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Barbara Frale Die Geschichte der Templer unter Einbeziehung neuer Entdeckungen
[Druck in EADEM (=Dieselbe), Das Papsttum und der Prozess gegen die Templer. Die unveröffentlichte
Absolution von Chinon im Lichte der päpstlichen Diplomatik, Rom 2003, S. 9-48 © der Autorin – Ausgegeben
im Digitalformat von „Reti Medievali“ (= Mittelalterliche Netze)]
Übersetzt von Susanne Hannes © 2008
Dentro la leggenda – Im Innern der Legende
Die Geschichte um die Templer stellt eines der traurigsten und finstersten Kapitel in
der Geschichte des mittelalterlichen Okzidents dar: als religiös-militärischer Orden zur
Verteidigung der Terrasanta (=Heiliges Land) gegründet wurde der Tempel (=Templerorden)
eine der mächtigsten und einflussreichsten Institutionen der gesamten Christenheit. Zu Beginn
des 14. Jahrhunderts wurde ihm der Prozess gemacht und er wurde dann 1312 auf Grund der
schweren Anschuldigungen, die auf seinen Mitgliedern lasteten aufgelöst. Der letzte
Großmeister Jacques de Molay wählte, zusammen mit einem der höchsten Würdenträger, den
Tod um seine Unschuld und die seiner Mitbrüder hinsichtlich der ihnen angelasteten
Vergehen zu beweisen: Häresie, Beitritt zu einem antichristlichen Glauben, sittliche
Verderbtheit, Götzendienst1.
Verurteilt zum Scheiterhaufen, weil er bis zum Ende die Ehre des Tempels verteidigen
wollte, beabsichtigte Molay kurz vor seinem Tod Clemens V. und Philipp den Schönen vor
ein Gottesgericht einzuberufen, um sie Rechenschaft über ihre Verantwortlichkeit ablegen zu
lassen. Beide starben vor Ablauf des Jahres: diese Erzählung, überliefert durch eine
zeitgenössische, von einem mutmaßlichen Augenzeugen der Hinrichtung2 geschriebene
Chronik, erzeugte bald Legenden, die großen Anklang fanden, sich über die Zeiten hinweg
erhielten, und die Phantasie der Urheber der sieben Verliese und der Novellisten der
romantischen Epoche inspirierten.
Es war die Renaissance mit ihrer großen Leidenschaft für Magie und Okkultismus die
die alten Prozessakten entstaubte und über jene von der Inquisition ausgemerzten
Konfessionen fantasierte, wo man von seltsamen Geheimriten las, die jedoch niemals die
Menschen des beginnenden Trecento (=1300-1399) verzauberten, die die Geschehnisse
wirklich erlebten: Dies ist der Fall bei Dante Alighieri, der im 22. Gesang der Purgatoriums
(=Teil der Göttlichen Komödie) von Ugo Capeto die Verdammung über seinen Erben Philip
IV. für die Zerstörung des Tempels zu Zwecken der Gewinnsucht aussprechen lässt oder bei
Boccaccio, dessen Vater sich in Paris befand um Handel zu treiben und der der Verbrennung
des letzten Großmeisters auf dem Scheiterhaufen beiwohnte3.
Historische Studien haben ergeben, dass diese mutmaßlichen esoterischen
Verstrickungen der romantischen Träumerei angehören; nichtsdestotrotz ist es eine Strömung,
die ihre Bedeutung hat und eine wichtige Seite in der Geschichte der europäischen Kultur
darstellt. Vor allem wegen des Interesses, das die tragischen Geschehnisse um die Templer
noch heute hervorrufen können - fast 700 Jahren nach ihrem Ende4.
Die wichtigste Ursache für den Angriff auf den Tempel, fundiert nachzuweisen durch
den Kapitalbedarf Frankreichs von Philipp dem Schönen, war auch für die Gesellschaft der
Zeit offensichtlich; aber es gibt zahlreiche Aspekte des langen Prozesses, der technisch gut 7
Jahre dauerte, die noch der Klärung bedürfen.
L´assoluzione – Die Absolution
Im September 2001 wurde im Inneren der Engelsburg des Archivio Segreto Vaticano
=(geheimen vatikanischen Archivs) ein Originaldokument wieder entdeckt, das die
wissenschaftliche Gemeinschaft seit langer Zeit verloren glaubte: es handelt sich um ein
Pergament, das die durch die Autorität von Papst Klemens V. erteilte Absolution für Jacques
de Molay und die höchsten Würdenträger des Tempels enthält, die vom König von Frankreich
2
in den Verliesen seiner Festung von Chinon gefangen gehalten wurden. Das Dokument stellt
einen wesentlichen Bestandteil der päpstlichen Ermittlung dar, die in Poitiers im Sommer
1308 stattfand, die eine eigens eingeführte Art von spezieller Prüfung an einem separaten Ort
für Fälle von höherer Gewalt beinhaltete5; in dieser Veröffentlichung wurde es zum ersten
Mal publiziert und in das Innere des Kontextes eingefügt dem es angehört.
Dass Klemens V. die Exkommunikation der führenden Köpfe der Templer aufheben
hätte lassen, war durch indirekte Quellen bekannt, gegenüber denen die Historiker jedoch
immer ein lobenswertes Misstrauen hegten: das Fehlen des Originals, zusammen mit den
folgenden Geschehnissen der Ordensauflösung und der Hinrichtung des letzten Großmeisters
auf dem Scheiterhaufen ließen natürlich berechtigte Zweifel im Raum, dass ein derartiges
Dokument jemals existiert hatte6.
Sofort nach der Identifizierung wurden vier Gelehrte von internationalem Ruf,
Spezialisten der Geschichte des Tempels konsultiert die eine sichere Bestätigung, aber auch
die Überprüfung der sich stellenden Fragen liefern sollten: Malcom Barber Dozent in
Cambridge und später in Reading, Alain Demurger von der Sorbonne, Franco Cardini von der
Universität in Florenz und Francesco Tommasi von der Hochschule in Perugia; von ihnen
kam die Bestätigung, dass das Dokument zumindest zum jetzigen Stand der Bibliographie
bislang unveröffentlicht blieb7. Nach der diplomatischen, paläographischen und
kodikologischen (=Kodex-/Handschriftenkunde) Analyse stellte sich das Pergament von
Chinon als hinsichtlich jedes Aspektes authentisch heraus und lässt keinen Raum für Zweifel.
Zwei gravierende Gründe für Betroffenheit ergeben sich für den Historiker bezüglich
der indirekten Bekanntwerdung der Absolution des Papstes für die Führungsriege des
Tempels: an erster Stelle scheint es unwahrscheinlich, dass gerade diese Urkunde verloren
gegangen sein soll, vielleicht die bedeutendste des gesamten Verlaufs und die jedenfalls eine
eindeutige Entscheidung des Papstes darstellte, zumal die Kurie noch heute große Teile der
während des Prozesses entstandenen Dokumente aufbewahrt; an zweiter Stelle, wenn dieses
Dokument wirklich existiert hat wie konnte es verheimlicht werden und vollkommen ohne
Auswirkungen bleiben?
Zwei Jahre nach der Auffindung ist es möglich gewesen, nur eine unter den offenen
Fragen zu beantworten die die komplexen Geschehnisse erklären, die im Zentrum einer
äußerst verwickelten internationalen Affäre angesiedelt sind wo sich Politik und Religion,
Geld und Spiritualität vermischen. Dem Historiker stehen zur Wahrheitsfindung heute
lediglich einige wenige vergilbte und abgenutzte Stücke Papier zur Verfügung. Außerdem
muss er eine andere, nicht weniger entmutigende Realität mit einbeziehen: wenn
nachgewiesen ist, dass die entourage von Philipp dem Schönen Urkunden zu politischen
Zwecken fälschte, war Klemens V. ein erfahrener Anwalt und gewiefter Diplomat und sehr
wohl fähig die Prinzipien des kanonischen Rechtes äußerst frei zu interpretieren und sie
überdies zu willfährigen Instrumenten seiner Strategien zu machen wenn nötig8.
Der Schlüssel zum Verständnis, warum das Pergament so lange Zeit versteckt
geblieben ist, liegt in der Aktivität der Gelehrten im Innern des Archivio Segreto seit seiner
Eröffnung auf Wunsch von Papst Leo XIII. (1878-1903)9 begründet.
Das Adjektiv „segreto“ (=geheim) ist heute nur eine unangemessene Adaption des
alten secretum, das auf den Papst beschränkt bedeutet und das päpstliche Archiv war niemals
wirklich unzugänglich wie die vielen überlieferten Zutrittsscheine seit dem Cinquecento
(=1500-1599) belegen; aber die Gelehrten mussten schon immer ein extrem schwieriges
Hindernis überwinden die sich aus der unermesslichen Quantität der schriftlichen Unterlagen
ergibt, die oft wirklich derart angelegt ist, dass es die Forschung verhindert. Denn es wären
Jahre der Sichtung nötig, nur um die Papiere zu finden die das betreffende Interessengebiet
beinhalten: die Sala Indici (=Registerraum) ist heute so groß wie eine komfortable Wohnung,
und die Bestandslisten, wo jede Blattsammlung oder jedes Register mit Millionen von
3
historischen Meldungen nur als ein Name oder eine Datumsangabe erscheint, belaufen sich
auf Tausende von Bänden.
So steht die Masse an Dokumenten, die einen externen Beobachter an unglaubliche
Verwaltungsschwierigkeiten denken lässt, in Kontrast zu den Anstrengungen um eine
öffentliche Zugänglichmachung, die die vielen Nachfolger in Punkto Archivio seit den Zeiten
von Leo XIII. unternahmen: noch heute ist es trotz zügiger elektronischer Datenerfassung und
systematischen Programmen der elektronischen Datensuche mit Hilfe wertvollster Bestände
oft unmöglich ein spezielles Dokument in einem akzeptablen Zeitraum zu finden wenn man
die genaue Kennung eines Bestandes nach Jahren geduldiger Forschung nicht hat10
. Das sind
die Gründe die das Pergament von Chinon für die großen Gelehrten der Vergangenheit
unauffindbar gemacht haben und es noch heute tun, in vielen unerfahreneren Händen.
Fra gli scaffali della storia d´Europa – Zwischen den Regalen der Geschichte Europas
Gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiteten zwei
hervorragende Professoren der deutschen Sprache, Konrad Schottmüller und Heinrich Finke,
an einer Studie und der Herausgabe der im Vatikan aufbewahrten Quellen für die
Templerprozesse; Ersterer veröffentlichte die Untersuchungsakten von Cipro, von Brindisi,
des englischsprachigen Raumes und der in der Römischen Kurie in Poitiers11
durchgeführten
Ermittlungen; Letzterer kümmerte sich um eine Ausgabe anderer Fragmente, d.h. einen Teil
der im registro avignonese (=von Avignon) 48 zusammengetragenen Faszikel und jene einer
an einem unbekannten Ort durchgeführten Ermittlung, die im registro avignonese 30512
aufbewahrt werden; keiner von ihnen beschäftigte sich mit dem schönen Pergament, das in
Chinon verfasst wurde. Einige Jahre später nahmen Paul Viollet und Georges Lizérand die
Analyse der überlieferten Geständnisse von Jacques de Molay in Angriff und kamen zu dem
Schluss, dass kein Originalbericht des einzigen Erscheinens des Großmeisters vor der
päpstlichen Autorität die Zeiten überdauert hatte; es ist jetzt zwanzig Jahre her, dass Gilmour
Bryson die Publikationsarbeit abschloss und die Membran-Papierrolle mit der Anhörung
hinzufügte, die im Patrimonio di San Pietro in Etrurien und in den Abruzzen aufbewahrt wird;
aber alle ihre Werke berücksichtigten nicht das fragliche Dokument13
.
Die Historiker, die sich nach Schottmüller und Finke dem Prozess widmeten, gingen
von diesen beiden eindrucksvollen Ausgaben aus und setzten – vollkommen verständlich – als
gesichert voraus, dass sie einer systematischen Recherche entstammten und ihnen keine
Quelle des Prozesses entgangen war: daher stammt der Fehler der Studientradition für den
gesamten Verlauf des Novecento (=1900-1999). Eine grundlegende Fährte für die Lösung des
Rätsels findet sich in der überaus reichhaltigen Retrospektiv-Studie über die
bibliographischen und archivarischen Quellen, die Francesco Tommasi14
durchführte, der sich
in den letzten Jahren mit demselben Problem des Studiums eines Originaldokuments des
Prozesses konfrontiert sah das lange Zeit unveröffentlicht blieb: unter Zuhilfenahme seiner
ausgezeichneten Methodologie und die Studientradition zurückverfolgend ist es möglich, auf
die Gründe zu stoßen, die das wertvolle Zeugnis wahrscheinlich in einen vergessenen Fundus
des päpstlichen Archivs verbannten.
Die Annahme, dass Schottmüller und Finke eine erschöpfende Nachforschung der
Templerdokumente im Archivio Vaticano durchgeführt hatten, war sozusagen zwingend,
betrachtet man die vielen wissenschaftlichen Verdienste der beiden Akademiker, aber sie ließ
einen wichtigen Tatbestand außer acht: vielleicht weil er vor der Öffnung für das Publikum
mit der Arbeit begann, fügte Schottmüller keine präzise Archivsignatur der verschiedenen
Teile bei und machte es so sehr schwierig, sie unter den hunderten und tausenden von
mittelalterlichen Dokumenten zu identifizieren. Wahrscheinlich hat aus diesem Grund eine
unbekannte Hand zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Bleistift die exakte Signatur der
verschiedenen Akten auf eine Kopie seiner Publikation ergänzt, die in der Biblioteca
Apostolica Vaticana aufbewahrt wird: es wäre nicht allzu überraschend, wenn man
4
herausfinden würde, dass dieser anonyme Signierer genau jener Heinrich Finke war,
konfrontiert mit dem dringenden Problem herauszufinden, wie viel bereits von seinem
Vorgänger herausgegeben und studiert worden war.
Natürlich brachte die unheimliche Masse der Prozessakten, die beim Archivio
gefunden wurden den einen oder anderen dazu, eine Auswahl zu treffen. Jedoch ist diese
Erklärung ist zu simpel und erklärt nicht, warum sie ausgerechnet das bedeutendste
Dokument der päpstlichen Untersuchung vollkommen übergangen hätten; eine Retrospektiv-
Forschung erlaubt den Schluss auf die glaubwürdigste Antwort, nämlich dass als Ursprung
ihres Versehens eine Verkettung von Umständen zu sehen ist.
Beide Gelehrte arbeiteten mit einer handgeschriebenen Inventarliste aus dem Jahr
1628 von Giambattista Confalonieri, damals Aufseher des Archivio di Castel Sant´Angelo
(=Engelsburg), der die wichtigsten Prozessakten im Innern eines Schrankes mit dem
Buchstaben D15
einordnete; während der napoleonischen Deportation büßte der Fundus
jedoch viele Dokumente ein, weil die französischen Generäle, vor allem der Besetzer Roms,
Radet, eine regelrechte Begierde nach Papieren des Templerprozesses an den Tag legten: sie
verlangten die Öffnung genau jener Kisten, in die die Angestellten des päpstlichen Archivs
die Akten noch vor der Abfahrt des Konvois nach Paris16
verpackt hatten.
Nach der mühevollen Wiederkehr von Frankreich wurde die Dokumentation an ihren
Standort zurückgebracht, jedoch mit der bitteren Gewissheit, dass viele Stücke verloren
gegangen oder zerstört worden waren. Im Jahre 1909 veranlasste Kardinal Melampo eine
Erneuerung der Inventarliste des Fundus des Castel Sant´Angelo, entweder weil die alte
beschädigt und an gewissen Punkten unleserlich geworden war oder weil der bedeutende
Fortschritt durch die gelehrten Historiker in den letzten Jahrzehnten des Ottocento (=1800-
1899) verfeinertere und modernere Instrumente für die Erforschung des Archivs benötigte.
Es wurde eine lang andauernde und sorgfältig durchgeführte Unternehmung, die
darauf zielte den Fundus komplett neu zu ordnen, das Vorhandensein von Siegeln und
anderen wichtigen Elementen zu vermerken und unwiderherstellbare Dokumente zu
übertragen; außerdem wusste man, dass viele verloren geglaubte Akten in verschiedenen
Fundi gelandet waren. Deswegen machte man sich an eine etappenweise Säuberung, die es
erlaubte, wie der Schriftsteller Vincenzo Nardoni im Jahre 1913 mit Befriedigung notierte,
wenigstens hunderte von Stücken wieder zu finden. Leider musste man feststellen, dass eine
ganze Abteilung der Prozessakten gegen die Templer wirklich während der Verbringung nach
Paris17
verschwunden war.
Schottmüller veröffentlichte seine Ausgabe 1884 und Finke 1906; beide betrieben
daher ihre Forschungen im Archivio vor der Neuordnung durch Kardinal Melampo, d.h.
bevor der Fundus neu geordnet wurde und sich mit Gewissheit klärte, wie viele Dokumente
verschwunden waren als das päpstliche Archiv nach Paris gebracht wurde, und welche man
tatsächlich bei der Säuberung wieder zu finden hoffte; daher veröffentlichten die beiden
Gelehrten das Pergament von Chinon nicht, die bedeutendste Akte der päpstlichen
Untersuchung, wahrscheinlich weil sie in einer Zeitspanne arbeiteten, in der viele Prozessteile
als verschollen galten.
Es bleibt zu klären, warum die beiden Gelehrten nicht mit einer angemessenen
Diskussion die Kenntnis des Pergaments würdigten; auf diese Frage kann es nur eine
überzeugende Erklärung geben, nämlich dass die Präsenz des Pergaments nur sehr schwer
erkennbar war: natürlich hätten zwei Spürhunde mit den Fähigkeiten von Schottmüller und
Finke die Fundi des Archivs auf den Kopf gestellt, wenn sie nur gewusst hätten, dass sie es
irgendwo finden könnten. Die überzeugendste Demonstration liefert die Tatsache, dass
Gaetano Lamattina, noch in den letzten Jahren und ausgestattet mit der neuen, detaillierten
Bestandsliste, ein hervorragendes Repertoire aller päpstlichen Dokumente bezüglich des
Templerordens zusammenstellte, das aber das Pergament von Chinon außer acht ließ, das
kürzlich in der Anhangsliste eines anderen populären Buches von ihm rezensiert wurde, ohne
5
darin die besondere Bedeutung des Dokumentes zu erkennen oder es als genau die Akte zu
identifizieren, die viele vergebens gesucht haben18
.
Der Archivar Confalonieri hatte die Untersuchung in Chinon, die von drei
Kommissarkardinälen von Klemens V. durchgeführt wurde, als einen Vorgang auf dem
Gebiet der Diözese von Tours beschrieben; diese Nachricht ist in dem Sinne korrekt, als sich
das Schloss von Chinon genau in der Diözese von Tours befindet, da es sich überdies um ein
Gerichtsverfahren der Kirche handelte, war eine topographische Angabe basierend auf den
Diözesen viel bedeutender als auf einer einzelnen Festung.
Mit der Bulle Faciens misericordiam vom 12. August 130819
ordnete der Papst die
Eröffnung von Untersuchungen gegen die Templer in der ganzen Christenwelt an. Diese
Untersuchungen mussten von den Diözesanbischöfen geführt werden und erstreckten sich
dann über die vollen beiden Jahre 1309-1311: die Notiz von Confalonieri in diocesi Turonensi
zusammen mit der Tatsache, dass viele der geraubten Stücke genau Akten von
Diözesanuntersuchungen waren, muss die beiden Gelehrten verwirrt haben, die
wahrscheinlich nicht das überaus bedeutende päpstliche Verfahren erkannten oder sie hielten
es für eine der zahlreichen Provinz-Untersuchungen20
. Der Schriftsteller Nardoni bewegte
sich sehr geschickt durch die Lektüre der alten Dokumente, war aber kein Experte in der
Templergeschichte: in seinen Augen war die Untersuchung in Chinon nur eine unter den
zahlreichen Anhörungen im Templerprozess, ein Pergament unter den vielen Pergamenten
des Schrankes D, die sich auf die laufenden Verfahren in den verschiedenen Diözesen
Europas bezogen. Kein Wunder also, dass er sich darauf beschränkte, die von Confalonieri
benutzte Ausdrucksweise zu bewahren, die ihm im Übrigen nicht falsch erscheinen konnte, da
die auf dem Pergament erwähnte Örtlichkeit in castro de Caynona diocesis Turonensis war.
Der Verdienst der Entdeckung gebührt Bérenger Frédol, dessen Persönlichkeit und
Aktivitäten ich in den letzten Forschungen studierte. Als ich ihn unter den Inquirenten, die die
Untersuchung in diocesi Turonensi führten, bemerkte, wusste ich sofort, dass etwas nicht
stimmte: einer der besten Kanoniker seiner Zeit, Kardinal von höchstem Rang, auffallendes
Mitglied des Sacro Collegio, päpstlicher Legat für die heikelsten Missionen, und nicht zuletzt
Neffe des Papstes, konnte die Kurie verlassen haben, um eine der zahlreichen Provinz-
Untersuchungen zu leiten21
?
Tommasi besteht darauf, dass die undeutlichen Signaturen von damals (Instr. miscell.),
zusammen mit der Nachricht unermesslicher Verluste des päpstlichen Archivs während seiner
Wanderschaften, dazu dienen, die Gelehrten zu desorientieren und zu entmutigen; in der Tat
bezieht sich Schottmüller, der ja ein unermüdlicher Forscher war, auf nach der
napoleonischen Deportation22
nicht wieder auffindbare Stücke. Der Gelehrte aus Perugia fügt
hinzu, dass die Diaspora der Prozessakten gegen den Tempel sehr seltsam anmutet und er
scheint zu vermuten, das sie nicht einfach dem Zufall zu zuschreiben sei: eine komplette
Bestandsaufnahme, wie auch eine wenigstens virtuelle Wiederherstellung des ursprünglichen
Fundus, der im 14. Jahrhundert den Titel processus Templariorum trug, wäre wirklich
wünschenswert23
.
Das kürzlich identifizierte Dokument eröffnet viele historische Fragen, die nur auf
lange Sicht genau umrissen werden können und mittels einer möglichst groß angelegten
Studie des gesamten Prozessgeschehens mit allen seinen Erscheinungsformen: hinsichtlich
Politik, Ökonomie, internationaler Diplomatie; die Verbreitung der Entdeckung hat außerdem
starkes Interesse und viele Untersuchungen von Seiten der Gelehrten ausgelöst, die mit
gerechtfertigtem Nachdruck fordern, dass das Dokument schnellstmöglich der
wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt wird.
Die seit der Wiederauffindung vergangene Zeit ist zu kurz, um sich der Diskussion um
die Untersuchung von Chinon in erschöpfender Art und Weise stellen zu können, die sie
erfordern würde, und im Übrigen versteht man das Ereignis nur im Zusammenhang mit vielen
Faktoren außerhalb des Kontextes, zu dem es gehört: deshalb hat man beschlossen, an dieser
6
Stelle vor allem eine Ausgabe der Quelle zu liefern, zusammen mit einer allgemeinen
Präsentation der neuen Fragestellungen, und eine detailliertere Abhandlung aufgeschoben, die
nur nach einer sorgfältigen Analyse der vielen päpstlichen Bullen und der anderen Zeugnisse
möglich ist, die sich im glühenden Sommer von 1308 aneinanderreihten. Das Pergament von
Chinon ist daher ein Angebot an die Aufmerksamkeit der Historiker, denn die allgemeine
Reflexion und die Beiträge der verschiedenen Spezialisten könnten uns zu einem klareren und
zuverlässigeren Bild der Fakten führen.
Servi del Santo Sepolcro – Diener des Heiligen Grabes
Der Orden der Templer wurde auf Initiative von Hugo von
Payns24
gegründet, eines aus der Champagne stammenden französischen Ritters, der
vielleicht am ersten Kreuzzug teilnahm; um das Jahr 1119 hatte er in Jerusalem einige
Gefährten in einer Bruderschaft militärischer Laien gesammelt, die entschlossen waren, das
eigene Leben und die für ihre soziale Gruppe spezifischen militärischen Fähigkeiten der
Verteidigung des Sepolcro (=Heiliges Grab) und der Terrasanta25
(=Heiliges Land) zu
widmen.
Die Initiative an sich war nicht revolutionär und fand schon im Okzident des 11.
Jahrhunderts einige wichtige Vorläufer: im Gebiet Südfrankreichs und vor allem auf der
iberischen Halbinsel, Zonen der steten reconquista gegen die islamische Okkupation, hatten
sich bewaffnete confraternitates organisiert, Zusammenschlüsse von Laienkriegern, die gegen
die Sarazenen kämpften und eine genau religiöse Pflicht erfüllten, ohne sich jedoch effektiv
dem Klosterleben zuzuwenden. Als zeitliche begrenzte Gemeinschaft und mit in gewissem
Sinne experimentellem Charakter waren sie mit wichtigen Kultzentren verbunden,
verteidigten dort die Güter gegen die islamischen Angriffe und beschützten die
Zugangsstraßen, die die Pilger benutzten: im Grunde gab es eine Art von Allianz mit den
einheimischen Kirchenverbänden, ein gegenseitiger Vorteil, begründet durch das Angebot der
Verteidigung im Austausch mit spirituellem Nutzen26
.
Die Initiative entstand als private Entscheidung für den Glauben und hatte vor allem
den Charakter der Buße, in Harmonie mit einer unter den militärischen Aristokraten
verbreiteten Tendenz zu Zeiten des ersten Kreuzzuges; kurz gesagt beschloss die Gruppe
gemäß den Quellen, eine genau bestimmte und festgelegte religiöse Pflicht auf sich zu
nehmen: im Sinne einer Bekehrung wurden sie von den Kanonikern des Santo Sepolcro
aufgenommen, wohnten bei ihnen und pflegten mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit die
selben Lebensgewohnheiten27
.
Die Entscheidung, sich an diese spezielle Institution zu wenden, leitete sich wohl von
der existierenden Affinität zwischen einem gewissen symbolischen Ansatz von Spiritualität
der Kanoniker und der eigentümlichen Mentalität der bekehrten Mitglieder der militärischen
élites ab. Kurz nach der römischen Eroberung hatte Goffredo di Buglione in Jerusalem vier
Gründungen regelkonformen Kanoniker28
vorgenommen, also von Klerikern, die gemäß den
Regeln des Heiligen Augustinus in Gemeinschaft lebten und sich mit der Seelsorge und dem
erhabenen Kult29
beschäftigten: darunter die Kanoniker des Santo Sepolcro, an die sich die
Bruderschaft der militärischen Konvertiten von Hugo von Payns zunächst wandte, und die
Kanoniker des Tempels, neben denen die Gruppe im Anschluss lebte, benannt nach ihrem
Sitz in der Felsenkirche des Templum Domini, die sich im Innern der alten Einfriedung von
Salomons Tempel (Haram ash Sharif) erhebt.
Im Jahre 1114 erhielten die Kanoniker des Tempels vom Patriarchen Arnolfo di
Chocques eine endgültige Regelung und von da an befolgten sie dieselbe liturgische Ordnung
wie die der Kanoniker des Santo Sepolcro30
.
Die Wurzel der augustinischen Spiritualität selbst, und speziell eine bestimmte Art der
Sichtweise des Lebens als Militärdienst auf der Welt zum Wohl der Mitmenschen, war
sicherlich ausschlaggebend dafür, dass die Kanoniker zustimmten, jene Laienritter bei sich
7
aufzunehmen, die sich Gott zuwenden und dennoch weiterhin in den Reihen der
kriegsführenden Aristokratie bleiben wollten.
Schon seit den ersten Jahrhunderten der Christenheit hatte sich eine Strömung von
Gedankengut gefestigt, der die Nachricht von Gewaltfreiheit in den Evangelien für absolut
hielt und obwohl Christus Nachsicht gegenüber den ihm begegneten Berufssoldaten an den
Tag legte, wie im Fall des Zenturios, tendierte die christliche Gemeinschaft in der Zeit vor
dem Toleranzedikt dazu, Waffenberufe mit Argwohn und Missbilligung. Im Umfeld des
entstehenden Mönchstums, beseelt vom Wunsch auf weltlichen Verzicht, hatte sich ein
Gegensatz zwischen der militia seaculi, d.h. ein von den Werten das Laientums geprägtes
Leben, und der militia Dei im Sinne eines inneren Kampfes gegen die Sünde mit den bloßen
Waffen der Buße und des Glaubens31
entwickelt.
Diese Einstellung fand eine weite Verbreitung während der ersten Jahrhunderte der
christlichen Ära; für die Konvertierten kam die militärische Karriere nicht in Frage, die
gemäß Laktanz in einer Katechumene ein tatsächliches Zeichen von Gottesverachtung
darstellte, und daran schlossen sich exemplarische Fälle von Heiligen an, die ihren Abschied
von den Waffen genommen hatten. Im Verlauf des 3. Jahrhunderts hatte sich das Christentum
in weiten Teilen des römischen Heeres verbreitet und die Aufmerksamkeit von großen Teilen
der Truppen erweckt; daraus entstand als Konsequenz die Notwendigkeit einer neuen
theologischen Reflexion, ob die Waffenberufe wirklich mit den Geboten der neuen Religion32
nicht vereinbar waren.
Die Angriffe gegen das Imperium von Seiten der barbarischen Völker mit den während der
Plünderungs- und Invasionsgeschehnisse erzeugten Massakern führten einige Kirchenväter
dazu, die Benutzung der Waffen als Akt der legitimen Verteidigung gegen einen
Übergriffsversuch zu sehen. Vor allem Augustinus von Hippo, der das Leiden der römischen
Bevölkerung Afrikas angesichts der Invasion der Vandalen selbst erfahren musste, hatte das
Problem in all seiner Dramatik erlebt und kam zu dem Schluss, dass Waffengewalt im strikten
Gebrauch zur Verteidigung einer notwendigen und gerechten Sache (bellum iustum) auch ein
vollwertiger Dienst im Zuge eines religiösen Plans sein kann: bedeutet es doch, das eigene
Überleben für den Kampf gegen die Todesgefahr und die Sicherung der Errettung anderer33
aufs Spiel zu setzen.
Der Kampf erreichte in der Vision des Augustinus den Charakter des unerlässlichen
Heilmittels für ein schreckliches Übel, nämlich die Unterdrückung Unschuldiger von Seiten
der Böswilligen, gegen die der Befreiungskrieg als Akt der Verteidigung Gestalt annahm; die
Legitimation für diese Art des Krieges entstand im Wesentlichen aus der Verherrlichung des
Friedens als höchstem Gut: Krieg und Frieden erschienen nicht mehr als unversöhnliche
Gegensätze, sondern als zwei notwendige Aspekte derselben Suche nach sozialer Ordnung
und Gerechtigkeit34
.
Un´idea di lotta come sacrificio e dono – Die Vorstellung vom Kampf als Opfer und Hingabe
Augustinus hatte sich nicht damit begnügt, ein milderes Verhalten gegenüber den
Berufssoldaten auszudrücken, indem er den in den Evangelien enthaltenen Spuren folgte, die
die Kämpfenden zu einer Ethik von Gerechtigkeit und einem ehrenvollen Dienst ermahnten;
der dramatische Tenor der Zeit und gerade die Vision der religiösen Pflicht als Kampf in der
Welt gegen das Böse zur Errettung des Nächsten brachten seine Predigt dahin, sich energisch
mit Kriegssymbolik zu durchziehen. Der Sinn für die gesicherte Verteidigung der Schwachen
gegen den Missbrauch durch gewalttätige Menschen war sehr stark und wurde als eine
religiöse Pflicht verstanden, eine notwendige pastorale Last:
Die Aufrührer ermahnen, die Kleinmütigen trösten, die Schwachen stützen, die
Widersprechenden entkräften, sich vor Intriganten hüten, die Unwissenden
unterweisen, die Trägen anspornen, die Streitsüchtigen beruhigen, die Anmaßenden
8
in ihre Schranken weisen, die Protestierenden beruhigen, den Armen zu Hilfe
kommen, die Unterdrückten befreien, die Guten ermutigen, die Bösen ertragen und
alle lieben35
.
Zwischen der von Augustinus gewünschten Lebensart, in der Ruhe der Kontemplation
im Frieden eines Klosters, und der für den Willen Gottes als zu akzeptierend gelebten, die
Last der pastoralen Aktivität, existierte ein krasser Gegensatz, der zum Wohl der anderen
überwunden werden musste. Die religiöse Berufung ist vor allem Dienst gegenüber der
Kirche, besonders angesichts ihrer schwächsten Mitglieder, die jeder Art von Übergriffen
ausgesetzt sind; darin zeigen sich das persönliche Opfer und Mühen als sequela Christi, das
Nacheifern Jesu in seinen Kämpfen gegen das Böse und seinen Verzichten:
Wir sind Diener der Kirche, und vor allem Diener ihrer schwächsten
Mitglieder…Wenn die Mutter Kirche eure Dienste verlangen wird, kommt dem nicht
aus bloßer Begierde nach Aufstieg nach, noch lehnt aus dem verführerischen
Wunsch des Nichtstuns heraus ab, sondern gehorcht Gott mit demütigem
Herzen…Stellt nicht die Ruhe eurer Kontemplation gegen die Bedürfnisse der
Kirche… Wenn der gute Hirte, der sein Leben für seine Schafe anbot, selbst so viele
Martyrien erleiden konnte von eben jenen Schafen, mit wie viel mehr Eifer müssen
dann jene, denen der Herr seine Herde zum hüten, das heißt zum formen und führen
anvertraute, für die Wahrheit kämpfen bis zum Tod und sogar bis zum Vergießen des
eigenen Blutes im Kampf gegen die Sünde36
.
Die Bezüge zur Kriegssymbolik haben sich großflächig in der kanonischen Tradition
entwickelt, die die eigene Mission als Verpflichtung in der Welt verstand und eine
Geisteshaltung besaß, die den Dienst an der christlichen Gemeinschaft auch als offensiven
Kampf angesichts des Bösen ansah. Einer der größten Vertreter der Spiritualität des 12.
Jahrhunderts, Geroch di Reichesberg, sagte, dass der Kleriker die Welt mit dem Kampf
besiegen muss wie der Mönch sie durch Flucht besiegt, und sein Bruder Arno, vermutlich
Autor der Schrift mit dem Titel Scutum canonicorum, bekräftigte dasselbe Konzept, indem er
diejenigen, die die Pflicht des Kampfes gegen das Böse in der Welt verweigerten, des
Egoismus bezichtigte:
Der Ordensstand hat sich in seine eigene Ruhe geflüchtet und sich in die Stille seines
Klosters eingeschlossen, oder noch schlimmer, hat die Bosheit akzeptiert, während
ich, der Stand der Kanoniker, bis zum Tod quer durch meine Kinder im privaten und
öffentlichen Bereich kämpfte37
.
Obwohl die Mentalität der Kanoniker wie auch ihre Theologie die Konzepte der
kriegerischen Pflicht auf eine rein symbolische Ebene bezogen, musste das Angebot jener
Soldaten, die entschlossen waren, sich beim Heiligen Grab für die Vergebung ihrer Sünden
aufzuopfern, wie eine Art von Verlagerung der kanonischen Profession in das Umfeld der
Laien erschienen sein: wenn die regelkonformen Kleriker ihren täglichen Kampf gegen die
Sünde mit den Waffen des Verzichts und des Pastoraldienstes bestritten, konnten die
Gefährten von Hugo von Payns, die Mitglieder der militärischen Aristokratie, ein ähnliches
Konzept der Christenpflicht in ebensolcher Weise durch den Gebrauch ihrer kriegerischen
Fähigkeiten für die materielle Verteidigung der Brüder leben. Die Situation des jüngsten
Königreichs von Jerusalem war äußerst bedenklich, verschiedene Nachrichten sprachen für
das Vorhandensein eines Risikos, da die Straßen schutzlos vor den islamischen Beutejägern
waren, die sich auf die Wanderer und Pilger stürzten, um sie zu berauben und zu ermorden;
9
Fulcherio di Chartres war der Meinung, dass die Bevölkerung in einem andauernden Zustand
von Unsicherheit lebte, immer mit einem wachsamen Auge für ein Zeichen bevorstehender
Gefahr38
.
1119 fand ein unheilvoller Zwischenfall statt, der wahrscheinlich eine entscheidende
Rolle bei der Gründung des Templerordens spielte: eine Gruppe von Pilgern auf dem Weg
zwischen Jerusalem und Jordan wurde komplett niedergemetzelt und das Massaker löste eine
derartige Bestürzung aus, das sein Echo auch die Chronisten des Okzidents39
erreichte. Ein
Jahr später, im Jahre 1120, fand in Nablus eine wichtige Versammlung mit herausragenden
Führungsgestalten des Klerus und des Adels des Königreichs von Jerusalem statt: die
Historiker sehen in jener Zusammenkunft die wahrscheinlichste Gelegenheit für die offizielle
Vertretung der Sache der soeben gebildeten militärischen Bruderschaft, und die Quellen
siedeln den Beginn der Templergruppe tatsächlich um jenes Jahr40
herum an.
Vielleicht sensibilisierte die Erschütterung in der Folge des Desasters die Laienbrüder
beim Heiligen Grab und brachte sie dazu, den Geist der augustinischen Theologie zu
interpretieren, den sie auf jeden Fall dank der Predigt und der Pastoralseelsorge der Kanoniker
aufgenommen hatten, auf eine speziellere und konkretere Art des Beistands für die
Notwendigkeit des Überlebens der christlichen Bevölkerung: die Gruppe übernahm die drei
Klostergelübde des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit vor dem Patriarchen von
Jerusalem, und dieser vertraute ihnen die explizite Mission an, zur Verteidigung der Pilger,
die sich auf dem Weg zum Heiligen Grab41
befanden, gegen den islamischen Feind zu
kämpfen.
L´ardito progetto della milizia religiosa – Das kühne Vorhaben der religiösen Truppen
Die Initiative von Hugo von Payns hatte im Wesentlichen Büßercharakter, war der
vollständigste Ausdruck für die Ideale, die den Kreuzzug unterstützt hatten, und entstand als
religiöse Entscheidung von privatem Charakter durch die Aufnahme und Unterstützung des
Instituts der Kanoniker; aber dank ihres einzigartigen Charakters, besonders nach der
Übernahme der Kriegsmission der bewaffneten Verteidigung der von den Pilgern benutzten
Routen, erwies sie sich auch unter dem Blickwinkel anderer Zwecke als wertvoll.
Der König von Jerusalem, Balduin II., unterstützte die Bruderschaft von Anfang an
und förderte so ihre Ausweitung und ihre Verwandlung zu einer festen Einrichtung: die
Schöpfung einer unabhängigen Truppe, die aber der Kontrolle der Kirche unterstand, schien
von großem Nutzen bei der Besatzung der christlichen Gebiete und konnte gleichzeitig eine
Stütze gegen die nach Autonomie strebenden Anmaßungen des Adels des Heiligen Landes42
sein.
Der erste Schritt war die Verlegung in einen weitläufigeren und repräsentativeren Sitz:
Balduin überließ der Gruppe einen Flügel seines alten Königspalastes, der sich bei den als
Überreste des Salomontempels identifizierten Ruinen befand. Die Ritter wurden nun Militia
Salomonica Templi genannt, und später milites Templi oTemplarii, neben dem Namen, den sie
sich wohl aus Achtung vor ihrem Gelübde, Gott mit Waffen im Geiste der Armut zu dienen,
gegeben hatten: pauperes commilitones Christi43
.
Das Vorhaben, das Wachstum der Gruppe voranzutreiben und ihr eine institutionellere
Gestalt zu verleihen, reifte während einer Reise um das Jahr 1127, die der Gründer Hugo von
Payns und seine einflussreichsten Gefährten Richtung Okzident unternahmen, wo sie auch im
Namen des Königs von Jerusalem an die Türen einiger bedeutender Feudalherren klopfen
wollten, um sie für das Problem der Verteidigung des Heiligen Landes zu sensibilisieren: es
bedurfte der Truppen, und die militärisch-religiöse Organisation von Payns erfuhr in jenen
Jahren eine bescheidene Entwicklung, die aufgrund der Quellenlage mit höchstens etwa 30
Rittern44
angegeben werden kann.
Der Gründer und seine Gefährten bereisten das gesamte Hoheitsgebiet Frankreichs
und erreichten auch England, aber ihr Ziel war es nicht allein, möglichst viele Ritter zum
10
Auffüllen der Reihen der Gruppe und der Truppen des Heiligen Landes zu rekrutieren: Ein
wirklich institutioneller Aufstieg der Bruderschaft war ohne die überwiegende Zustimmung
der Christenheit des Okzidents nicht möglich, aber vor allem auch durch eine effektive
Anerkennung aus dem Umfeld der Kirche.
Beide Ziele erschienen kühn: in jenen Jahren wurde das Papsttum tatsächlich mit
schwerwiegenden Problemen der institutionellen Stabilität geplagt45
, überdies empfand ein
Großteil des kirchlichen Gesellschaftskreises den Laienstand, und insbesondere das Leben der
kriegsführenden Aristokratie, als Hindernis für die ewige Erlösung.
Die Ausrichtung hatte sich während des 11. Jahrhunderts dank des reformatorischen
Werkes von Pier Damiani sehr stark gefestigt, der in jedem Fall die direkte und indirekte
Anwendung von Gewalt verdammte; der Heilige verband in seinen Schriften fortlaufend das
Leben der Laien mit der Sünde und umgab es mit Begriffen aus dem Bereich der
Korruption46
. Auf derselben Linie befand sich Bernhard von Clairvaux, einer der
bedeutendsten Theologen und Verkündiger dieser Zeit; Hugo von Payns wandte sich
geradewegs an ihn auf der Suche nach spirituellem Zuspruch und ideologischem Halt für die
Gründung dessen, was vielen, und zu Beginn auch ebenjenem Abt, eine ungeheuerliche
Mischform erschien: ein dem Krieg47
verpflichteter Mönchsorden.
Hugo von Payns bewegte sich vielleicht auf Ersuchen des Königs von Jerusalem, der
dem heiligen Bernhard mit der Bitte geschrieben hatte, eine geeignete Regel für die Templer48
auszuarbeiten, oder auf eigene Veranlassung, besonders falls einige historische Spuren
bestätigt werden würden, die eine Verwandtschaft um mehrere Ecken zwischen der Familie
von von Payns und dem Heiligen49
nahe zulegen scheinen. Abgesehen davon, dass er eine der
größten religiösen Persönlichkeiten der Epoche war, befand sich der Zisterzienserabt an
vorderster Front im Kampf für die Verteidigung der päpstlichen Rolle im Schoß der
christlichen Gesellschaft und zählte demzufolge zu den besten Fürsprechern bei der Kurie:
vertreten von Bernhard hatte die Sache der Templer große Hoffnung auf Erfolg.
Anfangs legte der Abt ein indifferentes Verhalten an den Tag; aber im folgenden und
aufgrund von Beweggründen, die die historische Analyse noch nicht endgültig klären konnte,
schloss er sich dem Vorhaben in enthusiastischer Weise und unter Einsatz aller seiner
spirituellen, intellektuellen und politischen Fähigkeiten an, um die Entwicklung
voranzutreiben. Obwohl er im Mönchstum immer noch den zu bevorzugenden Weg zur
Erlösung sah, eine Idee, die ihn dazu trieb, sich bei Graf Hugo aus der Champagne zu
beklagen, weil der sich den Templern angeschlossen und das Vorhaben aufgegeben hatte, in
Cîteaux50
einzutreten, befürwortete Bernhard uneingeschränkt das Vorhaben der Gründung
einer religiösen Truppe und versuchte auch, die Bürgschaft einiger bedeutender
Persönlichkeiten seiner Zeit zu erwerben51
.
Il braccio armato della pace – Der bewaffnete Arm des Friedens
Das offensichtlich widersprüchliche Verhalten des heiligen Bernhard erhält eine
vollkommen andersartige Bedeutung, wenn es nicht für sich selbst betrachtet und in den
Kontext einfügt, zu dem es gehört, genauer gesagt in die Bedingungen der Laiengesellschaft
des 12. Jahrhunderts. Einer der bedeutendsten Gelehrten des mittelalterlichen Rittertums,
Franco Cardini, hatte die Tatsache betont, dass in einer von der von institutioneller
Bedenklichkeit und Gewalt, der sich der Lebensstil der aristokratischen Gruppen unterworfen
hatten, dominierten Epoche der einzig mögliche Weg für den Versuch der Christianisierung
einer Gesellschaft, die sich andernfalls komplett widersetzt hätte, die Erschaffung eines Ideals
von religiösen Kriegern war: es wäre eine unvollständige Christianisierung, widersprüchlich,
oberflächlich, aber sie hätte zu einer gewissen Anpassung der Laien an religiöse Vorschriften
geführt, was konkret eine Beschränkung der Gewalt gegenüber der unbewaffneten
Bevölkerung bedeutet hätte.
11
Die eigentümliche Mentalität, die die militärische élites des Okzidents von den
germanischen Anfängen an charakterisierte, mit den Worten eines Experten wie Stefano
Gasparri ausgedrückt, ihre „traditionelle Kultur“ war vollkommen geprägt durch die
kriegerischen Werte und stützte sich auf eine echte und eigene Kriegsethik53
; diese aus der
Vergangenheit ererbte forma mentis konnte ihren Wert während der mühevollen Zeitspanne
der Überfälle von Seiten der Wikinger, Ungarn und Sarazenen erlangen und sich mit der
Dekadenz der karolingischen Institutionen verschlimmern, als im Klima des allgemeinen
Chaos die Ausübung von Waffengewalt den einzigen Überlebensweg für die Bevölkerung
darstellte die von den legitimen Inhabern der öffentlichen Macht54
dem eigenen Schicksal
überlassen worden war.
In gewissen Gebieten, in denen das Abbröckeln der imperialen Struktur vorzeitig
erfolgte, wie beispielsweise in Frankreich, tauchten auf sozialer Ebene Gruppen von
Berufskriegern zu Pferd auf die oft nur aufgrund ihrer zerstörerischen Kraft stark waren: teils
in Verbindung mit alten Vertretern der karolingischen Aristokratie, teils um sich auf eigene
Faust von den örtlichen gegenüber der königlichen Autorität autonomen Machthabern zu
befreien, errichteten sie zunehmend zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert eine neue
Gesellschaftsordnung, die auf Kernen tatsächlicher Macht basierte. In konkreter Weise
dominiert von juristischer Willkür und weit verbreiteter Gewalt55
.
Die Register von Gregor VII. gestatten es, sich ein realistisches Bild vom Verhalten
der militärischen Aristokratie noch in den letzten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts zu machen
an der Schwelle zum ersten Kreuzzug: die Dokumente beschreiben ein allgemeines Klima
von Anarchie, Gewalttätigkeit und wahlloser Gewaltanwendung, die die Massen geißelten
und nicht einmal die höchsten Prälaten verschonte. In Terouanne schändeten im Jahre 1083
der miles Oilard und der Graf Eustache die Kathedrale durch das Aufbrechen der Tür, das
Entweihen der Reliquien und den Raub der Kirchengeräte von Wert und zusätzlich durch die
Verschleppung des Bischofs Lambert, der kniend im Gebet vertieft war und auf schreckliche
Weise verstümmelt wurde; 1074 wurde der Erzbischof von Tours auf Pilgerfahrt Richtung
Rom auf der Straße vom miles Lanzelin de Beaugency an der Spitze einer Truppe angegriffen
und dasselbe Schicksal ereilte 1080 den Bischof von Liegi, der vom Grafen von Chiny56
überfallen wurde.
Hildebrand von Soana besaß ein realistisches und kämpferisches Temperament und er
war ein guter Kenner der menschlichen Natur. Als er sich an jene milites oft im Ton
väterlichen Tadels wandte und nach einem Weg für politisch-soziales Verständnis suchte,
hegte er nicht allzu viele Illusionen: die aristokratischen Gruppierungen, ihre bewaffnete
Klientel und überdies die Ritter ohne soziale Eingliederung waren durchtränkt von Gewalt,
auch weil sie unter einem speziellen Standpunkt aufwuchsen der darauf abzielte offensive
Gewalt geradezu als Grundwert anzusehen57
.
Gregor VII. förderte eine Tendenz, die sich im Lauf des 11. Jahrhunderts bewährte,
anlässlich gewisser Ereignisse, die das Schicksal des römischen Stuhls in ernsthafte Gefahr
gebracht haben, so dass dem zur Verteidigung der Kirche geführten bewaffneten Kampf ein
religiöser Wert und einer derartigen Aufgabe die Macht der Heiligung zukam; 1053 hatte
beispielsweise Papst Leo IX. die Märtyrer anerkannt, die im Kampf für die Verteidigung der
päpstlichen Sache in der Schlacht von Civita gegen die Normannen gestorben waren; es
handelte sich um eine besondere Strategie und das Ereignis wurde durch die Erzählung
bekannt gemacht, dass die Gefallenen dem Papst in strahlenden Gewändern erschienen waren,
ein Zeichen ihres himmlischen Ruhmes. Gregor VII. bezeichnete diejenigen feierlich als
milites beati Petri, die den Waffendienst für die Sache des Papstes gewählt hatten und
Bonizione di Sutri hielt sie für wahrhafte und echte Märtyrer die zu den Heiligen zu zählen
seien; im Jahre 1090 sprach Bruno di Segni von jenen milites beati Petri als milites Christi,
eine entscheidenden und auffallenden Neuerung hinsichtlich der traditionellen Betrachtung,
die die militia Christi auf den Mönch im Kampf gegen die Sünde58
bezog.
12
Der Papst hatte verstanden, dass es nicht möglich gewesen wäre, diese Menschen und
ihre Kultur im Innersten zu bekehren; stattdessen würden bessere Ergebnisse erzielt werden
durch den Versuch die Gewalt einem weniger niederträchtigen Ziel zuzuführen das
ausbaufähig war, auf das sie in jedem Fall59
nicht verzichtet hätten. Als er die Nachricht von
der Verwüstung Jerusalems durch die Türken erhielt, plante Gregor VII. das Vorhaben
persönlich eine Militärexpedition zur Befreiung des Heiligen Grabes und dem Schutz der
Christen des Orients60
anzuführen: obwohl dieser Kreuzzugsversuch ante litteram ins Leere
verlief, hatte er den begeisterten Zuspruch der Menge auf den Appell Urbans II. während des
Konzils von Clermont61
bewirkt.
Bernardo di Clairvaux e la cavalleria alternativa - Bernhard von Clairvaux und das
Alternativ-Rittertum
Die Probleme, denen das Papsttum in den letzten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts
ausgesetzt war, hatten die Intellektuellen sensibilisiert und sie dazu gebracht die Zensur
gegenüber der militärischen Aktivität zu mäßigen, wenn sie der Verteidigung christlicher oder
kirchlicher Belange diente; auf institutioneller Ebene war deshalb die päpstliche Zustimmung
keine unerreichbare Zielsetzung, vorausgesetzt dass sich die Weihe an Laienritter wandte, die
in jenem Jahrhundert lebten und noch leben würden: das Problem, das sich der Bruderschaft
des Hugo von Payns stellte, war jedoch ein vollkommen anderes, da jene konvertierten
Krieger den Laienstand verlassen sollten, um in Waffen dem Ordensstand beizutreten.
Bernhard mobilisierte seine Kenntnisse und dank seiner Hilfe wurde anlässlich des
Konzils von Troyes im Jahre 112962
in Anwesenheit des päpstlichen Legaten, des Kardinals
Matthäus von Albano, und der einflussreichsten Vertreter des Zisterzienserordens wie
Stephan Harding63
, der erste militärische Religionsorden in der Geschichte der lateinischen
Kirche ins Leben gerufen; der Tempel erhielt eine spezifische Regel unter Anleitung des
Abtes64
. Später, wahrscheinlich um das Jahr 1135, widmete Bernhard dem Orden ein
lobendes und zugleich mahnendes Werk mit dem Titel De laude novae militiae, in dem er die
ethischen und spirituellen Charaktereigenschaften der Templer betonte: Konversion,
weltlicher Verzicht, dienendes Wesen gegenüber der christlichen Sache und Streben nach
Märtyrertum im Namen des Glaubens65
.
Das Traktat stellte wirklich keinen Verrat und noch nicht einmal eine Besinnung
hinsichtlich des negativen Urteils des Heiligen gegenüber dem Gebrauch von Gewalt und dem
Lebensstil der aristokratischen Laien dar, deren soziales milieu er sehr gut kannte, da er von
Geburt her daraus stammte und mit dem er endgültig durch sein Mönchtum in Cîteaux66
gebrochen hatte. Schon zu Beginn seiner Aktivität als Abt hatte er die Konzepte der militia
Christi in Bezug zum klösterlichen, asketischen und kontemplativen Leben gestellt, gemäß
jener alten Strömung, die die gesamte Kirchengeschichte durchzog und die Heiligkeit
unauflöslich mit dem contemptus mundi verband, dem freiwilligen Verzicht auf
Verführungen, aber auch auf die Denkweise hinsichtlich der im Jahrhundert67
vorherrschenden Verhaltensmuster.
Bernhard blieb seiner Linie immer treu, wenn auch mit angemessenerem Verhalten,
und auch nach der Einsetzung des Templerordens, wie gewürdigt und gebilligt auch immer,
fühlte er die Minderwertigkeit dieser Konversion gegenüber der Wahl des Mönches, der miles
Christi im höheren und vollwertigeren Sinn blieb68
; außerdem ist sein Modell von der
religiösen Truppe nicht aus dem Nichts heraus entstanden, da Bernhard wahrscheinlich auf
eine gewisse Strömung von Gedanken geblickt - und vielleicht auch aus ihr geschöpft – hatte,
die sich in der Vergangenheit im Innern des benediktinischen Flusses selbst entwickelt hatte,
vor allem im Umfeld von Cluny.
Um das Jahr 930 hatte der Abt Odo von Cluny ein hagiographisches Werk
geschrieben, wirklich sui generis und bis dato ohne Vorläufer: sein Held des Glaubens, der
adlige Gérard d´Aurillac, hatte die Heiligkeit erreichen können, obwohl er Laie geblieben ist
13
und ohne den umstrittenen Waffenberuf aufzugeben, und machte im Gegenzug daraus sogar
das Instrument für die eigene Errettung: Über die religiöse Absicht hinaus stellte die Schrift
eine kulturelle, soziale und politische Unternehmung dar, die ein neues Verhaltensmodell für
die militärische Aristokratie voranbringen wollte, und sie dazu anhielt, den wahllosen
Gebrauch der Gewalt einzuschränken, um sie auf die Verteidigung nutzbringender Dinge für
die Friedenserhaltung69
zu richten.
Die Orientierung von Abt Odo lag auf einer Linie mit der Tendenz, die sich einige
Jahrzehnte später verbreitete, als die Bischöfe der französischen Gebiete aufs Schwerste von
der Anarchie bedroht versuchten, die Köpfe der Militärscharen zu sammeln und sie mit
erhabenen Religionsschwüren zu verpflichten, die als tregue di Dio70
bekannt wurden. Das
Zentrum von Cluny, das aktiv mit der Reform und der Christianisierung der Laiengesellschaft
betraut war, nahm auch Gesuche dieser Art entgegen; das von Abt Odo unternommene
Experiment erzeugte in seinem Inneren eine Gedankenströmung, die sich, wenngleich weder
durchgängig noch kohärent, ins kulturelle Umfeld des 12. Jahrhunderts überlieferte, aus dem
Bernhard abstammte.
Gérard d´Aurillac war ein Beispiel für eine mächtige Pflicht im Kampf zur
Verteidigung der Schwachen, der Kirche und der Gerechtigkeit gegen die Unterdrückung von
Seiten der Ehrlosen: eine wahre und echte Inkarnation auf Laienebene des augustinischen
Konzepts des bellum iustum, dem persönlichen Opfer für das Wohl der anderen unter
Waffengebrauch in der Welt gewidmet; aber jenes edle Abbild, wie Ambrogio Piazzoni
betont, war noch weit entfernt von der kulturellen Entwicklung, die im folgenden zur
Wertschätzung des Gebrauchs der Kriegsstärke für die gerechte Sache führte. Er ist im
Grunde ein Mönch durch und durch, hinsichtlich Mentalität und Verhaltensmodellen und
besitzt sogar das Element des contemptus mundi, das traditionsgemäß eher die Berufung zum
Klosterleben charakterisiert: Gérard ist sicher ein miles sanctus, aber seine militia Christi
stellt eine innerliche und spirituelle Qualität dar.
In der Mitte des 11. Jahrhunderts, mehr als 100 Jahre nachdem Odo seine Vita des
Heiligen Gérard geschrieben hatte, erschien im Umfeld von Cluny eine andere Biographie
eines heiligen miles, in der gewisse Ansprüche zu entschiedeneren Entwicklungen führten, in
offensichtlichem Einvernehmen mit dem Tenor der Epoche. Es handelte sich um den adligen
Burchard, Graf von Vendôme und Wohltäter des Klosters von Saint-Maure bei Paris - eine
mächtige und illustre Figur, die sich in der Folge einer Krankheit an das Klosterleben
klammerte: die entscheidende Tatsache ist, dass sein Biograph die Figur und sein Beispiel im
christlichen Sinn feierte, als jener Mann sich noch in der Welt befand, das heißt auf der Höhe
seiner Feudalmacht und sogar im Stand der Ehe.
Burchard stellte ein vollkommen anderes Modell für den heiligen Krieger dar als
Gérard: wenn der Graf ´Aurillac ein Liebhaber des Friedens war und bestmöglich danach
strebte, nicht kämpfen zu müssen, entzog sich der Graf von Vendôme wirklich keinem der
Kämpfe, die – wenn auch gerecht und von Gott begünstigt – jedes Mal die Tötung von
Feinden bedeuteten; trotz des Laienstandes führte ersterer ein Leben nach Art des Klosters,
während letzterer der Welt und ihrem Ruhm verhaftet blieb, wenn auch im Lichte einer
positiven Ethik des bedeutenden und gerechten Feudalherren, Gefährte und treuer Diener von
König Hugo Capet. Die Vita Burcardi belegt, dass in der Mitte des 12. Jahrhunderts und
einige Jahrzehnte vor dem ersten Kreuzzug gewisse Änderungen des Modells erfolgt waren,
die im Umfeld von Cluny für die neu entstandene Klasse der milites für angemessen erachtet
wurde; und obwohl auch dieses nicht als unmittelbarer Vorläufer des Vorhabens der Templer
betrachtet werden kann, bezeugt es doch, dass ähnliche Ideen in aktiver Weise verbreitet
waren72
.
Wenn auch Bernhard diese hagiographische um Cluny nicht direkt benutzte, da es
keine offensichtlichen und eindeutigen Bezüge gibt, ist der Gedanke unvermeidlich, dass er
aus diesem ideologischen Plan geschöpft hat; in diesem Fall hätte der Abt eine edle und
14
intelligente Anstrengung des Synkretismus unternommen um herauszufinden ob der
augustinische Ansatz des bellum iustum, auf dessen Grundlage sich die Templer formiert
hatten und der benedektinische des contemptus mundi, der das unverzichtbare Ideal der
Zisterzienser repräsentierte, vereinbar waren.
Cavalieri penitenti nello spirito di povertà – Bußfertige Ritter im Geiste der Armut
Der Schlüssel des Problems lag im Bußcharakter der Bruderschaft von Hugo von
Payns, ein ursprünglicher Bestandteil von größter Relevanz, denn ihre Verschreibung an das
Heilige Grab war in seinem Namen geschehen. Das ursprüngliche Ideal der Templer war die
Aufopferung für das Heilige Grab als kanonische Konvertiten. Ein Zustand, der schon in sich
ein ureigenstes Wesen beinhaltete, in religiöser Hinsicht und auch bezüglich der
Eingliederung in die Kirche73
; das Scutum canonicorum beschrieb sie als
Menschen des Laienstandes die alles aufgegeben hatten um sich dem Joch Christi zu
unterwerfen, die obwohl sie sich nicht zum Priestertum gelangen konnten oder
wollten, zur klösterlichen Vollendung kommen konnten indem sie mit ihren eigenen
Händen arbeiteten und die Laster und Begierden ihres Fleisches nach der Art der
Büßer bestraften: es sind jene, die sich zu den Klöstern begeben und sich auch in
ihrem Verhalten, also als Ledige den Mönchen angleichen74
.
Das Grundelement war wirklich die Suche nach einer Art der Sündenläuterung, die
Dimension der Buße, die auch im äußeren Erscheinungsbild sichtbar wurde: das bescheidene
Gewand ohne jegliche Verzierung, aber auch der lange Bart (das Scutum nennt sie fratres
barbuti), der Verzicht auf jedweden weltlichen Rang, das Verbot der Teilnahme an
Aufführungen, an Volksfesten und geräuschvollen Banketten, die Mäßigkeit beim Essen und
Trinken, die Enthaltsamkeit; das war haargenau die traditionelle Lehre, denen sich diejenigen
– auch wenn sie keine öffentlichen Sünder waren – unterwarfen, die freiwillig die Formen der
Buße zu den auferlegten als Akt der persönlichen Unterwerfung und Angebot an Gott75
hinzunahmen.
Jedes dieser Elemente ist in der unter Führung Bernhards festgehaltenen Regel der
Templer vorhanden und jedes entstammt der Aufrechterhaltung des ursprünglichen Geistes,
der dem Stand der konvertierten Kanoniker eingeimpft wurde, den Payns und seine Gefährten
in Jerusalem anzunehmen gedachten. Als Büßer und pauperes durch ihre freie Wahl
verdeutlichten die Templer jene Weltverachtung, die das Gelübde der Keuschheit
vervollständigte und als milites widmeten sie ihre Anstrengung, ihr körperliches Leiden und
sogar ihr Leben selbst dem Wohl der anderen und dem Dienst an der gerechten Sache in
Übereinstimmung mit den Lehren, auf denen sie die Kanoniker gegründet hatten.
Insgesamt war das Vorhaben der Templer wirklich plausibel: vorausgesetzt aber, dass
sich diese perfekte Harmonie durch die religiöse Truppe als bloßes Instrument der
Verteidigung einstellte. Jean Leclercq hat das Traktat für die Templer als „Dokument
Bernhards für die Beschränkung der Gewalt“ bezeichnet und sah im Orden hauptsächlich
nicht ein paralleles Rittertum, sondern ein alternatives zum Laienrittertum; der Abt wollte ein
ritterliches Modell schaffen, das die Gewaltanwendung der säkularen Truppen durch den vor
allem auf ein Minimum reduzierten Gebrauch von Stärke ersetzte, sich den Zielen der
Verteidigung unterwarf und von der Nächstenliebe76
motiviert wurde.
Im Templerorden fassten beide Ideale gemeinsam Fuß, das klösterliche von Cîteaux
mit der Hauptbetonung auf den inneren Kampf gegen die Sünde in der Einsamkeit des
Rückzugs und jenes kämpferische der augustinischen Theologie, das den Krieg gegen das
Böse in der Welt als Dienst und Angebot jedes einzelnen für die anderen sieht: nur zu diesen
Bedingungen, da unter den Templern also eine entschiedene asketische Absicht vorhanden
15
war, gestattete Bernhard ihre Aufnahme – wenn auch nur ein einziges Mal – in sein äußerst
edles Konzept von der militia Christi77
.
Die Templer würden dem Beispiel Christi hinsichtlich der Armut folgen und auf alle
Erscheinungsformen des Luxus und der sozialen Überlegenheit verzichten, die die Gebräuche
des Laienrittertums charakterisierten und gleichzeitig würden sie ihm durch den Kampf gegen
die Feinde des Glaubens folgen, genau wie die Laienritter ihre seniores im Krieg begleiteten:
Die Armen mit dem armen Christus, waren sie auch milites mit demjenigen miles
und dux militium Christus, der die Händler mit Peitschenhieben aus jenem Tempel
verjagt hatte, der später der Sitz der Krieger geworden ist …der pauper miles Christi
war ein Waffengefährte von ihnen in seinem kosmischen Kampf gegen Seine Feinde,
aber auch im täglichen inneren Kampf gegen sich selbst, die Versuchung, die
Sünde78
.
Un cambiamento di missione? – Eine Änderung des Auftrags?
Während seiner Rekrutierungsreise gewann Hugo von Payns verschiedene Ritter für
den Tempel; die westliche Gesellschaft antwortete auf eindeutig positive Weise auf das vom
heiligen Bernhard propagierte Vorhaben, wie die vielen Spenden der Mächtigen, aber auch
von einzelnen Privatleuten zeigen, die im Laufe weniger Jahrzehnte die französischsprachigen
Gebiete und andere europäische Länder79
mit Einrichtungen übersäten: die Epoche erkannte
zusätzlich zur Güte und zum Wert die Notwendigkeit einer derartigen Präsenz, wie die
folgende Gründung von weiteren religiös-militärischen Orden80
zeigt. Der Tempel war eine
länderübergreifende Organisation geworden, die sich auf große Teile des Mittelmeerraumes
und darüber hinaus erstreckte, und Besitztümer und Festungen von Schottland über Sizilien
und von Portugal bis in das armenische Gebiet ihr Eigen nannte.
Die Templer blieben zunächst dem Gehorsam des Patriarchen von Jerusalem
unterworfen, eingegliedert in die römische Kirche durch ihre Entstehung und ihren
spirituellen Ansatz, und blieben auch im Folgenden eine Organisation des Gebets und der
dem Orden vorgeschriebenen Liturgie der Kanoniker des Heiligen Grabes81
; im Jahr 1139
machte Papst Innozenz II. mit dem als Omne datum optimum betitelten Sonderrecht dem
Tempel Zugeständnisse, die den Weg zu einer absoluten Unabhängigkeit von der kirchlichen
Hierarchie freimachten und ihn exklusiv der Person des römischen Papstes82
unterstellten.
Der Orden besaß eine innere hierarchische Unterteilung, die auf der Unterscheidung
zwischen Rittern (milites) mit Einsetzung als Ritter oder durch Zugehörigkeit zu Familien im
Rang von Rittern, und Sergeanten oder dienende Brüder (servientes), die diesen Titel nicht in
Anspruch nehmen durften. Die Tempelritter durften das weiße Gewand als Symbol der
Keuschheit und der reinen Absichten des Ordens tragen, während den Sergeanten die braunen
vorbehalten blieben; im Jahr 1147 fügte Eugen III. dem Gewand der Templer ein rotes Kreuz
zum dauerhaften Tragen auf dem Mantel83
hinzu.
Der Tempel bildete zusammen mit dem Kontingent der Hospitaliter
(=Johanniterorden), einen grundlegenden Teil des christlichen Besatzung des Heiligen
Landes84
: nach Meinung eines bedeutenden Experten der Militärgeschichte bildeten die
Templer das erste Beispiel für eine Truppe, die entsprechend den den Heeren des modernen
Zeitalters eigenen Modalitäten organisiert war85
. Den Kriegspraktiken des Laienrittertums,
das hauptsächlich auf Mut und Eigeninitiative basierte, wodurch manchmal Unordnung und
geradezu Destrukturierung innerhalb der Truppe resultierte, setzte der Tempel eine eiserne
Disziplin und enorme Kapazität hinsichtlich der Koordinierung entgegen. Die dem Orden
vorbehaltenen Sonderrechte des Papstes führten zu Heldenmut und Opferbereitschaft beim
Vergießen des eigenen Blutes für die christliche Sache86
; von den heftigen Ausdrücken, die
die islamischen Quellen im Bezug auf die Templer benutzen, kann man sehr gut die Macht
des Aufpralls mit den feindlichen Truppen87
bewerten.
16
Im 13. Jahrhundert hatte sich der Orden mit einer Zahl von hunderten von
Gründungen weit verbreitet; die große Vermehrung der Ordenshäuser (mansiones, französisch
maisons, d.h. „magioni“ (=altes Wort für Haus) oder auch Komtureien) hatte die Schaffung
von Provinzen notwendig gemacht, die einem verantwortlichen Ordensgeneral unterstanden,
der Visitator genannt wurde und direkt dem Großmeister88
untergeordnet war. Während der
Phase des intensiven Einsatzes im Orient, also fast dem gesamten 12. Jahrhundert, dienten die
westlichen Einrichtungen vor allem als Produktionsstätten und Sammellager für die Ausfuhr
ins Heilige Land, wo sie für die Finanzierung der Militäraktionen89
verwendet wurden.
Aufgrund des großen Vertrauens, das die Templer auch dank ihrer bemerkenswerten
Vermittlungsfähigkeiten aus den Kampagnen im Heiligen Land in der Gesellschaft ihrer Zeit
genossen, wurden sie sehr oft von europäischen Monarchen und dem Papsttum für heikle
Diplomatiemissionen eingesetzt. Zusätzlich zu den ausgeprägten Militärqualitäten konnte sich
der Orden auch großen Ansehens auf religiösem und spirituellem Gebiet rühmen: seinen
Mitgliedern wurde unbestrittene Autorität bei der Identifizierung authentischer Reliquien
zugesprochen und es war ein Ritter des Tempels, der zusammen mit einem Gleichrangigen
des Spitals (=Spital des heiligen Johannes, Johanniterorden) die Ehre hatte, in der Prozession
das wertvolle Reliquiar mit dem Holz vom wahren Kreuz, das in Jerusalem90
aufbewahrt
wird, zu bewachen und zu eskortieren.
Im Jahre 1187 gebot die den Christen von Saladin zugefügte schreckliche Niederlage
von Hattin die Expansion der Kreuzfahrer in Syrien und Palästina und bildete den Anfang der
fortschreitenden Territorialverluste91
. Im 13. Jahrhundert schritt die islamische
Rückgewinnung in fast unaufhaltsamer Weise voran; der Tempel und die anderen
Militärorden wurden zur Zielscheibe heftiger Polemik, denn die zeitgenössische Gesellschaft
schrieb das Scheitern der Kreuzzugsunternehmen der Habgier und den Lastern zu, die ihrer
Meinung nach das christliche Kontingent geschwächt hatten92
. Während dieses Zeitraums
änderte der Orden in fortschreitendem Maß seine ihm eigene Rolle; zur Funktion der
bewaffneten Besatzungstruppe kam die der Verwahrung des Staatsschatzes der christlichen
Herrscher93
und die Bewachung und Verwaltung der für den Kreuzzug bestimmten Geldmittel
von Seiten der Kirche hinzu.
Die Überlagerung beider Funktionen, die jedoch zumindest auf der ideellen Ebene
demselben Zweck dienten, führte den Orden dazu, besondere Fähigkeiten im finanziellen
Bereich zu entwickeln; die europäischen Herrscher bedienten sich ihrer auch aus Motiven der
Innenpolitik der jeweiligen Reiche: ein bedeutender Fall wurde das Hauptquartier des
Tempels von Paris, das die Schatzkammer von Frankreich94
wurde.
Crisi di un´epoca – Die Krise einer Epoche
Während der Sechziger Jahre des Duecento (=1200-1299) verringerten die von Sultan
Baibar durchgeführten Rückeroberungen das Kreuzfahrerreich in Syrien und Palästina auf
einen schmalen Küstenstreifen mit der Hauptstadt Akkon95
; als im Jahre 1291 auch diese
Stadt als letztes Bollwerk der christlichen Anwesenheit im Heiligen Land verloren ging,
mussten der Tempel und die anderen Militärorden einen schweren Rückschlag auf
moralischer Ebene zusätzlich zu den menschlichen und materiellen Verlusten hinnehmen:
obwohl der Großmeister Wilhelm von Beaujeu auf heldenhafte Weise beim Versuch der
Verteidigung Akkons ums Leben kam, und auch wenn die Templer als letzte die brennende
Stadt verließen96
, brachte ebenjene Niederlage die Orden in eine sehr schwierige Situation
gegenüber dem gesamten Okzident.
Templer und Hospitaliter verlegten das neue Hauptquartier des Orients auf die Insel
Zypern, wo die Präsenz der Templer bereits lange Zeit andauerte und wo der Orden für einen
kurzen Zeitraum direkt die Regierungsgewalt innehatte97
. Das Scheitern der Kreuzzugspolitik
bedrohte in sehr ernster Weise die Existenz der Militärorden: bereits im Umfeld des Konzils
17
von Lyon im Jahre 1274 war die Möglichkeit der Zusammenlegung von Tempel und Hospital
in ein einziges Institut diskutiert worden98
.
Das Ende des Königreichs von Jerusalem entfachte Polemiken und Reformvorhaben
aufs Neue, die beiden Großmeister boten ihnen jedoch Paroli: zuletzt 1305, als Klemens V.
beiden eine Konsultation hinsichtlich ihrer Fürsprache für die Vorbereitungen zu einem neuen
Kreuzzug und der Hypothese eines einzigen Ordens99
geschickt hatte. Der Großmeister des
Tempels, Jacques de Molay, stellte sich gegen die Fusion; das entsprechende Antwortdossier
von Folques de Villaret, dem Großmeister der Hospitaliter, ist nicht erhalten und enthielt
wohl nur eine Befürwortung des Kreuzzugs100
. Das Vorhaben fand die Fürsprache Klemens
V., wie übrigens auch Nikolaus IV., weil die Vereinigung der militärischen und logistischen
Kräfte die strategische Leistung merklich erhöht und damit die Hoffnung auf die
Rückeroberung Jerusalems vergrößert hätte; auf jeden Fall handelte es sich um ein rein
theoretisches Kalkül, das mit nicht wenigen sachlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden
würde.
In der langen Verteidigungsschrift von de Molay zu den Rechtfertigungsgründen für
die Ablehnung, die den Papst sicherlich enttäuschte, sind interessante Informationen
enthalten, die Licht auf die zukünftigen Geschehnisse des Prozesses werfen: der Großmeister
riet lebhaft von der Fusion ab, da der Tempel und das Spital verschiedenen Normenkodexen
folgten und die Hospitaliter, die eine weitaus sanftere Disziplin gewohnt waren, sich nicht so
leicht an die äußerst strenge des Tempel angepasst hätten; außerdem gab es zwei verschiedene
Hierarchien, die in einer einzigen zusammengefasst hätten werden müssen, mit der daraus
resultierenden Aberkennung der Befehlsgewalt von vielen Würdenträgern, die sicherlich alles
für die Erhaltung ihrer eigenen Rolle getan hätten und daraus wären heftige innere Kämpfe
entstanden.
Das wichtigste Motiv erklärte Jacques de Molay dem Papst jedoch nur mit sehr vagen
Anspielungen, wohl aus Respekt gegenüber der Würde des Menschen, an den er sich
wendete: Philipp der Schöne, schon geraume Zeit ein energischer Fürsprecher für das
Vorhaben der Fusion, hatte keinerlei Intention, Energie auf die Rückeroberung des Heiligen
Landes zu verwenden. Sein Einsatz musste vor allem zwei Zielen dienen: an erster Stelle war
die künftige Expedition in den Orient ein wunderbarer Deckmantel für den Plan zur
französischen Okkupation Armeniens, dem sich die Rittertruppe bei ihrer Landung widmen
würde, und dass die Armenier derart beunruhigte, dass sie die Gefahr gerade dem
Großmeister des Tempels verraten würden101
; an zweiter Stelle wollte Philipp der Schöne die
Fusion der beiden bedeutendsten Militärorden leiten, um sich dann deren Kontrolle durch die
Verleihung der führenden Position an ein Mitglied seiner Familie zu versichern.
Im Konzil von Lyon 1274 hatten die Templer Nikolaus IV. bereits dargelegt, was nach
der Durchführung eines derartigen Unternehmens geschehen würde: die Orden hätten ihre
Funktion verloren und wären lediglich zu Organen der Politik und Diplomatie im Dienst der
Interessen der Krone geworden; der Großmeister hatte bekräftigt, dass sich die Templer als
treue Söhne der Kirche von Rom jedoch dem letzten Willen des Papstes102
unterwerfen
würden. Wenige Jahre später würde der Orden vom König von Frankreich angeklagt und
dann vom Konzil von Wien 1312 mit einer von Papst Klemens V. autorisierten Anordnung
aufgelöst werden, in Übereinstimmung mit den Konzilsvätern, damit eine ernste Gefahr für
die Kirche abgewendet wird. Die Folgen dieses Geschehens – von traurigem Ruhm – waren
der Tod auf dem Scheiterhaufen von Jacques de Molay und dem Ziehvater der Normandie auf
Veranlassung von Philipp dem Schönen am 18. März 1314, nachdem er sie der kirchlichen
Autorität entzogen hatte, die für ihr Urteil103
zuständig gewesen wäre: aber schon kurz nach
dem Beginn des Prozesses war den Zeitgenossen klar, dass einer der Hauptgründe für die
Auflösung des Ordens die klare Ablehnung ebenjener Fusion mit dem Spital von Seiten de
Molays war, die der König von Frankreich104
so vehement vorantrieb.
18
Il sottile meccanismo dell´arresto – Der subtile Ablauf der Haft
In einer vollkommen illegalen und unerwarteten Aktion wurden am 13. Oktober 1307
alle Templer Frankreichs an einem einzigen Tag auf Anordnung Philipps des Schönen
verhaftet; dank einer Vereinbarung, die der Herrscher auf von der päpstlichen Autorität
autonome Weise mit dem Kopf der Inquisition Frankreichs, dem Dominikaner Guillaume de
Paris, wurde gegen die Gefangenen der schreckliche Mechanismus des Tribunals in
verschärfter Form geführt, wie er auf Personen unter Verdacht der Häresie105
angewendet
wurde. Die Verhaftung stellte einen Übergriff dar, weil die Templer ein religiöser Orden
waren. Außerdem hatte eine Reihe von durch den Papst verliehenen Privilegien die
Gerichtsbarkeit allein dem Urteil des Papstes106
vorbehalten.
Der Templerorden befolgte seit seiner Gründung ein absolutes Treuegelübde auf die
Person des Papstes, wahrscheinlich ein Erbe des heiligen Bernhard von Clairvaux, des
spirituellen Ordensgründers und ersten Patrons107
; in der speziellen Ethik der Templer war der
Papst nicht nur einfach der Stellvertreter Petri, sondern seine Person wurde der des Heiligen
gleichgestellt, so dass sie sich an ihn als Nostro Padre l´Apostolo (=UnserVater, der Apostel)
wandten.
Die Regelung drückte diese Verbindung auf sehr offensichtliche Weise aus, und
bestätigt beispielsweise, dass der Papst der absolute Patron des Ordens gleich nach dem Herrn
war108
; tatsächlich fanden diese Regeln ein exaktes Entsprechung in den Worten der
Ordensführer während des Konzils von Lyon im Jahr 1274, als man das Vorhaben der Fusion
prüfte, dass den Tempel auf ein umfangreiches Sparschwein ohne Schloss reduzieren würde,
das die europäischen Herrscher für ihre eigenen Interessen plündern konnten: verbittert und
entmutigt in Angesicht einer solchen Perspektive hatte der Großmeister dennoch bekräftigt:
Wir sind der Heiligen Römischen Kirche unterworfene Kinder, und werden es immer
sein, mit Gottes Hilfe. Wir sind Kinder des Gehorsams, und werden es noch sein:
und wir werden dem lebenslangen Gelübde für den Dienst an der Verteidigung des
Heiligen Landes treu bleiben. Dafür werden wir alles geben, was wir haben, bereit
auch unser Leben mit Freude nach dem Willen unseres Vaters zu opfern109
.
Gerade dank seines besonderen Bandes mit dem Apostolischen Stuhl hatte der Tempel
das Privileg erhalten, sowohl von der Laien- als auch von der Kirchenrechtssprechung frei zu
sein; so wurde er praktisch unangreifbar und unterstand nur der päpstlichen Autorität; in
dieser unverwundbaren Rüstung, die der Orden trug, war jedoch ein schwacher Punkt durch
eine in den ersten Jahrzehnten des Duecento (=1200-1299) angesiedelte Episode.
Zur Zeit Honorius´ III. waren verschiedene Regionen der westlichen Christenheit, vor
allem in Frankreich, an der Ausbreitung der Häresie der Katharer beteiligt, die viele Anhänger
auch in den Reihen der Kirche fand; 1221 hatte der Papst aufgrund der Schwere der
Umstände dem Inquisitor Etruriens die Sonderbefugnis der Untersuchungen sogar hinsichtlich
der von jedweder Rechtssprechung befreiten Orden gegeben, das bedeutet Templer,
Hospitaliter und Zisterzienser110
.
Es handelte sich um eine Notfallmaßnahme und vor allem durch eine besondere
Situation diktiert, dennoch wurde diese Befugnis niemals von den Päpsten widerrufen und
blieb deshalb gültig, wie eine Art latente Waffe, die auch in der Zukunft gegen die drei
privilegierten Orden eingesetzt werden konnte.
„Mors tua, vita mea“ (=Dein Tod, mein Leben)
Während der folgenden Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts, als die Macht und der
politische Einfluss der Templer bedeutend waren im Schoße der christlichen Gesellschaft,
dachte niemand an das vorherige Rechtsgeschehen, da das Privileg auf jeden Fall wegen
fehlender Aufhebung oder Auflösung durch den Erlass eines entgegen gesetzten Dekrets
19
gültig blieb. Noch unter der Herrschaft Ludwigs IX., einer zu Mystizismus neigenden und vor
allem sehr empfindlichen Persönlichkeit gegenüber den Bedürfnissen des Heiligen Landes,
blieb die Zusammenarbeit zwischen Tempel und französischer Krone eng und herzlich111
;
schon unter dem Nachfolger Philipp III bekamen die Beziehungen Risse, wenigstens ist es
offensichtlich, dass der Herrscher die Templer daran hindern wollte, unveräußerliche Güter zu
erwerben, wie es in der Vergangenheit geschehen war. Sein Sohn Philipp IV. wiederholte
später dasselbe Vorgehen, aber erst mit dem Ausbruch des französisch-englischen Konflikts
in der Folge der Invasion von Guyenne 1294 setzte sich ein schreckliches Getriebe von in der
Folgezeit internationaler Tragweite in Gang112
.
Durch die Ausgaben für den Krieg, der sich weit über die Vorstellungen des Königs
hinaus verlängerte, war Frankreich erschöpft und befand sich am Rand des Bankrotts, so dass
die der Krone nahe stehenden Anwälte den Herrscher zur widerrechtlichen Besteuerung des
Klerus im Königreich anhielten; angesichts der stolzen Reaktion von Papst Bonifatius VIII.
(Benedetto Caetani, 1294-1303) gegenüber dem Missbrauch der Kirchengüter wurde das
Vorgehen von königlicher Seite als höchst politischer und formeller Kampf zur Entthronung
jenes Papstes angesehen, den sie als Usurpator der päpstlichen Würde nach der Abdankung
Coelestins V. darstellten. Die Situation verschlimmerte sich zusehends bis zur
Exkommunikation Philipps des Schönen (durch die Bulle Super Petri solio, aufgesetzt, aber
nicht erlassen) und dem Attentat von Agnani (1303)113
.
Unter dem Druck des schweren ökonomischen Notstands hatte der König von
Frankreich erkannt, dass ein fettes Stück der Kirche des Königreichs, das heißt die Templer
und die Hospitaliter, ein aus produktiven Einheiten und liquidem Kapital bestehendes
Vermögen besaß, das aber dank der speziellen Privilegien, die sämtliche Ressourcen der
Militärorden den Bedürfnissen des Heiligen Landes vorbehielten, nicht wirklich besteuerbar
war. Der König trachtete danach, dieses Vermögen unter die Kontrolle der Krone zu bringen,
indem er die im Zuge des Konzils von Lyon diskutierte Vereinigung des Tempels und des
Spitals befürwortete, und Philipp wollte die Leitung durch die Einsetzung eines
Familienmitglieds als Oberhaupt des einheitlichen Ordens übernehmen: wenn nötig er selbst,
nach seinem Verzicht auf den Thron zugunsten seines Erstgeborenen; aber der Plan scheiterte
durch die heftige Gegenwehr der Templer und die Unentschlossenheit der Päpste114
.
Angesichts des Scheiterns wurde im Innern des königlichen Rates, oder mit größerer
Wahrscheinlichkeit im Kreis der königlichen Anwälte, eine Alternativstrategie entwickelt, die
dem Herrscher erlaubt hätte, auch beim Zusammenbruch der Hypothese von der Fusion an die
Verwaltung des Vermögens der beiden Militärorden zu kommen: Philipp der Schöne ließ
heimlich zwölf Spione in den Tempel einschleusen, die zwar Mitbrüder wurden, aber
geduldig damit beschäftigt waren, alles zu sammeln, was für ein eventuelles Vorgehen gegen
den Orden115
nützlich sein konnte.
Im Jahre 1306 kam die Situation Frankreichs an einen derartig ernsten Punkt, dass es
eine Revolte der Bevölkerung von Paris gab, und Philipp IV. war mit seinem Gefolge zur
Flucht in den Turm des Tempels gezwungen, um dem Ansturm der Menge zu entgehen;
wahrscheinlich setzte er bei dieser Gelegenheit den Hauptschatzmeister des Tempels, Bruder
Jean de la Tour, unter Druck, bis dieser ihm ein Darlehen zumindest zur Eindämmung der
wichtigsten Verpflichtungen gab. Der vom Herrscher geliehene Betrag, 300 000 Gulden in
Gold, war enorm und brachte sicherlich die Zahlungsfähigkeit des Haupthauses von Paris ins
Wanken, denn die Templer hatten auch die Rolle der Bank inne und mussten die volle
Kapitalentschädigung ihrer Schuldner absichern; wenn man bedenkt, dass die Summe der
damaligen Jahresbilanz der Seerepublik Pisa116
entsprach, ist es wirklich kein Wagnis zu
behaupten, dass die Geldeintreibung des Königs von Frankreich praktisch die Kassen des
Tempels von Paris geleert hatte. Aber schlimmer war noch die vollkommen illegale Dynamik
des Darlehens, ohne Berechtigungen und mit der Möglichkeit der Amtsenthebung des
20
Schatzmeisters des Ordens, das unter Verletzung der Tempelregeln durchgeführt wurde, das
heißt indem der Großmeister darüber in keinster Weise informiert wurde117
.
Der Skandal um den Hauptschatzmeister bildete den Grundstock für eine stürmische
Situation, die die Beziehungen zwischen Tempel und Krone118
aufs äußerste anspannten: als
der Großmeister zu Beginn des Jahres 1307 von Zypern zurückkehrte, prüfte er die
Rechnungsbücher und bemerkte den enormen, auf verräterische Weise zugunsten des Königs
entnommenen Fehlbetrag. Philipp der Schöne hatte das Geld ohne jegliche Garantie entliehen,
ohne beispielsweise eines der Güter der Krone zu verpfänden, die es dem Tempel erlaubt
hätten, das Darlehen zu rechtfertigen119
.
Der Herrscher hatte in der Vergangenheit gegen Bonifatius VIII. in der Überzeugung
gekämpft, den französischen Klerus nach seinem Gutdünken besteuern zu können, um die
finanziellen Schwierigkeiten des Königreichs zu überwinden; nach dem Gewinn dieses
Zwistes120
wollte er zum Vermögen des privilegierten Ordens übergehen, der den Staatsschatz
des Königreichs verwaltete und einen beträchtlichen Teil der Gewinne der auf französischem
Territorium gelegenen Güter einholte. Er war mit unerhörter Arroganz vorgegangen und die
Reaktion des Großmeisters war derart heftig, dass der Papst höchstpersönlich einschreiten
musste, um die Krise abzuwenden.
Der Schatzmeister La Tour wurde nur dank der Fürsprache von Klemens V. wieder in
den Orden aufgenommen, eine Maßnahme, die das ganze Ereignis im Grunde als einen
Zwischenfall aufgrund eines Missverständnisses erscheinen ließ und die - wenigstens war dies
die Hoffnung des Papstes - die Beziehungen zwischen Jacques de Molay und Philipp dem
Schönen121
retten würde: aber der König hatte verstanden, dass jener Großmeister sich auf
stolze Art der Kontrolle der Krone über den Tempel widersetzen würde, und mit ihm als
Leiter des Ordens die Güter der Templer niemals als Notreserve für die Bedürfnisse der
französischen Politik zur Verfügung stehen würden.
Den Angriff, den der Herrscher kurz darauf verübte, leitete sich wahrscheinlich nicht
von einer Art vor gefasster ideologischer Feindseligkeit, obwohl die Historiker dazu neigen,
ihn als jähzornige und dem religiösen Fanatismus zugetane Persönlichkeit darzustellen. Mit
derselben Strategie hatte Philipp der Schöne die Güter finanzkräftiger Gruppierungen des
Königreichs beschlagnahmt, wie etwa die Juden und die Bankiers von Florenz, indem er sie
unter Anklage stellte und sie ihrer Güter enteignete122
: in der Vorstellung des Herrschers, oder
sagen wir lieber in den feinsinnigen Theoriekonstrukten seiner Anwälte, schien kein Preis zu
hoch für die Steigerung der Macht Frankreichs.
Note – Anmerkungen 1. Die historische Bibliographie ist überholt; eine nützliche Orientierung ist anzutreffen in M. Barber, The Trial; Demurger, Vie et mort de l’Ordre du Temple; Frale, L’ultima battaglia dei Templari. 2. Cronique de Geoffroi de Paris, Spalte 143-145. 3. Dante Alighieri, Purgatorio (=Purgatorium, Fegefeuer), XX, 91-96; Giovanni Boccaccio, De casibus
virorum illustrium, Buch IX. 4. Zur Entwicklung des Templermythos vgl. Partner, The Murdered Magicians. 5. Nach dem von Frenz ausgearbeiteten Hauptschema ist das Pergament von Chinon technisch gesehen ein Pontifikaldokument, kein päpstliches, durch die Autorität von Klemens V. mittels Kardinälen als päpstliche Legate erlassen; vgl. Frenz, Papsturkunden, S. 95-96. 6. Vgl. Barber, The Trial, S. 275, Anm. 50, über das Fehlen einer Originalfassung der Untersuchung von Chinon: «There is no proper transcription of these hearings. The information derives from a letter of the cardinals to King Philip (Baluze, III, pp. 98-100); an extract from the Vatican Archive register of the Avignon popes given in Finke, II, pp. 324-8; and the bull Faciens misericordiam, Port (ed.), Guillaume Le Maire, pp. 438-40» (“Es gibt keine authentische schriftliche Überlieferung dieser Anhörungen. Die Information leitet sich aus einem Brief der Kardinäle an König Philip (Baluze, III, S. 98-100) ab; ein Auszug aus dem Vatikanischen Archivregister der Päpste von Avignon liegt vor in Finke, II, S. 324-8; und die Bulle Faciens misericoridiam, Port (Hsg.), Guillaume Le Maire, S. 438-40.“) 7. Einige der bedeutendsten Werke dieser Historiker sind im Bibliographieteil aufgeführt.
21
8. Die Tatsache, dass er ein ausgezeichnetes juristisches Wissen verfügte, erlaubte Klemens V. eine große Handlungsfreiheit in Notsituationen, und er kam zu neuen Lösungen, die einem Papst mit andersartiger Bildung unannehmbar erschienen wären. Ein bedeutendes Beispiel ist das Eingreifen bei der Tilgung aller Absätze bezüglich der Verdammnis gegen Philipp den Schönen in den Registern von Bonifatius VIII, mit bewundernswertem juristischem Scharfsinn ausgeführt und von der Geschichtsschreibung hastig als x-ter Akt der Unterwürfigkeit jenes Papstes gegenüber dem Herrscher bezeichnet. Das Vorgehen bedarf entschieden einer weitergehenden Analyse, da es sich als umkehrbar erwies, eine wahrhaft doppelschneidige Waffe gegenüber der französischen Monarchie. 9. Zur Entstehung des päpstlichen Archivs vgl. Peri,Progetti e rimostranze, S. 191-237. 10. Die Anfänge dieser Forschung reichen ins Jahr 1995 zurück, während des 2. Schuljahres der Scuola Vaticana di Paleografia (=Vatikanschule für Paläographie), anlässlich einer Arbeit zum Spezialgebiet, für das ich das Register von Avignon 48 wählte. 11. Schottmüller, Der Untergang des Templerordens. 12. Finke, Papsttum und Untergang des Templerordens.
13. Viollet, Bérenger Frédol; Lizérand, Les dépositions du Grand Maître , S. 81-106; Gilmour Bryson, The
Trial of the Templars. 14. Siehe Einleitung zur Quellenausgabe: Tommasi,Interrogatorio di Templari a Cesena, S. 265-285. 15. Das Inventar von Calofanieri aus dem 17. Jahrhundert befindet sich beim Archivio Segreto Vaticano (von jetzt an als ASV), Sala Indici (=Registerraum), Manuskript Nr. 57. 16. Das Schicksal des päpstlichen Archivs und die einzelnen Vorgänge während der Deportation werden vom privaten Kammerdiener des Archivpräfekten Marino Marini berichtet, der dem Konvoi nach Frankreich folgte und dann nach der Restauration für die Rückkehr des Materials nach Rom sorgte; vgl. Regesta Clementis papae V, I, S. ccxxviii-cccxxv. 17. Vgl. ASV, Sala Indici, Nr. 1001. 18. Lamattina, I Templari nella storia, S. 275. 19. Der Wortlaut der Bulle, auf dieselbe Weise angefertigt und an alle Diözesanbischöfe übermittelt, findet sich in Regestum Clementis papae V, Nr. 3402. 20. ASV, Sala Indici, Nr. 57, c. 116r: es waren Texte der Anhörungen in den Diözesen Toul, Sens, Tours, und außerdem ein Dokument mit der Bezeichnung «Responsiones consiliariorum provincie Narbonensis super facto Templariorum». 21. Vgl. Hierarchia Catholica, I, S. 14, und Viollet, Bérenger Frédol, S. 62-178. 22. Tommasi, Interrogatorio dei Templari a Cesena, S. 265-285, alla p. 273; Schottmüller, Der Untergang, I, S. 705. 23. Während dieses Buch die Phasen des Druckes durchlebte, wird gerade eine erste Rekonstruktionsstudie angefertigt, deren Resultate in wahrscheinlich in einem kurzen Artikel der nächsten Veröffentlichung dargelegt werden. 24. Diesbezüglich ist die Biographie grundlegend, die im den Großmeistern des Ordens gewidmeten Band skizziert wird: Bulst-Thiele, Sacra Domus, S. 19-29; Cerrini, Le fondateur de l’ordre du Temple, S. 99-110. 25. Für eine grundlegende Einordnung in die Geschichte des Ordens vgl. Forey, Templari, in Dizionario
degli Istituti di Perfezione, Spalte 886-896; besonders gut ist die Diskussion und die Analyse der Quellen über die Ursprünge in Jerusalem in Tommasi,Pauperes commilitones Christi, S. 443-475. Eine wertvolle Übersicht über die neuesten Titel findet sich in Cerrini, L’ordine del Tempio. Aggiornamento bibliografico, S. 153-163. 26. Das Argument wird in verständlicher und ausreichender Art behandelt in Ligato, Fra ordini
cavallereschi e crociata, besonders S. 645-653. 27. Die Theorie über die Verbindung zwischen den Kanonikern des Heiligen Grabes und den Geführten von Payns bildet eine richtiggehende Tradition innerhalb der historischen Studien über den Tempel und verdient es mit Sicherheit, vertieft zu werden; die Hauptlinien in Leclerq, Un document sur
les débuts des Templiers, S. 81-91; Meyer, Zum Itinerarium peregrinorum, S. 210-221; Elm, Kanoniker und
Ritter vom Heiligen Grab, S. 141-169. 28. Vgl. Dupont Lachenal, Canonici regolari di s. Agostino, Spalte 553-565. 29. Die Nachricht wird in der Chronik des Guglielmo di Tiro (=Wilhelm von Tiro) (IX, 9). 30. Vgl. Elm, Canonici del Tempio, in Dizionario degli Istituti di Perfezione, Spalte 884-886. 31. Leclerq, “Militare Deo”, S. 3-18. 32. Vgl. Cardini, I Cristiani, la guerra e la santità, S. 9-17. 33. Das Problem im Zusammenhang mit den Ursprüngen des Templerordens wird analysiert in Cardini, I poveri cavalieri del Cristo, S. 15-29. 34. Vgl. Sicard, Paix et guerre dans le droit canonique, S. 79-81. 35. Sermones, 240, 1; Vgl. Lanzi, Agostino, predicatore e pastore di anime, S. 425. 36. Ebda., S. 425-429. 37. Vgl. Fonseca, “Militia Deo” e “militia Christi” , S. 343-354. La storia dei Templari e l’apporto delle nuove scoperte 43
22
38. Historia Hierosolymitana, II, 4, S. 373-374 e III, 42, S. 763, diskutiert in Barber, The New Knighthood, S. 3-7. 39. Demurger, Vie et mort, S. 21-23. 40. Hiestand, Kardinalbischof Matthäus von Albano, S. 295-325; Tommasi, “Pauperes commilitones Christi” , S. 454-458. 41. Barber, The New Knighthood, S. 8-9. 42. Demurger, Vie et mort, S. 22. 43. Die alte Bezeichnung ist Objekt einer akuraten Spezialstudie in Tommasi, Pauperes commilitones
Christi, S. 443-75. 44. Nach Guglielmo di Tiro zählte die Gruppe damals kaum neun Individuen, d.h. sie blieb praktisch auf die Gefährten des Gründers beschränkt; die Chronik von Michele Siriano berichtet hingegen von einer Zahl von ca. dreißig Rittern, was wohl wahrscheinlicher ist. Vgl. die aufgestellte Diskussion in Barber, The New Knighthood, S. 6 und Anmerkung 6; Demurger, Vie et mort, S. 23- 24. 45. Das Pontifikat von Honorius II. (Lamberto Scannabecchi da Fagnana) hat 1124 in einem Klima des Kampfes zwischen zwei mächtigen Lagern der römischen Aristokratie begonnen; beim Tod des Papstes zwischen dem 13. und dem 14. Februar 1130 führte der Streit sogar zum Schisma und der Wahl von zwei Päpsten, dem legitimen Innozenz II. (Gregorio Papareschi) und dem Gegenpapst Coelestin II. (Teobaldo Buccapeco); vgl. ihre Biographien von S. Cerrini und T. di Carpegna Falconieri in Enciclopedia dei Papi, II, S. 255-268. 46. Cardini, I poveri cavalieri di Cristo, S. 63-64. 47. Dieses Urteil über den Gedanken von Bernhard erscheint gut belegt und von vielen Seiten der Geschichtsschreibung geteilt; vgl. Zerbi, La “militia Christi” per i Cistercensi, besonders die Diskussion S. 277-281. 48. Der Text wurde herausgegeben in Léonard, Cartulaire, Nr. 1. 49. Vgl. Leclercq, Un document sur les débuts des Templiers, S. 88; Vacandard, Vie de saint Bernard, I, S. 254, zitiert in Cardini, I poveri cavalieri del Cristo, S. 98. 50. Epistola 31, VII, S. 85-86. 51. Darunter Pietro il Venerabile, Guigue de la Grand-Chartreuse und Isacco di Stella; vgl. diesbezüglich The Letters of Peter the Venerable, Nr. 172, S. 408; Lettres des premiers chartreux, S. 154-161; Isacco di Stella, Sermones, III, Nr. 48; diskutiert in Cerrini, Une experience neuve, II, S. 502. 52. Cardini, Alle radici della cavalleria medievale, S. 174, diskutiert in Zerbi, La “militia Christi” per i
cisterciensi , S. 284-285. 53. Gasparri, La cultura tradizionale dei Longobardi; trotz der chronologischen Entfernung bezüglich der durch den Historiker analysierten Epoche und den ethnischen Besonderheiten des langobardischen Volkes können viele Aspekte und typische Verhaltensmodelle der militärischen élites auf die Jahrhunderte des Hochmittelalters übertraben werden, nachdem sie den umformenden Filter der Christianisierung durchlaufen hatten, um sich in den Ritualen des mittelalterlichen Rittertums zu manifestieren und in der Folgezeit in den speziellen Eintritt in den Templerorden: es handelt sich jedoch nur um eine interessante Spur hin zu einer noch zu führenden Forschung. 54. Für eine grundlegende Einordnung vgl. Tabacco, L’ambiguità delle istituzioni, S. 401-438; Regno,
impero e aristocrazie, S. 15-29. 55. Das Problem der Entstehung des Rittertums als soziales und politisches Phänomen ist sehr komplex und verdient eine ausführliche Erörterung, auf die hier trotz der thematischen Affinität mit dem Gegenstand dieses Essays verzichtet wird, da sie eine derartig große Abschweifung mit sich bringen und die zentrale Stellung der Abhandlung unrechtmäßig einnehmen würde. Als Referenztitel seien drei berühmte Werke als wunderbare Anleitung für eine ausführlichere Forschung zitiert: Duby, Les origines de le chevalerie, S. 739-761; Cardini, Alle radici della cavalleria; Flori, L’idéologie du glaive. 56. Gaudemet, Grégoire VII et la France, S. 238. 57. Ausgezeichnete Arbeiten der jüngsten Zeit über das Leben und die Persönlichkeit des Papstes sind der Band von Cowdrey, Pope Gregorius VII, und der Beitrag von Ovidio Capitani in Enciclopedia dei
Papi, S. 188-212. 58. Vgl. Cardini, I Cristiani, la guerra e la santità, S. 9-17; Fonseca, “Militare Deo” e “militia Christi” nella
tradizione canonicale , S. 343-354. 59. Interessant der Beitrag von Gaudemet, Grégoire VII et la France, S. 213-240. 60. Alphandéry, Dupront, La cristianità e l’idea di crociata, S. 21-25. 61. Auch in diesem Fall ist die nützliche Bibliographie unendlich; deswegen werden hier nur die neuesten und relevantesten Werke im speziellen Blickwinkel dieses Essays zitiert: Autour de la première
croisade, par M. Balard; Bull, Knighty piety and the lay response to the first crusade; Flori, La première
croisade; Purcell, Papal crusading policy. 62. Zu dieser Alternativ-Datierung bezüglich der traditionellen von 1128 siehe Hiestand, Kardinalbischof Matthäus von Albano, S. 17-37.
23
63. Zur Konzilsregel des Tempels existiert eine exakte philologische, kodikologische und paläographische Studie, durchgeführt von Cerrini, Étude et édition des règles latine et française, Dissertation in 2 Bänden. Ein besonders wichtiger Teil der Arbeit betrachtet genau die Laien- und Kirchenpersönlichkeiten, die am Konzil teil nahmen (II, S. 394-433). 64. Die Historiker sind uneins, ob die Templerregel lediglich als Teil der Benediktinerfamilie angesehen werden oder die Rolle der Zisterzienser neu überdacht werden muss; zu dieser Frage empfiehlt sich Tommasi,“Pauperes commilitones Christi”, S. 465-466, mit den Aktualisierungen aufgrund der Studien von Simonetta Cerrini, nach denen es Beweise gibt, dass Bernhard selbst an der Abfassung des Textes mitgearbeitet hat; cfr. Cerrini, Une experience neuve, II, S. 389-393. 65. Siehe Cardini, I poveri cavalieri di Cristo, S. 15-129, und Tommasi, Templari e Cisterciensi, S. 227-74. 66. Für ein biographisches Gesamtbild siehe den Beitrag von Jean Leclercq in Dizionario degli Istituti di
Perfezione, I, S. 1394-1396, oder vom selben Autor, Bernard de Clairvaux, «Bibliothèque d’Histoire du Christianisme», 19 (1989). 67. Zerbi, La “militia Christi” per i Cisterciensi , S. 274-275. 68. Es ist die Meinung der vielleicht besten zeitgenössischen Kennerin des Gedankens des heiligen Bernhard, Jean Leclercq, geteilt von Pietro Zerbi und teilweise auch von Franco Cardini: vgl. Leclercq, Attitude spirituelle de saint Bernard devant la guerre, S. 195-225; Zerbi, La “militia Christi” per i Cisterciensi, S. 273-294; Cardini, I poveri cavalieri del Cristo, S. 94-99. 69. Eine ausgezeichnete Analyse der unterschwelligen sozio-politischen Absichten dieses Werkes ist ausgedrückt in Duby, Les origines de la chevalerie, S. 754-756. 70. Die Bibliographie zu diesem Thema ist überholt; als Titel zur Orientierung siehe Blumenthal, Papal
and local Councils, S. 137-144; Carozzi, La tripartition sociale et l’idée de paix au XIe siècle, S. 9-22; Althoff, Nunc fiant Christi milites, S. 317-333, außerdem die schon zitierten Werke von George Duby (Spoleto 1968) und Jean Flori (Gèneve 1983). 71. Piazzoni, “Militia Christi” e Cluniacensi , S. 241-246. 72. Vgl. Vie de Bourcard le vénerable, S. 1-32, diskutiert in Piazzoni, “Militia Christi” e Cluniacensi, S. 254-256. 73. Vgl. Fonseca, I conversi nelle comunità canonicali, S. 304-305. 74. Patrologia Latina, 194, Spalte 1524. 75. Meersseman, I penitenti nei secoli XI e XII, S. 308-309. 76. Vgl. Leclercq, Bernard de Clairvaux, S. 52, und vom selben Autor, Attitude spirituelle de Bernard devant
la guerre, S. 212-215, beide diskutiert in Zerbi, La “militia Christi” per i Cisterciensi , S. 279-280. Zu diesem Argument siehe auch den neuen Beitrag Cerrini, I Templari: una vita da fratres, S. 19-48. 77. Ein anderer Punkt, an dem sich die Historiker nicht einig sind, ist die kirchliche Klassifikation des Rangs der Templer, ob sie also effektiv als Mönche angesehen wurden. Die Gründer derjenigen, die dies abstreiten, sind natürlich gültig, aber Bernhard hat sie tatsächlich unmissverständlich als monachi
in seinem De laude bezeichnet, wenn auch mit einer ganz eigentümlichen Typologie: vgl. Zerbi, La
“militia Christi” per i Cisterciensi, S. 278. 78. Cardini, I poveri cavalieri di Cristo, S. 88. 79. Diesbezüglich vgl. die Rekonstruktionen in Demurger, Vie et mort, S. 47-93, und Barber, The New
Knighthood, S. 229-279. 80. Für einen generellen Überblick über die klösterlich-militärischen Orden des Mittelalters vgl. Nicholson, Templars, Hospitallers and Theutonic Knights; eine ganz neue und erschöpfende Analyse ist jene von Demurger, Chevaliers du Christ.
81. Legras, Lemaitre, La pratique liturgique des Templiers, S. 77-137. Für einen generellen Überblick über die Spiritualität der Militärorden vgl. Demurger, Chevaliers du Christ, S. 181-195. 82. Der Wortlaut des Privilegs, das in weitreichender Form für folgende Zugeständnisse von den Päpsten wieder benutzt wurde, wurde veröffentlicht in Hiestand, Papsturkunden für Templer und
Johanniter, Nr. 3, S. 204-210. 83. Die Unterscheidung ist schon in der Konzilsregel sichtbar (vgl. Curzon, Règle, § 16; Cerrini, Édition, § 6) und wird in der folgenden Regelung verstärkt (vgl. Curzon, Règle, § 337). Zur Klärung einer derartigen sozialen Differenzierung vgl. Barbero, L’aristocrazia nella società francese del medioevo, besonders S. 243-324. Für die Zulassung des roten Kreuzes auf dem Mantel vgl. Demurger, Vie et mort, S. 66-67. 84. Vgl. Demurger, Templiers et hospitaliers dans les combats de Terre sainte, S. 77-96. Zu den Militäreinrichtungen in Syrien und Palästina vgl. Pringle, Templar Castles between Jaffa and Jerusalem e Templars Castles on the Road of the Jordan, beide in The Military Orders, respektive S. 89-109, 148-166. 85. Gaier, Armes et combats, S. 47-56. 86. Die komplette Sammlung der Papstdokumente bezüglich der Templer findet sich in Lamattina, Regesta Pontificum Romanorum erga Templarios. 87. Vgl. Livre des deux jardins, III, S. 277, 299.
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88. Curzon, Règle, §§ 87-88. Siehe auch die Prozessquellen insgesamt, beispielsweise die Aussage des Visitators von Frankreich, Hugues de Pérraud, während der ersten Untersuchung in Paris, in Michelet, Procès, II, S. 361-363. 89. Demurger, Vie et mort, vgl. Besonders S. 133-183.
90. Zu diesem Thema ist grundlegend der Beitrag von Tommasi,I Templari e il culto delle reliquie, S. 191-210. 91. Zu diesem Problem vgl. Barber, Supplying the Crusaders States, S. 315-330. 92. Ebda, besonders S. 226-231; vom selben Autor vgl. auch Les templiers, Matthieu Paris et le sept péchés
capitaux, S. 153-169. 93. Zu diesem Thema vgl. Demurger, Trésor des templiers, trésor du roi, S. 73-85. 94. Diesbezüglich vgl. ausführlich Delisle, Mémoires sur les opérations financières des Templiers. 95. Runciman, Storia delle crociate, II, S. 953-981. 96. Demurger, Vie et mort, S. 235-236; Barber, The New Knighthood, S. 119-120. 97. Ebda, vgl. zum Beispeil S. 213, 217, 236-237; Favreau-Lilie, The military orders and the escape, S. 201-227. 98. Ebda, S. 224-25. Vgl. Amargier, La défense du Temple devant le concile de Lyon, S. 495-501. 99. Vgl. Finke, Papsttum und Untergang, II, S. 33-37; zu diesen verzögerten Projekten der Rückgewinnung des Heiligen Landes vgl. Schein, Fideles Crucis. 100. Vgl. Lizérand, Le dossier, S. 2-15; vgl. auch Guillemain, Il papato sotto la pressione del re di Francia, S. 198. 101. Vgl. die Behauptungen von Molay im Antwortschreiben an den Papst, diskutiert in Frale, L’ultima
battaglia dei Templari, S. 43-48. Über die Einrichtungen der Templer in jenem Gebiet Riley-Smith, The
Templars and Teutonic Knights in Cilician Armenia, S. 92-117. 102. Vgl. Amargier, La défense, S. 495-501. 103. Vgl. den Wortlaut der Aufhebungsbulle Vox in excelso, in Villanueva, Viage litterario, V, S. 207-221. 104. Vgl. Finke, Papsttum und Untergang des Templerordens, II, S. 51: «Intendo tamen, quod summus pontifex et dominus rex hoc faciant causa habendi de eorum moneta et quia facere volunt de Hospitali et Templo et omnibus aliis freriis unam simplicem mansionem, cuius mansionis rex predictus unum ex eius filiis regem facere dexiderat et intendit. Templum autem de hiis multum durum existit nec adhuc in hiis se voluit convenire». (« Ich denke jedoch, dass der höchste Pontifex und der Herr König dies machten, um das Geld jener zu besitzen, und weil sie aus den Hospitalitern und dem Tempel und allen anderen Bruderschaften ein einziges Haus machen wollten, und der König als Vorstand dieses Hauses einen seiner Söhne einzusetzen wünschte und wollte. Der Tempel aber erwies sich als sehr hart und wollte diesem Vorhaben bis jetzt nicht zustimmen.“) 105. Für einen generellen Überblick über das Problem der mittelaterlichen Häresien Merlo, Eretici ed
eresie medievali. Zur Inquisition vgl. Lea, A History of The Inquisition. 106. Barbiche, Les Actes Pontificaux, Nr. 1205. 107. Die Verbindung mit Bernhard ist besonders ausgedrückt und diskutiert in La storia dei Templari e l’apporto delle nuove scoperte 47 Cardini, I poveri cavalieri del Cristo, S. 15-129; vgl. auch Cardini, Bernardo e le crociate, S. 187-197; Ambrosioni, Bernardo e il papato, S. 59-79. 108. Curzon, Règle, § 475. 109. Vgl. Amargier, La défense, S. 499-500: «Filii sumus et imediate subiecti sacrosancte Romane ecclesie et erimus, auctore Domino, in futurum. Filii sumus obedientie et erimus et vota que fecimus perpetua ad Terre sancte subsidium nos offerimus impleturos. Et parati sumus expandere in Terre Sancte subsidium omnia que habemus et libenti animo propria corpora morti exponere quam voluit pater noster». (« Wir sind die der heiligen römischen Kirche unmittelbar unterworfenen Söhne und werden es auch in Zukunft sein, durch Autorität des Herrn. Wir sind gehorsame Söhne und werden es sein, und legen das dauerhafte Gelübde ab, dass wir uns vollständig der Unterstützung des Heiligen Landes widmen. Und wir sind bereit, zur Unterstützung der Ausdehnung des Heiligen Landes alles zu geben, was wir haben, und freien Mutes sogar unseren Körper dem Tod auszusetzen, wenn unser Vater dies will.“) 110. Vgl. Regesta Honorii papae III, Nr. 3431. 111. Über die Kreuzzugspolitik von Ludwig IX vgl. beispielsweise Runciman, An History of the Crusades, II, S. 902-933; Cardini, Le crociate tra il mito e la storia, S. 134-154. 112. Zur Situation Frankreichs unter Philipp dem Schönen vgl. Coulet, Francia e Inghilterra nella guerra
dei cent’anni, S. 623; Carozzi, Le monarchie feudali, S. 359-361; Boutaric, La France sous Philippe le Bel, S. 230-231. 113. Vgl. Fawtier, L’attentat d’Anagni , S. 153-179; Guillemain, Bonifacio VIII e la teocrazia pontificia, S. 129-174. 114. Eine aktuelle Synthese zur Frage der Fusion in Demurger, Chevaliers du Christ, S. 218-220.
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115. Die Information wurde dem Papst von demselben königlichen Anwalt Guillaume de Plaisians während einer Rede vor der Kurie zugetragen; vgl. Finke, II, S. 145: «Rex etiam in diversis partibus regni sui ordinavit, quod aliqui, bene XII numero, intrarent ordinem illum et audacter facerent, quicquid eis diceretur et postea exirent. Qui predicta omnia testificati sunt esse vera. Multi etiam, qui conversati sunt cum eis, testificati sunt hoc» (“ Der König aber ordnete in verschiedenen Teilen seines Königreiches an, dass zwölf an der Zahl jenem Orden beitreten und dies kühn machen, was immer ihnen gesagt wird, und später austreten. Für die Wahrheit alles Gesagten sind sie Zeugen. Viele aber, die mit ihnen konvertiert sind, sind Zeugen dessen“) ; Barber, The Trial, S. 51-52. 116. Ich danke Professor Marco Tangheroni, der mich auf diese äußerst wichtige Offensichtlichkeit aufmerksam machte. 117. Gestes des Chiprois, S. 329. 118. Frale, L’ultima battaglia dei Templari, S. 48-59. 119. Eine Episode aus der Vergangenheit, während des ersten Kreuzzugs des Heiligen Ludwigs geschehen, könnte ein wichtiger Präzedenzfall sein und einen Weg aufzeigen, um den Herrscher in Schwierigkeiten ohne eine Verletzung der strengen Disziplin des Tempels zufrieden zu stellen; vgl. Joinville, Histoire de Saint Louis, S. 134-136. 120. Der harte ideologische Konflikt um die unrechtmäßige Besteuerung von 1295 nahm im folgenden moderatere Töne an und man kam zu einer Kompromisslösung: eine Delegation von französischen Kirchenmännern reiste bis nach Rom, um sich einerseits beim Papst wegen der an der Kirche von der Krone zugefügten Gewalttaten zu beklagen, andererseits um zu bezeugen, dass die Situation wirklich kritisch war, und Bonifatius VIII um ein Entgegenkommen hinsichtlich der Bedürfnisse des Herrschers zu bitten. Trotz der steuerlichen Immunität der Kirche gegenüber der Autorität der Laien erkannte der Papst die Möglichkeit der Herrscher, dem Klerus außerordentliche Steuern aufzuerlegen, wenn die Situation des Landes dies erforderte; die Phase relativer Anspannung dauerte bis ins Jahr 1298 und gipfelte in der Kanonisierung von König Ludwig IX., dem Großvater von Philipp dem Schönen. Vgl. Dalle Piane, La disputa tra Filippo il Bello e Bonifacio VIII, S. 497-500; Garfagnini, Il Tractatus de potestate, S. 158. 121. Gestes des Chiprois, S. 329. 122. Barber, The Trial, S. 39-40.