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Z. anorg. allg. Chem. 568 (1989) 29-34 VEB J. A. Barth, Leipzig Ba,AIIr,O,, : Eine neue Verbindung mit Iridium( IV, V) CH. LANG und HK. MULLER-BUSCHBAUM" Ki el, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitiit Inhal tsiibersich6. Die bisher unbekannte Verbindung Ba,AIIr,Oll wurde dargestellt und die Kristallstruktur bestimmt (Raumgruppe Di:-Pnma, a = 18,8360; b = 5,7887; c = 11,1030 A). Iridium ist oktaedrisch koordiniert, je zwei Oktaeder sind flachenverknupft. Je ein Oktaederdoppel bildet mit eckenverknupften Al0,-Tetraedern eine [Ir,A1Ol,]lO--Baueinheit. Ba5A11r,011 gehort nicht zu den Perowskitvarianten. Ba~AlIr~Oll: A New- Compound with Iridium(IV, V) Abstract. The hitherto unknown compound Ba5A11r,011 was prepared and investigated by X-ray technique (space group DiZ-Pnma, a = 18.8360; b = 5.7887; c = 11.1030 A; Z = 4). Iridium has an octahedral coordination in each case two octahedra are connected by a plane. These double octahedra form with corner connected A10, tetrahedra [Ir~AIOll]lo- units. Ba,AIIr,Oll is not related to the perovskite type compounds. Einleitung Die Chemie der Bariumoxoiridate beschrankt sich auf eine geringe Anzahl bekannter Verbindungen. Aufgefuhrt seien BaIrO, [ 1 -51, Ba,SmIr20, [ 61, Ba,InIrO, [el, BaCo,Ir,-,O,-, [7], BaSmIrRuO, [S] und Ba,BIr,O, (B = Mg, Co, Ni) [9,10]. Alle aufgefuhrten Verbindungen gehoren zu den hexagonalen Stapelvarianten der Perowskite. Iridium dominiert in der vierfachen Oxidations- stufe. Eine interessante Ausnahme macht Ba3SmIr,0, mit einer mittleren Wertig- keit des Iridiums von Ir43,5+ [6]. Wegen des Perowskits ist Barium in diesen Ver- bindungen stets in der Menge vorhanden, wie die Summe der weiteren am Aufbau beteiligten Metallionen. Davon abweichende Zusammensetzungen sollten zu einem anderen Aufbau fuhren. Es ist gelungen, ein bariumreiches Oxoiridat mit eingelagertem Al3+ zu synthetisieren, welches nicht zu den Perowskiten gehort und die seltene mittlere Valenz 1r4s5+ aufweist. Uarslellung und Strukturaufklarung an BaBAlIrzO11-Einkrist,allen Die Darstellung an Ba5A1Ir2O,,-Einkristallen gelingt am besten, wenn man von metallischem Iridium ausgeht. Dieses wird in einer Luft- bzw. Sauerstoff- atmosphare in Gegenwart des Schmelzmittels BaC1, bei 1 OOO°C oxidiert und mit

Ba5AlIr2O11: Eine neue Verbindung mit Iridium(IV, V)

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Z. anorg. allg. Chem. 568 (1989) 29-34 VEB J. A. Barth, Leipzig

Ba,AIIr,O,, : Eine neue Verbindung mit Iridium( IV, V)

CH. LANG und HK. MULLER-BUSCHBAUM"

K i el, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitiit

I n h a l tsiibersich6. Die bisher unbekannte Verbindung Ba,AIIr,Oll wurde dargestellt und die Kristallstruktur bestimmt (Raumgruppe Di:-Pnma, a = 18,8360; b = 5,7887; c = 11,1030 A). Iridium ist oktaedrisch koordiniert, je zwei Oktaeder sind flachenverknupft. Je ein Oktaederdoppel bildet mit eckenverknupften Al0,-Tetraedern eine [Ir,A1Ol,]lO--Baueinheit. Ba5A11r,011 gehort nicht zu den Perowskitvarianten.

Ba~AlIr~Oll: A New- Compound with Iridium(IV, V) Abst rac t . The hitherto unknown compound Ba5A11r,011 was prepared and investigated by

X-ray technique (space group DiZ-Pnma, a = 18.8360; b = 5.7887; c = 11.1030 A; Z = 4). Iridium has an octahedral coordination in each case two octahedra are connected by a plane. These double octahedra form with corner connected A10, tetrahedra [Ir~AIOll]lo- units. Ba,AIIr,Oll is not related to the perovskite type compounds.

Einleitung Die Chemie der Bariumoxoiridate beschrankt sich auf eine geringe Anzahl

bekannter Verbindungen. Aufgefuhrt seien BaIrO, [ 1 -51, Ba,SmIr20, [ 61, Ba,InIrO, [el, BaCo,Ir,-,O,-, [7], BaSmIrRuO, [S] und Ba,BIr,O, (B = Mg, Co, Ni) [9,10]. Alle aufgefuhrten Verbindungen gehoren zu den hexagonalen Stapelvarianten der Perowskite. Iridium dominiert in der vierfachen Oxidations- stufe. Eine interessante Ausnahme macht Ba3SmIr,0, mit einer mittleren Wertig- keit des Iridiums von Ir43,5+ [6]. Wegen des Perowskits ist Barium in diesen Ver- bindungen stets in der Menge vorhanden, wie die Summe der weiteren am Aufbau beteiligten Metallionen. Davon abweichende Zusammensetzungen sollten zu einem anderen Aufbau fuhren. Es ist gelungen, ein bariumreiches Oxoiridat mit eingelagertem Al3+ zu synthetisieren, welches nicht zu den Perowskiten gehort und die seltene mittlere Valenz 1r4s5+ aufweist.

Uarslellung und Strukturaufklarung an BaBAlIrzO11-Einkrist,allen Die Darstellung an Ba5A1Ir2O,,-Einkristallen gelingt am besten, wenn man

von metallischem Iridium ausgeht. Dieses wird in einer Luft- bzw. Sauerstoff- atmosphare in Gegenwart des Schmelzmittels BaC1, bei 1 OOO°C oxidiert und mit

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Al,O, und BaCO, (bzw. BaO) umgesetzt. Die Reaktionszeiten betragen fur 0,2 mm lange Einkristallchen etwa 14 Tage. Die isolierbaren Kristalle sind nadelformig und von schwarzer Farbe. Trotz des hohen Bariumgehaltes ist Ba,AlIr,O,, luft- bestandig und kurzfristig auch gegen Feuchtigkeit stabil. So lassen sich die isolierten Kristallchen durch Abspulen mit Wasser von itnhaftendem Schmelz- mittel befreien.

Analytisch wurden einzelne Kristalle rnit energiedispersiver Rontgenfluoreszenz (Elektronen- mikroskop SR 50 Leitz, EDX-System Link AN 10000) untersucht. Mit Film- (WeiRenberg- und Precessionaufnahmen) und Vierkreisdiffraktometermessungen (Siemens AED 2, MoKoc-Strahlung) wurdendie systematisch beobachtbaren Reflexe [(hkl) und (h01) alle vorhanden, (Ok!) rnit k+l = B n , (hk0) und (h00) rnit h = 2n, sowie (OkO) und (001) mit an] ermittelt, die zu den charalrteristischen Raumgruppen Di:-Pnms und C&--Pna2, fiihren. Weitere Daten, wie Gitterkonstanten, Zellvolu- men und MeBbedingungen sind mit in Tab. 1 zusammengestellt. Mit 2 389 symmetrieunabhangigen Reflexen wurden die Atomlagen der schweren Metalle mit dem Programmpaket MITHRIL [ll] (direkte Methoden) ermittelt. Mit Fouriersynthesen bzw. Differenzfoiiriersynthesen konnten an-

Tabelle 1 gruppe Dt; - Pnma sind folgende Punktlagen besetzt:

Parameter fur Ba,AIIr,O,, mit Standardabweichungen in Klammern. I n der Raum-

Lage X

Ba1 4c %I 4c Be111 4c Ba1v 4c Bav 4c Ir1 4c 151 4c

0 1 4c 011 4c 0111 4c 01, 4c 0, 4c

A1 4c

0,I 8d OVII 8d %I11 8d

ZelIparameter [A] ZeIIvoIumen [A] 2 8 Bereich (") Step Scan (" a@) Time/step (s) Anzahl der Reflexe Anzahl der Parameter R-Wert

0,1380(2) 0,9312(2) 0,4728(2) 0,1747(2) 0,7510(2) 0,5666(1) 0,9319(1)

0,264( 3) 0,528(2) 0,349(2) 0,271(2) 0,595(2) 0,485(1) 0,398( 1) 0,365(2)

0,8110(9)

0,25 0,25 0,25 0,25 O,% 0,25 0,25 0,25 0,25 0,26 0,26 0,25 0,25 0,021(5) 0,482(5) 0,494( 6)

0,1920(3) 0,0277(3) 0,1048(3) 0,5485(3) 0,6230(3) 0,7035(2) 0,7062(2) 0,2586(15) 0,365(4)

0,692( $)

0,538(3) 0,684('?) 0,901(2) 0,254(3)

0,883(4)

0,101(4)

a = 18,8360(35); b = 5,7887(27); c = 11,1030(GO) 1210,G3 6-70 2 S Variabel, Learnt Profile 2 389 52 0,0687

CH. LANG u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Be,AIIr,O,,

Tabelle 2

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Interatomare Abstande in [A] rnit Standardabweichungen in Klammern fur Ba,AIIr,O,,

2,51(4) 2,75(4) 2,90(0) ( 2 ~ ) 2,96(3) (ax) 3,09(4) 3,09(3) ( 2 x )

1,91(4) 2,02(3) ( Z x ) 2,04(3) ( a x ) 2,12(4)

1,90(3) (ax)

2,06(4) 2,06(3) (2x)

1,93(4)

1,73(4) 1,74(3) ( 2 x ) 1,74(5)

schlieSend die Positionen fur AP+ und 02- bestimmt werden. Die endgultige Verfeinerung erfolgte nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate mit dem Programm SHELX-76 [12]. Die erhaltenen Parameter sind in Tab. 1 aufgelistet. Tab. 2 stellt die wichtigsten Abstande zusammen.

Beschreihung der Struktur rnit Diskussion Die ausgefuhrte Strukturuntersuchung zeigt, dalj Ba,AlIr,O,, nicht zur

Gruppe der Perowskite gehort. Es bildet einen neuen Strukturtyp, der mafigeblich von einem Barium-Sauerstoffgerust bestimmt wird. Man erkennt die unregel- maljig aufgebauten Ba/O-Polyeder und deren raumerfullende Verknupfung. Wie Abb. 2 zeigt, schwanken die Koodinationszahlen der Sauerstoffumgebung fur Ba, bis Ba, von C.N. = 8 bis C.N. = 11. Es fallt auf, da8 Ba,, und Ba, gegenuber Ssuerstoff sehr kurze Abstiinde von 2,51 A zeigen. Die wesentlich interessantere Koordination besitzt Iridium. Dieses ist oktaedrisch von 02- umgeben. Wie man Abb. 3 entnehmen ksnn, sind zwei Ir0,-Oktaeder uber eine gemeinsame Fliiche verknupft, so dalj Ir,O,-Doppeloktaeder mit kurzen Ir -1r-Abstanden von 2,726A entstehen. Diese Oktaederdoppel sind uber eine Ecke mit einem Al0,-Tetraeder verknupft, so dalj aus dem Ba/O-Geriist isolierte Ir2A10,,-

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Abb. 1 Kugeln mit Kreuz = Ra, leere Kugeln = 0)

Anordnung des Barium-Sauerstoffgerusts in einer Elementarzelle von Ba,AlIr,O,, (groSe

Einheiten separiert werden konnen. Die flachenverknupften Iridium-Sauer- stoffoktaeder sind das einzig gemeinsame Strukturmerkmal mit den in der Einleitung aufgefiihrten Perowskiten. Interessant ist, daB in der 12H-Modifika- tion von BaCoO,-, eine vergleichbare Verknupfung von Oktaederquadrupeln mit einem Tetraeder beobachtet werden (vgl. [ 71).

Wenn alle Sauerstoffpunktlagen voll besetzt sind, hat Iridium formal die Oxidationsstufe Ir4s5+. Fur die Oxidationsstufe Ir4+ ergibt sich eine Zusammen- setzung Ba,AlIr,O,,,, rnit einem geringen Sauerstoffdefizit, welches analytisch und rontgenographisch nicht exakt nachgewiesen werden kann. Die Berechnungen der Coulombanteile der Gitterenergie (MAPLE [ 13, 141 entscheiden ebenfalls nicht eiadeutig zugunsten einer der beiden Zusammensetzungen. Daher wird davon ausgegangen, daB das Sauerstoffteilgitter perfekt ist. Somit ist die Zu- sammensetzung der rontgenographjsch aufgeklarten Verbindung Ba,AlIr,O,,. Dies entspricht einer formalen Ladungszahl des Iridiums von + 4,5.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie danken wir fur die Unterstiitzung rnit wertvollen Sachmitteln.

Alle Rechnungen wurden auf der elektronischen Rechenanlage PDP 10 der UniversitLt Kiel mit dem Programmpaket SHELX-76 ausgefuhrt und die Zeichnungen mit einem modifizierten ORTEP-Programm [15, l G ] erstellt.

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04Y

Abb. 2 der Sauerstoffe entspricht Tab. 1.

Koordinationspolyeder der einzelnen kristallographischen Bariumlagen. Die Bezeichnung

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1984.

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Bei der Redaktion eingegangen am 19. Mai 1988.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. Hk. M~LER-BUSCHBAUM, CH. LANG, Inst. f . Anorg. Chemie d. Christian-Albrechts-Univ., Olshausenstr. 40/60, D-2300 Kiel