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63. Jahrgang – ifo Schnelldienst 11/2010 19 Das Hybridfahrzeug entwickelt sich zu ei- nem Bindeglied zwischen dem Verbren- nungsmotor und den elektrischen Antrie- ben. Hybridfahrzeuge sind seit zehn Jah- ren großserienfähig. Bis Anfang des Jah- res 2010 wurden weltweit 2,5 Mill. Hy- bridfahrzeuge verkauft. Der japanische Autobauer Toyota hat seit Einführung des ersten Toyota-Hybridmodells im Jahr 1997 über 2,2 Mill. Hybridfahrzeuge ab- gesetzt. Neben Toyota ist Honda einer der wichtigen Anbieter von Hybridfahr- zeugen. Die Strategie von Honda, nur auf so genannte Mildhybride zu setzen, die nicht eigenständig elektrisch fahren kön- nen, sondern bei denen der Elektromo- tor lediglich den Verbrennungsmotor im Fahrbetrieb unterstützt, ist der kosten- günstige Einstieg in die Hybridwelt. Der- zeit sind weltweit bereits 16 eigenstän- dige Hybridmodelle (HEV = Hybrid Elect- ric Vehicle) der verschiedensten Autobau- er im Serienangebot. Bis zum Jahr 2013 kommen nach unseren Recherchen nochmals 22 eigenständige Fahrzeug- modelle als Hybridfahrzeuge auf den Markt. Von der Angebotsseite entwickelt sich damit der Markt für Hybridfahrzeu- ge dynamisch. Ab 2011 starten erste Plug-in- Hybridgenerationen Zu den HEV, die als Mild- und Vollhybrid auf dem Markt sind, werden ab 2011 die so genannten Plug-in-Hybride (PHEV) kommen. In der antriebstechnischen Aus- gestaltung sind dabei zwei Konzepte in der Umsetzung: der Parallel-Plug-in-Hy- brid, wie ihn etwa Toyota mit dem Prius- Plug-in bereits in Großserien testet und ab 2012 einführen wird, und der serielle Plug-in-Hybrid á la Chevrolet Volt und dem baugleichen Opel Ampera, dessen Markt- einführung für Ende 2011 angekündigt wurde. Serielle Plug-in-Hybride werden auch als Elektrofahrzeuge mit Range Ex- tender bezeichnet. Beim seriellen Hybrid erfolgt der Antrieb ausschließlich über ei- nen Elektromotor, der durch Batterien ge- speist wird, die während der Fahrt durch einen kleinen Verbrennungsmotor nach- geladen werden können. Die Plug-in-Hybride, die für einen rein elek- trischen Fahrbetrieb zwischen 25 km und 150 km Reichweite ausgelegt werden, ha- ben deutlich größer dimensionierte Bat- terien als Vollhybride. Während bei den HEV-Fahrzeugen die elektrische Energie überwiegend durch Recuperation der Bremsenergie gewonnen wird und daher Nickel-Metallhydrid und ähnliche kosten- günstige elektrische Stromspeicher ein- gesetzt werden, erfordert der PHEV Bat- terien mit höherer Energiedichte. Die Energiedichte, gemessen in Watt- stunden pro Kilogramm, ist ein Maß für die Dauer der gleichmäßigen Energieab- gabe über einen bestimmten Zeitraum. Bei den HEV reichen aufgrund der über- schaubaren Energiemengen, die durch Bremsvorgänge gewonnen werden kön- nen, Akkus mit geringeren Energiedich- ten (Wh/kg) aus. Die Nickel-Metallhydrid- batterie bildet heute den Standard für den Toyota Prius und seine Hybridderivate. Mercedes hat 2009 weltweit den ersten Hybrid mit Lithium-Ionen-Batterie in dem Spitzenmodell S400 Hybrid eingeführt. und ihr Wertschöpfungspotential für Europa Ferdinand Dudenhöffer* Batteriespitzentechnologie für automobile Anwendungen Die Entwicklung und Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuganwendungen hat für die Automobilindustrie strategische Bedeutung. Ausschlaggebend für den neuen Markt für Batte- riespitzentechnologie ist die Nachfrageentwicklung für Mild-, Voll- und Plug-in-Hybridfahrzeuge sowie für reine batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Im Folgenden werden Nachfrageentwicklun- gen für elektrifizierte Antriebe abgeleitet und Angebotsstrukturen im Markt für Hochleistungs- stromspeicher diskutiert. Der Artikel argumentiert, dass in Europa eine leistungsfähige Lithium- Ionen-Batterieindustrie für automobile Anwendungen aufgebaut werden kann. Gelingt dies, kann mit einem hohen Wertschöpfungspotential für Europa gerechnet werden. * Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor des CAR-Center Automotive Research an der Univer- sität Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Auto- mobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.

Batteriespitzentechnologie für automobile Anwendungen und ... · Batteriespitzentechnologie für automobile Anwendungen Die Entwicklung und Produktion von Lithium-Ionen-Batterien

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63. Jahrgang – i fo Schne l ld ienst 11/2010

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Das Hybridfahrzeug entwickelt sich zu ei-nem Bindeglied zwischen dem Verbren-nungsmotor und den elektrischen Antrie-ben. Hybridfahrzeuge sind seit zehn Jah-ren großserienfähig. Bis Anfang des Jah-res 2010 wurden weltweit 2,5 Mill. Hy-bridfahrzeuge verkauft. Der japanischeAutobauer Toyota hat seit Einführung desersten Toyota-Hybridmodells im Jahr1997 über 2,2 Mill. Hybridfahrzeuge ab-gesetzt. Neben Toyota ist Honda einerder wichtigen Anbieter von Hybridfahr-zeugen. Die Strategie von Honda, nur aufso genannte Mildhybride zu setzen, dienicht eigenständig elektrisch fahren kön-nen, sondern bei denen der Elektromo-tor lediglich den Verbrennungsmotor imFahrbetrieb unterstützt, ist der kosten-günstige Einstieg in die Hybridwelt. Der-zeit sind weltweit bereits 16 eigenstän-dige Hybridmodelle (HEV = Hybrid Elect-ric Vehicle) der verschiedensten Autobau-er im Serienangebot. Bis zum Jahr 2013kommen nach unseren Recherchennochmals 22 eigenständige Fahrzeug-modelle als Hybridfahrzeuge auf denMarkt. Von der Angebotsseite entwickeltsich damit der Markt für Hybridfahrzeu-ge dynamisch.

Ab 2011 starten erste Plug-in-Hybridgenerationen

Zu den HEV, die als Mild- und Vollhybridauf dem Markt sind, werden ab 2011 dieso genannten Plug-in-Hybride (PHEV)kommen. In der antriebstechnischen Aus-gestaltung sind dabei zwei Konzepte inder Umsetzung: der Parallel-Plug-in-Hy-brid, wie ihn etwa Toyota mit dem Prius-Plug-in bereits in Großserien testet undab 2012 einführen wird, und der serielle

Plug-in-Hybrid á la Chevrolet Volt und dembaugleichen Opel Ampera, dessen Markt-einführung für Ende 2011 angekündigtwurde. Serielle Plug-in-Hybride werdenauch als Elektrofahrzeuge mit Range Ex-tender bezeichnet. Beim seriellen Hybriderfolgt der Antrieb ausschließlich über ei-nen Elektromotor, der durch Batterien ge-speist wird, die während der Fahrt durcheinen kleinen Verbrennungsmotor nach-geladen werden können.

Die Plug-in-Hybride, die für einen rein elek-trischen Fahrbetrieb zwischen 25 km und150 km Reichweite ausgelegt werden, ha-ben deutlich größer dimensionierte Bat-terien als Vollhybride. Während bei denHEV-Fahrzeugen die elektrische Energieüberwiegend durch Recuperation derBremsenergie gewonnen wird und daherNickel-Metallhydrid und ähnliche kosten-günstige elektrische Stromspeicher ein-gesetzt werden, erfordert der PHEV Bat-terien mit höherer Energiedichte.

Die Energiedichte, gemessen in Watt-stunden pro Kilogramm, ist ein Maß fürdie Dauer der gleichmäßigen Energieab-gabe über einen bestimmten Zeitraum.Bei den HEV reichen aufgrund der über-schaubaren Energiemengen, die durchBremsvorgänge gewonnen werden kön-nen, Akkus mit geringeren Energiedich-ten (Wh/kg) aus. Die Nickel-Metallhydrid-batterie bildet heute den Standard für denToyota Prius und seine Hybridderivate.Mercedes hat 2009 weltweit den erstenHybrid mit Lithium-Ionen-Batterie in demSpitzenmodell S400 Hybrid eingeführt.

und ihr Wertschöpfungspotential für Europa

Ferdinand Dudenhöffer*

Batteriespitzentechnologie für automobile Anwendungen

Die Entwicklung und Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuganwendungen hat für

die Automobilindustrie strategische Bedeutung. Ausschlaggebend für den neuen Markt für Batte-

riespitzentechnologie ist die Nachfrageentwicklung für Mild-, Voll- und Plug-in-Hybridfahrzeuge

sowie für reine batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Im Folgenden werden Nachfrageentwicklun-

gen für elektrifizierte Antriebe abgeleitet und Angebotsstrukturen im Markt für Hochleistungs-

stromspeicher diskutiert. Der Artikel argumentiert, dass in Europa eine leistungsfähige Lithium-

Ionen-Batterieindustrie für automobile Anwendungen aufgebaut werden kann. Gelingt dies, kann

mit einem hohen Wertschöpfungspotential für Europa gerechnet werden.

* Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor desCAR-Center Automotive Research an der Univer-sität Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhlsfür allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Auto-mobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

Bei entsprechenden Kostensenkungen inder Lithium-Ionen-Batterieherstellung kanndavon ausgegangen werden, dass auchder HEV-Markt hohes Potential für Lithium-Ionen-Akkus besitzt. Sollen Fahrzeuge ei-genständig elektrisch fahren, sind höhereEnergiedichten und damit Lithium-Ionen-Akkus notwendig.

Hybridisierung treibt Batterie-nachfrage an

Neben der Energiedichte, die eine gleich-mäßige Energieabgabe über einen mög-lichst langen Zeitraum gestattet, ist es fürStraßenfahrzeuge notwendig, unterschied-liche Leistungsabgaben abrufen zu können, etwa bei Be-schleunigungsvorgängen. Damit wird das zweite Maß, dieLeistungsdichte in W/kg von Bedeutung. Kondensatoren(Ultra-Caps, Doppelschicht-Caps, Elektrolyt-Caps), die be-reits deutlich weiterentwickelt sind und industriell gefertigtwerden, ermöglichen hohe kurzfristige Leistungsabgaben.Die beiden Maßeinheiten, Energie- und Leistungsdichte, las-sen erkennen, dass es beim Übergang in die Elektrifizie-rung der Antriebe keine »Standardbatterie« gibt, sonderndass die Batterie für die jeweilige Fahrzeuge – auch in Ver-bindung mit Kondensatoren – in einem entsprechenden Package zusammengestellt werden.

Abbildung 1 gibt einen Überblick über die wichtigen Schrit-te bei der Elektrifizierung der Antriebe. Während Hybride undPlug-in-Hybride in absehbaren Zeitabständen flächende-ckend zum Einsatz kommen, liegt die Domäne des reinenbatterieelektrischen Fahrzeugs (BEV) überwiegend im Um-feld der Mega-City. Nach dem Jahr 2025 ist denkbar, dasses der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und die Kos-tenvoraussetzungen für Brennstoffzellenfahrzeuge erlauben,schrittweise eine emissionslose individuelle Mobilität einzu-führen.

Batterietechnik: Zentrale Schlüsseltechnologiefür eine neue Automobilära

Abbildung 1 illustriert, dass sich die deutschen Autobau-er Mercedes, BMW, Ford Deutschland und Opel bezüg-lich ihrer Elektrofahrzeuge am internationalen Umfeld mes-sen können. Die oft in der Vergangenheit geäußerte Kri-tik, die deutschen Autobauer seien spät in die Hybridtech-nologie eingestiegen, trifft für das Elektroauto, die Ent-wicklungen beim Plug-in-Hybriden und bei der Brennstoff-zellentechnologie nicht zu. Eine Ausnahme ist der VW-Konzern, der erst ab 2013 Kleinserien eines Plug-in-Hy-brids und Elektroautos testen wird. Gemeinsam ist allen

Hybridkonzepten die Notwendigkeit der Stromspeiche-rung im Fahrzeug. Das trifft auch auf das Brennstoffzel-lenfahrzeug zu, da Leistungsspitzen über Stromspeicherim Fahrzeug abgedeckt werden müssen. Die Stromspei-chertechnik – spricht Batterietechnik – wird damit zumzentralen Technologieträger bei der Elektrifizierung derFahrzeugantriebe.

Wesentlich für die Elektromobilität und insbesondere derreinen batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) überwiegendim Umfeld der Mega-C BEV ist die Entwicklung zur Ver-städterung. Bereits im Jahre 2007 lebten mit 3,3 Mrd.Menschen 50% der Weltbevölkerung in urbanen Ansied-lungen. Bis 2020 wird sich der Anteil voraussichtlich auf70% erhöht haben. Die urbanen Räume werden deutlichgrößer und dichter besiedelt sein, und die Transportsys-teme werden die Mega-Citys vor große Herausforderun-gen stellen. Sie verlangen nach deutlich besseren Kom-binationen von öffentlichen und individuellen Trabsport-mitteln. Die BEV können in diesen Transportsystemen ei-ne wichtige Rolle spielen, da sie sowohl bei den Abgas-als auch den Lärmemissionen eine neue Emissionsquali-tät garantieren.

Nach 2025 verlieren reine Verbrennungsmotorenihre Bedeutung

Bis zum Jahr 2014 kann davon ausgegangen werden, dassalle Autobauer Hybridmodelle anbieten werden. Gleichzei-tig gehen die Marktanteile der Dieselfahrzeuge zurück, dasie mit Nachteilen im Abgasverhalten behaftet sind: Die Re-duzierung von Stickoxidemissionen erhöht die Kosten. Zu-sätzlich profitiert der Hybrid, der mit deutlich verbessertenturbogeladenen Benzinmotoren mit kleinem Hubraum(Downsizing) kombiniert wird, durch niedrigere CO2-Emis-sionen. Weitere CO2-Einsparungen beim Hybrid lassen sichmit einem kombinierten Erdgasantrieb, der kostengünstigaus dem Benzinantrieb ableitbar ist, gewinnen.

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Abb. 1

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

China als Angelpunkt für Elektromobilität

Zum wichtigsten Angelpunkt für Elektromobilität dürftesich China entwickeln. Auf der einen Seite ist durch dieschnelle Entwicklung und das Wachstum der Großstäd-te das Land der wichtigste Absatzmarkt für moderne ur-bane, emissionsfreie Verkehrsnetze. Zum anderen inves-tiert und fördert die chinesische Zentralregierung in kaumvergleichbarem Maße die Vermarktung der Elektromobi-lität. Abbildung 2 zeigt, dass die chinesischen HerstellerBYD (Build Your Dreams), Cherry und Geely 15 neue BEV-Fahrzeugmodelle bis 2012 einführen werden. Insgesamthat in China die National Development and Reform Comission (NDRC) das Ziel ausgegeben, bereits im Jahr2012 eine Million BEV-Fahrzeuge auf Chinas Straße zu ha-ben. Deutschland will diese Zahl erst acht Jahre späterrealisieren. 2,7 Mill. Elektrofahrzeuge sollen bereits 2015in China laufen und 2020 wird das Ziel von 4 Millionen ver-folgt. Dabei setzt die chinesische Förderpolitik gezielt aufden Hersteller BYD, der chinesischer Leithersteller wer-den soll.

Ab 2011 Honda Mildhybrid unter 15 000 €

Einen wesentlichen Schub bei der Hybridisierung ist imJahr 2011 zu erwarten, wenn Honda seinen KleinwagenJazz in der Mildhybridversion unter 15 000 € anbieten wird.Das interne Preisziel von Honda sieht vor, die Hybridver-sion bei Kleinwagen wie dem Jazz mit einem Aufpreis vonweniger als 1 300 € gegenüber dem Benziner anbieten zukönnen. Der Einstieg in den preiswerten Hybrid wird dieHybridverbreitung deutlich beschleunigen. Honda selbsthat sich zum Ziel gesetzt, bereits 2012 einen Anteil von10% Hybridfahrzeugen an seinen Gesamtverkäufen welt-weit zu erzielen.

Hybride sind auch notwendig, damit die High-End-An-bieter ihre CO2-Ziele erreichen. So plant Mercedes seine

nächste S-Klasse in einer Plug-in-Hybridversion mit einemTreibstoffverbrauch von 3,2 l Benzin/100 km und einemCO2-Ausstoß von 74 g CO2 pro km anzubieten.

Elektrofahrzeuge: Startpreise ab 40 000 US-Dollar

Die Einstiegspreise für die BEV beginnen mit 40 000 US-Dollar für die Fahrzeuge Nissan Leaf und Mitsubishi i-MiEV.Im Jahr 2010 hat Mitsubishi entscheiden, den Preis des i-MiEV in Japan auf umgerechnet 43 020 US-Dollar festzu-legen. Damit sind unter Berücksichtigung staatlicher Verkaufshilfen in Höhe von 5 000 € in Frankreich und 5 000 Pfund (7 490 €) in England in Europa moderne Elek-trofahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien und Reichweitenvon 150 km ab 35 000 € denkbar.

Der französische PSA-Peugeot-Citroen-Konzern hat auchaus diesem Grund Anfang 2010 mit Mitsubishi ein Liefer-abkommen für jährlich 25 000 Fahrzeuge des i-MiEV-Typsbis 2015 abgeschlossen. Die Fahrzeuge werden ab 2011als Peugeot iOn und Citroen C-Zero angeboten. Unter Be-rücksichtigung der an PSA gelieferten Fahrzeuge plant Mit-subishi im Jahr 2013 mit einer Jahresproduktion von55 000 Elektrofahrzeugen. Die Lithium-Ionen-Batterien wer-den in dem Joint-Venture-Unternehmen »Lithium EnergyJapan« des japanischen Batterieherstellers GS Yuasa undMitsubishi produziert. Der Renault Spitzenmanager Pa-trick Pélata rechnet bereits für das Jahr 2020 mit einemMarktanteil von 10% für Elektrofahrzeuge in Europa. Diehier abgeleitete Prognose ist deutlich konservativer. Nachunseren Schätzungen werden im Jahr 2020 in Westeuro-pa 400 000 BEV-Fahrzeuge abgesetzt. Dies entspricht ei-nem Marktanteil von 3%.

Zwischenfazit: Vier zentrale Variable steuern dieElektrifizierung der Antriebe

Deutlich kostenverbesserte Hybridfahr-zeuge (Mildhybrid mit einem Aufpreis von1 000 € um 2015), die ab 2011 einset-zende Weiterentwicklung durch Plug-in-Hybride, das Bestreben der Gesetzgeber,die CO2-Emissionen im Verkehr spürbarzu reduzieren (95 g CO2/km in EU ab2020, Verordnung (EG) Nr. 443/2009) unddie zu erwartenden Preissteigerungen beiden fossilen Brennstoffen lassen nach un-serer Prognose weltweit den Anteil derFahrzeuge mit reinem Verbrennungsmo-tor bis zum Jahr 2025 auf 35% sinken.Dabei wurde der Preis für ein Barrel Roh-öl von 350 US-Dollar im Jahr 2025 un-terstellt.

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Abb. 2Elektromobilität in China

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

Abbildung 3 illustriert die Prognose. Reine Verbrennungs-motoren werden danach lediglich beim Low Cost Car in länd-lichen Gebieten in Südamerika, Asien und Osteuropa ein-gesetzt. In allen anderen Marktsegmenten wird nach unse-rer Einschätzung der Pkw-Neuwagenmarkt durch voll- undteilelektrifizierte Fahrzeuge abgedeckt. Dabei wird im enge-ren Mega-City-Umfeld (20 bis 25 km Radius um das Zent-rum) die Verkehrspolitik überwiegend auf emissionsfreie Fahr-zeuge setzen – sprich Elektrofahrzeuge. Auch aus diesenGründen planen Hersteller wie Tata, bereits im Jahr 2012mit einer Elektroversion des Ultra Low Cost Car Tata Nanodas neue Marktsegment der preisgünstigen Elektroautos zubesetzen.

Die zur Abbildung 2 korrespondierte Tabelle 1 zeigt dieEntwicklung der Verkaufsvolumen. Der Pkw-Weltmarkt istein Wachstumsmarkt und wird nach der hier vorliegen-den, eher konservativen Prognose bis zum Jahre 2025den jährlich Pkw-Verkauf auf 87,2 Mill. Fahrzeuge stei-gern. Gegenüber dem Jahr 2005 stellt dies eine Zunah-me von jährlich 33,1 Mill. Pkw-Verkäufen oder 61,1% dar.Wachstumstreiber ist der Anstieg der Motorisierung indie neuen Märkte mit den Schwerpunkten China, Indienund Anrainerstaaten wie Vietnam sowieRussland. Der Anteil der neuen Märkte amPkw-Weltmarkt steigt nach unserer Prog-nose von 30,8% im Jahr 2005 auf 55% imJahr 2025. Dagegen verharren die gesät-tigten Triade-Märkte USA-Kanada, West-europa und Japan auf dem heutigen Ni-veau von weniger als 39 Mill. Pkw-Verkäu-fen. Die Daten lassen die Dynamik der Au-tomobilmärkte erkennen. Diese Marktdy-namik steigert zusätzlich den Druck in Rich-tung CO2-schonende Antriebe und höhe-re CO2-Grenzwerte.

2025: Lithium-Ionen-Batteriemarktvon über 77 Mrd. €

Die hohe Dynamik der Elektrifizierung derAntriebe bestimmt das Wachstumstempoder Stromspeicherproduktion. Unterstelltman, dass ausschließlich konventionelleBatterietechnik für Mild- und Vollhybride zumEinsatz kommt, werden nach der vorstehen-den Prognose bis zum Jahr 2025 Lithium-Ionen-Batteriepacks für 22,2 Mill. Fahrzeu-ge benötigt. Unterstellt man einen Durch-schnittspreis von 3 500 € pro Lithium-Ionen-Batteriepack pro Fahrzeug, ergibt sich nurfür Plug-in-Hybride und batterieelektrischeFahrzeuge (BEV) bis zum Jahr 2025 einMarkt in der Größenordnung von über77 Mrd. €. Dabei wurde eine Senkung derKosten von Lithium-Ionen-Batterien um fast

zwei Drittel unterstellt. Zusätzlich wurde nicht berücksich-tigt, dass Mild- und Vollhybride ebenfalls Potential zum Ein-satz von Lithium-Ionen-Batterien haben. Unterstellt man ineiner sehr vereinfachenden Rechnung, dass Mild- und Voll-hybride (HEV) 2025 mit Batteriekosten von 1 500 € pro Fahr-zeug kalkulieren, ergibt sich ein Markt für Stromspeichervon 130 Mrd. €.

Hochtechnologiestromspeicher entwickeln sich damit für dieAutomobilindustrie zu einer Schlüsselkomponente mit ho-her Wertschöpfung. Der Weg in die Elektrifizierung der An-triebe strukturiert die Automobilindustrie neu. Bereits 2025werden weltweit jährlich 56 Mill. Neuwagen als Hybride, Plug-in-Hybride oder Elektrofahrzeuge abgesetzt. Der Markt fürHochtechnologiestromspeicher für die Automobilindustriewächst bis zum Jahr 2025 auf über 130 Mrd. €.

Markt- und Innovationspotential Hochleistungs-batterie

Lithium-Ionen-Batterien spielen seit den neunziger Jah-ren bei elektronischen Geräten wie Laptops, Mobiltelefo-

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22

100% 99%94%

69%

35%

2%5%

23%

39%

1%5%

20%

3% 5%

2005 2010 2015 2020 2025

Fuel Cell (FCV)

Batterie EV

Plug-in-Hybrid

Hybrid (Mild und Voll)

Reiner Verbrennungsmotor

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Entwicklung Pkw-Weltmarkt nach Antriebsarten

Anteile in %

Abb. 3

Tab. 1

Pkw-Weltmarkt: Entwicklung Antriebsarten (in 1 000 Fahrzeugen)

2005 2010 Prognose

2015 Prognose

2020 Prognose

2025 Prognose

Fuel Cell (VCV) 0 0 0 0 300

Batterie (EV) 0 0 340 2 300 4 400

Plug-in-Hybrid 0 0 680 3 900 17 500

Hybrid (Mild und Voll)

252

840

3 500

18 000

34 200

Reiner Ver- brennungsmotor

54 528

55 140

63 680

54 300

30 800

Total 54 780 55 980 68 200 78 400 87 200

Quelle: Prognose CAR Universität Duisburg-Essen.

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

nen und Digitalkameras eine prägende Rolle. Der Marktder elektrochemischen Energiespeicher war in den letz-ten 15 Jahren aufgrund sehr dynamischer Entwicklungenbei u.a. Mobiltelefonen, Camcorder und Laptops durch ho-hes Wachstum gekennzeichnet. Die Entwicklungsstand-orte und Produktionsstätten von Lithium-Ionen-Batterienfür diese Produkte liegen fast ausschließlich in Asien (Ja-pan, China, Korea, vgl. Abb. 4). Neben Japan, China undKorea ist die Lithium-Ionen-Batterietechnik auch in denUSA vorhanden und wird dort vorwiegend für militärischeAnwendungen genutzt.

Zukünftig wird die Hochleistungsbatterie auch bei batterie-getriebenen Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden zurKomponente mit hohem Wertschöpfungsanteil. Nach un-seren Modellrechnungen liegt mittelfristig bei beiden An-triebsformen der Wertschöpfungsanteil der Hochleistungs-batterie am Fahrzeugproduktionswert zwischen 15 bis 20%.Auch deshalb hat der Auf- und Ausbau der Kompetenz beielektrischen Stromspeichern in der europäischen Automo-bilindustrie strategische Bedeutung.

Mehrstufige WertschöpfungsketteHochleistungsbatterie

Der Auf- und Ausbau der Kompetenz beiHochleistungsbatterien für automobile An-wendungen fußt auf einer mehrstufigen Wert-schöpfungskette, die von der Herstellung vonAusgangsmaterialien und Werkstoffen wieGraphit, Metalloxiden, Metallfolien, über dieKomponentenproduktion von Anoden, Ka-thoden, Elektrolyten zur Zellenproduktion,dem Packageing von Zellen zu Batterie-

blocks und den Anwendungen in den ver-schiedenen Fahrzeugantriebsvarianten – wieBatteriefahrzeuge (BEV), Plug-in-Hybride(PHEV) und Hybridfahrzeugen (HEV) – führt.

Abbildung 5 illustriert diese Wertschöp-fungskette. Insbesondere bei der Produk-tion der Ausgangsmaterialien und Kompo-nenten kommt Unternehmen der chemi-schen Industrie große Bedeutung zu. In dennicht-automobilen Anwendungen ist die Li-thium-Ionen-Batterieproduktion, also Zel-len und Batteriepackaging, so gut wie kaumin Europa vorhanden (vgl. Abb. 4). Ganzim Gegensatz dazu kann im Automobilbe-reich durchaus auf Kompetenz und Know-how deutscher Chemieunternehmen in derLithium-Ionen-Batterietechnik zurückgegrif-fen werden. Wichtig ist hier, dass es ent-scheidende Unterschiede in den Anforde-rungen an die Technologie für Lithium-

Ionen-Großzellen für Fahrzeuge zu den gängigenHandy/Laptop/Camcorder-Zellen gibt. Eine Zelle für Fahr-zeuge muss einen vielfach größeren Energieinhalt und ei-ne größere Energieleistung bieten, entscheidend höhereZyklenfestigkeit besitzen und eine erheblich längere Le-bensdauer garantieren. Zusätzlich müssen Batteriezellenfür Fahrzeuge aufgrund der gespeicherten Energie we-sentlich höheren Sicherheitsanforderungen zur Verhinde-rung einer unkontrollierten Entladung Rechnung tragen.Um dies zu realisieren, braucht es Innovationen insbeson-dere aus der Elektrochemie.

So sind – wie Abbildung 6 illustriert – Chemieunternehmen,wie BASF und Evonik, in der Herstellung von Werkstoffensowie der Produktion von Kathoden für neue Lithium-Ionen-Batterie-Anwendungen tätig. Merck und Evonik sind in derElektrolytforschung und Produktion für Lithium-Ionen-Zellenengagiert, und Evonik hat zusätzlich hohe Kompetenzen aufden Feldern des Separators sowie der Anodenentwicklung

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China37%

Korea17%

Japan43%

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Lithium-Ionen-Batterieproduktion

2007

Rest3%

Abb. 4

Abb. 5Wertschöpfungskette Hochleistungsbatterie

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

und -produktion erworben. Insbesondere die Entwicklungeines patentierten, hitzebeständigen Separators mit Kera-mik-Nano-Partikeln erlaubt es, bis hin zu Temperaturen von700 Grad Celsius Lithium-Ionen-Zellen vor Kurzschlüssenzu bewahren. Eine zentrale Komponente der Batterie – ge-wissermaßen das Herzstück – ist der Separator.

Es liegen gute Voraussetzungen vor, um bei der neuen, stra-tegischen Komponente der Automobilindustrie, der Hoch-leistungsbatterie, eigenständiges Entwicklungs- und Pro-duktions-Know-how in Deutschland aufbauen und nutzenzu können. Wichtige Voraussetzungen zum Auf- und Aus-bau einer Batteriespitzentechnologie für automobile Anwen-dungen sind damit bei deutschen Chemieunternehmen vor-handen.

Ein Automobilzulieferer mit eigenständigerLi-Ionen-Batterie in Deutschland

Klassische Automobilzulieferer, wie Bosch oder Conti-nental, und Autobauer, die mit neuen Kompetenzfelderndurch die Entwicklung zur Elektrifizierung der Antriebekonfrontiert sind, sehen ihre Aufgabe auf den späterenStufen der in Abbildung 5 dargestellten Wertschöpfungs-kette. Continental und Bosch setzen insbesondere beimZelleneinkauf auf koreanische (Samsung-Bosch JointVenture SB-LiMotive) oder japanische Unternehmen. Con-tinental besitzt an dem japanischen Unternehmen Enaxeinen Kapitalanteil von 16%, der Eigenkapitalanteil vonEvonik an Enax beträgt 10%. Sieht man von den klassi-schen mittelständischen Batterieherstellern wie Hopp-ecke oder Moll ab, die eigenständig kaum die Entwick-

lungskapazitäten und finanziellen Ressour-cen zur Zellentwicklung und -fertigung auf-bringen werden können, ist in DeutschlandJohnsonControls-Saft in der Lithium-Io-nen-Batteriefertigung (Packaging) tätig. Mitden Unternehmen BASF, Evonik, Merckund dem klassischen AutomobilzuliefererJohnsonControls-Saft sind wichtige An-satzpunkte zum Auf- und Ausbau eigen-ständiger Li-Ionen-Batterieentwicklungs-und Produktionskompetenz in Europa vor-handen.

Hohes Forschungspotential beiHochleistungsstromspeicher

Hohes Weiterentwicklungspotential bei denheutigen Lithium-Ionen-Zellen liegt in der Ver-wendung neuer Kathodenmaterialien. Wäh-rend als Kathodenmaterial derzeit Kobalt (Li-CoO2), Mangan-Oxid (LiMn2O4), Nickel-Man-gan-Kobalt (LiNiMnCoO2) oder Eisenphos-

phat (LiFePO4) zum Einsatz kommt, liegt das – ferne – Zu-kunftspotential auf Sauerstoff-Stickstoff-Verbindungen alsKathodenmaterial. Gelingt es, stabile »Lithium-Luft-Batte-rien« zu entwickeln, käme dies einem Quantensprung inder Batterieentwicklung gleich, der die Geschwindigkeit beider Elektrifizierung der Antriebe enorm erhöhen würde. BeiLi-Luft-Zellen wären Energiedichten wie bei Benzin möglich.Damit wäre das Problem der Reichweite von batterieelek-trischen Fahrzeugen vom Tisch. Gleichzeitig würde die Ener-gieeffizienz der Fahrzeuge erheblich verbessert.

Das hohe Entwicklungspotential bei Li-Ionen-Batterien – ins-besondere auf dem Feld der Kathodenmaterialien – unter-streicht die strategische Bedeutung der Hochleistungsbat-terieforschung und -produktion für die gesamte Energiewirt-schaft des Standorts Deutschland. Batteriespitzentechno-logie definiert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der deut-schen Automobilindustrie.

Schneller Aufbau von Batteriekompetenzaußerhalb Europas

Die Lithium-Ionen-Batterieproduktionen und Entwicklungenfür Anwendungen außerhalb der Automobilindustrie liegenfast ausschließlich außerhalb Europas. Abbildung 7 fasst diewesentlichen Unternehmen zusammen, die in den MärktenJapan, China, Korea und USA derzeit Produktionen für Li-thium-Ionen-Zellen und Batterien aufbauen. Der große Vor-sprung Japans und Koreas liegt in der bestehenden Pro-duktion und Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien fürnicht-automobile Anwendungen.

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Abb. 6Die Batteriewertschöpfungskette

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

Erstmals stellte im Jahr 1990 das japanische UnternehmenSony eine so genannte Interkalationsbatterie in Form einerLithium-Ionen-Batterie vor. Damit liegt ausgehend von Ja-pan ein zwanzigjähriger Produktions- und Erfahrungsvor-sprung in Asien vor, der es erlaubt hat, eine wichtige Indus-triestruktur aufzubauen. Die japanischen Unternehmen Asa-hi Kasei, Panasonic, NEC, Hitachti, GS Yuasa, die koreani-schen Unternehmen LG Chem Ltd und Samsung sowieder chinesische Batteriehersteller BYD Company Ltd. sindbedeutende Chemie- und Batteriehersteller bei Lithium-Ionen-Hochleistungsstromspeichern.

Joint Ventures japanischer Batteriehersteller mitAutobauern

Speziell die japanischen Batterieherstellerhaben im Lauf der letzten zehn Jahre durchmehrere Joint Ventures zur Produktion vonLi-Ionen-Batterien für automobile Anwen-dungen ihre Position weiter gestärkt. Sowurde im April 2007 zwischen NEC, NECTokin und der Nissan Motor Co. die Auto-motive Energy Supply Corporation (AESC)gegründet (vgl. Abb. 8). Das Joint Ventu-re hat strategische Bedeutung für die Nis-san-Renault-Allianz, die ehrgeizige Pläneauf dem Feld der Elektromobilität verfol-gen. Die Automotive Energy Supply Cor-poration (AESC) plant fünf Werke für Lithi-um-Ionen-Batterien in Japan, England,Frankreich, Portugal und den USA, derengemeinsame Kapazität bei Lithium-Ionen-Batterie-Packs für 500 000 Elektrofahrzeu-ge geplant ist.

Weitere wichtige Joint Venturessind die Panasonic EV Energy unddie beiden Joint Ventures von GSYuasa mit Honda und Mitsubishi.Toyota, Nissan-Renault, Mitsu-bishi und Honda haben sich damitstrategisch bei der zentralen Kom-ponente Lithium-Ionen-Batterie po-sitioniert.

VW ist durch eine Einkaufsverein-barung mit der Panasonic-TochterSanyo verbunden und plant eineZusammenarbeit mit dem chine-sischen Batterie- und Fahrzeugher-steller BYD. Die Panasonic-Toch-ter Sanyo liefert allerdings auch Li-thium-Ionen-Batterien an Ford inden USA und an Honda. NebenSanyo hat Hitachi Einkaufsverein-

barungen für Lithium-Ionen-Batterien mit den AutobauernFord, General Motors, Suzuki und Toyota. Das japanischeUnternehmen Asahi Kasei ist heute überwiegend in der Se-parator-Entwicklung und -produktion tätig.

Neben den etablierten Lithium-Ionen-Batterieproduzentenhaben sich wichtige Start-up-Unternehmen gebildet, dieüberwiegend in den USA gegründet wurden, um auf demvolkswirtschaftlich strategisch wichtigen Feld der Hochleis-tungsstromspeicher nationale Kompetenz aufzubauen. Start-up-Unternehmen, wie A123 Systems, Altair Nanotechnolo-gies, Valence Technology, Axion Power, Energy ConversionDevices, versuchen neben dem internationalen Automobil-zulieferer JohnsonControls und Tochtergesellschaften vonChemieunternehmen, wie Celgard, und klassischen Batte-

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Japaner

• Automotive Energy Supply Corp.(JV Nissan, NEC-Group)

• Asahi Kasei ( 8 Geschäftsfelder – inkl. Chemie)

• Panasonic Corp. (inkl. Sanyo)• Hitachi, Ltd. (Elektronikkonzern)

• Enax Inc. (Start up, Übernahme durch Conti)

• GS Yuasa Corp. (Batteriehersteller, Li-Ionen-Batterien für Honda, Mitsubishi in JV)

Koreaner

• LG Chem Ltd (Chemie und Batteriehersteller)

• Samsung• SB-LiMotive (JV Bosch-Samsung)• … lokale Unternehmen

Chinesen

• Advanced Battery Technologies (Start up)

• BYD Company Ltd. (Batteriehersteller)

• … viele lokale Unternehmen

US-Amerikaner

• A123 Systems Inc. (Start up)

• Altair Nanotechnologies Inc. (Start up)

• Valence Technology Inc. (Start up)

• Axion Power International Inc. (Start up)

• Energy Conversion Devices, Inc., (Start up)

• Exide Technologies (Batteriehersteller)• Celgard (Tochter Chemie-Unternehmen)• JohnsonControls (Automotivezulieferer)

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Zellen und Batterie-Hersteller/KompetenzAbb. 7

• Automotive Energy Supply Corporation (AESC) • Joint Venture zwischen NEC, NEC Tokin und der Nissan Motor Co. • Gründung: April 2007• Geplante Werke in Japan, England, Frankreich, Portugal und den USA• Kapazität: Li-Ionen für 500.000 EV

• Primearth EV Energy Co. (früher Panasonic EV Energy Co.)• Joint Venture zwischen Panasonic Corporation (19,5%) und Toyota (80,5%)• Gründung: Dezember 1996/ Umbenennung in Primearth Juni 2010• Produktion Nickel Metal-Hydride und Lithium Ion Batterien• 3 Werke in Japan mit 20 000 Mitarbeiter: Produktion 3 Mill. Batteriepacks bis Juni 2010

• Lithium Energy Japan• Joint Venture zwischen GS Yuasa (51%), Mitsubishi Corp. (34%), Mitsubishi Motors (15%)• Gründung Dezember 2007• 2 Werke in Japan, 3. Werk in Japan Anfang 2012• Kapazität: Li-Ionen für 55 000 EV

• Blue Energy Co. Ltd.• Joint Venture zwischen GS Yuasa (51%), Honda Motor Co. Ltd. (49%)• Gründung: April 2009• Produktion in Japan• Kapazitätsplanung: 2012 für ca. 30 000 EV und langfristig für 100 000

ä

Joint Ventures japanischer Batteriehersteller mit AutobauernAbb. 8

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

rieherstellern, wie Exide, im Feld der automobilen Anwen-dungen für Batteriespitzentechnologie Fuß zu fassen.

Ein Teil der Start-up-Unternehmen – Altair Nanotechnolo-gies, Valence Technology, Axion Power – schreibt quasi seitihrer Gründung Verluste und erscheint damit strategisch in-stabil aufgestellt. In gewissem Sinn wiederholt sich hier dieGeschichte der Internet-Unternehmen – viele sind ausge-schieden, aber Google, Ebay, Amazon dominieren heuteweltweit. Im Markt für Lithium-Ionen-Anwendungen für dieAutomobilindustrie in den USA herrscht zum Teil »Goldgrä-berstimmung«. Das hohe Potential von 130 Mrd. € Umsatzmit Hochleistungsbatterien für Fahrzeuge um das Jahr 2025erklärt die Entwicklung.

Die Entwicklung in den USA, China, Japan und Korea zeigt,dass mit Hochdruck am Aufbau einer Industrie zur Batte-riespitzentechnologie gearbeitet wird. Die Wurzel für die»Googles« der neuen Ära in der Automobilindustrie wird inden nächsten fünf Jahren gelegt.

Batteriekompetenz Europa und Deutschland

Abbildung 9 gibt einen Überblick über die Zellen- und Bat-terieproduktion europäischer Unternehmen. Gruppierbarsind dabei einerseits mittelständische Unternehmen, wie dieHersteller konventioneller Batterien Hoppecke, Fiamm, Moll.Das mittelständische französische Unternehmen Saft istein Spezialist auf dem Feld der Lithium-Ionen-Batterien undbetreibt gemeinsam mit JohnsonControls das Joint Ventu-re JohnsonControls-Saft, das in Nersec (Frankreich) seineEntwicklung und Zellenproduktion und in Hannover Bat-terien-Packageing im Lithium-Ionen-Bereich betreibt.

Packageing betreibt auch Continental in Nürnberg, wobeidie Zellen zugekauft werden. Ein wichtiger Lieferant der Con-tinental ist Enax in Japan, an dem Continental und Evonikeine Kapitalbeteiligung besitzen.

Ansässig mit einem Schwerpunkt seiner Entwicklungskapa-zitäten in Nordrhein-Westfalen ist Evonik. Das Essener Un-ternehmen entwickelte und produziert in Marl eine zentraleKomponente der Lithium-Ionen-Batterie, den Separator. DieAnoden- und Kathodenproduktion erfolgt bei der Evonik-Tochter Litarion in Kamenz bei Dresden. Die Zellenproduk-tion erfolgt ebenfalls in Kamenz im Rahmen des Evonik-Daimler-Joint-Ventures LiTec. Das Batteriepackaging wird inKamenz – im Rahmen des Joint Ventures Deutsche Accu-Motive – gemeinsam von Evonik mit dem Autobauer Daim-ler durchgeführt.

Der Automobilzulieferer Bosch verfügt über keine eigeneKompetenz in der Zellen- und Batteriefertigung. Boschbetreibt das Joint Venture SB-LiMotive mit dem kore-anischen Elektronikkonzern Samsung. Zellfertigung undPackageing sind in Korea. Bosch baut damit keine eige-ne Batteriekompetenz auf, sondern verlegt sich auf dasPackageing und die Abstimmung. Erster Kunde von SB-LiMotive ist BMW.

Nicht berücksichtigt sind die vorgelagerten Wertschöpfungs-stufen der Zellfertigung. In Abbildung 6 wurde dies illustriertund die Kompetenzen der Chemieunternehmen BASF, Evo-nik und Merck erläutert.

Als Fazit kann man festhalten, dass JohnsonControls-Saftund Evonik mit seinen Tochtergesellschaften und JointVentures die wesentlichen Anbieter sind, die beide stra-

tegischen Wertschöpfungsstufen – Zellfer-tigung und Batteriepackageing – in Europaabbilden. Betrachtet man die gesamteWertschöpfungskette, ist Evonik der einzi-ge europäische Hersteller, der das gesam-te Spektrum, angefangen vom Material fürZellen, Komponenten, Zellfertigung, Packa-geing und Abstimmung, betreibt. Damit be-sitzt Evonik eine strategische Position fürden Automobilstandort Deutschland.

Fazit: Die europäische Automobil-industrie kann bei der Spitzenbatte-rietechnik auf hohes Innovations-potential im europäischenChemieumfeld zurückgreifen

Die Überlegungen zeigen, dass europäischeUnternehmen die Chance besitzen, bei derEntwicklung der Hochtechnologiestromspei-

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HOPPECKE, Brilon, BRD

Mittelständler konventionelle

Batterien

Fiamm Spa,Italien

Konzern mit Diversifizierung

Bolloré SA, Frankreich

Automobil-zulieferer,

Joint Ventures

Johnson Controls Europa-ZentraleBurscheid, BRD

Chemie-Unternehmen,

Autobauer

Evonik-Litarion, Kamenz

Evonik-Daimler-LiTec, Kamenz-Dt. AccuMotive

Moll,BRD

Saft SA, Frankreich

Johnson Controls-Saft (JCS)- Hannover, BRD- Nersec, France

SB-LiMotiveBosch-SamsungKorea

Leclanche, CH

Effpower, Sweden

ContiNürnberg

Conti-EnaxJapan

Europäische Unternehmen: Zellen- und Batterieproduktion

HOPPECKE, Brilon, BRD

Mittelständler konventionelle

Batterien

Fiamm Spa,Italien

Konzern mit Diversifizierung

Bolloré SA, Frankreich

Automobil-zulieferer,

Joint Ventures

Johnson Controls Europa-ZentraleBurscheid, BRD

Chemie-Unternehmen,

Autobauer

Evonik-Litarion, Kamenz

Evonik-Daimler-LiTec, Kamenz-Dt. AccuMotive

Moll,BRD

Saft SA, Frankreich

Johnson Controls-Saft (JCS)- Hannover, BRD- Nersec, France

SB-LiMotiveBosch-SamsungKorea

Leclanche, CH

Effpower, Sweden

ContiNürnberg

Conti-EnaxJapan

Europäische Unternehmen: Zellen- und BatterieAbb. 9

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

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Forschungsergebnisse

cher für die Automobilindustrie eine wichtige Rolle einzuneh-men. Dabei bildet das Unternehmen Evonik die gesamteWertschöpfungskette in der Batteriespitzentechnologie ab.Dies ist ein wichtiger Gestaltungsvorteil für den StandortDeutschland. Einerseits werden für die deutsche Automo-bilindustrie durch das Know-how über die strategische Kom-ponente Batteriespitzentechnologie Automobilunternehmenund Zulieferer strategisch »abgesichert«. Zum zweiten kön-nen durch die hohe Nachfrage nach Batteriespitzentech-nologie zukunftsfähige Arbeitsplätze in Europa aufgebautwerden. Mit der Elektrifizierung der Antriebe wird die Auto-mobilzulieferindustrie deutlich erweitert. Chemieunterneh-men und Hochleistungsbatteriehersteller werden zu bedeu-tenden Partnern der Autobauer und ausschlagebend für dasInnovationspotential der Autobauern. Die Grundlagen für eu-ropäische Batteriespitzentechnologieunternehmen für auto-mobile Anwendungen sind vorhanden. Der Markt der Lithi-um-Ionen-Zellen für die Automobilindustrie ist im Entstehen.Europa hat eine gute Chance, bei dieser Schlüsseltechno-logie einen wichtigen Beitrag zu leisten. Eine beherzte eu-ropäische Forschungs- und Innovationspolitik entscheidetüber den Erfolg mit.

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