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Valentina Sokolaj Ethnische Segregation Von Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund und Gemeinwesenarbeit als mögliches Handlungsfeld der Sozialen Arbeit Abbildung 1

Bachelorarbeit Original korrigiert

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Page 1: Bachelorarbeit Original korrigiert

Valentina Sokolaj

Ethnische Segregation

Von Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund und Gemeinwesenarbeit als

mögliches Handlungsfeld der Sozialen Arbeit

Abbildung 1

Page 2: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 2

Ethnische Segregation Von Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund und Gemeinwesenarbeit als mögliches Handlungsfeld der Sozialen Arbeit

Bachelorarbeit von:

an der:

begleitet von:

eingereicht am:

Valentina Sokolaj Felsenbergstrasse 14 9400 Rorschach HS16

FHS St. Gallen Hochschule für Angewandte Wissenschaften Studienrichtung Sozialarbeit

Patricia Roth Wissenschaftliche Mitarbeiterin

20. März 2019

Für den vorliegenden Inhalt ist ausschliesslich die Autorin verantwortlich.

St. Gallen, 20. März 2019

Page 3: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 3

Inhaltsverzeichnis

Abstract ...................................................................................................................... 4

Vorwort ....................................................................................................................... 8

Einleitung ................................................................................................................... 9

1. Quartiere mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund .... 10 1.1. Quartier ................................................................................................................... 10 1.2. Menschen mit Migrationshintergrund .................................................................. 10 1.3. Synthese: Quartiere mit Anwohnenden mit Migrationshintergrund ................. 14

2. Segregation ....................................................................................................... 16 2.1. Residenzielle Segregation ..................................................................................... 16 2.2. Soziale und ethnische Segregation ...................................................................... 16 2.3. Segregation aus Sicht der Sozialökologie ........................................................... 18 2.4. Ursachen ................................................................................................................. 19

2.4.1. Die Angebotsseite des Wohnungsmarktes ........................................................ 20 2.4.2. Die Nachfrageseite des Wohnungsmarktes ....................................................... 21 2.4.3. Ursachen ethnischer Segregation ...................................................................... 23

2.5. Folgen ..................................................................................................................... 24 2.5.1. Soziale Effekte ................................................................................................... 25 2.5.2. Symbolische Effekte .......................................................................................... 26 2.5.3. Materielle Effekte ............................................................................................... 26 2.5.4. Politische Effekte ............................................................................................... 27

3. Chancen und Herausforderungen von ethnischer Segregation .................. 28 3.1. Chancen .................................................................................................................. 28 3.2. Herausforderungen ................................................................................................ 28

4. Handlungsmöglichkeiten für die Soziale Arbeit ............................................ 31 4.1. Sozialraum .............................................................................................................. 33

4.1.1. Sozialer Raum nach Bourdieu ........................................................................... 34 4.1.2. Relationaler Raum nach Löw ............................................................................. 35 4.1.3. St. Galler Modell nach Reutlinger ...................................................................... 36

4.2. Gemeinwesenarbeit ............................................................................................... 38 4.3. Gemeinwesenarbeit und ethnische Segregation ................................................ 41

5. Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit – eine Positionsbestimmung ........ 44

Schlusswort ............................................................................................................. 52

Literaturverzeichnis ................................................................................................ 53

Quellenverzeichnis .................................................................................................. 57

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... 59

Page 4: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 4

Abstract  Titel: Ethnische Segregation

Von Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit

Migrationshintergrund und Gemeinwesenarbeit als mögliches

Handlungsfeld der Sozialen Arbeit

Kurzzusammenfassung: Die Arbeit beschreibt das Phänomen der ethnischen

Segregation, sowie die positiven und negativen Effekte für die

Quartieranwohnenden. Die Gemeinwesenarbeit wird als

mögliches Handlungsfeld für die Soziale Arbeit vorgestellt,

wobei der Handlungsbedarf von Sozialer Arbeit kritisch

hinterfragt wird.

Autorin: Valentina Sokolaj

Referentin: Patricia Roth

Publikationsformat: BATH

MATH

Semesterarbeit

Forschungsbericht

Anderes

Veröffentlichung (Jahr): 2019

Sprache: deutsch

Zitation: Sokolaj, Valentina. (2019). Ethnische Segregation.

Unveröffentlichte Bachelorarbeit, FHS St.Gallen, Fachbereich

Soziale Arbeit.

Schlagwörter (Tags): Segregation, Menschen mit Migrationshintergrund, Quartier,

Gemeinwesenarbeit, Soziale Arbeit

Page 5: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 5

Ausgangslage:

Ethnische Segregation ist eng an die Geschichte der Gastarbeitenden geknüpft, welche um

1960 ihren Anfang gefunden hat. Vor allem Menschen aus Südosteuropa reisten zu dieser

Zeit in die Schweiz und in Deutschland ein, um für ein paar Monate Geld zu verdienen. Viele

Gastarbeitenden blieben schlussendlich langfristig im Ankunftsland und suchten sich eine

kostengünstige Wohnung. Diese Entwicklung führte dazu, dass die ehemaligen

Arbeiterquartiere, die eher schlechte bauliche Zustände zeigten, von Menschen mit

Migrationshintergrund bewohnt wurden. (vgl. Farwick, 2012, S. 397) Dieses Phänomen

gewann über die Jahre für die kommunale Politik und die Verwaltung an grosser Bedeutung,

wobei vor allem die negativen Folgen von Segregation thematisiert werden. Quartiere mit

hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund werden in der öffentlichen

Wahrnehmung vielfach mit dem Bild des sozialen Brennpunkts, oder des Ghettos in

Verbindung gebracht. (vgl. Alisch, 2018, S. 504-505) Ausserdem wird im politisch-medialen

Diskurs oft davon gesprochen, dass die Konzentration von Menschen mit

Migrationshintergrund zu Parallelgesellschaften führen kann und daher eine Bedrohung für

die Gesamtgesellschaft darstellt. (vgl. Reutlinger, 2017, S. 209-210) Ob ethnische

Segregation tatsächlich negative Effekte auf die Nachbarschaft ausstrahlt, ist jedoch

umstritten. Darüber hinaus ist unklar, ob und wie gehandelt werden soll.

Ziel:

Die vorliegende Arbeit soll das brisante Phänomen der ethnischen Segregation ausführlich

behandeln. Dabei werden zum einen die Lebenslagen von Menschen mit

Migrationshintergrund erläutert und zum anderen die Ursachen und Folgen von ethnischer

Segregation. Ohne den Blick nur auf das Problemhafte zu wenden, sollen Ressourcen,

sowie auch Herausforderungen in Quartieren mit hohem Anteil an Menschen mit

Migrationshintergrund aufgezeigt werden. Dies bildet die Grundlage für die Beantwortung der

ersten Fragestellung: Welchen Chancen und Herausforderungen begegnen Anwohnende

von ethnisch segregierten Quartieren?

Als mögliches Handlungsfeld der Sozialen Arbeit in Bezug auf ethnische Segregation wird

die Gemeinwesenarbeit (GWA) vorgestellt. Schliesslich wird anhand der bereits dargestellten

Ausführungen eine Positionsbestimmung bezüglich des unklaren Handlungsbedarfs für die

Soziale Arbeit vorgenommen, um folgende Fragestellung zu beantworten: Inwieweit besteht

in Bezug auf ethnische Segregation Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit?

Ziel ist es dabei, die Ambivalenz und die Komplexität des Themas differenziert darzustellen.

Ausserdem soll in der kritischen Auseinandersetzung ersichtlich werden, wie sich die Soziale

Arbeit in der Thematik positionieren kann.

Page 6: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 6

Vorgehensweise:

Das erste Kapitel beschäftigt sich zu Beginn mit den Definitionen von Quartier und

Menschen mit Migrationshintergrund. Darauffolgend werden individuelle Ressourcen von

Menschen mit Migrationshintergrund, anhand der Kapitaltheorie von Bourdieu aufgezeigt. Im

Anschluss folgt die Synthese der Themen Quartier und Menschen mit Migrationshintergrund.

Das nächste Kapitel widmet sich voll und ganz dem Thema Segregation. Zur Einleitung

werden die verschiedenen Formen von Segregation definiert, wobei die ethnische

Segregation im Zentrum steht. Dieses Kapitel beinhaltet ausserdem eine differenzierte

Darstellung von Entstehungsursachen und Folgen von ethnischer Segregation.

Das dritte Kapitel dient zur Beantwortung der ersten Fragestellung. Es werden Chancen und

Herausforderungen für Anwohnende in ethnisch segregierten Quartieren aufgezeigt.

Im nächsten Kapitel werden mögliche Handlungsfelder von Sozialer Arbeit aufgegriffen,

wobei das Augenmerk auf GWA gelegt wird. Um ein Verständnis für GWA mit

sozialräumlicher Orientierung zu erhalten, werden an dieser Stelle drei Theorien zum

Sozialraum vorgestellt. Nachfolgend wird erklärt, was mit GWA gemeint wird und wie sie in

ethnisch segregierten Quartieren vorgehen kann.

Das letzte Kapitel soll die Positionierung der Autorin als Professionelle der Sozialen Arbeit

darstellen. Dies in Bezug auf die Frage, ob in ethnisch segregierten Quartieren

Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit besteht. Die Auseinandersetzung mit sozialen

Problemen nach Grönemeyer bildet die Grundlage, um die vermeintliche Notwendigkeit des

Handelns von Sozialer Arbeit feststellen zu können. Die Beantwortung der zweiten Leitfrage

erfolgt zum einen durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik und

zum anderen durch Reflexionen der Autorin als Professionelle der Sozialen Arbeit.

Erkenntnisse:

Menschen mit Migrationshintergrund sind in der Regel mit eher wenig oder unpassenden

Ressourcen ausgestattet. Die symbolischen Kapitalien sind vielfach mit negativen

Zuschreibungen besetzt, was zur Stigmatisierung führen kann. Auch ökonomische

Ressourcen sind tendenziell knapp. Dies kann gravierende Auswirkungen auf die

Lebenschancen von ethnischen Bevölkerungsgruppen haben und unter anderem eine

Ursache sein, wieso sich ethnisch segregierte Quartiere bilden. Ethnische Segregation

bedeutet, dass in Städten eine räumliche Trennung von ethnischen Bevölkerungsgruppen

beobachtbar ist. Die Ursachen für die Entstehung von ethnischer Segregation hängen stark

mit der Wohnstandortentscheidung der einzelnen Menschen zusammen. Diese

Entscheidung wird wesentlich beeinflusst durch individuelle Präferenzen und Restriktionen,

die im Zusammenspiel bestimmte Handlungsspielräume für die Wahlmöglichkeit des

Wohnorts bilden. Zusätzlich werden Wohnstandortentscheidungen massgeblich durch den

Wohnungsmarkt und die Wohnungspolitik gesteuert. Der Wohnungsmarkt regelt über

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Seite 7

bestimmte Zugangsbeschränkungen, wer in welcher Gegend eine Wohnung beziehen kann.

Diese Barrieren können sowohl hohe Preise, wie auch eine ablehnende Haltung gegenüber

Menschen mit Migrationshintergrund sein. Die Kombination zwischen individuellem

Handlungsspielraum der Wohnungssuchenden und der Vermieterpraxis des

Wohnungsmarktes können zu freiwilliger, sowie auch unfreiwilliger ethnischer Segregation

führen. Die Folgen von Segregation als Nachbarschaftseffekte sind umstritten, da die

Bedeutung von nachbarschaftlichen Beziehungen in der heutigen Zeit abnimmt. Aus diesem

Grund werden die Folgen an dieser Stelle nicht ausführlich erwähnt, sondern fliessen in die

Chancen und Herausforderungen von ethnischer Segregation ein. Ethnisch segregierte

Quartiere können wichtige Unterstützungsnetzwerke bilden und beispielweise Zugänge zum

Arbeitsmarkt eröffnen. Vor allem für Menschen mit Migrationshintergrund der ersten

Generation, kann die ethnische Bevölkerungsgruppe eine grosse Stütze darstellen.

Herausfordernd können zum Beispiel die eher knappen ökonomischen Mittel sein, die auch

finanzielle Nachteile fürs Quartier mit sich bringen können. Zudem sind Menschen in

ethnisch segregierten Quartieren vielfach von Diskriminierung und Exklusionsprozessen

betroffen. Diese Ausschliessung kann gleichzeitig durch den Wohnort in einem segregierten

Quartier und den Migrationsstatus angetrieben werden. Es bleibt unklar, ob die

Benachteiligungen von Menschen mit Migrationshintergrund auch unabhängig vom

Wohnstandort bestehen würden. Nun kommt die Soziale Arbeit ins Spiel. Als mögliches

Handlungsfeld der Sozialen Arbeit eignet sich die GWA, da sie die Lebenswelt der

Menschen ins Zentrum stellt, ohne sie zu problematisieren. Ausserdem orientiert sich GWA

an einem bestimmten Territorium und arbeitet zielgruppenübergreifend. GWA soll die

Menschen durch kollektives Empowerment bestärken, so dass sie sich für ihre Anliegen

gemeinsam einsetzen. Zum Schluss folgt die Positionierung der Autorin über die

Bestimmung, ob bei ethnischer Segregation Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit besteht.

Grundlegend für die Bestimmung ist der Definitionsversuch, ob ethnische Segregation ein

soziales Problem bildet, oder nur als individuelles Problem wahrgenommen wird. In der

Auseinandersetzung mit der Thematik wurde ersichtlich, dass ethnische Segregation nicht

unbedingt problematische Einflüsse auf die Quartieranwohnenden haben muss. Ausserdem

handelt es sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht um ein gesellschaftliches Problem. Die

Autorin meint, dass ethnische Segregation kein Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit

darstellen muss. Jedoch muss die Soziale Arbeit einen Weg finden, sich im Sinne der

sozialen Gerechtigkeit, für die von Benachteiligung betroffenen Menschen mit

Migrationshintergrund einzusetzen. An dieser Stelle wird die Soziale Arbeit aufgefordert, ihr

politisches Mandat im wohnungspolitischen Diskurs wahrzunehmen, um so

menschenwürdiges Wohnen für alle Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen. Hierfür würde

sich beispielsweise das Handlungsfeld der GWA anbieten, da sie die Stimmen der

Quartieranwohnenden in die Politik transportieren könnte.

Page 8: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 8

Vorwort Die vorliegende Bachelorarbeit entstand im Rahmen meines Studiums der Sozialen Arbeit

an der FHS St. Gallen. Die Idee zum Thema dieser Arbeit entwickelte ich über die

Auseinandersetzung mit dem Thema Gentrifizierung, Segregation und GWA im Rahmen

meines Vertiefungsmoduls zu professionellen Herausforderungen bei der Gestaltung von

Gruppenprozessen, Organisationen und sozialen Räumen. Praktisch alle Teilnehmenden

des Vertiefungsmoduls haben sowohl den Begriff Gentrifizierug, wie auch den Begriff

Segregation zuvor noch nie gehört. Dennoch kannten wir alle gewisse Ausprägungen der

beiden Phänomene. Dabei fiel mir auf, dass vor allem Segregation viel zu wenig

Aufmerksamkeit im Fachdiskurs von Sozialer Arbeit und in unserem Studiengang erhält. Ich

habe innerhalb meiner Tätigkeit in der Offenen Arbeit mit Kindern in segregierten Quartieren

gearbeitet und zu diesem Zeitpunkt gemerkt, wie omnipräsent dieses Thema in der heutigen

Zeit ist. Ausserdem konnten wir im Vertiefungsmodul verschiedene Exkursionen besuchen,

wo GWA in von Segregation betroffenen Quartieren vorgestellt wurde. Die vielfältigen

Themen und die zielgruppenübergreifende Herangehensweise von GWA hat mich sehr

interessiert und schlussendlich dazu bewogen, meine Bachelorarbeit über dieses Thema zu

verfassen.

In dieser Arbeit wurde Literatur zu Segregation und GWA aus Deutschland und der Schweiz

verwendet. Leider konnte über den schweizerischen Diskurs nicht viel Literatur gefunden

werden.

An dieser Stelle möchte ich einen herzlichen Dank an meine Begleitperson Patricia Roth

aussprechen. Danke dass du mir mit wertvollen Tipps zur Seite gestanden bist und mir die

Freiheit gelassen hast, die Arbeit nach meinen Interessen zu gestalten. Ausserdem danke

ich meiner Familie und meinen Freunden, für eure Unterstützung und euer Verständnis

während dieser intensiven Zeit.

Page 9: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 9

Einleitung Die Segregation von Menschen mit Migrationshintergrund in städtischen Quartieren hat sich

längst zu einem aktuellen politischen Thema entwickelt. Die Neue Zürcher Zeitung [NZZ],

(2013) warnte beispielsweise vor einer Ghettoisierung, die durch politische Mittel bekämpft

werden soll. Dabei wurde das vom Bund und den Kantonen lancierte Programm „Projets

urbains“ vorgestellt, das durch staatliche Eingriffe in die Quartierpolitik benachteiligte

Quartiere aufwerten soll. (vgl. Neue Zürcher Zeitung [NZZ], 2013) Andere Meinungen der

öffentlichen Thematisierung bezweifeln den Problemcharakter von Quartieren mit hohem

Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund. So berichtete zum Beispiel das St. Galler

Tagblatt (2015), dass das Quartierleben im St. Galler Quartier Lachen als friedliches

Nebeneinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft wahrgenommen wird, obwohl das

Quartier in der Öffentlichkeit eher problematisiert wird. Der politisch-mediale Diskurs zeigt

ambivalente Haltungen in Bezug auf ethnische Segregation auf und spiegelt ausserdem,

dass es unklar bleibt ob in diesen Quartieren Handlungsbedarf besteht. Diese Arbeit soll

genau diese Unklarheiten aufgreifen und eine wissenschaftliche Betrachtungsweise

erlauben. Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, nicht nur die öffentlichen und politischen

Positionierungen bezüglich segregierter Quartiere darzustellen, sondern in erster Linie auf

die Lebenswelt der Quartieranwohnenden einzugehen. Diese Arbeit soll sowohl die Effekte

von ethnischer Segregation, sowie auch die Handlungsmöglichkeiten von Sozialer Arbeit

kritisch hinterfragen.

Im Zentrum der Arbeit stehen folgende Fragestellungen:

• Welchen Chancen und Herausforderungen begegnen Anwohnende von ethnisch

segregierten Quartieren?

• Inwieweit besteht in Bezug auf ethnische Segregation Handlungsbedarf für die Soziale

Arbeit?

Auf den nächsten Seiten werden vorerst Menschen mit Migrationshintergrund und ihre

individuellen Ressourcen betrachtet. Anschliessend folgt eine theoriegeleitete Annäherung

an das Thema der ethnischen Segregation. Diese beiden Vertiefungen dienen zur

Beantwortung der ersten Fragestellung in Kapitel 3. Im darauffolgenden Kapitel werden

Handlungsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit aufgezeigt. Hierfür bilden die Theorien über den

Sozialraum die Grundlage für Soziale Arbeit in Quartieren. Diese Arbeit konzentriert sich auf

das Handlungsfeld GWA, welches im Kapitel 4.2. vorgestellt wird und anschliessend mit

ethnischer Segregation in Bezug gebracht wird. Letztendlich soll das Kapitel 5 die Haltung

der Autorin als Professionelle der Sozialen Arbeit darstellen und ihre Positionierung

bezüglich des unklaren Handlungsbedarfs für die Soziale Arbeit aufzeigen.

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Seite 10

1. Quartiere mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund

In diesem Kapitel wird der Blick aufs Quartier und dessen Anwohnenden gelenkt. Was unter

dem Begriff Quartier zu verstehen ist und was Migrationshintergrund bedeutet, wird

theoriegeleitet definiert. Zudem wird anhand der Kapitaltheorie Pierre Bourdieus erklärt,

welchen Lebenschancen und –grenzen Menschen mit Migrationshintergrund begegnen. Im

Kapitel 1.3. erfolgt die Synthese beider Themen, indem sozialräumliche Konzentration vom

Menschen mit Migrationshintergrund beschrieben wird.

1.1. Quartier Der Stadt- und Quartierforscher Olaf Schnur (2014) versteht unter Quartier ein sozial

konstruierter Mittelpunkt alltäglicher Lebenswelten, der sich an einem räumlichen

Wohnumfeld orientiert. Das Quartier bezieht sich auf einen überschaubaren Raum, der nicht

administrativ festgelegt und abgegrenzt werden muss, sondern eher als soziale Landschaft

wahrgenommen wird. Die Identifikation und die Interaktionen der Anwohnenden mit und im

Raum sind für die soziale Konstruktion des Quartiers von Bedeutung. Die Grenzziehung

kann nicht exakt vorgenommen werden und es sind auch Überlappungen zwischen

Quartieren möglich. Was als Quartier gilt und wie es räumlich begrenzt wird, wird subjektiv

bestimmt. Es kann bereits von einem Quartier gesprochen werden, wenn nur eine

anwohnende Person einen bestimmten Raum als Quartier wahrnimmt. (vgl. Schnur, 2014, S.

43-44)

Die Bezeichnung Quartier eignet sich am ehesten, um soziale Beziehungen bezogen auf

Örtlichkeiten zu untersuchen. Diese soziale Komponente bildet auch die klare Abtrennung

zum Begriff Stadtteil. Stadtteile sind Raumausschnitte, die administrativ eindeutig abgegrenzt

werden können. Soziale Beziehungen unter Anwohnenden sind für die Bestimmung eines

Stadtteils unwichtig. (vgl. Wehrheim, 2015, S. 24). In dieser Arbeit liegt das Augenmerk auf

dem für die Anwohnenden bedeutsamen Lebensraum, also dem Quartier. Trotzdem wird vor

allem im Fachdiskurs um Segregation der Begriff Stadtteil sehr häufig verwendet und in

diese Arbeit eingebracht.

1.2. Menschen mit Migrationshintergrund Um den Begriff Migrationshintergrund genauer zu beschreiben, lohnt sich ein Blick in die

Kennzahlen und die Definition des Schweizerischen Bundesamts für Statistik [BFS]. In der

Schweiz betrug 2017 der Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund ab 15 Jahren

37%. Mehr als ein Drittel davon sind Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Die

Page 11: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 11

Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund umfasst somit nicht nur Menschen, die in

einer Statistik als Migrantinnen und Migranten aufgrund ausländischer Staatsangehörigkeit

ersichtlich sind. (BFS, 2019a) Für eine Einordnung in die Typologie der Bevölkerung nach Migrationsstatus, sind die

Staatsangehörigkeit, das Geburtsland sowie das Geburtsland der Eltern entscheidend.

Ausserdem kann in erste und zweite Generation der Bevölkerung mit Migrationshintergrund

unterschieden werden. Zunächst werden Menschen mit Geburtsort im Inland betrachtet,

welche zur Gruppe der zweiten Generation gehören. Um von Migrationshintergrund

sprechen zu können, müssen folgende Kriterien gegeben sein: Bei eingebürgerten Personen

und ausländischen Staatsangehörigen muss der Geburtsort von mindestens einem Elternteil

im Ausland sein. Bei Menschen, die bereits bei Geburt eine Schweizer Staatsangehörigkeit

besitzen, müssen beide Elternteile im Ausland geboren sein.

Für die erste Generation, also Menschen mit Geburtsort im Ausland, sind andere Kriterien

von Bedeutung. Eingebürgerte und Ausländerinnen und Ausländer zählen zu der Gruppe mit

Migrationshintergrund, ungeachtet des Geburtslandes der Eltern. Gebürtige Schweizerinnen

und Schweizer gelten nur dann als Menschen mit Migrationshintergrund, wenn beide

Elternteile im Ausland geboren sind. In der Statistik ist ersichtlich, dass rund ein Fünftel der

Menschen mit Migrationshintergrund auch in der Schweiz geboren ist und somit der zweiten

Generation angehört. Der Grossteil jedoch, circa 80%, ist als erste Generation in die

Schweiz eingewandert. (BFS, 2019a) Das Konzept „Bevölkerung mit Migrationshintergrund“

öffnet die Debatte um schweizerische und ausländische Staatsangehörige. Bereits ein

Migrationshintergrund kann Auswirkungen auf die Lebenschance haben und auch im Diskurs

um Segregation von grosser Bedeutung sein. Innerhalb dieser Arbeit ist immer die Rede von

Menschen mit Migrationshintergrund, ausser es wird klar deklariert.

Anhand der Kapitaltheorie des Soziologen Pierre Bourdieu werden nun die zur Verfügung

stehenden Ressourcen von Menschen mit Migrationshintergrund erläutert. Diese können für

die Arbeit relevante Lebenschancen aufzeigen. Da Menschen mit Migrationshintergrund eine

heterogene Gruppe darstellen, lassen sich hiermit nur Tendenzen erkennen, die nicht auf

alle Gruppenzugehörigen zutreffen müssen.

Bourdieu zeigte mit seiner Kapitaltheorie auf, dass unterschiedliche Kapitalausstattungen

auch verschiedene Möglichkeiten des Handelns generieren. Kapital wird allgemein als

soziale Energie verstanden, die als akkumulierte Arbeit in materieller oder verinnerlichter

Form vorhanden ist. Die Kapitaltheorie unterscheidet vier Kapitalsorten: ökonomisches,

kulturelles, soziales und symbolisches Kapital. Das ökonomische Kapital beinhaltet den

materiellen Besitz, der in Geld umgetauscht werden kann. Ökonomisches Kapital ist gemäss

Bourdieu die wichtigste Kapitalsorte. (vgl. Fuchs-Heinritz & König, 2014, S. 125-129) Um das

Page 12: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 12

ökonomische Kapital von Menschen mit Migrationshintergrund zu betrachten, wird auf

Erhebungen des Bundesamts für Statistik [BFS] über Armutszustände in der Schweiz

zurückgegriffen. Die Armutsgefährdungsquote im Jahre 2016, von Menschen mit

Migrationshintergrund liegt mit 18,4% signifikant höher, als gegenüber der Bevölkerung ohne

Migrationshintergrund mit 11%. Diese ungleiche Verteilung der Armutsgefährdung, soll das

erhöhte Risiko der sozialen Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund darstellen

und zeigt zudem unterschiedliche Teilhabechancen. (BFS, o. J.) Eine weitere Auswertung

des Bundesamts für Statistik [BFS] zeigt auch bei Erwerbstätigen einen Zusammenhang

zwischen Migrationshintergrund und Armutsquote. Vor allem erwerbstätige Männer mit

Migrationshintergrund sind gegenüber erwerbstätigen Männern ohne Migrationsstatus

deutlich häufiger von Armut betroffen. Zudem konnte beobachtet werden, dass vor allem die

Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund der ersten Generation von Tieflöhnen

betroffen sind. Die Statistik zeigt, dass fast doppelt so viele Personen mit

Migrationshintergrund der ersten Generation Tieflohnstellen besetzen, als sie von Menschen

ohne Migrationshintergrund besetzt werden. (BFS, 2017a) Dementsprechend kann davon

ausgegangen werden, dass Menschen mit Migrationshintergrund mit eher weniger

ökonomischem Kapital ausgestattet sind.

Als nächstes wird das kulturelle Kapital angeschaut, das in drei Unterarten eingeteilt werden

kann. Kulturelles Kapital wird personengebunden erworben und kann nicht direkt auf andere

übertragen werden. Das objektivierte kulturelle Kapital existiert in Form von Büchern, Bildern,

Kunstwerken oder technischen Instrumenten. Es ist als Sache leicht in ökonomisches Kapital

zu konvertieren, jedoch ist die kulturelle Fähigkeit, wie das Materielle zu gebrauchen oder zu

geniessen ist, nicht käuflich. Diese kulturellen Kenntnisse sind Teil der inkorporierten Form

von kulturellem Kapital. Das inkorporierte Kapital kann als Bildung verstanden werden und

wird nur durch persönliche Bemühungen erworben. Diese Form kann nicht durch Geld

angeeignet werden und ist auch nicht in finanzielle Mittel umtauschbar. Das Aufwachsen in

der Familie und in einem bestimmten Milieu prägt das inkorporierte Kapital entscheidend mit.

So kann auch von einer familialen Übertragung gesprochen werden und einer Reproduktion

innerhalb des Milieus. Die letzte Form des kulturellen Kapitals ist als Bildungstitel und

Abschlusszeugnisse erwerbbar und nennt sich institutionalisiertes Kapital. Erst durch eine

Institution des Bildungssystems kann dieses Kapital legitimiert werden. Für den Erwerb eines

Zertifikats sind ökonomische Mittel vonnöten. Auch umgekehrt kann kulturelles Kapital das

ökonomische beeinflussen, da Bildungstitel den Zugang zur Wirtschaft eröffnen.

Entscheidend ist jedoch, ob die Zertifikate im jeweiligen Land oder Berufsfeld auch als

legitim gelten. Sowohl das inkorporierte, als auch das institutionalisierte Kapital wird

personengebunden erworben und kann nicht direkt auf andere übertragen werden. (vgl.

Fuchs-Heinritz & König, 2014, S. 129-131) Kulturelles Kapital ist bei Menschen mit

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Seite 13

Migrationshintergrund sehr wohl vorhanden. Es stellt sich jedoch die Frage, nach der

Anerkennung und dem Wert der Kapitalausstattung im Aufnahmeland. Das Augenmerk liegt

dabei auf den zwei Formen, die nicht in Gestalt von Objekten existieren. Das

institutionalisierte kulturelle Kapital hängt stark von Richtlinien des nationalen

Bildungssystems ab. In vielen Fällen werden Bildungstitel von ausländischen Schulen nicht

anerkannt. Dies kann eine grosse Hürde für Menschen mit Migrationshintergrund auf dem

Arbeitsmarkt oder in Bildungsinstitutionen darstellen. Das inkorporierte Kapital wird durch

Sozialisations- und Bildungserfahrungen angeeignet. Diese Erfahrungen in der Familie und

im Herkunftsmilieu können eine Diskrepanz gegenüber inkorporiertem Kapital von Menschen

ohne Migrationshintergrund zeigen. Beispielsweise können der Erwerb von kulturellen

Werten und sprachlichen Fähigkeiten ausserhalb vom Herkunftsmilieu als unpassend

empfunden werden und somit Teilhabechancen einschränken. Somit konnte aufgezeigt

werden, dass der Wert des personengebundenen Kulturkapitals stark mit nationalen

Bedeutungsmustern zusammenhängt. Wenn kulturelles Kapital nicht transnational anerkannt

wird, kann dies zu Exklusion und ethnischer Diskriminierung führen. (vgl. Forum Qualitative

Sozialforschung [FQS], 2006, S. 7-8)

Bourdieu sieht das soziale Netzwerk als eine weitere Kapitalform, das sogenannte soziale

Kapital. Soziales Kapital können Beziehungen zu Verwandten, Bekannten und Freunden

sein oder auch die Einbindung in Gruppen wie zum Beispiel Organisationen und Vereine.

Diese Kontakte sind charakterisiert durch gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung

und können bei Bedarf Unterstützung leisten. Das Beziehungsnetz muss stets gepflegt

werden und ständig erneuert werden. Soziales Kapital kann die Funktion haben, das

ökonomische und das kulturelle Kapital zu vergrössern und abzusichern. Dies kann im

Besonderen in vielen Familien beobachtet werden. (vgl. Fuchs-Heinritz & König, 2014, S.

133) Soziales Kapital hat für Menschen mit Migrationshintergrund in der Regel eine grosse

Bedeutung. Zum einen können soziale Netzwerke im Ausland zur Migration anregen und so

zu einer Kettenmigration führen. Zum anderen können Unterstützungsleistungen durch

soziale Beziehungen die Integration im Ankunftsland erleichtern. Eine Analyse zu türkischen

Migrantinnen und Migranten in Deutschland ergab, dass Familie für sie einen höheren

Stellenwert hat, als es bei Menschen ohne Migrationshintergrund der Fall ist. Zudem konnte

herausgefunden werden, dass Verwandtschaftsnetzwerke von Menschen mit türkischem

Migrationshintergrund deutlich grösser sind. (vgl. Haug, 2007, S. 90-99) Somit kann gesagt

werden, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufig sozialen Rückhalt erfahren und

starke Beziehungsnetze pflegen. Aufgrund der Homogenität der Gruppe, sind

Bekanntschafts- und Verwandtschaftsnetzwerke jedoch unterschiedlich ausgeprägt.

Page 14: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 14

Nun folgt noch die letzte Kapitalsorte: das symbolische Kapital. Je grösser die Ausstattung

einer Person mit symbolischem Kapital ist, desto mehr soziale Anerkennung und Prestige

erhält sie. Verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel die Anerkennung von Bildungstiteln und

den Besitz von ökonomischem Kapital und Statussymbolen, können das symbolische Kapital

steigern. Die Ausstattung der übrigen drei Kapitalsorten kann einen direkten Einfluss auf das

symbolische Kapital haben. (vgl. Fuchs-Heinritz & König, 2014, S. 135) Bourdieu beschreibt

das Ringen um symbolisches Kapital als Kampf um Macht über die anderen, wobei die

Macht selbst erst durch die soziale Anerkennung der anderen übertragen wird. Aus

subjektiver Sinnverleihung entsteht eine legitimierte und anerkannte Macht einzelner

Personen. Demgegenüber stehen die Stigmatisierten, die durch negatives symbolisches

Kapital Entwürdigung erfahren. (vgl. Bourdieu, 2001, S. 309-311) Wenn über symbolisches

Kapital geredet wird, lohnt es sich auch die anderen Kapitalsorten anzuschauen. Da

Menschen mit Migrationshintergrund tendenziell weniger oder unpassendes ökonomisches

und kulturelles Kapital besitzen, kann dies negative Auswirkungen auf das symbolische

Kapital haben. Ausserdem hat eine Erhebung des Bundesamts für Statistik [BFS] von 2016

feststellen können, dass das Merkmal Nationalität mit Abstand die häufigste Ursache für

Diskriminierung ist. Die Rassendiskriminierung kann beispielsweise bei der Stellensuche

grosse Barrieren darstellen. (BFS, 2017b) Hiermit konnte aufgezeigt werden, dass

Menschen mit Migrationshintergrund mit eher wenig oder negativ behaftetem symbolischen

Kapital ausgestattet sind.

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass Menschen mit Migrationshintergrund mit vielen

Ressourcen ausgestattet sind, diese jedoch zum Teil nicht die gleiche Akzeptanz erfahren

wie es bei Menschen ohne Migrationshintergrund der Fall ist. Eine grosse Herausforderung

könnte das eher knappe ökonomische Kapital darstellen, das von Bourdieu als sehr wichtig

erachtet wurde. Darüber hinaus kann das in der Tendenz eher negativ behaftete

symbolische Kapital mit einem Stigma einhergehen und somit Lebenschancen beeinflussen.

In Bourdieus Worten kann abschliessend gesagt werden, dass die Verteilungsstruktur der

verschiedenen Kapitalsorten für Menschen mit Migrationshintergrund negative Auswirkungen

auf ihre Erfolgschancen in der Praxis der gesellschaftlichen Wirklichkeit haben kann (vgl.

Fuchs-Heinritz & König, 2014, S. 126).

1.3. Synthese: Quartiere mit Anwohnenden mit Migrationshintergrund Dieses Kapital zeigt das Phänomen von Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit

Migrationshintergrund auf. Hiermit soll ein kurzer Überblick zu Eigenschaften dieser

Quartiere geschaffen werden.

Page 15: Bachelorarbeit Original korrigiert

Seite 15

Quartiere mit auffallend vielen Anwohnenden mit Migrationshintergrund befinden sich meist

in grossen Städten und werden vornehmlich von Bevölkerungsgruppen mit

Migrationshintergrund aus tieferen Einkommensklassen bewohnt. Solche Quartiere sind in

der Regel gekennzeichnet durch preisgünstigen Wohnraum, der sich innerhalb eines

traditionellen Arbeiterviertels befindet. Nicht selten sind die Quartiere nur unzureichend mit

Dienstleistungen und sozialer Infrastruktur ausgestattet. Quartiere mit hohem Anteil an

Menschen mit Migrationshintergrund sind geprägt durch nationale Heterogenität und

Diversität. In Deutschland konnte zwar beobachtet werden, dass einzelne ethnische

Gruppierungen in der Überzahl sind, jedoch bewohnten stets auch Menschen mit anderer

ethnischer Herkunft das Quartier. Farwick (2014) redet von Migrantenquartieren, die von der

aussenstehenden Bevölkerung mit negativem symbolischen Wert versehen werden. (vgl.

Farwick, 2014, S. 221-226) Durch die mediale und die politische Bezeichnung als Ghetto

oder als sozialer Brennpunkt, sind die Quartiere mit einem Stigma behaftet und erfahren eine

symbolische Abwertung (vgl. Kapphan, Dorsch & Siebert, 2002, S. 25). Dies kann zu einer

Diskriminierung der Anwohnenden führen, die Teilhabechancen in verschiedenen Bereichen

einschränken kann. Zudem kann diese negative Zuschreibung in das Selbstbild der

Quartierbewohnenden aufgenommen werden. Eine negativ wahrgenommene Selbst-

Identifikation kann mit gemindertem Selbstwertgefühl einhergehen, was zu einer Isolation

gegenüber der Mehrheitsbevölkerung führen kann. (vgl. Farwick, 2014, S. 221-226) Diese

Binnenorientierung und Abgrenzung gegenüber der Aussenwelt kann negative Effekte

verstärken und Verarmungsprozesse vorantreiben (vgl. Kapphan, Dorsch & Siebert, 2002, S.

25).

Dieses Kapitel diente als Einführung in die Thematik Migration und Quartier. Das letzte

Kapitel zeigte wichtige Aspekte einer räumlichen Konzentration von Menschen mit

Migrationshintergrund auf. Im Folgenden wird dieses Phänomen anhand des Fachbegriffs

Segregation ausführlich erläutert. Es stellt sich dabei die Frage, wie es zu Segregation von

Menschen mit Migrationshintergrund kommt und welche Rolle die erwähnten Themen

Migrationsstatus und sozioökonomische Ausstattung spielen. Zudem werden die Effekte von

räumlicher Konzentration, die in diesem Kapitel bereits angeschnitten worden sind, diskursiv

dargelegt.

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Seite 16

2. Segregation Der Stadtsoziologe Friedrichs erklärte den Begriff Segregation ganz abstrakt als

disproportionale Verteilung von Elementen in Teileinheiten einer Einheit (vgl. Friedrichs,

1981, S. 217, zit. in May & Alisch, 2012, S. 7). Der Begriff scheint gemäss dieser Definition

sehr offen und auf verschiedene Themengebiete übertragbar. Aus diesem Grund bedarf die

Begriffsklärung weiterer Ausführungen. Im folgenden Kapitel werden verschiedene, für diese

Arbeit relevante Formen, sowie Ursachen und Folgen von Segregation theoriegeleitet erklärt.

2.1. Residenzielle Segregation Diese Arbeit richtet den Blick auf eine sozialräumliche Segregation innerhalb von Quartieren.

Segregierte Quartiere zeigen eine ungleiche Verteilung von Bevölkerungsgruppen

gegenüber anderen Gebieten einer Stadt. Entsprechend Friedrichs Erklärung von

Segregation, lässt sich der Begriff wie folgt ausführen: Segregation bedeutet das bestimmte

Personengruppen (= Elemente) in einem Quartier (= Teileinheit) überdurchschnittlich häufig

vertreten sind, wobei die Stadt das grosse Ganze (= Einheit) darstellt. Das Quartier gilt dabei

als Wohnstandort der Menschen. Dieses Phänomen einer ungleichen Verteilung von

Personengruppen, die in bestimmten Stadtteilen wohnhaft sind, wird auch residenzielle

Segregation genannt. (vgl. May & Alisch, 2012, S. 7-8) Innerhalb dieser Arbeit wird

Segregation immer als residenzielle Segregation betrachtet.

Segregation kann als räumliche Trennung von Bevölkerungsgruppen gesehen werden. Dies

bedeutet, dass Menschen mit bestimmten ähnlichen Merkmalen in Teilen der Stadt

konzentriert ansässig sind. Merkmale können zum Beispiel das Alter, die ethnische Herkunft

oder der soziale Status sein. (vgl. Kapphan, Dorsch & Siebert, 2002, S. 6) Innerhalb dieser

Arbeit werden Quartiere mit hohem Anteil an Bevölkerungsgruppen mit

Migrationshintergrund beleuchtet. Somit handelt es sich um eine Konzentration von

Personen nach dem Merkmal Ethnie, genauer gesagt um residenzielle ethnische

Segregation. Im folgenden Kapitel wird diese spezielle Form von Segregation weiter

ausgeführt.

2.2. Soziale und ethnische Segregation Die ethnische Segregation gilt als Sonderfall von sozialer Segregation (vgl. Kapphan, Dorsch

& Siebert, 2002, S. 14). Die Betrachtungsweise von sozialer Segregation zeigt soziale

Ungleichheiten innerhalb einer Gesellschaft auf. Die räumliche Trennung der

Bevölkerungsgruppen veranschaulicht die soziale Distanz. Diese ungleiche Verteilung von

bestimmten Gruppen auf Quartiere hängt stark mit der individuellen Ressourcenausstattung

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Seite 17

zusammen. Menschen mit eher niedrigem Bildungsstand und wenig finanziellen Ressourcen

sind am stärksten von sozialer Segregation betroffen. Soziale Segregation erfolgt nach

ökonomischen Kriterien und ist somit verbunden mit der Klassenzugehörigkeit. (vgl. Baur,

2013, S. 22) Der deutsche Stadtsoziologe Häussermann (2007) beschrieb die Situation im

städtischen Wohnungsmarkt wie folgt: „Die Reichen wohnen, wo sie wollen, die Armen dort,

wo sie müssen.“ (S. 237, zit. in Baur, 2013, S. 22). Segregation ist sowohl als Konzentration

von wohlhabenderen Menschen, wie auch von Menschen mit knappen finanziellen

Ressourcen möglich. Eine disproportionale Verteilung von finanziell gut ausgestatteten

Menschen wird selten als Problem empfunden. Allerdings gibt es Beispiele von

problematisierten Quartieren dieser Art, welche als „Gated Communities“ wahrgenommen

werden. „Gated Communitites“ grenzen sich räumlich durch starke Zugangsbeschränkungen

zur Aussenwelt ab und können eine Form von Parallelgesellschaft bilden. Für Quartiere mit

Anwohnenden mit wenig finanziellen Mitteln werden Begriffe wie Armutsviertel oder Ghetto

verwendet, die mit einer negativen Konnotation einhergehen. (vgl. Baur, 2013, S. 22-23)

Auch ethnische Segregation kann stark mit sozialen Ungleichheiten zusammenhängen.

Zudem kommt auch der Integration eine besondere Bedeutung zu. Ursprünglich ist ethnische

Segregation vor allem durch die Zuwanderung von Gastarbeitenden in sanierungsbedürftige

Wohnungen entstanden. Die Gastarbeitenden gingen davon aus, nur für begrenzte Zeit im

neuen Land zu bleiben und bevorzugten aus diesem Grund eher günstigen Wohnraum.

Diese Entwicklung führte zur Entstehung von ethnischen Kolonien in bestimmten

Wohngebieten. Bei einer Vielzahl dieser Gastarbeitenden blieb es jedoch nicht bei einem

zeitlich beschränkten Aufenthalt und sie verblieben langfristig mit Familiennachzug in den

Quartieren, da sie in diesen Wohngebieten auf Unterstützung von Personen in ähnlichen

Lebenslagen zählen konnten. (vgl. Baur, 2013, S. 22-23) In der heutigen Zeit stellt sich die

Frage, ob ethnische Segregation ein freiwilliges oder unfreiwilliges Produkt ist. Es wird

unterschieden zwischen funktionaler Segregation, die in Form von ethnischen Kolonien

freiwillig gewählt wird oder struktureller Segregation, die für die Ausgrenzung von

benachteiligten Gruppen in sogenannte Ghettos steht (vgl. Geisler & Stahl, 2012, S. 121).

Aufgrund der Erkenntnisse über die Kapitalausstattung von Menschen mit

Migrationshintergrund, ist eine enge Verknüpfung zwischen sozialen und ethnischen

Faktoren als Ursache für Segregation erkennbar. Die Überlappung von Migrationsstatus,

knappen finanziellen Ressourcen und eher tiefem Sozialstatus führt zu einer komplexen

Form von Segregation, die sowohl als freiwillige, sowie als erzwungene Segregation auftritt.

Die folgenden Abschnitte sollen einen Einblick in die Situation von ethnischer Segregation in

der Schweiz verschaffen.

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Die ständige Wohnbevölkerung in der Schweiz wächst stets, was vor allem auf die starke

Einwanderung zurückzuführen ist. Zuwanderinnen und Zuwanderer ziehen überwiegend in

städtische Gebiete. Demgegenüber wohnen Schweizerinnen und Schweizer häufiger in

Agglomerationen und ländlichen Gebieten. Migrierende verteilen sich demzufolge nicht

gleichmässig auf den Raum. 2016 lag der Segregationsgrad von Menschen mit

ausländischer Staatsangehörigkeit bei 0,24. Das heisst, dass 24% der ausländischen

Bevölkerung in eine andere Gemeinde ziehen müsste, um eine gleiche Verteilung zwischen

schweizerischen und ausländischen Staatsangehörigen zu erreichen. Obwohl zwischen

2000 und 2016 über eine Million Menschen in die Schweiz eingewandert sind, hat dieser

Segregationsgrad seither abgenommen. (BFS, 2019b)

Bezüglich der Wohngebiete von Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, sind seit

der Jahrhundertwende gewisse Veränderungen im Gange. Es kann beobachtet werden,

dass aus dem Ausland stammende Menschen vermehrt aus den Kernstädten in den übrigen

städtischen Raum oder in die Agglomeration ziehen. Gründe dafür können die Aufwertung

von Kernstädten und die damit verbundene Verdrängung von einkommensschwachen

Schichten sein, sowie die zunehmende Verstädterung. Diese Phänomene sind vor allem in

Zürich und Genf beobachtbar. Alle diese Informationen über die Situation in der Schweiz

nehmen zwar nicht das Konzept der Menschen mit Migrationshintergrund auf, jedoch können

trotzdem gewisse Tendenzen abgelesen werden. (BFS, 2019b)

2.3. Segregation aus Sicht der Sozialökologie Der Segregationsbegriff wurde wesentlich geprägt von der Chicagoer Schule für

Sozialökologie in den 1920er Jahren. Sie untersuchten die Stadt Chicago, um die Verteilung

der Bevölkerungsgruppen aufzuzeigen. Bereits in den 1920er Jahren konnte eine ungleiche

Verteilung nach Alter, Berufsgruppen und ethnischer Herkunft festgestellt werden. Beispiele

für Segregation in Chicago waren Ghettos mit hohem Anteil an schwarzer Bevölkerung, Little

Italy und eine deutsche Kolonie, sowie auch Quartiere für sozioökonomisch besser gestellte

Familien. Zu dieser Zeit wurde Segregation und die Trennung von verschiedenen kulturellen

Gruppen als natürlich angesehen. Die Chicagoer Schule für Sozialökologie ging davon aus,

dass jede Bevölkerungsgruppe ihren eigenen Raum bewohnen und verteidigen wolle. (vgl.

Kapphan, Dorsch & Siebert, 2002, S. 6) Der Soziologe Park sah diese natürlichen Quartiere

in Chicago, auch „ethnic villages“ genannt, als zentrale Integrationsinstanzen. Die räumliche

und soziale Distanz zu Menschen ohne Migrationshintergrund hatte vorerst die Funktion, das

sich Menschen mit Migrationsstatus im segregierten Quartier an das Ankunftsland gewöhnen

können. Im besten Fall können Menschen mit Migrationshintergrund in der zweiten oder

dritten Generation sozial aufsteigen und anschliessend in einen durchmischten Stadtteil

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Seite 19

ziehen. Park hatte trotz der weit verbreiteten amerikanischen Haltung der Rassentrennung

ein sehr fortschrittliches Verständnis von Integration. Integration hängte für Park mit der

Verschmelzung von kulturellen Einstellungen, Handlungsweisen und sogar Genen von

verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusammen. Das Chicagoer Konzept hat auch heute

noch Einfluss auf die Segregationsforschung. Trotzdem können die Erklärungsmuster nur

bedingt auf die heutigen Segregationsphänomene in Europa übertragen werden. (vgl.

Münch, 2010, S. 34)

2.4. Ursachen Die Verteilung von Raum ist abhängig von gesellschaftlichen Strukturen und

Wertvorstellungen. Ursachen für vorwiegend soziale und teils auch ethnische Segregation

können in zwei Kategorien eingeordnet werden. Zum einen können Gründe für Segregation

der Angebotsseite des Wohnungsmarktes zugeschrieben werden, zum anderen ist auch die

Nachfrageseite entscheidend. Ausserdem werden diese zwei Seiten durch spezifische

Ursachen für ethnische Segregation ergänzt. Die untenstehende Abbildung zeigt die für die

Entstehung von Segregation massgeblichen Faktoren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 2: Determinanten der Wohnortentscheidung

 Segregierte Quartiere entstehen durch Wohnstandortentscheidungen der einzelnen

Haushalte. Diese werden jedoch durch politische, ökonomische und soziale Gegebenheiten

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beeinflusst. Die Wohnortentscheidung wird anhand Präferenzen und persönlichen

Einschränkungen gefällt. Je nachdem wie gross die Restriktionen sind, können die

Präferenzen an Wichtigkeit verlieren. Die finanziellen Mittel gehören hierbei zu den

bedeutungsvollsten Restriktionen. Wer genügend ökonomische Ressourcen besitzt, kann

sich in den meisten Fällen den Wohnstandort frei aussuchen. Für Menschen mit weniger

finanziellen Ressourcen können die Wahlmöglichkeiten erheblich eingeschränkt werden.

Dies hängt stark von der aktuellen Lage auf dem Wohnungsmarkt ab. Menschen mit

Migrationshintergrund sind zudem häufig betroffen von Restriktionen der diskriminierenden

Art. Ethnische Diskriminierungen können mit oder ohne finanzielle Einschränkungen die

Wohnungssuche beträchtlich erschweren. Betroffene sind nicht mehr in der Lage, ihre

individuellen Wünsche bezüglich Wohnung und Wohnstandort berücksichtigen zu können.

(vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 154)

Die Nachfrage und das Angebot auf dem Wohnungsmarkt sind stark verbunden mit Faktoren

auf den Makro-, Meso- und Mikro-Ebenen. Auf der Makro-Ebene spielen ökonomische und

soziale Bedingungen eine wichtige Rolle. Als ökonomische Bedingungen gilt die aktuelle

Wirtschaftslage, wie zum Beispiel die Kapitalverfügbarkeit, die Einkommensentwicklung und

die Baukonjunktur. Soziale Bedingungen können beeinflusst werden durch demografischen

Wandel, also der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur. Diesbezüglich können die Alterung

der Gesellschaft und die Zuwanderung einen starken Einfluss haben. Die Wohnungspolitik,

also die Meso-Ebene, kann durch staatliche Eingriffe in Wohnungsbau und Mietrecht die

Wohnungssuche begünstigen oder erschweren. Auf der Mikro-Ebene kann die Stadt die

baulichen Entwicklungen lenken und somit auf die Verteilung der Bevölkerungsgruppen

einwirken. Durch kommunale Förderung von gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften

kann erheblichen Einfluss genommen werden, auf Lage und Qualität von günstigen

Wohnungen. Somit steuert die Gemeinde die sozialräumlichen Strukturen und die soziale

Trennung. Auch durch private Investoren kann sich die Wohnungslandschaft verändern und

somit Nachfrage und Angebot bedingen. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 155)

2.4.1. Die Angebotsseite des Wohnungsmarktes Sozialräumliche Ungleichheiten sind das Produkt eines langen Prozesses der strukturellen

Veränderung des Wohnungsbaus. Diese Veränderungen können von unterschiedlichen

Akteuren herbeigeführt werden, wie zum Beispiel: Investorinnen und Investoren,

Mitarbeitende der Stadtplanung und Wonungspolitik und Maklerinnen und Makler. Sie

bestimmen, welche Wohnstandorte und Wohnungen wem angeboten werden. Der städtische

Wohnungsmarkt wird in verschiedene Segmente gespalten. (vgl. Häussermann & Siebel,

2004, S. 155-156) Diese Segmente zeigen die Ungleichheiten von unterschiedlichen

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Seite 21

Stadtteilen auf. Merkmale wie Wohnungsqualität, Infrastruktur, Lage, Erreichbarkeit und

Image des Quartiers können die Attraktivität und die Unterscheidung in Segmente

beeinflussen. (vgl. Alisch, 2018, S. 504) Die Segmente können mit gewissen Barrieren

verbunden sein. Diese Barrieren können beispielsweise unterschiedliche Preise, Prestige-

Images, Richtlinien für gemeinnützige Wohnungen oder informelle Diskriminierung

gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund sein. Die ungleiche Verteilung des

Wohnungsangebots in Städten ist abhängig von vier verschiedenen Unterteilungsfaktoren

von Räumen. Zum einen die politische Differenzierung von Räumen, die mithilfe von

Stadtplanung, Wohnungs- und Infrastrukturpolitik die Wohnqualitäten an unterschiedlichen

Standorten bestimmt. Die ökonomische Differenzierung steuert über Preisdifferenzen die

Wohnstandorte und die Ausstattung der Wohnungen. Durch Architektur, bauliche

Gestaltung, Bebauungsdichte und Landschaft wird die Verteilung durch symbolische

Differenzen geleitet. Und als letztes, die soziale Differenzierung von Räumen durch die

Zusammensetzung der Bewohnenden, die das Sozialprestige prägen. Die Gestaltung der

Preise und die selektive Wohnungsvergabe können dieses Sozialprestige verändern oder

verfestigen. Bei der selektiven Vergabe von Wohnungen sind Diskriminierungsprozesse im

Gange, die oftmals gegen Menschen mit Migrationshintergrund gerichtet sind. Die

Wohnungsvermittlung nimmt somit eine wichtige Rolle ein, da sie über Zugang zu

Wohnraum bestimmt. Diese Entscheidungen können jedoch von übergeordneten

Rahmenbedingungen reguliert werden. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 155-157)

2.4.2. Die Nachfrageseite des Wohnungsmarktes Auf der Nachfrageseite sind die privaten Haushalte, die mit ihren zur Verfügung stehenden

Mitteln Wohnungen suchen. Dabei ist die individuelle Ressourcenausstattung entscheidend

und kann den Zugang zu Wohnungsraum bestimmen. Die ökonomischen Ressourcen sind

grundlegend für die Wahlfreiheit bezüglich Qualität der Wohnung und Wohnstandort. In der

Regel kann gesagt werden, dass die Wahlfreiheit höher ist, je mehr finanzielle Mittel zur

Verfügung stehen. Dabei ist nicht nur das Haushaltseinkommen entscheidend. Auch die

Sicherheit des Einkommens und allenfalls erspartes Vermögen können vor allem bei der

Suche nach Eigentumswohnraum von Nöten sein. Kognitive Ressourcen können die

Wohnungssuche insofern begünstigen, als dass Menschen mit passenden sprachlichen

Fähigkeiten und Wissen über Wohnungsmarkt und Mietrecht auf verschiedene

Informationsquellen zurückgreifen und sich besser zurechtfinden können. Auch soziale

Ressourcen in Form von sozialen Netzwerken können eine wichtige Rolle für

wohnungssuchende Menschen darstellen. Kontakte und Beziehungen können wichtige

Informationen bieten oder Zugänge zu Wohnungen eröffnen. Schliesslich können auch

politische Ressourcen von grosser Bedeutung sein. Hiermit ist zum Beispiel der Einfluss auf

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Seite 22

Organisationen des politischen Systems, wie die Wohnungs- und die Stadtpolitik, oder auch

die Kenntnis über sozialpolitische Anspruchsrechte, wie gemeinnützige Wohnungen,

gedacht. Zudem kann auch die aktuelle Position im Wohnungsmarkt sich positiv auf die

Wohnungssuche auswirken. Als Beispiel lassen sich hierzu Bewohnende eines sanierten

Stadtgebietes nennen, die oftmals bei der Vergabe der erneuerten Wohnungen bevorteilt

werden. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 157-158)

Nun folgt ein weiterer entscheidender Faktor für die Wohnungssuche: die Präferenzen.

Hierfür sind die persönlichen Vorstellungen einer „guten“ Wohnung und Wohngegend

wegweisend. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 158) Zudem besteht oftmals der Wunsch

nach dem Zusammenleben von Gleichgesinnten. Das heisst, dass Menschen aus ähnlichen

Bevölkerungsgruppen sich bevorzugt in derselben Gegend niederlassen. (vgl. Alisch, 2018,

S. 504) Die gewünschte Wohngegend hängt stark mit bisherigen Wohnerfahrungen

zusammen. Das Quartier und die damit verbundene Nachbarschaft kann ein bedeutendes

soziales Netzwerk darstellen. Aus diesem Grund wird eine neue Wohnung meist in der Nähe

des vorherigen Wohnstandorts gesucht. Ein Wechsel der Wohngegend wird in den meisten

Fällen nur angestrebt, wenn tiefgreifende Gründe damit zusammenhängen. Der Wunsch

nach einem Eigenheim gilt besonders häufig als Grund für einen Umzug in ein anderes

Quartier. Infolgedessen hat sich ab den 1950er Jahren ein Trend zur Suburbanisierung

gezeigt, da der Stadtrand aufgrund von tiefen Bodenpreisen und ausreichendem Platz

Möglichkeiten für eigenen Wohnraum eröffnete. Die Agglomerationen wurden zu attraktiven

Wohnräumen für solche, die es sich leisten konnten. In den Städten entstand vermehrt eine

Konzentration von eher benachteiligten Bevölkerungsgruppen, wie Arbeitslose, Arme,

Alleinstehende und Ausländerinnen und Ausländer. Zu dieser Zeit wurde von sogenannten

A-Städten gesprochen. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 158-159) Eine Studie zu

Segregation in der Stadt Zürich zeigt, dass sich seit den 1990er Jahren ein Gegentrend

entwickelt. Die Innenstädte sind zunehmend auch für Menschen mit hohem Sozialstatus

attraktiv und es findet ein Prozess der Reurbanisierung statt. Im Zentrum der Kernstädte ist

vermehrt eine Attraktivitätssteigerung durch Gentrifizierung beobachtbar. Gentrifizierung ist

der Prozess der Aufwertung eines bestimmten Stadtteils. Dieser ist verbunden mit der

Verdrängung von sozioökonomisch schlechter gestellten Bevölkerungsgruppen in suburbane

Regionen. (vgl. Statistik Stadt Zürich, 2004, S. 1-3) Das Beispiel der Stadt Zürich konnte

somit aufzeigen, dass Präferenzen von Menschen mit hohem Sozialstatus gewisse

Einschränkungen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen darstellen können.

Das Zusammenspiel der Restriktionen und der persönlichen Präferenzen führt zu

unterschiedlichen Handlungsspielräumen. Dieser Handlungsspielraum entscheidet darüber,

ob Standortpräferenzen wahrgenommen werden können und kann freiwillige oder

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erzwungene Segregation mit sich bringen. Wenn das Wohnen in einem segregierten

Quartier aus freier Wahl zustande kommt, ist die Rede von freiwilliger oder aktiver

Segregation. Wenn die Wahl eines segregierten Wohnstandorts aufgrund von Restriktionen

vorgenommen werden muss, handelt es sich um erzwungene oder passive Segregation.

Diese unfreiwillige Form von Segregation ist meist auf unzureichende finanzielle Mittel oder

soziale Diskriminierung zurückzuführen. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 159)

Grundsätzlich wird freiwillige Segregation positiv bewertet und erzwungene Segregation eher

als negative und zu vermeidende Erscheinung betrachtet. Alisch (2018) betont jedoch, dass

diese Unterscheidung nicht so einfach vorgenommen werden kann. Ob Umzüge freiwillig

erfolgen, kann empirisch nur schwer nachgewiesen werden. Zudem kann nicht von

freiwilliger Segregation gesprochen werden, wenn Menschen in einem Quartier wohnhaft

sind, das erst durch den Zuzug von bestimmten Bevölkerungsgruppen Segregation erfährt.

Obwohl der Wohnort in diesem Fall ursprünglich frei gewählt werden konnte, nennt Alisch

dieses Phänomen „Zwang zur Konzentration“. (vgl. Alisch, 2018, S. 509)

2.4.3. Ursachen ethnischer Segregation Auch für ethnische Segregation treffen die Punkte der Angebots- und Nachfrageseite des

Wohnungsmarktes als Ursachen zu. Jedoch tragen bei Menschen mit Migrationshintergrund

weitere entscheidende Faktoren dazu bei, dass sie von sozialräumlicher Segregation

betroffen sein können. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 177)

Es stellt sich die Frage, ob Menschen mit Migrationshintergrund segregiert sind weil sie aus

dem Ausland stammen, oder weil sie eher wenig finanzielle Mittel besitzen (vgl. Kapphan,

Dorsch & Siebert, 2002, S. 14). Hierzu kann gesagt werden, dass ethnische

Bevölkerungsgruppen durch die eher knappen finanziellen Mittel nur eine geringe

Mietzahlungsfähigkeit aufweisen. Ein grosser Teil der Menschen mit Migrationshintergrund

erhält nur ein niedriges Einkommen, das Kosten eines Mehrpersonenhaushalts decken

muss. Somit bleibt nicht viel finanzielles Kapital für die Miete übrig. Im Kapitel 2.4.2. wurde

bereits erwähnt, dass sprachliche Einschränkungen und fehlendes Wissen über den

Wohnungsmarkt den Zugang zu Informationsquellen einschränken können. Aus diesem

Grund sind die Informationskanäle über freie Wohnungen für viele Personen mit

Migrationshintergrund begrenzt. Die Wohnungssuche erfolgt vielfach auf dem informellen

Weg, wobei sie Beziehungen zu eigenen ethnischen Gruppen nutzen. Somit gelangen sie an

Wohnstandorte, die zu einem grossen Teils bereits von ethnischen Bevölkerungsgruppen

bewohnt werden. Ausserdem spielt bei Menschen mit Migrationsstatus der Wunsch nach

räumlicher Nähe zu Verwandten und Bekannten eine wichtige Rolle beim Wohnortswechsel.

(vgl. Farwick, 2014, S. 223-224)

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Auch strukturelle Gründe können ethnische Segregation verursachen. Auf der Suche nach

Arbeitsstellen, zieht es Menschen mit Migrationshintergrund in vielen Fällen in die hoch

verdichteten Städte und Agglomerationen. Zudem wartet dort nicht selten bereits ein soziales

Netz auf sie. In den Städten und den angrenzenden Vororten ist in der Regel eher wenig

Wohnraum für höhere Mieten zu finden.

Nun zu einem Faktor, der vor allem bei Menschen mit Migrationshintergrund einen

bedeutungsschweren Einfluss auf den Wohnstandort haben kann, nämlich die

Diskriminierung. Die Diskriminierung ist eng verstrickt mit der negativen symbolischen

Kapitalausstattung (s. Kap. 1.2.). Menschen mit Migrationshintergrund werden auf dem

Wohnungsmarkt diskriminiert, indem Wohnungen in bestimmten Gegenden für sie nicht

zugänglich sind. In gewissen Quartieren sind ethnische Bevölkerungsgruppen als

Bewohnende nicht willkommen. Besonders von Stadtteilen mit hohem Sozialprestige werden

Menschen mit Migrationshintergrund ausgegrenzt. Vermieterinnen und Vermieter befürchten

durch den Zuzug von ethnischen Gruppen mit niedrigem Sozialstatus eine Abnahme der

Attraktivität. Sie sehen dabei die Gefahr, dass langfristig die Mietpreise des Quartiers sinken

könnten. Zudem wird in gewissen Fällen Personen mit Migrationshintergrund das Bewohnen

von gewissen Häusern oder Quartieren verwehrt, da sie festgelegte Ausländerquoten nicht

übersteigen wollen. Dies führt dazu, dass Menschen Einschränkungen auf dem

Wohnungsmarkt erfahren und sich ihr neues Heim nicht frei aussuchen können. (vgl.

Häussermann & Siebel, 2004, S. 178-179)

Auch die Spezifizierung von Ursachen für ethnische Segregation zeigte freiwillige und

erzwungene Faktoren auf, die zur Bildung von segregierten Quartieren beitragen. Um

nochmals auf die Frage zu sprechen zu kommen, ob wenig finanzielles Kapital oder

Migration entscheidend für ethnische Segregation ist, kann gesagt werden: vielfach bedingen

sich beide Faktoren gegenseitig und können aus diesem Grund nicht unabhängig

voneinander betrachtet werden. Es handelt sich hiermit um Intersektionalität, was soviel

heisst wie die Überkreuzung von verschiedenen Merkmalen, die mit sozialer Ungleichheit

verbunden sind (vgl. Alisch, 2018, S. 504). Jedoch kann auch bereits das Vorhandsein einer

der beiden Faktoren die Zugänge zu attraktiven Wohnstandorten erheblich einschränken.

2.5. Folgen Dieses Kapitel beleuchtet die möglichen Folgen für soziale, sowie auch ethnische

Segregation als Nachbarschaftseffekte. Die Wissenschaft ist sich nicht einig, ob die Folgen

von ethnischer Segregation als positiv oder negativ bewertet werden sollen. Es ist strittig, ob

ethnische Kolonien ein wesentlicher Bestandteil von multikulturellen Gesellschaften sind, die

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Integration für Migrierende erleichtern, oder ob ethnische Segregation durch die

gesellschaftliche Spaltung eine Gefahr darstellt. (vgl. Münch, 2010, S. 40-41)

Die Beziehungen in der Nachbarschaft erweisen sich als sehr bedeutend in der Forschung

der Kontexteffekte. Beziehungen zu Nachbarinnen und Nachbaren werden durch selektive

Kontakte hergestellt. Damit von Nachbarschaftseffekten geredet werden kann, müssen

Kontakte und Erfahrungen der Anwohnenden im Quartier erfolgen. Durch heutige Transport-

und Kommunikationsmöglichkeiten, bezweifeln verschiedene Autoren, dass soziale

Netzwerke überwiegend im Quartier vorhanden sind. Ausserdem haben andere Autoren

davon gesprochen, dass Kontaktnetze von ethnischen Gruppen vermehrt nicht mehr auf

räumliche Nähe angewiesen sind. Ein vergleichbarer sozialer Status sei wichtiger, als der

Wohnort im selben Quartier. Räumliche Nähe kann somit nicht mit sozialer Nähe

gleichgesetzt werden. In einem Grossteil deutscher Nachbarschaften sind Grusskontakte die

überwiegende Interaktionsform zwischen den Bewohnenden. Zudem sind Quartiere mit

hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund oft multiethnisch besiedelt. Die

Bevölkerungsgruppen haben ausser dem Migrationsstatus nicht viel gemeinsam. Alle diese

Faktoren führen dazu, das die Kontexteffekte kritisch hinterfragt werden sollen, da der

Einfluss von Nachbarschaft auf die Bewohnenden nicht ganz klar ist. (vgl. Münch, 2010, S.

41-42) Mögliche Wirkungen für Nachbarschaften von segregierten Quartieren werden im

Folgenden anhand sozialer, symbolischer, materieller und politischer Effekte erläutert.

2.5.1. Soziale Effekte Die Sozialisierung in segregierten Nachbarschaften kann negative Effekte auf die Integration

von Menschen mit Migrationshintergrund haben. Die räumliche Nähe kann zu einer

Binnenintegration führen, wobei ethnische Normen und Werte und ein dementsprechender

Lebensstil fast schon auf erzwungen werden können. Dies kann mit einer Absonderung oder

sogar Radikalisierung der ethnischen Gruppe einhergehen. Bei sozialer Segregation wird die

Gefahr gesehen, dass sich eine Kultur der Armut entwickelt. Diese Armutskultur kann durch

im Quartier verbreitete deviante Verhaltensweisen zu verminderten Zukunftschancen der

Anwohnenden führen. (vgl. Münch, 2010, S. 43) Zudem kann durch die hohe

Arbeitslosigkeit, ein schlechtes Rollenbild für Jugendliche entstehen. Als Begründung für die

negativen Effekte werden hierfür die fehlenden Kontakte zu sozioökonomisch besser

gestellten Personen genannt (vgl. Alisch, 2018, S. 511). So werden aus benachteiligten

Quartieren für die Anwohnenden benachteiligende Quartiere. (vgl. Münch, 2010, S. 43)

Wissenschaftliche Untersuchungen über soziale Netzwerke in Stadtteilen zeigten auf, dass

sozial gemischte Quartiere eine wichtige soziale Ressource darstellen können. Heterogene

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Netzwerke können bei der Suche nach Wohnungen und Arbeitsstellen wertvoll sein.

Dagegen können dichte und homogene Nachbarschaften als Benachteiligung

wahrgenommen werden, da eher weniger Ressourcen für die gegenseitige Unterstützung

vorhanden sind, wie zum Beispiel für die Stellensuche. Andererseits bieten ethnische und

homogene Gruppen durch die engen Beziehungen Rückhalt und können die Identität und

das Selbstvertrauen der einzelnen Mitgliederinnen und Mitglieder stärken. (vgl. Münch, 2010,

S. 44) Vor allem bei der Ankunft im neuen Land sind diese ethnischen Netzwerke von

grosser Bedeutung, da sie verschiedene Zugänge in der Anfangsphase eröffnen können

(vgl. Alisch, 2018, S. 511).

2.5.2. Symbolische Effekte Die Konzentration ethnischer Gruppen kann für Aussenstehende die „Fremden“ besser

sichtbar machen und somit Rassendiskriminierung fördern. Die damit verbundene

Stigmatisierung eines ganzen Stadtteils kann negative Einflüsse auf die Teilhabechancen

der Anwohnenden haben. Dieser Stigmatisierungsprozess geschieht, obwohl die

Oberschicht sich stärker räumlich abtrennt, als es ethnische Minderheiten tun. Ausserdem

konnte in verschiedenen Ländern festgestellt werden, dass Diskriminierung gegenüber

Menschen mit Migrationsstatus ausgeübt wird, auch wenn nur ein sehr tiefer Anteil der

Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat. Somit wird die negative symbolische

Konnotation nicht auf das Quartier übertragen, weil es Segregation zeigt, sondern weil es mit

dem negativen Ausländerbild zusammenhängt. (vgl. Münch, 2010, S. 45)

2.5.3. Materielle Effekte Wenn viele Menschen mit Migrationshintergrund ein Quartier bewohnen, kann dies zu einer

Abwanderung dieser Gruppen führen, die sich auch anderswo Wohnungen leisten können.

Somit entsteht ein Kaufkraftverslust im Quartier, der durch fehlende Investitionen und

leerstehende Wohnungen zu weiterer Abwanderung führen kann. Infolgedessen kann sich

eine Abwärtsspirale im Quartier entwickeln, die beispielsweise auch in der Schule sichtbar

werden kann. Bei schulischer Segregation besteht die Gefahr, dass die Schulen überfordert

sind, da weniger auf ausserschulische Ressourcen zurückgegriffen werden kann. Diese

Ressourcen können in einigen Ländern die stadtteilabhängige Finanzierung der Schule

durch Anwohnende sein, oder auch, dass Eltern ihre Kinder in schulischen Belangen

unterstützen können. (vgl. Münch, 2010, S. 46)

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2.5.4. Politische Effekte Durch die Konzentration von Ausländerinnen und Ausländern, die nicht wahlberechtigt sind,

kann in segregierten Quartieren ein demokratisches Vakuum entstehen. Somit wird das

Quartier in lokalen Politik-Diskursen unzureichend repräsentiert. Häussermann meint jedoch,

dass dadurch keine benachteiligenden Effekte entstehen müssen, da die Sozialpolitik in der

Verantwortung steht, solche Quartiere auch in das politische Geschehen einzubringen.

Zudem besteht oftmals ein grosses öffentliches Interesse für segregierte Quartiere. (vgl.

Münch, 2010, S. 47)

Trotz der überwiegend negativen Folgen, die in der Zusammenstellung der

Nachbarschaftseffekte vorgestellt wurden, stellt sich abschliessend die Frage, ob ethnische

Segregation überhaupt ein Problem darstellt und wenn ja, für wen. Die verschiedenen

Effekte von Segregation zeigen auf, dass die räumliche Konzentration für Anwohnende nicht

unbedingt als problematisch empfunden werden muss. Vielmehr sind es

Verantwortungstragende der städtischen Politik, die vor allem die Konzentration von

marginalisierten Gruppen als Problem erkennen. In vielen Fällen werden diese Quartiere als

Schandfleck der Stadt wahrgenommen und die Politik sieht die Auflösung des Quartiers und

die damit verbundene Verdrängung der Anwohnenden als Lösung. Die Segregation von

wohlhabenderen Menschen wird im Gegenzug nicht als Misere anerkannt, obwohl diese

„Inseln des Wohlstands“ seinen Teil zur Entstehung von sozioökonomisch schwächeren

Quartieren beitragen. Durch das Fernhalten von Menschen ohne Migrationshintergrund und

Menschen aus der Mittel- und Oberschicht kann der kulturelle Austausch und letztendlich die

Integration in die Aufnahmegesellschaft erschwert werden. Ausserdem ist unklar, ob effektiv

die räumliche Konzentration von Menschen mit Migrationshintergrund Probleme verursacht,

oder ob die Benachteiligung aufgrund der eher knappen Kapitalausstattung (s. Kap. 1.2.)

auch unabhängig vom Wohnort erfolgt. (vgl. Alisch, 2018, S. 509-511) Kronauer (2008) meint

dazu, dass die sozioökonomische Ressourcenausstattung von bestimmten

Bevölkerungsgruppen auf gesellschaftlichen und makroökonomischen Strukturen basiert und

nicht im Quartier entwickelt wird (vgl. zit. in Alisch, 2018, S. 511).

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3. Chancen und Herausforderungen von ethnischer Segregation Dieses Kapitel soll aufgrund der bereits erwähnten Folgen, die Chancen und

Herausforderungen von ethnischer Segregation weiter ausführen und dient ausserdem zur

Beantwortung der ersten Fragestellung.

3.1. Chancen Wie sich ethnische Segregation auf die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund

auswirkt, wird in der Wissenschaft konträr diskutiert. Die Sozialökologen der Chicagoer

Schule sahen den Vorteil, dass ethnische Konzentration in Quartieren den Start im neuen

Land vereinfachen kann. Das Unterstützungsnetzwerk in der ethnischen Gruppe kann die

Integration von Menschen mit Migrationshintergrund fördern und einen wesentlichen Einfluss

auf die psychische Stabilisierung der Persönlichkeit nehmen. (vgl. Farwick, 2014, S. 229)

Das lokale Netzwerk kann durch regelmässige Kontakte vor sozialer Isolation schützen.

Zudem können ethnische Beziehungsnetze ökonomische Vorzüge bieten, indem der Zugang

zum Arbeits- und Wohnungsmarkt für neue Einwanderinnen und Einwanderer erleichtert

wird. Betriebe der ethnischen Bevölkerungsgruppe können wichtige Arbeitgeber für die

ansässigen Quartieranwohnenden darstellen. Auch für die Aufnahmegesellschaft kann eine

ethnische Infrastruktur Mehrwerte bieten, indem kulturelle Angebote wie Restaurants und

Läden die Vielfältigkeit der hiesigen Geschäfte erweitert und Kontaktorte für interkulturellen

Austausch entstehen.

Da für Menschen mit Migrationshintergrund der ersten Generation in der Anfangsphase

vielfach keine staatlichen Anspruchsrechte bestehen, sind die ethnischen

Unterstützungsangebote überlebenswichtig. Auch wenn Ansprüche gegenüber dem

sozialstaatlichen Auffangnetz bestehen, kann die Hilfeleistung für eine Entlastung der

kommunalen Sozialversicherungen sorgen.

(vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 181-182)

3.2. Herausforderungen Die Konzentration von einer Bevölkerungsgruppe, die deutlich häufiger von Armut betroffen

ist, kann einen ökonomischen Nachteil für das ganze Quartier darstellen. Die niedrige

Kaufkraft bringt in vielen Fällen ein schwaches privatwirtschaftliches Angebot im Quartier mit

sich. Ausserdem wird eher weniger in die Wohnungen investiert, was eine schlechte

Bausubstanz zur Folge hat. Von ethnischer und sozialer Segregation betroffene Quartiere

weisen zudem eine tiefere Regenerationskraft auf, da Anwohnende, die beruflich aufsteigen

können, das Quartier vorwiegend verlassen. Dies gilt auch für politische

Meinungsträgerinnen und Meinungsträger, die um negative Zuschreibungen zu vermeiden,

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in der Regel aus dem Quartier ziehen oder gar nie dort wohnhaft waren. Die Bedürfnisse des

Quartiers in die kommunale Politik aufzunehmen erweist sich aus diesem Grund als

herausfordernd. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S. 179-180)

Integrationsbemühungen von anwohnenden Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht

immer leicht umzusetzen. Durch die beschränkten Kontaktmöglichkeiten zu anderen sozialen

Gruppen können soziale Nachteile entstehen. Da Aussenstehende vielfach kein Interesse an

solchen Quartieren zeigen und den Kontakt zu Menschen mit Migrationshintergrund

vermeiden, kann es vorkommen, dass sich Quartieranwohnende vermehrt in die ethnischen

Gruppen zurückziehen. Infolgedessen können sich angeblich Parallelgesellschaften und

ethnische Infrastrukturen bilden. Ausserdemt fördert die Ballung ethnischer Gruppen die

öffentliche Sichtbarkeit und kann Bedrohungsgefühle bei der Mehrheitsgesellschaft

auslösen. Auf diese Angst vor den Fremden, kann Diskriminierung gegenüber ethnischer

Minderheiten folgen, was die soziale Distanz verstärkt. (vgl. Häussermann & Siebel, 2004, S.

180)

Häussermann (2008) erkannte Segregation in Verbindung mit Marginalisierung und

Diskriminierung als neue Struktur sozialer Ungleichheit (vgl. S. 335). Desweiteren meinte der

Sozialwissenschaftler Herkommer (2008), dass Segregation die soziale Lage, als unten oder

draussen, verfestigt (S. 73). Somit lässt sich erkennen, dass der Exklusionsbegriff von

Luhmann in Bezug auf residenzielle Segregation als wichtig erscheint. Luhmanns

Unterscheidung in Inklusion und Exklusion, stellt die vorgängige Filterung von Personen dar.

Je nach Zuteilung werden die Personen für gewisse Funktionssysteme als relevant oder

irrelevant erachtet. Er beschreibt Exklusion als Ausschluss von bestimmten

Funktionssystemen, der zur Marginalisierung von Bevölkerungsgruppen führen kann und

den Zugang zu weiteren Funktionssystemen erschwert. Beispielsweise kann diese Exklusion

Funktionssysteme wie den Arbeits- oder Wohnungsmarkt betreffen. (vgl. May, 2012, S.142)

Die Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund kann zum Ausschluss auf dem

Wohnungsmarkt führen und umgekehrt kann auch der Wohnort in einem segregierten

Quartier weitere Exklusionsphänomene mit sich bringen. Ursachen und Erscheinungsformen

im Exklusionsprozess sind somit nicht klar voneinander trennbar (vgl. Baum, 2018, S. 170).

Bezogen auf die Ausschliessungsdynamiken ist erkennbar, dass Segregation und Ethnie

einzeln, sowie auch in Kombination Exklusionsprozesse antreiben können (vgl. Goetze,

2008, S. 264). Die Exklusion, die mit ethnischer Segregation einhergeht, kann

Teilhabechancen von Anwohnenden langfristig einschränken. Zudem kann die räumliche

Trennung zu einer Eingrenzung der Reichweite und Zusammensetzung von sozialen

Kontakten führen (vgl. Kronauer & Häussermann, 2019, S. 200). Exkludiert zu werden kann

Ausmasse annehmen, die im schlimmsten Fall bedeuten können, dass Menschen an den

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Rand der Gesellschaft gedrängt werden (vgl. Hafen, 2015, S. 14). Jedoch hängt die

Intensität von sozialer Ausgrenzung stark damit zusammen, wie die Stadtpolitik mit der

Diskreditierung von Bewohnenden der segregierten Quartiere umgeht (vgl. Baum, 2018, S.

172).

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4. Handlungsmöglichkeiten für die Soziale Arbeit Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit. Es soll aufgezeigt

werden, inwiefern die Soziale Arbeit für die Stadtentwicklung und die Gestaltung des

Sozialraums relevant sein kann. Der Einbezug der sozialen Komponenten bei der Gestaltung

von Räumen einer Stadt, reicht weit zurück in die Geschichte. Die Beteiligung von

Sozialarbeitenden bei der Stadtentwicklung ist so alt, wie die Soziale Arbeit selbst. Die

Konzepte der Sozialen Arbeit mit sozialräumlicher Orientierung haben sich im Laufe der

Jahre gewandelt und waren nicht immer gleich präsent in der Fachöffentlichkeit. Durch die

„Wiederentdeckung der Räume“ und die Reurbanisierung hat sich in der Sozialen Arbeit ein

neuer Diskurs um Stadtentwicklung etabliert und sozialräumliche Konzepte haben an

Wichtigkeit gewonnen. Zu Beginn dieses Kapitels werden verschiedene Handlungsfelder und

Konzepte in einem kurzen historischen Rückblick vorgestellt. (vgl. Oehler & Drilling, 2013, S.

13-14)

Der Begriff Gemeinwesenarbeit (GWA) tauchte Ende der 1960er Jahre das erste Mal in der

deutschen Fachliteratur auf. Durch die neu auftretenden gesellschaftlichen Problemlagen,

die durch den Rückgang der Konjunktur nach dem zweiten Weltkrieg verursacht wurden,

rückte GWA mehr und mehr in das Interesse von Sozialer Arbeit. Es wurde bemängelt, dass

soziale Einrichtungen in Deutschland zu bürgerfern geworden sind. GWA diente als Antrieb

einer grundlegenden Reform zur Veränderung der öffentlichen und freien Trägerschaft von

Sozialer Arbeit. Zudem versuchte GWA, den Kontakt zwischen Bürgerinnen und Bürgern und

der Gemeinde herzustellen und somit Demokratie zu fördern. Das Konzept hat sich von

aggressiven Ansätzen, bis hin zu einer katalytisch-aktivierenden GWA stark verändert. Die

katalytisch-aktivierenden Ansätze plädieren für Gruppenselbsthilfe. Die Soziale Arbeit dient

lediglich zur Anregung neuer Prozesse und leistet nur bei Bedarf Unterstützung. Gleichzeitig

versuchte sich GWA mit anderen kommunalen Institutionen der Sozialen Arbeit zu vernetzen

und Kooperationen einzugehen. Dies führte zu einer Neuformulierung des Konzepts zu

stadtteilbezogene Soziale Arbeit. (vgl. Oehler & Drilling, 2013, S. 20-27)

In den 1990er Jahren wurde GWA als stadtteilbezogene Soziale Arbeit mit dem Konzept

„behutsame Stadtteilerneuerung“ kombiniert. Entstanden ist der Fachbegriff

Quartiermanagement, der sich in Deutschland gegen die Jahrhundertwende etabliert hat.

Das Ziel war es, die Abwärtsspirale in benachteiligten Quartieren durch integrierte

Handlungskonzepte anzuhalten. (vgl. Oehler & Drilling, 2013, S. 28) Diese integrierten

Konzepte fassen drei Ebenen des Quartiermanagements: die Verwaltungsebene, die

Quartiersebene und die intermediäre Ebene. Alle Akteure dieser drei Ebenen sollen die

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Stadtentwicklung gemeinsam steuern. Die Kompetenzen- und Aufgabenzuteilung erweisen

sich in der Praxis jedoch als sehr herausfordernd. (vgl. Becker, 2014, S. 22)

Zu Beginn des neuen Jahrtausends tauchte ein neuer Begriff in der fachlichen Öffentlichkeit

und Literatur auf: Sozialraumorientierung. Dieser Begriff findet auch an Fachhochschulen

immer wie mehr Anklang, obwohl noch kein einheitliches Handlungskonzept entwickelt

wurde. Sozialraumorientierung besteht aus Ansätzen von interdisziplinären Theorien. (vgl.

Becker, 2014, S. 25-26) Werden die Konzepte Sozialraumorientierung und stadtteilbezogene

Soziale Arbeit verglichen, können kaum Neuerungen entdeckt werden (vgl. Oehler & Drilling,

2013, S. 31). Sozialraumorientierung kommt als sozialarbeiterisches Handlungskonzept in

GWA und Quartiermanagement, die auch als Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit verstanden

werden können, zur Anwendung (vgl. Becker, 2014, S. 26).

Für diese Arbeit wurde das Handlungsfeld GWA in den Fokus genommen, da sich die

traditionsreiche Entwicklung von GWA zu einem allgemeinen Arbeitsprinzip von Sozialer

Arbeit etabliert hat. GWA unterstützt die Aufhebung von Entfremdung und plädiert für die

Selbstbestimmung des Menschen. Somit ist GWA unter Berücksichtigung der Bedürfnisse

der Subjekte und der politisch-historischen Möglichkeiten immer auch Befreiungsarbeit, wie

es jede Form von Sozialer Arbeit sein sollte. (vgl. Oehler & Drilling, 2013, S. 24)

Demgegenüber ist Quartiermanagement stark an Programmrichtlinien gebunden. Dies hat

eine Entpolitisierung zur Folge, da für eine Initiierung des Programms vorerst Probleme im

Quartier konstruiert werden müssen. (vgl. Schreier, 2014, S. 139) Ausserdem verfolgt

Quartiermanagement eine Top-Down-Strategie, die in einigen Städten lediglich als

Steuerung von benachteiligten Quartieren und als Sparmassnahme dient (vgl. Oelschlägel,

2013, S. 50). Das dritte Konzept, die Sozialraumorientierung, wird ins Kapitel zu GWA

integriert, da GWA auch als „Methode sozialraumorientierter Arbeit“ bezeichnet werden kann

(vgl. May, 2015, S. 1626). Würde GWA durch das Konzept der Sozialraumorientierung

vollumfänglich ersetzt werden, wird eine Funktionalisierung des Sozialraums zur

Kosteneinsparung befürchtet (vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 28). Aus diesem Grund bietet

auch die Sozialraumorientierung nicht die beste Grundlage für sozialarbeiterisches Handeln.

In einem nächsten Schritt wird vorerst der abstrakte Begriff Sozialraum anhand

verschiedener Theorien erklärt. Dies dient als Basisverständnis für die Auseinandersetzung

mit GWA. Anschliessend wird das Handlungsfeld GWA vorgestellt und mit dem

Gesichtspunkt von segregierten Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit

Migrationshintergrund erläutert.

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4.1. Sozialraum In dieser Arbeit wird Raum als Sozialraum verstanden, da er das Resultat menschlichen

Handelns darstellt. Der Begriff Raum könnte nur all zu leicht das Bild einer unveränderbaren

Tatsache suggerieren und den Raum als lediglich physisch-materielles Objekt darstellen. Die

Bezeichnung Sozialraum legt den Fokus jedoch auf soziale Relationen, die für die Soziale

Arbeit als wichtig erachtet werden. Das Verständnis des Sozialraums kann der relationalen

Tradition entnommen werden. (vgl. Kessl & Reutlinger, 2010, S. 25) In diesem Kapitel wird in

einer historischen Rückblende die soziologische Sichtweise auf Raum aufgezeigt.

Anschliessend wird auf raumsoziologische Konzeptionen von Bourdieu und Löw

eingegangen, die das Verständnis eines relationalen Raums erklären. Ausserdem wird das

St. Galler Modell von Reutlinger und Wigger als Denkfigur zur Gestaltung des Sozialraums

vorgestellt.

In der Soziologie wird Raum vornehmlich anhand zwei verschiedener Standpunkte erklärt:

als absolutistischer und relativistischer Raum. Der absolutistische Raum ist gekennzeichnet

durch einen sogenannten Dualismus, bestehend aus Raum und Körper. Aus dieser

Perspektive besteht Raum unabhängig vom Handeln und vom Körper. (vgl. Löw, 2017, S.

17-18) Raum wird verstanden als Behälter, in dem sich Körper befinden können (vgl. Kessl &

Reutlinger, 2010, S. 22). Dagegen sieht das relativistische Verständnis Raum als Ergebnis

von Beziehungen zwischen Körpern. Der Raum ist somit abhängig vom Körper und wird

durch seine Bewegungen dauernd verändert. (vgl. Löw, 2017, S. 17-19) Ausserdem ist der

Raum wie auch die Zeit als etwas Relatives zu verstehen. Je nach Sichtweise kann Raum

anders wahrgenommen werden. (vgl. Kessl & Reutlinger, 2010, S. 22-23). Die

verschiedenen Bemühungen Raum zu definieren, zeigen eher philosophische und

physikalische Vorannahmen, als dass sie soziologisch begründet werden könnten (vgl. Löw,

2017, S. 19). In Bezug auf GWA wäre es falsch, den Raum ohne Beziehung zu den

handelnden Subjekten zu betrachten, wie es die absolutistische Tradition auffasst. Die

Bedeutung, die bestimmte Räume für Anwohnende haben können, ist für

sozialarbeiterisches Handeln zentral. Auch die relativistische Betrachtungsweise wird für

Gemeinwesenarbeitende nicht als optimal erachtet, da sie der räumlichen Strukturierung

durch Macht- und Ungleichheitsverhältnisse keine Beachtung schenkt. (vgl. Fritsche, Lingg &

Reutlinger, 2010, S. 13) Um Sozialraum umfassend erklären zu können, eignet sich die

relationale Betrachtungsweise. Das relationale Verständnis sieht Raum als

kontextabhängiger und historisch geprägter Begriff und nicht als eindeutig fixierte Wirklichkeit

(vgl. Kessl & Reutlinger, 2010, S. 21). Im Folgenden wird Sozialraum als relationaler Raum

anhand zweier Theorien und dem St. Galler Modell erklärt.

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4.1.1. Sozialer Raum nach Bourdieu In Bourdieus Theorie hat Raum eine grosse Bedeutung, was für soziologische Theorien eher

unüblich ist (vgl. Schroer, 2006, S. 105). Bourdieu erklärt in seiner Theorie der Praxis den

Begriff des sozialen Raums. Er vertritt die relationale Sichtweise und versteht den sozialen

Raum nicht als geografisch gekennzeichnetes Territorium, sondern als soziale Welt. Der

Raum wird geprägt durch die Beziehung zwischen Objekten und besteht nicht als

eigenständiger Raum. (vgl. Lippuner, 2012, S. 130)

Bourdieus sozialer Raum ist in verschiedene Subräume unterteilt, die als Felder bezeichnet

werden. Das Feld existiert im Grunde als autonomes soziales Universum, in dem eine

feldtypische Logik herrscht. Diese Logik bestimmt über Distinktionen und regelt die

Positionierungen im sozialen Raum. Die Felder zeigen Ähnlichkeiten mit den

Funktionssystemen von Luhmann auf (s. Kap. 3.2.), da das Feld eine besondere Sichtweise

auf die soziale Welt bietet. Als Beispiel für Bourdieus Feld-Begriff lassen sich die Felder der

Wirtschaft, der Politik und der Religion nennen. (vgl. Lippuner, 2012, S. 130-131) Die

Akteure nehmen innerhalb des sozialen Raums und der vielzähligen Felder eine soziale

Position ein. Diese soziale Position hängt von der individuellen Kapitalausstattung ab (s.

Kap. 1.2.). Akteure, die über eine ungleiche Anhäufung von Kapital besitzen, werden im

sozialen Raum anders positioniert und kommen kaum miteinander in Kontakt. Hierbei sind

nicht nur die physischen Grenzen entscheidend, im Sinne von Örtlichkeiten, sondern auch

die sozialen Grenzen stehen einer Begegnung von Menschen unterschiedlicher

Kapitalausstattung im Wege. Das Feld kann dabei als Kampffeld zur Absicherung oder

Veränderung der Kräfteverhältnisse gesehen werden. (vgl. Schroer, 2006, S. 108-109) Die

Distinktionslogik des Feldes wird von den Akteuren in ihr Wahrnehmungs- und

Denkschemata übertragen, was gemäss Bourdieu als Habitus bezeichnet wird. Der Habitus

eines jeden Akteurs wird anhand der sozialen Position und des Feldes geformt, was zu

einem grossen Teil durch unbewusste Prozesse erfolgt. Handlungsweisen und auch

Unterscheidungen sind somit in Form des Habitus inkorporiert und geschehen meist

unreflektiert. Somit zeigt Bourdieu auf, dass Handlungen nicht immer rational erfolgen,

sondern dass ihnen ein praktischer Sinn zugrunde liegt. Dieser praktische Sinn wird von

Bourdieu als „Sinn für das Spiel“ genannt. Die Geschehnisse der sozialen Welt stellen das

Spiel dar, wobei die Felder die Spielräume sind. Jedes Feld hat seine eigenen Spielregeln,

welche aufgrund des vom Feld geformten Habitus von den Akteuren automatisch

übernommen werden. Dies führt zu einer Reproduktion sozialer Bedingungen und damit

zusammenhängender Distinktionen. (vgl. Lippuner, 2012, S. 132-134) Somit hat der Raum

eine ordnende Funktion und sorgt zugleich für die Beständigkeit von sozialer Ordnung (vgl.

Schroer, 2006, S. 109).

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Die Theorie des sozialen Raums von Bourdieu zeigt die enge Verbindung zu sozialen

Ungleichheiten auf, da die individuelle Kapitalausstattung mit den Möglichkeiten der

Raumaneignung zusammenhängt. Macht über den Raum zu erlangen, stellt gemäss

Bourdieu eine sehr privilegierte Herrschaftsausübung dar. Personen mit eher knapper

Ausstattung an Kapitalien haben schlechtere Chancen Verfügungsgewalt über den Raum zu

besitzen. Diese mangelnde Verfügung über den Raum kann die Nähe zu begehrten Gütern

und Personen verunmöglichen und die Wohnstandortwahl beeinträchtigen. Auch wenn

Personen mit knappen Ressourcen in einem begehrten Wohnort sesshaft sind, kann die

soziale Distanz zu den Anwohnenden weiterhin bestehen. Bourdieu verweist in diesem Fall

auf den Habitus, der im jeweiligen Wohnort als unpassend erachtet werden kann und somit

eine ortsspezifische Nutzung der Räume erschwert. Ausserdem zeigt Bourdieu mit dem

Begriff der Selbstexklusion auf, dass Menschen das Betreten von fremden Räumen

unterlassen, da sie sich bezüglich der gültigen Regeln unsicher fühlen und dies nicht sichtbar

machen wollen. Somit muss die Trennung von Personen mit unterschiedlichen sozialen

Positionen nicht immer zwanghaft erfolgen. Segregation scheint nach der Theorie von

Bourdieu als unumgängliche Erscheinung, da sie Ausdruck der Distinktionslogik und der

Stabilisierung von sozialer Ordnung ist. Der französische Soziologe zeigt auf, dass der

soziale Raum im physischen Raum erkennbar ist. Segregation kann somit ein Ausdruck von

Gegebenheiten der sozialen Welt sein. (vgl. Schroer, 2006, S. 113-120)

4.1.2. Relationaler Raum nach Löw Die deutsche Soziologin Löw schlug eine neue raumsoziologische Konzeption vor, die unter

anderem auf Bourdieus Raumverständnis basiert. Vor allem die Verbindung zwischen

Handlung und Struktur durch den Habitus-Begriff, hat sie in ihre Konzeption wieder

aufgenommen. (vgl. Löw, 2017, S. 132) Der relationale Raum berücksichtigt sowohl die

Beziehungsebene, sowie auch das Prozesshafte von Räumen und die Strukturierungskraft.

Räume werden als Orte wahrgenommen, die durch relationale (An)Ordnungen von

Lebewesen und sozialen Gütern charakterisiert sind. Der Begriff (An)Ordnung meint zum

einen das Platzieren von Lebewesen oder Dingen und zum anderen die gesellschaftliche

Ordnung, die Räume festlegen. Räumliche Strukturen sind sowie zum Beispiel rechtliche und

ökonomische Strukturen Teil von gesellschaftlicher Ordnung. Diese räumliche Ordnung

wurde durch Handeln hergestellt und strukturiert hinterher das weitere Handeln. Die Dualität

von Handeln und Struktur wird in der relationalen Theorie auch als die Dualität von Raum

genannt. Somit wird ersichtlich, dass Räume durch handelnde Subjekte erschaffen werden

und gleichzeitig das Handeln beeinflussen. (vgl. Löw, Steets & Stoetzer, 2008, S. 63-66)

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Räume werden meist durch gewohnheitsbedingte Handlungen geschaffen, die unhinterfragt

ausgeführt werden. Die Prozesse der Syntheseleistung und des Spacings nehmen dabei

Einfluss auf die Entstehung von Räumen. Die Syntheseleistung steht für die

Relationenbildung zwischen sozialen Gütern und Lebewesen, die dann über

Wahrnehmungsprozesse als Räume erkennbar sind und so ständig reproduziert werden.

Zudem berücksichtig das Spacing, die Wichtigkeit von Platzierungen. Die Konstitution von

Räumen erfolgt über die Platzierung von sozialen Gütern und Menschen. In erster Linie

werden Räume durch symbolische Markierungen gekennzeichnet, wie zum Beispiel

Eingangsschilder. Spacing bedeutet somit Positionieren, Errichten und Bauen. Das Bauen

eines Hauses kann auch als Spacing bezeichnet werden. Der Raum wird immer durch

Syntheseleistung und Spacing hergestellt, wobei beide Prozesse gleichzeitig stattfinden.

Wird ein Raum durch Spacing erschaffen, ohne dass die Verknüpfung zwischen sozialen

Gütern und Menschen zu Räumen erfolgt, kann noch nicht von Raum die Rede sein. Um

wieder auf den Titel der Raumkonzeption zurück zu kommen: relationaler Raum

berücksichtig somit die einzelnen Bausteine, bestehend aus sozialen Gütern und Menschen,

sowie auch die Relationen zueinander. (vgl. Löw, Steets & Stoetzer, 2008, S. 64-65)

Räume werden von verschiedenen Menschen oder gar Bevölkerungsgruppen

unterschiedlich erfahren und haben auch nicht für alle die gleiche Relevanz. Über die

Konstitution von Räumen werden vielfach Macht- und Herrschaftsverhältnisse ausgehandelt,

die mit Ausschliessungsmechanismen einhergehen können. Auch das Merkmal Ethnie kann

mit Inklusions- und Exklusionsprozessen in Räumen zusammenhängen. (vgl. Löw, Steets &

Stoetzer, 2008, S. 64-65)

4.1.3. St. Galler Modell nach Reutlinger Das St. Galler Modell dient als Ordnungsmodell und Sortierungshilfe für die professionelle

Gestaltung von Sozialraum. Es darf jedoch nicht als sozialwissenschaftliches Raummodell

oder Fachkonzept verstanden werden. Viel mehr soll das St. Galler Modell als Denkfigur in

der sozialraumorientierten Arbeit zu einer reflexiven Praxis beitragen. (vgl. Reutlinger, 2018,

S. 614). Das St. Galler Modell zeigt verschiedene Zugänge auf, die für die Gestaltung des

Sozialraums relevant sind. Der erste Zugang erfolgt über die Gestaltung von Orten als

physisch-materielle Welt. Ein weiterer Zugang beschreibt die Gestaltung von strukturellen

Steuerungsprozessen und der letzte Zugang bildet die Gestaltung vom Sozialraum über die

Arbeit mit Menschen. (vgl. Reutlinger & Wigger, 2010, S. 16) Im Folgenden soll die

Abbildung die drei miteinander verbundenen Zugänge illustrieren. Anschliessend folgt eine

Beschreibung der drei Einheiten.

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Abbildung 3: St. Galler Modell

Der Zugang über die Gestaltung von Orten, beschäftigt sich mit der Welt der Dinge. Orte

werden als Raumstellen an der Erdoberfläche gesehen, deren Positionen klar definiert

werden können. Für diesen Zugang sind vor allem die Raum- und Landschaftsplanung,

sowie die Architektur und die Kunst von Bedeutung. Es wird davon ausgegangen, dass die

materielle Welt in das individuelle Selbstverständnis und das Weltbild der Menschen

einfliesst. Somit hat der Ort Auswirkungen auf individuelle und kollektive

Handlungsspielräume. (vgl. Reutlinger & Wigger, 2010, S. 46-47)

Der zweite Zugang zielt auf eine Veränderung von politischen Strukturen, die den

Sozialraum beeinflussen können. Über die Gestaltung von Strukturen im Steuerungsprozess

kann in unterschiedlichster Weise Veränderung im Sozialraum angeregt werden.

Sozialräumliche Veränderungen können aus dieser Perspektive durch die Neugestaltung von

Organisationsstrukturen oder gesetzlichen Rahmenbedingungen erreicht werden. Zum

Beispiel kann das Schaffen von verschiedenen Ressourcen Möglichkeiten zur Gestaltung

von Orten oder für die Arbeit mit Menschen bieten. (vgl. Reutlinger & Wigger, 2010, S. 47)

Der Hauptfokus beim letzten Zugang liegt bei der Arbeit mit einzelnen Personen und

Gruppen. Die individuellen Deutungen von Raum sind handlungsleitend für die Gestaltung.

In einem ersten Schritt werden durch diese Deutungsmuster die Lebensbedingungen an

bestimmten Orten aufgezeigt. Im Anschluss daran, gilt es realisierbare

Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen. (vgl. Reutlinger & Wigger, 2010, S. 48)

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4.2. Gemeinwesenarbeit GWA wurde über die Jahre von verschiedenen Theorien und Praxen beeinflusst, sodass

eine Vereinheitlichung der Theoriebildung nicht möglich ist. Soziale Arbeit und insbesondere

GWA hängt stark vom Kontext des historisch gesellschaftlichen Raums ab und wird durch

die jeweiligen Macht- und Herrschaftsverhältnisse geprägt. Dementsprechend verändern

sich die Zielbestimmungen, die Spielräume und die Wirkung von GWA analog der

historischen Entwicklungen. Wie in der Einleitung in Kapitel 4 bereits ersichtlich, bleibt die

übergreifende Charakterisierung und Einordnung von GWA unklar. So wurde es in Kapitel 4

als Konzept, Handlungsfeld, Arbeitsfeld sowie auch als Arbeitsprinzip benannt. Die

verschiedenen Bezeichnungen sollen den vielfältigen und teils ambivalenten Diskurs um

GWA auch innerhalb dieser Arbeit aufgreifen. (vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 17-18)

GWA ist ein Handlungsfeld von Sozialer Arbeit, in dem die Lebenswelt der Menschen von

besonderer Bedeutung ist. Sie begleitet partizipative Prozesse, um gemeinsam mit den

Menschen materielle, immaterielle und infrastrukturelle Verbesserungen zu erreichen. (vgl.

Stövesand & Stoik, 2013, S. 21) Mitarbeitende der GWA vertreten eine humanitäre und

demokratische Grundhaltung und fördern soziale Gerechtigkeit und soziale Integration.

(GWA Netzwerke Deutschschweiz, 2008) Im Mittelpunkt stehen die in einem gewissen

Territorium tätigen oder wohnhaften Menschen. Das Gebiet oder eben das Gemeinwesen

wird als soziales System verstanden. (GWA Netzwerke Deutschschweiz, 2008) GWA ist vor

allem in Gebieten mit einer mangelhaften Infrastruktur und hoher Armutsbetroffenheit

präsent (vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 21-22).

Der Begriff Gemeinwesen kann als Vorgänger von Sozialraum verstanden werden. Als

Gemeinwesen kann sowohl ein Stadtteil, wie auch ein ganzes Dorf bezeichnet werden,

wobei immer administrative Grenzen vorhanden sind. Obwohl der Begriff Gemeinwesen im

geschichtlichen Rückblick von grosser Bedeutung ist, wird heute oft von Sozialraum

gesprochen (vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 25). Die bereits erläuterten Konzeptionen zum

relationalen Raumverständnis nach Bourdieu und Löw, sowie das St. Galler Modell stellen

wichtige Impulse für GWA als Sozialraumarbeit dar. GWA beachtet sowohl individuelle und

strukturelle Aspekte, sowie auch der Zugang zur Gestaltung der physisch-materiellen Welt

(vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 21). In dieser Arbeit liegt das Quartier als Sozialraum im

Fokus und stellt somit das Gemeinwesen im Sinne eines territorialen Bezugspunkts von

GWA dar.

GWA wird vornehmlich als fallunspezifische und zielgruppenübergreifende Arbeit verstanden

(vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 22). Das heisst, das GWA möglichst alle

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Quartieranwohnenden anspricht und sich nach ihren aktuellen Themen richtet. Die

Ausgangslage stellen die Bedürfnisse der Menschen dar. Über niederschwellige und

aufsuchende Angebote, werden die Themen der Anwohnenden abgeholt. Dies kann über

Befragungen erfolgen oder auch über die Schaffung von Begegnungs- und

Kommunikationsräumen, wie zum Beispiel einem Quartiertreff. Diese Räume sollen Kontakte

und Austausch ermöglichen, ohne dass ökonomische Mittel erforderlich sind. (vgl. Stövesand

& Stoik, 2013, S. 22) GWA zielt auf Aktivierung und Empowerment der Menschen, statt auf

Befürsorgung (vbg & Jugendamt der Stadt Bern, 2015). Die Mobilisierung von bereits

vorhandenen Ressourcen sieht GWA als eine Form von Empowerment (GWA Netzwerke

Deutschschweiz, 2008). Die Aktivitäten und Massnahmen werden gemeinsam mit den

Anwohnenden konzipiert und auf ihre Bedürfnisse abgestimmt (vbg & Jugendamt der Stadt

Bern, 2015). Ihre Mitsprache und Mitwirkung im Problemlösungsprozess und in der

Umsetzung sind essenziell (GWA Netzwerke Deutschschweiz, 2008). Dabei aktiviert und

fördert GWA die Selbstorganisation der Menschen im Quartier und leistet nur bei Bedarf

Unterstützung. (vbg & Jugendamt der Stadt Bern, 2015) Somit werden nicht nur die

Selbsthilfekräfte der einzelnen Personen angeregt, sondern auch die Nutzung von sozialen

Netzwerken. Der Beziehungsaufbau ist eine zentrale Aufgabe von GWA. Zum einen versucht

GWA Beziehungen zwischen Quartieranwohnenden zu fördern, um so

Unterstützungsnetzwerke zu initiieren. Zum anderen werden auch Kontakte zu lokalen

Akteuren wie Organisationen und politischen Entscheidungsträgerinnen und

Entscheidungsträgern geknüpft. Diese sind vor allem für die Bearbeitung von strukturellen

Problemen von Bedeutung. (vgl. Stövesand & Stoik, 2013, S. 22). GWA schafft Zugänge zu

Politik, Verwaltung und Wirtschaft, so dass sich die Anwohnenden aktiv für verbesserte

Lebensbedingungen einsetzen können (vbg & Jugendamt der Stadt Bern, 2015). Ausserdem

werden die Anwohnenden auf öffentlich zugängliche Dienstleistungsangebote, wie zum

Beispiel Beratungsstellen Aufmerksam gemacht. GWA engagiert sich dabei für die

Weiterentwicklung von bedürfnisgerechten Dienstleistungen für die lokale Anwohnerschaft.

(GWA Netzwerke Deutschschweiz, 2008)

Mitarbeitende der GWA müssen sich über ihr Rollenverständnis bewusst werden. Dies kann

zwischen einer intermediären und einer parteilichen Haltung schwanken. Der Fachdiskurs

sieht den Umgang mit den zwei konträren Positionierungen als Gratwanderung und ist sich

uneinig, welches Rollenverständnis im Hinblick auf GWA als Orientierung dienen soll. Die

Auseinandersetzung mit den beiden Positionierungen soll bei Mitarbeitenden der GWA zu

einem reflektierten Rollenverständnis führen. (vgl. Schreier, 2014, S. 9) Wenn GWA als

intermediäre Instanz auftritt, bedeutet dass, das sie zwischen Bürgerinnen und Bürgern und

Entscheidungstragenden aus der Politik, der Verwaltung und aus Unternehmungen

vermittelt. Dabei werden nicht nur kommunikative Prozesse zwischen Anwohnenden und

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steuernden Instanzen organisiert, sondern auch Dialoge unter den Quartieranwohnenden

sowie unter Personen der kommunaler Administration. Intermediäre sind auch selber in

Dialoge einbezogen, indem sie Informationen von anderen weitergeben. Somit können sie

zum Beispiel in der Politik die Anliegen der Quartierbevölkerung einbringen oder die

Bürgerinnen und Bürger über das politische Geschehen aufklären. Die GWA betreibt als

intermediäre Instanz Dialogmanagement und versucht als Moderatorin mit verschiedenen

Akteuren Lösungen zu kreieren. Intermediäre bemühen sich, durch Vermittlung das

gegenseitige Verständnis und die Transparenz zu fördern. (vgl. Fehren, 2006, S. 576-577)

Intermediäre Instanzen sollen dabei nicht Teil von kommunaler Verwaltung sein und deren

akuten Handlungsbedarf aufgreifen. Vielmehr sollen sie sich als loyale Sachwalterinnen

verstehen, die das Wohl der Stadt als Ziel ins Auge fassen. (vgl. Hinte, o.J.)

Kritische Stimmen bemängeln den intermediären Ansatz, da sie das Parteiergreifen für

benachteiligte Bevölkerungsgruppen als wichtiger erachten. Parteiliche GWA setzt sich

anwaltschaftlich für Benachteiligte ein und stärkt somit ihre sozialen Rechte. Wobei es nicht

darum geht alle Anliegen der Betroffenen gut zu heissen, sondern sie ernst zu nehmen und

sie bei Konflikten reflektiert zu unterstützen. GWA ergreift Partei um die Teilnahme von

Ausgrenzung bedrohten Menschen zu fördern und ihnen eine Stimme zu verleihen.

Parteilichkeit heisst in diesem Fall, sich auch in der Auseinandersetzung mit wirkmächtigen

Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern auf die Seite der benachteiligten

Bevölkerungsgruppe zu stellen. Im parteilichen Ansatz übernimmt GWA eine gewisse

Ausgleichsfunktion und fördert somit soziale Gerechtigkeit. (vgl. Oelschlägel, 2013, S. 52-54)

Doch auch das parteiliche Rollenverständnis kann einige Fragen aufwerfen. Es ist unklar, für

wen GWA sich parteilich einsetzen soll. Ausserdem kann GWA nicht

zielgruppenübergreifend arbeiten, wenn Parteilichkeit als oberstes Prinzip gilt.

Bevölkerungsgruppen die weniger von Ausgrenzungsprozessen bedroht wären, würden in

einer parteilichen GWA untergehen. (vgl. Fehren, 2006, S. 580)

Abschliessend kann gesagt werden, dass GWA sowohl ein intermediäres Rollenverständnis

beinhalten kann als Moderatorin, als auch parteilich handeln kann, vor allem im Umgang mit

benachteiligten Gruppen. Die beiden Ansätze können kombiniert zu einer Erweiterung des

Handlungsspielraums von GWA führen (vgl. Stoik, 2013, S. 107) Ob die Interessen der

Quartieranwohnenden mit intermediärer oder parteilicher Haltung vermittelt oder vertreten

werden, ist in erster Linie unwichtig, so lange die Soziale Arbeit ihr politisches Mandat

trotzdem wahrnehmen kann. GWA soll die Herrschaftsverhältnisse, die zu Ausgrenzung und

Diskriminierung führen können aufdecken und skandalisieren. Gegen das Bild des

Problemquartiers und die weit verbreitete Meinung, die Quartieranwohnenden seien selber

verantwortlich für ihre Probleme, soll GWA klar Position einnehmen. GWA kann

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Seite 41

Möglichkeiten bieten, dass benachteiligte Menschen auch an der Gestaltung politischer

Prozesse teilhaben können. (vgl. Schreier, 2014, S. 9)

4.3. Gemeinwesenarbeit und ethnische Segregation Dieses Kapitel bezieht das Handlungsfeld der GWA auf den sozialräumlichen Kontext von

Quartieren, die von ethnischer Segregation betroffen sind. GWA passt sich stark den

Bedürfnissen der Quartieranwohnerschaft an. Neben den fundamentalen Arbeitsprinzipien

für GWA die in Kapitel 4.2. bereits aufgegriffen wurden, sollen im Folgenden Aspekte

beleuchtet werden, die in Bezug auf Quartiere mit hohem Anteil an Bevölkerung mit

Migrationshintergrund als wichtig erachtet werden. Dieser Teil der Arbeit soll einen Einblick

in die Arbeit von GWA mit ethnischen Bevölkerungsgruppen verschaffen, ohne dass von

einer standardisierten Handlungsanweisung für die Praxis ausgegangen werden kann. Das

Kapitel 3 kann dabei als Orientierung beigezogen werden, um mögliche Herausforderungen

sowie auch Ressourcen der Quartiere ersichtlich zu machen.

Wie in Kapitel 2.2. bereits ausführlich erläutert, sind die Merkmale Ethnie und sozialer Status

eng aneinander geknüpft in Bezug auf ethnische Segregation. Dementsprechend hat GWA

sowohl die sozialen Lebenslagen, wie auch der migrationsspezifische Kontext zu

berücksichtigen. Grundlage für die Arbeit im Gemeinwesen bieten Kenntnisse über die

Lebenswelten der Anwohnenden und deren Kapitalausstattung. Dazu zählt auch das

Kennenlernen des Quartiers als Sozialraum. GWA sollte sich ausserdem über

Diskriminierungs- und Stigmatisierungsprozesse bewusst werden, die mit dem

Migrationsstatus und dem Wohnort verbunden sein können. Um ein Eindruck über die

Lebenslagen der Quartieranwohnenden zu erlangen, kann die GWA auf verschiedene

Methoden zurückgreifen, wie zum Beispiel die aktivierende Befragung. GWA muss sich

darüber bewusst sein, dass auch ethnisch segregierte Quartiere von einer heterogenen

Bevölkerungsgruppe bewohnt werden. Die Menschen befinden sich in unterschiedlichen

Lebenslagen und gehen auch anders damit um. (vgl. Ottersbach, 2012, S. 70)

Im Kapitel 3 konnte aufgezeigt werden, dass ethnische Segregation eine politische und

soziale Ausgrenzung zur Folge haben kann. Professionelle Soziale Arbeit orientiert sich

gemäss dem Berufskodex von AvenirSocial (2010) an den Menschenrechten und an sozialer

Gerechtigkeit und setzt sich für Sozialstrukturen ein, die auf die Bedürfnisse der Menschen

abgestimmt sind (S. 8-9). Hierzu ist die GWA gefragt, um die Inklusion von Menschen mit

Migrationshintergrund und die kommunale Demokratisierung zu fördern (vgl. Riede, 2017).

Sollen Menschen in unser demokratisches System inkludiert werden, umfasst dass auch die

Einmischung in öffentliche Auseinandersetzungen. Inklusion geht mit gleichberechtigten

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Seite 42

Partizipationsmöglichkeiten im Willensbildungsprozess einher. (vgl. Reddy, 2010, S. 123)

GWA ermöglicht politische Partizipation, indem sie die Stimmen der Menschen in das

politisch-administrative System trägt (vgl. Riede, 2017). Auch abgesehen von politischer

Teilhabe, sollen verschiedene Partizipationsprozesse die Handlungsspielräume der

Anwohnenden erweitern. Die Quartierbevölkerung wird durch kollektives Empowerment dazu

angeregt, sich gemeinsam für ihre Anliegen stark zu machen. Entwicklungsprozesse im

Quartier, wie die Gestaltung des Sozialraums, fordern Interessierte aus dem Quartier zu

Partizipation auf. (vgl. Lutz, 2010, S. 205-207) Ethnisch segregierte Quartiere bieten vielfach

nicht besonders attraktive Wohn- und Grünflächen. GWA kann hierfür

Handlungsmöglichkeiten erweitern und bedürfnisgerechte Veränderungen der

Raumgestaltung mit den Anwohnenden umsetzen. Im Partizipationsprozess knüpft GWA bei

bereits vorhandenen sozialen Netzwerken an und versucht diese durch die Einbindung

verschiedener Akteure auszubauen (vgl. Lutz, 2010, S. 207).

Das Stichwort soziales Netzwerk erscheint in Bezug auf Quartiere mit hohem Anteil an

Bevölkerung mit Migrationshintergrund als zentral. Es wurde bereits mehrmals erwähnt, dass

diese Beziehungsnetze für Menschen mit Migrationshintergrund als wichtige Stütze im Leben

dienen können. Diese Netzwerke sieht GWA in Form von sozialem Kapital als wichtige

Ressource. Kontakte mit anderen Bevölkerungsgruppen zu schliessen kann jedoch als

herausfordernd empfunden werden, was unteranderem als Folge von sozialer Ausgrenzung

gedeutet wird. Die Sozialwissenschaftlerin Riede spricht von GWA als Brückenbauerin

zwischen Menschen und Bevölkerungsgruppen innerhalb des Quartiers. Dies bedeutet, dass

GWA Menschen verschiedener Gruppen miteinander zu verknüpfen versucht. Das Ziel stellt

dabei die Stärkung von sozialem Kapital dar, welche durch den Ausbau von lokalen

Netzwerken erreicht werden soll. Brückenbildende Angebote, wie zum Beispiel offene

Begegnungsräume, Quartierfeste und Bürgerforen, sollen den Austausch fördern und

Menschen mit ähnlichen Anliegen zusammenführen. (vgl. Riede, 2017) Somit soll die

Gruppenselbsthilfe angeregt werden, um allenfalls selbst tragende Prozesse in die Wege zu

leiten. (vgl. Lutz, 2010, S. 208)

GWA kann sich für die Gestaltung des Zusammenlebens von verschiedenen ethnischen

Gruppen auf das Konzept der transkulturellen Gesellschaft vom Philosophen Welsch

stützen. Kultur wird als System mit bestimmten Werten und Einstellungen verstanden, das

einer Gruppe oder einer Gesellschaft zur Handlungsorientierung dienen kann. Im Konzept

der Transkulturalität werden Kulturen nicht als geschlossene und voneinander

abzugrenzende Einheiten verstanden. (vgl. Wertheim, 2013, S. 345-346) Das Konzept der

Transkulturalität reagiert auf gesellschaftliche Entwicklungen, die eine Pluralität an

Lebensformen auch innerhalb der Kulturen zeigen. Transkulturalität soll die moderne

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Seite 43

Gesellschaft wiederspiegeln und grenzt sich vom traditionellen Kulturbegriff ab. Welsch

empfand auch die beiden Begriffe der Inter- und Multikulturalität für die heutige Zeit als

unpassend, da beide lediglich als Ergänzung zum traditionellen Kulturbegriff dienen. Das

Konzept der Transkulturalität überwindet jedoch das Verständnis von Kultur als

geschlossene Einzelkultur. (vgl. Welsch, 1995, S. 2) In transkulturellen Gesellschaften sollen

Kulturen durch Verständigungs- und Begegnungsprozesse miteinander vermischt werden.

Die Transkulturalität wird als gemeinsames Drittes betrachtet, dass durch gegenseitiges

Verstehen erschaffen wird. Um eine transkulturelle Entwicklung im Quartier anzustreben,

arbeitet GWA mit den Anwohnenden, mit lokalen Organisationen und mit

Entscheidungstragenden des strukturellen Steuerungsprozesses. Die transkulturelle Arbeit

kann über Beratungsgespräche, Trainings und Coachings erfolgen und soll die Identitäts-

und Bewusstseinsbildung anregen und interkulturelle Kompetenzen fördern. Durch die

Öffnung des Kulturverständnisses verspricht man sich strukturelle Veränderungen im

Quartier vorzunehmen, um die Integration und das Zusammenleben verschiedener

Bevölkerungsgruppen zu erleichtern. Ausserdem rückt das Konzept der Transkulturalität die

Gemeinsamkeiten der verschiedenen Gruppen in den Fokus und soll somit

Unterscheidungen in „Wir“ und „Sie“ vermeiden und Menschen zusammenbringen. (vgl.

Wertheim, 2013, S. 345-347)

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Seite 44

5. Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit – eine Positionsbestimmung Diese Arbeit hat ersichtlich gemacht, dass der Diskurs um ethnische Segregation als

ambivalent gedeutet werden kann. Über die Folgen für die Quartieranwohnenden vertritt die

Wissenschaft verschiedene Positionen, die weder als eindeutig positive noch negative

Effekte erkennbar sind. Die Quartierseffekte (s. Kap. 2.5.) verdeutlichen zum einen, dass die

Konzentration von Menschen mit Migrationshintergrund wichtige Unterstützungsstrukturen

bieten kann. Zum anderen kann jedoch das Bild des problematischen Migrantenquartiers

benachteiligende Wirkungen auf die Menschen im Quartier haben. Hier stellt sich für mich

die Frage, ob ethnische Segregation für die Anwohnenden und die Bevölkerung ein soziales

Problem darstellt, oder ob es sich lediglich um Scheinprobleme handelt, die durch

Zuschreibungsprozesse konstruiert werden. Infolgedessen scheint es für mich unklar, ob es

die Soziale Arbeit und die GWA in ethnisch segregierten Quartieren braucht und wie sie sich

legitimieren kann. Dieses Kapitel soll zum einen die wissenschaftlichen Sichtweisen, sowie

meine persönliche Positionierung zu Problematisierungstendenzen in Bezug auf ethnisch

segregierte Quartiere darstellen.

Zu Beginn wird anhand theoretischer Bezüge des Soziologen Grönemeyers die Definition

von sozialen Problemen aufgezeigt. Die Auseinandersetzung mit den Themen soziale

Mischung und Parallelgesellschaft soll aufzeigen, inwiefern ethnische Segregation als

soziales Problem bestimmt werden kann oder nicht. Diese Bestimmung bildet die Grundlage

für die Positionierung zum unklaren Handlungsbedarf von Sozialer Arbeit. Abschliessend

werde ich die zweite Fragestellung beantworten. Für dieses Kapitel wurde bewusst neben

der wissenschaftlichen Schreibweise die Ich-Form gewählt, um meine persönliche

Positionierung klar ersichtlich zu machen.

Der deutsche Soziologe Grönemeyer erklärte soziale Probleme als Handlungsanlässe sowie

als Legitimationsgrundlage für Soziale Arbeit. Er versteht Soziale Arbeit als Institution, die

soziale Probleme bearbeitet, kontrolliert und verwaltet. Ein soziales Problem stellt ein

Zustand dar, der gegenüber dem gewünschten Soll-Zustand als abweichend empfunden

wird. Dabei nehmen soziale Probleme immer Probleme der Gesellschaft auf und beziehen

sich nicht nur auf individuelle Verhaltensauffälligkeiten. Soziale Probleme gilt es über

gesellschaftliche Veränderungen zu reduzieren oder gar zu lösen. Wobei es unklar ist, ob

soziale Probleme gelöst werden sollen oder ob sie durch Entwicklungsprozesse in modernen

Gesellschaften eine notwenige Daseinsberechtigung haben. (vgl. Grönemeyer, 2018, S.

1492) Wenn ethnische Segregation als soziales Problem wahrgenommen wird, muss dieses

Phänomen eine Diskrepanz zwischen einem wünschenswerten Zustand aufzeigen. Es ist

jedoch fragwürdig, was als angestrebter Soll-Zustand verstanden wird. Im Fachdiskurs ist die

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Rede von sozialer Mischung als mögliche Problemlösung für soziale und ethnische

Segregation. Soziale Mischung meint, dass in einem Quartier alle sozialen Schichten

zusammenleben (Programms Projets Urbains, 2011). Um nochmals Bezug auf die Definition

von Friedrichs (s. Kap. 2) zu nehmen, würde soziale Mischung eine proportionale Verteilung

von Bevölkerungsgruppen in Teilen einer Stadt bedeuten. Die Wirkungen von sozialer

Mischung sind jedoch widersprüchlich zu bewerten. Die räumliche Nähe soll den Kontakt

zwischen Menschen aus unterschiedlichen Milieus anregen. (Programms Projets Urbains,

2011) Dies soll die Toleranz gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen verstärken und

Vorurteile abbauen. Im besten Fall vermischen sich die Wertvorstellungen der Menschen

und bilden ein „Wir-Gefühl“ im Quartier (vgl. Dangschat & Alisch, 2014, S. 201). Der Prozess

des gegenseitigen Lernens hat schlussendlich auch eine Integrationsfunktion für Menschen

mit Migrationshintergrund (Programms Projets Urbains, 2011).

Die bereits genannten Argumente zeigen auf den ersten Blick nur Vorzüge von sozialer

Mischung. Ob sich die erwarteten Effekte in der Realität auch so ausprägen, bleibt fraglich.

Das gewünschte Miteinander trifft häufig nicht ein, da es auch trotz räumlicher Nähe schwer

ist, Verständnis füreinander aufzubringen. Aufgrund der sozialen Ungleichheiten können

Beziehungen entstehen, die ungleichmässige Machtverhältnisse zeigen. Zusätzlich können

die unterschiedlichen Lebensformen und Alltagsthemen die Kontaktaufnahme und die

Kommunikation erschweren. Die Menschen können sich weniger über ähnliche Sorgen und

Probleme austauschen. Durch das Zusammenleben von verschiedenen sozialen Milieus,

kann es innerhalb eines Quartiers zu Spannungen und Distanz führen. (Programms Projets

Urbains, 2011) Diskriminierungen gegenüber Menschen aus dem nahen Sozialraum können

Konflikte entstehen lassen, so dass von einer „überforderten Nachbarschaft“ gesprochen

werden kann. Auch der Gedanke, dass sich durch soziale Mischung neue gemeinsame

Wertmassstäbe bilden, hat sich in der Realität als eher unwahrscheinlich erwiesen. Die

historische Rückblende zeigt eher eine einseitige Anpassung von Minderheiten an die

Mehrheitsgesellschaft. (vgl. Dangschat & Alisch, 2014, S. 202-207)

Schliesslich bleibt noch offen, wie soziale Mischung in ethnisch segregierten Quartieren

überhaupt umgesetzt werden soll. Werden Quartiere neu gebaut, könnten staatliche Eingriffe

den Wohnungsbau und den Wohnungsmarkt lenken. Bei bereits bestehenden Quartieren,

stellt sich die Umsetzung jedoch als sehr herausfordernd dar. Um ethnisch segregierte

Quartiere für Menschen mit eher hohem Sozialstatus attraktiv erscheinen zu lassen, müssten

bauliche Aufwertungsprozesse vorgenommen werden. Würde diese Aufwertung, auch

Gentrifizierung genannt, im Quartier statt finden, hätte dies die Verdrängung von ansässigen

Menschen zur Folge. Abschliessend kann gesagt werden, dass soziale Mischung nicht

unbedingt als integrationsfördernd empfunden wird und zur Umsetzung noch viele

Fragezeichen offen bleiben. (Programms Projets Urbains, 2011)

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Seite 46

Meiner Meinung nach kann das Konzept der sozialen Mischung auch eine

Steuerungsfunktion der Verwaltung beinhalten. Durch den Zuzug von sozioökonomisch

besser gestellten Menschen, erhofft man sich eine gelingende Integration für Menschen mit

Migrationshintergrund. Demzufolge wird Integration als ein Erlernen von sozial erwünschten

Normen und Werten verstanden, was zur Reproduktion von Macht- und

Herrschaftsverhältnissen führen kann. Integration wird in diesem Fall anders verstanden, als

ich es als professionelle Sozialarbeiterin assoziiere. Aus meiner Sicht werden die

Integrationsleistungen von ethnisch segregierten Quartieren unterschätzt. So werden

beispielsweise ethnische Infrastrukturen und Vereine von Menschen mit

Migrationshintergrund als gescheiterte Integration verstanden, oder gar als

Parallelgesellschaft betitelt. In der Literatur zu ethnischer Segregation ist häufig die Rede

von Parallelgesellschaften, als mögliche Folge von räumlicher Konzentration. Der Begriff der

Parallelgesellschaft trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, dass ethnische Segregation in

der öffentlichen Thematisierung problematisiert wird. Der nächste Abschnitt nimmt die

Vorwürfe der Parallelgesellschaft zum Thema und vergleicht sie mit dem wissenschaftlichen

Diskurs.

Der Schweizer Sozialgeograph Reutlinger (2017) stellt fest, dass das Bild, das die Politik und

die Medien als Parallelgesellschaft in die Öffentlichkeit transportieren, nicht der

wissenschaftlichen Sichtweise entspricht. Die politisch-mediale Diskussion spricht von

geschlossenen fremdkulturellen Gesellschaften, die als negativ bewertet werden. Dabei

werden Parallelgesellschaften häufig mit Terroranschlägen und Gewalttaten der jüngeren

Geschichte in Verbindung gebracht. Die Wissenschaft redet jedoch erst von

Parallelgesellschaft, bei einer ethnisch homogenen Gruppe, die ein eigenes Institutionsnetz

aufgebaut hat und lebensweltlich sowie ökonomisch getrennt von der Mehrheitsgesellschaft

besteht. Reutlinger erklärt sich die negative Sichtweise auf ethnische Segregation, durch die

Angst vor den Fremden in einer Gesellschaft mit zunehmenden Individualisierungs- und

Globalisierungsentwicklungen. Reutlinger meint, dass durch die Pluralisierung der

Lebensformen und die Individualisierungstendenzen jede und jeder in einer Parallelwelt

neben den Mitmenschen lebt. Diese gesellschaftlichen Veränderungen können vor allem

gegenüber vermeintlich fremdkulturellen Bevölkerungsgruppen Unsicherheiten auslösen,

ohne dass sich die Gesellschaft darüber bewusst ist, dass sie selber einen grossen Teil zur

Ballung ethnischer Gruppen beiträgt. (vgl. Reutlinger, 2017, S. 209-210)

Beim Begriff Parallelgesellschaft stellt sich für mich die Frage, welche Gruppe parallel zu

welcher Gruppe lebt. Aus der Sichtweise von Menschen in ethnisch segregierten Quartieren

kann sehr wohl auch die Mehrheitsgesellschaft eine Parallelgesellschaft darstellen. Wenn ich

Quartiere mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund mit der

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Seite 47

wissenschaftlichen Definition von Parallelgesellschaft vergleiche, kann ich nur wenige

Gemeinsamkeiten erkennen. Wie bereits mehrfach erwähnt, bildet die ethnische

Quartierbevölkerung keine homogene Gruppe. Auch die Vorstellung, dass sich ethnische

Quartiere bewusst von der Aussenwelt absondern, konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt

werden. Es wurde aufgezeigt, dass der Wohnortsentscheid von Quartieranwohnenden durch

verschiedene Restriktionen geprägt ist und nicht unbedingt aus freier Wahl erfolgt. Die

Etablierung von ethnischer Infrastruktur und Ökonomie kann meiner Meinung nach als

Chance für Menschen in ethnisch segregierten Quartieren sowie für die Gesamtgesellschaft

verstanden werden und strahlt für mich keinen bedrohlichen Charakter aus. Organisieren

sich ethnische Bevölkerungsgruppen unter sich, kann dies sowohl den Sozialstaat wie auch

den Arbeitsmarkt entlasten und gleichzeitig ökonomischen Aufschwung für das Quartier

bedeuten.

Um festlegen zu können ob ethnische Segregation ein soziales Problem darstellt, ist die

Vorstellung von was als „normal“ erachtet wird zentral. Dies soll aufzeigen, dass soziale

Phänomene je nach Argumentation und Normalitätsverständnis anders bewertet werden

können. Ausserdem müssen soziale Probleme nach Grönemeyer von

gesamtgesellschaftlicher Bedeutung sein. Ohne dass ich den Anspruch habe, eindeutig

feststellen zu können was ein soziales Problem ist, vertrete ich als professionelle

Sozialarbeiterin die Haltung, dass ethnische Segregation nicht als soziales Problem gelten

muss. Nachfolgend sollen verschieden Punkte meine Positionierung begründen.

Aufgrund der in der Schweiz und in Deutschland regionalbegrenzten öffentlichen

Thematisierung, stellt für mich ethnische Segregation kein gesellschaftliches Problem dar,

sondern vielmehr ein lokales und individuelles Problem. Zudem schätze ich die Probleme

und das damit verbundene Leiden der Betroffenen und der Gesellschaft als ambivalent ein.

Entscheidend ist in dieser Hinsicht, von wem ethnisch segregierte Quartiere als problemhaft

empfunden werden. In der Arbeit wird ersichtlich, dass dieser Problemcharakter vielfach von

aussen auf das Quartier gestülpt wird. Ob die Quartieranwohnenden unter der räumlichen

Trennung leiden, konnte in der Arbeit nicht eindeutig beantwortet werden. An dieser Stelle

möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die Unterscheidung in freiwillige und

unfreiwillige Segregation von Bedeutung sein kann. Ausserdem muss meiner Meinung nach

jedes Quartier mit seinen Anwohnenden individuell betrachtet werden. Um nochmals Bezug

auf die beiden erläuterten Begriffe soziale Mischung und Parallelgesellschaft zu nehmen,

kann auch hier kein soziales Problem festgestellt werden. Aus meiner Sicht kann das

Konzept der Sozialen Mischung für die Soziale Arbeit nicht als Massstab für ein gelingendes

Quartierleben verwendet werden. Darüber hinaus sehe ich die vermeintliche Gefahr vor

Parallelgesellschaften als unbegründet und daher als irrelevant für die Soziale Arbeit.

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Gemäss Grönemeyer legitimiert sich Soziale Arbeit über soziale Probleme. Da ich die

Meinung vertrete, dass ethnische Segregation kein soziales Problem darstellen muss, sehe

ich keinen zwingenden Handlungsbedarf von Sozialer Arbeit für ethnisch segregierte

Quartiere. Trotzdem habe ich soziale Ungleichheiten in Bezug auf Menschen mit

Migrationshintergrund erkennen können, die die Soziale Arbeit ernst nehmen muss. Der

nächste Abschnitt wird die Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund

genauer ausführen.

Obwohl ich mich als Professionelle Sozialarbeiterin an den Ressourcen orientieren möchte,

gilt es ganz klar auch die benachteiligenden Faktoren ins Auge zu fassen. Die Arbeit zeigt

diesbezüglich auf, dass Menschen mit Migrationshintergrund Benachteiligungen erfahren,

die sowohl mit der eher knappen oder unpassenden Ressourcenausstattung und dem

Migrationsstatus zusammenhängen können, sowie auch mit dem Wohnort und der

räumlichen Konzentration. Ob Segregation wirklich eine benachteiligende Wirkung hat, oder

ob die soziale Ungleichheit in erster Linie mit dem eher tiefen Sozialstatus zusammenhängt,

kann nicht abschliessend geklärt werden. In Kapitel 2.5. wurden Nachbarschaftseffekte

genannt, die mit ethnischer Segregation einhergehen können. Es bleibt jedoch unklar, ob in

der heutigen pluralistischen Gesellschaft die Nachbarschaft eine Wirkung auf die

Anwohnerschaft ausstrahlen kann. Bezugnehmend auf die Herausforderungen von

ethnischer Segregation (s. Kap. 3.2.), fällt vor allem auf, dass Menschen in segregierten

Quartieren Gefahr laufen, exkludiert zu werden. Aussschliessungsprozesse können

existenzielle Auswirkungen auf Betroffene haben, in dem Teilhabechancen in verschiedenen

Bereichen eingeschränkt werden können. Hierfür wird für mich ganz klar ein

Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit ersichtlich. Jedoch können Exklusionsprozesse nicht

eindeutig mit Segregation in Verbindung gebracht werden. Auch das Merkmal Ethnie kann

zu Ausschliessung führen.

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass die Herausforderungen für Menschen mit

Migrationshintergrund an verschiedene Faktoren gekoppelt sein können. Auch wenn ich

persönlich der Meinung bin, dass ethnische Segregation nicht als soziales Problem gelten

muss, sehe ich in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund trotzdem Handlungsbedarf

für die Soziale Arbeit. Gemäss dem Berufskodex von AvenirSocial (2010) setzen sich

Professionelle der Sozialen Arbeit für die Ablehnung von Diskriminierungen und für eine

gerechte Verteilung von Ressourcen ein. Ausserdem verpflichtet sich die professionelle

Soziale Arbeitet nach dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit die Gleichwertigkeit von allen

ethnischen Bevölkerungsgruppen anzuerkennen. (S. 9-10) Diese Grundwerte der Sozialen

Arbeit zeigen auf, dass die Benachteiligung von Menschen, wie unter anderem von

Menschen mit Migrationshintergrund, Handlungsanlässe für die Soziale Arbeit ergeben. Die

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Soziale Arbeit muss sich darüber bewusst werden, wo sie in der Arbeit mit Menschen mit

Migrationshintergrund ansetzt.

Ich erachte es vorerst als zentrale Voraussetzung für die professionelle Soziale Arbeit, von

der Makroebene in die Meso- und Mikroebene einzutauchen. Es kann nicht generell davon

ausgegangen werden, dass alle Menschen mit Migrationshintergrund in ihren

Teilhabechancen eingeschränkt werden. Aus diesem Grund lohnt sich der Blick auf

ethnische Bevölkerungsgruppe und einzelne Personen mit Migrationshintergrund. Dies gilt

auch in Bezug auf ethnisch segregierte Quartiere. Die Soziale Arbeit kann erst durch das

Kennenlernen des Quartiers und der anwohnenden Bevölkerung allfällige Problemlagen

ersichtlich machen. Hierfür eignet sich das Handlungsfeld der GWA, das nach Schönig als

Sonderfall sozialarbeiterischer Handlungsfelder verstanden werden kann. Schönig meint,

dass sich GWA primär am Sozialraum orientiert, ohne dass die Betroffenheit von sozialen

Problemen unter den Anwohnenden im Vorfeld festgestellt werden musste. (vgl. Schönig, S.

31) Somit wird für mich ersichtlich, dass der Problemcharakter von Quartieren und deren

Anwohnenden für GWA nicht unbedingt die Legitimationsgrundlage darstellt. GWA versucht

als sozialkulturelles Interventionskonzept Probleme zu erkennen und die Ohnmacht der

Betroffenen zu überwinden (vgl. Schönig, S. 31). Das Grundlagenpapier der vbg und des

Jugendamts der Stadt Bern (2015) zu GWA erklärt, dass die Legitimation von GWA immer

Produkt von Aushandlungsprozessen mit der Politik und der Verwaltung ist. Da der Auftrag

von GWA in der Schweiz nicht gesetzlich verankert ist, hängt die Legitimierung stark damit

zusammen, in welchem Bereich die lokale Politik Gelder ausspricht. (vbg & Jugendamt der

Stadt Bern, 2015) GWA geht in das Quartier hinein, ohne dass sie die Haltung vertritt, dass

dort Probleme zu bearbeiten sind und Veränderungen vorgenommen werden müssen. Die

Problemdefinition bleibt bei den Anwohnenden und ihre Veränderungsbereitschaft bildet die

Grundlage für die gemeinsame Bearbeitung ihrer Anliegen. Lassen es finanzielle sowie auch

strukturelle Bedingungen zu, dass GWA in einem von ethnischer Segregation betroffenem

Quartier aktiv werden kann, sehe ich das als Möglichkeit für die Soziale Arbeit im Sinne der

sozialen Gerechtigkeit Benachteiligungen im Quartier aufzudecken und diese in

verschiedener Art und Weise anzugehen. Hierzu sollte sich Soziale Arbeit über ihre Haltung

bewusst werden. Da aufgezeigt werden konnte, dass Menschen mit Migrationshintergrund

oftmals Einschränkungen der Lebenschancen bewältigen müssen und in der Politik weniger

Anklang erfahren, würde ich als Professionelle eher ein parteiliches Rollenverständnis

vertreten. GWA kann hierfür wichtige Partizipationsmöglichkeiten eröffnen, indem politische

Mitsprache für Menschen mit Migrationshintergrund gefördert wird.

Neben GWA sehe ich für die Soziale Arbeit weitere Handlungsoptionen in Bezug auf

ethnische Segregation. Barloschky und Schreier (2016) skandalisieren die Tatsache, dass

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Wohnen zum einen ein fundamentales Menschenrecht darstellt, zum anderen aber von der

Marktlogik gesteuert wird und der Wohnraum als Ware der kapitalistischen Ökonomie

unterliegt. Barloschky und Schreier (2016) beobachten eine Verletzung der Menschenrechte,

da menschenwürdiges Wohnen in der Schweiz und in Deutschland nicht für alle möglich ist.

Viele Menschen leben notgedrungen in zu kleinen und sanierungsbedürftigen Wohnungen.

Nicht alle Menschen haben die Möglichkeit, eine für sie passende und bezahlbare Wohnung

beziehen zu dürfen. (vgl. Barloschky & Schreier, 2016, S. 89-96) In dieser Arbeit wurde

bereits auf Diskriminierungspraktiken der Wohnungspolitik gegenüber Menschen mit

Migrationshintergrund aufmerksam gemacht. Ausserdem konnte aufgezeigt werden, dass

auch die ökonomischen Restriktionen bei der Wohnungssuche eine grosse Herausforderung

für ethnische Bevölkerungsgruppen darstellen können. Vielfach bleibt ethnischen

Bevölkerungsgruppen nichts anderes übrig, als in eher schlechter gestellte Quartiere zu

ziehen. Die Ungleichverteilung von Ressourcen auf verschiedene Stadtteile, kann

dementsprechend Nachteile für Menschen mit Migrationshintergrund mit sich bringen.

Die beiden Autoren Barloschky und Schreier (2016) fordern die Soziale Arbeit auf, Soziale

Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt nicht weiter zu dulden.

Dabei sehen sie das Bekämpfen der Symptome als unzureichend. GWA als

Symptombekämpferin kann wichtige Arbeit leisten um Beteiligungsstrukturen zu schaffen,

jedoch muss das Problem vor der Entstehung angegangen werden. Gemäss Barloschky und

Schreier (2016) soll sich Soziale Arbeit pro-aktiv in das Geschehen der Wohnungs- und

Stadtpolitik einmischen. Sie empfehlen Professionellen der Sozialen Arbeit, Bündnisse mit

anderen sozialen Stellen einzugehen und auch interdisziplinäre Zusammenarbeit

anzustreben. Die Stadt- und Wohnungspolitik sollen durch organisierte Interessen-

Koalitionen und Mitbestimmungsstrukturen mehr auf die Bedürfnisse der Menschen

eingehen und sich vom freien Markt entziehen. (vgl. Barloschky & Schreier, 2016, S. 96-104)

Die Projektsteuerung des Programms Projets Urbains (2011) schlägt ausserdem vor, dass

sich die kommunale Politik für gemeinnützige Wohnungen stark machen soll, so dass auch

Menschen mit knappen finanziellen Ressourcen bessere Chancen auf eine

menschenwürdige Wohnung haben und nicht zwangsläufig in segregierte Quartier ziehen

müssen. Barloschky und Schreier (2016) raten Sozialer Arbeit an, im stadtpolitischen Diskurs

in die Auseinandersetzung einzutreten und auch die bislang als unbedeutend erachteten

Meinungen einzubringen. Nach Barloschky und Schreier (2016) hängt die Wohnungspolitik

stark mit Macht- und Herrschaftsverhältnissen zusammen, die ein konfliktfreies Einmischen

von Sozialer Arbeit praktisch unmöglich machen. (vgl. Barloschky & Schreier, 2016, S. 96-

104)

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Abschliessend möchte ich nochmals festhalten, dass ich in der Auseinandersetzung mit dem

Thema grundsätzlich keinen zwingenden Handlungsbedarf von Sozialer Arbeit bei ethnischer

Segregation habe feststellen können, was die Möglichkeit zu handeln jedoch nicht

ausschliessen soll. Vor allem in Bezug auf die bereits aufgezeigten sozialen

Ungerechtigkeiten gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund können Handlungsbedarf

für Professionelle der Sozialen Arbeit abgeleitet werden. Zu diesem Entschluss bin ich

gekommen, da ich ethnische Segregation nicht als soziales Problem definieren würde, wobei

soziale Probleme die Handlungsanlässe von Sozialer Arbeit darstellen. Trotzdem habe ich

aber Benachteiligungen von Menschen in ethnisch segregierten Quartieren feststellen

können. In meinen Augen stellen sowohl das Handlungsfeld GWA als auch das politische

Mandat im wohnungspolitischen Diskurs wichtige Handlungsmöglichkeiten für die Soziale

Arbeit dar.

   

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Schlusswort Diese Arbeit hat aufgezeigt, dass das vermeintlich Problematische an ethnischer

Segregation in der Schweiz und in Deutschland in Frage gestellt werden soll. Segregierte

Quartiere sind trotz oder eben genau wegen dem hohen Anteil an Bevölkerung mit

Migrationshintergrund sehr vielfältige und multikulturelle Wohnorte, die sowohl Chancen als

auch Herausforderungen bieten. Für die Anwohnenden von ethnisch segregierten Quartieren

können die lokalen Unterstützungsstrukturen wichtige Ressourcen darstellen. Dennoch

können die Quartieranwohnenden auch Schwierigkeiten begegnen. Benachteiligende Effekte

können einerseits durch die soziale Lage und andererseits durch Segregation ausgelöst

werden, wie auch durch Einflüsse beider Faktoren. Infolgedessen gilt es stets zu

hinterfragen, ob individuelle Problemlagen zwangsläufig mit der Konzentration von

ethnischen Bevölkerungsgruppen zusammenhängen müssen. Auch der Einfluss von

ethnischer Segregation auf die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund kann

zwiespältig betrachtet werden. Diese Arbeit hat jedoch zeigen können, dass der Vorwurf,

ethnische Segregation zeige vor allem integrationshemmende Wirkungen, abgelehnt werden

kann. Die komplexen Ursachen für die Entstehung von ethnischer Segregation hat, vor allem

in Bezug auf unfreiwillige Segregation, die Wirkmächtigkeit der ökonomisch orientierten

Wohnungspolitik aufgezeigt. Um bezahlbaren und menschenwürdigen Wohnraum für alle

zugänglich zu machen, wird die Soziale Arbeit und insbesondere die GWA aufgefordert, ihr

politisches Mandat wahrzunehmen und sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. GWA

kann sowohl politische Prozesse anregen, wie auch soziale Netzwerke fördern um die

bereits vorhanden Ressourcen im Quartier zu stärken. Ob im Allgemeinen Handlungsbedarf

in Quartieren mit hohem Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund für die Soziale

Arbeit besteht, kann nicht abschliessend beantwortet werden. Die ethnische Segregation an

sich, muss kein Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit darstellen. Jedoch bilden die

Benachteiligungen von Menschen mit Migrationshintergrund Handlungsanlässe für

professionelle Soziale Arbeit. Spannend wäre die Frage, welche weiteren

Handlungsmöglichkeiten die Soziale Arbeit bieten kann, um gegen die sozialen

Ungleichheiten gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund vorzugehen.

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Abbildungsverzeichnis  Abbildung 1: Rorschach – Projet urbain «Stadt Rorschach» (Quelle: gefunden am 8. März 2019 unter

https://www.are.admin.ch/are/de/home/staedte-und-agglomerationen/programme-und-projekte/programm-projets-urbains/liste-der-projekte/rorschach---projet-urbain--stadt-rorschach-.html)

Abbildung 2: Determinanten der Wohnortentscheidung (Quelle: Häussermann & Siebel, 2004, S. 154) Abbildung 3: St. Galler Modell

(Quelle: gefunden am 27. Februar 2019 unter https://15.sozialinfo.ch/jubilaeumsserie/das-soziale-verhandeln/)

   

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 Ich erkläre hiermit: dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Benützung anderer als der angegebenen Hilfsmittel verfasst habe.

________________________ St. Gallen, 20. März 2019

Unterschrift

 Veröffentlichung Bachelorarbeit Ich bin damit einverstanden, dass meine Bachelor Thesis bei einer Bewertung mit der Note 5.5 oder höher, der Bibliothek für die Aufnahme ins Ausleiharchiv und für die Wissensplattform Ephesos zur Verfügung gestellt wird. □ ja

□ nein

________________________ St. Gallen, 20. März 2019

Unterschrift