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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 93 (2016), Heft 6 389 BERICHT REPORT DOI: 10.1002/bate.201620070 BERICHT Jürgen Grabe Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“ der Hafentechnischen Gesellschaft e. V. (HTG) und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) 1 Allgemeines Im ersten Halbjahr des Berichtszeitraums 2016 fand eine Arbeitstagung in Hamburg statt. Während dieser Arbeits- tagung wurde über das zukünftige Arbeitsprogramm und die Ausrichtung des Ausschusses sowie über Änderungen und Ergänzungen der Empfehlungen beraten. Herr Dipl.-Ing. Karlheinz Pröpping, Hamburg, hat den Ausschuss verlassen. Der Ausschuss bedankt sich bei Herrn Dipl.-Ing. Karlheinz Pröpping für die erfolgreiche und produktive Zusammenarbeit. In den Ausschuss wurde dafür Herr Dipl.-Ing. Frank Feindt, HPA Ham- burg, berufen. Die derzeitige personelle Besetzung des Ausschusses kann der Internetseite der HTG (www.htg-online.de) ent- nommen werden. 2 Sammelveröffentlichung der Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“, EAU 2012 2.1 Fehlerberichtigungen der EAU 2012 Im Berichtszeitraum wurde die Korrekturtabelle weiter fortgeschrieben. In der 11. Auflage der EAU ist das Ver- zeichnis der Empfehlungen unvollständig. Die Korrektur- tabelle in ihrer jeweiligen aktuellen Fassung sowie das aktualisierte Verzeichnis können auf der Internetseite der HTG (www.htg-online.de) und des Verlags Ernst & Sohn (www.ernst-und-sohn.de) abgerufen werden. 2.3 Änderungen und Ergänzungen der EAU 2012 Seit dem Erscheinen der EAU 2012 hat der Ausschuss einzelne Empfehlungen korrigiert und fortgeschrieben. Diese sind zusammen mit den Fehlerberichtigungen in der Korrekturtabelle abgedruckt. Im Berichtszeitraum wurden zwei Empfehlungen zu RoRo- Anlegern und Anlegebrücken verfasst, die als neue Empfeh- lungen E 222 bzw. E 223 nachfolgend vorgestellt werden. 2.3.1 RoRo-Anleger Aufnahme der Erfahrungen zu RoRo-Anleger als neue Emp- fehlung E 222 bzw. Kapitel 16 der Sammelveröffentlichung. 16 RoRo-Anleger 16.1 Allgemeines Roll-on-Roll-off (RoRo)-Terminals ermöglichen RoRo- Schiffen bei wechselnden Wasserständen und verschie- denen Beladungszuständen den Güterumschlag durch einen Rolltransport. Terminals können einen oder mehrere RoRo-Liegeplätze haben, an denen RoRo- Schiffe festmachen können; derartige Liegeplätze haben feste und/oder verstellbare Rampen zum Ufer, wie nachstehend beschrieben. Dieser Abschnitt befasst sich mit den wasserbaulichen Anforderungen für RoRo-Terminals. Landseitige An- forderungen wie Schranken, Zwischenlagerkapazitä- ten und Bauwerke sollen für übergreifende Funktionen unterhalten und eingerichtet werden. Für diese wird jedoch Bezug genommen auf PIANC WG 167. Im Allgemeinen können die folgenden Verkehrsarten unterschieden werden: a) Gewerblicher RoRo-Verkehr b) Kombinierter RoPax-Verkehr (Roll on-roll off/Per- sonenverkehr) c) Kombinierter RoRo-/Schienenverkehr Allgemeine Daten zu Schiffsabmessungen der RoRo- Fähren finden sich unter E 39. RoRo-Schiffe unter- scheiden sich (a) durch die Passagierkapazitäten und (b) durch die unterschiedlichen rollenden Ladungsein- heiten wie Trailer, Eisenbahnwaggons und Straßen- fahrzeuge aller Art. Typischerweise können die folgen- den Arten von Schiffen unterschieden werden: a) Eisenbahn- und RoRo-Fähren b) Fähren, mit oder ohne Möglichkeit des Passagier- transportes c) Fast Ferries (Schnellfähren) d) Autotransporter e) ConRo-Schiffe (Kombination von Container- und RoRo-Schiff) Für die Ostsee kann die maximale Länge des Schiffes mit 250 m angenommen werden, was zu einer maxi- malen Breite des Schiffes von 35 m führt. Die derzeit größten Fähren im Bereich der Nordsee messen 240 m Länge mit einer Schiffsbreite von 32 m. Die Auslegung des Terminals für derartigen Verkehr erfordert besondere Kenntnis des beabsichtigten Ver-

BCH Technischer Halbjahresbericht 2016 des … · 2019. 3. 29. · Frank Feindt, HPA Ham-burg, berufen. Die derzeitige personelle Besetzung des Ausschusses kann der Internetseite

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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 93 (2016), Heft 6 389

BER

ICH

T REPORT

DOI: 10.1002/bate.201620070

BERICHTJürgen Grabe

Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“der Hafentechnischen Gesellschaft e. V. (HTG) und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT)

1 Allgemeines

Im ersten Halbjahr des Berichtszeitraums 2016 fand eine Arbeitstagung in Hamburg statt. Während dieser Arbeits-tagung wurde über das zukünftige Arbeitsprogramm und die Ausrichtung des Ausschusses sowie über Änderungen und Ergänzungen der Empfehlungen beraten.

Herr Dipl.-Ing. Karlheinz Pröpping, Hamburg, hat den Ausschuss verlassen. Der Ausschuss bedankt sich bei Herrn Dipl.-Ing. Karlheinz Pröpping für die erfolgreiche und produktive Zusammenarbeit. In den Ausschuss wurde dafür Herr Dipl.-Ing. Frank Feindt, HPA Ham-burg, berufen.

Die derzeitige personelle Besetzung des Ausschusses kann der Internetseite der HTG (www.htg-online.de) ent-nommen werden.

2 Sammelveröffentlichung der Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“, EAU 2012

2.1 Fehlerberichtigungen der EAU 2012

Im Berichtszeitraum wurde die Korrekturtabelle weiter fortgeschrieben. In der 11. Auflage der EAU ist das Ver-zeichnis der Empfehlungen unvollständig. Die Korrektur-tabelle in ihrer jeweiligen aktuellen Fassung sowie das aktualisierte Verzeichnis können auf der Internetseite der HTG (www.htg-online.de) und des Verlags Ernst & Sohn (www.ernst-und-sohn.de) abgerufen werden.

2.3 Änderungen und Ergänzungen der EAU 2012

Seit dem Erscheinen der EAU  2012 hat der Ausschuss einzelne Empfehlungen korrigiert und fortgeschrieben. Diese sind zusammen mit den Fehlerberichtigungen in der Korrekturtabelle abgedruckt.

Im Berichtszeitraum wurden zwei Empfehlungen zu RoRo-Anlegern und Anlegebrücken verfasst, die als neue Empfeh-lungen E 222 bzw. E 223 nachfolgend vorgestellt werden.

2.3.1 RoRo-Anleger

Aufnahme der Erfahrungen zu RoRo-Anleger als neue Emp-fehlung E 222 bzw. Kapitel 16 der Sammelveröffentlichung.

16 RoRo-Anleger

16.1 Allgemeines

Roll-on-Roll-off (RoRo)-Terminals ermöglichen RoRo-Schiffen bei wechselnden Wasserständen und verschie-denen Beladungszuständen den Güterumschlag durch einen Rolltransport. Terminals können einen oder mehrere RoRo-Liegeplätze haben, an denen RoRo-Schiffe festmachen können; derartige Liegeplätze haben feste und/oder verstellbare Rampen zum Ufer, wie nachstehend beschrieben.

Dieser Abschnitt befasst sich mit den wasserbaulichen Anforderungen für RoRo-Terminals. Landseitige An-forderungen wie Schranken, Zwischenlagerkapazitä-ten und Bauwerke sollen für übergreifende Funktionen unterhalten und eingerichtet werden. Für diese wird jedoch Bezug genommen auf PIANC WG 167.

Im Allgemeinen können die folgenden Verkehrsarten unterschieden werden:a) Gewerblicher RoRo-Verkehrb) Kombinierter RoPax-Verkehr (Roll on-roll off/Per-

sonenverkehr)c) Kombinierter RoRo-/Schienenverkehr

Allgemeine Daten zu Schiffsabmessungen der RoRo-Fähren finden sich unter E  39. RoRo-Schiffe unter-scheiden sich (a) durch die Passagierkapazitäten und (b) durch die unterschiedlichen rollenden Ladungsein-heiten wie Trailer, Eisenbahnwaggons und Straßen-fahrzeuge aller Art. Typischerweise können die folgen-den Arten von Schiffen unterschieden werden:a) Eisenbahn- und RoRo-Fährenb) Fähren, mit oder ohne Möglichkeit des Passagier-

transportesc) Fast Ferries (Schnellfähren)d) Autotransportere) ConRo-Schiffe (Kombination von Container- und

RoRo-Schiff)

Für die Ostsee kann die maximale Länge des Schiffes mit 250 m angenommen werden, was zu einer maxi-malen Breite des Schiffes von 35 m führt. Die derzeit größten Fähren im Bereich der Nordsee messen 240 m Länge mit einer Schiffsbreite von 32 m.

Die Auslegung des Terminals für derartigen Verkehr erfordert besondere Kenntnis des beabsichtigten Ver-

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J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

kehrszwecks, der die Lasten und Kinematik der RoRo-Liegeplätze bestimmt.

16.2 Lastannahmen für RoRo-Terminals

16.2.1 Lastannahmen für Verkehrslasten

In Abhängigkeit von der Art der Schiffe und der An-koppelung müssen die Lastannahmen für den Termi-nal in der frühen Entwurfsphase festgelegt werden. Allgemeine Festlegungen zum Verkehr müssen in Übereinstimmung mit den öffentlichen Bestimmungen sein, die aus Normen und Vorschriften sowie aus örtli-chen Festlegungen der Straßenbehörden gefordert wer-den.

In Deutschland werden Lastannahmen durch die DIN  EN  1991-2 (Einwirkungen auf Brücken) getrof-fen. Für Fährbrücken, die als Brücken angesehen wer-

den, ist der Lastfall LM 1 im Tragwerksentwurf anzu-wenden. Neben der typischen statischen Berechnung derartiger Bauwerke sind auch Ermüdungsberechnun-gen durchzuführen. Mit dem Auftraggeber/Nutzer sind ggf. anzusetzende Fahrspurbreiten und Fahrspurbean-spruchungen im Lastansatz schriftlich zu vereinbaren.

Zusätzlich kann es notwendig sein, (abhängig von der Kapazität des Schiffes) einzelne Schwerlastfahrzeuge wie Gabelstapler, schwere Niederflurfahrzeuge, Tug-master (RoRo-Zugmaschinen) oder gleichartige Fahr-zeuge zu berücksichtigen. Diese Fahrzeuge sind Son-derlasten und nicht in der Lastannahme LM 1 erfasst. Dabei kann berücksichtigt werden, dass der Verkehrs-fluss für Schwertransporte am Anleger überwacht und gesteuert wird. Entsprechend kann meist eine gleich-zeitige Belastung aus Sonderfahrzeug und Lasten aus LM  1 in den einzelnen Fahrspuren ausgeschlossen werden. Typische Schwerlastfahrzeuge sind nachfol-gend in Tabelle E 222-1 zusammengefasst.

Tabelle E 222-1: Typischer Schwerlastverkehr für RoRo-Terminals

Art des Fahrzeugs Gesamtlast(einschl. Ladung)

Typische Übersicht der Lasten des einzelnen Schwerverkehrs

Gabelstapler 634 kN

Aufleger 890 kN

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J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Für Schiffe mit mehreren Decks ist es notwendig, die Verkehrslasten in Abhängigkeit von der Lastaufnahme der einzelnen Decks zu berücksichtigen. Heutzutage ist es im Verkehr in der Ost- und Nordsee allgemein verbreitet, den Lkw-Verkehr sowohl auf dem Haupt-deck als auch dem Oberdeck zu platzieren.

16.2.2 Verkehrsbreite

Beim Entwurf des Terminals muss eine ausreichende Breite der Fährbrücke einschließlich des Bereichs auf der Landseite berücksichtigt werden. Zum Beispiel ist es empfehlenswert, die übliche Breite einer Fahrspur auf 4,5 m oder auch 5,0 m zu erhöhen, um ein sicheres Befahren vom und auf das Schiff zu ermöglichen.

Tabelle E 222-1: Fortsetzung

Art des Fahrzeugs Gesamtlast(einschl. Ladung)

Typische Übersicht der Lasten des einzelnen Schwerverkehrs

Sattel-anhänger

1060 kN

Anhänger(Mafi-Aufleger)

1244 kN

schweres Nieder-flur-Fahrzeug

2120 kN

Tugmaster (RoRo-Zugmaschine)

1123 kN

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J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

Für die Berücksichtigung von Schwerlastverkehren, einer landseitigen kurvenförmigen Anfahrt oder von Fahrzeugen für einen besonderen Zweck (z. B. Off-shore-Rotator-Transport) sind die minimalen Wende-kreise auf den zur Verfügung stehenden Verkehrsflä-chen zu untersuchen.

16.2.3 Anlegegeschwindigkeit

Im Allgemeinen sind die Empfehlungen der EAU E 40 ebenfalls für Fährterminals anzuwenden. Jedoch kön-nen bei häufig frequentierten Fähranlegern auch er-höhte Anlegegeschwindigkeiten planmäßig auftreten. So sind zu berücksichtigende Anlegegeschwindigkei-ten von bis zu 1,00 m/s bei der Auslegung der Seiten-fender nicht unüblich. Für die Auslegung der Stoppfen-der können Anlegegeschwindigkeiten von bis zu 0,50 m/s erforderlich werden. Die festzulegenden An-legegeschwindigkeiten für das Design der Fähranleger sind im Rahmen einer genauen Untersuchung und Vereinbarung mit dem Kunden und dem Betreiber der Fährschiffe festzulegen.

16.3 Kinematik

16.3.1 Wasserstand

Es ist von höchster Bedeutung beim Entwurf eines Ro-Ro-Terminals die Wasserstände am Terminal in den folgenden Kategorien festzulegen:a) Betriebswasserstandb) extremale Wasserstände

Betriebszeitfenster sollten recht ausgedehnt sein, um die Betriebsmöglichkeit der Verbindung zur Fähre unter Einhaltung optimaler Be- und Entladebedingun-gen der RoRo-Schiffe zu maximieren. Beispielsweise wird im Hafen von Rotterdam an einem stark frequen-tierten RoRo-Anleger ein Betriebszeitfenster für einen Ereigniszeitraum– von einmal in 10 Jahren mit einem leeren Schiff bei

Hochwasser– bis einmal in 10  Jahren mit einem voll beladenen

Schiff bei Niedrigwassergewährleistet.

Außerhalb des vorgesehenen Betriebszeitfensters ist eine sichere Lage des Schiffes am Terminal sicherzu-stellen.

16.3.2 Krängungsbedingungen des Schiffes

Um eine einwandfreie kinematische Berechnung zu ermöglichen, müssen Krängungswerte von 2° (für Be-triebsbedingungen) und von 5° (für extremale Betriebs-bedingungen mit eingeschränkter Be- und Entladung) angewendet werden.

16.3.3 Kinematisches Design: typische Winkel für das Befahren der Fährbrücke

Der Entwurf von festen und beweglichen Fährbrücken muss ein sicheres Befahren von Fahrzeugen ermögli-chen. Daher gilt die Mehrzahl der zu berücksichtigen-den Entwurfsfälle für das Befahren mit typischen Stra-ßenfahrzeugen.

Die gewählte Kinematik für die Fährbrücke hängt nicht nur von der Geometrie der Fahrzeuge selbst ab, sondern auch von der Geschwindigkeit der Fahrzeuge während der Fährbrückenüberfahrt. Je schneller das Fahrzeug die Brücke überfährt, desto ruckfreier ist der Übergang zwischen den Schiffen und dem Ufer auszu-legen. Ebenfalls beeinflusst die zur Verfügung stehende Zeit zur Be- und Entladung der RoRo-Schiffe und damit die Möglichkeit die roll-on-roll-off-Abläufe durch das Bedienpersonal zu regeln, die notwendige Kinema-tik der Fährbrücke. So kann die Be- und Entladung von Fahrzeugen mit hohen Anforderungen an Boden-freiheit, maximalen Neigungen und Winkeländerun-gen einem günstigeren Ballastzustand des Schiffes und/oder an wechselnde Wasserstände angepasst wer-den.

Die beabsichtigte Kinematik der Fährbrücke muss sorgfältig an die beabsichtigten Verkehrsvorgänge an-gepasst werden. Die in Tabelle E 222-2 gegebenen Winkel und Winkeländerungen sind für viele Fährbrü-cken in der Ostsee angewendet worden, wobei der Schwerpunkt auf der Abfertigung von Fahrzeugen, Lastkraftwagen und typischem Schwerlastverkehr gemäß Tabelle E 222-1 in großer Anzahl und innerhalb kurzer Zeit liegt. Beim extremalen Betriebswasser-stand ist unter Ansatz der Extremwerte, der Knickwin-kel und Krängungszustände eine beschränkte Abferti-gung des Schiffes zu gewährleisten.

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 393

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Zur Einhaltung der in Tabelle E 222-2 dargestellten Fahrbahnwinkel können auch z. T. patentierte Sonder-lösungen wie bspw. Einhängeflaps angewandt werden, welche eine Verkürzung der Fährbrücken bei Einhal-tung der maximalen Knickwinkel ermöglichen.

16.4 Klassifikation der Ship-to-Shore-Anlagen

16.4.1 Allgemeines

RoRo-Liegeplätze bestehen typischerweise aus festen und/oder anpassbaren landseitigen Rampen, an denen die RoRo-Schiffe festgemacht werden können [BSI 2007]. Gemäß der BSI 2000 wird eine feste land-seitige Rampe definiert als „die festgelegte Neigung zwischen der normalen Kaioberfläche und der äuße-ren Oberfläche der Kaimauer, an der das landseitige Ende eines Schiffes ruhen kann“. Im Gegensatz dazu ist die verstellbare landseitige Rampe, d. h. eine Fähr-brücke, eine „vertikal verstellbare Fahrbahn, gewöhn-lich auf der Küstenseite gelenkig gelagert und unab-hängig vom Schiff am äußeren Ende unterstützt, die eine dazwischenliegende Verbindung zwischen dem Land und dem Schiff bietet und auf der das landseitige Ende der Schiffsrampe lagern kann“.

Grundsätzlich ist eine große Vielfalt von verschiede-nen Bauwerken für RoRo-Rampen und Fährbrücken

möglich, die nachfolgend erläutert werden. Feste land-seitige Rampen werden i. d. R. bei geringen Schwan-kungen des Bemessungswasserstandes (∆  ≤  1,5m) ge-nutzt. Der Einsatz von beweglichen Rampen/Fährbrü-cken wird bei hohen Schwankungen der Bemessungs- wasserstände erforderlich bzw. beim Erfordernis ge-ringer Winkeländerungen zum Überfahren der RoRo-Rampen.

Des Weiteren sind folgende Entwurfskriterien bei der Wahl der Konstruktionsart des RoRo-Anlegers zu be-rücksichtigen:a) Art des RoRo-Verkehrsb) Ausrüstung des RoRo-Schiffesc) Änderung von Wasserstand und Bemessungstief-

gangd) Liegezeit am Liegeplatze) Verfügbarkeitsanforderungen des Liegeplatzes (un-

günstiges Wetter und Tidebedingungen, Betriebsbe-reitschaft)

Ebenfalls haben die verschiedenen Schiffsbreiten der für einen Liegeplatz vorgesehenen Schiffstypen und die Position der Schiffsrampe einen bedeutenden Ein-fluss auf den Entwurf der Fährbrücke. Die in der Tabel-le E 222-3 aufgeführten Kriterien sind u.  a. für den Entwurf von RoRo-ship-to-shore-Systemen zu berück-sichtigen.

Tabelle E 222-2: Empfohlene Winkel/Winkeländerungen für die Ostsee

Art RoRo-Terminal(allgemein)Kuppe/Tal

RoRo-Terminal(mit höheren Anforderungen für Durchfahrtsgeschwindigkeit)Kuppe/Tal

Eisenbahn-Terminals

Betriebs-wasserstand

max. 4,5°/4,5°(Schwall/Sunk)

max. 1°/2° (Schwall/Sunk; empfohlen für das Hauptdeck)

2,1°

ExtremalerBetriebs-wasserstand

max. 7,5°/7,5°(Schwall/Sunk)

max. 4,5°/4,5°(Schwall/Sunk)

2,1°

Feste RampebeweglicherFußwegbrücken (Oberdeck)

max. 1:10 (Neigung)max. 3° (Winkeländerung)

max. 1:12,5 (Neigung)max. 1° (Winkeländerung)

--

Tabelle E 222-3: Entwurfskriterien für RoRo-ship-to-shore-Systeme

Standortbedingungen TopographieBathymetrieGeologie/BaugrundLage des Anlegers zur HauptwindrichtungSeismizität (falls zutreffend)

Umweltbedingungen Meteorologie: normale und außergewöhnliche, Wind, Regen, TemperaturOzeanographie: normale und außergewöhnliche Wellen, Tide, Strömung, Eis, chemische Zusammensetzung des Wassers, Wellengang, Schwall im Hafen usw.Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit von Sturmbedingungen

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J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

Da es im Bereich der Betriebs- und Extremwasserstän-de erhebliche Unterscheidungen zwischen den einzel-nen Häfen wie z. B. in der Nord- und Ostseeregion gibt, variieren die jeweiligen konstruktiven Lösungen erheblich. Im Bereich von Terminals mit Passagierver-kehren sollte aus Sicherheitsgründen der Passagier- vom Fahrzeugverkehr getrennt werden z. B. mit geson-derten Gangwayanlagen oder mit von den Fahrbahnen getrennten Fußwegen.

In Hinblick auf die Fahrzeugzufahrt können die RoRo-ship-to-shore-Systeme in drei verschiedene Kategorien

gemäß BSI (2007) und PIANC (1995) wie folgt einge-teilt werden:a) direkte Zufahrt mit Schiffsrampenb) feste Uferrampenc) verstellbare Uferrampen wie Systeme mit Ponton

oder beweglicher Fährbrücke

Die allgemeinen Vor- und Nachteile dieser drei ver-schiedenen Arten von RoRo-ship-to-shore-Systemen sind in Tabelle E 222-4 aufgeführt.

Tabelle E 222-4: Vergleich verschiedener Entwurfstypen für RoRo-ship-to-shore-Systeme

Allgemeine Beschreibung

Schiffsrampe Feste Uferrampe Verstellbare Uferrampen – Pontons

Verstellbare Uferrampen – bewegliche Fährbrücken-systeme

Vorteil hohe Flexibilität geeignet für unbe-gleiteten Verkehr

leichte Verstellung bei ver-schiedenen Wasserständen in  Tidegebieten

genau angepasstreduziert die Verweilzeit gemäß der genau ange-passten FährbrückeVerladung auf mehrere Decks möglich

Nachteil erhöhte lokale Lastenbenötigt eine verhältnis-mäßig lange Schiffsrampe

von der Neigung abhängige Nutzung

typischer einspuriger Verkehr erfordert Wartung

Kostenansatz – ± + ++

Tabelle E 222-3: Fortsetzung

Betriebseinflüsse Schiffe (Daten, Abmessungen, Arten, Häufigkeit, Annäherungsgeschwindigkeit, Liegezeit am Liegeplatz, Anforderungen zum Beladen und Unterhalt)Fahrzeuge (Daten, Abmessungen, Arten, Ladung, Betriebsabmessungen (Wenderadien usw.))Besondere Ausrüstung, Ausrüstung zum Festmachen, Ankerwinde usw.Service und Betriebsmittel, Verbindungen zum Land (z. B. Gangway), Beleuchtung und Sicher-heit, Strom, LeitungenSchienen, Kräne, Beladevorrichtungen, Bahnkörper, Kapazität, Gewichte, Spielraum, Pegel, Geschwindigkeit, Ausladung und Hub usw.Lagerfläche für Fracht

Funktionale Betrachtungen Ausbaggerung, Auskolkung und Verschlammung, Ausspülung durch SchiffsschraubenWartungsmethoden: kathodischer Schutz, Reparatur von Schäden usw.

Berücksichtigung von Navigationsgesichtspunkten:

Fahrwasserbreite und -tiefeAnnäherungsbedingungen für das Schiff (in Bezug auf Zeit)

Beschränkungen Begrenzung von Hafen und Moledurch Behörde: Standard der Wasserqualität, ölhaltiger Ballast, Baggeraushubbeseitigung, Schüttung usw.Genehmigungen und Lizenzen (d. h. für Radio/WLAN-Verbindung zwischen Terminal und Schiff)bestehende Einrichtung: veränderte Nutzung oder Erweiterung/Begrenzung

Ebenfalls maßgebend für die Ausbildung des RoRo-ship-to-shore-Systems ist die Konstruktionsart des Schiffes. Gemäß Bild E 222-1 können hier zwei Arten von Schiffen unterschieden werden:

a) Schiffe mit einer eigenen Schiffsklappeb) Schiffe ohne eine eigene Schiffsklappe (z. B. Eisen-

bahnfähranleger)

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 395

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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16.4.2 Ship-to-Shore-Anlagen für Schiffe mit schiffseigener Klappe

Schiffseigene Klappen variieren z. T. erheblich in Länge, Breite und Höhe. Bild E 222-2 zeigt ein Schiff, welches mit Hilfe einer schiffseigenen Klappe an einem standardisierten Liegeplatz be- und entladen werden kann.

In der Regel sind zusätzliche Einrichtungen auf der Landseite wie Pontons oder feste Uferrampen notwen-dig, um ungünstige Winkeländerungen während des Be- und Entladens zu vermeiden.

Verstellbare Uferrampen – Pontons

Pontons wie in Tabelle E 222-5 gezeigt, bieten einen hohen Grad an Flexibilität bei der Nutzung des Liege-platzes für den Umschlag weiterer Ladungsgüter und/oder bei sich ändernder Art des Festmachens der Ro-Ro-Schiffe während der Lebensdauer des Liegeplatzes. Jedoch sind die Anforderungen an Wartung und Bedie-nung bei Pontons höher im Vergleich zu festen Ufer-rampen.

Bild E 222-1: Schiffe mit oder ohne eine eigene Fährbrücke [BSI 2007]

Tabelle E 222-5: Ponton-ship-to-shore-Systeme

Verbindungsarten Vorteil Nachteil

Flutbare Ponton-Systeme MehrfachnutzenFlexibilität (Tidehub)ggf. ausstattbar mit zusätzlicher Höhen-steuerung

Lastbeschränkungtypischer einspuriger Verkehr

Bild E 222-2: Schiff mit eigener Klappe an einem Standard-Liegeplatz

396 Bautechnik 93 (2016), Heft 6

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

Feste Uferrampen

Feste Rampen bedingen grundsätzlich Schiffe mit einer schiffseigenen Klappe.

Ebenfalls kommen kurze feste Rampen geringer Höhe als Übergang zwischen dem Kai und dem Brückenbau-werk einer beweglichen Fährbrücke zum Einsatz.

Gemäß BS 6349-8 wird der Entwurf von festen Ram-pen bestimmt durch den Tidehub. Bei Tidehüben von mehr als 1,5 m tritt eine erhöhte Winkeländerung ein, welche i. d. R. zum notwendigen Einsatz einer bewegli-chen Fährbrücke führt.

Tabelle E 222-5: Fortsetzung

Verbindungsarten Vorteil Nachteil

Von einem Ponton unterstützte Fährbrücke [BSI 2007] Kostengünstig im Falle hoher Tidehübe

Lastbeschränkungtypischer einspuriger Verkehr

Halb absenkbarer Ponton [BSI 2007] Kostengünstig im Falle hoher Tidehübe

Lastbeschränkungtypischer einspuriger Verkehrungünstige Kinematik

Bild E 222-3 zeigt die Ausbildung einer festen Rampe am Liegeplatz 60 im Hafen von Rostock. Der Entwurf dieser festen Rampe hat seine Grundlage auf einem Vergleich der Kinematik verschiedener Schiffstypen. Bei verschiedenen Wasserständen und Beladungszu-ständen der Schiffe erfolgt die Ablage der schiffseitigen Klappen auf den unterschiedlich geneigten Bereichen der festen Rampe.

16.4.3 Bewegliche Fährbrückensysteme für Schiffe mit und ohne schiffseigene Klappe

Gemäß der Art des Verkehrs werden zwei allgemeine Arten von Fährbrücken wie folgt unterschieden:

a) Fährbrücken für Verkehr mit gummibereiften Fahr-zeugen

b) Fährbrücken für Bahn- und Lkw-Verkehr

In Abhängigkeit von der Häufigkeit und der Bedeutung der Fährverbindung ist es heutzutage üblich, Fährbrü-cken mit mehreren Decks für gummibereiften Verkehr einzusetzen, welche eine direkte Beladung der Haupt- und Oberdecks der Schiffe ermöglichen, siehe Bild E 222-4. Vereinzelt erfolgt zusätzlich eine mögliche Be-ladung des Hauptdecks mit Eisenbahnwaggons.

Durch geeignete konstruktive Maßnahmen, z. B. An-ordnung von Stoppfendern, ist eine Kollision des Schiffes mit der Fährbrücke zu verhindern.

Bild E 222-3: Beispiel für eine feste Rampe im Hafen (Rostock, Liegeplatz 60)

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 397

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Weiterhin müssen bewegliche Fährbrücken innerhalb der Gesetzgebung der EU der EU-Maschinenrichtlinie entsprechen. Entsprechend dieser Anforderung erfor-dern der Entwurf, die Ausführung und der Betrieb be-

weglicher Fährbrücken eine sichere Überwachung und Vorkehrungen während des gesamten Vorgangs beim Terminal.

Bewegliche Fährbrückensysteme werden für Schiffe mit oder ohne Schiffsklappe verwendet. Bild E 222-5 zeigt eine bewegliche Eisenbahnfährbrücke am Liege-platz 64 in Lübeck. Eisenbahnfähranleger erfordern die exakte Positionierung der Brücke zum Schiff be-dingt durch die durchlaufenden Schienensysteme. Hier wird typischerweise ein sogenannter King-Pin zur fes-ten Positionierung von Fährbrücke/Schiff eingesetzt.

Aus Gründen des Korrosionsschutzes sowie der unab-hängigen Betreibung der Fährbrücken von Eisgang ist ein planmäßiges Eintauchen der Fährbrückenkonst-ruktion unter Betriebsbedingungen zu vermeiden.

Für das Design der beweglichen Fährbrücken sind die maximalen Winkeländerungen gemäß Abschnitt 16.3.4 zu berücksichtigen. Im Falle einer erhöhten Entwurfs-geschwindigkeit für den Verkehr (z. B. Entwurfsge-schwindigkeit für Fahrzeuge von 40 km/h) sollten die maximalen Winkeländerungen unter Betriebsbedin-gungen auf 2,0° (Kuppe/Tal) begrenzt werden. Bei Ei-senbahnterminals ist die maximale für Schienenver-kehr mögliche Neigung (z. B. 2,1° in Abstimmung mit den örtlich zulässigen Bedingungen) zu berücksichti-gen.

Normalerweise benötigen Fährbrücken für den Schie-nenverkehr daher längere und, durch die hohen Las-ten, schwerere Brücken, was typischerweise zu Trog-brücken führt. Diese liegen immer direkt auf dem Schiff auf. Eine entsprechende Koordination mit dem Schiff zur Ableitung der Lasten ist im Rahmen des Ent-wurfes zu führen.

Infolge des wesentlich höheren Gewichtes von Eisen-bahnfährbrücken ist es üblich, ein System mit Gegen-gewicht für die Höhenverstellung zu verwenden. Diese Systeme werden rein mechanisch oder kombiniert mit hydraulischen Antrieben bewegt.

16.5 Landseitige Einrichtungen

16.5.1 Fendersysteme am Fährliegeplatz

Die Fendersysteme müssen ein sicheres Anlegen des Schiffes gewährleisten und während der Be- und Entla-dung das Schiff am Liegeplatz sicher positionieren. Folgende Fendersysteme werden hierfür eingesetzt:a) Seitenfenderb) Leitwerke für Klemmbettlösungen

Bild E 222-4: Beispiel für eine bewegliche Fährbrücke mit Doppeldeck (Fahrzeugverkehr) (Rostock, Liegeplatz 54)

Bild E 222-5: Beispiel einer beweglichen Eisenbahnfährbrücke (Lübeck, Liegeplatz 64)

398 Bautechnik 93 (2016), Heft 6

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c) Fender für das Anlegen des Schiffshecks (Positio-nier- oder Stoppfender)

Wie bereits in Abschnitt 16.2.3 ausgeführt, sind für die Fendersysteme erhöhte Anlegegeschwindigkeiten zu berücksichtigen. Zusätzlich sind die Sicherheitsfakto-ren beim Entwurf der Fendersysteme zu erhöhen. PIANC 2002 gibt Werte von Sicherheitsfaktoren von „2,0 oder höher“ für RoRo-Schiffe an.

Die Sicherheitsfaktoren und Anlegegeschwindigkeiten für die Bemessung der Fendersysteme sind mit dem Betreiber des Liegeplatzes abzustimmen und festzule-gen.

16.5.2 Regelungen zum Festmachen

Die Bestimmung der Polleranordnung hat sowohl unter betrieblichen als auch sicherheitstechnischen Aspekten zu erfolgen. In der Regel sind im Rahmen des Entwurfes hierzu Abstimmungen mit dem Nutzer sowie den Ordnungsbehörden (z. B. Hafenkapitän) er-forderlich.

Zusätzlich zu den wasserseitigen Kantenpollern einer Kaianlage sind bei Fähranlegern oftmals weitere land-seitig anzuordnende Zusatzpoller notwendig. Zum schnelleren Festmachen der Fährschiffe kommen bei diesen landseitigen Zusatzpollern entsprechende Vor-strecker zur Anwendung.

Für hoch frequentierte Liegeplätze mit einer begrenz-ten Verweilzeit können automatische Festmachsyste-me ggf. in Kombination mit Klemmbettsystemen erfor-derlich sein. Diese Systeme bedingen eine exakte An-gleichung der landseitigen Befestigungen mit den Einrichtungen am Schiff (z. B. Zusatzpoller am Schiffs-körper bzw. Verstärkungen der Schiffshaut). Es gibt auf dem Markt u.  a. zwei Arten von automatischen Festmachsystemen:– Konventionelle mechanische Festmachsysteme– Automatische Vakuum-Systeme

Konventionelle Festmachsysteme sind weit verbreitet in den deutschen Ostseehäfen wie Puttgarden, Lübeck und Rostock. Vakuum-Festmachsysteme sind an ausge-wählten Fährhäfen in Europa, z. B. in Dover (Eng-land), im Einsatz und benötigen u. a. eine Eisfreiheit, welche durch Beheizungssysteme erreicht werden kann.

Bei dem Einsatz von automatischen Festmacheinrich-tungen ist im Entwurf zu prüfen, wie die Schiffe im Fall eines Ausfalls oder bei Überlastung der Anlage sicher vertäut werden. In diesem Fall ist ein gesondertes Be-triebsregime erforderlich.

Poller an allgemeinen Schiffsliegeplätzen, welche eben-falls zur Be- und Entladung von RoRo-Schiffen mit

schiffseigener Klappe dienen, müssen demontierbar ausgeführt werden. Damit kann ein ausreichender Freiraum zur Ablage der Schiffsklappe gewährleistet werden, siehe Bild E 222-2.

16.5.3 Schutz vor Auskolkung

Durch die jeweilig identische Positionierung eines Ro-Ro-Schiffes durch die kaiseitige Anordnung von festen und beweglichen Rampen sind RoRo-Terminals im er-heblichen Maß von erhöhten Auskolkungen betroffen. Zum Schutz der landseitigen Anlagen vor Auskolkung sind konstruktive Maßnahmen am RoRo-Anleger, aber auch betriebliche Vorkehrungen beim Anlegeregime der RoRo-Schiffe zu treffen.

Moderne RoRo-Schiffe sind i. d. R. mit kraftvollen An-trieben (z. B. Azipodantriebe) und Strahlrudern ausge-stattet und legen ohne Unterstützung eines Schleppers am Liegeplatz an. Die maximale Kolkbelastung beim An- und Ablegen tritt hierbei oftmals unmittelbar vor der Fährbrücke bzw. Rampe auf. Hierbei sind in den vergangenen Jahren Schäden bei verschiedenen Fähr-anlegern mit erheblichen Auswirkungen auf deren Standsicherheit aufgetreten. Offene Gründungslösun-gen im Gegensatz zu Spundwandlösungen bieten den Vorteil, dass die auftretende Energie großflächig unter dem Anleger verteilt wird und lokale Schädigungen so minimiert werden.

Im Rahmen der Planung sind geeignete Kolkschutz-maßnahmen unter Berücksichtigung der örtlichen Si-tuation in Verbindung mit dem vorgesehenen Schiffs-typ zu bestimmen. Der Schutz von baulichen Anlagen kann durch einen anzuordnenden Kolkschutz, aber auch durch erhöhte Kolkzuschläge bei der statischen Bemessung der Anlagen erfolgen. Während der Nut-zung des Liegeplatzes hat ein regelmäßiges Monitoring des Zustandes der getroffenen Kolkschutzmaßnahmen zu erfolgen. Auftretende Kolke oberhalb der getroffe-nen Kolkzuschläge im Rahmen der Standsicherheits-berechnung sind unmittelbar zu verfüllen.

16.5.4 Gangwayanlagen für Passagierverkehre

Aus Sicherheits- oder Serviceaspekten erfolgt eine Trennung der Fußgänger- von den Fahrzeugverkehren mit Hilfe von Gangwayanlagen und Fußgängerüber-führungen. Der Entwurf und die Abmessungen von Fußgängerüberführungen und Fahrgastbrücken sollten– sicherstellen, dass die erwartete Vielfalt an Schiffs-

typen sicher bedient werden kann,– das von-Bord-gehen sämtlicher Fußgänger in kur-

zer Zeit ermöglichen,– in rollstuhlgerechter Auslegung erfolgen bzw. mit

entsprechenden Sondermaßnahmen (z. B. Beglei-tung durch Operator) definiert werden,

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 399

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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– die Mitnahme von Gepäck und Fahrrädern gewähr-leisten,

– ausreichenden Schutz vor dem Klima außerhalb si-cherstellen, wodurch Beheizung, Kühlung und Be-lüftung notwendig sein können,

– Rollsteige oder Gepäckfließbänder bei langen Wegen zwischen Terminal und Fähre bieten,

– rutschfeste Fußbodenbeläge und begrenzte Neigun-gen haben,

– leichte Reinigung und kurze Wartungszeiträume erlauben.

Die Fußwege von Gangwayanlagen sind oftmals ober-halb der Fahrzeugdecks hoch über der Kaioberkante angeordnet. Falls die Anlage nicht vollständig ge-schlossen ist, sind entwurfsseitig besondere Maßnah-men erforderlich, die eine Gefährdung von Passagieren ausschließen (z. B. gesonderte Geländer mit Übersteig-schutz). Die Kameraüberwachung für Betriebssicher-heit (CCTV) wird insbesondere für Fußgängerüberfüh-rungen mit langen Wegstrecken und am abschließen-den Verbindungsbereich zum Schiff empfohlen. Der unmittelbare Übergangsbereich zwischen Gangway und Schiff wird meistens durch eingewiesenes Be-triebspersonal überwacht. Für bewegliche Gangwayan-lagen sind Risikobeurteilungen nach EU-Maschinen-richtlinie erforderlich.

Fluchtwege im Brandfall und der Feueralarm sind gemäß den betreffenden lokalen Vorschriften zu be-rücksichtigen.

Gangwayanlagen zum seitlichen Schiffszugang kön-nen gemäß Tabelle E 222-6 in verschiedenen Bauarten ausgeführt werden. Fußgängerüberführungen für den

Zugang über den Heck- oder Bugbereich werden übli-cherweise mit der Fährbrücke kombiniert.

Die Auswahl des geeigneten Passagierzuganges hängt u. a.– von dem Schiffstyp und der Abmessung des Fähr-

schiffes,– der Tidehöhe– und dem Abstand zwischen Fahrgastterminal und

dem Schiff ab.

Gangwayanlagen der Typen  1a und 1b der Tabelle E 222-6 sind geeignet für einen kleinen bis mittleren Tidehub in Abhängigkeit von der Länge und den be-treffenden Neigungen der Fußgängerüberführungen. Typ 1a erfordert dabei eine fixe Position des Schiffs an seiner Zugangstür, da nur eine vertikale Bewegung der Fußgängerüberführung möglich ist. Neben dem Passa-gierverkehr bietet der Typ  1b mit seiner klappbaren Fußgängerüberführung eine erhöhte Flexibilität zum Festmachen verschiedener Schiffstypen mit verschie-denen Positionen der Schiffszugangstür.

Typ 2 der Tabelle E 222-6 bietet eine ähnliche Flexibili-tät wie Typ  1a, wobei die Art der Konstruktion eine kleinere Flexibilität erreicht.

Die Typen  3 und 4 der Tabelle E 222-6 bieten die höchste Flexibilität in Bezug auf die Bandbreite der zu bedienenden Schiffe. Die klappbare Fußgängerüber-führung von Typ 4 stellt geeignete Neigungen gleich-falls für hohe Wasserstands- und Tauchtiefenänderun-gen sicher. Jedoch sind diese beiden Typen sowohl in der der Konstruktion als auch in der Wartung sehr aufwendig.

400 Bautechnik 93 (2016), Heft 6

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

Tabelle E 222-6: Verschiedene Arten von Gangwaysystemen

Art Layout Was

sers

tands-

und

Tau

chti

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runge

n

Frei

hei

tsgr

ad

Flex

ibil

ität

der

An-

lage

1a A: Festes GebäudeB: FußgängerwegC: HubgestellD: Ausziehbare Fußgänger überführung

klein – mittel

2 begrenzt

1b A: Festes GebäudeB: Klappbare Fußgänger überführungC: Bewegliches HubgestellD: Ausziehbare Fußgänger überführung

klein – mittel

3 mittel

2 A: Festes GebäudeB: Klappbare Fußgänger überführungC: Schwenkbare ZugbrückeD: Bewegliche Zugangsplattform und

Fußgängerüber führung

klein – mittel

3 mittel

3 A: Festes GebäudeB: Klappbare Fußgänger überführungC: Beweglicher Rahmen/ bewegliches

HubgestellD: Ausziehbare Fußgänger überführung

klein – mittel

3 hoch

4 A: Festes GebäudeB: Klappbare Fußgänger über-

führungC: Beweglicher Rahmen/

bewegliches HubgestellD: Ausziehbare Fußgänger-

überführung

mittel – groß

3 hoch

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 401

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Die letzte Verbindung zwischen der Passagierbrücke und dem Schiff wird häufig als eine ausziehbare Fuß-gängerüberführung oder als Dockingkabine ausgebil-det und mit einem Haken oder Bolzen zu einer auf der Schiffsseite passenden Konstruktion verbunden. Ro-buste Geländer mit geeigneter Ausfachung sind not-wendig, um die Sicherheit der Passagiere auf dem offe-nen Überführungsbereich zu gewährleisten.

In Abhängigkeit von den Abmessungen der zu bedie-nenden Schiffe und der Passagierbrücke muss die Übergangskonstruktion so entworfen werden, dass sie der Bewegung des Schiffs aktiv oder passiv folgen kann. Eine passive Bewegung der Brücke wird durch die Kräfte erzeugt, die von der mechanischen Verbin-dung mit dem Schiff übertragen werden. Das Verbin-dungselement für eine derartige Verbindung ist so zu bemessen, dass es einen kontrollierten Bruch im Fall von Überlastung zulässt. Moderne Brückenkonstrukti-onen sind in der Lage, die Bewegung des Schiffs zu messen und dem Schiff mit automatischen Stellantrie-ben aktiv zu folgen. Derartige Systeme ermöglichen in Notsituationen auch automatische Abkopplungsmanö-ver, mit der die Schiffsbrücke kontrolliert und sicher vom Schiff getrennt werden kann.

Literatur

Zusätzliche Informationen über die Anforderungen für den Entwurf eines Terminals von RoRo-Schiffen können aus den verschiedenen PIANC-Reporten entnommen werden, wie z. B.:• PIANC: Port Facilities for Ferries – Practical Guide, report

of Pianc Working group no. 11, 1995 (Hafeneinrichtungen für Fähren – Praktische Anleitung, Bericht der PIANC-Ar-beitsgruppe Nr. 11, 1995)

• PIANC: MARCOM Arbeitsgruppe 167; Entwurf von Ter-minals für RoRo- und RoPax-Schiffe, wird veröffentlicht 2015/2016

• British Standard BS 6349-1-2000: Part 1: Code of Practice for General Criteria

• British Standard BS 6349-8-2007: Part 8: Code of Practice for the Design of Ro-Ro ramps, linkspans and walkways

2.3.2 Anlegebrücken

Aufnahme der Erfahrungen zu Anlegebrücken als neue Empfehlung E 223 bzw. Kapitel 17 der Sammelveröffent-lichung.

17 Anlegebrücken

17.1 Einleitung

Im Gegensatz zu einer Kaimauer, welche dem Schiff einen Liegeplatz mit direkter Terminal- bzw. Hinter-landanbindung bietet, besteht eine Anlegebrücke aus einer Lade- und/oder Löscheinrichtung in einem ge-wissen Abstand zum Ufer.

Anlegebrücken bestehen in der Regel aus fest installier-ten Strukturen, wobei – insbesondere in Regionen mit starken Wasserspiegeländerungen – auch schwimmen-de Anleger zur Ausführung kommen. Beispielhafte Ausführungen einer fest installierten und einer schwim-menden Anlegebrücke sind in den Bildern E 223-1 und E 223-2 dargestellt.

Die Mehrzahl der Anlegebrücken wird als Einrichtung für den Umschlag von trockenem oder flüssigem Mas-sengut genutzt.

Liegeplätze für andere Umschlaggüter wie Container oder Stückgut sowie für anderweitige Nutzungen, wie zum Beispiel für den Fährverkehr oder als Kreuzfahrt-terminal, werden hingegen überwiegend als feste Kaian-lagen entworfen und gebaut, um den komplexen logisti-schen Anforderungen des Terminalbetriebs Rechnung zu tragen. In manchen Fällen können Anlegebrücken aber auch hier vorteilhafte Lösungen bieten.

Anleger bestehen generell aus drei Grundkomponen-ten:– Anlege- und Vertäueinrichtungen zur Gewährleis-

tung von sicheren Anlege- und Ablegemanövern sowie zur Bereitstellung von geeigneten Liegeplatz-bedingungen.

– Belade- oder Löschplattform zur Gewährleistung des störungsfreien und effizienten Warenumschlags.

– Verbindung zwischen der Umschlagsplattform und dem Ufer, entweder in Form einer festen Brücken-

Bild E 223-1: Beispiel einer fest installierten Anlegebrücke, Lumut (Malaysia) [BAM International]

Bild E 223-2: Beispiel einer schwimmenden Anlegebrücke, Köln [Shell Deutschland]

402 Bautechnik 93 (2016), Heft 6

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

verbindung oder auch einer Unterwasserleitung (Pipeline) bei Flüssiggutumschlag.

17.2 Entwurf von Anlegebrücken

17.2.1 Liegeplatzausrichtung und -verfügbarkeit

Anlegebrücken sind häufig an exponierten Orten gele-gen, die in Extremsituationen keinen ausreichenden Schutz gegenüber Wellenangriff und Strömungen bieten, sodass Schiffe zeitweise den Liegeplatz verlassen müssen, um Gefahrensituationen zu vermeiden. Sofern Häufig-keit und Dauer ungünstiger Randbedingungen im akzep-tablen Rahmen bleiben, können in der Regel auch expo-nierte Anlegebrücken die in Hinblick auf das Umschlag-volumen gestellten Nutzungsanforderungen erfüllen.

Dazu ist beim Entwurf der Anlagen darauf zu achten, dass Orientierung und Gestaltung der Liegeplätze eine bestmögliche Ausnutzung der Ankerleinen unterstüt-zen und so die Belastungen auf das Schiff minimiert werden. Die optimale Auslastung der Ankerleinen ist wesentlich durch die günstige Positionierung der Dal-ben (Anlege- und Festmacherdalben) im Entwurf zu berücksichtigen.

Zur Minimierung der Schiffsbelastungen am Anleger sollte die Ausrichtung der Schiffe am Liegeplatz wei-testgehend mit den vorherrschenden Angriffsrichtun-gen von Wind, Seegang (vor allem Dünung) und Strö-mungen abgestimmt werden. Um die resultierenden Ankerleinenkräfte eines Schiffes zu bestimmen, wel-ches den für den betreffenden Liegeplatz maßgeben-den Kombinationen von Wind, Wellen und Strömun-gen ausgesetzt ist, ist generell eine dynamische Vertäu-studie durchzuführen. Neben der Obergrenze akzeptabler Liegeplatzrandbedingungen kann mit einer Vertäustudie anhand der statistischen Verteilung vorliegender Umweltrandbedingungen auch die mittle-re Eintrittswahrscheinlichkeit abgeschätzt werden, in der Schiffe den Liegeplatz nicht ansteuern können.

In der technischen Vorplanung von Projekten (Front-End Engineering Design – FEED) werden häufig nauti-sche Simulationen eingesetzt, um die erforderlichen Fahrwasserbereiche und deren Kennzeichnung durch Seezeichen festzulegen sowie die Schlepperunterstüt-zung von Großschiffen zu erörtern.

Auch können derartige Analysen zur Untersuchung und Festlegung von maximalen Umweltrandbedingun-gen bezüglich einer sicheren Schiffspassage im Zu-fahrtkanal sowie des An- und Ablegens von Schiffen herangezogen werden. Echtzeitsimulationen bieten den Vorteil, dass der menschliche Faktor in den Mo-dellberechnungen realistischer erfasst werden kann.

Im Fall, dass mehrere Liegeplätze an einer Anlegebrü-cke geplant sind, ist dem Abstand der Liegeplätze unter-

einander größtmögliche Berücksichtigung zuzuordnen. Die Kriterien bezüglich sicherer Mindestabstände kön-nen aus einer Reihe von Anforderungen abgeleitet sein:– Genügend Fahrwasser rund um den Schiffskörper

zum sicheren Navigieren mit Schlepperunterstüt-zung entsprechend der Ergebnisse der nautischen Studie.

– Einhalten von Sicherheitsabständen rund um den Übergabepunkt von brennbaren Gasen oder Flüs-sigkeiten, wie z. B. LPG oder LNG.

Sind potentielle Liegeplätze mit ausreichender natürli-cher Wassertiefe nur in relativ großer Entfernung zum Ufer verfügbar, steigen die Kosten für die Zugangsbrü-cke und das Projekt wird möglicherweise unrentabel. Um die Erschließungskosten zu minimieren, ist in sol-chen Fällen abzuwägen, ob die Länge der Zugangsbrü-cke zugunsten eines zu baggernden seeseitigen Zu-gangskanals gekürzt werden kann. Dabei ist zu beach-ten, dass für derartige Vergleichsstudien die gesamten Lebenszykluskosten einbezogen werden müssen, also auch Kosten für z. B. Unterhaltungsbaggerungen.

17.2.2 Höhe der Anlegebrücke

Die Höhe der Zugangs- und Anlegebrücken muss aus-reichend bemessen sein, um Wellenschlag an empfind-lichen Komponenten der Tragstruktur, einschließlich Rohrleitungen, Förderbändern, Brückenträgern, etc. zu vermeiden. Robuste Balkenkopfverbindungen und Querträger zwischen den Fundierungspfählen sollten bevorzugt oberhalb des Wellenkamms installiert wer-den, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass die Wellenbelastungen unbeschadet durch die Struktur aufgenommen werden können.

Die Ermittlung der maximalen Wasserspiegelauslen-kung des Seegangs muss dabei über die gesamte Länge der Anlegebrücke erfolgen, da sich die maximalen Wasserspiegelauslenkungen infolge Bodenreibung und Shoaling verändern. Beim Einlaufen der Welle ins Flachwasser verformt sich das Wellenprofil, sodass der maximale Wellenkamm nicht notwendigerweise nahe des seeseitigen Teils der Anlegebrücke auftritt.

17.2.3 Einfluss der Umweltbedingungen auf Bauablauf und bauliche Konzepte

Wie erwähnt liegen Anlegebrücken teilweise stark ex-poniert gegenüber Wind, Wellen und Strömungsbelas-tungen, welches bei der Orientierung der Liegeplätze und der Höhe der Brücken entsprechend berücksich-tigt werden muss. Darüber hinaus kann die Auswahl bevorzugter Tragwerkskonzepte, sowie geeigneten Ge-rätes für die Installation von Bauwerkskomponenten (Gründungen, Pfahlköpfe, Brückenelemente, etc.) durch ungünstige Umweltrandbedingungen einge-schränkt werden.

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 403

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Die Obergrenze betrieblicher Randbedingungen für schwimmendes Arbeitsgerät (z. B. Kranbargen) ist be-reits bei niedrigen Wellenhöhen erreicht, während so-genannte Hubinseln weniger empfindlich gegenüber Seegang sind. Im Hinblick auf die sichere Bauausfüh-rung unter ausgeprägten Seegangsverhältnissen ist der Entwurfsverfasser daher gefordert, eine grundlegende Analyse und sinnvolle Auswahl bezüglich Anzahl und Gewicht der Bauwerkskomponenten durchzuführen (Optimierung von Hebekapazität und Hebezyklen).

Die Berücksichtigung eines sicheren und effizienten Geräteeinsatzes in der Planung ist dabei nur ein ausge-wähltes Beispiel, um die wichtige Interaktion zwischen Bauwerksentwurf und Bauausführung sowie die Einbe-ziehung von baurelevanten Aspekten in einer frühen Phase des Entwurfes aufzuzeigen.

17.3 Entwurf der Anlege- und Vertäueinrichtungen (ship-to-shore)

Der Entwurf von Anlege- und Festmacherdalben ist dahingehend zu optimieren, dass gefahrloses An- und

Ablegen sowie ein sicheres Liegen der Schiffe am Anle-ger gewährleistet ist.

Jeweils mindestens ein Fender bzw. Anlegepunkt sollte in einem möglichst großen Abstand voneinander an den gegenüberliegenden Enden des Mittschiffs verfüg-bar sein, um eine ausreichende Stabilität des festge-machten Schiffes zu gewährleisten, s. Bild E  223-3. Dabei ist darauf zu achten, dass sich die Anlegepunkte im Bereich des parallelen Mittschiffs befinden, da an-derenfalls die Fender an der Außenhaut des Schiffes eine Neigung erfahren, welches bei Variationen des Wasserstands bzw. Änderungen des Tiefgangs (wäh-rend Lade- oder Löschvorgängen) zu unerwünschten Vertikalbelastungen von Fender und Schiff führt.

Bild E 223-3: Kriterien zur Ableitung des empfohlenen Dalbenabstands

Unter Ansatz der obigen Angaben beträgt der Abstand der Anlegepunkte gemäß E  218, Abschnitt 13.3.2, in der Regel zwischen 25 % und 40 % der Schiffslänge.

Bei der Planung eines Anlegers ist dieses Kriterium für die gesamte vorgesehene Bandbreite von Schiffstypen sowie für alle realistischen Positionen entlang des Lie-geplatzes einzuhalten (z. B. um das Schiffsmanifold mit dem landseitigen Übergabepunkt abzustimmen). Aus dieser Analyse resultiert die minimal erforderliche Anzahl von Anlegepunkten. Zusätzlich wird empfoh-len, mindestens zwei weitere redundante Anlegepunk-te (Fender) an jeder Seite des Mittschiffs vorzusehen, um im Versagensfall eines einzelnen Fenders den Lie-geplatz weiter nutzen zu können.

Dieselben Prinzipien gelten ebenfalls bei durchgehen-den Kajen für trockenen Massengutumschlag. Aller-dings ist hier weiterhin darauf zu achten, dass die An-zahl der Fender auch bei größeren Anlegewinkeln ausreichend ist, um jeglichen Kontakt des Schiffsrump-fes mit der Kaje zu vermeiden. In derartigen Situatio-nen ist der maximale Fenderabstand zu beschränken.

Festmacherdalben sollten so positioniert werden, dass die Kapazität der Festmacheleinen an Bord des Schif-fes optimal ausgenutzt wird. Greifen Kräfte durch See-gang, Strömung, Wind und vorbeifahrenden Schiffen aus wechselnden Richtungen an, wird eine generelle Anordnung der Leinen gemäß Bild E 223-4 empfohlen.

404 Bautechnik 93 (2016), Heft 6

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

Die obige Anordnung der Leinen ist bei Vorherrschen einer einzelnen Belastungsrichtung unter Umständen weniger geeignet. Zum Beispiel bei Vorliegen starker Strömung in Längsrichtung des Schiffes ist ggf. mehr Augenmerk auf die Beschränkung der seitlichen Schiffsbewegungen zu legen.

Darüber hinaus ist eine derartige Vertäuanordnung aus praktischen Gründen für Schüttgutanleger unge-eignet. Querleinen können hier nicht senkrecht zur Schiffsachse verlaufen, da diese u.a. den Einsatz von Ladekränen einschränken würden. Stattdessen müs-sen die Festmachepunkte entlang der Anlegelinie (Fen-derlinie) vorgesehen werden, wodurch jedoch die Ka-pazität der Trossen hinsichtlich der Aufnahme latera-ler Kräfte stark abnimmt.

Die Kapazitätsermittlung des Vertäusystems soll ent-sprechend der Empfehlungen E 60 in Abschnitt 6.15 erfolgen. Dabei ist die Eisbelastung gemäß E 177, Ab-schnitt 5.15, und E 205, Abschnitt 5.16, zu berücksich-tigen

Die Ermittlung der Vertäueinrichtungen für einen Lie-geplatz kann dabei z. B. auf Basis der aus einer (dyna-mischen) Vertäuanalyse ermittelten Maximalkräfte durchgeführt werden.

Im Falle eines ungeschützten Anlegers, der nicht durchgehend als Allwetter-Liegeplatz genutzt werden kann, soll hingegen das Vermögen der Vertäueinrich-tung unter der Annahme bestimmt werden, dass die Winschen bei 60 % der minimalen Nennbruchlast der Leinen nachgeben. Die entsprechenden Kräfte sollten als Gebrauchslast angesetzt werden.

Anlege- und Vertäueinrichtungen für Flüssig- und Schüttgüter basieren in der Regel auf unterschiedli-chen Konzepten. Im Fall eines Anlegers für flüssiges Massengut ist die Ladeplattform generell relativ klein. Große Belastungen durch Anlegemanöver, Schiffsan-prall oder aus Vertäueinrichtungen sind in Hinblick auf potentielle Schäden an den installierten Rohrlei-

tungen soweit möglich auszuschließen. Daher werden für diese Anleger von der Plattform losgelöste separat gegründete Festmache- und Anlegedalben eingesetzt.

Die Ausrüstung von Anlegern für Trockengut ist hinge-gen relativ unempfindlich und die Anlegeplattform aufgrund ihrer für den Umschlag erforderlichen Größe robuster, so dass Fender und Poller häufig direkt an der Plattform installiert werden. In Regionen mit star-ker Gezeitenwirkung bzw. in denen das Risiko des Auftretens von tropischen Wirbelstürmen und extre-men Seegangs signifikant ist, wird das Niveau der Plattform meist so hoch gewählt, dass auch hier eine Trennung von Tragkonstruktion der Plattform und Gründung der Dalben vorteilhaft ist.

17.4 Bauwerkskomponenten von Anlegern

17.4.1 Plattformen

Anlegebrücken werden generell für den Warenum-schlag (Import/Export) entworfen. Im Allgemeinen wird dabei in Terminals für flüssiges Massengut (wie z. B. Ölprodukte) und trockenes Massengut (Schütt-gut) unterschieden.

Anleger für flüssiges Massengut sind dadurch charakte-risiert, dass der Umschlag punktuell im Bereich des sogenannten Schiffsmanifolds abgewickelt wird. In diesem Bereich liegen die Übergabeflansche für den Produktumschlag. Ein System von Pumpen regelt die Zufuhr und Abfuhr des Flüssiggutes von den jeweiligen Schiffstanks. Die Ladeplattform kann daher im Ver-gleich zu den Trockengutanlegern relativ klein ausge-legt werden.

Trockenes Massengut wird hingegen über die gesamte Länge der Ladeluken des Schiffs umgeschlagen. Diese müssen entsprechend durch Lade- und Löscheinrich-tungen erreichbar sein.

Schiffsanleger sind durch eine Zugangsbrücke mit dem Land verbunden. Verschiedenartige Plattformen mit jeweils spezifischen Aufgaben ergänzen das Bauwerk.

a) Umschlagplattform

Auf der Umschlagplattform sind, wie oben beschrie-ben, die Umschlagseinrichtungen, wie Schneckenför-derer für Trockengut oder Ladearme für flüssige Güter installiert. Zusätzlich befinden sich hier weitere wichti-ge Installationen, wie zum Beispiel:– Technische Einrichtungen, z. B. Anlagen zur Unter-

stützung und Sicherung der Belade- und Löschvor-gänge (Antriebsaggregate, Steuerpulte, Feuerlösch-einrichtungen, etc.)

– Transporteinrichtungen für die Anlieferung von Waren (Schiffsversorgung) und Transfer von Besat-zung und Personal vom und zum Schiff (Gangway,

Bild E 223-4: Empfohlene Anordnung der Festmacheleinen [OCIMF Guidelines]

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 405

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Ladebaum/Versorgungskran, Flucht- und Zugangs-leitern, etc.)

b) Neben- oder Zusatzplattformen

Nebenplattformen haben die Aufgabe, den Belade- und Löschvorgang zu unterstützen. Eine große Bandbreite solcher Plattformen ist im Gebrauch; die nachfolgende Auflistung typischer Nutzungen dient zur Übersicht:– Übergabe-Plattform

Übergabe-Plattformen dienen vornehmlich der Ins-tallation von Hoppern, die zur Verteilung sowie Weiter- und Umleitung von Schüttgut (z. B. mit Hilfe von Förderbändern) genutzt werden.

– Mess- oder Dosier-Plattform Die Steuer- und Kontrolleinrichtungen zur Überwa-chung des Umschlagvolumens an großen Flüssig-gutanlegern erfordert die Installation von Durch-flusszählern für verschiedene Produktleitungen. In manchen Fällen werden hierfür spezielle separate Plattformen neben der eigentlichen Umschlags-plattform errichtet.

– Plattform zur Aufnahme von Rohr-Dehnungsschlei-fen Zur Begrenzung von Spannungen in Rohrleitungen durch Temperaturschwankungen werden in der Regel mehrere sogenannte Dehnungsschleifen vor-gesehen, die als eine Art mechanische Feder die Belastungen in den Rohrwandungen vermindert. Die Rohrschleifen kragen häufig seitlich aus der Zugangsbrücke heraus und benötigen daher eine eigene Plattform zur Unterstützung.

– Verzweigungsplattform Verzweigungen sind in manchen Fällen notwendig, z. B. wenn eine einzelne Zugangsbrücke mehrere Liegeplätze beidseitig der Brücke anschließt. Um den Übergang zu vereinfachen und die Tragsysteme zu entkoppeln, werden hierfür häufig separate Plattformen erstellt.

– Steuerzentrale/Kontrollraum Für weit vor der Küste liegende Anleger werden häufig extra Kontrollstände in Sichtweite der Lade-plattformen errichtet, die separate Pfahlgründun-gen erfordern.

Fahrbare Schiffslader benötigen eine Umschlagplatt-form, die etwa der Länge des größten vorgesehenen Schiffes am Liegeplatz entspricht, um sämtliche Lade-luken bedienen zu können und darüber hinaus Stellflä-chen für Geräte neben den Luken bereitzustellen.

Anleger für flüssiges Massengut sind relativ klein be-messen, eine typische Plattformfläche für einen einzel-nen Liegeplatz ist in der Regel kleiner als 40 × 40 m. Die tatsächliche Größe hängt von den zu installieren-den Zusatzeinrichtungen ab.

Das bevorzugte Tragwerkskonzept der Umschlagplatt-formen hängt wesentlich von der Lage und den vor-herrschenden Umweltrandbedingungen ab. Die meis-

ten Umschlag-Plattformen bestehen aus einem Beton-deck, welches durch ein Pfahlrost und Schrägpfähle getragen wird. Die Herstellungsweise des Decks (Fer-tigteile oder Ortbeton, etc.) wird vornehmlich durch die Erreichbarkeit des Anlegers festgelegt. Im Hinblick auf die Tatsache, dass Anleger häufig weit vor der Küste ungeschützt im offenen Meer liegen, schreiben Sicherheitsrichtlinien in der Regel die weitgehende Ausführung mit Fertigteilen vor.

Ein weiterer Trend in der Bauindustrie ist die zuneh-mende Vorfertigung großer Module, bis hin zur Erstel-lung kompletter Plattformen an Land, die in einem Schritt vor Ort installiert werden, s. Bild E 223-5. Die Erreichbarkeit des Anlegers für Arbeitskräfte während der Bauphase spielt bei diesen Erwägungen eine wich-tige Rolle.

17.4.2 Zugangsbrücken

Zugangsbrücken stellen die Verbindung zwischen der Umschlagplattform und der Küste her, s. Bild E 223-6. Ihre Länge kann dabei weniger als 100 m (bei unmit-telbar vor der Küste bestehenden Tiefwasserbedingun-gen) aber auch bis zu mehreren Kilometern betragen.

Bild E 223-5: Installation einer an Land gefertigten Plattform, Darwin (Australien) [BAM-Clough]

Bild E 223-6: Beispiel einer Zugangsbrücke, Fujairah (VAE) [BAM Inter-national]

406 Bautechnik 93 (2016), Heft 6

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Die Zugangsbrücke bietet Flächen für folgende Installa-tionen/Einrichtungen:– Verfahrens- und Prozesstechnik (Ölleitungen, Gas-

leitungen, Förderbänder und deren Auflager)– Technische Versorgungseinrichtungen und -netze

(Löschwassernetz, Leitungen für Trinkwasser, Stickstoff, Druckluft, Elektrik, Leitungen für Über-wachung und Messtechnik, etc.)

– Verkehrserschließung (Mobilkrane, Kraftfahrzeuge, Fußgänger)

Neben den betrieblichen Anforderungen einer Zu-gangsbrücke, abhängig von deren Nutzung für Pro-duktleitungen, technische Versorgungsnetze und dem sonstigen Verkehr, sind auch die Anforderungen zur regelmäßigen Wartung und Reparatur der Umschlag-einrichtung bei der Bemessung des erforderlichen Raumangebots und der Tragstruktur einzubeziehen. Die Festlegung der Strategie zum Erhalt der Anlage sollte dabei in Abwägung der damit verbundenen Kos-ten und Risiken erfolgen.

Der Bedarf eines 50 Tonnen-Krans für Unterhaltungs-arbeiten würde zum Beispiel eine für die normale Nut-zung stark überbemessene Zugangsbrücke bedingen. Alternative Erhaltungskonzepte, basierend auf Hinzu-ziehung schwimmenden Gerätes für den vergleichbar selten geforderten Einsatz größerer Kräne, erlauben die Auslegung der Zugangsbrücke auf wesentlich klei-nere Einheiten für häufiger anfallende Wartungsarbei-ten.

Die betrieblichen und sonstigen Anforderungen für eine Zugangsbrücke können je Projekt stark variieren und sollten bereits in der Konzeptplanung eines Pro-jektes einbezogen werden.

Im Falle sehr langer Zugangsbrücken wird die Struktur generell in Abschnitte von rund 200 m unterteilt. Jeder Abschnitt wird dabei als eigenständig angesehen und muss für sich genommen standsicher sein. Zwischen den Abschnitten sind Dehnungsfugen angeordnet, um thermische Verformungen weitgehend spannungsarm aufzunehmen ohne Belastungen auf benachbarte Ab-schnitte auszuüben.

Horizontale Belastungen einer Brücke entstehen vor-nehmlich durch Wind-, Wellen- und Strömungskräfte, können aber auch durch Arbeitsgerät und Einrichtun-gen auf der Brücke ausgelöst werden. Start- und Bremskräfte von Laufbändern, Reibungskräfte von Rohrleitungen, Leitungs-Druckschläge beim plötzli-chen Schließen von Ventilen sowie Bremskräfte von Fahrzeugen sind als typische Beispiele zu nennen.

Um horizontal (quer zur Achse) auf die Zugangsbrü-cke einwirkende Belastungen aufzunehmen und dar-aus resultierende Verformungen zu begrenzen, ist jeder Pfahlbock mit Schrägpfählen ausgestattet. Lasteinwir-kungen in Achsrichtung der Zugangsbrücke werden

durch mehrere Schrägpfähle abgetragen, die an einer Unterstützung des jeweiligen Abschnittes, dem soge-nannten Festpunkt, konzentriert werden.

In Gebieten mit Erdbebenrisiko müssen beim Nach-weis der horizontalen Standsicherheit der Brücke zudem seismische Belastungen einbezogen werden. Hierfür wird auf die Fachliteratur und (lokale) Richtli-nien verwiesen.

17.5 Wechselwirkung Tragstruktur – Deckinstallationen

Der Grundriss der Umschlagplattform wird weitge-hend durch die erforderlichen Ladevorrichtungen fest-gelegt, die wiederum von dem umzuschlagenden Pro-dukt und dem Typ der anlegenden Schiffe abhängen. Die Ermittlung der Belastungen der Tragstruktur stellt einen interaktiven Prozess zwischen den Planern der Deck-Installationen („Top Works“) und der Brücken-struktur dar, wobei ein Unterschied zwischen Lösch-vorrichtungen für flüssiges und trockenes Massengut gilt.

17.5.1 Laden und Löschen von Flüssiggut

Flüssiges Massengut kann mit Hilfe von Verladearmen oder Schlauchtürmen geladen werden. Beispielhafte Ausführungen sind im Bild E 223-7 dargestellt.

Der Abstand von Ladearmen für Flüssiggut unterein-ander variiert vorwiegend zwischen 3 m (Ladearme bis 12 Zoll Durchmesser) und 4 m (Ladearme bis 16 Zoll Durchmesser). Verladearme müssen ausreichend un-terstützt werden, sowohl in Hinsicht auf die vertikale Tragfähigkeit aber auch gegenüber horizontalen Belas-tungen, um eine einwandfreie Funktion der Rotations-köpfe, z. B. auch bei hohen Windbelastungen, zu ge-währleisten.

Während Verladearme generell bei großen Umschlag-anlagen und entsprechend großen Schiffen mit hoher Ladekapazität eingesetzt werden, kommen bei kleine-ren Anlagen häufiger auch sogenannte Schlauchtürme zum Einsatz. Schlauchtürme sind weniger kosteninten-siv und können für eine Reihe verschiedener Produkte

Bild E 223-7: links: Verladearme sowie Türme für Feuerlöschmonitor und Gangway, Gujairat (Indien) [Shell]; rechts: Gangway, Rot-terdam [Cyclomedia Technology B.V.]

Bautechnik 93 (2016), Heft 6 407

J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

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Verwendung finden, wobei die Laderaten jedoch deut-lich niedriger liegen. Der Koppelvorgang der Flansch-verbindungen von Landleitung und Schiffsmanifold erfolgt dabei von Hand.

17.5.2 Laden und Löschen von trockenem Massengut

Das Beladen und Löschen von trockenen Schüttgü-tern erfolgt in der Regel durch einen Umschlagkran. Um alle Ladeklappen eines Massengutschiffes zu er-reichen, werden hierzu fahrbare Kräne eingesetzt. Während der Beladevorgang meistens durch einen Füllstutzen stattfindet, erfolgt das Löschen von Mas-senschüttgut mit anderen technischen Vorrichtungen. Traditionell werden für das Entladen Greifer verwen-det, die zuverlässig aber vergleichsweise langsam ar-beiten. Alternativ können Eimerketten-Entlader zum

Einsatz kommen. Unter der Voraussetzung, dass das Schüttgut relativ homogen ist und keine Verschmut-zungen oder Verklumpungen aufweist, können auch Entladevorrichtungen mit Förderschnecke eingesetzt werden. Beispielhafte Ausführungen zu Lade- und Löschvorrichtungen für trockenes Massengut sind in den Bildern E 223-8 und E 223-9 dargestellt.

Bild E 223-8: Verfahrbare Löschbrücken (links), Lumut (Malaysia) [BAM International] und Eimerketten-Entlader (rechts) [FLSmidth]

Bild E 223-9: Entladevorrichtung mit Förderschnecke (links) [Cyclomedia Technology B.V.; Siwertell] und Radialbelader (rechts) [Telestack]

Radiallader oder Linienlader werden ebenfalls häufig eingesetzt. Ein Radiallader benötigt einen abweichen-den Unterbau, wie in Bild E 223-9 (rechts) ersichtlich. Der Kran selbst steht auf einer sogenannten Pivot Plattform, während der Ladebaum durch einen sichel-förmigen Auflagerbalken nahe der Liegeplatzflucht unterstützt wird.

Literatur

• OCIMF: Mooring Equipment Guidelines. 3rd edition, 2008• British Standard BS 6349: Maritime Structures• Siwertell: High capacity ship unloaders. Prospekt 2012

3 Technische Jahresberichte

Die Technischen Jahresberichte können auf der Internet-seite der HTG (www.htg-online.de) oder des Verlags Ernst & Sohn (www.ernst-und-sohn.de) abgerufen wer-den.

3.1 Technischer Jahresbericht 2014

Zum Technischen Jahresbericht 2014 hat es Zuschriften zum Thema Pollerzug gegeben. Nach Diskussion ergeben sich für Abschnitt 5.13 folgende Änderungen:

5.13 Bemessung für Pollerzuglasten (E 12/E 102)

Die in Abschnitt  5.12 angegebenen Pollerzuglasten sind charakteristische Werte. und der Bemessungs-situ-ation BS-P zuzuordnen. Das Uferbauwerk wird in der Bemessungssituation BS-P mit gQ = 1,5 bemessen.

Für die Bemessung der Pollerzapfen bzw. der Pollerbe-festigungen am Bauwerk sind die in Abschnitt 5.12 ge-nannten Pollerzuglasten mit einem Teilsicherheitsbei-wert von gQ,P  =  1,2 zu multiplizieren. Dabeidarf der Ausnutzungsgrad bei diesem Bemessungsschritt nicht kleiner als 95 % sein(0,95 · sR,d ≤ sE,d ≤ sR,d).

Das Uferbauwerk wird in der Bemessungssituation BS-P mit gQ =  1,5 bemessen.Hierdurch wird erreicht,

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J. Grabe: Technischer Halbjahresbericht 2016 des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“

dass der Poller bzw. seine Befestigung planmäßig vor dem Bauwerk, an dem erbefestigt ist, versagt (gPoller = 1,2/0,95 = 1,26 < gStruktur = 1,5).Kann aus konstruktiven Gründen, z. B. Mindestblechdicken, Mindest-schweißnahtdicken,Korrosionszuschlag etc., das Kriterium der Mindestausnutzung von 95  % nicht eingehalten werden,dann ist die anzusetzende Pollerzuglast für die Bemessung des Uferbauwerks mit einemAnpassungs-faktor von η  =  Mindestausnutzungsgrad/tatsächli-che  Ausnutzung zu erhöhen. DerAnpassungsfaktor darf auf ηmax = 2,0 begrenzt werden.

Der Technische Jahresbericht  2014 gilt mit Ausnahme der vorgenannten Änderungen zu Abschnitt 5.13 wie in der Bautechnik 2014, Heft 12, ab Seite 904 veröffentlicht.

3.2 Erster Technischer Halbjahresbericht 2015

Die Einspruchsfrist zum ersten Technischen Halbjahres-bericht 2015 ist abgelaufen. Einsprüche hat es nicht gege-ben. Der Technische Jahresbericht gilt somit wie in der Bautechnik 2015, Heft 12, ab Seite 441 veröffentlicht.

3.3 Zweiter Technischer Halbjahresbericht 2015

Die Einspruchsfrist zum zweiten Technischen Halbjah-resbericht 2015 endet im Juni 2016.

4 Zukünftiges Arbeitsprogramm

Der Arbeitsausschuss Ufereinfassungen bittet alle Fach-kollegen, an der Weiterentwicklung der EAU mitzuwir-ken und den Ausschuss auf aktuellen Regelungsbedarf hinzuweisen. Kontaktaufnahme bitte über den Vorsitzen-den.

5 Schlussbemerkung

Der Arbeitsausschuss Ufereinfassungen bedankt sich bei allen Fachkollegen für die inhaltlichen und formalen An-regungen zur Ausschussarbeit.

Kontaktadresse:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen GrabeTechnische Universität HamburgInstitut für Geotechnik und BaubetriebHarburger Schloßstraße 2021079 [email protected]