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Grund ist die besondere Bedeutung von Grünlandflä- chen für den Natur- und Landschaftsschutz. Durch das Verbot des Grünlandumbruches nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG sollen einmal Lebensräume für bestimmte Tier- und Pflanzenarten gesichert werden, zum anderen sollen stoffliche Umweltbelastungen vermieden werden, die mit dem Umbruch einhergehen (vgl. die Begründung zum BNatSchG a. F., BT-Drs. 14/6378 S. 39). Derartige stoffliche Umweltbelastungen entstehen aber nicht al- lein durch die Folgenutzung der Fläche als Acker, son- dern bereits durch die Beseitigung der Grasnarbe an sich, die zu Mineralisationsschüben und dadurch zur Nitrat- freisetzung führt, was zu einer Belastung für das Grund- wasser führen kann (vgl. hierzu Landwirtschaftskammer Niedersachsen, „Grünlandbewirtschaftung, ein Beitrag zum Wasserschutz“, Stand 2007 sowie „Grünlanderneu- erung ordnungsgemäß und effizient durchführen“, Stand 19. 7. 2013, www.lwk-niedersachsen.de). Gerade in Moo- ren wird schon durch die Bodenbearbeitung und die Be- seitigung der Grasnarbe selbst ein Teil des im Boden ge- speicherten Kohlenstoffes freigesetzt (vgl. hierzu NABU, „Position Grünlandschutz“, Stand 2009, www.nabu.de). Mit Blick auf Wortlaut und Zweck des Gesetzes ist deswe- gen ein Grünlandumbruch im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG jedenfalls die Ausschaltung der etablierten Grasnarbe in Verbindung mit einer wendenden Bodenbe- arbeitung, auch wenn anschließend eine Neueinsaat von Gras erfolgt. Inwieweit der Einsatz von Totalherbiziden zum Abtöten der Grasnarbe mit anschließender Direkt- saat oder eine Grünlanderneuerung durch Fräsen einer Grünlandfläche mit Rücksicht auf den beabsichtigten Le- bensraumschutz einen Grünlandumbruch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG darstellt, kann hier offen bleiben, denn der Kläger hat auf dem streitigen Flurstück unstreitig mit einer wendenden Bodenbearbeitung begonnen. Der von dem Kläger beabsichtigte Umbruch stellt zu- gleich eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungsfä- higkeit und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts durch eine Veränderung der Gestalt von Grundflächen dar, die nicht nach § 14 Abs. 2 BNatSchG privilegiert ist und damit als Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG anzusehen ist. Da der Kläger nicht über eine Befreiung im Sinne des § 67 BNatSchG verfügt und Gründe, von einer Anwen- dung des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG abzusehen, nicht ersichtlich sind, hat der Beklagte den weiteren Eingriff zu Recht untersagt (§ 17 Abs. 8 BNatSchG). Auch gemessen an § 3 Abs. 2 BNatSchG i. V. mit § 2 NAGBNatSchG ist das Einschreiten des Beklagten nicht zu beanstanden, insbe- sondere ist die Anordnung, den weiteren Umbruch zu un- terlassen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Auf die Frage, ob der Kläger eine Befreiung von dem Verbot des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG verlangen kann, kommt es hier nicht an, weil sowohl § 3 Abs. 2 BNatSchG als auch § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG allein an die formelle Rechts- widrigkeit der durchgeführten Maßnahme anknüpfen. Im Übrigen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Be- freiung. Dies hat die Kammer mit Urteil vom heutigen Tag (1 A 2305/12) entschieden. DOI: 10.1007/s10357-014-2603-x Bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Anlage im Außenbereich BNatSchG § 44; BauGB § 35 Abs. 1 und 3, LBO § 54 Abs. 4 Zur bauplanungsrechtlichen Privilegierung einer im Außenbereich geplanten Blindleistungskompensations- kondensatoranlage. VG Stuttgart, Beschluss vom 12. 12. 2013 – 6 K 3259/13 – Die Beigeladene betreibt das elektrische Übertragungsnetz (Energie- versorgungsnetz) in Baden-Württemberg. Auf der Gemarkung der Antragstellerin befindet sich im Außenbereich das Umspannwerk. Die Antragstellerin wendet sich gegen den Plan der Beigeladenen, die Umspannanlage um eine Blindleistungskompensationskonden- satoranlage (im Folgenden: BA) zu erweitern. Aus den Gründen: Der Antrag nach § 80a Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig, soweit die Antragstellerin die Wiederherstel- lung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Entscheidung des Landratsamts vom 9. 8. 2013 (Anordnung der so- fortigen Vollziehung) begehrt. Diese Entscheidung ist kein Verwal- tungsakt, und daher ist der Widerspruch dagegen nicht statthaft (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschl. v. 9. 8. 1994 – 10 S 1767/94, juris und den vom Antragstellerin-Vertreter im Widerspruchsschreiben vom 30. 8. 2013 selbst zitierten Kommentar von Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, § 80 Rdnr. 78). Insoweit war die Rechtsbehelfsbeleh- rung in der Entscheidung vom 9. 8. 2013 unrichtig. Dies ist aber im Ergebnis unschädlich, weil der Antrag nach § 80a Abs. 3 VwGO zu- lässig ist, soweit er den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 22. 4. 2013 betrifft. Da das Landrats- amt auf den Antrag der Beigeladenen diese Genehmigung für voll- ziehbar erklärt hat (§ 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entfallen, und das Gericht verfährt nach § 80a Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO. Im Übrigen hatte der Widerspruch gegen die Er- setzung des Einvernehmens ohnehin keine aufschiebende Wirkung (§ 54 Abs. 4 S. 5 LBO). Der zulässige Teil des Antrages ist aber nicht begründet. Das Gericht sieht keinen Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22. 4. 2013 wie- derherzustellen bzw. hinsichtlich der Ersetzung des Einver- nehmens anzuordnen. Das Landratsamt hat in der Entscheidung vom 9. 8. 2013 das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Änderungsgenehmigung in einer den Vorgaben des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO entsprechenden Weise begründet. Im Rahmen der ihm nach § 80 Abs. 5 VwGO zukom- menden Interessenabwägung bewertet das Gericht das In- teresse der Antragstellerin am Suspensiveffekt ihres Wi- derspruchs geringer als die Interessen, die für die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmi- gung sprechen. Maßgebend hierfür sind die schlechten Erfolgsaussichten des Widerspruchs und einer sich an das Widerspruchsverfahren eventuell anschließenden Anfech- tungsklage. Es spricht derzeit vieles dafür, dass die Änderungsgeneh- migung vom 22. 4. 2013 die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, insbesondere nicht in ihrer Planungsho- heit. Sie dürfte das Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB zu Unrecht versagt haben, sodass das Landratsamt befugt war, es nach § 54 Abs. 4 LBO zu ersetzen. Hierbei wurde nach § 54 Abs. 4 S. 6 und 7 LBO verfahren. Die Ar- gumente der Antragstellerin gegen eine baurechtliche und naturschutzrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen führen aller Voraussicht nach nicht zum Er- folg des Widerspruchs: Das Vorhaben dürfte nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB pri- vilegiert sein. Insbesondere scheitert die Privilegierung nicht an der Ortsgebundenheit der BA. Das Bundesver- waltungsgericht verlangt, dass auch Einrichtungen der öf- fentlichen Versorgung zu dem vorgesehenen Standort eine der Ortsgebundenheit gewerblicher Betriebe vergleich- bare Beziehung haben, die allenfalls graduell abgeschwächt sei (BVerwG, Urt. v. 21. 1. 1977 – 4 C 28.75, Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 39 und vom 16. 6. 1994 – 4 C 20/93, BVerwGE 96, 95). Im Urteil vom 20. 6. 2013 – 4 C 2/12, NVwZ 2013, 1288 hat das Bundesverwaltungsgericht dies nochmals bekräftigt, es allerdings für Mobilfunksendean- lagen modifiziert und insoweit um eine Verhältnismäßig- keitsprüfung ergänzt. Dies gilt aber nicht für jedes Vorha- ben, das unter § 35 Abs. 1 BauGB fällt und damit auch nicht NuR (2014) 36: 149–151 149 Rechtsprechung 123

Bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Anlage im Außenbereich

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Page 1: Bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Anlage im Außenbereich

Grund ist die besondere Bedeutung von Grünlandflä-chen für den Natur- und Landschaftsschutz. Durch das Verbot des Grünlandumbruches nach § 5 Abs.  2 Nr.  5 BNatSchG sollen einmal Lebensräume für bestimmte Tier- und Pflanzenarten gesichert werden, zum anderen sollen stoffliche Umweltbelastungen vermieden werden, die mit dem Umbruch einhergehen (vgl. die Begründung zum BNatSchG a. F., BT-Drs.  14/6378 S.  39). Derartige stoffliche Umweltbelastungen entstehen aber nicht al-lein durch die Folgenutzung der Fläche als Acker, son-dern bereits durch die Beseitigung der Grasnarbe an sich, die zu Mineralisationsschüben und dadurch zur Nitrat-freisetzung führt, was zu einer Belastung für das Grund-wasser führen kann (vgl. hierzu Landwirtschaftskammer Niedersachsen, „Grünlandbewirtschaftung, ein Beitrag zum Wasserschutz“, Stand 2007 sowie „Grünlanderneu-erung ordnungsgemäß und effizient durchführen“, Stand 19. 7. 2013, www.lwk-niedersachsen.de). Gerade in Moo-ren wird schon durch die Bodenbearbeitung und die Be-seitigung der Grasnarbe selbst ein Teil des im Boden ge-speicherten Kohlenstoffes freigesetzt (vgl. hierzu NABU, „Position Grünlandschutz“, Stand 2009, www.nabu.de). Mit Blick auf Wortlaut und Zweck des Gesetzes ist deswe-gen ein Grünlandumbruch im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG jedenfalls die Ausschaltung der etablierten Grasnarbe in Verbindung mit einer wendenden Bodenbe-arbeitung, auch wenn anschließend eine Neueinsaat von Gras erfolgt. Inwieweit der Einsatz von Totalherbiziden zum Abtöten der Grasnarbe mit anschließender Direkt-saat oder eine Grünlanderneuerung durch Fräsen einer Grünlandfläche mit Rücksicht auf den beabsichtigten Le-bensraumschutz einen Grünlandumbruch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG darstellt, kann hier offen bleiben, denn der Kläger hat auf dem streitigen Flurstück unstreitig mit einer wendenden Bodenbearbeitung begonnen.

Der von dem Kläger beabsichtigte Umbruch stellt zu-gleich eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungsfä-higkeit und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts durch eine Veränderung der Gestalt von Grundflächen dar, die nicht nach § 14 Abs. 2 BNatSchG privilegiert ist und damit als Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG anzusehen ist. Da der Kläger nicht über eine Befreiung im Sinne des § 67 BNatSchG verfügt und Gründe, von einer Anwen-dung des § 17 Abs.  8 Satz  1 BNatSchG abzusehen, nicht ersichtlich sind, hat der Beklagte den weiteren Eingriff zu Recht untersagt (§ 17 Abs. 8 BNatSchG). Auch gemessen an § 3 Abs. 2 BNatSchG i. V. mit § 2 NAGBNatSchG ist das Einschreiten des Beklagten nicht zu beanstanden, insbe-sondere ist die Anordnung, den weiteren Umbruch zu un-terlassen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Auf die Frage, ob der Kläger eine Befreiung von dem Verbot des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG verlangen kann, kommt es hier nicht an, weil sowohl § 3 Abs. 2 BNatSchG als auch § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG allein an die formelle Rechts-widrigkeit der durchgeführten Maßnahme anknüpfen. Im Übrigen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Be-freiung. Dies hat die Kammer mit Urteil vom heutigen Tag (1 A 2305/12) entschieden.

DOI: 10.1007/s10357-014-2603-x

Bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Anlage im Außenbereich

BNatSchG § 44; BauGB § 35 Abs. 1 und 3, LBO § 54 Abs. 4

Zur bauplanungsrechtlichen Privilegierung einer im Außenbereich geplanten Blind leistungs kompensations­kondensator anlage.VG Stuttgart, Beschluss vom 12. 12. 2013 – 6 K 3259/13 –

Die Beigeladene betreibt das elektrische Übertragungsnetz (Energie-versorgungsnetz) in Baden-Württemberg. Auf der Gemarkung der Antragstellerin befindet sich im Außenbereich das Umspannwerk. Die Antragstellerin wendet sich gegen den Plan der Beigeladenen, die Umspannanlage um eine Blindleistungskompensationskonden-satoranlage (im Folgenden: BA) zu erweitern.

Aus den Gründen:

Der Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig, soweit die Antragstellerin die Wiederherstel-lung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Entscheidung des Landratsamts vom 9. 8. 2013 (Anordnung der so-fortigen Vollziehung) begehrt. Diese Entscheidung ist kein Verwal-tungsakt, und daher ist der Widerspruch dagegen nicht statthaft (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschl. v. 9. 8. 1994 – 10 S 1767/94, juris und den vom Antragstellerin-Vertreter im Widerspruchsschreiben vom 30. 8. 2013 selbst zitierten Kommentar von Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, § 80 Rdnr.  78). Insoweit war die Rechtsbehelfsbeleh-rung in der Entscheidung vom 9. 8. 2013 unrichtig. Dies ist aber im Ergebnis unschädlich, weil der Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO zu-lässig ist, soweit er den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 22. 4. 2013 betrifft. Da das Landrats-amt auf den Antrag der Beigeladenen diese Genehmigung für voll-ziehbar erklärt hat (§ 80 a Abs.  1 Nr.  1 VwGO, § 80 Abs.  2 Nr.  4 VwGO), ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entfallen, und das Gericht verfährt nach § 80 a Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO. Im Übrigen hatte der Widerspruch gegen die Er-setzung des Einvernehmens ohnehin keine aufschiebende Wirkung (§ 54 Abs. 4 S. 5 LBO).

Der zulässige Teil des Antrages ist aber nicht begründet. Das Gericht sieht keinen Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22. 4. 2013 wie-derherzustellen bzw. hinsichtlich der Ersetzung des Einver-nehmens anzuordnen.

Das Landratsamt hat in der Entscheidung vom 9. 8. 2013 das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Änderungsgenehmigung in einer den Vorgaben des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO entsprechenden Weise begründet.

Im Rahmen der ihm nach § 80 Abs. 5 VwGO zukom-menden Interessenabwägung bewertet das Gericht das In-teresse der Antragstellerin am Suspensiveffekt ihres Wi-derspruchs geringer als die Interessen, die für die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmi-gung sprechen. Maßgebend hierfür sind die schlechten Erfolgsaussichten des Widerspruchs und einer sich an das Widerspruchsverfahren eventuell anschließenden Anfech-tungsklage.

Es spricht derzeit vieles dafür, dass die Änderungsgeneh-migung vom 22. 4. 2013 die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, insbesondere nicht in ihrer Planungsho-heit. Sie dürfte das Einvernehmen nach § 36 Abs.  1 S.  1 BauGB zu Unrecht versagt haben, sodass das Landratsamt befugt war, es nach § 54 Abs. 4 LBO zu ersetzen. Hierbei wurde nach § 54 Abs. 4 S. 6 und 7 LBO verfahren. Die Ar-gumente der Antragstellerin gegen eine baurechtliche und naturschutzrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen führen aller Voraussicht nach nicht zum Er-folg des Widerspruchs:

Das Vorhaben dürfte nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB pri-vilegiert sein. Insbesondere scheitert die Privilegierung nicht an der Ortsgebundenheit der BA. Das Bundesver-waltungsgericht verlangt, dass auch Einrichtungen der öf-fentlichen Versorgung zu dem vorgesehenen Standort eine der Ortsgebundenheit gewerblicher Betriebe vergleich-bare Beziehung haben, die allenfalls graduell abgeschwächt sei ( BVerwG, Urt. v. 21. 1. 1977 – 4  C 28.75, Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 39 und vom 16. 6. 1994 – 4 C 20/93, BVerw GE 96, 95). Im Urteil vom 20. 6. 2013 – 4 C 2/12, NVwZ 2013, 1288 hat das Bundesverwaltungsgericht dies nochmals bekräftigt, es allerdings für Mobilfunksendean-lagen modifiziert und insoweit um eine Verhältnismäßig-keitsprüfung ergänzt. Dies gilt aber nicht für jedes Vorha-ben, das unter § 35 Abs. 1 BauGB fällt und damit auch nicht

NuR (2014) 36: 149–151 149Rechtsprechung

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für das Vorhaben der Beigeladenen (vgl. zu den Auswir-kungen des Urteils vom 20. 6. 2013 Gatz, jurisPR- BVerwG 19/2013 Anm. 3). Damit bleibt es bei der Rechtsprechung, dass der Standortbezug bei den Anlagen der öffentlichen Versorgung vor allem insoweit gegeben ist, als sie leitungs-gebunden sind, wobei eine „kleinliche“ Prüfung der Orts-gebundenheit nicht angebracht ist (so ausdrücklich noch-mals das Urteil vom 20. 6. 2013). Nach diesem Maßstab ist das Vorhaben ortsgebunden. Die Beigeladene trägt – auch unter Verweis auf den Bescheid der Bundesnetzagen-tur vom 28. 8. 2012 – zurecht vor, dass die Blindleistungs-bereitstellung in der Regel lokal erfolgen muss und dass die Netzspannung in XXX-württemberg nur durch den Bau von Kondensatoren gestützt werden kann, weil sich dort keine Großkraftwerke befinden, die den Einsatz eines Phasenschiebers ermöglichen (vgl. zu den technischen Vo-raussetzungen der Blindleistungskompensation den Artikel in Wikipedia unter dem Stichwort „Blindleistung“). Dies führt zwingend zu dem Standort beim vorhandenen Um-spannwerk XXX.

Dass die geplante BA der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dient, ist unzweifelhaft. Das Bundesverwal-tungsgericht hat im Urteil vom 20. 6. 2013 nochmals seine Rechtsprechung zur Auslegung dieses Tatbestandsmerk-mals bekräftigt, wonach die eigentliche Zweckbestim-mung darin liegt, Missbrauch begegnen zu können. An-haltspunkte dafür hat das Gericht aber nicht, zumal das Bauvorhaben auch durch die Bundesnetzagentur gebilligt worden ist.

Auch die nach § 35 Abs. 5 S. 2 und 3 BauGB erforderli-che Verpflichtungserklärung und die Bürgschaft durch die XXX liegen inzwischen vor.

Mit erheblicher Wahrscheinlichkeit stehen dem Vor-haben der Beigeladenen auch keine öffentlichen Belange entgegen, insbesondere nicht diejenigen, die sich aus § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB ergeben.

Artenschutzrechtliche Verbote im Sinne des § 44 BNatSchG sind gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. 6. 2013 – 4 C 1/12, NuR 2013, 891, nach dem Prüfpro-gramm von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben baupla-nungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Landrats-amt XXX hatte also auch die naturschutzrechtliche Zulässig-keit des Vorhabens zu prüfen. Dies hat es mit voraussichtlich nicht zu beanstandendem Ergebnis getan.

Es spricht vieles dagegen, dass gegen § 44 BNatSchG ver-stoßen wurde. Der Antragsgegner hat bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbe-stand erfüllt ist, einen naturschutzfachlichen Beurteilungs-spielraum. Dieser bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten als auch auf die Bewer-tung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Das Gericht hat dabei zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtli-chen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vor-gehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen ( BVerwG, Urteil vom 27. 6. 2013 a. a. O.). Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin können und müssen die für den Habitat-schutz geltenden Anforderungen nicht auf den allgemeinen Artenschutz übertragen werden; beide Schutzregelungen haben nämlich unterschiedliche Schutzobjekte. Erforder-lich, aber auch ausreichend ist beim Artenschutz eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Die erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen werden sich regelmäßig aus zwei Quellen speisen, nämlich erstens aus einer Bestandsaufnahme vor Ort und zweitens aus einer Auswertung der vorhandenen Erkenntnisse und Literatur

(vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 9. 7. 2008 – 9 A 14/07, BVerw GE 131, 274).

Diesen Anforderungen genügt das Vorgehen des Land-ratsamts XXX mit erheblicher Wahrscheinlichkeit. Es hat seiner Beurteilung ein Fachgutachten eines renommierten Landschaftsarchitektenbüros zugrundegelegt. Das Gutach-ten beruht auf einer sorgfältigen Auswertung der Umwelt-daten im betroffenen Gebiet und, wie sich aus S. 6 ff. des Gutachtens ergibt, aus einer Untersuchung vor Ort. Wei-tere Untersuchungen waren voraussichtlich nicht erforder-lich, weil der Gutachter (S. 7) zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen ist, dass Hinweise auf Vorkommen besonders seltener oder gefährdeter Arten nicht vorliegen und auch nicht zu erwarten sind. Auch die untere Naturschutzbe-hörde des Landratsamts kommt in ihrer Stellungnahme vom 10. 12. 2012 zu dem Ergebnis, dass bei Beachtung und Realisierung der in dem Gutachten dargestellten Minimie-rungs- und Kompensationsmaßnahmen ein adäquater Aus-gleich der vorhabenbedingten Eingriffe erfolge. Gegen das Vorhaben bestünden keine grundsätzlichen Bedenken. Das Gericht hat weder Zweifel am methodischen Vorgehen der sachkundigen Stellen noch an der Ermittlungstiefe. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf das Vor-kommen der Zauneidechse sowie auf ein Jagdhabitat (bei-spielsweise Greifvögel, Fledermäuse) hinweist, ist dem mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. 6. 2013 a. a. O. entgegenzuhalten, dass der Tatbestand des § 44 Abs.  1 Nr.  1 BNatSchG nur dann erfüllt ist, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (vgl. auch Gellermann, in: Land-mann/Rohmer, Umweltrecht, § 44 BNatSchG Rdnr.  9). Hierfür gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Vertreter der Beigeladenen weist mit Recht darauf hin, dass Zauneidechsen scheue, mobile Tiere sind, die bei ei-ner Gefahr flüchten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sie zum Überleben gerade auf das Baugrundstück angewie-sen wären. Im Übrigen ist als Kompensationsmaßnahme nach S.  12 des Gutachtens vom 23. 11. 2012 ein Reptili-enlebensraum mit allen Strukturelementen eines Ganzjah-res-Lebensraumes vorgesehen Was das Jagdhabitat angeht, wird im Gutachten der Verlust von Wiesenflächen im Ver-gleich zu den verbleibenden Flächen im Umfeld als nicht signifikant bezeichnet. Unter diesen Umständen scheidet aller Voraussicht nach auch ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aus. Ebenso spricht nichts für eine Verlet-zung von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Nahrungshabitate und Jagdgebiete zählen nicht zu den Schutzgütern der Vor-schrift (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer a. a. O., § 44 BNatSchG Rdnr. 14). Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG kommt ohnehin nicht in Betracht (vgl. Gutachten vom 23. 11. 2012, S. 6 unter 4.4. Arten und Le-bensgemeinschaften/Biotoptypen).

Mit erheblicher Wahrscheinlichkeit wird das Vorhaben der Beigeladenen auch nicht die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigen oder das Landschaftsbild verunstalten; damit dürfte auch inso-weit kein Verstoß gegen § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB vor-liegen. Im Hinblick auf die natürliche Eigenart der Land-wirtschaft und ihren Erholungswert ist maßgebend, dass durch das bereits vorhandene Umspannwerk eine erheb-liche Vorbelastung besteht. Das Landschaftsbild würde nur dann verunstaltet, wenn das Bauvorhaben ihm in äs-thetischer Hinsicht grob unangemessen wäre und von ei-nem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als be-lastend empfunden würde ( BVerwG, Urt. v. 22. 6. 1990 – 4 C 6/87, NVwZ 1991, 64). Eine Verunstaltung ist daher nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Um-gebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt ( BVerwG, Beschl. v. 18. 3. 2003 – 4 B 7/03, BauR 2004, 295). Hierbei ist kein kleinräumiger Maßstab anzulegen ( BVerwG, Urt. v. 22. 6. 1990 a. a. O.),

Rechtsprechung

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sodass entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin nicht nur auf die neu in Anspruch ge-nommenen Flächen abgestellt werden darf. Es bedarf kei-ner weiteren Begründung, dass das vorhandene Umspann-werk eine solche Verunstaltung ausschließt. Unter diesen Umständen scheidet voraussichtlich auch ein Verstoß ge-gen §§ 13 ff. BNatSchG, insbesondere gegen § 15 Abs.  2 BNatSchG aus.

Bereits die geringen Erfolgsaussichten des Widerspruchs begründen ein gegenüber den Interessen der Antragstel-lerin deutlich vorgehendes Interesse an der baldigen Ver-wirklichung des Vorhabens. Die Antragstellerin hat mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu Unrecht die Erteilung des Einvernehmens verweigert. Hinzu kommt das erheb-liche öffentliche Interesse an einer gesicherten Energiever-sorgung.

Zur Verteilung einer Ausgleichszahlung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG für die Überlassung von Flächen an das Land zur Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen

EStG § 11 Abs. 1

1. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG können Einnah­men, die auf einer Nutzungsüberlassung i. S. v. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeit­raum verteilt werden, für den die Vorauszahlung ge­leistet wird.

2. Bei Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung han­delt es sich um Entgelte, die als Gegenleistung für die Nutzung beweglicher oder unbeweglicher Sachen und von Rechten geleistet werden. Typischerweise fallen darunter Nutzungsentgelte bei Erbbaurechten, Miet­ und Pachtverhältnissen, Nießbrauch oder Leasing­geschäften.

3. § 11 Abs.  1 Satz  3 EStG ist auf alle Entgelte im Rahmen von langfristigen Nutzungsüberlassungen an­wendbar. Erfasst werden dabei auch sonstige Entgelte für Gebrauchsvorteile.

– Nichtamtliche Leitsätze – FG Münster, Urteil vom 19. 2. 2013 – 10 K 2176/10 E –

Streitig ist die zeitliche Zuordnung von Erlösen aus naturrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen bei den Einkünften der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft in den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006.

Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 2005 und 2006 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist Eigentümerin eines überwiegend verpachteten Betriebes der Land- und Forstwirtschaft.

Die Klägerin schloss am 14./23. 2. 2005 mit dem Land Nordrhein-Westfalen – Landesbetrieb Straßenbau – eine Vereinbarung über die Duldung von Ersatzaufforstungen im Rahmen einer naturrechtli-chen Ersatzmaßnahme. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte auf-grund einer Straßenbaumaßnahme Ersatzmaßnahmen nach dem Landschaftsgesetz NW durchzuführen. Die Klägerin räumte dem Land Nordrhein-Westfalen das unwiderrufliche Recht ein, auf ei-nem Teilbereich des ihr gehörenden Grundstücks Ersatzaufforstun-gen durchzuführen. Die für die Ersatzaufforstung bereitgestellte Teilfläche hatte eine Größe von 21 500 qm. Die Ersatzaufforstungs-maßnahme sollte durch den Straßenbaulastträger erfolgen, der auch für die ersten drei Jahre die Fertigstellungspflege übernehmen sollte. Vereinbart wurden weiter die Zahlung einer so bezeichneten „ein-maligen Ertragsausfallentschädigung“ in Höhe von 51 600 €. Die-ses Entschädigungsentgelt sollte für einen Zeitraum von 20  Jahren für den entgangenen Eigenertrag der bis dahin landwirtschaftlichen Fläche durch die forstliche Bindung entrichtet werden, da erst nach dieser Zeitspanne mit einem Ertragswert der Waldfläche gerech-net werden konnte. Mit der Zahlungen des Entschädigungsbetra-ges erklärte sich die Klägerin in der vertraglichen Vereinbarung vom 14./23. 2. 2005 hinsichtlich aller aus der Umwandlung ihrer Flächen

entstehenden Entschädigungsansprüche für endgültig abgefunden. Der Entschädigungsbetrag in Höhe von 51 600 € wurde der Klägerin zum 1. 10. 2005 überwiesen.

Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn aus Land- und Forstwirt-schaft gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) durch Ein-nahmen-Überschussrechnung mit einem abweichenden Wirtschafts-jahr vom 1. 7. bis 30. 6. Die Klägerin verteilte die Zahlung des Landes Nordrhein-Westfalen auf einen Zeitraum von 20 Jahren und setzte in ihrer jährlichen Gewinnermittlung jeweils 1/20 der Zahlung als Betriebseinnahme an. Der Beklagte übernahm die erklärten Werte der Klägerin in die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 ohne Beanstandung und ohne weitere Erläuterung.

Im Mai 2008 begann bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2005 für Einkommensteuer und Umsatzsteuer und für den Zeitraum vom 1. 7. 2001 bis 30. 6. 2006 bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Betriebsprüfung vertrat die Auf-fassung, dass die von dem Land Nordrhein-Westfalen an die Kläge-rin geleisteten Zahlungen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht zu verteilen, sondern gemäß § 11 Abs. 1 EStG zwingend im Jahr des Zuflusses in voller Höhe zu versteuern seien. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG sei nicht einschlägig, da keine Entgelte für eine Nutzungs-überlassung eines Grundstücks, sondern einmalige Verdienstausfall-entschädigungen gezahlt worden seien. Die Betriebsprüfung erfasste die Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen in vol-ler Höhe im Wirtschaftsjahr 2005/2006 der Klägerin als Betriebs-einnahme.

Die Betriebsprüfung erhöhte den von der Klägerin erklärten Ein-nahmenüberschuss für das Wirtschaftsjahr 2005/2006 um 19/20 der Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen. Für den Veranlagungszeitraum 2005 erfasste die Betriebsprüfung auf dieser Grundlage Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG in Höhe von 25 416,41 €, indem sie gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 2 EStG jeweils die Hälfte des Gewinns des Wirtschafts-jahres 2004/2005 und des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2005/2006 ansetzte.

Für den Veranlagungszeitraum 2006 traf die Betriebsprüfung keine Feststellungen zur Höhe der Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft. Diesbezüglich ermittelte der Beklagte Ein-künfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 25 888 €, indem er gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG jeweils die Hälfte des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2005/2006 und die Hälfte des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2006/2007 ansetzte. Bezüglich des Gewinns 2006/2007 kürzte der Beklagte den von der Klägerin er-klärten Einnahmenüberschuss um die von der Klägerin als Betriebs-einnahme angesetzten 1/20 der Ausgleichszahlung des Landes Nord-rhein-Westfalen.

Die Einkommensteuerveranlagungen der Kläger für die Jahre 2005 und 2006 standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Verfahrensrechtlich begründete die Betriebsprüfung die Änderung der Einkommensteu-erveranlagung der Kläger deshalb wie folgt: Nach Auffassung der Betriebsprüfung waren das Entgelt für naturrechtliche Ausgleichs-maßnahmen im Wirtschaftsjahr des Zuflusses in Höhe von 19/20 für die Kläger erkennbar nicht erfasst worden in der nach Auffassung der Betriebsprüfung unzutreffenden Annahme, die Zahlung seien zu 19/20 in den folgenden 19 Wirtschaftsjahren zu erfassen. Diese An-nahme stellte sich aus der Sicht der Betriebsprüfung nun als unzutref-fend heraus. Die Betriebsprüfung stützte die Erfassung der Zahlung in voller Höhe (20/20) im Wirtschaftsjahr der Zahlung deshalb ver-fahrensrechtlich auf 174 Abs. 3 AO. Die doppelte Erfassung der Be-träge, die sich dadurch ergab, dass die Zahlung nun voll im Jahr des Zuflusses und zusätzlich über die Verteilung auf 20 Jahre angesetzt waren, sollte nach Auffassung der Betriebsprüfung in einem zweiten Schritt durch Änderungen nach § 174 Abs. 1 AO beseitigt werden.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und erließ gegenüber den Klägern am 16. 2. 2009 einen gemäß § 174 Abs.  3 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 und am 18. 2. 2009 einen nach § 174 Abs. 1 AO geänderten Einkommen-steuer bescheid 2006.

Das hiergegen von den Klägern geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Aus den Gründen:Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs.  1 S.  1 der Finanzgerichtsord-nung (FGO).

NuR (2014) 36: 151–152 151Rechtsprechung

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