fahrlehrer.Ich habe ihn, mit all den Jahren Abstand darf man das malso frei schreiben, nie gemocht. Und er mich auch nicht.Nie lachte ich über seine Witze, ich selbst machte erst garkeine, die Sache mit dem Abitur verstand er so wenigwie ich das Leben ohne. Er war alt, ich war jung, und auchwenn ich das Fahren liebte, waren mir Autos recht egal,zumal sein BMW. Das Einzige, was uns verband, war dieBegeisterung für schöne Mädchen in meinem Alter. Dasreichte für ein paar Sprüche, aber nicht für eine solideKumpelschaft. Da zudem die Fahrschule nicht den bestenRuf hatte, weil sie die billigste war (weshalb ich sie gewählthatte), lag der Betrugsverdacht nahe: Der Fahrlehrer hatsich mit dem Prüfer zusammengetan, um mich durchfallenzu lassen und mich so zu weiteren Fahrstunden undPrüfungen zu zwingen. Für mich klang das schlüssig, fürandere nicht. Ich machte all die zusätzlichen Fahrstundenund fiel auch beim zweiten Anlauf durch, was meinenBetrugsverdacht nur erhärtete. Ich bezahlte am Ende soviel wie meine Freunde, die von ihren Eltern zu gutenFahrschulen geschickt worden waren, bevor endlich beimdritten Anlauf das Happy End nicht mehr aufzuhaltenwar. Doch immer noch denke ich wütend zurück an diesenBetrug, jedes Mal, wenn ich eine durchgezogene Linieüberfahre.

Der Autor ist Politikredakteur.

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Herr Hebeker, woran denken Sie, wenn Sie den BegriffInterceptor hören?An ein Auto aus den sechziger Jahren der britischen FirmaJensen. Es war eines der ersten Serienfahrzeuge mitVierradantrieb. Heute ist das ein teurer Oldtimer, mancheErsatzteile sind nur schwer zu bekommen. Für Normal-verbraucher ist das ein weit entfernter Traum.

Übersetzt bedeutet dasWort Interceptor Abfangjäger.Wiesoheißt das Modell so?Die britische Automobilindustrie hatte eine enge Ver-bindung zur Flugzeugindustrie. Es gibt auch andereinteressante Verbindungen dieser Art. Zum Beispiel derschwedische Autobauer Saab, der aus einem Unternehmenfür Flugzeugbau entstand. Die frühen Autos von Saabhatten zumindest von außen eine gewisse Ähnlichkeitmit Flugzeugcockpits.

Gab es das auch in Deutschland?Ja. Denken Sie an den Kabinenroller von Messerschmitt:Ein Flugzeughersteller baute Autos. Die Glaskuppelerinnerte an die Flugzeuge der dreißiger Jahre. DieVerbindung von Flugzeugen und Autos war nicht selten.Ich vermute, daher kommt auch der Name Interceptor.

Die meisten Menschen denken bei der Frage nach englischenSportwagenherstellern vielleicht an Jaguar, James-Bond-Fansnoch an Aston Martin.Wie kommt es, dass der Sprecherdes Deutschen Bundestags so einen exotischen Hersteller wiedie Firma Jensen kennt?Ich habe mich seit meiner Kindheit sehr für Autosinteressiert.

Warum?Das weiß ich auch nicht. Vielleicht hängt es damitzusammen, dass ein Kind der fünfziger Jahre wie ich dasAuto in besonderer Weise mit Freiheit verbindet, mitBewegung, mit Selbständigkeit. Mein erster eigenerVW Käfer war für mich ein enorm wichtiges Instrumentzur Verwirklichung meiner persönlichen Freiheit. Daskann man heute vielleicht nicht mehr in demMaßenachempfinden.

Ernst Hebeker, Sprecherdes Deutschen Bundestags,über seinen ersten VW Käfer,die letzten Oldtimer, dasabsolute Motorengehör undden Reiz einer ziemlichunvernünftigen LeidenschaftFotos Julia Zimmermann

Kommen Sie aus einem autobegeisterten Elternhaus?Nein. Das erste Auto kauften meine Eltern Ende derfünfziger Jahre. Auch das war ein VW Käfer. Wegen derForm der Heckscheibe wird das Modell heute vonOldtimer-Freunden „Ovali“ genannt. Der hatte um die30 PS. Schon für mich als Kind war es ein unglaublichersozialer Aufstieg, denn die meisten Menschen hattenkein eigenes Auto. Unsere Nachbarn – Vater, Mutter undzwei Kinder – fuhren mit einemMotorrad mit Beiwagenaus dem südlichen Niedersachsen zum Zelten an denGardasee. Die Kinder wurden in den Beiwagen verfrachtet,die Campingausrüstung musste natürlich mit an Bord.Das war ein sehr hoch bauendes Gefährt von beängstigen-der Instabilität. Aber alle Familienmitglieder warenbegeistert. Zu einem Auto reichte es eben nicht. Das eigeneAuto wurde zum Symbol der persönlichenWiederaufbau-leistung. Meistens war es ein Käfer oder ein Goggomobilder Firma Glas.

Bei meinen Eltern war es ein DKW Junior.Ja, eines meiner frühen Autos war ein DKW F11, daswar der Nachfolger vom Junior. Der hatte eine Frischöl-automatik.

Jetzt wird es technisch interessant.Den Begriff kennen heute viele Menschen nicht mehr, weilder Zweitaktmotor in den Autos der alten Bundesrepublikschnell verschwunden war und nur der ostdeutscheTrabant oder der Wartburg noch einen hatte. Zweitakterfahren mit einem bestimmten Gemisch aus Benzin undZweitaktöl. Letzteres war an der Tankstelle an einerbesonderen Zapfsäule zu bekommen. Der DKW F11 hatteeinen eigenen Öltank und mischte Benzin und Ölselbständig, so dass sein Besitzer an einer normalenTanksäule vorfahren konnte. Der DKW war enorm schnellund spritzig. Aber wie gesagt: Die Zweitakter kamen baldaus der Mode.

Weil sie ja auch eine ziemliche Schweinerei verursachtendurch das Verbrennen des Öls.Ja, sie zogen eine blaue Fahne hinter sich her. Dafür hattensie bei DKW Frontantrieb und ein enormes Drehmoment.

Traumziel Sitzenbleiben:Wenn sich Ernst Hebekerein Auto wünschen dürfte,fiele seine Wahl auf einenJaguar E-Type. In derBerliner Classic Remisedurfte er schon mal Platznehmen. Der Sprecher desDeutschen Bundestags isteiner der ruhigen Akteureim bisweilen aufgeregtenBerliner Politikgeschäft.Hebeker, der in denfünfziger Jahren inNiedersachsen geborenwurde, studierte Literatur-wissenschaft. Er istReserveoffizier undarbeitete lange als Jour-nalist. Bis 2007 war erChefredakteur des„Münchner Merkur“.

„FRUHERWARENAUTOSSCHONER“

37INTERVIEW

Tolle Autos, aber irgendwie auch ewige Nachkriegszeit,die eines Tages überwunden war.

Sie kennen viele Details aus dem Inneren der Autos. SindSie ein Technik-Freak?Das wäre eine Übertreibung. Es ist eine Kombinationaus verschiedenen Motiven. Ich interessiere mich kultur-historisch für alte Autos, habe aber auch eine gewisseAffinität zur Technik, zumindest zur analogen, zurMechanik. Die heute allgegenwärtige Elektronik in Autoskann nicht die Freude an mancher mechanischen Lösungvon früher ersetzen. Das gilt für Nähmaschinen ebensowie für Uhren. Und eben Autos. Heute ist ein Auto eineBlackbox mit hochkomplexer Elektronik und möglichstwenig Mechanik.

Das finden Sie nicht schön?Vermutlich wird diese Entwicklung dafür sorgen, dasses irgendwann keine Oldtimer mehr gibt, wie Leute wieich sie mögen.

Die heutigen Autos werden keine Oldtimer?Das nehme ich an. Ihnen fehlt jeglicher ästhetische Reiz,auch in der Technik.

Waren die Autos früher schöner?Natürlich ist das eine Geschmacksfrage. Ich persönlichantworte mit einem klaren Ja. Autos waren früher schöner.Wenn man heute Menschen beobachtet, die einemOldtimer hinterherschauen, entdeckt man oft eineBegeisterung für die Ästhetik.

Als es losging mit Ihrer Autobegeisterung, was war da IhrFavorit, Ihr unerreichbarer Traumwagen?In der kleinen Stadt in Niedersachsen, in der ich aufge-wachsen bin, fuhren sowohl der Arzt als auch der Tierarzteine Borgward Isabella. Ein völlig unerreichbarer Traum.Die Industriellen fuhren Mercedes. Der Stern als meinSymbol für Träume stammt aus dieser Zeit. Viel späterhabe ich einen solchen Traum dann auch verwirklichenkönnen. Damals wie heute speist sich die Anziehungskraft,die bestimmte Autos auf mich ausüben, aber auch aus derUnerreichbarkeit. Das galt beispielsweise für den ,Barock-engel‘ von BMW, mit einer V8-Maschine und einerherrlich geschwungenen Karosserie.

Der BMW 507 gehörte nicht zu Ihren Träumen?Schon deswegen nicht, weil man ihn nicht auf der Straßesah. Das waren die Autos von Filmstars. Ein 507 kostetheute weit über eine Million Euro. So etwas sind Anlage-objekte von Finanzinvestoren, die sie in der sicherenErwartung kaufen, dass sie noch viel teurer werden, weilsie so selten sind. Das ist nicht innerhalb der Reichweiteeines normalen Oldtimer-Fans.

Sie waren lange politischer Journalist, sind Sprecher desDeutschen Bundestags und schon beruflich gezwungen, zuabgewogenen und vernünftigen Urteilen zu kommen.Ist die Beschäftigung mit Oldtimern auch eine Spielwiese,auf der Sie unvernünftig sein dürfen?Das ist wohl so. Es kommt noch etwas hinzu. Als Journalistmuss man Menschen und Dinge beschreiben, und esbesteht immer die Gefahr, dass man sich in denWeitender zu beschreibendenWelt verliert. Autos, allemal alte,sind wie eine konkrete Gegenwelt. Das brauche ichschon für meine persönliche Stabilität. Ich lese alles, wasich über Oldtimer in die Finger kriege, das interessiertmich, begeistert mich und gibt mir Abstand, Kraft undAusgleich.

Wenn man den Spritverbrauch eines Maserati Quattroporteoder eines Lamborghini Miura betrachtet, so sind beideFahrzeuge Geschöpfe der Unvernunft. Und trotzdem genialeZeugnisse der Autobaukunst?So sehr Ihr Hinweis auf die Unvernunft berechtigt seinmag: Es gibt in Deutschland ungefähr 340.000 Oldtimer,die mit H-Kennzeichen zugelassen sind, also Fahrzeuge imAlter von mehr als 30 Jahren. Die spielen gegenüber demGesamtbestand von etwa 45 Millionen Fahrzeugen inDeutschland ökologisch betrachtet überhaupt keine Rolle.Diese geringe Zahl von Autos, die ohne Katalysator undmit hohem Spritverbrauch herumfahren, nun auch nochin die Umweltzange zu nehmen, wäre ziemlich unsinnig.Außerdem werden sie nicht täglich, sondern nur sehr seltengefahren.

Ich durfte mal den Zwölfzylinder eines Ferrari 400 starten.Da muss man gar nicht mehr losfahren, da ist schon dasHinhören ein Fest.Wie wichtig ist für Sie das Geräuscheines Autos?Das ist ein zentraler Bestandteil des ästhetischen Gesamt-pakets, das ein Oldtimer nun mal ist. Oder, um es direkterzu sagen: Das Motorengeräusch ist Musik. Ich konnteschon als kleines Kind nur am Geräusch feststellen,welches Auto gerade vorbeifährt. Da konnte ich dieMarken noch kaum aussprechen. Unser Gemüsehändlerfuhr seinerzeit ein dreirädriges Lieferfahrzeug der FirmaTempo. Da hatte jemand einen VW-Motor eingebaut.Ich habe meine Eltern damals gefragt, warum der HerrRosenberg in seinemTempo-Auto einen Käfer-Motorhabe. Die Erwachsenen konnten sich nicht erklären, wieein Kind das heraushören konnte.

Der Hersteller kann das Motorengeräusch ja durchausbeeinflussen.Ja, das ist technisch natürlich möglich. Die Firma Porschehat gerade aus ökologischen Gründen in einemModellden Sechszylinder-Motor durch einen Vierzylinder-Turboersetzt. Der Motor leistet mindestens so viel wie seinVorgänger, aber die Fans beklagen, dass das wahre Ge-räusch fehle. Alles kann man mit Technik nicht ausglei-chen. Ein bisschen ist es wie der Unterschied zwischeneinem Livekonzert und einer Musikkonserve.

Das Problem wird durch die Zunahme von Elektroautosnicht geringer.In der Tat, man kann Geräusche zwar künstlich herstellen,aber nicht beliebig.

Wie finden Sie Elektroautos?Die Vernunft sagt mir, dass das eine sehr sinnvolleSache ist.

Okay, ich habe verstanden.Naja, die Unvernunft, die nun mal konstitutiver Bestand-teil der Liebe zu alten Autos ist, rebelliert dagegen. Derluftgekühlte Sechszylinder eines alten Porsche 911 erzeugteinen Klang, der durch nichts zu ersetzen ist. Elektro-motoren haben Gabelstapler und ähnliche nützlicheGerätschaften.

Bestimmte Autos sind in der Geschichte mit bestimmtenMomenten verbunden. Albert Camus starb in einem FacelVega. Auch Filme werden oft entlang von Autos erzählt.Eines der letzten großen Beispiele ist Clint Eastwoods„Gran Torino“.Wie wichtig ist das für Ihre Beschäftigungmit alten Autos?Sehr! Als Schüler habe ich Jerry-Cotton-Romane gelesen.Der fuhr einen roten Jaguar E. Wahrscheinlich eines derbedeutendsten ästhetischen Monumente der Automobil-geschichte. Filmfans werden sich an „Harold und Maude“erinnern. Die fuhren in einem solchen Jaguar E-Typeherum, der zum Leichenwagen umgebaut worden war.

Oder denken Sie an all die französischen Gangsterfilme,in denen der Citroën DS, die „Göttin“, auftaucht oder dieGangsterlimousine 11 CV. Die ganze Filmgeschichte istvoll von Autos, die eine zentrale Rolle spielen.

Legen Sie beim Auto auch mal selbst Hand an, sind Sie alsodas, was man einen Schrauber nennt?Mein erster Käfer war aus mehreren Unfall-Exemplarenzusammengeschraubt. Als Student war ich außerdemnotgedrungen ein Schrauber, weil ich kein Geld hatte,meine Autos in die Werkstatt zu bringen. Werkzeuge undTipps bekam ich von Freunden und Kommilitonen.Außerdem gab es die Bücher von Dieter Korp, „Jetzt helfeich mir selbst“, für viele Modelle. Man konnte an denalten Autos ja auch viel machen. Ich habe mal für 50 Markvom Schrottplatz einen gebrauchten VW-Motor gekauftund eingebaut. Der war an vier Schrauben aufgehängt.Der lief noch 80.000 Kilometer. Ein Getriebe würde ichnicht auseinanderschrauben, und von der Elektrik lasseich sowieso die Finger.

Haben Sie einen Oldtimer?Nein. Das ist ein Zukunftsprojekt. Für einen Oldtimerbraucht man viel Zeit, weil so ein Fahrzeug nie fertig undperfekt ist wie ein Neuwagen. Diese Zeit habe ich nicht.Außerdem ist Berlin mit seinem Großstadtverkehr unddem ständigen Stop and Go ein ungünstiges Pflasterfür empfindliche alte Wagen. Zudem braucht man einensicheren Stellplatz. Es gibt nicht nur Oldtimer-Fans,sondern auch eine kriminelle Szene, deren Mitgliederbegehrte Einzelteile abschrauben, um sie zu verkaufen.All das zusammengenommen führt bislang dazu, dassich meine Begeisterung noch nicht materialisiert habe.Aber das Projekt ist natürlich im Kopf. Ich beschäftigemich nicht mein Leben lang mit diesemThema, umes ausschließlich bei der Theorie zu belassen. Die Krönungkommt noch.

Haben Sie schon ein Modell im Auge?Man muss ja irgendwie anfangen. Es wird Ihnen nichtentgangen sein, dass ich eine enge Beziehung zu VW habe.Also: Ein Käfer aus den sechziger Jahren als Oldtimerwürde mir schon gefallen. Ich würde den auch wirklichbenutzen wollen. Das wäre eine Rückkehr zu denWurzeln.Ich würde mich dann sicher wieder in jenen Urlaubzurückversetzt fühlen, in dem wir mit dem Käfer nachItalien gefahren sind, meine kleine Schwester mit einemfürchterlich kratzenden Teddybär neben mir saß und dieHeizung des Familienautos sich in praller Sommerhitzenicht ausschalten ließ.

Welches Auto fahren Sie im Alltag?Meine Frau und ich fahren an unseren beidenWohnsitzenjeweils ein Auto aus Stuttgart-Untertürkheim. Zusammensind beide fast 34 Jahre alt, also eine Art kombinierterOldtimer.

Wenn die berühmte gute Fee zu Ihnen käme und Sie ohneRücksicht auf Geld oder andere irdische Zwänge einenOldtimer aussuchen dürften:Welcher würde es werden?Ich habe ja in unserem Gespräch schon von ihm ge-schwärmt: ein Jaguar E-Type der ersten Serie. Mit Sechs-zylinder-Motor und nicht der späteren Zwölfzylinder-Variante für den amerikanischen Markt. Und natürlichnicht als Cabriolet, sondern als Coupé. Wie JerryCotton ihn fuhr.

Die Fragen stellte Eckart Lohse.

„ALTE AUTOS SINDFÜR MICH WIE EINEGEGENWELT.“

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LIEBHERR BLUPERFORMANCESamsung macht mit seiner WeißenWare deutschen Unternehmen heutestarke Konkurrenz und ist in manchenSegmenten sogar schon Marktführer.Trotzdem dürften weiter viele an denStänden von Herstellern wie Liebherrvorbeischauen, um sich nach 20 Jahrenmal wieder über einen Kühlschrankzu informieren – so lange hat der altegehalten. Energieeffizient sind siemittlerweile alle, Gemüse frisch haltenkönnen sie auch, selbst am Designgibt es wenig zu meckern. Der Trendgeht zum vernetzten Kühlschrank. DieBluPerformance-Reihe soll den Kunden„neue Interaktionsmöglichkeiten fürdas Lebensmittelmanagement“ bieten.Die Kommunikation übernimmt dieSmartDeviceBox. Wir sind gespannt, obder Kühlschrank uns dann auch füttert.

TEFAL SMART PROTECTDas Bügeleisen wird im Haushalt häufigunterschätzt. Wer seine Hemden undBlusen nicht in die Reinigung bringt,quält sich womöglich täglich mit einemalten heißen Eisen. Dabei kann Bügelnschon jetzt einfach sein. Tefal will es mitSmart Protect noch einfacher machen.Es ist ein One-Heat-Fits-all-Produkt fürAnfänger. Man muss keine Temperaturmehr auswählen. Unter das Bügeleisendarf sich jeder Stoff legen. Ansonstenkann das Smart Protect, was die meistenkönnen: dampfen. Oder, genauer aus-gedrückt: „Bei besonders hartnäckigenFalten lässt sich ein Extradampfstoß von150 g/min aktivieren.“ Damit es dasmöglichst lange tut, stürzt es sich auf dieKalkpartikel im Wasser, so dass sie sichnicht ablagern können.

PHILIPS ONEBLADE PROPhilips hat auf der IFA einen mächtigenStand. Neben den üblichen Fernseh-und Audio-Produkten zeigt das Unter-nehmen auch viele Gadgets, mit denenBesucher gesund werden oder zumindestgesund aussehen sollen. Frauen dürftendaran mehr Spaß haben, Männer kom-men aber auch nicht zu kurz. DiesesJahr verspricht Philips eine Weltneuheitim „Male Grooming“. OneBlade Pro sei„kein Rasierer und kein Trimmer“. Aberirgendwie doch. Denn man kann damitBarthaare beliebiger Länge bearbeiten.Bei 0,4 Millimeter ist Schluss. 200 Malpro Sekunde bewegt sich ein Scher-messer hin und her, um die Haare zukürzen. Nass- und Trockenrasur sindmöglich. Also ran an den Bart!

BEYERDYNAMIC DT 1990 PROAuch wenn die Messe High End inMünchen das Highlight der Brancheist: Die Halle 1, wo die Audioherstellerihre Stände haben, sollte man nichtunterschätzen. Dort findet man immerspannende Neuheiten. Beyerdynamicwird dieses Mal einen neuen Kopfhörermitbringen. Der DT 1990 Pro isteigentlich für Profis im Studio, die einenunverfälschten, klaren und linearenKlang bevorzugen. Wer den Soundauch zu Hause mag, sollte sich solcheModelle ruhig mal anhören. Weil derBeyerdynamic ein offenes Modell ist,könnte er mit knapp 600 Euro eine„günstige“ Alternative zu High-End-Kopfhörern sein, die meist jenseitsder 1000 Euro liegen. Wir werden ihnin Berlin auf jeden Fall eine Weileaufsetzen.

WMF KULT X SPIRALSCHNEIDERDieser Spiralschneider dürfte nicht daseinzige Gerät auf der IFA sein, mit demein Hersteller Gemüseliebhaber aufseine Seite ziehen will. Veganer, Kohlen-hydrate-Hasser und Weizen-Allergikerbrauchen einfach Alternativen zu ihrenTofu-Bratlingen. Wie wäre es also mitGemüsepasta? Man steckt die Zucchi-ni oder Möhre oben in die Öffnung,schiebt sie mit dem Stößel nach unten,und das Gemüse landet als Spirale imBehältnis. Jetzt beginnt erst die Arbeit.Denn was fängt der Veganer damit an?In Öl dünsten? Oder darin frittieren?Hoffentlich läutet der Spiralschneidernicht das Ende der Spaghetti ein. Ver-mutlich nicht: Denn von WMF gibtes natürlich auch eine Pastamaschine.

KRUPS LATTE SMARTAm Kaffeevollautomaten kommt baldkein Haushalt mehr vorbei. Noch brühtdie Hälfte aller kaffeetrinkenden Deut-schen ihren morgendlichen Schwarzenmit der Maschine, und jeder Drittewirft ein Pad in sein Gerät. Doch schonjeder Fünfte zieht sich Espresso, CaféCrema, Cappuccino und Latte Macchi-ato aus dem Vollautomaten. Weil dieElektromärkte und Amazon voll sindmit verschiedensten Modellen, fällt eszunehmend schwerer, sich von anderenabzusetzen. Angesagt ist zur Zeit dieBedienung per App. Krups hat mit derLatte Smart nun auch so eine Maschineim Angebot. Der Kaffeetrinker tipptauf sein Getränk auf dem Smartphone,und schon läuft die Maschine los. DerNutzer auch, denn entnehmen mussman die Tasse immer noch selbst.

YAMAHA DISKLAVIER ENSPIREDas Disklavier Enspire sollten sich IFA-Besucher nicht entgehen lassen. Geradeunmusikalische Menschen werdenentzückt sein. Klavier oder Flügel spie-len ohne Pianist! Wie von Geisterhandbewegen sich Tasten und Pedale! Ausden Lautsprechern im Hintergrund wirdder unsichtbare Pianist von anderenInstrumenten und Vocals begleitet. Derjapanische Hersteller wollte mal wiederwissen, was technisch möglich ist, undstattet die Flügelinstrumente optionaldamit aus. Ein kleiner Computer unterdem Flügel zeichnet die Bewegungender Klaviatur auf, die mit Hilfe vonSensoren und Laserlicht gemessen wer-den. Die digitalisierten Informationensteuern dann Servomotoren, die miteinem Stößel hinten die Tasten anheben.Anschauen, zuhören und staunen!

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Bald beginnt die IFA in Berlin. Wir habenuns vorab ein Dutzend Neuheiten angesehen.

Von Marco Dettweiler

TECHNEWS

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ROWENTA CLEAN & STEAMAls würde uns der Partner nicht schongenug mit einem Staubsauger quälen!Rowenta tut alles dafür, dass wir jetztauch noch den Boden wischen müssen.Mit einem einzigen Gerät! Clean &Steam heißt das Motto: Nachdem dieTeppichböden gesaugt sind, kann es nacheiner halben Minute gleich in Kücheund Bad weitergehen. Mit 0,7 LiterWasser schafft der Dampfreiniger100 Quadratmeter oder 40 Minutenauf Laminat, Holz, Stein, Marmor oderFliesen. Der Clean & Steam kommtohne Reinigungsmittel aus, der heißeWasserdampf sorgt für Hygiene, weiler fast alle Bakterien und Keime tötet.Bleibt nur noch der Weg zum Müll-eimer, um den Staubcontainer auszu-leeren, und zur Waschmaschine, umden Mikrofasermopp zu reinigen.

SAMSUNG S-UHD 88 ZOLLWas wäre die IFA ohne Fernseher? Seitvielen Jahren versuchen die Hersteller,immer wieder neue Trends zu etablieren.Manchmal dauert es Jahre, bis sie dannbeim Kunden ankommen. So warb manschon 2006 für hochauflösende Fern-seher, obwohl es kaum Abspielgeräteund Inhalte gab. Dann wollten sie unsrecht eindimensional einreden, dass 3D

die Zukunft sei. Alles Vergangenheit!Vor drei Jahren begannen die Herstellerdamit, den Bildschirm zu biegen.Und nun muss man unbedingt S-UHDhaben: licht- und farbintensivere Bilder.Marktführer Samsung präsentiert aufder IFA sein neues Flaggschiff, dasdiesen Titel mit seinen 88 Zoll verdient:Auf gut Deutsch sind das 2,23 Meter.Und das ist keine optische Täuschung.

AEG SENSECOOKEin ungebrochener Trend bei Herstel-lern der Weißen Ware ist die Automa-tisierung des Kochens und Bratens.Dem Hobby-Koch soll möglichst vielArbeit abgenommen werden, damit ermit einem Gläschen Prosecco bei seinenGästen stehen kann, um dann entspanntdas Menü auftischen zu können. DerSenseCook von AEG ist so ein Gehilfe.Weil dieser Backofen einen Kerntem-peratursensor hat, der die Daten anein Farbdisplay liefert, berechnet er dieGarzeit selbständig. Die Unterhaltungmit den Gästen muss nicht ständigunterbrochen werden, um das Fleischzu kontrollieren. Man könnte natürlichauch ein normales Bratenthermometerins Fleisch stecken und sich per Blue-tooth auf dem Smartphone benach-richtigen lassen. Doch damit lockt einanderer Hersteller.

YAMAHA RX-VFür Yamaha ist die IFA die wichtigsteinternationale Messe des Jahres. Auchdieses Mal hat das japanische Unter-nehmen wieder einen riesigen Standgemietet, um seine Neuigkeiten für dieBesucher mit größtmöglicher Wirkungpräsentieren zu können. Auf dem Gebietder Receiver wäre das gar nicht nötig,dort gilt Yamaha immer noch als festeBank. Das Flaggschiff der RX-V-Reiheempfängt Signale von Blu-ray-Discsin Dolby Atmos und DTS:X, streamtInhalte vom Smartphone oder Tabletund versorgt bis zu sieben Lautsprecherund einen Subwoofer mit 160 Watt proKanal. Natürlich kann jeder Cineast denReceiver mit einem beiliegenden Mikro-fon zu Hause einmessen, damit die Töneauch dort im Raum erklingen, wo sieder Regisseur vorgesehen hat.

SAMSUNG ADDWASHWas hat sich Samsung dabei nurgedacht? Eine Waschmaschine, in dieman im laufenden Betrieb noch Wäscheeinwerfen kann? Na ja, es könnteziemlich praktisch sein. Wer nicht jedeEcke vorher durchsucht, findet immermal ein paar Socken oder ein T-Shirt,das noch in die Wäsche muss. Bei derAddWash wirft man die vergessenenTeile nun einfach in die kleine Klappeam Bullauge. Die Maschine erkennt denGewichtszuwachs, ein Algorithmus passtdas Waschprogramm an. Acht Kilo-gramm gehen insgesamt rein. Das neueModell WD5500 kann die Wäsche auchtrocknen. Sollte jemand im Nachgangkeine Socken mehr finden, profitierter immer noch von Funktionen wie„Flecken intensiv“ und „AirWash“.

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40 ZEITGESCHICHTE

ckhard Seeber, jahrzehnte-lang Chauffeur von HelmutKohl, wohnt mit seiner Frauetwa einen Kilometer Luft-linie vom Haus des Altkanz-

lers im Ludwigshafener Stadtteil Oggers-heim entfernt. Aber Eckhard Seeber sagtnicht: einen Kilometer. Sondern: „FünfMinuten Fahrt mit dem Auto.“ Die Streckeist er früher tausendfach gefahren. „Nachdrüben.“ Diesen Begriff verwenden dieSeebers, wenn sie über das Anwesen derKohls sprechen. „Drüben“ – das klingtzugleich ganz nah und sehr weit weg.Und genau so ist es.

Wir haben uns eigentlich verabredet,um allgemein über den Beruf des Chauf-feurs zu sprechen. In den Vorgesprächenhatte Seeber angedeutet, dass er nicht nocheinmal in den alten Erinnerungen an sei-nen einstigen Chef wühlen wolle. „Das hatalles schon mal in den Zeitungen gestan-den.“ Im Haus der Seebers wird aberschnell klar, dass es für beide Seiten künst-lich wäre, übers Autofahren zu reden undüber den Kanzler zu schweigen. Denn Kohlist nun einmal Seebers Lebensthema.

Allein der Keller birgt so viele Erinne-rungsstücke an die gemeinsame Zeit, dassman dereinst ein Museum daraus machenkönnte: die Trikolore, die François Mitte-rands Limousine bei dessen letztemDeutschland-Besuch schmückte; Auto-kennzeichen aus der ganzen Welt; einBlechschild mit der Aufschrift „Früherhatten wir den Kohl, jetzt haben wirden Salat.“ Auch der Aufgang zumWohn-zimmer ist getäfelt mit Erinnerungen:„Ecki“, wie Kohl ihn nannte, auf einemFoto mit Papst Johannes Paul II., nebenBoris Jelzin, zwischen George W. Bush

Jahrzehntelang fuhr Ecki Seeber Helmut Kohl.Dann stieg der Altkanzler aus. Seeber fährt weiter.Von Timo Frasch, Foto Wolfgang Eilmes

Der getreueEckhard

Seit’ an Seit’: Der Kanzler saß stets vorne im Mercedes, neben seinem Fahrer. Daher hatten die beiden eine ähnliche Weltsicht. Foto Ullstein

und Kohl. Außerdem eine Widmung vonThomas Gottschalk: „Das Beste am Kanzlerist Ecki, Wetten dass!“

Im Jahr 1962 sind sie sich zum erstenMal begegnet. Eckhard Seeber hatte zuvor,bei den Fallschirmjägern der Bundeswehr,erste Erfahrungen gesammelt als profes-sioneller Fahrer: Er chauffierte den Kom-mandeur. Über einen Kameraden beimMilitär kam der Kontakt zu Wigand Frei-herr von Salmuth zustande, dem Chefder in Ludwigshafen ansässigen Chemie-Firma Giulini. Seeber wurde sein Fahrerund Butler. So kam der gebürtige Thürin-ger, der in Bayern aufgewachsen ist, über-haupt in die Pfalz. Eines Abends gab derFreiherr ein Essen. Kohl, seinerzeit stell-vertretender Vorsitzender der CDU-Land-tagsfraktion in Mainz, war auch eingeladen.Als Seeber ihn nach Hause fuhr, fragte ihn

der Politiker, ob er ihm nicht einen Fahrerempfehlen könne, er suche einen.

Seeber ist kein Mann gedrechselterWorte. Auf die Frage, wie er Kohl damalserlebt habe, sagt er: „Ganz normal.“ EineWoche später bot er sich selbst als Fahreran, mit Erfolg. Er blieb zwar noch inDiensten des Freiherrn, der aber akzep-tierte, dass Seeber einen zusehends größe-ren Teil seiner Arbeitszeit für den aufstre-benden Politiker aufwendete. 1969 wurdeKohl Ministerpräsident und erwarb damitdas Recht auf einen eigenen Fahrer. Vonnun an waren die beiden auch offiziellein Team, bis ins Jahr 2008, also fast vierJahrzehnte lang.

Seeber hat, wie er selbst sagt, keineHobbys. Nicht einmal Fußball. Wenn ihnKohl samstags nach den Bundesliga-Ergeb-nissen fragte, musste er meistens passen.

Klar, Seeber sammelt alles mögliche. Dasmeiste davon hat aber irgendwie mit seinereinzigen großen Leidenschaft zu tun: demAutofahren. 1000 Kilometer am Tag seiennoch immer kein Problem, sagt der Sieben-undsiebzigjährige. Und Rückengymnastikhabe er noch nicht ein Mal im Lebenmachen müssen. Wenn er genügend Geldhätte, würde er sich einen Audi A6 Allradzulegen, „mit allen Schikanen“. Tatsäch-lich fährt er einen kleinen BMW.

Aber die großen Autos hatte er jabereits. Beim Freiherrn einen schwarzenMercedes 190 mit Nappalederbezug. BeiKohl einen Mercedes 220 mit Autotelefon.Später, als der Chef bereits Kanzler war,einen Mercedes 500, den Seeber bei sichzu Hause parkte. Wegen der Panzerungwar der Wagen aber so schwer, etwa vierTonnen, dass es der Boden der Fertiggarageirgendwann nicht mehr mitmachte. Denfälligen Neubau übernahm das Kanzler-amt. Das war nur recht und billig, schließ-lich verlangten die Seebers von der Bun-desrepublik Deutschland keine Garagen-miete.

Das Vergnügen des Fahrens wurdedurch den Fahrgast potenziert. Die meis-ten Spitzenpolitiker sitzen im Fond desAutos, da können sie arbeiten oder sichmit einem Referenten besprechen. Kohlsaß immer vorne. Das hatte vor allem mitseiner Körpergröße zu tun. Vorne hat manmehr Beinfreiheit, vorne fällt das Einstei-gen leichter. Vorne hat der Politiker aberauch engeren Kontakt zum Chauffeur.Die Rollenverteilung war dabei klar: „Ichfahre, Sie machen die Politik“, hat Seeberzu Kohl gesagt.

Manchmal schoben sich die Lebens-welten aber auch ineinander. Zum Beispiel,

E41ZEITGESCHICHTE

Viele Begegnungenund fünf MillionenKilometer: EckhardSeeber bewahrtin seinem Haus inOggersheim dieErinnerungen anschöne Jahre auf.

wenn sie in Eile waren. „Dann fuhr erselber“, sagt Seeber und meint damit, dassKohl auf der Beifahrerseite seinen Fußgegen ein imaginäres Gaspedal drückte.Ein tatsächlicher Rollenwechsel wäre keinegute Idee gewesen. Zum einen, weil sichSeeber, wie er freimütig zugibt, für Politikkaum interessiert. Zum anderen, weilKohls Fahrkünste über die Jahre verküm-mert sind – das Schicksal teilt er mit vielenSpitzenpolitikern. Seeber erinnert sich nochdaran, wie Kohls Versuch, mit dem eige-nen Wagen rückwärts von seinem Grund-stück zu fahren, misslang, das heißt: imAuto des Nachbarn endete.

Eckhard Seeber war aber mehr als bloßKohls Fahrer. „Persönlicher Betreuer desKanzlers“ stand auf seiner Visitenkarte.Dazu gehörte, dass er Kohl auf Reisenmorgens weckte – ohne Wecker, nachBauchgefühl – und ihm die zum jewei-ligen Protokoll passende Garderobe hin-legte. Dass Seebers Daseinsnotwendigkeitweder an den Dienstwagen noch an einpolitisches Amt seines Chefs gebundenwar, zeigte sich zum Beispiel 2004, alsdie beiden ohne Auto zur Ayurveda-Kurin Sri Lanka waren und dort gerade sodem Tsunami entkamen.

Seeber ist ein diskreter Mensch. Niehätte er versucht, die Kompetenzen, diesich aus seiner Funktion ergaben, eigen-mächtig zu erweitern. Es war Kohl, derdas forcierte, wenn nicht sogar verlangte.Der Kanzler nahm Seeber überall hin mit,obwohl dieser so gut wie kein Englischsprach und sich keine große Mühe gibt,den Mann von Welt zu spielen. So kamer in der Sauna neben Jelzin zu sitzen,so gelangte er im Weißen Haus in diePrivatgemächer von Bill Clinton, der dendeutschen Gästen Eiscreme servierte undauch sonst ganz unprätentiös gewesen seinmuss.

Seebers Frau Hilde, mit der er dreiKinder hat, war in all der Zeit zu Hause.Aber die heute Sechsundsiebzigjährigehatte eine Schicksalsgenossin: HanneloreKohl, die Ehefrau des Bundeskanzlers. Siewar den Seebers Ende der siebziger Jahrebei ihrem Hauskauf behilflich gewesen,indem sie, wie Hilde Seeber sagt, „daraufachtete, dass der Bankkredit Hand undFuß“ hat. Etwa zu der Zeit wurde bei denKohls auch die Stelle der Haushälterinfrei. Eckhard Seeber schlug vor, seine Fraukönne das übergangsweise machen. Dassdaraus gut 30 Jahre wurden, hatte nichtzuletzt mit Hannelore Kohl zu tun. HildeSeeber hat für sie nur gute Worte übrig.Auch in dieser Beziehung herrschte Klar-heit darüber, wer Chef und wer Angestell-ter ist. Aber Hannelore Kohl gehörte nichtzu der Sorte Mensch, die das ständigdokumentieren müssen. Sie suchte auchden privaten Kontakt. So unternahmendie beiden Frauen aus Anlass von HildeSeebers fünfzigstem Geburtstag und aufEinladung von Hannelore Kohl einemehrtägige Reise nach Paris.

2001 war es Hilde Seeber, die Hanne-lore Kohl tot in ihrem Bett fand. Die Fraudes Kanzlers, die schwer unter ihrer Licht-allergie litt, hatte sich das Leben genom-

men. Sieben Jahre später, 2008, war esEckhard Seeber, der Helmut Kohl nachseinem schweren Sturz ins Krankenhausfuhr. Es war die letzte gemeinsame Fahrt.

Seeber zeigt uns ein Foto aus dem Jahr2005. Der Altkanzler, noch vital, habeihm bei der Gelegenheit gesagt: Selbstwenn das Kanzleramt irgendwann einmalsagen werde, jetzt sei es vorbei mit der Be-zahlung eines eigenen Fahrers, dann werdeer seinen „Ecki“ eben privat finanzieren.Drei Jahre später, als Kohl sich in der Rehavon seinem Sturz erholte, verlangte seineheutige Ehefrau die Autoschlüssel von See-ber. Seine Dienste würden nun nicht mehrbenötigt. Zum jähen Abschied von seinerLebensaufgabe empfing BundeskanzlerinAngela Merkel ihn und seine Frau eine

halbe Stunde zum Kaffee im Kanzleramt.Das fanden die Eheleute Seeber sehr nett.Aber ein Trost war es nicht.

Eckhard Seeber ist ein anständigerMann. Manch anderer, der so viele be-rühmte Leute trifft, so viele Geheimnissekennt, führt Tagebuch und schreibt irgend-wann ein Enthüllungsbuch, wenigstensseine Memoiren. Seeber hat das nichtgetan. Als er sich 2012 in der Zeitschrift„Bunte“ darüber beklagte, dass man ihnnicht mehr zu Helmut Kohl lasse, wollteer keinen Skandal provozieren, obwohl erunmissverständlich klar machte, in wemer den Verantwortlichen oder besser: dieVerantwortliche für seinen Schmerz unddie Entfremdung von seinem so hochgeschätzten früheren Chef sah. Er hoffte

vielmehr auf eine Reaktion von „drüben“.Aber die blieb aus.

Die Seebers zeigen uns noch ein weite-res Foto, es stammt aus dem Jahr 2010,vom Empfang der Stadt Ludwigshafenund des Landes Rheinland-Pfalz zum80. Geburtstag des Altkanzlers. Die Ein-ladung dazu kam nicht von „drüben“, son-dern von der Oberbürgermeisterin. DasFoto zeigt Hilde und Eckhard Seeber, wiesie dem im Rollstuhl sitzenden alten Manndie Hand reichen. Er lächelt, angestrengtzwar, aber doch. Das war die letzte Begeg-nung. Die Seebers haben sich mittlerweiledamit abgefunden, dass es dabei vermut-lich bleiben wird. Geholfen hat ihnen, dass„Ecki“ wieder als Chauffeur arbeitet – fürden Enkel des Freiherrn.

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42 FAHRRÄDER

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Diese Räder stehen niemals still:Sieben Bikes, mit denen Fahr-radfans nicht nur im Sommerschnell in Tritt kommen.Von Hans-Heinrich Pardey

NABENDERWELT

GLEICHE QUAL FÜR ALLENach der Maxime „leicht, aber steif“ist am Focus Izalco Chrono Max1.0 alles aerodynamisch aus Karbongeformt, was technisch machbar ist.Dem muss sich auch der Menschbeugen. Gnadenlos wird Mannoder Frau – die Rennmaschine fürsZeitfahren und den Triathlon ist einUnisex-Modell – in eine windschlüp-frige Position gebracht. Das heißt:Oberkörper waagrecht und los! DerPreis der Qual ist nicht so leicht an-zugeben: Um die 7000 Euro dürftenfür das Rad mit elektronischer Schal-tung fällig sein. Aber das Rahmenset,das auf Wunsch auf Körpermaßgefertigt wird, lässt sich ziemlichmühelos mit einer noch höher-wertigen Vollausstattung auf mehrals 10.000 Euro bringen.

STARKER AUFTRITTDieses E-Mountainbike ist eigentlichviel zu schön hochglänzend Ferrari-rot, um damit ein Schlammbad zunehmen oder es auf einer Schotter-piste einstauben oder verkratzenzu lassen. Das R003 Scuderia vonE-Bike ist allerdings unter seines-gleichen ein Hardtail unter vielenmit dem Antrieb Performance LineCX von Bosch. Wahlweise gibt esdazu, gegen Aufpreis auf die Grund-kosten von rund 3300 Euro, den500-Wattstunden-Akku (empfehlens-wert) und das navigierende DisplayNyon (in Wald und Flur sehrempfehlenswert). Die übrige Aus-stattung reißt den Aficionado nichtvom Bike-Sattel. Aber: Es ist haltso ein schönes Bike, wenn es imBiergarten am Zaun lehnt.

EINES FÜR IMMERFür die Marke Pegasus, die seit mehrals 30 Jahren preisgünstige Räder fürdie ganze Familie unters Volk bringt,ist das Estremo R14 ein Extrem: Eskostet rund 3200 Euro. Äußerlich istes die mattschwarze Unauffälligkeitin Person. Das nähere Hinschauenaber zeigt, dass an diesem Rad reingar nichts mit dem Rotstift auf einenbestimmten Preispunkt hin konzipiertwurde. Herausgekommen ist einAll-Wetter-Rad, von der geschütztenKette bis zur 14-Gang-Nabenschal-tung von Rohloff. Zielgruppe sindFahrer, die im Ganzjahresbetrieb einabsolut zuverlässiges Rad brauchen,wie Berufspendler oder Radreisende.Und sicher ist das Estremo auch wasfür Menschen, die gern auf gediegeneArt ihr Understatement pflegen.

EIN FAHRRAD FÜR OPHELIADie Briten sind raus, das Pfundfällt – diese Prinzessin aber bleibtuns erhalten. Seit 1926 baut Pashley,Großbritanniens älteste Fahrrad-manufaktur, exklusive Räder. DasModell Princess, mit 26- und 28-Zoll-Laufrädern zu bekommen, stehtfür das genaue Gegenteil von Nos-talgie: ungebrochene Tradition. FürGentlemen gibt es den nicht minderfeinen Roadster oder als Sportgerätden Klassiker Guv’nor, nur echt mitdem Apostroph. In der Shakespeare-Stadt Stratford-upon-Avon entstehen,von Hand gefertigt, aus Stahl gelöteteRahmen, die mit besten Kompo-nenten von heute aufgebaut werden.Das Besondere eines Pashley abersind die Details: der schöne Gabel-kopf oder die handlinierten Schutz-bleche. Das muss einem schoneinen Tausender wert sein.

TITAN WÄHRT AM LÄNGSTENRahmenmaterial ist Glaubenssacheunter Fahrradfans. Eine vergleichs-weise kleine Konfession bekenntsich, Carbon hin, Alu und Stahl her,zu Titan. Dabei wird weniger mitSteifigkeitswerten oder Gewichts-angaben argumentiert als mit derDauerhaftigkeit und der schönenPatina, die ein Titanrahmen im Laufeder Jahre entwickelt. Das Revelstokedes niederländischen AnbietersVan Nicholas ist ein All-Mountain/Marathon-Hardtail von berückendschlichtem Design. Das Rahmen-Setsamt Titan-Sattelstütze kostet rund2100 Euro und ist in drei Größenzu haben, auf Wunsch auch alsMaßanfertigung. Breitere Laufradauf-nahmen erlauben steifere Räder, diewahlweise 27,5 oder 29 Zoll großsein dürfen. So ein Prunkstücklässt man sich natürlich ganz nachpersönlichem Geschmack ausstatten.

KLAPPT GANZ GUTDie alten Klappräder hatten in derRahmenmitte ein hässliches Schar-nier. Das Faltrad Birdy von Rieseund Müller kommt seit Jahrzehntenohne aus. Und lässt sich im Extrem-fall trotzdem in weniger als fünfSekunden in ein kompaktes Paketverwandeln, das als Gepäckstücksogar mit in den ICE darf, in demandere Fahrräder nichts zu suchenhaben. Das Basismodell World Birdyfür 1600 Euro – für andere Birdy-Modelle lässt sich leicht mehr als dasDoppelte anlegen – bringt nebenacht Gängen und Schutzblechen wiealle Birdys eine Vollfederung mit.Sie mildert vorzüglich die Nachteilekleiner Laufräder und schafft Sicher-heit und Fahrkomfort. Das höhen-verstellbare Birdy passt Menschenvon 1,50 bis 1,95 Meter Körperlänge.

HOLZKLASSEFahrräder wurden schon aus vielenWerkstoffen gefertigt, auch aus Holz.Bambus ist da – leicht, aber wider-standsfähig – bestimmt nicht derabwegigste. Die Rahmen der Rädervon Myboo werden in Ghana inHandarbeit gefertigt, ehe sie inDeutschland klar lackiert und zukompletten Rädern aufgebautwerden. Das Cityrad My Nasia(Grundpreis 2300 Euro) hat zumBeispiel Standardkomponenten vonShimano und rollt auf braunenReifen von Schwalbe. Nur dieVorderrad-Gabel ist nicht aus Bambus.

Und die Verdickungen an denStellen, an denen die Bambus-Röhren zusammengefügt sind,bestehen aus harzgetränktenHanfseil-Umwicklungen, diebeschliffen werden.

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issen scheinen es ihm angetan zuhaben, viele sind bestickt mit kur-zen Sprüchen, Aphorismen, Blumen

oder Monogrammen: R.R. – wie RonaldReagan. Er bekam das rotweiße Kissen ausNadelspitze, auf dem übergroß seine Initia-len prangen, als Geschenk zu seinem sieb-zigsten Geburtstag, einen Monat nachseinem Amtsantritt als vierzigster Präsidentder Vereinigten Staaten.

Bald könnte es den Besitzer wechseln,versehen mit einer Schätzung von 1000 bis1500 Dollar – und zusammen mit rund800 weiteren Dingen aus dem Besitz vonNancy und Ronald Reagan. Denn am 21.und 22. September versteigert Christie’s inNew York Möbel, Schmuck, Memorabilia,Kunst, Geschirr und Dekorationsobjekteder ehemaligen Präsidentenfamilie. Nachihrem Auszug aus dem Weißen Haus imJahr 1990 bezogen die Reagans ihr Anwe-sen in Bel Air, dem vornehmen Stadtteilvon Los Angeles. Ausgestattet mit William-Haines-Mobiliar, Motiv-Tapeten, ganzenGalerien mit Tellern und Porzellanfigurenan den Wänden und mit pastellfarbengemusterten Sitzgarnituren, entspricht dieEinrichtung dem Regency-Stil der ameri-kanischen Oberschicht.

Ausgestattet wurde das 650-Quadrat-meter-Hügelanwesen in neunmonatiger Ar-beit von Ted Graber, dem Innenarchitektenund Designer, der schon für die Dekorationder Reagan-Wohnräume im Weißen Hauszuständig war. Etliche Gegenstände wander-ten aus Washington mit ins Bel-Air-Domi-zil. Dort wurden sie schon zu LebzeitenNancy Reagans mit grünen Aufklebern ver-sehen, zwecks Kategorisierung.

Die ehemalige First Lady hegte eineSammelleidenschaft für Elefanten, das Sym-boltier der Republikaner. Eine Menagerieaus 27 der kleinen Tiere aus Jade, Glasund Porzellan schmückte eine Tischplatteim Wohnzimmer (Taxe insgesamt 1000/2000 Dollar). Und zwei lustige große Ele-fanten-Ottomanen aus englischem Rinds-leder, angefertigt von Dimitri Omersa fürAbercrombie & Fitch, standen bereits imWeißen Haus; sie sollen jetzt für 2000 bis3000 Dollar gut sein.

Überhaupt liebten die Reagans Tier-motive. Unter dem angebotenen Schmuckbefinden sich Nancys goldene Ohrringe inLöwenform von Van Cleef & Arpels, die sieals Präsidentengattin bei ihrem Besuch inEngland 1988 trug (15.000/20.000 Dollar).Die passende Halskette dazu, eben mitgrößerem Löwenkopf, ist auf 30.000 bis50.000 Dollar geschätzt. Auch viele Adlerschmückten die Wandregale: Ein Porzellan-Modell des amerikanischen Weißkopfsee-adlers von 1989 ist auf 3000 bis 5000 Dol-lar taxiert, die Adler-Lampe aus Walnuss-holz und chinesischem Porzellan von 1988auf 5000 bis 8000 Dollar. Und was imReagan-Haushalt nicht von und mit Tierenbedeckt war, wurde mit den Familien-Initialen versehen: RR, NR, RWR, NRD –etliche Buchstabenkombinationen zieren

Bei Christie’s wird der Nachlass von Ronaldund Nancy Reagan versteigert.

Von Kunst bis Kitsch ist alles dabei.Von Felicitas Rhan

Der Geschmackregierte nicht

Blick in die Bibliothek des Reagan-Hauses inBel Air. Das rotweiße Kissen aus Nadelspitzemit den Initialen des Präsidenten wurde ihmzum 70. Geburstag am 6. Februar 1981 vonTed Graber geschenkt. Der Schätzpreis liegt bei1000 bis 1500 Dollar.

„Adler“-Stehlampe aus Walnussholz undchinesischem Porzellan, Taxe 5000 bis 8000Dollar; Hartholz-Stuhl im Regency-Stilaus einer Serie von zehn Stück, 2000 bis 3000Dollar; Nancy Reagans rote Kaschmirdecke,200 bis 300 Dollar.

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Teller, Schalen, Gläser, Kissen, Decken.Auch die Stoffservietten, die beim Cock-tail zum Einsatz kamen, sind personalisiertund mit „Reagan’s Bar“ oder „The drinksare on the house at The Reagans“ bestickt(insgesamt 50/100 Dollar). Im Inneren derprachtvollen Tiffany-Tischuhr aus Holz,einem Geschenk von Frank und BarbaraSinatra zum Amtsantritt Ronald Reagansim Jahr 1981, findet sich eine goldenePlakette mit der Gravur „Good Morning,Mr. President“ – ausgezeichnet mit 5000bis 10.000 Dollar, am Ende wird es wohlviel mehr sein.

Das Arbeitszimmer des Country-Hausesin Bel Air erzählt von der ersten Karrieredes späteren Präsidenten als Schauspieler.Cowboybilder hängen dicht gedrängt nebenPferdezeichnungen und Jagdgemälden, einaltes Holzgewehr an der Wand krönt dieKollektion. Ronald Reagan spielte bisAnfang der fünfziger Jahre in zahlreichenkleineren Western mit. Sein sonnengegerb-tes Gesicht passte hervorragend zum Cow-boyhut und brachte ihm den Ruf als „JamesStewart für Arme“ ein. Erst von 1962 anwandte er sich der Politik zu, von 1967 bis1974 war er Gouverneur von Kalifornien.Damit war Ronald Reagan der erste Film-star in diesem Amt. Von 2003 bis 2011führte Arnold Schwarzenegger die Traditionfort. Und hartnäckig hält sich das Gerücht,dass George Clooney, der Hollywood-Beaumit ernsthaften gesellschaftlichen Anliegen,2018 antreten möchte – allerdings dann fürdie Demokraten.

Insgesamt erwartet Christie’s zwei Mil-lionen Dollar für die Hinterlassenschaftender Reagans. Der Erlös soll dem „RonaldReagan Presidential Institute“ zugute kom-men, das er 1991 gegründet hat. Bleibtnur die Frage, warum bei so viel Amerika-Seligkeit die Wahl nicht auf die heimatlicheAuktionsfirma Sotheby’s fiel, sondern aufdie französische Konkurrenz.

Im Wohnzimmer:Dekorierte Schale ausMottahedeh-Porzellan,unter anderem mitdem Siegel desPräsidenten, Zitatenund acht Schildenfür jedes Jahr im Amt,32 Zentimeter imDurchmesser, 8000bis 12.000 Dollar.

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love to do things.“ Mit diesem Satz hatte sich Stan-ley Marsh einst vor einer Fernsehkamera vorge-stellt: Ich liebe es, Dinge zu tun. Und meintedamit, Ideen zu verwirklichen. Große Ideen.Großartige Ideen. Zum Beispiel, zehn Straßen-

kreuzer kopfüber in einen Acker zu stecken, so dass esaussieht, als wären sie vom Himmel gestürzt. Das Grund-stück für solch einen Plan besaß er am Stadtrand vonAmarillo, einen Acker, auf dem anschließend ja durchausweiter Getreide, Mais oder Gemüse angebaut werdenkonnte. So, wie er auf diese Möglichkeit hinwies, hätteman meinen können, er sei auf die Einnahmen aus derErnte angewiesen. Und die Wagen? Sie waren leichter zubeschaffen, als man sich das heute vorstellen kann. Es wardas Jahr 1974. Die Energiekrise hatte gerade begonnen.Amerika musste sparen. Vor allem Benzin. Eine Zeitungs-annonce genügte, und binnen zwei Wochen waren zehnCadillacs beisammen. Manche noch fahrtüchtig, anderekaputt. Kaum einer der Wagen kostete mehr als ein paarhundert Dollar. Lauter Schnäppchen. Und das, obwohlStanley Marsh sie ebenso gut beim Cadillac-Händler umdie Ecke hätte neu kaufen können.

Stanley Marsh 3, in arabischen Ziffern geschrieben,darauf legte er Wert, denn römische seien prätentiös, warder Erbe eines Multimillionen-Dollar-Vermögens, das dieFamilie in nur zwei Generationen mit Ölquellen undRinderzucht verdient hatte. Und er selbst hatte es dankeines Heliumvorkommens auf seinen Ländereien sowiemit einem Fernsehsender nicht unerheblich vergrößert.Dennoch zog er originelle Einfälle stets bombastischenGroßprojekten vor. Museen waren ihm ein Gräuel. Schonder Eintritt in diese steife Umgebung sei fürchterlich, sagteer, mit all den Aufpassern, mit dieser Stille wie in einemMausoleum. Dann das Verbot zu rauchen und die wichtig-tuerischen Rahmen um die Bilder, die so viel Respekteinflößen, dass man gar nicht entscheiden kann, ob mandie Kunst nun mag oder nicht. Kunst, sagte er, gehöre aufdie Straße, in den Supermarkt, an die Tankstellen, unterdie Brücken der Freeways und Highways. Sie solle über-raschen, dort aufblitzen, wo man sie am wenigsten erwartet.Erst dann könne man sagen: Das gefällt mir, das ist gut.

Die Idee der Cadillac Ranch fand Stanley Marsh sehrgut. Sie stammte von drei jungen Männern aus San Fran-cisco, die sich als Künstlergruppe Ant Farm nannten.Zehn Straßenkreuzer als Monumente in der Landschaft:ein Kommentar zur aktuellen Ölkrise ebenso wie einAbgesang auf die Zeit des Cruisens, des Autofahrens alsreinem Zeitvertreib. Deshalb kamen nur Modelle aus denJahren 1948 bis 1964 infrage. Praktischerweise war diesdie Zeit, in der die Karosserien gebaut wurden, die in

auffälligen Heckflossen endeten. Ein ästhetischer Reiz, derdie Attraktion der geplanten Skulptur erheblich steigernwürde. Und natürlich mussten es Cadillacs sein. Darauflegten Chip Lord, Hudson Marquez und Doug MichalsgrößtenWert.

Über Jahrzehnte hinweg war dieser Wagen mehr alsnur ein Automobil, er war Ausdruck eines Lebensgefühls,vielleicht sogar einer Weltanschauung: der amerikanischeTraum, geformt aus Chrom und Stahl. Sich für eine solcheLimousine in Schulden zu stürzen, schrieb der KritikerOwen Edwards im Rückblick auf die vierziger und fünfzigerJahre, „war ein Ausdruck der Hoffnung, eine Loyalitäts-erklärung gegenüber einem Land, das die Depressionüberstanden hatte und nun wieder zu neuen Horizontenaufbrach“. In dem endlos gestrecktenWagen, seinen bulligenKotflügeln und den gewaltigen Stoßstangen unter demKühlergrill spiegelten sich Optimismus und Fortschritts-glaube wider, das Vertrauen in Amerikas sprichwörtlicheunbegrenzte Möglichkeiten. Eine Nation, deren Mythenauf der Weite des Landes und der Mobilität seiner Ein-wohner fußen, fand im Cadillac ihren vollkommenenAusdruck. Gegen diesen Straßenkreuzer zu hetzen grenztean Häresie. Trotz seiner vielen technischen Mängel nann-

ten ihn die Hersteller ruhigen Gewissens „Standard of theworld“. Und jetzt? Sollten sie vergraben werden. Einge-buddelt. Haube in den Boden, Schwänzchen in die Höh’.

Die Künstler hatten eine genaue Vorstellung: DieWagen würden in gerader Linie stehen, ausgerichtet exaktvon Osten nach Westen, und ihren Neigungswinkel gabdie große Pyramide von Gizeh vor. „Americans make theiricons“, sagte Stanley Marsh: Sie schaffen sich ihre Ikonenselbst. Was bleibt ihnen auch übrig, angesichts einerGeschichte, die in Amarillo zu seiner Zeit nicht einmal100 Jahre zurückreichte. Man hätte meinen können, dieCadillac Ranch sollte den Mangel an historischen Stättenausgleichen, zu einem rituellen Ort werden, dessen Bedeu-tung sich so schnell verflüchtigt wie es nur irgend geht. Bisschon bald alle nur noch staunen, gebannt davorstehen, inEhrfurcht versinken. Wie vor den Tempeln der Maya, denDolmen in der Bretagne oder dem englischen Stonehenge.Scholle, Motor und Metaphysik sollten sich ineinanderfügen, als könne in diesem Bündnis irgendeine Lösungliegen. Ein heiliger Platz des automobilen Zeitalters?

Für Stanley Marsh 3 waren derlei Überlegungen über-dreht. Er wollte keine Interpretationen. Für jeden, der ihnnach der Bedeutung der Cadillac Ranch fragte, hatte derkauzige Geschäftsmann eine andere Antwort parat. Einemerzählte er, es handele sich um einen Friedhof für die Chef-designer von General Motors, einem anderen, es sei dieKulisse für eine Volkswagen-Werbung. Dann wiederumbehauptete er, die Autos seien als Hindernis für einenStunt von Evel Knievel aufgestellt worden, dem drauf-gängerischen Motorradfahrer.

Selten dürfte eine Skulptur dieser Größenordnungschneller – und kostengünstiger – entstanden sein. DieTüren wurden zu-, die Radkappen angeschweißt, dannfuhr man die Wagen auf Lastern zum Acker, brachte siemit Kränen in Position und zementierte sie ein. Fertig?

Das hätte man denken können und meinen sollen.Aber allein der Winkel einer Pyramide und die Erinne-rung an Stonehenge bieten einem Kunstwerk keinen um-fassenden Schutz. Und wenn die letzten Sonnenstrahlendes Tages exakt auf den letzten Wagen der Reihe treffenund sich gespenstisch in dessen Lack spiegeln, dann strahltdiese Anlage zwar eine seltsame Magie aus – aber nichtjedem Besucher ist daran gelegen, im Kraftfeld rostenderGetriebe den Gang auf esoterische Erfahrungen zu schal-ten. Bald war von Ehrfurcht und Respekt nichts mehr zuspüren. Begnügten sich die Besucher anfangs damit, ihreInitialen in die Karosserien zu ritzen, fehlte schon balddarauf alles in und an den Wagen, was abgeschraubtwerden konnte: erst die Radios, dann die Tanks, einKofferraumdeckel, sogar eine Kupplung. Nicht allein

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American Graffiti: Jeder Besucher kann mit Sprühdosen seineHandschrift auf den Cadillacs hinterlassen.

Haube in den Boden,Schwänzchen in die Höh’:Die Cadillac Ranch in Texasist eine amerikanische Ikone.

Von Freddy Langer (Text und Fotos)

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Souvenirjäger schienen sich zu bedienen, sondern auchBesitzer alter Cadillacs, die Ersatzteile anderswo nichtmehr auftreiben konnten. Zuletzt kamen die Menschenmit Farbeimern.

Als wollten sie das neue Jahrzehnt der Cadillac Ranchauch optisch einläuten, malten Unbekannte über Nachtalle Wagen rot an. Marsh störte das wenig; im Gegenteil.So beeindruckt war er von der neuen Lackierung, dass erforderte, auch „die anderen beiden großartigen Skulpturender Welt“, die Sphinx von Gizeh und die Freiheitsstatueim Hafen von New York, sollten rot angepinselt werden.Später erweiterte er die Liste um das Washington Monu-ment, das Lincoln Memorial und das Jefferson Monument.Sie wären weniger langweilig, sagte er, wenn man denMenschen erlauben würde, sie zu besprühen.

Als die Installation 20 Jahre alt wurde, ließ StanleyMarsh die Wagen weiß lackieren, lud 1994, am 21. Juni,dem längsten Tag des Jahres, 1500 Gäste ein und verteilteHunderte Spraydosen mit Neonfarben. In Amerika nannteman Marsh bisweilen einen Kunstterroristen, in anderenTeilen der Welt würde man eher von Dada sprechen. Odervon Surrealismus. Er selbst bezeichnete Kunst als legalisierteForm des Wahnsinns. Und natürlich war die Leidenschaft,die bei ihm zu großartigen Ideen führte, noch nicht aufge-

braucht, als er zehn Autos in einem Feld versenkt hatte.Mitten in Amarillo schuf er das Museum seiner Träume.Er ließ Verkehrsschilder aufhängen, die keinen Sinn ergaben.Große Rauten mit kleinem Störeffekt. „Undead End“steht auf einem, als Anspielung auf die Beschilderungamerikanischer Sackgassen. „Unnatural Activities“ lautetdie Warnung auf einem anderen. Oder: „Noisy Children“.Dann gibt es vermeintlich touristische Hinweise wie„A Movie Star Slept Here“. Und bisweilen kuriose Über-legungen, etwa: „If you took everybody who fell asleep inchurch and put them end to end in a line on the floorthey’d be much more comfortable.“

Am Ende sollen es Hunderte Schilder in und um Ama-rillo gewesen sein. Fast jedes ein Unikat. Nur das Schildmit der Aufschrift „No two signs are exactly the same“ gibtes nachweislich zweimal. Eines klingt wie Stanley MarshsBekenntnis zur Phantasie: „Life is a dream that keeps mefrom sleeping.“ Er wollte Kunst und Kunstbetrieb mittelskleiner Bomben im öffentlichen Raum demokratisieren.Die Schildersammlung nannte er „Dynamite Museum“.

Als Amarillo wuchs und sich der Cadillac Ranchnäherte, ließ Stanley Marsh die Autos versetzen, weiterRichtung Westen, in noch mehr Einsamkeit. Das war1997. Jetzt ging die Farborgie erst richtig los. Aus Anlass

des Todes von Doug Michals, einem Ant-Farm-Künstler,wurden die Wagen 2003 allesamt schwarz lackiert. 2005strich man sie rosa an, als Zeichen für den Kampf gegenBrustkrebs. 2009 gelb, um Spenden für ein Krebstherapie-zentrum zu sammeln. Als Stanley Marsh im Juni 2014 imAlter von 76 Jahren starb, passierte hingegen nichts.

Heute liegen zu jeder Tages- und Nachtzeit Spraydosenherum, und jeder Besucher setzt irgendwo einen Farb-tupfer oder bringt große Bilder auf, immer nur für einenMoment, denn schon stehen die Nächsten Schlange. DieBilder vom Morgen sind bis zum Abend verschwunden.Überdeckt. Übermalt. Übersprüht. Zentimeterdick klebtder Lack auf dem Metall, verlaufen wie Wachs. Manglaubt fast, dass nur noch die Farbe die zernagten Karosse-rien zusammenhält, und wenn man sie herunterkratzenwürde, am Ende vielleicht gar nichts mehr vorhandenwäre von den Autos. Stanley Marsh war optimistischer.Eines Tages, sagte er, würden Kunsthistoriker den LackSchicht für Schicht abtragen – bis schließlich ein Rembrandtzum Vorschein kommt. Lange vorher schon würden sie auf„FL“ stoßen.

Vom Autor erscheint im Oktober im Knesebeck-Verlag das Buch„Route 66 – Reisen auf der berühmtesten Straße der USA“(224 Seiten mit 250 farbigen Abbildungen, 34,95 Euro).

Pretty in pink: Wie vom Himmel gestürzt und im Boden versunken ragen die Straßenkreuzer der Cadillac Ranch nahe Amarillo in die Höhe.

* Vorbehaltlich Verfügbarkeit der teilnehmenden Hotels und Resorts. Der Buchungs- und Aufenthaltszeitraum variiert je nach Region. Das Buchungsende liegt je nach Region zwischen dem 23. August und dem 5. September; der Aufenthaltzeitraum liegt je nach Region zwischen dem 14. Mai und dem 31. Dezember. Die Preisnachlässe liegen zwischen 10 bis 30 % jenach Preiskategorie (BAR, BAR BB), die je nach Region und Marke variiert. Hotels in der Region Amerika: Begrenzte Verfügbarkeit bei Aufenthalten von Donnerstag bis Sonntag. Die Buchung muss mindestens vier (4) Tage vor Ankunft erfolgen. Hotels in Europa, dem Nahen Osten & Afrika: Gültig nur an Wochenenden. Die Buchung muss mindestens drei (3) Tagevor Ankunft erfolgen. Hotels in der Asien-Pazifik-Region: Die Buchung muss mindestens drei (3) Tage vor Ankunft erfolgen. Hotels in China: Die Buchung muss mindestens zwei (2) Tage vor Ankunft erfolgen. Zum Zeitpunkt der Buchung ist die Vorauszahlung des Gesamtbetrags erforderlich. Ihre Kreditkarte wird sofort mit dem Gesamtbetrag für dengebuchten Aufenthalt belastet. Zahlungen sind nicht erstattbar; gilt für den Vertrag zwischen Ihnen und Hilton deutsches Recht, so erfolgt bei Stornierung jedoch eine Erstattung in Höhe von 10 % der geleisteten Zahlungen. Ihnen steht in diesem Fall der Nachweis frei, dass Hilton kein oder ein wesentlich niedrigerer Schaden entstandenist. Die bezahlten Beträge können nicht für andere Aufenthalte, Dienstleistungen oder Waren verwendet werden. Die Buchung kann nicht geändert werden. Im Übrigen gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Besuchen Sie bitte vor der Buchung und für Informationen über zusätzliche Preisnachlässe für Hilton HHonors Mitglieder unsere Websitehilton.de, um die vollständigen, allgemeinen Geschäftsbedingungen anzusehen.

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46 REISE

Grüßevon

Der Urlaub fängt schonauf dem Festland an:In Neßmersiel startetdie Baltrum-Fähre. AlteFeriengäste runter vomSchiff, neue rauf, Autosbleiben im Hafen. Werdie Abendfähre verpasst(alles schon passiert), musssich auf dem Festland einZimmer suchen – dennpro Tag gibt es nur zweioder drei Überfahrten.

Auf der 600-Einwohner-Insel gibt es nur ein paarFahrzeuge, für Feuerwehr und Rettungsdienst. VierRäder haben sonst nur die Bollerwagen (für Gepäck,Strandausrüstung und Kinder). Gäste sollten nichtFahrrad fahren, damit nicht zuviel Unruhe entsteht.Also besser alles auf vier oder zwei Beinen erledigen.

Im Sommer halten sich alle mit dem Schatz-kofferspiel geistig fit. Körperlich auch. Dennwas man sich nicht ergoogeln kann (wie vieleTreppenstufen führen zur Westbake?), mussman sich erlaufen. Ist aber nicht so schlimm.Denn die kleinste ostfriesische Insel, zwi-schen Norderney und Langeoog gelegen,heißt nicht umsonst „bald rum“.

Naturschauspiele gibt es hier an jederEcke: Dünenlandschaften mit Fasanen;Sternhimmel und Wetterleuchten beiNacht; Festland-Windräder beim Blickübers Watt, Containerschiffe beimBlick hinaus aufs Meer. Am schönstenaber ist der lange Sandstrand, besondersabends, wenn hinterm StrandhotelWietjes die Sonne im Meer versinkt.

Ferienende! Beim Blick zurück geht Baltrumim Nebel unter. Auch Insulaner sind auf derFähre. Sie fahren zum Internat (die Inselschulegeht nur bis Klasse zehn), zum Zahnarzt (aufder Insel sind nur Allgemeinärzte) – oder ummehr Geld zu verdienen als mit dem Vermietenvon Zimmern und dem Bedienen von Gästen.

Und wenn man wegen schlechtenWetters mal wieder einkehren muss,ist das Strandcafé ein Rettungsanker.Im „Kinderzimmer“ ist es sehr laut,an der Theke wird morgens schonBier ausgeschenkt, und draußen aufder Terrasse picken die Möwen diePommes vom Teller – egal, that’sUrlaub! Warum wohl flattert hierdie Piratenflagge imWind?

Essen kann man auch. Seezunge im„Seehund“, Burger im „Skipper’sInn“, Fischbrötchen bei „MittendrinFisch“, Kuchen im „Café Kluntje“und Pizza im „Fellini’s“. Sternekücheist das nicht, muss es aber auch nichtsein. Wenn hinterm „Fellini’s“ dieSonne schräg steht, lösen sich Sorgenund Hunger in Dampf auf.

Das „Dornröschen der Nordsee“kommt ohne Autos aus. Geht!

Von Alfons Kaiser

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SKuba kommt in Bewegung. Jorge arbeitet in seiner Werkstatt daran,

dass die Autos bei dem Tempo nicht auseinanderfallen. Die Zukunft ist auf derInsel jedenfalls nur durch die Vergangenheit zu erfahren. Von Holger Appel

Spritzwand kürzen, den Mitteltunnel verbreitern, andereAufhängungspunkte für die Hinterachse anschweißen, alldas gehört zum Alltag. Die Einbaulage im Motorraumsieht bisweilen abenteuerlich aus, doch darauf kommt esnicht an. Hauptsache, das Ding läuft. Und falls die Lenk-säule im Weg sein sollte, wird die eben auch noch verlegt.Das Lenkrad aus einem Hyundai eingebaut, den Siche-rungskasten von einem alten Volkswagen eingesetzt, fertigist der Neuwagen.

Acht Autos schafft Jorge im Jahr, „erschafft“ wäre wohldie bessere Bezeichnung. Für die Restaurierung ein-schließlich Motor stellt er seinen Kunden 8000 Euro inRechnung. Die Auftraggeber sind oft jüngere Männer, diedas Fahrzeug von ihrem Großvater und Vater geerbthaben. Gut erhaltene Stücke sind bis zu 50.000 Euro wert,gebrechlichere immer noch 20.000 Euro. Um sie zu finan-zieren, kleben ihre Eigner ein Taxi-Schild aufs Armaturen-brett, fahren den ganzen Tag auf und ab und laden Men-schen ein, die am Straßenrand winken. Sie ersetzen so denkaum existenten öffentlichen Nahverkehr. Gefahren wirdüberaus bedächtig, auf die Bremsen ist nur bedingt Ver-lass, und ein Unfall bedroht die Existenz.

„Ein Auslaufmodell“, sagt einer der Besucher in derGarage über Jorges Tätigkeit. Tatsächlich spricht vielesdafür: die wöchentlich 110 Flüge aus Amerika, die vonHerbst an vereinbart sind; oder die Kreuzfahrtschiffe mitihren Tausenden Passagieren, die jetzt schon anlegen undsogleich unbeliebt sind. Manches spricht aber auch dagegen.Die meisten Kubaner stehen der politischen und wirt-schaftlichen Öffnung skeptisch gegenüber. Und außer-dem: „Präsident Raul sagt: immer weiter ohne Rast, aberohne Eile“, sagt der Reiseführer. Den Autos auf Kubamöchte man wünschen, dass sie überleben. Denn dieAllerweltsware aus chinesischer Produktion gibt in denStraßen Havannas schon mächtig Gas.

ie sind der Traum auf Rädern – aber nur, solangeman ihnen nicht zu nahe kommt. Die Autosauf Kuba sind, genauer betrachtet, die rollendeBankrotterklärung einer in Mangelverwaltunggeübten Gesellschaftsform. Unter diesen aber

die vielleicht schönste der Welt. Als Präsident FulgencioBatista zum Jahreswechsel 1958/1959 das Land verließund es den Revolutionären um Ernesto Che Guevara undFidel Castro überlassen musste, brach unter den amerika-nischen Bewohnern Hektik aus. Wer für sein Auto nocheinen Platz auf einer der letzten Fähren Richtung Miamiergattern konnte, nahm es mit. Die meisten aber flüchte-ten mit Segel- oder Motoryachten und ließen ihre Limou-sinen und Cabriolets zurück, von denen es zu jener Zeitviele auf der Insel gab. Besonders die Mafia, die unter demberüchtigten Boss Meyer Lansky beträchtliche Gewinnemit ihren Casinos auf Kuba gemacht hatte, hinterließ einigeautomobile Pretiosen. Nach der Enteignung amerikani-scher Privatpersonen verhängten die Vereinigten StaatenAnfang 1960 ein Embargo. Seither gibt es keinen Importvon Fahrzeugen mehr, auch die Ersatzteilversorgung istzum Erliegen gekommen. Das am häufigsten gefahreneAuto ist bis heute der Chevrolet Bel Air. Die besserenModelle stammen aus den Jahren 1955 bis 1957, diebemitleidenswertesten aus den Jahren 1950 bis 1954.

Von diesen lebt Jorge. Er betreibt in der Avenida 1ra das,was sie hier Classic Garage nennen. Genau genommen istdie Werkstatt eine Halle ohne Tor, in der Karosseriebau,Motorenbau und Lackiererei unter einem Dach unter-gebracht sind – jeweils rund zwei Meter Luftlinie von-einander entfernt. Jorge ist ein Meister der Improvisation.Aus einem zusammengebrochenen Chevy baut er binnensechs Monaten einen wie neu aussehenden. Jedenfalls fastneu. Die Originalmotoren setzt so gut wie niemand mehrein, die amerikanischen Achtzylinder laufen längst nicht

mehr, außerdem ist Benzin doppelt so teuer wie Diesel.Deshalb knattern und rußen und rauchen in den Karossenuralte Fünf-Zylinder-Diesel von Mercedes-Benz oder inder ersten Welt verblichene aus dem Toyota Land Cruiser.

Jorge muss die Motoren kaufen wie besehen, geliefertwerden sie von einem Staatsunternehmen, das sie in denIndustrieländern aufkauft. „Wir dürfen die Motoren nichtmal anlassen“, sagt Jorge. 4000 Euro kostet solch ein inEuropa oder Asien ausrangiertes Alteisen, ein Vermögen ineinem Land, in dem der durchschnittliche Monatslohnum 30 Euro liegt. Ärzte verdienen etwa 80 Euro. Offiziell.Fragen zur Schattenwirtschaft beantwortet hier niemand.

Mit Geschick basteln Jorge und seine Leute aus allem,was sie bekommen können, neue Halterungen, Auspuffe,Krümmer, Turbolader. Falls der Motor für Frontantriebausgelegt ist, baut er ihn auf Hinterradantrieb um. Die

¡HASTA LA VICTORIASIEMPRE!

„Classic Garage“ in jedem Sinne: Jorge macht in seiner Garage aus alt so etwas wie neu.

Alles wird anders: Die Autos setzt Jorge in seinem Betrieb ausunterschiedlichen Teilen neu zusammen.

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48 SCHÖNHEIT

inmal aufgetragen, schon indie Haut eingezogen, sofortbereit zum Schminken – soetwas muss ein Beauty-Produkt heute leisten. Auch

Lancôme war sich dessen bewusst, als esim Frühjahr dieses Jahres darum ging,ein neues Produkt zu lancieren. „Wir sindim Bereich Anti-Aging sehr gut aufgestellt,aber nun wollten wir eine jüngere Ziel-gruppe ansprechen“, sagt Elsa Deville-chabrolle, die wissenschaftliche Leiterindes Kosmetikherstellers. Ein Bedürfnis warschnell ausgemacht: die Müdigkeit. Klar,wenn stets die Zeit fehlt, wenn im Lebennur weniges sicher und nichts von Dauersein kann, wie das bei vielen jungen Men-schen der Fall ist, kostet das Kraft. Alsomusste ein Kraftstoff für die Haut her.„Énergie de vie“ soll so einer sein. Flüssiger

als eine Creme, fester als ein Gel, ziehtschnell genug ein, um noch fix das Make-Up aufzutragen und schon raus aus derTür zu sein.

In immer mehr Beauty-Produktensteckt jetzt ein Kraftstoff, auch Booster ge-nannt. Er soll sofort wirken und zwar so,dass die Haut das dritte Glas Rotwein amVorabend oder die zwei Stunden wenigerSchlaf möglichst schnell vergisst – oder zu-mindest verzeiht. Zum optimierten Lebens-stil gibt es nun eben die passenden Life-stylecremes. Eigentlich kein Wunder: Wer,wenn nicht die Gesichtshaut, schlägtschon Alarm, wenn man mal ein paar Tagelang zu wenig Mineralwasser getrunkenhat? Aber nicht nur für sie, die Mimose,gibt es jetzt Turbo-Produkte, die mög-lichst schnell und möglichst effektiv wir-ken sollen, wie jenes von Lancôme oder

den „Booster“ von Clarins oder den „SpaceAqua Booster“ von 111Skin oder den „VitalBoost“ von Goldfaden MD oder den „Bed-time Beauty Boost“ von Oskia.

Der britische Friseur Michael VanClarke hat gerade ein Shampoo vorgestellt,das bis zu zehn Zentimeter längeres, krissel-freies Haar verspricht – dank wachstums-anregenden Pflanzenextrakten und Kasch-mir-Proteinen.

Gut aussehen, und zwar bitte sofort.Für eine Zielgruppe, die sich längst darangewöhnt hat, dass alles von jetzt auf gleichgehen muss, ist das auch in Sachen Schön-heit ein Thema. Sie stellt schließlich diegleichen Ansprüche an sich selbst und anihr Lebensmodell. Für das gibt es einenClaim, der nach noch mehr Stress klingt,als eh schon da ist: die Rushhour des Le-bens. Die Zeit zwischen Mitte zwanzig

und Mitte dreißig, wenn es heißt, sicheinen Job zu suchen, der so viel Spaß wieGeld bringen muss, einen Partner zu fin-den, der in diesen hoch individualisiertenZeiten zu einem passt, Kinder ja oder nein.Leben auf der Überholspur, eine Zeit, inder es oft zügig voran geht.

„Schlafmangel, Partys, schlechte Ernäh-rung: Wenn der Körper angegriffen wird,verteidigt er sich“, sagt Devillechabrollevon Lancôme. „Nur schützt er natürlichzunächst die wichtigen Teile, die Organe,die innen liegen. Die Haut steht da leideran letzter Stelle.“

Nicht erst seit gestern ist deshalb dieRede von Antioxidantien, die Zellen vorfreien Radikalen zusätzlich schützen sollen.Antioxidantien kann man über Trauben-saft zu sich nehmen, in Form von Pillen,und sie stecken auch in Booster-Produktenwie dem „Énergie de vie“ von Lancôme.„Das ist der Hauptwirkstoff in dem Pro-dukt, der die Haut gegen äußere Einflüsseschützt und sie so stärkt“, sagt Deville-chabrolle.

Es ist somit auch das Prinzip der Saft-bars und Delis mit ihrem Health-Foodund etwas Extra-Schutz obenauf, das nunin der Beauty Einzug hält. Der „Booster“von Clarins erinnert tatsächlich an einSupplement, er ist nicht größer als einFläschchen ätherisches Öl, nur ohne denkopfschmerzerregenden Geruch. Aber mitmehr als ein paar Tropfen davon sollteman seine gewöhnliche Pflege trotzdemnicht anreichern. Drei verschiedene Pro-dukte hat Clarins vor drei Monaten lan-ciert: eines für mehr Energie, eines mitEntgiftungseffekt, eines, das reparierensoll, was Sonne und Salzwasser angerichtethaben. Die Beziehung zu diesen Produk-ten ist nicht bindend. „Es ist stattdessenimmer dann da, wenn man es gerade akutbraucht, ob nun einen Tag lang, einenMonat, eine Woche“, erklärt Sylvia Endersvon Clarins. „Die Anregung dazu kamvon unseren Anwenderinnen, die darübersprachen, dass ihre Haut oft zwischen-durch ein Bedürfnis habe, für das sie abernicht gleich ihre ganze Pflege umstellenwürden.“ Die Booster sind entsprechendhoch konzentriert, um dem Bedürfnismöglichst schnell und möglichst effektivgerecht werden zu können.

„Instant Gratification, so haben wirdas doch früher genannt“, sagt Sarah vonDoetinchem, Geschäftsführerin des Online-Shops Niche Beauty. „Die Leute wollensofort ein Ergebnis sehen.“ Der griffigereBegriff Boost sei nun die Fortsetzung dessperrigen Instant Gratification.

„Boost kommt jetzt erst, das gehörtnoch nicht zu unseren Top-20-Suchbegrif-fen“, sagt von Doetinchem. Die Chancenstünden trotzdem nicht schlecht, so dieOnline-Händlerin, dass Boost recht baldunter den Kunden zur Instanz wird. „Daserwarten viele doch heute: Wenn manetwas Teures kauft, soll es bitteschön auchsofort funktionieren.“

Einen Gegentrend zu den Produktenfür die Überholspur des Lebens gibt esaber trotzdem: Naturkosmetik mit oftnicht mehr als bewusst sechs Inhaltsstof-fen – die meisten davon selbstverständlichpflanzlich.

AUF DER ÜBERHOLSPURKraftstoff für die Haut: In vielen Beauty-Produkten stecken Booster – damit esauch in Sachen Schönheit von jetzt auf gleich geht. Von Jennifer Wiebking

Für einen Tag, eineWoche, einen Monat:Produkte vonClarins und Lancômefür akute Fälle

Foto Frank Röth

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49MOOD/MUT

MOOD 038

Bedeutende Dinge,Menschen, Ideen,Orte und weitere

Kuriositäten,zusammengestellt vonJennifer Wiebking

MUT

STATT MAXIMILIANWelcher Vorname lässt sich gut über den Spielplatz brül-len, ohne dass sich gleich drei Kleinkinder umdrehen?In Zeiten der Babymoons und Gender-Revealing-Partyswittern auch sogenannte Vornamen-Agenturen Erfolg.Sie kommen für mal schnell 20.000 Euro auf einenpassenden Namen. Aber wehe, nachher drehen sich dreiKleinkinder gleichzeitig um.

BREXIT-TREATMENTVon wegen Lipstick-Index als üblichesStimmungsbarometer in Krisenzeiten:Heute tut es der rote Lippenstift nichtmehr. Unter 60 Minuten Aroma-massage geht gar nichts. Zumindesteine Branche profitiert in Groß-britannien schon jetzt von dembevorstehenden EU-Austritt. Seitdem Schicksalstag Ende Juni ver-zeichnen die Londoner Spas einenAnstieg von bis zu 30 Prozent.

Kann man Männern mit Bart nicht oft genugsagen: Go brush yourself! (Brooklyn SoapCompany)

Mitte August auch schon genug von der Orlebar-Brown-Vilebrequin-Shortsträger-Fraktion amStrand? Die Modelle von Ripa & Ripa sindgenauso bunt bedruckt, ohne gleich im Neben-schluss Werbung für die Marke zu machen.

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Das Kürzel unseres Redaktionsleiters: kai.Er kann, klar, messerscharf formulieren.Schärfer schneiden aber kann diese Klinge.Der Name des Messers: kai. Kein Kürzel!

Neuer Monat, neue Super-Hirse? Warumredet jetzt, da selbst Fastfood-Läden ihreBackwaren mit Chia-Samen garnieren,niemand über Teff?

Die Teppichmanufaktur Fábrica de Tapices mag 1721 von Philipp V. von Spanien gegründetworden sein. Aber ein Teppichmodell mit Stromkreis wird vor der Architektin Teresa Sapey nochniemand für das Unternehmen entworfen haben.

Ein neuer Monat, ein neues Super-Öl: Alge. Oderbesser: Mikroalge. Die Chlorella ist so klein, dasssie wie Wasser anmutet. Also Öl. (Lüttge)

Wem einmal die Handtasche mit allemDrum und Dran geklaut wurde, der weiß:In manchen Momenten muss es nicht dieschönste sein. Die Crowdfunding-Campaignzum diebstahlsicheren Modell LoLo Inoist in jedem Fall eine gute Idee.

Die spanische Marke Meller ist Spezialist fürgewisse John-Lennon-Momente im Leben – wegenihrer kreisrunden Sonnenbrillen-Modelle.

Soulcycling, die Sportart, die zumindest in New York alle anderen längst abgehängt hat, gibt esjetzt auch in Berlin. Da heißt der Spaß passenderweise Becycle.

In der neuen Berliner Spiced Academy lernt man innerhalb von 18 Wochen das Lesen undSchreiben des Internets — also Programmieren.

Die Tücher von Neyo sind so zart wie semi-trans-parent. Fast so durchsichtig also wie die Bedingun-gen, unter denen sie in Nepal gefertigt werden.Jeder Handwerker unterschreibt persönlichauf dem von ihm gefertigten Stück.

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FRAGEBOGEN50

Was essen Sie zum Frühstück?Meistens trinke ich erst nur Kaffee und warte, bis derKörper angelaufen ist. Dann ein Käsebrötchen oderJoghurt. Nur wenn ich Rennen fahre, versuche ich, vielzu frühstücken, vor allem Kohlehydrate. Bei der Dakar-Rallye gab es morgens um vier schon eine ordentlichePortion Spaghetti, um für den Tag gerüstet zu sein.

Wo kaufen Sie Ihre Kleidung ein?Überall, weil ich viel unterwegs bin. Auch gerne in Outlets.Ich bin aber keine Shopping-Queen. Ich bin eher schnellgenervt, wenn ich was anprobiere, und es passt nicht gleich.

Hebt es Ihre Stimmung, wenn Sie einkaufen?Nein. Außer ich bin im Baumarkt. Ich liebe Baumärkteund alle Arten von Elektronikshops.

Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?Weiß ich nicht. Ich trage die Sachen meistens, bis sienicht mehr gut aussehen, und gebe sie dann weg. Ich habeaber noch meinen ersten Renn-Overall, als Souvenir.Der ist jetzt 30 Jahre alt.

Was war Ihre größte Modesünde?Ich glaube, ich begehe jeden Tag Modesünden. Manch-mal orientiere ich mich deshalb an den Kindern meinerSchwester, die sind immer auf dem neuesten Stand undgeben mir Tipps.

Tragen Sie zu Hause Jogginghosen?Ja. Definitiv.

Haben Sie Stil-Vorbilder?Eigentlich nicht. Aber wenn ich was in Zeitungen oderZeitschriften sehe, das mir gefällt, kann mich das schoninspirieren.

Haben Sie jemals ein Kleidungs- oder ein Möbelstückselbst gemacht?Kleidung nicht, aber Möbelstücke, ein Bett oder einenStuhl. Für den Sohn meiner Schwester habe ich mitdessen Schwester mal ein tolles Hochbett gebaut. Hatuns zwei Tage gekostet, aber viel Spaß gemacht.

Besitzen Sie ein komplettes Service?Ja, von Villeroy & Boch.

Mit welchem selbst zubereiteten Essen konnten Sie schonFreunde beeindrucken?Ich mache gerne einen ganzen Fisch mit Kräutern, inAlufolie im Backofen. Oder einen Hahn mit Kräutern.

Welche Zeitungen und Magazine lesen Sie?Ich bin eher der Online-Typ. Da lese ich die F.A.Z.oder n-tv.

Welche Websites und Blogs lesen Sie?Hauptsächlich Nachrichten und Sport. Ich lese keineBlogs. Wenn ich meine Mails gemacht habe, reicht’s mirehrlich gesagt am Computer.

Wann haben Sie zuletzt handschriftlich einen Brief verfasst?Den letzten habe ich an die Bundeskanzlerin geschrieben,das war 2006. Und ich habe einen handschriftlichenBrief von ihr zurückbekommen, eine ganze Seite, dasfand ich schon erstaunlich. Ich hatte mal das Glück, eineStunde bei ihr eingeladen zu sein und mich mit ihrallein unterhalten zu können, das war sehr interessant.Da gibt es ja viele Parallelen, das Physik-Studium etwa,

ich bin auch Physik-Ingenieurin. Oder die Erfahrung alsFrau in einer Männer-Welt.

Welches Buch hat Sie am meisten beeindruckt?Kann ich nicht sagen. Ich lese gerne Biographien, da gibtes aber viele, die mich beeindrucken.

Ihre Lieblingsvornamen?Die Namen meiner Nichten und Neffen: Annabell,Samuel, Aaron, Amelie, Marie-Lilien, Victor, Maurice.

Ihr Lieblingsfilm?„Das Schweigen der Lämmer“.

Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier?Ich liebe Autos. Und ich brauche ein Auto für meineFreiheit. Aber es kommt auch darauf an, wo man wohnt.In Monaco benutze ich das Auto fast nie, da fahre ichalles mit dem Fahrrad, weil ich damit viel freier bin – ichmuss keinen Parkplatz finden, komme schnell überallhin, stehe nicht im Stau. Aber in den Vereinigten Staatenwäre ich ohne Auto verloren.

Tragen Sie eine Uhr?Ja, wenn ich das Haus verlasse. Zu Hause stört mich dieUhr eher.

Tragen Sie Schmuck?Nur wenn ich abends weggehe.

Haben Sie einen Lieblings-Duft?„Aromatics Elixir“ von Clinique.

Was ist Ihr größtes Talent?Ausdauer und Abenteuerlust. Ausdauer im Sinne vonHartnäckigkeit: Wenn ich mir was in den Kopf gesetzthabe, bleibe ich da dran, da kann ich sehr ehrgeizigwerden. Das ist mir in die Wiege gelegt worden, und eshat mir sehr geholfen, Erfolg zu haben.

Was ist Ihre größte Schwäche?Ungeduld, keine Frage. Wenn ich was will, will ich’simmer gleich. Ich kann mich da schwer zurücknehmenund warten. Mit dem Alter wird man vernünftiger,aber das Gefühl der Ungeduld ist genauso da. Man kannes nur ein bisschen besser beherrschen.

Womit kann man Ihnen eine Freude machen?Wenn man sich über ein Geschenk von mir freut.

Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema?Auto und Motorsport. Funktioniert immer.

Sind Sie abergläubisch?Nicht wirklich. Aber wenn ich einen Glücksbringergeschenkt bekomme, nehme ich den schon mit.

Wo haben Sie Ihren schönsten Urlaub verbracht?In Südafrika, auf einer Safari. Das war genial: die Natur,die Tiere, die Lodges. Abenteuer pur.

Wo verbringen Sie Ihren nächsten Urlaub?Ich würde gerne mal nach Island oder Neuseeland fahren.

Was trinken Sie zum Abendessen?Wasser. Außer bei einem schönen Essen mit Freunden,dann trinke ich gerne einen Rotwein.

Aufgezeichnet von Bernd Steinle.

Gut 15 Jahre ist es her, dass JuttaKleinschmidt die Rallye Dakargewann – als erste Deutsche und alserste und bisher einzige Frau. Auf-gewachsen in Berchtesgaden, schlosssie zunächst ein Studium zur Physik-Ingenieurin ab und arbeitete sechsJahre in der Fahrzeugentwicklungbei BMW. 1992 stieg Kleinschmidtum und setzte ganz auf den Motor-sport. Sie fuhr 17 Mal die RallyeDakar, auf dem Motorrad und mitdem Auto. Heute lebt die 53 Jahrealte Rallyepilotin in Monaco undgibt ihre Erfahrungen in Vorträgenweiter. Zudem entwickelt sie fürdas Team X-Raid einen Buggy undfördert in einem Nachwuchsprojektjunge Rennfahrerinnen.

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