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G.W. F. HEGEL · VORLESUNGEN · BAND 17

Bd. 17 - Vorlesungen über die Philosophie der Natur.pdf

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G. W. F. HEGEL · VORLESUNGEN · BAND 17

GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL

VORLESUNGENAusgewählte Nachschriften

und Manuskripte

Band 17

FELIX MEINER VERLAGHAMBURG

FELIX MEINER VERLAGHAMBURG

GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL

Vorlesungenüber die Philosophie

der NaturBerlin 1825/26

Nachgeschrieben vonHeinrich Wilhelm Dove

Herausgegeben von

KAROL BAL, GILLES MARMASSE,

THOMAS SIEGFRIED POSCH

und

KLAUS VIEWEG

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographischeDaten sind im Internet über < http://dnb.d-nb.de > abrufbar.ISBN 978 -3 -7873-1824-7

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 2007. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Über-setzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertra-gung einzelner Textabschnitte, durch alle Verfahren wie Speicherung und Über tragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Satz: post scriptum, www.post-scriptum.biz. Druck: Strauss Offsetdruck, Mörlenbach. Einband: Litges & Dopf, Heppenheim. Werkdruckpapier: holzfrei, alterungs-beständig nach ANSI-Norm und DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100 % chlor-frei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany.

INHALT

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII

Philosophie der Natur

vorgetragen von Hegel, Wintersemester 1825/26

[Einleitung] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Erster Teil. Die Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35[1. Raum und Zeit] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352. Endliche Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53[3. Absolute Mechanik] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Zweiter Teil. Der physikalische Körper . . . . . . . . . . . . . . . . 77Erster Abschnitt. [Die Individualität

in ihrer Allgemeinheit] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80[Zweiter Abschnitt.] Reale Individualität der Erde . . . . 115[Dritter Abschnitt.] Individualität der Körperlichkeit.

Gestalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

[Dritter Teil] Organik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169[1.] Geologischer Organismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170[2.] Die Vegetabilische Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176[3.] Der animalische Organismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

AnhangAnmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

EINLEITUNG

I. Die ›Hegelianische Spinnstube‹ der spekulativen Naturphilosophie – H. W. Doves Beitrag

zur Geographie einer vermeintlichen Sackgasse

Im Stadtarchiv des polnischen Legnica wird ein umfangreicher Teil des Nachlasses des bedeutenden Naturforschers Heinrich Wilhelm Dove aufbewahrt. Unter diesen Papieren befi nden sich vier Kollegnachschriften von Hegels Vorlesungen an der Berliner Universität aus den Jahren 1824 und 1825:

1. H. W. Dove: Philosophie der Religion (vorgetragen von Hegel im Sommersemester 1824)

2. H. W. Dove: Philosophie der Geschichte (vorgetragen von Hegel im Wintersemester 1824/1825)

3. H. W. Dove: Geschichte der Philosophie (vorgetragen von Hegel Sommersemester 1825)

4. H. W. Dove: Philosophie der Natur (vorgetragen von Hegel Wintersemester 1825/26)1

Diese von Karol Bal (Wrocław) vor einigen Jahren aufgefundenen Dokumente sollen jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, herausgegeben von Karol Bal und Klaus Vieweg. Im Falle der hier vorgelegten Vorlesung über Naturphilosophie zeichnen Thomas Posch, Gilles Marmasse, Karol Bal und Klaus Vieweg als verantwortliche Herausgeber. Die Transkription und den überwie-genden Teil der Anmerkungen haben Thomas Posch und Gilles Marmasse redigiert. Wesentliche Abschnitte der Einleitung, be-sonders die Ansätze zur Einschätzung der spezifi schen philosophie-

1 Vgl. dazu: W. Bonsiepen: Berichte über Nachschriften zu Hegels Vor-lesungen. Hegels Vorlesungen über Naturphilosophie. In: Hegel-Studien 26 (1991), S. 40–54.

VIII Einleitung

historischen Relevanz der Nachschrift (unten S. XXVI ff ), stam-men von Klaus Vieweg und Karol Bal.

Im Unterschied zu den meisten anderen Nachschreibern Hegel-scher Vorlesungen, die heute kaum jemand mehr kennt, ging Heinrich Wilhelm Dove unabhängig von seinen philosophischen Interessen in die Wissenschaftsgeschichte ein. Obgleich die Eck-daten seines Lebens aus diesem Grunde nicht nur in biographi-schen Nachschlagewerken, sondern auch in Enzyklopädien (we-nigstens älteren) angegeben werden, sei im folgenden über seine Vita, insbesondere aber über seine Beziehung zu Hegel und den Hegelianern einiges gesagt.

Der Naturforscher Heinrich Wilhelm Dove (1803–1879)2

Heinrich Wilhelm Dove gilt – besonders aufgrund seiner Einfüh-rung der Monatsisothermen (1848) und der Isonomalen (1852) – als der Schöpfer der vergleichenden, dynamischen Klimatologie, als »Father of Meteorology«.3 Die neue Wissenschaft wurde wesentlich

2 Zu Doves Biographie vgl. H. Neumann: Heinrich Wilhelm Dove. Eine Naturforscher-Biographie. Druck und Verlag von H. Krumbhaar, Liegnitz 1825 (im folgenden: Neumann). Diese Biographie enthält im üb rigen sowohl eine Stammtafel wie auch eine Tafel der Nachkommen von H. W. Dove. Sehr wertvoll ist der 24 Seiten umfassende Abschnitt »Doves Briefe«, welcher aus der Korrespondenz des Meteorologen Ausschnitte bringt, so wie das 338 Einträge umfassende Verzeichnis von Doves Ab-handlungen; W. Erman: Paul Erman. Ein Berliner Gelehrtenleben 1764–1851, Berlin 1927; Th. Posch: Wer war Heinrich Wilhelm Dove? In: Die Natur in den Be griff übersetzen. Zu Hegels Be griff des naturwissenschaftlichen Allgemei-nen. Hrsg. von Th. Posch und G. Marmasse. Frank furt a. M. et al. 2005, S. 181–192.

3 Vgl. Nature 19 (1878/79), S. 529 f (Ausgabe vom 10. April 1879): »When we consider the condition in which Dove found man’s knowledge of weather and the large accessions and developments it received from his hand […], there can be only one opinion, that these give Dove claims, which no other meteorologist can compete with, to be styled ›the Father of Meteorology‹.« Vgl. dazu auch: Zeitschrift d. österr. Gesellschaft für Meteo-rologie 14 (1879), S. 193.

Einleitung IX

durch Dove begründet,4 er gilt in der Wissenschaftsgeschichte als einer der führenden Repräsentanten seiner Disziplin in dieser Zeit. Auch gehört er mit seinen zahlreichen physikalischen Arbeiten zu den bedeutendsten deutschen Gelehrten des 19. Jahrhunderts. Wissenschaftlich bahnbrechend wirkte er in der dynamischen Me-teorologie durch die Aufstellung des nach ihm benannten Wind-drehungsgesetzes,5 dessen Beob achtungstatsachen später in das ba-rische Windgesetz aufgenommen wurden, sowie durch die Lehre von den Polar- und Äquatorialströmen, welche die Entstehung und den Wechsel der täglichen Wettererscheinungen zu erklären sucht. Doves Gesetz der Stürme behandelt auf der Grundlage des Winddrehungsgesetzes die Entstehung von Wirbel stürmen.6 Von Bedeutung sind weiterhin seine Arbeiten zu Fragen der Optik, Akustik, zu Farbenlehre, Magnetismus und Elektrizität. Zu Doves Erfi ndungen zählen ein Polarisationsapparat, ein Dif feren tial-induktor und ein Rotationspolariskop. Er entwickelte ein Verfah-ren zur Entdeckung von Falschgeld mittels eines Stereoskops und eine technische Verbesserung der Sirene (Dove-Sirene).7 1833 gab

4 Vgl. dazu: C. Kirsten/H.-G. Körber: Physiker über Physiker. Berlin 1975; K.-H. Bernhardt: Heinrich Wilhelm Dove’s position in the his-tory of meteorology of the 19th century. In: From Beaufort to Bjerknes. Critical Perspectives on the History of Meteorology. Preprints of the Interna-tional Commission on History of Meterorology. CD-ROM und http://www.meteohistory.org/2004polling=preprints (Okt. 2006); Karl Schnei-der-Carius: Wetterkunde, Wetterforschung. Geschichte ihrer Probleme und Er-kenntnisse in Dokumenten aus drei Jahrtausenden. Freiburg i. Br./München 1955.

5 Dieses berühmt gewordene »Drehungsgesetz des Windes« ist u. a. in folgender Formulierung bekannt: »In der nördlichen Erdhälfte dreht sich der Wind, wenn Polarströme und Äquatorialströme miteinander abwech-seln, im Mittel im Sinne S W N O S durch die Windrose und zwischen N und O häufi ger zurück als zwischen O und S. In der südlichen Erd-hälfte dreht sich der Wind, wenn Polarströme und Äquatorialströme mit-einander abwechseln, im Mittel im Sinne S O N W S durch die Windrose, und zwar springt er zwischen N und W und zwischen S und O häufi ger als zwischen W und S und zwischen O und N.« (Neumann, S. 34 f ).

6 Vgl. Neumann, S. 36.7 Vgl. P. Payer: Die Suche nach dem Ursprung des Hörens im 19. Jahr-

hundert. In: Wiener Zeitung, 7. März 2003.

X Einleitung

er gemeinsam mit dem auch von Hegel geschätzten Geographen Carl Ritter einen Atlas von Asien heraus.

Mit all diesen wissenschaftlichen Leistungen wurde Dove zu ei nem Wissenschaftler von Weltruf; es folgten ehrenvolle Beru-fun gen an die bedeutendsten wissenschaftlichen Aka demien der Welt. Sein Werk erfuhr große nationale und internationale Wür-digung.

Heinrich Wilhelm Dove, der am 6. Oktober 1803 im schlesi-schen Liegnitz geboren wurde, studierte ab 1821 sechs Semester an der Universität Breslau u. a. bei dem Naturwissenschaftler H. W. Brandes, einem »gediegenen Gelehrten und treff li chen Dozenten«, sowie auch bei dem bekannten norwegischen Naturphilosophen Heinrich Steffens, der in Jena mit Schelling und Hegel vertraut war und in Breslau wegen seiner »liebenswürdig begeisterten Viel-seitigkeit« geschätzt wurde.8 Doves Studien umfaßten ein breites Spektrum, von Optik, Mechanik, Geographie und Mineralogie über Literaturwissenschaft (er liest Goethes Faust und wird sich lebenslang mit Goethe beschäftigen) bis hin zur Geschichte der Philosophie.9 Dies wird in dem von Dove geschriebenen Lebens-lauf dokumentiert: »Ac in physices quidem et philosophiae, che-miae, historiae, philologiae studio usus usus sum disciplinis V. V. Ill. S te f fen s i i , F i scher i , Wach ler i , Pa scov i i , Schnei-der i […]«.10 Sein Hauptinteresse lag während seiner Breslauer Zeit wohl auf dem Felde der Philosophie, Geschichte und klassischen Philologie.11

Nach seinem Wechsel an die Berliner Universität im Frühjahr 1824 lag der Schwerpunkt seines Interesses bei den naturwissen-schaftlichen Fächern, speziell der Physik, die er bei Paul Erman

8 Vgl. ADB, S. 53. 9 Vgl. ADB, S. 54; Neumann, S. 6 f.10 H. W. Dove: Vita, als Beiblatt zur Dissertation De barometri mutatio-

nibus, Berlin 1826, gedruckt und mitgebunden.11 Vgl. B. Fritscher: The Dialectic of the Atmosphere: Heinrich Wil-

helm Dove in Context. In: From Beaufort to Bjerknes and beyond. Critical perspectives on observing, analyzing, and predicting weather and climate (= Algo-rismus, Heft 52). Hrsg. von S. Emeis und C. Lüdecke. Augsburg 2005, S. 91–102, hier: S. 92.

Einleitung XI

(1764–1851) und Enno Heeren Dirksen (1792–1850) hörte. Unge-achtet dessen besuchte der »klassisch gebildete Naturforscher Dove« (M. Lenz) 1824 und 1825 die genannten vier philosophi schen Vorlesungen Hegels. Er schrieb »1824–25 vier Haupt col le gien des majestätisch thronenden Hegel nach«.12 In der von Dove verfaßten Vita heißt es: »Triennio fi nito Berolinum petii, qua in alma Musarum sede praelectionibus interfui V. V. Ill. Er man i , Hegel i i , Di rk sen i i , quibus quidem viris doctissimis plurimum me debere, nihil antiquius habeo, quam ut profi tear.«13

Mit der Arbeit De barometri mutationibus14 promovierte Dove 1826 in Berlin. Zu den Thesen dieser am 4. März 1826 öffent lich verteidigten Arbeit zählen u. a. die folgenden:

»5. Daltoni theoria non explicantur omnia vaporum phaeno-mena.«

»6. Spatium est abstracta eorum, quae sensibus percipiuntur, forma, qua sunt; tempus vero, qua non sunt.«15

Diesen Thesen hätte vermutlich auch Hegel zugestimmt – beson-ders jener über Dalton, dessen Atomtheorie er ja skeptisch gegen-überstand. Es ist dennoch schwer zu beurteilen, ob Doves Dis-sertationsthesen hegelianisch beeinfl ußt sind. Die zweitgenannte These – der Raum sei die abstrakte Form des sinnlich wahrnehm-baren Seienden, die Zeit dagegen die Form des (sinnlich wahr-nehmbaren) Nichtseienden (also wohl Nicht-mehr-Seienden und Noch-nicht-Seienden) – klingt von all seinen Dissertationsthesen am stärksten hegelianisch.

12 ADB, S. 54.13 Vita, a. a. O.14 Vgl. De barometri mutationibus. Dissertatio inauguralis quam am-

plissimi philosophorum ordninis auctoritate pro summis in philosophia honoribus in universitate litteraria Berolinensi rite adipiscendis die IV. M. Mart. MDCCCXXVI publice defendet auctor Henricus Guilelmus Dove Silesius. Berolini, Typis Ioannis Friderici Starckii. Vgl. auch Neu-mann, a. a. O., S. 7 und S. 72.

15 H. W. Dove, in: De barometri mutationibus. Berlin 1826.

XII Einleitung

Im Anschluß an seine erste Lehrtätigkeit als Privatdozent an der Universität Königsberg,16 wo 1826 die Habilitation mit der un-ver öffent licht gebliebenen Studie De distributione caloris per tellurem erfolgt, kehrt er 1829 als außerordentlicher Professor nach Berlin zurück, wo sein (allerdings zunächst sehr langsamer) wissenschaft-licher Aufstieg beginnt.

Bereits im September 1828 hatte er die Verlobung mit der Ber-linerin Franziska Adelaide Luise O’Etzel17 (1810–1877) für Jah-resende in Aussicht genommen und hatte sich dadurch endgültig veranlaßt gesehen, seine Versetzung nach Berlin zu beantragen, was er im Oktober desselben Jahres in einem Schreiben an den Minister Freiherr von Altenstein tat. Dieser genehmigte dem An-tragsteller nur ein halbes Jahr Urlaub, und auch dies nur unter der Bedingung, er müsse zum Sommersemester 1829 »unfehlbar« nach Königsberg zurückkehren. Es begann nun für den jungen Naturwissenschaftler eine länger währende schwierige Zeit. Zum Wintersemester 1829 trat er ein Lehramt in einer Berliner Schule an, blieb aber zunächst ein Jahr lang unbesoldet (von Altenstein hatte ihm kurzerhand das Gehalt gestrichen!). Zwölf Jahre lang, von 1830 bis 1841, mußte er als Gymnasiallehrer, dem nur sein

16 Dove bemerkte dazu brief lich: »Meine erste und einzige Vorlesung in diesem Semester war über Höhenmessen vermittelst des Barometer, ein sehr isolierter Gegen stand, dem ich durch eine, soweit es mir möglich war, vollständige Behandlung einiges Interesse zu geben suchte, und für den es mir 12–15 Zuhörer zu erhalten gelang. Für den Winter habe ich mir vorgenommen, Optik, Wärmelehre und Allgemeine Physik zu lesen, und ich wünschte sehr, daß das neue Physikalische Wörterbuch schon weiter gediehen wäre, um über Optik mehr Hilfsquellen zu haben, da Robinson [recte: Robison] Mech. Ph i l . nicht hier ist, ich also gar kein neueres Werk zu Rate ziehen kann.« Brief an H. W. Brandes vom 9. Sep-tember 1826, zit. nach Neumann, S. 49. Mit dem genannten Wörterbuch meint Dove offen bar die 2. Auf lage des Physikalischen Wörterbuchs, Leipzig 1825–1845, an der Brandes – seit 1826 in Leipzig – neben Gmelin, Littrow und anderen mitarbeitete. Mit »Robison Mech. Phil.« ist folgender Titel gemeint: J. Robison: Elements of Mechanical Philosophy. Edinburgh/London 1804.

17 Der Vater der Braut hieß eigentlich Franz August Oetzel, nannte sich aber O’Etzel. Nachdem er 1846 in den preußischen Adelsstand erhoben wurde, führte er den Namen von Etzel.

Einleitung XIII

Anfangsgehalt ausbezahlt wurde, sein Dasein fristen. Dabei gab er 24 bis 30 Unterrichtsstunden pro Woche.18 Er war allerdings nicht als einziger unter den Berliner Privatdozenten fi nanziell schlecht gestellt. Ähnlich erging es z. B. dem Hegel-Schüler Heinrich Gu-stav Hotho (der damals gerade an der Edition der Ästhetik-Vorle-sungen seines Lehrers arbeitete), dem Historiker Gustav Droysen, dem Physiker G. A. Erman (dem Sohn des schon genannten Paul Erman) und mindestens sechs anderen in Berlin habilitierten Ge-lehrten: gemeinsam verfaßten diese 1838 eine Petition an von Altenstein, in welcher sie um ein angemessenes Einkommen an-suchten.19

Nachdem er Rufe an die Universitäten Bonn, Freiburg, Dorpat und Jena abgelehnt hatte, wurde Dove 1844 endlich zum Ordi-narius für Physik in Berlin berufen. Die Preußische Akademie der Wissenschaften berief ihn 1845 zum Mitglied. 1849 wurde Dove zum Leiter des Preußischen Königlichen Meteorologischen Instituts ernannt und förderte in dieser Eigenschaft die meteoro-logische Beobachtung und die telegraphische Wettermeldung.20 Mit seinen Forschungsergebnissen stand er in einer Reihe mit den schon genannten Kollegen und avancierte in diesen Jahren zu einem auch international renommierten Wissenschaftler. Zweimal wurde er zum Rektor der Berliner Universität und dreimal zum Dekan gewählt, feierte dort schließlich sein 100. Semester und gehörte berühmten Wissenschaftler verei nigungen und Akademien im In- und Ausland an – die Liste reicht von der Preußischen und Bayerischen Akademie der Wissenschaften über die Leopoldina,

18 Vgl. Neumann, S. 14 u. 20.19 Zur Situation der außerordentlichen Professoren an der Universität

Berlin in den 1830er Jahren vgl. auch das umfangreiche Werk von Max Lenz: Geschichte der Universität Berlin. 4 Bde., Berlin 1910–1918, insbes. Bd. 2, S. 1 ff.

20 In dieser Funktion machte er sich vor allem um den Ausbau des Beobachtungsnetzes zwischen Ostpreußen und dem Rheinland verdient, was regelmäßige und meist weite Reisen mit sich brachte. Auch die Grün-dung der deutschen Seewarte in Hamburg ist mit ein Verdienst Doves. Vgl. dazu: H.-G. Körber: Die Geschichte des Preußischen Meteorologischen Instituts in Berlin. Offen bach a. M. 1997.

XIV Einleitung

die Akademie der Wissenschaften in Wien, die American Academy of Arts and Sciences (Boston), die National Academy of Sciences (Washington), renommierte Akademien in England, Schottland, Böhmen, Schweden, Belgien, Rußland bis hin zur Sociedad de Ciencias Fisicas in Caracas und die Philosophical Society in Cam-bridge.21 In der Gesellschaft für Erdkunde wurde Dove elfmal zum Präsidenten gewählt, 1873 zum Ehrenpräsidenten.

Bis in die 1870er Jahre verfaßte der Meteorologe eine kaum überschaubare Anzahl von Abhandlungen und Büchern (zwischen 1844 und 1877 erschienen nach Neumanns Liste22 180 meteoro-logische und 77 physikalische Schriften von ihm).

1860 erfolgte die Verleihung des Pour le mérite, bereits 1853 er-hielt Dove die Copley-Medaille, die höchste englische Aus zeichnung für einen Vertreter der Naturforschung. Einem Abschnitt der Ost-küste Grönlands wurde aufgrund seiner Verdienste für die mari-time Meteorologie der Name Dove-Bay verliehen.23 Eine Brücke und eine Straße in Berlin (Charlottenburg-Wilmersdorf ) tragen seinen Namen.

Der Gelehrte pfl egte in seiner langen Wirkungszeit in Berlin viele Kontakte zu bedeutenden Kollegen, u. a. zu den Astronomen H. W. Brandes und T. W. Bessel, zu den Physikern Paul und E. Erman, zu dem Mineralogen G. Rose, zu J. C. Poggen dorff und später zu Du Bois-Reymond und Werner v. Siemens. Letzterer und der berühmte Mathematiker Georg Cantor studierten Physik bei Dove.

Ein besonders enges Verhältnis bestand zu Alexander v. Hum-boldt, der bereits 1828 Dove an magnetischen Versuchen beteiligte.

21 Interessant ist, daß es eine Nation gibt, in welcher Dove weitgehend die Anerkennung versagt blieb, nämlich Frankreich. Neumann vermu-tet, daß die geringe Wertschätzung des Astronomen Dominique Arago (1786–1853) dafür mitverantwortlich gewesen sei. Dove selbst schreibt in einem Brief vom Dezember 1855, seine Werke seien wohl in England, Amerika und Rußland bekannt, kaum hingegen in Frankreich. Immer-hin aber existiert eine französische Übersetzung seines bereits erwähnten Werks Das Gesetz der Stürme, welche 1864 erschien.

22 Neumann, S. 72 ff.23 Ebd., S. 22.

Einleitung XV

Dove publizierte die von Humboldt veranlaßten magnetischen Simultanbeobachtungen.24 Der Vater von Doves Frau, F. August O’Etzel, kannte Alexander v. Humboldt sehr gut und begleitete ihn 1805 auf seiner Reise von Paris nach Neapel. Dove würdigte 1859 ausdrücklich die »meisterhaften Arbeiten« seines Freundes: Aufgrund des Humboldtschen Werkes wehe in Berlin »das Banner der Naturwissenschaft, welches zu Anfang des Jahrhunderts hell beleuchtet von den Strahlen einer tropischen Sonne in der neuen Welt« sich entfaltete.25 Auch in der Sicht Humboldts war Dove »der Gr ünder der neueren Meteorolog ie a l s Wi s sen-scha f t«, er habe, so Humboldt weiter, »mit soviel Geist als beharr-licher Thätigkeit d a s E in zel ne w ie d a s Gros se und A l l -gemeine erfasst«.26 Nach dem Tode Humboldts förderte Dove intensiv die 1859 gegründete Alexander von Humboldt-Stiftung, er gehörte dem Gründungsausschuß der Stiftung als Vizepräsident an und hielt zum 100. Geburtstag Humboldts die Gedächtnisrede vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

Auch an den politischen Vorgängen seiner Zeit war Dove sehr interessiert und engagierte sich aktiv für ein einiges Deutschland. Er galt als liberal und Anhänger einer konstitutionellen Monarchie und hoffte, daß die Einheit Deutschlands, »die in der Verfassung der Universitäten ihren ungetrübtesten Ausdruck gefunden, auch im Staatsleben immer mehr Wahrheit werde«.27

Aktiv beteiligte er sich an der Revolution von 1848 und ver-faßte am 25. März einen Aufruf, der mit folgendem Wahlspruch schloß: »Ordnung ohne Freiheit ist Despotie, Freiheit ohne Ord-nung ist Anarchie. Nichts ohne das Volk, nichts ohne den konsti-tutionellen König.« Vom Konstitutionellen Klub wurde er neben

24 Ebd., S. 9.25 Ebd.26 ADB, S. 62. Hervorh. d. Hrsg. Das Zitat stammt aus einem Brief

Humboldts an Dove vom 27. Dezember 1848. Der (unpublizierte) Auto-graph wird im Schloß Tegel verwahrt. Vgl. K.-H. Bernhardt: Alexander von Humboldts Beitrag zu Entwicklung und Institutionalisierung von Meteorologie und Klimatologie im 19. Jahrhundert. In: Algorismus 41 (2003), S. 195–221.

27 Neumann, S. 16.

XVI Einleitung

A. v. Humboldt, Raumer und Nauwerck als Kandidat für die Na-tionalversammlung nominiert, was konservative Kreise ihm nicht vergessen haben.28

Anläßlich des 50. Jahrestages von Doves Promotion und drei Jahre vor seinem Tode waren so renommierte Forscher wie Vir-chow, Helmholtz, Weierstraß, v. Treitschke, Siemens, Droysen und DuBois-Reymond bei Dove zu Gast. Helmholtz hatte stets die »kühnen und scharfsinnigen Gedankenkombinationen« seines Kol-legen gewürdigt und im Ehrenschreiben der Preußischen Akade-mie heißt es: »Bis dahin, wo zuerst Ihr Name in der Geschichte der Wissenschaft genannt wird, […] gab es kaum eine deutsche Physik, wie am besten die Aufzählung der wenigen Männer bewiese, die im ersten Viertel des Jahrhunderts bei uns Physiker heißen konn-ten. Der deutsche Geist, der erst eben seine große Literatur-Epoche durchlebt hatte, war noch nicht reif für die männlich ernste Arbeit der theoretischen Naturwissenschaft und verweilte tändelnd auf der blumigen Flur naturphilosophischer Spekulation.«29 Eine Dar-stellung der hier ironisierten naturphilosophischen Spekulation hatte der junge Dove selbst erlebt – Hegels Vorlesung über Naturphilo-sophie in den Jahren 1825/26.

Auf dieses Spannungsfeld zwischen Naturwissenschaft und Philosophie, zwischen Empirie und Spekulation verweisen neben dem Hinweis Humboldts, daß Dove »d a s E in ze l ne w ie d a s Gros se und A l l gemeine« erfaßt habe, mehrere Indizien: Dove – so sein Biograph Neumann – »hält sich in seinen physikalischen Arbeiten an die induktive Methode. Die experimentellen Tatsa-chen sind ihm das Gegebene, die theoretische Physik reizt ihn weniger. Von den nat u r ph i lo soph i schen Speku l a t ionen der Hegel’schen Schule läßt Dove sich nicht blenden, so sehr er nach einheitlicher Naturauffassung strebt.«30 An anderer Stelle le-

28 Vgl. Neumann, S. 16–18. B. Fritscher bezeichnet Dove als »charak-teristischen Repräsentanten preußisch-wissenschaftlicher Kultur«, der in der Bildung eine essentielle Aufgabe bei der Herstellung eines einigen Deutschland sah. Fritscher: The Dialectic of the Atmosphere, a. a. O., S. 10 f.

29 ADB, S. 62.30 Neumann, S. 31.

Einleitung XVII

sen wir über das Verhältnis zu Hegel: »Von dem mächtigen Impuls des Systems nach der geschichtlichen Seite hin behielt er einen dauernden Eindruck, das Irrlicht specu l a t iver Natu r ph i lo -soph ie hat ihn dagegen nie einen Schritt vom Wege der empi-rischen Forschung weggelockt; laut und fest ist er stets gegen die Anmaßung der ph i lo soph i schen Spinn s t ube der Hegelianer aufgetreten.«31

In diesem Kontext ist die Abhandlung Doves zur Farbenlehre (1838 und 1853) aufschlußreich, die »durch scharfe Polemik gegen die Goethe’sche Farbenlehre und deren täppische Vertheidigung von Seiten Hegels und der Seinen« bestimmt ist.32 Es handelt sich um das Werk Die neuere Farbenlehre mit anderen chromatischen Theo-rien verglichen, das 1838 erschien (und das 1853 unter dem Titel Darstellung der Farbenlehre und optische Studien neu aufgelegt wurde). An folgenden Stellen dieser Schrift taucht explizit der Name des damals schon sieben Jahre lang nicht mehr durch Berlin wandeln-den Philosophen auf:

1. »Hegel sagt in dieser Beziehung [d. h. hinsichtlich des Zu-standekommens der prismatischen Farben] viel bestimmter: ›daß beim Prisma das Helle über das Dunkele, oder umgekehrt, herge-zogen wird, so daß das Helle eben so noch als Helles selbstständig durchwirkt, als es getrübt an seiner Stelle bleibt und zugleich ver-rückt wird.‹ Die bei Newton ruhend neben einander vor gestellten, unzähligen Bilder sind also hier dargestellt als Stadien der Be-wegung eines Bildes. Ob aber die Goethesche Darstellung die sei, in welcher allein die Be griffs bestim mung der Farbe auf die ihr gehörige sinnliche Weise ausgedrückt wird, ist eine Frage, deren Beantwortung, der Wellentheorie gegen über, bis jetzt wenigstens noch nicht einmal versucht worden ist.«33

Ob die Rede von den »Stadien der Bewegung eines Bildes« He-gels Interpretation der Lichtbrechung richtig wiedergibt, ist zwar fraglich; klar ist aber immerhin, worauf Dove in der letzten Bemer-

31 ADB, S. 54.32 ADB, S. 59.33 H. W. Dove: Die neuere Farbenlehre mit anderen chromatischen Theorien

verglichen. Berlin 1838. Gedruckt bei A. W. Hayn. S. 45, Fußnote 1.

XVIII Einleitung

kung abzielt. Sein Vorwurf an Hegel lautet offen bar, in Goethes Farbenlehre voreilig die be griff lich einzig richtige »chromatische Theorie« gesehen, aber nicht geprüft zu haben, ob nicht die Wel-lentheorie des Lichts eine adäquatere Auffassung des Phänomens Farbe darstelle als Goethes wie auch Newtons Lehre.

2. »Hegel nennt Grün die Vermischung des Gegensatzes des Blauen und Gelben, Roth die Individualität desselben. Eine Schwie-rigkeit auf diese Weise be seitigen, heißt sie anerkennen. Denn daß dewegen, weil Roth die geforderte Farbe [d. h. die Komplementär-farbe] des Grünen ist, jenes als subjective Einheit des Blauen und Gelben dem Grünen als bloß äußerlicher Zusammensetzung derselben gegenüber treten müsse, würde bei dem ganz gleichen Verhalten des Violetten zum Gelben und des Orange zum Blauen doch wohl nicht als ein Grund angegeben werden können. Man hat der Newtonschen Farbentheorie vorgeworfen, daß sie nicht bestimmt angebe, wie viel Farben es gebe. Von der Goetheschen kann man aber sagen, daß sie nicht zu der Anzahl führt, die sie als die richtige voraussetzt.«34

Auch hierin spricht sich Doves Skepsis gegenüber Hegels Versuch einer dialektisch konzipierten Farbenlehre (Grün als Einheit des Gelb-Blau-Gegensatzes) aus, zugleich aber eine gewisse Distanzie-rung von Newton und Goethe (besonders freilich von letzterem), was deren Antworten auf die Frage nach der Zahl der Farben be-trifft. – Des weiteren zitiert Dove in diesem Zusammenhang noch indirekt – in Form einer Frage – einen Satz aus der langen Anmer-kung zum § 320 der Hegelschen Enzyklopädie von 1830 (bzw. zum § 222 der Enzy klopädie von 1817):

3. »Kann man sich wirklich nicht stark genug über die Bar-barei der Vorstellung ausdrücken, daß auch beim Licht nach der schlechtesten Refl exionsform, der Zusammensetzung, ge griffen worden ist?«35

34 Ebd., S. 46.35 Ebd., S. 47. – In der Enzyklopädie von 1830 heißt es: »Ueber die Ba r -

ba re i vors erste der Vorstellung, daß auch beim Lichte nach der schlech-testen Refl exions-Form, der Zu sam men set zung , gegriffen worden ist und das Hel le hier sogar aus sieben Dunkel he i t en bestehen soll, wie

Einleitung XIX

Dove verneint diese Frage; er bestreitet, daß das Zusammenge-setztsein des weißen Lichts irgendeine konstitutive Bedeutung für die Newtonsche Theorie habe, und versucht, die von Goethe und Hegel kritisierte Rede vom »Bestehen« des Weißen aus den Spek-tralfarben folgendermaßen zu relativieren: »Wenn wir […] sagen, das Weiße bestehe aus den homogenen Farben, so ist damit nur gesagt, daß die jedesmalige Bewegung des Aethers in Schwingun-gen mit einer jenen Farben entsprechenden Periodizität zerlegt werden könne.«36 Diese Interpretation ist freilich nur auf dem Bo-den der Undulationstheorie des Lichts möglich (der sich Dove ja verpfl ichtet fühlt); auf das Newtonsche Teilchenmodell des Lichts ist diese Art von Argumentation nicht unmittelbar anwendbar.

Doves Auffassungen trafen auf erhebliche Gegenwehr des He-gelianers Carl Ludwig Michelet. Von fundamentalem Gewicht ist in diesem Kontext die aus der Feder Michelets stammende Re-zension von Doves Farbenlehre, eine Besprechung, die 1838 in den Hallischen Jahrbüchern für deutsche Wissenschaft und Kunst erschien.37 Mit jener »genialen Grobheit« hätten Michelet zufolge der »Fürst der deutschen Dichtung« und der »Fürst der deutschen Philoso-phie« die »Physiker consternirt«. Hegel habe, »das Genie in dem verwandten Gebiete anerkennend, sich zum eifrigsten Vertheidi-ger dieser Theorie [Goethes Farbenlehre] gemacht«.38 Der »ganz helle Haufen der zünftigen Naturforscher« reagierte darauf mit einem großen Aufschrei, »daß die Phantasie eines Dichters und die

man das klare Wasser aus sieben Erdarten bestehen lassen könnte, kann man sich n icht s t a rk genug ausdrücken«. (GW 20, S. 320 f ). – In der Enzyklopädie von 1817 ist die entsprechende Stelle etwas kürzer formu-liert: »Ueber die Ba rba rey vors erste der Vorstellung, daß auch beym Lichte nach der schlechtesten Refl exions-Form, der Zusammensetzung, ge griffen worden ist, kann man sich nicht stark genug ausdrücken […]« (GW 13, S. 135).

36 Dove: Die neuere Farbenlehre […], a. a. O., S. 47.37 C. L. Michelet: Zugeständnisse der neuesten Physik in Bezug auf

Göthe’s Farbenlehre. Die neuere Farbenlehre mit anderen chromatischen Theorien verglichen von H. W. Dove. In: Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst 305/306 (1838), S. 2433–2437, 2441–2448.

38 Ebd., S. 2432.

XX Einleitung

Hirngespinste eines Philosophen die gründliche Beobachtung und Erfahrung so vieler Männer vom Fach umzustoßen sich erkühn-ten«.39 (Man möchte hier einfügen, daß es bezeichnend war, daß Hegels Darstellung von Erfahrung und ›beobachtender Vernunft‹ sowie seine Einschätzung des Empirismus von den meisten Natur-forschern wohl nicht gründlich zur Kenntnis genommen wurden). Dove beschreibe die Kritiker Newtons nur als Ignoranten, die mit Amusement zu lesen seien und nur ironisch angeführt werden. Aber Michelet beschreibt auch die ambivalente Stellung von Dove zu Hegel: »Sonderbarer Weise giebt der Hr. Verf. Hegeln dann aber doch wiederum Recht; denn nachdem er die Stelle citiert hat, wo Hegel diese Anwandlungen für metaphysischen Galimathias er-klärte, setzt er (S. 36) selbst hinzu, daß das Prinzip der Interferenz, welches er mit einer Göthen nachgesprochenen Wendung ›das wahre Urphänomen der optischen Erscheinungen‹ nennt (S. 16), jene Anwandlungen für immer bestätigt habe.«40

Von speziellem Interesse ist die sich daran anschließende Kri-tik Michelets, deren Strategie darin besteht, die metaphysischen Fundamente relevanter Positionen der selbst ernannten Metaphysik-kritiker (einschließlich Doves) offen zu legen. Dove erkenne zwar die Unhaltbarkeit des Newtonischen Emissions- oder Emanations-konzepts (Zusamengesetztsein des weißen Lichts), stelle sich aber nicht auf die Seite Goethes, sondern kehre zur Undulationslehre Eulers zurück, in der das Licht als wellenförmige Bewegung ver-

39 Ebd.40 Ebd., S. 2434. Die von Michelet angesprochenen Stellen lauten bei

Dove: »Young geht auch von denselben Doppelbildern aus, aber er beweist an ihnen d a s wah re Ur phänomen der opt i s chen Er -sche inungen : d ie Inte r fe ren z […]« (S. 16); sowie: »Sollte sich nicht vielleicht nach den bisher besprochenen Thatsachen auch selbst die Frage beantworten: ›warum diese ungereimten Vorstellungen noch durch die Polarisation des Lichtes, durch die wieder aufgenommenen New ton-schen Anwandllungen und weiteren metaphysischen Gallimathias ver-mehrt worden?‹« (S. 36). An der zweiten Stelle bezieht sich Dove auf § 320 der Hegelschen Enzyklopädie (von 1830) und wirft Hegel vor, Fresnels Widerlegung des in § 320 so scharf angegriffenen Biot nicht beachtet zu haben.

Einleitung XXI

standen wurde. Im Rahmen seiner sehr scharfen und teilweise polemischen Attacke registriert Michelet aber auch einen hege-lianischen Hintergund bei Dove. »Dabei hat der Hr. Verf. in der Hegelschen Schule, durch die er einmal durchgegangen sein muß, gehört, daß die Wahrheit nicht einseitig, sondern die Einheit ent-gegengesetzter Extreme sei.«41

Die Eulersche Wellentheorie gründe sich hingegen selbst auf schlechteste Metaphysik und sei eine aus der Luft ge griffene Hypo these. Michelet verweist im Anschluß an Hegel auf die jeder physikalischen Theorie immanenten metaphysischen Vorausset-zungen.42 Phantasien und Hirngespinste fi nden sich eben nicht auf der Seite des Dichters und des Philosophen, sondern auf der Seite der Physiker, »die den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, da sie, die Facta nicht verstehend, zu noch unverständlicheren Er-klärungen ihre Zufl ucht nehmen«.43 Obschon sie auf Beobachtung und Erfahrung setzen, erweise sich das Verfahren der Physiker als bloßes Analogisieren. Die Wellentheorie wird durch Analogie zu einer Schalltheorie gewonnen. Laut Dove bedürfen wir »bestimm-ter theoretischer Vorstellungen, durch welche wir das innerhalb eines Gebiets empirisch Gefundene an Phänomene, die in anderen Gebieten uns bereits vertraut sind, anzuknüpfen suchen.«44 Diese Position und die bloße Annahme des Äther-Substrats beschreibt Michelet mit polemischer Schärfe als Galimathias und schlechte Metaphysik, als »metaphysische Dunkelheit« und »metaphysische Prolepsen«, eben als »metaphysischen Krimskrams«.45 Er hebt da -bei die Unfähigkeit der Wellentheorie hervor, verschiedene Phä-no mene zureichend erklären zu können, und kehrt somit das Kriterium der Beobachtung und Erfahrung gegen diese Physiker. Michelet fordert vom Naturforscher, »die verschiedenen Schwin-gungen des rothen und blauen Lichts in einer bestimmten Zeit aus der Erfahrung darzuthun und vor der sinnlichen Gewißheit zu

41 Ebd.42 GW 20, §§ 37–39.43 Michelet: Zugeständnisse der neuesten Physik, S. 2435.44 Ebd., S. 2435.45 Ebd., S. 2435, 2446, 2447, 2437.

XXII Einleitung

rechtfertigen, bevor er darauf Anspruch machen darf, daß seinen Theorien Glauben geschenkt werde«.46

Michelet gibt weiter zu Protokoll, daß er den von Dove fest-gehaltenen Unterschied zwischen Goethe und Hegel in Sachen Farbenlehre nicht sehen könne. »Denn die vom Hrn. Verf. (S. 45 Anm.) angeführten Worte Hegel’s, ›daß kein Prisma das Helle über das Dunkle, oder umgekehrt, hergezogen wird‹, stimmen doch wohl gänzlich mit dem Götheschen Satze überein. ›Im ersten Falle wird das helle Bild in den dunklen Rand hinüber, und in dem an-dern der dunkle Rand über das helle Bild gleichsam hineingeführt‹ (Farbenlehre Bd. I., S. 77, § 204).«47

Wie aus einem Brief von Michelet an Dove aus dem Jahre 1840 hervorgeht, hatte der Empfänger diesen An griff des Berliner He-gel-Schülers wohl mit Zorn aufgenommen. In seinem Schreiben entschuldigt sich Michelet allerdings nur für die Form der Rezen-sion, für die polemischen Zuspitzungen. Dieser bislang unbekannte kurze Brief 48 soll hier zur Kenntnis gebracht werden:

Geehrter Herr Kollege,

Ich habe mit Betrübniß erfahren, daß Sie wegen meiner Recension Ihrer Farbenlehre noch immer auf mich zürnen. Indem ich nun die Gerechtigkeit dieses Ihres Gefühls anerkennen muß, so stehe ich keinen Augenblick an, Sie deshalb auf das Aufrichtigste um Verzeihung zu bitten; und erkläre Ihnen hiermit, daß ich die Form meines Aufsatzes gänzlich Preis gebe.

Bei den Manen von Gans, unsres gemeinschaftlichen Freundes, be-schwöre ich Sie, mir die Hand der Versöhnung, die ich von Ihnen fordere, nicht verweigern zu wollen. Bestehen auch wissenschaftliche Differenzen zwischen uns, so dürfen sie doch nicht Gründe eines feindseligen Verhält-nisses sein, um so mehr, da gerade in der Zeit, wo wir leben, alle Freunde von Gans mit einmüthiger Gesinnung im Geiste des Verewigten fortwirken sollten.

46 Ebd., S. 2443.47 Ebd., S. 2456.48 Brief von C. L. Michelet an H. W. Dove vom 28. November 1840.

Staats archiv Legnica, Sign. III, 2875, S. 5/6.

Einleitung XXIII

Mit der Bitte, mich durch Ihre Antwort Ihrer versöhnlichen Gesinnungen zu vergewissern, bin ich

Ihr ergebener Professor Dr. Michelet

Berlin, d. 28. November 1840.

In einer kurzen Passage im naturphilosophischen Teil von Miche-lets fast drei Dekaden später erschienenem System der Philosophie als exacter Wissenschaft ist ferner von einer »Disputation« zwischen den beiden Genannten »vor einem größeren geselligen Kreise« die Rede, wobei leider weder angegeben wird, was genau der Rahmen dieses »geselligen Kreises« war, noch wann sich die Disputation zutrug. Lediglich aus der Wendung »im Verfolg dieser Heraus-gabe« – nämlich der enzyklopädischen Naturphilosophie (erschie-nen erstmals 1842) – geht hervor, wann in etwa das Gespräch zwi-schen dem Physiker und dem Philosophen stattgefunden haben muß: in den (frühen) 1840er Jahren.

Doch hören wir, vor weiteren Kommentaren, Michelet selbst. Einen positiven Einfl uß von Hegels Naturphilosophie auf die zeit-genössische Entwicklung der Wärmelehre behauptend, schreibt er: »Auch ist aus dem angegebenen Be griffe der Wärme [wonach diese das Dritte zu Elastizität und Klang ist] so viel klar, dass sie kein Stoff ist ( c a lor ique ) , wie es noch in Kries’ Lehrbuche der Physik (also 1835), § 312, zu lesen war, aus dem Hofmeister’schen Leitfaden von 1870 aber glücklich verschwunden ist: ›Die Wärme kann keine Materie sein‹ (§ 149). Dazwischen liegt meine Ausgabe der Hegel’schen Naturphilosophie (1842), der es besonders zuzu-schreiben ist, dass Hegels und meine Polemik gegen den Wärme-stoff (Hegels Naturphilosophie, § 304; meine Vorrede dazu, S. IX) endlich durchgeschlagen hat. Hierzu mag auch eine Disputation über die Wärme, in die ich, im Verfolg dieser Herausgabe, mit Dove vor einem größeren geselligen Kreise gerieth, wohl etwas beigetragen haben. Wenigstens weiss ich mit Bestimmtheit, dass seit der Zeit die Parole unter den Physikern verbreitet wurde, die Theorie der Wärme befi nde sich in einem Stadium der Umbildung

XXIV Einleitung

be griffen; – die gewöhnliche Wendung, fremde An griffe zu pari-ren, und hinterher i n suum u sum zu convertiren.«49

Michelets Anspruch, Hegels und seine eigene (freilich berech-tigte) Polemik gegen die Wärme stoff theorie hätten auf die zeitge-nössischen Naturforscher richtungsweisend gewirkt, ist übrigens nicht haltbar. Zu massiv war in den 1830er und 1840er Jahren die innerphysikalische Evidenz gegen die Caloricum-Theorie gewor-den, als daß sie noch eines »Todesstoßes« von Seiten der Philosophie bedurft hätte.50 Es bleibt aber ein interessantes Faktum, daß Dove, auch etwa 15 Jahre, nachdem er selbst Hegel gehört hatte, durch Michelet zu einer mindestens peripheren Auseinandersetzung mit Hegelschen Denkfi guren genötigt war.

Während sich in mancher Hinsicht die deutliche Distanz Doves zu Hegel und die Ablehnung von dessen spekulativ-idealistischen Positionen äußert, erscheint bezüglich anderer Aspekte der Hegel-schen Naturauffassung durchaus eine gewisse Affi nität zu bestehen. Ungeachtet der naturwissenschaftlichen Ausrichtung Doves sieht der Münchener Wissenschaftshistoriker B. Fritscher einen beacht-lichen Einfl uß der Naturphilosophien Schellings und Hegels auf den Berliner Meteorologen. Zum ersten liegt dies an der erhebli-chen Wirkung des Aristotelischen Gedankengutes in dieser Zeit, Aristotelische Wurzeln fi nden sich auch in Doves Meteorologie.51 Zweitens bestehe eine besondere Parallele von Doves frühen Ideen zur spekulativen Naturphilosophie. »Doves Parallelen zur Philo-sophie Hegels beziehen sich weniger auf dessen Ideen über die meteorologischen Erscheinungen, als vielmehr auf dessen philo-

49 C. L. Michelet: System der Philosophie als exacter Wissenschaft. Bd. 2, Berlin 1876 (Nachdruck Brüssel 1968), S. 262. Die zitierten Physikbücher sind: F. Kries: Lehrbuch der Physik. Jena 1835, sowie R. H. Hofmeister: Leitfaden der Physik. 2. Auf l., Zürich 1870.

50 Vgl. Th. Posch: Die Rezeption der Hegelschen Lehre von der Wärme durch Carl Ludwig Michelet und Karl Raimund Popper. In: Wiener Jahrbuch für Philosophie 34 (2002), S. 143–158. Dazu auch Th. Posch: Die Mechanik der Wärme in Hegels Jenaer Systementwurf von 1805/06. Ein Kommentar vor dem Hintergrund der Entwicklung der Wärmelehre von 1620 bis 1840. Aachen 2005.

51 Fritscher: The Dialectic of the Atmosphere, a. a. O., S. 94 f.

Einleitung XXV

sophische Methode. […] so fi nden wir Hegels Dialektik in Doves früher Diskussion seines ›Drehungsgesetzes des Windes‹ […]; nach Dove schreiten die atmosphärischen Prozesse in ›dialektischer Weise‹ fort.«52 Zusammenfassend heißt es bei Fritscher: »Dies ist nur ein Beispiel für die in Doves Arbeiten zu fi ndenden natur-philosophischen Ideen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Vorstellungen, die deutlich an Hegel oder Schelling erinnern. Bei-spielsweise spricht Dove, obwohl er Hegels Idee einer organischen Erde ablehnt, doch auch von einem ›Gesammtleben der Erde‹.«53 In Hegels Enzyklopädie § 288 fi ndet sich folgende interessante Stelle: »der ganze atmosphärische Zustand [ist] ein großes lebendiges Ganzes, wozu auch die Passatwinde gehören«.54 Auch ein Credo Doves weist in die von Fritscher aufgezeigte Richtung: »Ganz zu sein in Einem und nicht halb in Vielem«. Ungeachtet seiner Fixie-rung auf die experimentelle Naturwissenschaft zeigt dieser Satz, daß vielleicht doch etwas von Hegels Vorlesungen im Bewußtseins des Naturforschers wirksam geblieben sein könnte.

Zum Abschluß dieser kurzen biographischen Skizze soll eine Briefstelle von Dove Erwähnung fi nden, die seinen Humor be-legt und auf die philosophische Debatte an der Berliner Univer-sität ein kleines Schlaglicht wirft: »Schelling hat zu den hiesigen Hegel’schen Professoren gesagt: Meine Herren, Sie befi nden sich in einer Sackgasse, worüber diese in freundliches Erstaunen geraten sind.«55 Aufgrund seines Besuches von vier Vorlesungszyklen He-gels war Dove mit der aus Schellings Sicht inakzeptablen Variante der Naturphilosophie vertraut und hat uns einen kleinen Beitrag zur Klimatologie der Hegelschen ›Spinnstube‹ und zur Geographie dieser angeblichen ›Sackgasse‹ überliefert.

52 Vgl. H. W. Dove: Meteorologische Untersuchungen. Berlin 1837, Vor-wort (unpaginiert). Der Ausdruck ›dialektische Weise‹ fi ndet sich dort allerdings nicht.

53 Fritscher, a. a. O., S. 97.54 TWA 9, S. 153 (Enzyklopädie, Zusatz zu § 288).55 Neumann, S. 61.

XXVI Einleitung

II. H. W. Doves Nachschrift von Hegels Naturphilosophie-Vorlesungen 1825/26

1. Hegels Philosophie der Natur und das Spekulative

In bezug auf das Jenaer Symphilosophieren von Schelling und Hegel und auf die erstmalige Edition von Hegels Philosophie der Natur (1842) bemerkte der Herausgeber Karl Ludwig Michelet: »Und wenn aus dem Glanz jener schönen Morgenröthe des neuen Jahrhunderts jetzt der sonnige Tag der siegenden Wahrheit am Himmel der Wissenschaft emporgestiegen ist, so werden wir in den vorliegenden Vorlesungen über die Natu r ph i lo soph ie eine der edelsten Früchte genießen, die aus dem Kranze der damals keimenden Blüthen herangereift sind.«56 Mit diesem Pathos richtete sich Michelet gegen die in jenen Jahrzehnten aufkommende Ver-unglimpfung und Diskreditierung der idealistischen Denkungsart der Natur. In einem wahren Bombardement wurde neben Schel-lings auch Hegels naturphilosophisches Konzept von Naturfor-schern wie Schleiden und Liebig in die Nähe des Irrsinns gerückt. Die sich emanzipierenden einzelnen Wissenschaften entwickelten ihr Selbstverständnis als alleinig exakte Wissenschaften, die sich auf reine Fakten und ›nackte Tatsachen‹ und deren Ordnen gründen. Alles über dieses Hinausgreifende brandmarkten viele als Phan-tasterei und nutzloses Räsonieren, eben als Spekulation. Das Wort ›spekulativ‹ wurde als scheinbar allgewaltige kritische Keule appli-ziert, ohne jedoch sich der Mühe zu unterziehen, den Gehalt dieser Bezeichnung bei Hegel zu verstehen.57 Strenggenommen und im Blick auf ihre eigenen Kriterien verfahren diese Wissenschaftler

56 C. L. Michelet: Einleitung zu G. W. F. Hegel: Werke. Vollständige Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. VII,1, Vorlesungen über die Naturphilosophie als der Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse zweiter Theil. Hrsg. von C. L. Michelet. Berlin 1842, S. 1 f.

57 Eine instruktive Erläuterung der Substanz des spekulativen Den-kens bei Hegel liefert H. F. Fulda: Georg Wilhelm Friedrich Hegel. München 2003.

Einleitung XXVII

in diesem Falle völlig unwissenschaftlich. Hegel hatte schon früh diese Tendenz der Herabwürdigung der spekulativen Naturphilo-sophie klar gesehen und in zwei Richtungen argumentiert:

Erstens habe eine bestimmte ›Manier‹ der Naturphilosophie seiner Zeit diese Attacken selbst mit verursacht. Anhand eines Vergleichs zwischen einigen Stellen aus der Jenaer Zeit und aus der Griesheim- und Dove-Nachschrift wird Hegels durchgängiges Bemühen offen kundig, sich und sein Verständnis von Spekulation von diesen pseudo-romantischen Versuchen klar abzugrenzen und seinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit zu behaupten. In Jena diagnostiziert er einen verbreiteten »leeren Formalismus«, ein »un-reifes Gebraue halb aufgefaßter Be griffe«, einen »rohen Waldstrom, der Vernunft und Wissenschaft zu verwirren droht« und verbin-det dies mit den Namen, Görres, Windischmann und Steffens58 (einem der Breslauer Lehrer von Dove). Mit Ironie und heftiger Polemik bemerkt er folgendes über diese »philosophische Genie-periode«: »Etwas Kohlen stoff, Sauer stoff, Stick stoff und Wasser-stoff zusammengeknetet und in ein von anderen mit Polarität usw. beschriebenes Papier gesteckt, mit einem hölzernen Zopf der Ei-telkeit etc Raketen in die Luft geschossen, meinen sie, das Empy-reum darzustellen. So Görres, Wagner u. a. Die roheste Empirie mit Formalismus von Stoffen und Polen, verbrämt mit vernunft-losen Analogien und be soffe nen Gedankenblitzen.«59

Ähnliche Kennzeichnungen fi nden sich in den Nachschriften Griesheim und Dove : Die Naturphilosophie sei »nicht von ihren Gegnern, sondern von ihren Freunden breit und glatt geschlagen, sie ist zu einem Formalismus ausgeartet, zu einem Instrument der Einbildungskraft«. Dies »barokke Thun« habe »in einem oberfl äch-lichen Schließen nach oberfl ächlichen Analogien« bestanden.60 Im Dove-Heft ist von der Manier der Phantasterei, des Formalismus und des Raisonnements die Rede. In besonders eindringlicher und konstruktiver Weise nehmen die Einleitungen der Griesheim- und Dove-Nachschrift dazu Stellung und verweisen auf den Anspruch

58 TWA 2, S. 571 f.59 TWA 2, S. 542.60 Griesheim, S. 61.

XXVIII Einleitung

echter, wissenschaftlicher Naturphilosophie im Unterschied zu diesen Phantasiegebilden. Hegel stellt klar, daß er sich in seinem Verfahren eben nicht »tändelnd auf der blumigen Spur naturphilosophischer Spekulation« der genannten Couleur bewegt, nicht ein »Irrlicht solch spekulativer Naturphilosophie« darstellt. Zu diesem Behufe erläutern die beiden Einleitungen ausführlich das echte, wissen-schaftlich-spekulative Verfahren, und Hegel resümiert schließlich: »Diß ist spekulatives Denken.«61 Seine Naturphilosophie bestehe im »begreifenden Denken der Natur«, darin sei solches Philoso-phieren »exacte Wissenschaft«.

Zweitens richtet sich Hegel gegen das dominante Credo der aufstrebenden Einzelwissenschaften – »Physik, hüte dich vor der Metaphysik!« – In ihrer Selbstkonstitution stoßen sich die einzel-nen Disziplinen völlig von der Philosophie ab und schießen damit über ihr Ziel hinaus. In dieser Hinsicht sind die in der Einleitung fi xierten, tiefgründigen Erläuterungen zum Verhältnis von Philo-sophie, Naturphilosophie und Naturwissenschaft von besonderer Relevanz. Physik und Metaphysik machen »sich desselben Verbre-chens schuldig, das Allgemeine in der Natur zu fi nden, das Allge-meine ist aber Produkt des Denkens.« Obschon die Protagonisten der neuen Naturwissenschaft es leugnen, ist ihrem Wissen Denken und philosophischer Gehalt immanent. »Die Physik enthält selbst eine Metaphysik«, der Übergang zur Metaphysik »bezieht sich dar-auf, daß die Kategorien der Physik über se t z t werden in andre Kategorien, die der philosophische Be griff sind.«62 Hegel insistiert hier auf eine ›Über-Setzung‹ aus der »Metaphysik der Physik« in die Natur-Philosophie als dem begreifenden Denken der Natur. Aus-gangspunkt dieser ›Übersetzung‹ bilden die Resultate der Natur-wissenschaft, als deren brillanter Kenner sich gerade Hegel erwies. Dieses ›Übersetzen‹, das auf der Wissenschaft der Logik als allgemei-ner Methode basiert, wird in der Einleitung in den Grundzügen skizziert und dann im Hauptteil durchgeführt.

In der hier nur angedeuteten doppelten Frontstellung – sowohl gegen pseudo-romantische Phantasterei und demütiges Knien vor

61 Dove, S. 1362 Dove, S. 9

Einleitung XXIX

der Natur als auch gegen die hochmütige, empiristisch-positivi-stische Herrschaftsattitüde vermeintlich ›exakter‹ Wissenschaft – steht Hegels Naturverständnis bis zum heutigen Tage. Bei Natur-romantikern gilt Hegel als logizistischer Nachfahre cartesianischer All machtsvorstellungen des Beherrschens und technikgläubigen Unterwerfens der Natur in der industriellen Welt, in den Augen von technizistisch-technokratischen Innovationsaposteln ist Hegel Vorläufer der Dämonisierung der Technik, einer technikfeindlich-ökologischen Weltsicht.

Beiden so radikal entgegenstehenden Deutungsmustern ist ei-gen, daß sie zuerst Hegels Denken als bloßen Steinbruch benutzen und die seriöse Forschung zu Hegel und seiner Naturphilosophie weitgehend ignorieren und somit in diesem Ungetrübtsein von jeglicher Sachkunde im Grunde wissenschaftsfeindlich sind.

Gerade die vielfältigen Forschungen zur Naturphilosophie im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts63 belegen klar, daß Hegels ›begreifendes Denken der Natur‹ kein Stück aus dem musealen Kuriositätenkabinett ist, sondern in der Reihe der großen Natur-philosophie-Entwürfe neben Aristoteles, den italienischen Renais-sance-Denkern und Kant steht und ein modernes Naturverständnis von hoher Aktualität repräsentiert, das weitere intensive Erschlie-ßung verdient. Für diese Forschungen könnte auch die Edition der vorliegenden Nachschrift aus der Feder eines bedeutenden Natur-forschers des 19. Jahrhunderts einen Beitrag leisten.

2. Zur Bedeutung der Dove-Nachschrift

In der oben erwähnten Einleitung Michelets zur Erstedition der Philosophie der Natur 1842 lesen wir: »Hegel hat überhaupt acht mal Vorträge über Naturphilosophie gehalten: einmal in Jena, zwi-

63 Vgl. u. a.: M. J. Petry: Hegel’s Philosophy of Nature. 3 vol., London/New York 1970; Hegels Philosophie der Natur. Hrsg. von R.-P. Horstmann und M. J. Petry. Stuttgart 1986; Hegel und die Naturwissenschaften. Hrsg. von M. J. Petry. Stuttgart-Bad Cannstatt 1987; Die Naturphilosophie im deut-schen Idealismus. Hrsg. von K. Gloy und P. Burger. Stuttgart-Bad Cann statt 1993; Hegels Jenaer Naturphilosophie. Hrsg. von K. Vieweg. München 1996.

XXX Einleitung

schen den Jahren 1804 und 1806; einmal in Heidelberg, im Som-mer 1818; und sechsmal in Berlin […]. Den beiden ersten Berliner Vorlesungen diente wieder ein vollständiges Heft in Quarto zur Grundlage. Für die Vorlesungen von 1823–1824 verfaßte er eine neue Einleitung, und schloß daran ein neues ergänzendes Heft, eines in Folio; so jedoch daß für diese und die späteren Vorlesun-gen auch die früheren Hefte, selbst das Jenaische, benutzt wurden. Außerdem brauchte Hegel für die zwei letzten Vorlesungen auch schon die zweite Ausgabe der Enzyclopädie (1827) als Leitfaden, während die dritte erst im Späthjahr 1830 erschien. Zu diesen auto-graphischen Quellen gehören endlich noch viel reichhaltige einge-legte Blätter, die bei den verschiedenen Wiederholungen allmählig eingeschaltet wurden. Nachgeschriebenen Hefte, aus denen ich schöpfte, waren: 1) aus dem Winterhalbenjahr 1821–1822 ein von mir selbst nach geschriebenes; 2) drei Hefte aus dem Winter-Cur-sus 1823–1824, von Herrn Hauptmann v. Griesheim, von meinem verehrten Collegen, Herrn Professor Hotho, und von mir; 3) das von Herrn Conrector Geyer im Sommer 1830 nachgeschriebene Heft.«64

Heute sind 11 Manuskripte von Mit- bzw. Nachschriften in verschiedenen Archiven nachgewiesen:65 1818 Nachschrift von unbekanntem Mitschreiber,66 1819/20 Nachschrift G. Bernhardy, ediert von M. Gies und das Manuskript von J. R. Ringier (Edi-toren: Seelmann und Bondeli,67 1821/22 Nachschrift von Boris

64 Hegel: Vorlesungen über die Naturphilosophie als der Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse Zweiter Theil. Hrsg. von C. L. Michelet. Berlin 1842. XVIII f.

65 Bonsiepen (Hegels Vorlesungen über Naturphilosophie) gibt eine Beschreibung von acht Heften (außer Nachschriften 1818, Ringier und Dove), S. 44–48.

66 Dazu vgl. F. Nicolin: Unveröffentlichte Diktate aus einer Enzyklo-pädie-Vorlesung Hegels. In: Hegel-Studien 5 (1969), S. 9–30.

67 Hegel: Naturphilosophie, Bd. 1. Die Vorlesung von 1819/20. In Verb. Mit K. H. Ilting hrsg. von M. Gies. Napoli 1982; Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Natur. Berlin 1819/20. Nachgeschrieben von Johann Rudolf Ringier. Hrsg. von M. Bondeli uund H. N. Seelmann. Hamburg 2002 (im folgenden: Ringier).

Einleitung XXXI

v. Uex küll (herausgegeben von G. Marmasse und Th. S. Posch) so -wie zwei weitere anonyme Hefte;68 1823/24 Nachschrift K. G. J. v. Griesheim, ediert durch G. Marmasse, 1825/26 die Mitschriften M. Pinder und (die hier vorliegende) von H. W. Dove sowie zwei Hefte aus dem Jahre 1828 (K. Libelt und Hueck).69 Aus dem Kurs 1825/26 stand Michelet (nach eigener Darstellung) kein Heft für seine Erstedition zur Verfügung.

Mit der Edition der Dove-Handschrift wird eine weitere Lücke in den Forschungen zu Hegels spekulativer Naturphilosophie ge-schlossen, sein Denken als work in progress kann auch hier im Falle der Naturphilosophie im Vergleich mit der Erstedition von Mi-chelet, mit den Naturphilosophie-Abschnitten innerhalb der drei Ausgaben der Enzyklopädie sowie im Anschluß an die Editionen der Hefte aus vorhergehenden Jahrgängen – Bernhardy/Ringier (1819/20), Uexküll (1821/22) und Griesheim (1823/24) – deut-licher hervortreten. Für 1825/26 ist (wie schon erwähnt) neben dem Dove-Heft noch eine Nachschrift von M. E. Pinder bekannt, bei der es sich wahrscheinlich um eine Ausarbeitung handelt.70

Der Text der Dove-Nachschrift wird hier erstmals der Öffent-lich keit zugänglich gemacht, eine detaillierte Interpretation der Ge-halte und der präzise Vergleich zu den anderen Hegelschen Lehr-stücken zur Naturphilosophie bleibt der künftigen Forschung und besonders der kritischen Edition von Hegels naturphilosophischen Vorlesungen vorbehalten. Hier sollen anhand des Dove-Heftes nur erste Überlegungen zur Situierung des Vorlesungs-Jahrgangs 1825/26 vorgestellt werden, erste Facetten der spezifi schen Rele-vanz dieses Kollegs 1825/26 angedeutet sein. Folgende Hinweise für die kritische Lektüre seien hier vorausgeschickt:

68 Vgl. Bonsiepen (Hegels Vorlesungen über Naturphilosophie), S. 44–46; Hegel: Vorlesung über Naturphilosophie Berlin 1821/22. Nachschrift von Boris v. Uexküll. Hrsg. von G. Marmasse und Th. Posch. Frankfurt a. M. 2002 (im folgenden: Uexküll); Hegel: Vorlesung über Naturphilosophie Berlin 1823/24. Nachschrift von K. G. J. v. Griesheim. Hrsg. und eingeleitet von G. Marmasse, Frankfurt a. M. 2000 (im folgenden: Griesheim).

69 Vgl. dazu Bonsiepen, S. 46–48.70 Ebd., S. 47.

XXXII Einleitung

Michelets Einschätzung, daß die Berliner Hefte »im Ganzen dem Gang der zweiten und dritten Ausgabe der Enzyklopädie« folgen, erscheint etwas zu pauschal und bedarf der Präzisierung.71 W. Bonsiepen hat bereits auf die gewichtigen Veränderungen auf dem Wege von der ersten zur zweiten Ausgabe der Enzyklopädie sowie auf Entwicklungstendenzen in der Konzeption der Berliner Naturphilosophie aufmerksam gemacht. »Hegel gliederte schon bald nach dem Erscheinen der ersten Auf lage der Enzyklopädie die Naturphilosophie um.« Schon 1818 fi ndet sich wohl die später bestimmend gewordene Triade Mechanik, Physik, Organik. »In der Vorlesung des Wintersemesters 1821/22 […] wird eine Dar-stellungsform gefunden, die terminologisch und inhaltlich schon weitgehend der Naturphilosophie der zweiten Auf lage der Enzy-klopädie entspricht.«72 Die Herausgeber der Ringier-Nachschrift (1819/20), M. Bondeli und H. N. Seelmann, schließen sich der von M. Gies formulierten Einschätzung an, daß es sich bei Hegels Natur philosophie-Vorlesung von 1819/20 um ein erstes Binde-glied zwischen der Heidelberger und der Berliner Enzyklopädie handelt. Allerdings gehen sie in der Bewertung noch einen Schritt weiter: »Der Text von Ringier macht allerdings auch deutlich, daß der Umwandlungsprozeß schon weiter gediehen war, als dies durch die von Gies besorgte Edition der Nachschrift Bernhardys nahe-gelegt wird. Die im Einleitungsteil des Textes von Ringier voll-ständiger skizzierte Einteilung der Naturphilosophie zeigt, daß Hegel nicht nur in der Haupteinteilung von Mechanik, Physik und Organik, sondern bereits in wesentlichen Untereinteilungen die Gliederung der Berliner Enzyklopädie vorwegnahm.«73

Die Vorlesungszyklen zur Naturphilosophie von 1823/24 und 1825/26 repräsentieren wohl die wichtigsten, direkten Vor- und Übergangssstufen für den Naturphilosophie-Abschnitt in der zweiten Auf lage der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, die Hegel 1827 publizierte. Michelet hatte auf die neue Einleitung (1823/24) und auf ein »neues ergänzendes Heft« aus dieser Phase

71 Vgl. Michelet: Einleitung, S. 15.72 Vgl. Bonsiepen, S. 48–52.73 Ringier, S. 199.

Einleitung XXXIII

verwiesen. Um die These von den Naturphilosophie-Kollegs von 1823/24 und 1825/26 als unmittelbaren Vor- und Übergangs-stufen zwischen Enzyklopädie I (1817) und II (1827) zu illustrie-ren, soll hier im Anschluß an Bonsiepens Darstellung der beiden Gliederungen des Naturphilosophie-Teils von 1817 und 1827 die Strukturierung der Griesheim- und Dove-Nachschriften als Zwi-schenformen gezeigt werden. Allerdings fehlen bei Dove einige Überschriften, die aber aufgrund der Textgrundlage ergänzt wer-den konnten.

Enzyklopädie I (1817)

Ersther Teil. Die Mathematik.Zweyter Theil. Die Physik des Unorganischen.

A. Die Mechanik.B. Die elementarische PhysikC. Die individuelle Physik

Dritter Theil. Die Physik des OrganischenA. Die geologische Natur.B. Die vegetabilische Natur.C. Der thierische Organismus.

Griesheim-Nachschrift

Erster Teil Die Mechanik1. Raum2. Zeit3. Materie und Bewegung4. »Bewegt sich Materie selbst«

Zweiter Theil Die PhisikI. Erste Sphäre [, die] der allgemeinen IndividualitätII. Die besondere IndividualitätIII. Die dritte Sphäre, die der Gestalt

XXXIV Einleitung

Dritter Theil OrganismusI. Die geologische NaturII. Die vegetabilische NaturIII. Der thierische Organismus

Dove-Nachschrift

Erster Theil Die Mechanik[1. Raum und Zeit] 2. Endliche Mechanik[3. Absolute Mechanik]

Zweiter Theil Der physikalische KörperErster Abschnitt [Die Individualität in ihrer Allgemeinheit][Zweiter Abschnitt] Reale Individualität der Erde[Dritter Abschnitt] Individualität der Körperlichkeit.

Gestalt

[Dritter Teil] Organik[1.] Geologischer Organismus[2.] Die vegetabilische Natur[3.] Der animalische Organismus

Enzyklopädie II

Erste Abtheilung. Die MechanikA. Raum und ZeitB. Materie und BewegungC. Absolute Mechanik

Zweite Abtheilung. Die Physik.A. Physik der allgemeinen IndividualitätB. Physik der besonderen IndividualitätC. Physik der totalen Individualität

Einleitung XXXV

Dritte Abtheilung. OrganikA. Geologische NaturB. Vegetabilische NaturC. Thierischer Organismus

Während in den vorhergehenden Kolleg-Heften noch gewisse Überschneidungen der Einteilung bestehen, weist die Dove-Nach-schrift grundlegend die Struktur der Enzyklopädie-Fassung von 1827 auf, wobei Hegel (ähnlich wie im Griesheim-Heft) sich natürlich noch an den Paragraphen der Enzyklopädie-Version von 1817 ori-entiert. Die Struktur der Gesamtvorlesung verweist schon deutlich auf diejenige des Mittelteils der Berliner Enzyklopädie von 1827, sowohl hinsichtlich der Gliederung als auch bestimmter inhaltlicher Veränderungen. Die einzelnen Abschnitte der Dove-Nachschrift können dann (weitgehend auch in ihrer Reihenfolge und unter Nutzung der Gehalte von Enzyklopädie I ) in die Paragraphenform der Enzyklopädie II ›komprimiert‹ und gegossen werden.

Hier soll an exemplarischen Fällen die These von Hegels work in progress als auch die These von der spezifi schen Nähe des Konzepts von 1825/26 mit dem aus der Enzyklopädie von 1827 (zumindest mit Indizien) belegt werden. Eine umfassende Bewertung muß künftiger Forschung vorbehalten bleiben, hier soll in erster Linie eine weitere Textbasis geliefert werden.

A) Die vegetabilische NaturB) Animalischer Organismus

Zu A) Die vegetabilische Natur

Anhand eines Textvergleichs der Darstellungen zur vegetabilischen Natur (wobei hier auf inhaltliche Interpretation weitgehend ver-zichtet wird) kann die spezielle Rolle des 1825/26er Kollegs als unmittelbare Übergangsform zur Enzyklopädie 1827 verdeutlicht werden. Zuerst seien §§ 267, 268 und 269 der Heidelberger En-zyklopädie und die §§ 343, 344 und 345 der Berliner Enzyklopädie miteinander konfrontiert:

XXXVI Einleitung

Enzyklopädie 1817

§ 267»Die Allgemeinheit des Lebens und seine Einzelnheit ist in der unm it te lba ren Lebend igkeit unmittelbar ident i sch . Der Proceß der Gegliederung und Selbsterhaltung des vege-tabilischen Subjects ist daher ein Ausser-sich Kommen, und Zerfallen in mehrere Individuen, für welche das Eine ganze Individuum mehr nur der Boden als ihre subjective Einheit ist. Ferner ist deßwegen die Di f fe renz der org an i schen Thei le nur eine oberfl ächliche Metamorphose, und der eine kann leicht in die Function des andern übergehen.« (GW 13, S. 158)

§ 268»Der Proceß der Gestaltung und Reproduction des einzelnen Individuums fällt auf diese Weise mit dem Gattungsprocesse zusammen; und weil sich die selbstische Allgemeinheit, das subjective Eins der Individualität nicht von der reellen Beson-derung trennt, sondern in sie nur versenkt ist, hat die Pfl anze keine Bewegung vom Platze, noch eine sich unterbrechende Intussusception, sondern eine continuirlich strömende Ernäh-rung, sie verhält sich nicht zu individualisirtem Unorgani-schen, sondern zu den allgemeinen Elementen; noch ist sie des Gefühls und animalischer Wärme fähig.« (GW 13, S. 158)

§ 269»Insofern aber das Leben wesentlich der Be griff ist, der sich nur durch Selbstentzweyung und Wiedereinung realisirt, so treten die Processe der Pfl anze auch auseinander. 1) Ihr in-nerer Ges t a l t ung sproceß ist aber theils als positiver, nur unmittelbare Verwandlung der Ernährungszufl üsse in die spe ci fi sche Natur der Pfl anzenart. Theils ist dieser Proceß als Vermittlung um seiner wesentlichen Einfachheit willen die Entzweyung einerseits in das ab s t r ac te A l lgemeine der in sich untrennbaren Individualität als in das Negat ive der Lebendigkeit, die Verholzung; andererseits aber als Seite der

Einleitung XXXVII

Einzelnheit und Lebendigkeit, unmittel bar der nach Aus sen sich specifi cirende Proceß.« (GW 13, S. 158 f )

Enzyklopädie 1827

§ 343»Die Subjec t iv i t ä t , nach welcher das Organische als E in-ze l ne s ist, entwickelt sich in einen objec t iven Orga nis-mus, die Ges t a l t , als einen sich in von e inander unter -scheidende Theile gliedernden Leib. In der Pfl anze als der nu r er s t unm it te lba ren subjectiven Lebendigkeit ist der objective Organismus und die Subjectivität desselben noch unmittelbar identisch. Der Proceß der Gliederung und der Selbsterhaltung des vegetabilischen Subjects ist daher ein Außersichkommen und Zerfallen in mehrere Individuen, für welche das Eine ganze Individuum mehr nur der Boden als subjective Einheit von Gliedern ist. Ferner ist deswegen die Di f fe renz der org an i schen Thei le nur eine oberfl äch-liche Metamorphose, und der eine kann leicht in die Function des andern übergehen.« (GW 19, S. 263)

§ 344»Der Proceß der Gestaltung und der Reproduction des e i n-ze l nen Individuums fällt auf diese Weise mit dem Gattungs-processe zusammen, und ist ein perennirendes Setzen neuer Individuen. Die selbstische Allgemeinheit, das subjective Eins der Individualität trennt sich nicht von der reellen Besonde-rung, sondern ist in sie nur versenkt. Die Pfl anze hat daher keine Bewegung vom Platze, noch eine sich unterbrechende Intussusception, sondern eine continuirlich strömende Ernäh-rung, sie verhält sich nicht zu individualisirtem Unorganischen, sondern zu den allgemeinen Elementen; noch ist sie des Ge-fühls und animalischer Wärme fähig.« (GW 19, S. 263 f )

§ 345»Als Organisches gliedert sich aber die Pfl anze wesentlich auch in eine Unterschiedenheit von abstracten Gebilden […]

XXXVIII Einleitung

und von concreten Gebilden, die jedoch in ihrer ursprüng-lichen Homogeneität bleiben. Die Ges t a l t der Pfl anze, als aus der Individualität noch nicht zur Subjectivität befreit, bleibt den geometrischen Formen und krystallinischer Re-gelmäßigkeit nahe. Der Lebensproceß, der die Einheit dreier Pro cesse ist, tritt gleichfalls wesentlich in einen Unterschied derselben auseinander.Göthe s Met amor phose der Pfl anzen hat den Anfang ei nes vernünftigen Gedankens über die Natur der Pfl anze ge macht, indem sie die Vorstellung aus der Bemühung um bloße Einzelnheiten zum Erkennen der E inheit des Lebens gerissen hat. […] Die interessantesten Aufschlüsse über die Physiologie der Pfl anze leistet theils bereits, theils verspricht das Werk meines Collegen, des Hrn. Prof. C. H. Schu l t z […], das ich um so mehr hier anzuführen habe, als die in den folgenden Paragraphen angegebenen wenigen Grundzüge vornehmlich daraus geschöpft sind.« (GW 19, S. 264).

Die entsprechenden Passagen bei Griesheim und Dove zeigen an, daß sie sich schon im Vorfeld der zweiten Ausgabe der Enzyklopä-die bewegen, der Unterschied zum Uexküll-Heft ist unübersehbar. Der Schwerpunkt wird hier auf dem Dove-Text liegen, obschon vielfältige Übereinstimmungen zu Griesheims Darstellungen fest-zuhalten sind. Anhand einiger Formulierungen und kategorialer Bestimmungen soll die Nähe zwischen Dove-Text und Enzyklo-pädie 1827 sowie die Differenz zur Heidelberger Fassung und zur Uexküll-Nachschrift herausgestellt werden, die wichtigen Umar-beitungen sind hier offenkundig:

a) Subjektivität und »Gestalt«In § 267 (1817) tritt die Kategorie Gestalt nicht hervor, bei Uexküll wird erst an einer späteren Stelle von der vegetabilischen Gestalt als Mitte zwischen kristallischer und freier animalischer Gestalt gesprochen.74 Hegels Rede von 1827 von der »Subjektivität, die sich als Gestalt« entwickelt, bildet eine wesentliche Änderung der

74 Vgl. Uexküll, S. 181.

Einleitung XXXIX

be griff li chen Bestimmung und fi ndet bei Dove folgende Fassung: »Wir haben den Organismus unterschieden als Gestalt, als objek-tive Lebendigkeit und dann als Subjektivität der Einzelnheit. […] Wir haben die Subjektivität und das Gestaltende. Bei der vegetabi-lischen Natur fällt beides in Eins.«

b) Gestalt als »objektiver Organismus«Zur Bestimmung des Vegetabilischen als einer spezifi schen Gestalt, als »eines objektiven Organismus, als eines in voneinander sich unterscheidende Teile gliedernden Leib« heißt es bei Dove: »daß der objektive Organismus und die Punktualität der Lebendigkeit […] in Eins fallen. […] Das vegetabilische Individuum gliedert sich […], die Gliederung in ihm selber« (Dove, S. 107). In den vor-hergehenden Quellen zum Anfang des Vegetabilischen fehlt dieser Terminus ›objektiver Organismus‹, die Pfl anze gilt jetzt als spezielle Formierung der unmittelbaren Identität des objektiven Organismus und der Subjektivität.

c) »Perennierendes Setzen neuer Individuen«Diese neue Wendung im § 344 (1827) hat folgende Vorfassung bei Dove: »die Pfl anze, indem sie zum Organismus sich entwickelt, so kommt sie außer sich, ihre Entwicklung ist eine Vervielfälti-gung. Der Gattungsprozeß ist nur Grenze, daß das Individuum nur wieder mehrere Individuen hervorbringt, der erste Prozeß war das sich hervorbringen des Individuums. Bei der Pfl anze fällt diß nun zusammen, ihre Glieder sind wieder Individuen.« (Dove, S. 108)

d) Die »Gestalt der Pfl anze, als aus der Individualität noch nicht zur Subjectivität befreit«

Diese Charakteristik fi ndet sich nicht im § 269, der sich erheblich von seiner Neufassung – § 345 – unterscheidet. »Eben der Mangel der freien Subjektivität«, so lesen wir bei Dove, »macht, daß das Verhältniß zur unorganischen Natur ein Fortgehendes ist.« »Im Inneren Zellen nach den geometrischen Figuren sich reihend […]. Die abstrakten, verständigen Formen sind noch überwiegend.« (Dove, S. 108)

XL Einleitung

In den Paragraphen aufgenommen wird die Einschätzung von Goethes Metamorphose-Konzept, Goethe habe »Sinn in die Be-trachtung gebracht«, das Problem »sinnig mit der Seele betrachtet« (Dove, S. 107), der Gedanke der Einheit des Lebens spiegelt sich in der Feststellung: »Jeder einzige Zweig ist eine ganze Pfl anze«; »jede Knospe ist eine ganze Pfl anze« (Dove, S. 107).

e) »Die Physiologie der Pfl anzen auf einen höheren Standpunkt gestellt«

An diese Stelle bei Dove schließt direkt der im neuen § 345 enthal-tene Verweis auf die Schrift »Die Natur der lebendigen Pfl anze« (1823) von Hegels Kollegen C. H. Schultz an. Dies erscheint als ein Beleg der für Hegel typischen steten Aufnahme neuer Erkennt-nisse der Naturforschung und deren Berücksichtigung in den natur philosophischen Überlegungen, im Sinne des begreifenden Denkens der Natur. Schon in der Griesheim-Nachschrift wird Schultz von Hegel bescheinigt, daß er ›ebenso gründlich experi-mentirt, als auch mit philosophischem Sinn des Ganze dargestellt‹ habe (Griesheim 234). Bei Dove und im neuen § 345 wird betont, daß Schultz die »Physiologie der Pfl anze auf einen höheren Stand-punkt gestellt hat, daß »die interessantesten Aufschlüsse über die Physiologie der Pfl anze« aus den Forschungen von Schultz hervor-gehen und daß Hegel die anschließenden Paragraphen prinzipiell umgearbeitet hat und die dort fi xierten Grundzüge sich an Schultz’ Theorie orientieren.

Somit sind die Darstellungen zur vegetabilischen Natur einer wesentlichen Korrektur unterzogen und neu konzipiert worden, die allerdings an den Kern einiger Überlegungen von 1817 an-knüpfen, ganz im Geiste von Hegels work in progress. Die Gehalte der Vorlesungen von 1823/24 und 1825/26 sind 1827 in die Form der Paragraphen transformiert und somit auf be griff li che Klarheit und Schärfe gebracht worden.

Einleitung XLI

Zu B) Animalischer Organismus

Zunächst soll auch hier ein kurzer Vergleich der Textgestaltung (1817, 1823/24, 1825/26 und 1827) erfolgen:

Enzyklopädie 1817

§ 274»Die organische Individualität ist erst Subjec t iv i t ä t , inso-fern ihre Einzelnheit nicht bloß unmittelbare Wirklichkeit, sondern ebenso aufgehoben, und als concretes Moment der Allgemeinheit ist, und der Organismus in seinem Processe nach Aussen die selbstische Sonne inwendig behält. Dieß ist die an ima l i s che Natur, welche in der Wirklichkeit und Aeusserlichkeit der Einzelnheit, eben so dagegen unmittel-bar in sich refl ectirte Einzelnheit, in sich seyende subjective Allgemeinheit ist.« (GW 13, S. 160)

Enzyklopädie 1827

§ 350»Die organische Individualität ist erst Subjec t iv i t ä t , in sofern ihre Einzelnheit nicht blos unmittelbare Wirklichkeit und damit eine Vielheit von Individuen, sondern ebenso aufgehoben und als concretes Moment der Allgemeinheit ist, die eigene Aeußerlichkeit der Gestalt zu Gliedern idea l i -s i r t ist, der Organismus in seinem Processe nach Außen die selbstische Sonne inwendig behält. Dies ist die an ima l i sche Natur, welche in der Wirklichkeit und Aeußerlichkeit der Einzelnheit, ebenso dagegen unmittelbar i n s ich re f lec t i r -te s Selbst der E in zel nheit , i n s ich seyende subjec t ive Allgemeinheit ist.« (GW 19, S. 266)

§ 351»daß das Thier S t im me hat, indem seine Subjectivität als w i rk l iche Idealität (Seele) […]

XLII Einleitung

als die in der Bestimmtheit sich unmittelbar allgemeine, e i n-f ach bei sich bleibende und erhaltende Individualität; die existirende Idealität des Bestimmtseyns.« (GW 19, S. 266 f )

Die ersichtlichen Änderungen – der Einschub in § 350 (»die eigene Äußerlichkeit der Gestalt zu Gliedern idealisirt ist«), die Rede von der »Subjektivität als wirklicher Idealität (Seele)« und die kleine Umarbeitung am Ende von § 351 – sind bereits im Dove-Manu-skript präsent, welches aber noch den Hinweis auf § 274 (1817) enthält ! Zur Frage der Idealität der Gestalt fi nden sich im Dove-Text die folgenden Überlegungen: »Im Thier kommt es zu dieser Realität des Be griffs, daß die Unterschiede keine Individuen sind, nicht existieren als diese selbständigen Ganzen, daß also dadurch ihre Existenz nur ein Ideelles ist, nur Bestand hat in der Einheit des einen Individuums. Die Glieder erscheinen außereinander, ihre Existenz aber ist nur eine Erscheinung, ebenso unmittelbar negativ gesetzt und die negative Einheit der Unterschiede ist real, indem eben unterschiedene Glieder sind, und dies macht die Individua-lität zu eigentlicher Subjektivität, die im Thier erst vorhanden ist« (Dove, S. 112). Von Interesse sind ebenfalls die Nuancierungen hinsichtlich der Subjektivität als wirklicher Identität, die Refl exio-nen zu Seele und Leib sowie die Bestimmung der Einfachheit. In der Seele liege die Hauptbestimmheit des Tieres, zugleich ist diese Subjektivität »reell, außer einander im Leib«. »Die Subjektivität des Lebendigen ist so unterschieden von der Realität, Seele und Leib, der ist […] ein sich Idealisieren […], der Leib ist selbst dieses sich Idealisieren […] die Seele ist also im ganzen Leib, und Räumlich-keit ist keine Bestimmung mehr für die Seele« (Dove, S. 113). Die-sen Gedanken konnotiert Hegel mit Negativität und Idealismus »als die allgemeine Grundgestaltung des Lebens« (Dove, S. 107). Die Seele als negative Einheit, das Gefühl des Tiers, bildet die Substanz des Ganzen, das Tier ist der geborene Idealist, was Hegel bekanntlich an verschiedenen Stellen seines Werks immer wieder festhält. Es beweist in seinem Tun die Endlichkeit der Dinge, geht auf diese zu und vernichtet sie. Auch seine eigene Gestalt ist ideell, die Existenz der Glieder »ist nur einen Erscheinung, ebenso un-mittelbar als negativ gesetzt« (Dove, S. 112). Oder an anderer Stelle:

Einleitung XLIII

»Diese Bestimmtheiten des Leiblichen sind damit Bestimmtheiten der Subjektivität der Seele, der negativen Einheit, aber darin sind sie ideell, e i n f ach«. Diese am Ende von § 351 vermerkte Betonung des Einfachen ist schon bei Dove präsent. Die Seele als negative Einheit bleibt »in ihrer Bestimmtheit einfach, bei sich selbst, erhält sich in ihrer Einfachheit, zugleich also auch frei darin. Das Wahre des Gefühls ist, daß die Aeußerlichkeit zuerst reduzirt wird in die Form der Einfachheit« (Dove, S. 113).

W. Bonsiepen hat zu Recht darauf aufmerksam gemacht, daß Hegel für seinen Vorlesungszyklus von 1823/24 eine neue Ein-leitung verfaßte.75 Sowohl der Gliederung als auch den Inhalten nach besteht eine große Ähnlichkeit der Einleitungen bei Gries-heim und Dove. Allerdings unterscheidet sich der unmittelbare Einstieg. Im Dove-Heft beginnt Hegel mit kurzen Überlegungen zum Verhältnis Geist – Natur. Das »dem Geiste ganz Andere« – die Natur – »sich zu eigen zu machen«, erscheint als »schwierigste, ja un auf löslichste Aufgabe«. Das Bewußtsein des Geistes »von seiner Allgemeinheit hat ihn zur Natur geführt, auch in ihr sich zu fi nden, die Natur zu fassen, zu begreifen«. Im Anschluß daran erörtert Hegel die »Weisen, sich zur Natur zu verhalten« (4), die »Verhält-nißweisen«, »Verhaltensweisen«, die drei »Verhaltungsweisen zu Natur« – die natürliche, die wissenschaftlich-physikalische und die philosophische (»die des Geistes zu der Natur«, 4) Erst dann fol-gen die schon bei Griesheim vorkommenden Überlegungen zum theoretischen und praktischen Verhalten.76

75 Bonsiepen, S. 52 f.76 Zu weiteren Aspekten der Einleitung vgl. G. Marmasse: Das Pro-

blem des Allgemeinen in der Einleitung zur Vorlesung über Naturphi-losophie von 1825/26. In: Die Natur in den Be griff übersetzen. Zu Hegels Be griff des naturwissenschaftlichen Allgemeinen. Hrsg. von Th. Posch und G. Mar masse. Frank furt a. M. et al. 2005, S. 73–85.

XLIV Einleitung

Beschreibung der Handschrift

Die Handschrift umfaßt insgesamt 115 Seiten. Es wurde Bütten-papier mit leicht gelblicher Farbe benutzt. Das Papier ist gut er-halten, die Seitenränder fast unmerklich dunkler. Einige wenige Tinten fl ecke sind auch auf den jeweils nächsten Seiten noch zu sehen. Die einzelnen Blätter (18,5 cm breit, 27,4 cm lang) sind zweiseitig beschrieben und wurden wohl in einer Buchbinderei zugeschnitten und auf traditionelle Weise gebunden.

Auf den ungeraden Seitenrändern (durch eine Rille markiert) erscheint ab und zu der Eintrag: »Philosophie der Natur«, gefolgt von einer fortlaufenden Nummer (von 1 bis 13), welche möglicher-weise der Zählung der Vorlesungswochen dient. Der aus Pappe be-stehende Heftumschlag (20 cm breit, 28,3 cm lang) ist schwarz mit unregelmäßigen roten und blauen Mustern. Auf dem Heftrücken oben befi ndet sich ein kleines gelbes Schild mit goldener Aufschrift »Hegel«, unten die Aufschrift »Philosophie der Natur«.

Im Manuskript werden meist nur Präpositionen, Artikel und Wortendungen abgekürzt, ansonsten sind die meisten Worte aus-geschrieben. Bis auf zwei größere Leerstellen auf den Manuskript-seiten 48 f und 84 f gibt es keine Lücken und nur wenige Korrek-turen, welche von Dove stammen.

Zwischenüberschriften, wie sie in der Enzyklopädie in großer Zahl auftreten, fi nden sich im Manuskript nur an wenigen Stellen.

Unterstreichungen einzelner Wörter sind häufi ger; sie werden durch Kursivierungen wiedergegeben.

An einer Stelle des Manuskripts (p. 58) steht die den Wechsel im Kalenderjahr anzeigende Randbemerkung »1826«.

Die Manuskriptseite 32 enthält – eingeleitet durch die Randbe-merkung »p. 34« und ein »+«-Symbol – einen längeren Nachtrag zur Manuskriptseite 34. Möglicherweise ist dieser Nachtrag infolge seines sehr regelmäßigen Schriftbilds als Indiz dafür zu werten, daß mindestens Teile der Nachschrift als häusliche Ausarbeitung entstanden sind.

Für die fehlenden Passagen wurde die ebenfalls aus dem Winter-semester 1825/26 stammende Pinder-Nachschrift herangezogen, um die fehlenden Inhalte im Anmer kungsteil summarisch zu er-

Einleitung XLV

gänzen. Ein systematischer Vergleich der Nachschriften von Dove und Pinder muß einer künftigen kritischen Edition von Hegels Naturphilosophie im Rahmen der Gesammelten Werke vorbehalten bleiben.

Die Herausgeber danken Herrn Dr. Józef Drozd (Direktor des Staatsarchivs Wrocław) für die freundliche Genehmigung der Pu-blikation der Handschriften, Herrn Dr. Siegfried P. Posch (Graz) für die Überlassung einer Ersttranskription des größten Teils des Manuskripts, Frau Mgr. Jadwiga Wilk (Wrocław) für ihre umfang-reichen Recherchen in der Bibliothek Legnica, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Bonsiepen (Hegel-Archiv Bochum) für Hinweise und für die Zustimmung zur Nutzung der Pinder-Nachschrift von Hegels Naturphilosophie (1825/26), Herrn PD Dr. Bernhard Fritscher (München) für die freundliche Erlaubnis zur Zitation aus einem un ver öffent lich ten Manuskript, Frau Dr. Elke Hahn (Berlin) für wichtige Hinweise zu den Anmerkungen.

PHILOSOPHIE DER NATUR

vorgetragen von Hegel, Wintersemester 1824/25

nachgeschrieben von Heinrich Wilhelm Dove

EINLEITUNG

Die Naturphilosophie bringt die Vorstellung einer in neuerer Zeit entstandenen, bereits untergegangenen Wissenschaft [in] uns [her]vor. Man hat aber von je über die Natur gedacht. Die Natur liegt dem Menschen als ein altes Rätsel vor, und dem denkenden Menschen scheint das Natürliche das Härteste, Sprödeste, das Äu-ßerliche, ein Anderes als der denkende Mensch [zu sein]. Die Natur verstehen heißt nichts anderes als sie sich zu eigen zu machen, sie sich zu assimilieren. Das dem Geiste ganz Andere sich zu eigen zu machen erscheint als die schwierigste, ja unauf löslichste Aufgabe. Hier kam eine unübersteigliche Kluft zu liegen. Aber eben dies Fremde reizt den Geist im Gefühl seiner Erhabenheit, dies Äußer-liche zu übermeistern, sich mit diesem fremd Erscheinenden zu versuchen, so daß er sich geistig liebend zu ihm verhalten könne. Das Bewußtsein des Geistes von seiner Allgemeinheit hat ihn zur Natur geführt, auch in ihr sich zu fi nden. Dies hat den Geist ver-anlaßt, die Natur zu fassen, zu begreifen. Die ersten Philosophen Griechenlands haben ihren Schriften den Titel gegeben: Von der Natur. In der neueren Metaphysik hat man einen Teil Kosmologie, [der das Ziel hat,] das Allgemeine in der Natur, aus dem Geist zu bestimmen. Dieser Metaphysik steht gegenüber die Physik, auch eine Erkenntnis der Natur. Naturphilosophie kann man in Bezug auf diese eine Wissenschaft nennen.

Die Naturphilosophie ist eine Wissenschaft der Natur. Bei einer Wissenschaft haben wir das Interesse, uns gewisse Kenntnisse zu erwerben. Wir sagen damit, daß die Kenntnisse die unsrigen sind. Aber wie im juridischen Besitze eine Sache mir gehört, aber doch mir ein Fremdes bleibt, nicht das Meinige ist, eine äußerliche ist,

7 der denkende Mensch ] der der denkende Mensch13 sich mit: über der Zeile19 In der neueren Metaphysik ] In der neuern [ gestr.: Philosophie]

Me ta physik

3 Einleitung 3

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so verhält es sich mit dem Besitz von Kenntnis, die wir haben, aber es sind fremdartige Materien, die darin enthalten sind, wir sind nicht wahrhaft selbst dabei. Bei der Wissenschaft verhält es sich [so:] der Geist ist intolerant, er läßt nichts Fremdartiges in sich gewähren, was ihm als Geist angehört, muß von ihm durch-drungen sein. Er ist in dieser Bedeutung schlechthin selbstsüchtig, daß dies, was er hat, nicht noch ein Anderes für ihn sei, er selbst will als solcher befriedigt sein. Der Geist will nicht in den Besitz von Kenntnissen der Natur kommen, sondern er will nur in der Natur sich selbst fi nden. Bei historischen Kenntnissen bleiben die Dinge außerhalb, der Geist ist nicht selbst in Anspruch genommen, in der Naturphilosophie nimmt der Geist aber ganz sich selbst in Anspruch. Bei geschichtlichen Kenntnissen bleibe ich draußen, ich kann indifferent bleiben, und bei dem vor treff li chen Standpunkt der Unparteilichkeit bleiben. | Der Geist aber nimmt sich selbst in Anspruch. Es muß also über die eigentümliche Erkenntnisweise sich verständigt werden.

Was Natur ist, wissen wir vorläufi g. Dies Feld müssen wir nun in die Erkenntnis weisen.

Der Weisen, sich zur Natur zu verhalten, gibt es mehrere. Wüß-ten wir, was die Natur ist, so wäre die Naturphilosophie etwas Überfl üssiges. Jenes Wissen ist also nur eine gewisse Weise des mit der Natur Bekanntseins. Ehe wir die Natur philosophisch be-trachten, wissen wir nicht, was sie ist. Der Gegenstand ist zunächst auf jene Weise bestimmt. Die Erkenntnisweise muß zunächst also betrachtet werden. Durch die Bestimmung, was Naturphilosophie sei, bekommen wir festen Fuß in Ansehung der Methode und der Behandlungsweise des Gegenstandes.

Man mißbraucht den Namen Philosophie zu mannigfaltiger Weise des Phantasierens, Phantasterei und Formalismus und Rai-sonnements. Diese Manier hat auch das Ganze der Philosophie in die Naturphilosophie gezogen, ist über die Natur hinausge gangen. So ist Philosophieren über das Allgemeine hereingezogen. Schel-ling hat so unter Naturphilosophie oft das Ganze seiner Philosophie

50 Jenes Wissen ] [ gestr.: Es gibt] Jenes Wissen59 das Ganze ] das [ gestr.: P] Ganze

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verstanden, andere haben alle ihre klugen Einfälle hineingezogen. Bei diesen Betrachtungen ergeben sich zweierlei Richtungen, die zu unterscheiden sind:

1) Die eine Richtung des Geistes geht aus von dem empirisch Konkreten, so daß der Geist das Bedürfnis hat, von diesem Aus-gangspunkt auszugehen zum Begreifen der Natur.

2) Die andere Richtung ist die, inwiefern das Bedürfnis ist, vom Be griff zu der Betrachtung der Natur überzugehen.

In der einen Richtung fällt der Akzent auf die Philosophie, in der anderen auf die Natur. [In beiden Richtungen ist wirksam:] Das Interesse, das der Geist überhaupt ist. E in Zweck ist, sich mit der Natur begreifend zu beschäftigen.

Die Naturphilosophie ist ein Teil des Gesamten der Philosophie. Wir gehen aus von unseren bekannten Verhaltensweisen zu der Natur, und wir wollen sehen, was darin enthalten ist. Also [wir suchen] nicht bloß eine psychologische Geschichte dieser Verhal-tungsweise, sondern die Momente in ihm sollen erkannt werden, welche Momente des Be griffes sind. In unserem gewöhnlichen Verhalten sind immer die Momente des Geistes enthalten, aber abstrakt, vereinzelt. Die Vereinigung dieser Momente wird es sein, aus der das resultiert, was die Natur des Be griffes ausmacht, unser Werkzeug, mit dem wir uns der Natur bemächtigen wollen. Wir haben drei Verhaltungsweisen: die natürliche Verhaltungsweise, das wissenschaftliche Verhalten, das seine Darstellung in der Physik hat, die dritte ist die philosophische, die des Geistes zu der Natur.

Was das Erste be trifft, so ist es bekannt, [es gibt] ein praktisches und theoretisches Verhalten zu der Natur, bei dem wir noch nicht die Frage stellen: Was ist die Natur? Das praktische Verhalten ist das Verfahren mit den wirklichen Dingen, daß wir sie gebrauchen | und verbrauchen, verwenden für unsere Zwecke, unsere na tür-

73 Hervorhebung hinzugefügt76 von unseren ] von [ gestr.: d] unsern76 Verhaltensweisen ] Verhältnisweisen83 des Be griffes ] des [ gestr.: M] Be griffes90 Frage ] Fragen90 stellen: Was ] machen, was

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lichen Bedürfnisse. Die Not, der Witz des Menschen hat eine un-endliche Mannigfaltigkeit von Verwendungsarten erfunden. Doch wird nur einzelnes verwendet, das Allgemeine kann der Mensch nicht gebrauchen, verzehren, er kann seiner nicht Meister werden. In diesem Verhalten sind wir Zweck nach unserem geringsten Bedürfnisse, und wir sind überzeugt, das Recht zu haben, das Natürliche zu Mitteln zu nehmen, denen wir nicht zuschreiben, daß sie Selbstzwecke sind, sondern das Selbständige sind wir. Wir lassen die Dinge nicht, wie sie sind, wir verändern, vernichten sie. Diese unsere Bedürfnisse vernichten die natürlichen Dinge, setzen sie als Ideelles, als etwas, das nicht an und für sich Realität hat. Das Bedürfnis, die Begierde ist der empirische Idealist; und das Verbrauchen ist das reellste Idealisieren der natürlichen Dinge. Das Idealisieren ist im Alltäglichsten vorhanden, nicht etwa bloß so etwas Innerliches. Die Dinge als Erscheinungen, Schein zu nehmen, ist das tägliche Tun der Menschen. Unser Selbstgefühl wird dabei hergestellt, [ein] Bedürfnis setzt irgend eine Negation in uns voraus, eine Entzweiung, wo in unserem affi rmativen Lebensgefühl ein Bedürfnis ist, so ist eine Entzweiung da, die wir aufheben, indem wir das Bedürfnis befriedigen.

Das zweite, nur mittelbar natürliche Verhalten, das theoretische Verhalten, ist, daß wir sie mit den Sinnen wahrnehmen. Hier fängt sogleich das Praktische an, so können wir nur etwas schmecken, indem wir es vernichten. Das Hören hat es mit etwas Vorzügli-chem zu tun, das Sehen ist im Theoretischen. Nach dem theore-tischen Verhalten behandeln wir die Dinge als seiende, und das ist die entgegengesetzte Bestimmung gegen das praktische Verhalten. Die Vorstellung, die wir von ihnen bekommen, ist auch eine Idea-lität, bei dieser Idealität aber beharren die Dinge, ihr Inhalt ist zu dem unsrigen gemacht, zu etwas Subjektivem, wir lassen sie aber sein, sie sind für uns nach der theoretischen Seite undurchdring-lich, wir lassen sie drüben. Beide Verhaltungsarten sind sinnliche Verhaltungsarten, zunächst, weil wir uns durch die Sinne zu ihnen verhalten. Die Frage nun ist, was das Bestimmende darin ist, und

99 zu Mitteln ] zum Mittel116 hat es mit etwas ] hat etwas mit etwas

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das ist eben die äußerliche Einzelheit, itzt, hier, dieser Gegenstand. Das sind die Momente.

Das praktische Verhalten hat die Überzeugung, daß die Dinge nicht substantiell sind, das theoretische aber nimmt sie an als seiend. Dieser Unterschied erstreckt sich auch auf das höhere praktische und theoretische Verhalten. Im Praktischen haben wir Zwecke, Pläne, Absichten, die ausgeführt werden sollen in der äußerlichen Welt. Wir nehmen also an, daß die Dinge nicht seien wie sie sein sollen, sondern unsere Zwecke sind das Geltende, so daß die Dinge w i r verändern sollen, so wie in der Begierde wir Zweck sind. Im höhern theoretischen Verhalten sollen unsere Vorstellungen sich richten nach den äußeren Dingen. Von den Sinnen gehen wir zu | Vor stellungen und Refl exionen. Schon in den Vorstellungen fi n-den wir, daß sie etwas Allgemeineres sind als die sinnliche Wahr-nehmung. Z. B. Löwe, die allgemeine Vorstellung von ihm kön-nen wir nicht wahrnehmen, es ist immer darin nur eine sinnliche Individualität. Weiter aber verstärkt sich die Allgemeinheit in der Refl exion, und da treten wir [ein] in die Wissenschaft über die Natur.

Denken ist die Tätigkeit des Allgemeinen, Allgemeinheit zu pro-duzieren, das Besondere in Allgemeines zu verwandeln. Zunächst unmittelbar, obgleich es hernach wieder bestimmend ist, tritt [es] auf als Verallgemeinerung; Denken als Tätigkeit nur des Verallge-meinerns ist der Verstand. Das Denken dringt ein, durch es wird die Vereinzelung aufgehoben. Die Vereinzelung, die wir Lebendigkeit nennen, wird dadurch ertötet. Das Denken sucht die Gattung auf, Ursache und Wirkung, Gesetze, Kräfte der Natur, mathematische Formeln [treten] an die Stelle der lebendigen Natur. Der Reichtum der natürlichen Gegenstände wird reduziert auf ein Minimum, die Frühlinge lassen wir ersterben, das bunte Farbenleben erblaßt, die lebendige Regsamkeit verstummt in der Stille des Gedankens.

Wenn wir sehen, was bei diesem Tun unser Zweck ist, so war unser Zweck, die Natur zu erkennen, dieses Refl ektieren über Na-tur, dieses Reduzieren scheint gerade das Gegenteil hervorzubrin-

133 Pläne ] Plane136 Hervorhebung hinzugefügt

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gen. Wir wollen die Natur erkennen wie sie ist; wenn wir uns so verhalten, so lassen wir sie nicht, wie sie ist, wir verändern dieselbe. Wir heißen es wahrnehmen, nehmen, wie sie wahr sind, so aber nehmen wir sie nicht wie sie wahr sind, die natürlichen Dinge in ihrer Wirklichkeit sind einzeln, die Gedanken sind etwas anderes. Außerdem sind diese Gedanken auch etwas Subjektives, wir sind die Denkenden, diese Gedanken sind uns, dem Menschen, eigentüm-liche, wir schaffen die Dinge also um zu etwas uns Eigentümlichem. Dies ist also etwas Heterogenes. Wir setzen an die Stelle der Dinge Produktionen unserer selbst, wir gewinnen also nur das Unsrige, nicht das, was wir wollen, die natürlichen Gegenstände. Refl ek-tieren wir auf diesen Widerspruch, daß wir bei solchem Verhalten nur unsere Bestimmungen an die Stelle setzen, und halten diesen Unterschied fest, so halten wir uns für uns und lassen die natür-lichen Dinge drüben stehen, so daß wir sie für etwas uns Fremdes, uns Unerreichbares nehmen. Denn wir wollen sie erreichen mit dem Gedanken, der produziert aber nur den Gedanken, und der ist das direkt Andere. Dies ist in der Kantischen Philosophie vor-züglich geltend gemacht. Lassen wir uns dazu verleiten, diese Kluft zu überspringen, so ist die Kluft damit doch nicht erfüllt. Dadurch lassen wir uns dazu verleiten, sie denkend zu erfassen.

Das ist also der Punkt, | worauf es ankommt; wie ein Erfassen möglich ist, wie sie sind, ob wir sie gleich verändern. Unser Zweck wäre also, unser Verhalten zu rechtfertigen. Gegen wen haben wir es zu rechtfertigen? Zuerst gegen unser sinnliches und praktisches Verhalten, doch haben wir von dem Denken die Vorstellung, daß es nicht sich zu rechtfertigen hat gegen das Sehen, Hören und Schmecken, sondern umgekehrt. Über das sinnliche Verhalten geht das Denken hinweg. So gibt man im Religiösen zu, daß das sinn-liche Verhalten nicht das rechte [sei]. Gegen die Phantasie haben wir es auch nicht zu rechtfertigen. Sie hat ihr eigenes künstlerisches Reich und Gefi lde.

Hier soll aber gedacht werden, und wir sehen das Denken als die höchste Weise des Verhaltens, und so appellieren wir an das

166 Außerdem ] [ gestr.: Diese] Außerdem189 So gibt man ] [ gestr.: Da] So gibt man

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Vorurteil, daß durch das Denken wir erst erfahren, was die Dinge sind. Die Physik macht sich desselben Verbrechens schuldig, das Allgemeine in der Natur zu fi nden, das Allgemeine ist aber Produkt des Denkens. Das praktische Verfahren nahm die Dinge als solche, an deren Realität es keinen Glauben hat, das praktische Verhalten verhält sich ganz idealistisch, ganz negativ. Es kommt also an auf das Moment der Negation, auf dies Moment der Veränderung. Aber eben das praktische Verhalten verhält sich nur verzehrend, nur ne-gativ, das ist die Einseitigkeit der Begierde, im theoretischen gelten die natürlichen Dinge vielmehr als reelle. Hier ist also die Realität, das Bestehen der äußeren Dinge das Überwiegende. Das theore-tische Verhalten verehrt die Dinge. Hier sind beide Momente des Bestehens des Seins und des Negierens. Im sinnlichen Verhalten sind diese beiden nun gesondert. Das Denken ist nun dieses, welches die beiden Momente in sich vereinigt, das sinnliche Verhalten kann sich also nicht dem Denken gegenüberstellen, da es als die abstrak-ten Momente im Denken sind. Das Denken löst den Widerspruch auf durch die Vereinigung beider Momente. Der Widerspruch ist keine Schande, sondern nur, daß er nicht aufgelöst ist, und das ist der Unverstand des sinnlichen Verhaltens. Auf lösung muß etwas haben, was aufgelöst wird, also muß der Widerspruch noch da sein. Das refl ektierende Verhalten verändert also die Dinge und läßt sie auch bestehen, [es gibt da also ein] positives und negatives Mo-ment, [dies ist] der Standpunkt der physikalischen Wissenschaften überhaupt.

Die Physik als Wissenschaft ist denkende Betrachtung der Natur, und insofern hat sie den Boden mit der Naturphilosophie [gemein-sam]. Sie erfi ndet das Allgemeine durch Nachdenken. Sie beruht auf Erfahrungen. Diese haben zwei Momente. Sinnliche Wahrneh-mungen, itzt, einzeln, dann aber daß es nicht nur itzt gibt, sondern allgemeine. Die Hauptsache also ist, daß die Physik das Allgemeine zum Gegenstand hat und auch das abstrakte Allgemeine. Gesetze,

196 Die Physik ] Die [ gestr.: Dinge] Physik211 sic216 Verhalten ] Verhandeln226 und auch das ] und [ gestr.: d.] auch das

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welches nicht in der sinnlichen Wahrnehmung vorkommt. Die Entdeckungen Keplers, Galileis be treffen so das Allgemeine. | Das Allgemeine in dem Besonderen zu erkennen, und dessen bewußt zu werden, darauf geht die Physik aus. In besonderen Gegenstän-den sprechen wir auch von Kraft, in der Wahrnehmung sind nur Einzelheiten, die wir Erscheinungen nennen. Die Fortsetzung der Beobachtung entfernt das Unwesentliche, so daß die Prinzipien für sich abstrakt heraustreten. Positive und negative Elektrizität sind abstrakte Bestimmungen, so reinigt konsequente Beobachtung von sinnlichen Bestimmungen. So gal t[en] Chemismus, Elektri-zität, Magnetismus als verschiedene Verhaltungsweisen, die jetzt schwer nur noch von einander zu trennen sind, sich mehr in eine allgemeine Bestimmung zusammenfassen.

Was nun den Unterschied der Naturphilosophie und der Physik be trifft, so ist jene beg re i fende, diese denkende Erkenntnis der Natur. Man sagt, die Physik sei empirisch; das ist einerseits ganz richtig, aber sie stellt die Tatsachen dar als der Einzelheit verbunden. Die empirische Allgemeinheit ist das, was man Allheit nennt, so daß alle Individuen der Erscheinungen sich so verhalten haben. Von sich selbst versteht sich aber, daß man nicht alle Fälle beobachtet. Mit »All« geht man leichtsinnig um, es ist immer eine Analogie die gebraucht, oder der tiefere Be griff macht sich darin geltend.

Was nun aber das be trifft, daß die Philosophie nicht empirisch sei, [sondern] a pr ior i ersehe aus dem Be griff, so sagt man dies andererseits zum Tadel der Philosophie. Indem man sagt, die Phy-sik erkenne das, was sei, was sich fi nde, so muß das nicht so ge-nommen werden, als ob das, was die Philosophie erkennt, nicht auch wirklich sei, nicht auch der Erfahrung gemäß sei. Es wäre eine traurige Philosophie, die nur solches erkennte ausspräche und dächte, was nicht ein Wirkliches wäre. Man nennt dies[,] schöne Gedanken haben. Was [durch] den Be griff erkannt ist, ist wirklich, die Idee das allein Wirkliche. Umgekehrt ist das dem Be griff nicht Gemäße eine traurige Existenz.

234 Positive ] [ gestr.: N] Positive253–254 nicht auch ] auch nicht254 nicht auch ] auch nicht

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Wenn man sagt, die Philosophie habe die Erfahrung nötig, so ist dies einerseits wahr; man wirft der Philosophie vor, daß sie auf diese Weise dick tue, doch hat sie zur ihrer Existenz die Erfahrung nötig. Wahrnehmung ist freilich keine Beglaubigung, kein Beweis, aber die Philosophie bedarf der Physik, der Erfahrung. Der Gedanke, der Be griff ist wesentlich Resultat, wesentlich ein Vermitteltes, aber so, daß nicht als absoluter Gegensatz dargestellt werde das Unmit-telbare und Vermittelte. Alles, was selbständig ist, frei ist, hat eben so die Bestimmung, Resultat zu sein. So weiß jedes Individuum, daß es gebildet worden, erzogen worden ist, Resultat der Zeit ist. So sind wir Resultat unserer deutschen Bildung, dessen ungeach-tet ist es [das Individuum] ein Selbständiges, und zwar geworden. D. h. daß es sein Hervorgegangensein ebenso aufgehoben hat und sich aus sich bestimmt hat. So sind die großen Geister Ausgangs-punkte, aber auch Resultat, vielmehr um Ausgangspunkt zu sein, muß er Resultat sein. So ist der Mensch frei, und doch geboren. So ist die Naturphilosophie, gerade, indem sie angefangen hat, von der empirischen Physik, von der Erfahrung [abhängig]. Die Natur-philo so phie unserer Zeit hat die Eigentümlichkeit, daß sie die Be-stimmtheit der Gegensätze, der Unterschiede, vollkommen in sich enthalten muß, begreifen und fassen muß in | ihrer vollständigen Entwicklung. Das kann sie nicht, ohne daß sich der Gegensatz vollkommen ausgebildet.

Das Erste, was man Naturphilosophie nennt, ist Theogonie, Kosmo gonie, Mythologie, die ersten Stamina, die allgemeinsten Prinzipien, aus denen alles hervorgegangen ist, die durch ihre Ent-wicklung die weiteren Gestaltungen produziert haben. Was wir aber näher Naturphilosophie nennen, so drückt die Naturphilo-sophie die allgemeine spekulative Idee aus, das, was der Erschei-nung der Idee näher steht. In dieser substantiellen Einheit sind die Unterschiede noch nicht zu ihrem Rechte gelangt. Das spätere Stadium ist die Refl exion, wo der Geist in seinem Verhalten zur Natur über gegangen ist zum Vereinzelten, Bestimmten, sich be-schäftigt mit der Beobachtung des Endlichen in seiner gegenseitigen

280 Am Rande: Philosophie der Natur 2280 ihrer vollständigen ] seiner vollständigen

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Abhängigkeit. Das ist die andere Seite zu jener eingehüllten festen Idee. Diesem Zweiten dann, dem Verlust des Be griffes in dem End-lichen, gehört die Bestimmtheit als solche zu, lauter Endliche ohne Einheit. Das Dritte ist die Resumtion dieses Außereinander in die Einheit der Idee, nicht mehr jene substantielle Einheit, sondern die in sich haben muß die Totalität der Bestimmtheit. Diese Idee setzt also diese Endlichkeit, Bestimmtheit voraus, die sich für sich hat konstituieren müssen, und diese Endlichkeit enthält den Reiz des Suchens ihrer Einheit, die eben [daraus] hervorgeht. So ist die Naturphilosophie ein Resultat des Endlichen. Darum ist sie aber nicht weniger der freie Be griff, der von sich ausgeht und sich ent-wickelt. Hierher ist nun drittens dieser Unterschied zu betrachten und das Bedürfnis, warum von der Physik fortgegangen wird zur Naturphilosophie. Die Physik enthält selbst eine Metaphysik, und die Veränderung bezieht sich darauf, daß die Kategorien die Phy-sik übersetzt werden in andere Kategorien, die der philosophische Be griff sind.

Wir haben aufmerksam gemacht auf den Unterschied von Form und Inhalt. Die Formen sind Formen der Allgemeinheit: Gesetze, Kraft, das andere zu dieser Form ist der Inhalt, z. B. Fall der Kör-per, Anziehungskraft u. s. w. Kraft ist die Kategorie, Bestimmtheit dieser Kategorie ist elektrische Kraft. Der Inhalt kommt einer-seits der Wahrnehmung zu, aber zugleich wird diese Wahrneh-mung auch nicht gelassen, wie sie ist, sondern sie wird formiert, und diese Form ist die Allgemeinheit überhaupt. Die Physik will diese Metaphysik nicht Wert haben. Newton sagt, [Physik,] hüte dich vor Metaphysik. Die Franzosen sagen: ma i s c’e s t [ de ] l a mét a phy s ique. Aber diese Physik schließt sich ein, denn der Mensch ist [nun] einmal denkend, und Denkbestimmungen sind Kategorien, Metaphysik. Kraft gilt auch in der Physik als etwas Objektives, das Gesetz der Himmelskörper als immanente Seele, Substantielles in den Körpern selbst. Es sind unscheinbare Formen

295 Diesem Zweiten dann, dem Verlust ] Dieses Zweite dann, der Verlust

316 aber zugleich ] aber [ gestr.: die] zugleich324 immanente Seele: über der Zeile

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da und doch bestimmte Denkformen. Z. B. haben wir zwar nichts Arges daran, wenn wir sagen, daß etwas aus Teilen besteht, wir sagen Farbe, dann Färbe stoff, was eine ganz andere Kategorie ist. Die Blume hat auch Gestalt, Blätter, Geschmack, was wir dann als ätherisches Öl als Stoff herstellen usf. Dies »Bestehen« ist eine unscheinbare Kategorie, und wenn wir sie lebendig fassen, so sagen wir die Blume ist eine Lebendigkeit, und heben so alle diese Tren-nungen wieder auf, die wir gemacht [haben]. | Solche objektive Verhältnisse kommen in der Physik vor, so z. B. eine Selbständigkeit von Vielen, die man Teile nennt. Das Ganze besteht aus Teilen, die Teile aber sind solche, die für sich selbst bestehen. Das Verhältnis der Einheit wird also gefaßt als ein Zusammengesetztsein. Es ist die Analyse, die aber diese Unterschiede heraushebt, und sie dann ferner hier als selbständig betrachtet. Dasselbe fi ndet statt, wenn man sagt, die Seele besteht aus Vermögen, so daß sie für sich wirken in einem Zweck, aber zusammenkommen doch jede für sich. So läßt also das Zusammengesetzte das Selbständige unverkümmert. Das Einfache ist diesem nun entgegengesetzt. So wird das Licht als einfach bestimmt, oder als zusammengesetzt, wo dann die Farben das Selbständige sind.

Die Kategorie der Materie gehört ebenfalls zur Metaphysik der Physik. Die Materie wird vorgestellt als ein Selbständiges, gegen mich, gegen Anderes Widerstand leistend. In Beziehung auf Be-wegung hat sie eine bestimmte Richtung. So ist die Materie eine abstrakte Selbständigkeit. Dieser gegenüber steht also eine bloße Relation, so wird gefragt, ob die Wärme entspringe durch die Relation selbständiger Körper als eine Materie. Eine schließt die andere aus, eine Materie erscheint nicht als Relation, Relatives ist nicht selbständig. So ist das Hörbare bloß eine Relation. Diese Kategorien sind so einander entgegengesetzt, und es ist also die Frage, ob ein Inhalt unter diese Kategorien zu setzen ist oder nicht. Auf diese Verhältnisse kommt es in der Metaphysik der Physik an. Es ist dabei die Voraussetzung, daß eines das andere ausschließt.

342 das Selbständige unverkümmert ] unverkümmert das Selbststän-dige

356 oder nicht ] oder nicht entweder, oder kommt einer vor

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Der Logik fällt anheim, diese Kategorien zu würdigen. In der Physik gilt dies für richtig, es ist eine Voraussetzung, ein Vorurteil, der Zweifel entsteht nicht über sie, sondern nur darüber, wohin der Inhalt gehört, der Mangel in ihm ist noch zu suchen, der eben der Reiz ist, zu anderen Bestimmungen zu gehen.

1) Diese Kategorien sind allgemeine Bestimmungen: Kraft, Ge-setz, Gattung.

2) Diese allgemeinen Bestimmungen haben irgendeinen Inhalt, Kraft der Elektrizität, Gesetz der Schwere, Gattung animalischer, vegetabilischer, mineralogischer Natur. Wir haben also diese zwei Bestimmungen. Das Wesentliche ist dieses, daß in diesen Katego-rien die allgemeine Bestimmung und der Inhalt ganz gleichgültig sind. Aus dem Be griff von Kraft soll nicht entwickelt werden, was es für Kräfte geben kann, sondern dies soll die Erfahrung geben. Diese allgemeinen Bestimmungen sind also abstrakt, unbestimmt, sie erfüllen sich nicht durch sich selbst, sondern der Inhalt muß anderswoher kommen. Diese Bestimmungen sollen also fest sein, sie fallen nicht weiter hierher, der Inhalt soll anderswoher kom-men So hat man z. B. festgesetzt die Allwichtigkeit des Fortgan-ges: »In der Natur gibt es keinen Sprung«. Diese Allgemeinheiten sind aber nicht erfüllt. So könnte es z. B. mehr Gattungen geben. Diese Gleichgültigkeit der Formen der Allgemeinheit und des In-halts – des Besonderen – fi ndet statt. Ebenso fi ndet zweitens statt Gleichgültigkeit des Inhalts: Elektrizität, Chemismus, Magnetis-mus. So stand der Magnetismus als zufälliges Kapitel da. Newton hat sich eine große Ehre erworben, das Gesetz der Anziehungs-kraft gefunden, eine formelle Bestimmung, d. h. daß ein anderes sich wesentlich auf | ein erstes bezieht, sich also ihm nähert oder zu nähern bestrebt [ist]. Es ist eine formelle Beschreibung des Geset-zes überhaupt, wo eine Bestimmung eine wesentliche Beziehung auf eine andere hat. So das Gesetz des Falles s = at². Lagrange sagt,

359 Der Logik ] [ gestr.: Die Frage ist] Der Logik379 nicht erfüllt ] also nicht erfüllt381 des Besonderen ] und des Besonderen385 ein anderes ] [ gestr.: d] ein anderes387 bestrebt ] beschreibt

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das nächste Verhältnis, [das] der Kuben, kommt nicht mehr vor. Hier ist [es] also gleichgültig, ob ein anderes Gesetz noch existiert oder nicht. So ist also [auch] das Besondere gleichgültig gegenein-ander, ob es noch mehr Arten gibt oder nicht. Das ist also das Eigen-tümliche der Kategorien. Diese Gleichgültigkeit ist es, woran sich die Forderung des Geistes stößt. Schon das Gefühl der Lebendigkeit konfundiert diese aus der Analyse Entsprungenen in eine Einheit. Wir fassen eine Blume als e i n Subjekt, wenn auch diese Vielhei-ten als selbständige gesetzt werden. E in Puls, e i ne Lebendigkeit durchdringt sie, aber es ist die Forderung der Selbständigkeit, die der Be griff macht gegen dies Außereinandersein. Denn wenn der Unterschied nur für sich selbständig besteht, so heißen wir das Verhältnis untereinander Zufälligkeit. Dieser Zufälligkeit setzt der Gedanke die höhere Kategorie der Notwendigkeit entgegen. Die Kategorie der Allgemeinheit setzt hingegen das Denken entgegen der Einzelheit[,] in der sich die natürlichen Dinge zeigen.

Die Kategorie der Notwendigkeit als zweite kommt auch in der Physik vor. Gesetzt[sein] z. B., eine Bestimmung ist gesetzt, [so etwa] der Raum, mit der unzertrennlich die Bestimmung der Zeit gesetzt [ist]. Eine allgemeine Form ist die, die man Polarität genannt hat, vom Magnetismus hergenommen, daß die Pole auf besonderen Stellen sind, und danach, wenn man sie zerschneidet, um beide für sich zu haben, so hat das Stäbchen wieder beide Pole. Dies sind Unterschiede, einander entgegengesetzt, aber sie sind ebenso unzertrennlich, d. h. eine Identität, oder im Nordpol steckt schon der Südpol, und in diesem jener. Zur Existenz des Südpols gehört ein Nordpol, einer ist mit dem anderen nicht weg zu bekom-men. Dies ist Notwendigkeit überhaupt, unterschiedene Gestalten, Eigenschaften, die doch, ohngeachtet sie erscheinen für sich, doch nicht ohne einander erscheinen können, so daß das Wahrhafte

390 das2 ] das [ gestr.: daß]390 Kuben ] Kubi397 Hervorhebung hinzugefügt398 Hervorhebungen hinzugefügt416 einer ist mit dem anderen ] einer ist [ gestr.: d.] mit dem andern418 erscheinen für sich ] erscheinen [ gestr.: selbstständ] für sich

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die Identität beider ist. Die Notwendigkeit ist also näher der Be-griff, den wir damit aufgefaßt haben. Auf ihn kommt es an. Die Naturphilosophie ist nicht bloß Denken der Natur, sondern be-greifendes Denken der Natur. Um die Notwendigkeit ist es uns endlich in der Philosophie zu tun. Die gewöhnliche Vorstellung von Not wendigkeit ist noch nicht genügend. Man meint, die Natur des Geistes habe darin ihren Unterschied von der Natur. Die Not-wendigkeit ist schon der Be griff selbst, aber nicht in der Form des Be griffs. Zur Notwendigkeit gehören in der Vorstellung zweierlei Existenzen, [z. B.] Nordpol und Südpol, Verbrechen und Strafe, beide verschieden voneinander. Das Andere ist, daß diese schlecht-hin verbunden und unzertrennbar sind, daß keiner ist, ohne daß der andere nicht [auch] wäre. So schlechthin selbständig sie sind, ebenso sind sie schlechthin [eins] miteinander, [eines ist,] insofern das andere ist. So Säure und Basis. Unterschiedene, die schlechthin untrennbar sind, sind [sie]. Die Relativität ist wesentliche Bestim-mung zur Notwendigkeit. Eines ist, insofern das Andere, sein Ge-genteil, existiert, ebenso also die Unselbständigkeit beider, | dieser Widerspruch, ist die Notwendigkeit selbst.

Wenn beide Existenzen nun untrennbar sind (im negativen Ausdruck), so ist das Affi rmation, ihre Idealität, ihre Einheit. Dies Wort ist verrufen. Insofern wir nun das Bewußtsein haben, daß sie identisch sind, so liegt darin dies, daß in jeder Seite auch die an-dere enthalten ist, denn sie sind nur, insofern sie relativ sind. So ist das Organische nur, insofern es sich auf ein Anorganisches bezieht. Jede besondere Existenz enthält ihre andere, und in ihr ist auch die andere zugleich zu erkennen. Nicht e i n Anderes, sondern se i n Anderes ist in jedem. Insofern jedes als Besonderes für sich selbst auch das Andere enthält, so haben wir auch noch Notwendigkeit, aber mit der Bestimmung, daß das Andere in dem mit ist, und das ist Freiheit, Be griff, und dies ist der Übergang von der Notwendigkeit zur Freiheit. So sagt z. B. der Mensch, er sei gezwungen, insofern

420 die Identität beider ist ] ist die Identität beider433–434 über der Zeile: in so fern das andre ist442 sind ] haben446 Hervorhebungen hinzugefügt

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eine fremde Gewalt auf ihn einwirkt. Insofern er gebunden ist an eine andere, nicht existieren kann ohne das Andere, so ist er der Notwendigkeit untertan, so z. B. der Mensch als Freier und seine Bedürfnisse, die ein Anderes sind, oder der Mensch gehorcht in dem Staate Gesetzen; wenn sie für ihn sind als fremde Gewalt, als Anderes, zu dem er sich als ein anderer verhält, so erkennt er sich für nicht frei. Der Böse also hat das Gesetz als etwas Anderes, wo er gehorcht ihm als einer Kraft, wo sein Wille nicht ist, worin er sich nicht selbst hat. Der Mensch aber, der dem Gesetze der Sittlich-keit gehorcht, dies Gesetz also seiner Vernunft, seinem Gehorchen gemäß fi ndet, so ist dies zwar ein Anderes, aber es ist zugleich sein eigener Verstand, sein eigenes Wollen. Das Gesetz ist an und für sich, es macht sich geltend ohne ihn, aber es ist sein Wesen, und er ist frei, indem er das selbst auch aus sich will.

Einheit ist dasselbe also, was Notwendigkeit ist, bei der letzten aber sind die beiden Bestimmungen als äußerlich gegeneinander. So sind zwei Körper undurchdringlich für einander, in der Ver-einigung der Berührung leisten sie einander Widerstand, bleiben einander schlechthin äußerlich, das Sch ick s a l der Alten gehört hierher. Was als Gewalt an mich kommt, ist ein Fremdes, was ich nicht begreife, worin ich meinen Willen nicht habe. Der Mensch kann sich vom Schicksal nicht losmachen, diese Identität ist eine diamantene Macht, [eine] fremde, in dem die beiden haben die Bestimmung eines Fremden gegeneinander. Die Freiheit aber ist, daß die zwei, die sich zueinander verhalten, verschieden sind, jedes aber sich selbst hat, so daß das Andere ein Anderes hat, aber dies Andere zugleich nicht ein Anderes ist. So bin ich nicht die Ver-nunft an sich, aber ich bin auch Vernunft, sie ist ein Anderes gegen mich, aber auch nicht ein Anderes. Der Verbrecher erkennt in der Strafe das Recht, und dies ist sein eigenes Recht. Insofern er sie als gerecht erkennt, so erkennt er seinen eigenen vernünftigen Willen darin, und ist darin frei. Die Freiheit drückt von dem Be griff nur die Art und Weise des Verhaltens aus.

453 das Andere ] das [ gestr.: und] andere470 Hervorhebung hinzugefügt474 Macht ] Fracht481 Strafe ] Sache

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Der Be griff ist das Konkrete. Gewöhnlich nimmt man [den] Be griff für eine abstrakte Kategorie. | Der Be griff ist aber konkret in sich selbst, denn er hat solche Unterschiede, die aber in einer Einheit gesetzt [sind], die in sich bestimmt ist. Dies ist spekulati-ves Denken, das ist [die Momente] ununterschieden in ihrer Ein-heit festhalten; Refl ektieren ist diese Unterschiede auffassen. Man denkt nur abstrakt, wenn man diese für sich betrachtet. [So etwa, wenn man für sich festhält:] Positiv, negativ, Ursache, Wirkung, zusammengesetzt, einfach. Das spekulative Denken erkennt in einem sein Anderes. Der Be griff an und für sich ist das, was wir durch und durch in der Natur erkennen wollen, dessen Entwick-lung wir betrachten in dem Elemente, dem die Natur angehört. An diese Abstraktion wollen wir das knüpfen, was das subjektive Verhältnis und Bedürfnis des Erkennens ist, indem es sich an die Natur wendet.

In Beziehung auf das Vorhergehende kann noch bemerkt wer-den: das Allgemeine, wie es sich [in] der Refl exion fi ndet, ist das Abstrakte, es fi ndet das Besondere nicht in sich, sondern außer sich. Wie die Kraft der Natur be schaffen sei, ist nicht durch das Allgemeine gegeben. Ebenso ist das Besondere gleichgültig gegen-einander. Dies Allgemeine hat [es] nötig, sich an die Erfahrung zu wenden, um sich zu erfüllen. Der Be griff ist das Konkrete, das Allgemeine, welches die Tätigkeit ist, sich selbst zu bestimmen, zu besondern, von sich zu unterscheiden. Die Gleichgültigkeit der Besonderheit und der Allgemeinheit ist nicht mehr, sondern es bestimmt sich selbst, besondert sich selbst, und die Unterschiede, die das Allgemeine sich gibt, sind unmittelbar zusammengebun-den. Aus der Quelle der Einheit geht Unterschiedenes hervor, das heißt das Eine setzt zwei. Der Be griff hilft diesem Mangel also ab, er ist der lebendige Quellpunkt, der sich belebt, dieser Puls, sich zu besondern, Unterschiede zu setzen.

Zweitens ist noch zu bemerken, wir unterscheiden theoretisches und praktisches Verhalten, [dies ist aber] einseitig, da jedes nur eine Seite der Totalität enthält. Diese Momente sind noch unterschieden.

491 nur abstrakt ] nur nur abstrakt504 Allgemeine gegeben. ] Allgemeine gegeben

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Beim Theoretischen verhalte ich mich zum Besonderen, das es ist. Die ich sehe, fühle, sind Einzelheiten, die außereinander bestehen, gleichgültig für sich, so im Raum ist der Raumerfüllung gleich-gültig, ob etwas daneben ist oder nicht. Das praktische Verhalten enthält das Moment des Negativen, wohingegen im theoretischen alles positiv ist. Im Praktischen negiere ich Dinge, assimiliere sie nur nach dem unmittelbaren Bedürfnis. Da ist also Negativität und Positivität jede für sich. Der Be griff nur ist die absolute Ver-einigung, die Identität der Unterschiedenen, diese sind negiert in ihrer Einheit. Das andere Moment ist das Unterschiedensein. Der Be griff ist wesentlich dies, sich selbst zu besondern, nicht die leere Nacht, in der alles verschwunden ist. Der Be griff ist lebendig. Die Bestimmungen sind ideell darin als aufgehoben, aber darum sind sie nicht gar nicht. So liegt im Aufheben etwas Negieren | und zu-gleich Aufbewahren. Diese Bedeutungen sind absolut verbunden, es ist die tiefere Seele, die in einem Worte diese Bestimmungen hat, und das Zweite ist die Realität darin.

Das Bedürfnis der Naturerkenntnis ist nun zu betrachten. Wir wollen die Natur erkennen, von ihr wissen, zunächst Vorstellungen von ihr haben, d. h. das Natürliche soll uns überhaupt angehören, wir wollen uns darin haben. Wenn wir uns einer Sache erinnern, so ist die Sache schon innerlich, wir sind schon darin. Das Bedürf-nis setzt nun voraus, den Unterschied zu negieren, wir haben ein Interesse. Näher ich will das haben: es soll das Prädikat erhalten des Meinigen, es soll ideell gesetzt sein in mir. Wir wollen aber näher die Natur begreifen. Sie ist als ein Problem aufgegeben, dessen Lö-sung uns aufgetragen [ist], sie ist das Spröde, Äußerliche, der Geist ahnet sich darin, daß sie ihm ein Freundliches ist, und die Frage ist: wie fi ndet er sich? Dieses Rätsel soll gelöst sein, der Geist will sein Innerstes fi nden, den Be griff, denn Ich bin der Be griff in sei-ner Existenz, ich will mich darin fi nden, den Be griff – das heißt die Natur begreifen.

522 etwas ] was523 wohingegen ] da525 unmittelbaren Bedürfnis ] unmittelbaren [ gestr.: Verha] Bedürfnis545 aufgetragen ] aufgegeben

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Indem wir die Natur begreifen, werden wir befriedigt, und die Befriedigung besteht darin, nicht daß wir bloß mit der Natur bekannt werden, näher[e] Vorstellungen erhalten, sondern indem ich selbst der Be griff bin, fi nde ich meine Wesentlichkeit darin. Das Problem, was die Natur sei, lösen, heißt überhaupt, das, was die Natur ist oder das Seinige haben [zu wollen], bestimmen zu wollen, aber der Be griff ist ihre Substanz, ihr Wesen, und ich bin der Be griff.

[1.] Gewöhnlich sagt man, ich habe [einen] Be griff von irgend-etwas, [einem] Gegenstand, Inhalt, und der Be griff ist das Formelle, so daß das Wahre sei der Gegenstand mit dem Be griff, nicht aber daß der Be griff frei existiere. Diese freie Existenz hat der Be griff [aber] im Ich. Ich sehe, fühle, habe so vielerlei Weisen des Daseins der Realität, was ist aber Ich als Ich? Das ist der freie Be griff, d. i. [ jener, welcher] als der Unterschiedene gesetzt ist an etwas Ande-rem, und [der] Existenz hat. Der Be griff, unterschieden von allem anderen, ist Ich. Ich bin dies ganz einfache, ganz allgemeine, ich [mich] auf mich selbst beziehend, [das] schlechthin alles andere Negierende, das Allerabstrakteste, denn ich abstrahiere von allem, ich bin für mich, es kann nichts in mich einbrechen, wenn ich mich nicht selbst öffne, ich bin die absolute Negativität. Ich weiß von mir, da bin ich mir Gegenstand, da hebe ich mich selbst heraus. Ich bin das, [wor]in alle Besonderheit vernichtet ist, [das] vollkommen Unbestimmte, nicht Besondere, ich bin kein Raum, ich lebe nicht zu dieser Zeit, also das ganz allgemeine, alle sind Ich, also auch empirische Allheit.

2. Ebenso bin ich die ganz entgegengesetzte Bestimmtheit, ich in diesem Einzelnen; für mich gegen alles andere, nur dieses Atom, nur dieser Punkt, für mich selbst diese Person, keine Gemeinschaft mit anderen habe[nd], und daß ich dieser bin, darin liegt alle wei-tere Partikularität, diese Punkte, ich bin aber in diesem Raum, nur itzt, also absolute Einzelheit, Bestimmtheit, so wäre das Andere die unbestimmte Allgemeinheit. Ich ist die Einheit, diese beiden

554 Be griff bin ] Be griff [ gestr.: fi nd] bin573 über der Zeile: [wor]in574 nicht1 ] nichts

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Bestimmungen zu sein. In nichts ist der Gegensatz so schlechthin | absolut, als im Ich, diese Allgemeinheit und Einzelheit, dies, Af-fi rmation und Negation, tritt als alles enthaltend auf. Ich bin die Kraft, diesen Widerspruch zu ertragen, diese einfache Einheit, in der diese unendliche Entgegensetzung aufgehoben ist, so bin ich im höchsten Sinn der Be griff, als diese Einheit existierend, ich un-terscheide mich von mir als seiend, und so habe ich Dasein, oder der Be griff existiert als Ich. Dies ist das Höhere, daß ich mich an die Natur wende, und dies ist die Befriedigung. Es ist Frieden mit mir in der Natur, indem ich in der Natur mit mir einig bin. Das ist das tiefere Bedürfnis, die Natur zu begreifen. Wir haben also einerseits den Be griff, der bin Ich, Ich bin die Tätigkeit, die die Natur übersetzt in den Be griff.

Also zweierlei, Ich und die Natur, das Dritte nun ist, daß die Natur dem Be griff entspricht, an sich der Be griff ist. Im Begreifen werden jene als identisch erkannt. Dies Finden in einem, das eine fremde Gestalt hat, heißen wir Idee, und das ist der realisierte Be-griff. Der Be griff [als] identisch mit dem zunächst als sein Anderes Erscheinenden ist die Idee, der Be griff ist die Idealität, jenes Andere die Realität. Alle Bestimmungen im Ich sind nur als ideell, die Realität sind nun diese auseinandergelegten Bestimmungen, die als selbständige erscheinen, da sie aber gesetzt sind, als dem Be griff gemäß zu sein, so bleibt der Be griff darin bei sich, und so ist dies Außereinander aufgehoben. Die Natur ist Realität des Be griffes in der Natur.

Das Zweite ist nun, daß die Natur an ihr selbst diese Idee ist, Be-griff und Realität. Zunächst fällt der Be griff in uns und die Realität in die Natur, indem wir aber die Natur begreifen, so ist die Natur selbst auch der Be griff, also Einheit des Be griffes und der Realität, Idee, die Natur des Wahren an ihr selbst.

590 seiend ] sehend594 zu begreifen. ] zu begreifen. [ gestr.: Das zu]594–595 also einerseits ] also [ gestr.: oder] einerseits599 Dies ] [ gestr.: So] Dies601–602 dem zunächst als sein Anderes Erscheinenden ] seinem ihm

als Andere[n] zunächst Erscheinenden603–604 ideell, die Realität ] ideell [ gestr.: Ich], die Realität

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Gewöhnlich nehmen wir Wahrheit als subjektiv, Übereinstim-mung des Äußerlichen und meiner Vorstellung, daß meine Vorstel-lung angemessen sei der gegenständlichen Weise. Richtiger spricht man, wenn man solche Übereinstimmung Richtigkeit nennt. Es kommt aber [darauf an, ob] der Gegenstand an und für sich selber wahr ist, Übereinstimmung seiner Realität mit seinem Be griff. Ich kann richtige Vorstellung von einem vollkommen Unwahren ha-ben. So [etwa] ein schlechtes Wort, das seiner Bestimmung nicht entspricht, es ist noch etwas vorhanden von einem Wort, sonst wäre es kein Wort, die Realität ist aber so be schaffen, daß sie dem Be griff nicht entspricht. Dann ist der Gegenstand in sich selber un-wahr, die Natur aber als Idee ist selbst das Wahre, und wir haben sie zu fassen, wie sie die Darstellung des Be griffes ist, der sie selbst ist; wie sie die Idee ist. Es kommt also darauf an, welche Art und Weise der Existenz der Be griff in ihr hat. Wir fragen nicht, wie Be-griff in ihr ist, sondern wir müssen den Be griff, der ihr Zentrum ist, erkennen. Der Be griff ist konkret in sich, Totalität, diese Einheit von unterschiedenen Bestimmungen überhaupt.

Wie existiert nun in der Natur diese Totalität? Das [zu erkennen,] ist das Geschäft der Naturphilosophie. Die Natur hat zunächst das Aussehen, gegenüber zu sein dem Geiste. Die Naturphilosophie, indem sie begreift, zeigt sie, daß die Natur eine andere Weise der Existenz des Be griffs ist, als wie er frei im Geiste existiert, und dies ist das Interesse die Natur zu erkennen. | Das Bedürfnis ist, daß der Be griff sich vollführe, daß die Natur der Spiegel des Be griffes für ihn sei.

Das Zweite ist das Interesse der Idee überhaupt, zur Erkennt-nis der Natur fortzugehen, wo nun der Geist das Bedürfnis hat, sich zu wissen in dieser Weise, welche die Natur hat. Die zweite Seite ist, daß wir von der Idee anfangen und fragen: Warum geht

614 Wahrheit ] wahr620 kann richtige ] kann [ gestr.: meine] richtige625 als Idee ist selbst ] als Idee ist sie selbst628 ihr ] sie628 fragen ] sagen629 ihr1 ] sie642–643 Die zweite Seite ist ] Wenn die zweite Seite ist

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die Idee zur Natur, da wir vorher zeigten, warum man vom sinn-lichen Wahrnehmen zum Begreifen fortgehe. Die Idee ist also ge-setzt noch außerhalb der Natur, noch die subjektive Idee, worein die logische Idee diese Realisation, in dem Elemente der Natur, der Äußerlichkeit, verlegt.

In anderer Rücksicht, die Religion hat ihr Leben in dem Geiste, der fromme Mensch hat nur ein Verhältnis zum Grunde, sein an-deres Verhältnis ist somit geworden, daß er es nur als ein Nebenher betrachtet, so daß er das Verhältnis zur Welt ohne Interesse betreibt, so daß man sagen kann, daß der Geist sich nicht zu bekümmern habe um die Natur, und es hat eine Zeit gegeben, wo das wahrhafte Leben als wesentliche Gleichgültigkeit nach praktischem Verhalten und Erkennen bestimmt worden ist, so daß es angesehen worden ist als Erniedrigung, sich um die Natur zu bekümmern.

Die Philosophie überhaupt ist die Erkenntnis der Idee, mit die-ser kann sich die Philosophie begnügen, und es ist häufi g, daß man bei dieser allgemeinen Erkenntnisweise stehenbleibt, und es scheint eine Willkür, ob man diese philosophische Idee auch auf die Natur anwenden wolle, so daß es als ein Belieben aussieht. Aller-dings ist es richtig, daß die logische Idee das Allgemeine, [hingegen] Natur, Recht, [etc.,] Besondere sind. Auf der anderen Seite aber ist Anwenden ein schiefes Verhältnis. Denn Anwenden folgt einer Regel, die für sich bestehe, gleichgültig sei gegen den besonderen Stoff, zu diesem hinzutrete, ob er angemessen sei der Idee, wo es gleichgültig sei, ob es dieser Stoff sei oder ein anderer Stoff. Die Natur aber ist nicht so eines, wozu die Idee hinzutritt, denn die Bestimmung der Natur liegt in der Idee selbst, aber es ist die Idee, die von sich aus zu der Gestalt, die die Natur ist, fortgeht.

Man kann dies ebenso sagen, indem man fragt, warum hat Gott die Welt er schaffen, Gott [war ja] vor Er schaffung die reine Idee, die Welt [hingegen wurde] als die Realität [gesetzt]. Durch diese Bestimmung der Idee als Natur erhalten wir die Bestimmung der Natur. Die Natur der absoluten Idee ist Einheit des Be griffs und der

644 die Idee ] die [ gestr.: Natur] Idee668 ob es dieser Stoff sei ] ob es sei dieser Stoff673 die Welt ] die [ gestr.: Idee] Welt

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Realität. Dies Wesen ist nur Tätigkeit, sich hervorzubringen ist sein Sein. Sie ist tätig, sie bestimmt sich. Die Idee setzt also sich als das Andere ihrer selbst, als das Negative ihrer. Dies Andere ist ebenso sie selbst. Die erste Idee ist die Idee in ihrer Einfachheit, die logische Idee. Das Andere [ist] die endliche Welt überhaupt. So sagt man, es ist ewiger Ratschluß Gottes, die Welt zu er schaffen. Ratschluß ist nicht Moment, ewig aber heißt: es liegt in seinem Be griffe selbst. Der Be griff muß aber konkret sein. Warum entschließt sich das Unendliche, sich zu verendlichen? Das Unendliche aber, das sich nicht bestimmte als endlich, wäre bloßes Abstraktum, Unwesen. Das wahrhaft Unendliche ist aber dies, sich zu bestimmen. Dies ist dem Menschen zum Bewußtsein gekommen. Gott hatte vor Er schaffung der Welt nur einen Namen gehabt, nach Er schaffung der Welt hat er viele Namen erhalten. Das heißt nichts anderes als sich bestimmen, was man die Welt nennt, in anderer Bestimmung Sohn Gottes in dieser Bestimmung, daß dies ihr Andere ebenso unendlich ist mit dem ersten. |

Der Be griff urteilt, d. h. er teilt [sich] in seine ursprünglichen Teile. Ebenso setzt die Idee das Ursprüngliche als negativ und macht sich hiermit wieder zu der sich gleichen Idee, ist aber die Affi rma-tion als die Negation der Negation, und dies Dritte [ist] absolute Idee. Dies Dritte als Zurückgekehrtsein zu sich ist sie als Gei s t . Der Geist muß gefaßt werden als dieser Prozeß. Die Natu r ist also die Idee i n der Ge s t a l t de s A nder s se i n s . Es ist also eine Dreiheit hier. Die Idee au f dem Wege i n s ich zu r ück-keh rend i s t der end l iche Gei s t , a l s herkom mend au s dem Ander s se i n . Der ab solute Gei s t i s t d ie s Zur ück-gekeh r t se i n , der endliche Geist ist noch nicht dazu gekommen. Die Natur ist die Idee in der Form des Andersseins, sie ist nur einen Augenblick so ein anderes, in dem Geiste ist ebenso ewig das Zu-rückgekehrtsein, also ist es ein gewaltsamer Zwang, wenn wir sie als Anderssein betrachten, sie ist nur das ewige Zurückgenommen werden in die Einheit der absoluten Idee.

693 ersten. ] ersten. [ gestr.: Das endliche ist nur abstrakt]697 Am Rande: Philosophie der Natur 3

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Die Naturphilosophie hat diesen Zweck, sie in dieser Entfrem-dung zu fassen, daß sie auch darin ist an sich die Idee, nur die Darstellung der Idee, zwar verkümmert in der Form des Anders-seins, aber in der Form des Abfalls noch schlechthin Idee. Was bei Plato vorkommt, daß die Materie das ουκ ον ist, das Negative. Die Natur ist das Anderssein. Anderes ist eine Negation, die relativ ist, das Andere des Geistes. Diese Relativität selbst macht aber die Bestimmtheit aus, die ihr zukommt; was sie für den Geist ist, das ist sie. Wird sie nun als selbständig (da sie ja als Anderssein ist), so ist die Natur dies, das Andere ihrer selbst zu sein, und das ist die Äußerlichkeit, die Materie, schlechthin Außereinander. Dies ist das Interesse, wenn wir von der Idee anfangen, diesen Proteus zu zwingen, daß er den Be griff zeigt, die Versöhnung des Geistes mit der Natur, die in sich selbst so ein Wildes, der äußerlichen Not-wendigkeit Unterworfenes, ist.

2) In Ansehung des Interesses des subjektiven Erkennens kön-nen wir an eine Erscheinung erinnern: Wir wissen, daß die Alten in der Erkenntnis der Gesetze der Natur weit zurückstehen gegen die Wissenschaft der neueren Zeit. Diese hat diese vollkommene Bestimmung hinzugetan, dem philosophischen Erkennen in die Hände gearbeitet. Nach dem Leben der Menschen in der Religio-sität im Mittelalter, und in dem Aussprechen a pr ior i , wo die Natur verachtet wird, und es als das Höchste galt, sich davon zu ent-fernen, mit ihr auszukommen, in dem man sich von ihr abwendet, trat die neuere Zeit ein, wo der Mensch Freude fand an der Natur, sich etwas wußte in der Beschäftigung mit der Natur. Sie haben so an der Erde eine neue Welt entdeckt, sie gingen hinaus und in das Detail, und so trat die Zeit der Beobachtung ein, woraus das ganze mathematische, physische, astronomische, chemische Wissen entstand. Die Tätigkeit, Regsamkeit des Menschen in Beziehung auf die Natur ist jetzt ein wesentlicher Teil unseres ganzen gebil-deten Lebens. Statt daß der Mensch vorher in dem Himmel bleibt, schaut der Mensch auf seine eigenen Hände, hat [das], was er tut, denkt, hochzuachten angefangen. Das ist ein großes, neues Inter-

714 das ουκ ον ist ] ist das ουκ ον739 entstand ] entstanden

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esse, welches allerdings in Konfl ikt gekommen ist mit dem höhe-ren, geistigen. Dies Interesse aber ist ein wesentliches Moment der Idee. Die Bestimmung der Unmittelbarkeit, [des] Sinnlichen, | der äußeren Form der Realität, ist gemacht worden, [in der Weise,] daß man den Gedanken auch darin gesucht und gefunden hat. Denn in der Bestimmung des Andersseins ist die Bestimmung der unmit-telbaren Einzelheit, Ich, das nach dieser weiter erfüllten sinnlichen natürlichen Gegenwart. Ohne dies Moment behält die Gewißheit eine Sehnsucht, die nie gestillt ist, oder die Idee ist behaftet mit einem Jenseits. Indem der Mensch die Natur begreift, so nimmt er der Idee die Form der Subjektivität und gibt ihr die Objektivität in der Form unmittelbarer Gegenwart. Die Idee erhält so ihren letz-ten festen Halt, realisiert in diesem sinnlichen Anderen. Das ist die Bestimmung in Rücksicht auf die subjektive Idee, daß sie fest sei, auch im Geist sei, diese Form der Subjektivität abgestreift werde und genommen auf diese Weise. Der Himmel nicht bloß ein Jen-seits, sondern auf der Erde als wohnend, in sich die Idee habend.

Die Idee ist in ihren Bestimmungen das Eine, nur e i ne Idee, alles andere erkennen wir in der Form dieser Idee, diese wird da-durch nur wiederholt, und bewährt sich so in diesen vielfachen Gestalten. [Für] die Natur ist vorausgesetzt, daß der Be griff ihr innewohnend sei, die abstrakte nächste Form ist die der Äußerlich-keit. Der Be griff ist das Substantielle, Immanente, die Natur ist die Entwicklung desselben, des Be griffs, der in der Form der Unwahr-heit, Unfreiheit ist. Die Natur ist so der absolute Widerspruch, wo-hingegen im Be griff diese durchsichtig sind, die sind in der Natur als äußerliche erschienen, als absoluter Widerspruch, Gleichgültig-keit gegeneinander. Die Entwicklung der Natur ist die Auf lösung dieses Widerspruchs. Die Auf lösung gibt die E inte i lung der Wi s sen scha f t .

Einteilung scheint zunächst ein Arrangement [zu sein]; eines, das äußerlich in Ordnung gebracht. Die Einteilung muß sein Pro-

746 der2 ] die760 der ] die761 Hervorhebung hinzugefügt768–769 wohingegen ] da hingegen

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zeß des Be griffes selbst. Er ist es selbst, der diese Unterschiede in sich setzt, der sich bestimmt, dirimiert, und dies Unterschiedene identisch setzt. Die Natur entwickelt sich, doch ist dies nicht ein Herausgehen ins Endlose, nicht eine Reihe von Gestaltungen, die kein bestimmtes Ende hat. Diese Entwicklung ist ebenso Rück-kehr, die Natur hat Zweck, d. h. Be griff mit der Bestimmung des Realisierens. Der realisierte Zweck ist die Rückkehr in sich, da er an sich schon die Einheit war. Vom organischen Leben sagen wir, das Individuum erhält sich nur durch Veränderung, Tätigkeit nach außen, die es in sich selbst zurückführt, [das heißt aber,] daß es jederzeit [das,] was es ist, sich selbst, [hervorbringt], [es ist] ein produktives Produkt, ein Produziertes und ein Produkt. Die Natur ist die Idee in der Form des Andersseins, und damit die Idee in der Form der Äußerlichkeit, des sich selbst Äußerlichseins. Das Innere ist der Be griff.

Nun ist bekannt überhaupt, die natürlichen Dinge seien auf un-mittelbare Weise. Wir fi nden die Dinge so, sie s i nd , d. h. Unmit-telbarkeit. Der Geist dagegen ist das sich in sich Refl ektieren. Die Form ist gesetzt, die Unmittelbarkeit, das nicht Vermittelte, ein-faches Sein, wo noch nicht zwei sind, die sich einander vermitteln. Die Bestimmungen, Eigenschaften sind gleichgültig außereinander, und so bestehen sie für sich, und diese Form ist, zu sein, unmittelbar zu sein. Die Unmittelbarkeit ist aber eine einseitige Form, diese Unmittelbarkeit ist nur als Relation auf ein anderes.

Das Erste, wovon wir anfangen, ist also die Idee in der Form der Unmittelbarkeit, weil eben dies die erste Form ist, die noch nicht vermittelt [ist]. Das Zweite ist die Bestimmung des Erschei-nens überhaupt, des | Begreifens dessen, was vorher gleichgültig außereinander war, das Selbständige ist gesetzt als im Verhältnis stehend zu einem anderen. Hier beginnt der Be griff hervorzuleuch-ten, eine Differenz, aber als Differenz eine Beziehung, bestimmt

784 durch Veränderung ] durch [Ms: d. h.] Veränderung785–786 [das heißt aber,] daß es jederzeit ] [das heißt,] daß es aber je -

der zeit792 Hervorhebung hinzugefügt793–794 Die Form ist gesetzt ] Die Form [ gestr.: scheint] ist gesetzt794 über der Zeile: ist

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gegen anderes. Das Dritte ist die Rückkehr des Außersichseins in sich, oder die Bestimmung der Unmittelbarkeit und Beziehung sind identisch gesetzt.

Der erste Teil unserer Naturphilosophie betrifft die Mater ie. Wir verstehen [unter Materie] zunächst das, was Widerstand lei-stet, das Ausschließen des Anderen, die durchgängige Vereinzelung. Die Materie ist aber an sich auch der Be griff, er ist aber noch nicht in ihr gesetzt, oder sie sucht nur die Einheit, d. h. die Schwere. Da ist der Be griff noch nicht manifestiert.

Das Zweite ist der phy s i k a l i sche Kör per, die noch bedingte Individualität, so daß hier die physikalische Bestimmtheit eintritt, daß das Unterschiedene ist als Bestimmtes, physikalische Qualitä-ten überhaupt, bestimmte Materialitäten, so daß die Bestimmtheit sie macht zu dem, was sie sind. Bestimmtheit ist aber Beziehung, Partikularisation, Spezifi kation der Materie, diese hat sie nur als Beziehung.

Das Dritte ist die Totalität, die subjektive Einheit, der K rei s der Lebend igkeit , die sich selbst bewegt, das Zentrum heraus, frei gesetzt als beherrschend das Außereinander, so daß dies kein Be-stehen hat als indem dies durchdringt. Das ist die höchste Stufe, zu der es die Natur bringt, das ist der erreichte Zweck. Da heißen wir den Be griff die Seele, dies Zentrum, diese Tätigkeit, zu formieren. Die Materie besteht nicht mehr für sich, die Grundbestimmung der Äußer lichkeit ist gehoben. Trieb. Organ. Die Äußerlichkeit der Natur ist identisch gesetzt mit der Innerlichkeit, die Unendlichkeit der Negativität, die Selbständigkeit der Teile ist negiert, und da-durch werden die Teile Organe, oder Glieder. Die Bestimmung der Negation (Außereinander) ist hiermit negiert, und damit hat der Be griff Dasein. Der Körper zeigt sich als nur erhalten nur durch die Seele, sie empfi ndet in allen Teilen des Körpers, die Größe desselben hat für die Seele ihren Sinn verloren. Das Insichsein, das heraus ist, so daß das Heraussein schlechthin Insichsein ist. Das Höhere, daß der Be griff als Be griff für sich ist, ist dann das Weitere im Geiste.

Die drei Teile sind also Mechan ik , Phy s i k , Org an ik .

809 sind ] sind sind813 er ] sie

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Es sind bekannte Vorstellungen zu erwähnen, die irgendeine Seite dessen ausdrücken, was hier gesagt ist.

Die erste Vorstellung ist die der Emanat ion. Substanz, Leben, geistige als natürliche Seele wird vorgestellt [als] sich entwickelnd, Unterschiede setzend. Die Unterschiede sind aber geringer als die Totalität. Das Allgemeine geht heraus aus dem Allgemeinen, herab zu dem Besondern, und dessen Entwicklung besondert sich noch mehr, und so ist die Innerlichkeit, Einheit, als erste Substanz noch mehr verloren, so geht es fort ohne Ende, zur Negation überhaupt. Dieser Fortgang zu immer mehr Entferntem ist nur ein Fortgang ohne Rückkehr in sich. Lebendigkeit, Be griff ist aber wesentlich diese Rückkehr in sich. Hier ist also nur die einseitige Bestim-mung des Unterschiedes stehengeblieben, und die wesentliche Be-stimmung, daß der Unterschied ebenso aufgehoben wird, ist nicht darin enthalten.

Eine zweite Seite ist aber: die Alten sagten: ab Iove pr i nc i-pium. Hier wäre also vom Leben | angefangen, da es die letzte Stufe ist, die wahre. Warum fangen wir nicht vom Leben an, und gehen mit und sehen, wie es sich in seine nur ideellen Momente unterscheidet? Die Sphäre des Materiellen haben wir zuerst ge-nommen. Das Er schaffen des Lebens ist aber, sich die unorganische Natur vorauszusetzen, dies setzt also das Leben als das Erste, und die unorganische Natur zu negieren wäre so durch diese Vermittlung für sich, lebendig, zu sein. Das Leben ist allerdings also das absolut Erste. Das Lebendige fi ndet diese unorganische Natur, sie ist als die Tat des Lebens selbst. Wenn man aber anfängt, so ist das Erste die Idee, eben die Idee in Form der Unmittelbarkeit, man mag sie Leben, Gott nennen, und eine Vorstellung davon haben, aber es ist ganz etwas anderes, welche Vorstellung dabei vorhanden ist, und welches der Be griff ist.

Das Erste, was wir von Gott sagten, wäre das ganz Allgemeine, Sein. Der erste Gedanke wäre das Sein, noch nicht Gott, weil es eben das Unsägliche ist. Wenn die Idee des Lebens zuerst unmittelbar [ist],

850 Dieser Fortgang ] Diese Vorstellung863 so durch diese Vermittlung ] durch diese Vermittlung so871 sic

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ist eben ihre Bestimmung als Außereinander, das ist in der Form des Materiellen. Das Leben ist nur dies Insichzurückkehren und Insichzurückgekehrtsein. Daß das Leben aber so gefaßt wird, dazu gehören die anderen Bestimmungen. Wenn wir auch weiter [ver-suchen,] mit dem Leben anzufangen, so wäre dies nicht das Wahre. Wenn man nun meint, das Unmittelbare sei Prinzip, so müssen wir den Sinn daran korrigieren. Denn das Seiende ist nur ein Gesetztes.

Die zweite Form, in der man die Entwicklung der Natur auffaßt, ist die Met amor phose, Entwicklung nur der Form, ein Bleiben-des, das durch die Form verschiedene Gestaltungen annimmt. Hier liegt eine Grundlage, worunter man Materie versteht, zum Grunde. Goethe hat in Beziehung auf die Pfl anzen die Form der Metamor-phose in einer sinnigen Darstellung hervorgehoben. Die Pfl anze ist nach ihm e in vegetabilisches Leben. In der Darstellung der natür-lichen Teile hat er die Absicht, zu zeigen, daß jeder Teil eigentlich wesentlich ist, was der andere ist, und in die Gestalt des anderen übergehen kann, Zweige in Wurzeln, und umgekehrt, so daß diese Unterschiede nicht wesentlich sind, sondern nur oberfl ächlich.

Diese Bestimmung ist allerdings richtig, es ist nur e i ne Idee, die in ihrem Sich-anders-Werden sich selbst gleich bleibt. Aber die Metamorphose ist eine einseitige Bestimmung, wenn man das Eine als diese Abstraktion des Einen festhält und die Form betrachtet als ein Äußerliches gegen dieses Eine. So nimmt man die Materie nur als ein solches sich gleich bleibendes Abstraktum, das die Form nur annehme, aufnehme, aber gleichgültig gegen sie bleibe.

Es ist die Furcht vor der Differenz, die so an der Metamorphose festzuhalten treibt. Goethe hat es für die Pfl anze bewiesen oder gewiesen. Gegen die gedankenlose Betrachtung der Unterschiede ist seine Ansicht gerichtet. Die Einheit dieser Unterschiede ist mit großem Gewicht festgehalten worden, und die Grundbestimmung muß zuerst gesetzt werden. Auf einer anderen Seite muß die Idea-

887 Hervohebung hinzugefügt889 der ] das892 Hervorhebung hinzugefügt901 sic901 die ] das

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lität nicht abstrakt gehalten werden. Der Inhalt ist wesentlich iden-tisch mit der Form. Die Form ist die Totalität der Bestimmung, und diese enthält auch die Bestimmung des sich Gleichen, dies ist aber nur ein Moment der Form. Die Materie ist es selbst, die sich [sich] entgegensetzt, aber in der Verschiedenheit die Einheit nicht verliert. Die Verschiedenheit ist aber nicht gleichgültiges Auseinanderfallen. Denn das sich Gleichbleibende ist eben das sich Formierende und ist nur das sich Gleiche, indem es sich formiert.

Eine dritte Form ist die | For m de s Her vorgehen s , aus ei-nem Formlosen gehe hervor das Konkretere, das Formierte. Man sagt, das Wasser entwickele sich zur Pfl anze, diese zum Tiere, dies zum Menschen, so daß die gebildetere Natur hervorgehe aus der niedereren. Aus dem Chaos steige [es] hervor, verdichte sich und sei Grund solcher weiterer Formationen. So wird dies historisch ent-wickelt. Die Kosmologie geht uns aber hier nichts an. Man nimmt dies Hervorgehen als Übergehen zur Existenz. Das Hervorgehen ist in unserer Idee [so] enthalten, daß das, was zunächst an sich ist, gesetzt werde. Das Ansich ist das Formlose in dem Sinn, daß es nur das Ansich der Materie [ist], der Be griff, der die Materie an sich ist, der sich setzt in diesen weiteren Bestimmungen, nicht aber die existierende Materie. Der Be griff ist da noch ein innerliches, nicht gesetztes, aber das Hervorgehen ist nicht ein Hervorgehen in die Existenz. Dies Herausgehen kann man ebenso ein Insichgehen [nennen,] ein Insichgehen der Äußerlichkeit. Im Mineralischen ist der Be griff noch eine stärkere Äußerlichkeit, die Pfl anze ist eine Konkretion der Äußerlichkeit, im Lebendigen ist Empfi nden, d. h. die Äußerlichkeit ist zugleich als Innerlichkeit gesetzt. Indem wir anfangen mit dem als formlos existierenden, so daß die Realität noch als gegen sich äußerlich ist, so ist es doch nicht das ab so lut[e] P r iu s , sondern die Idee, die sich selbst dies voraussetzt, die abso-lute Diremtion der Idee, die sich dadurch als subjektiv setzt gegen dieses Objektive als das Äußerliche. Dies Hervorgehen ist also das, daß der Be griff das, was an sich ist, setzt, und dadurch wird die

905 Der ] Die905 über der Zeile: Inhalt, [ gestr.: Materie]922–923 es nur ] nur es

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erste Äußerlichkeit negiert. Es ist nur die eine Notwendigkeit, die hervorgeht. Mit solcher Abstraktion hat man überhaupt nicht etwas Festes, Unterscheidendes. Man hat auch gesagt, das Vollkommene kann nicht aus dem Unvollkommenen hervorgehen, und doch wird im Chaos Wasser als erstes gesetzt. Das Unvollkommene aber ist an sich der Be griff, und so geht das Vollkommene hervor aus dem Be griffe, der zuerst an sich ist.

Man muß von der Naturphilosophie nicht verlangen, daß sie alles erklären soll[e]. Man hat ihr vorgeworfen, daß sie so viele be-stimmte Gestaltungen habe konstruieren, a pr ior i ableiten wol-len. Die Naturphilosophie ist noch in ihrem Entstehen. Der Begriff und seine Entwicklung ist der feste Halt, er mag führen so viel oder so wenig weit er will. In Rücksicht auf ein Erkennen, das Er-kennen [der] Natur ist, so muß man den Glauben haben, daß die Vernunft dies oder anderes noch zu Stande bringen wird, wenn auch vor der Vorstellung noch andere Forderungen schweben. Voll-ständigkeit ist keine Kategorie gegen das konsequent Erkannte.

Nach den falschen Manieren der Naturphilosophie hat man ein Schema genommen, das man anbringt in den verschiedenen Sphären, die man vor sich hat, eine Menge Gegensätze: Expan-sion, Kontraktion, etc., wo leichte sinnliche Erweise solcher Unter-schiede sich ergeben werden. Die Hauptsache in Ansehung der Be-stimmungen sind Gedanken. Männlich und weiblich, magnetisch, chemisch sind Vorstellungen, und man erspart sich die Gedanken, auf die es ankommt. Jede dieser Bestimmungen hat nur Bedeutung in ihrer Sphäre, | [z. B.] männlich und weiblich in der organischen Natur. Solche Verhältnisse auf andere Sphären überzutragen ist nur Analogie, die Anschauung genannt wird, ein ungefähres Ver-hältnis, in andere Sphären übertragen, wo auch noch ungefähr das vorkommt. Jede Sphäre ist ein eigentümlich Konkretes, eine eigene Stufe der Entwicklung. Solche Gegensätze drücken gerade die Hauptsache nicht aus, worauf es [an]kommt. Wenn Deduzieren

942 aber ist ] aber ist aber948 sic949 ist der feste Halt ] ist der feste Halt, und seine Entwickelung950 auf ] auf wenn966 übertragen ] übergetragen

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nichts ist, als nur einen solchen Gegensatz beweisen, ist [es] nicht ein Erkennen der konkreten Eigentümlichkeit des Gegenstandes.

Zweitens. Was nicht durch den Be griff bestimmt ist, erscheint für den Be griff als eine Zufälligkeit. Die Erkenntnis geht in die Notwendigkeit der Verhältnisse. Die Absicht der Naturphilosophie ist, die Zufälligkeit zu entfernen. Beim Betrachten durch den Be-griff wird man überrascht, oft eine Notwendigkeit zu fi nden, wo man Zufälligkeit suchte. Aber die Zu f ä l l i gke it ha t auch i h r Recht , und i n der Natu r am mei s ten .

Im Kopfe jedes Individuums gibt es viele Zufälligkeiten. Ich bin unendlich höher als alle imponierenden Gegenstände der Natur, und doch als Geistiges habe ich mit zufälligen Einzelheiten in Bezug auf den Willen die Form der Willkür. [Dennoch:] Jeder schlechte Einfall ist höher als eine Naturgestalt, denn er ist geistig.

Wenn nun im Geiste die Zufälligkeit ist, so hat sie ihren Platz noch mehr in der Natur, die in der Form der Äußerlichkeit ist. Zufälligkeit ist das, was nur äußerliche Notwendigkeit ist, Bestim-mung von Außen, nicht von Innen. Das geht fort in die Unendlich-keit, aber in eine schlechte Unendlichkeit im Felde des Äußerlichen. Die Natur in der Bestimmung der Äußerlichkeit ist bestimmt durch ein Anderes. Dies will man nicht deduzieren und kann es nicht, denn es ist durch Äußerlichkeit bestimmt. So die Physiognomien in Familien, Völkern, Individuen. So in den Arten die Geschlech-ter. Diese Pfl anze, in dieses Klima gesetzt, wird anders, das nennt man auch äußerliche Einfl üsse, und das ist Zufälligkeit. Da es nur um die bestimmte Erkenntnis des Be griffes zu tun ist, so muß man sich mit demjenigen begnügen, was durch den Be griff bestimmt ist. Das ist wahr, es wird sich weiter entwickeln. Die fortgehende Entwicklung der Naturphilosophie wird aber nicht alles erklären, sie hat eine Grenze, wo die Zufälligkeit ihr Recht behauptet. Die unmittelbare Einzelheit, ein großes Moment in der Idee, hat für sich ein großes Recht.

Der erste Teil [der Naturphilosophie] ist die Mechanik. Gegen-stand ist die Materie, das Natürliche im ersten Außersichsein. Wir haben drei Stufen.

996 mit ] bei

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1. das abstrakte Außersichsein, erste ganz unmittelbare Weise: Raum und Zeit

2. das in eins gesetzt sein von Raum und Zeit, Materie, in Un-terschied gesetzt, die Bewegung

3. die absolute Mechanik. | Der Gegenstand der Mechanik ist die Materie, die Totalität der

Äußerlichkeit, zuerst abstrakt zu betrachten. Sodann Raum und Zeit in Eins gesetzt, aber als nach[einander], als verschieden, Ma-terie und Bewegung. Das Dritte ist ebenso Mechanik, das System der Himmelskörper, ein Be griff, eine Einheit, sich dirimierend in ihre Unterschiede, so daß die Riesenglieder dieser Einheit noch selbständig sind, aber daß sie darstellen den Prozeß dieser Direm-tion und des Ineinssetzens der Unterschiede.

Das Zweite ist die Phy s i k als solche. Im Vorigen haben wir die Unterschiede als Körper, hier, in der Physik, sind diese Unter-schiede herabgesetzt unter die Herrschaft des Individuellen, dessen, das anfängt ein Subjekt zu sein, so daß diese Unterschiede nicht mehr selbständige sind, sondern Eigenschaften in sich. Es fängt dort die Bestimmtheit der Materie an, und wir können daher sa-gen, der zweite Teil sei die Bestimmtheit der Materie, so daß die Bestimmtheit zu ihrem Substantiellen gehört. Das Erste, was wir [in der Physik] zu betrachten haben, sind die physikalischen Ele-mente. Die früher Selbständigen sind hier zu Momenten des In-dividuums herabgesetzt. Das Zweite sind diese Individuen selbst als different, und es ist noch keine andere Differenz da als gegen die Schwere, das Dritte [in der Physik] sind dann die bestimmten physikalischen Körper, die Gestalt in ihrer Bestimmtheit, die dann in ihrer Totalität gefaßt der chemische Prozeß ist. Im chemischen Prozeß sind es selbständig bestehende Individuen, die sich zeigen als ihre Selbständigkeit negierend und zugleich hervorgehend, aber aus diesem Prozeß und der Selbständigkeit dieser ersten Sphäre, so daß aber ihre Selbständigkeit aufgehoben ist, so daß ihre Unmittel-barkeit als Gesetztsein heraustritt.

Das Dritte ist nun das Org an i sche. |

20–21 noch selbständig ] selbständig noch35 sind ] ist

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ERSTER TEILDIE MECHANIK

Wir können bei der ersten Abteilung anfangen, also mit der Unmit-telbarkeit. Das Erste ist, eben weil es das Erste ist, das Unmittelbare. Diese Unmittelbarkeit ist das Ansichsein, als die Äußerlichkeit, wie es früher gezeigt worden. Der Unterschied des Be griffs, der Totali-tät von Momenten, tritt hier als Unterschied hervor. Die Verschie-denen sind in der Form der Unmittelbarkeit als gleichgültige gegen-einander, jedes für sich ein Selbständiges und insofern gleichgültig gegen ein anderes, außereinander. Die abstrakte Äußerlichkeit ist darin bezeichnet worden als das Ansichsein nicht nur gegen ein Drittes, den Geist, sondern gegen sich selbst. Diese Verschiedenheit ist die erste Bestimmung. Es ist hier noch keine absolute Bestim-mung vorhanden. Die Verschiedenen sind nur Verschiedene, nur andere, es ist keine Bestimmung vorhanden als die des Andersseins, und die bloß abstrakte Verschiedenheit ist vollkommene Identität. Dieses erste ist der Raum. Mit ihm fangen wir an. |

[1. Raum und Zeit]

Das Außereinander ist noch nicht gesetzt als solches. Als Außersich-sein ist es ganz abstrakt verschieden, die Möglichkeit, daß allent-halben Raumbestimmungen gesetzt werden, die Unterschiedenheit dieser Äußerlichkeit ist selbst durch den Be griff bestimmt und es ist zu sehen, wie sie aussieht, insofern sie durch den Be griff bestimmt ist. § 198. Diese Unterschiedenheit nennen wir zunächst Dimen-sionen. Die Geometrie verfährt hier voraussetzend. Dann haben wir die Formen von Punkt, Linie, Fläche, Körper.

Dimensionen sind zunächst Richtungen, ganz abstrakte Un-terschiede im Raume. Die Totalität ist erschöpft selbst ganz äu-

24; 26 Raum und Zeit 35

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11 Ansichsein [ gestr.: so] nicht25 hier ] dies

ßerlich durch drei Bestimmungen, eine wie die andere [sind sie] gesetzte. Der Be griff ist im Raume nur oberfl ächlich vorhanden, eben weil der Be griff hier äußerlich ist, sie sind noch gar nicht bestimmt, die drei Dimensionen sind durchaus nicht verschieden gesetzt, nur der ganz abstrakte Unterschied. Richtungen, die die größte mögliche Unterschiedenheit voneinander haben, sind Di-mensionen, selbst abstrakte, möglichst größte Unterschiedenheit. Der Unterschied ist nur als Unterscheidbarkeit. Das Bestimmte ist an dem einen der gesetzten, daß [ihm] zukommt, was dem andern nicht zukommt, und das ist Punkt, Linie, Fläche, Körper. Die Notwendigkeit liegt im Be griff. Der bestimmte Unterschied als solcher ist Grenze, ein Negatives. Zuerst abstrakt genommen, Negation, so ist sie noch nicht räumlich, ganz abstrakte Negation ist noch nicht Raum, die reine Negation des Raums. Der Raum aber ist das sich äußerliche, also Unterschied, Vielheit überhaupt, der Punk t ist als Punkt nicht im Raume, aber es gibt keinen Punkt, der Punkt ist nichts Physikalisches, aller Raum ist aber physikalisch, der Punkt ist etwas, das bloß Sein soll, aber nicht ist.

Das Zweite ist, daß die Negation nicht als Negation nur für sich genommen werde, sondern es soll ein Unterschied des Raumes sein. Der Punkt gehört dem Raume an, insofern er aber dem Raume an-gehört, ist er ausgedehnt, indem er aber noch die erste Negation ist, so ist er die L in ie als abstrakte Grenze, die aber doch räumlich sein soll, der Punkt ist ein Widerspruch und ist so das Werden der Linie. Man defi niert daher die Linie durch die Bewegung eines Punktes. Das ist aber nicht so zufällig, der Punkt, so wie er im Raume ist, hat aufgehört, Punkt zu sein und hat sich schon bewegt. Im Be griffe liegt so selbst das Andere seiner, der Punkt ist das, was er sein soll. Im Raum aber ist er das Gegenteil seiner selbst, die Ausdehnung, die erste, einfachste Ausdehnung. Zunächst gerade Linie.

Kant sagt, es sei ein synthetischer Satz a pr ior i , [die gerade Linie sei] der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten. Synthetisch ist

36 Das ] Die47 über der Zeile: nur48 sein ] seins56 sein soll ] soll sein

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allerdings diese Defi nition, da mehrere Bestimmungen darin sind, Weg und zwei Punkte, [sowie] eine Beziehung, die die kürzeste ist. Jede Defi nition ist so ein Zusammenfassen mehrerer Bestimmun-gen. Es ist aber kein Weg, ein metaphorischer Ausdruck, aber das Kürzeste, die allereinfachste Richtung, | wo am wenigsten Mannig-faltigkeit dazwischen ist, und so die einfachste Ausdehnung. Durch eine krumme Linie ist schon eine Fläche gesetzt. In ihr sind schon zwei Dimensionen enthalten, sie sind aber noch nicht gesetzt, zur Bestimmung der krummen Linie gehören aber zwei Dimensionen, die Linie ist also Grenze, die einfachste Grenze, die aber Grenze des Räumlichen ist, die Linie ist insofern die erste reale Größe. Die Linie ist so das erste Anderssein des Punktes, die Negation des Punktes, insofern die erste Negation des Raumes. Aber die Linie ist an sich die Negation des Punktes, die Negation der Negation, die zweite Negation, die zweite Grenze, eine Grenze, die eine Zweiheit in sich [ent]hält, enthält also zwei Bestimmungen in sich, und damit ist eine größere Affi rmation des Raumes gesetzt, und dies ist die Fläche, die ebene Oberfl äche, in der krummen gehören schon drei Dimensionen dazu.

Die Fläche ist Negation der Negation, also zweitens räumliche Grenze, aber als Negation der Negation ist sie die aufgehobene Grenze im Raum, dann haben wir aber den totalen Raum, und sogleich Oberfl äche, wodurch ein Volumen entstanden ist, die Totalität des Raumes, aber zugleich sind es drei Bestimmungen: Ne gation, Negation der Negation, die sich auf sich beziehende Negation, also identisch mit sich, dies ist die dritte Bestimmung, die dritte Dimension, diese dritte Grenze ist zugleich die Aufhe-bung der Grenze. Indem aber der ganze Raum ist als Negation der Negation, so enthält er die vollständige Negation in sich, und ist so ein [sich] Abschließen mit dem Volumen aus dem allgemeinen Raum. Man kann umgekehrt beim Volumen anfangen. Es hat eine Oberfl äche, die erste Weise der Grenze, diese ist ein Ganzes, weil Ganzes des Be griffs. Nach der Seite des Begrenzens ist sie negierend die Totalität überhaupt, d. h. eine Bestimmung der Totalität muß

79 dazu. [ gestr.: Sie ist die]90 Abschließen [ gestr.: aus] mit; über der Zeile: mit

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hinwegfallen, und das ist: eine der Dimensionen wird weggenom-men. Zwei Dimensionen ist noch nicht die abstrakte Grenze, zu der fortgegangen werden soll. Zum Insichsein reduziert, ist das Affi r-mative weiter zu negieren zu Linie, Punkten, dem bloß Seinsollen einer Grenze. Von der Negation aus macht sich der Übergang in die Zeit.

Die Beziehung der Wissenschaft auf das Räumliche ist die Geo-met r ie. Die Figurationen des Raumes geben sich natürlich. Das Dreieck ist das erste, abstrakt, insofern die allgemeinste Figur. Die Geometrie betrachtet die Verhältnisse, die an diesen Figurationen vorhanden sind, weiter Verhältnisse der Größe solcher Teile gegen-einander. Man kann sie auch empirisch kennenlernen. Das Weitere ist, die Notwendigkeit solcher Verhältnisse zu fi nden, Notwendig-keit ist Abhängigkeit einer Bestimmtheit von der andern. Die Be-stimmtheiten in den Figuren können einzelne Bestimmtheiten sein. Dabei ist aber immer ein Ganzes vorausgesetzt, sonst kann es aber auch nur ganz formelle Abhängigkeit sein, ein Schnittwinkel. Das nähere Interesse sind Größenbestimmungen, bei denen ein Ganzes vorausgesetzt ist, wo die Verhältnisse der Teile bestimmt werden, ob durch die Bestimmtheit des Ganzen etwas über die Bestimmtheit der Teile gegeben ist. | Eine große Anzahl [von Sätzen] ergeben sich durch Reduktion auf eine schon vorhandene Bekanntschaft mit Verhältnissen, es ist uns zu tun um die Subsumtion des jetzigen Umstandes unter ein schon vorhergehendes Gesetz. Das Wesent-liche besteht [darin], daß man Verhältnisse eines solchen Ganzen in sich selbst fi ndet und ein solches Verhältnis, wodurch dies Ganze wesentlich nach allen seinen Momenten bestimmt ist. Da erscheint die Notwendigkeit, die Identität von zwei unterschiedenen Be-stimmungen, die an sich identisch sind, [zu erweisen; es ist] ein und dasselbe Ganze, welches zweimal betrachtet wird, so daß seine Gestalt uns zweimal vorgestellt wird, und dasselbe Ganze bleibt. Solche Sätze sind das eigentlich Wissenschaftliche, z. B. Gleich-heit und Ungleichheit der Dreiecke. Es ist der Sinn der Natur des Dreiecks selbst, die sich ausdrückt [darin], daß die übrigen Teile

101–102 Hervorhebung hinzugefügt127 [ gestr.: Man] Es

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bestimmt von diesen bestimmt sind. Hier ist das Dreieck in zwei Teile zerlegt, zum Ansich des Dreiecks gehören nur diese. Das Drei-eck ist vollkommen, ganz schon in diesen wesentlichen Teilen. Das Übrige des Dreiecks ist auch das ganze Dreieck. Man kann das eine den Be griff, das andre die Realität nennen, das Überfl üssige für die Bestimmtheit.

Alle andern Sätze werden auf solche Grundverhältnisse zurück-geführt. Ein höherer Satz ist dann dieser (denn jenes Bestimmtsein ist noch ein Unbestimmtsein, noch nicht wie groß, aber es ist noch keine Gleichung vorhanden, der Satz ist noch nicht so vollendet, daß auf der einen Seite stünde ein Teil, auf der andern alles übrige, es ist noch kein anderes Verhältnis) ist der Pythagoräische Lehrsatz, da ist ein und dasselbe, aber im Quantum. Im gleichseitigen Drei-eck ist bloß Gleichheit, keine Ungleichheit. Alle Dreiecke werden daher aufs rechtwinkelige Dreieck zurückgeführt.

Die Geometrie ist eine Verstandeswissenschaft, d. h. die Bestim-mungen gelten nur als positiv, sie werden nicht als zugleich aufge-hoben, ideell, identisch mit ihrem Entgegengesetzten gesetzt. Jede Bestimmtheit wird gelassen als solche, doch kommt auch die Geo-metrie an eine Grenze, wo sie über solche Bestimmtheit hinüber-geht. Den Kreisbogen des Krummen setzt man gleich der geraden Linie. Groß und klein verdeckt nur den Widerspruch, eine gerade Linie verliert durch die quantitative Veränderung nicht die Qua-lität, eine gerade Linie zu sein. Das qualitativ Verschiedene bleibt es. Die Geometrie geht so über ihr verständiges Verhalten hinaus. Sie ist gesetzt als nicht mehr Raum, nicht mehr gerade, und das ist die Natur des Be griffes.

Der weitere Fortschritt ist die Zeit. Der Ü berg ang vom Raum zu r Zeit ist zu zeigen, wie in der Determination des Raumes das liegt, in die Zeit überzugehen. Der Raum ist der Widerspruch an ihm selbst, die Bestimmungen sind schlechthin negativ gesetzt, das Außereinander, das absolute Außereinander.

129 sic130 nur diese ] nur diese diese 154 ist1 ] sind158 über der Zeile: des Raumes

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Hier, hier, jedes eine Unendlichkeit von hier in sich selbst, das absolute Anderssein, und doch ist dies Außereinandersein konti-nuierlich, d. h. sie unterscheiden sich nicht voneinander, vollkom-mene Verschiedenheit und Nichtverschiedenheit, es ist also dies, eine Bestimmung in ihm zu haben, die schlechthin negiert ist, der Raum ist also dies, Negation, und die gesetzte Negation, die der Raum in sich enthält, ist die Zeit , daß, was ist, nicht ist, was nicht ist, ist. Der Raum ist dieser Widerspruch seiner selbst, daß Außer-einandersein, Selbständigkeit der Unterschiede gegeneinander, die noch gar nicht unterschieden, jeder ist, also Nichtunterschieden-heit, absolute Kontinuität. Der Raum an sich ist die Zeit. Er soll das Außereinander sein, aber an ihm ist es nur ein | Ideelles; daß dies aber erscheint im Raum als Äußerlichkeit, ist die Äußerlichkeit der Natur überhaupt.

Näher die Negativität in ihrer Bestimmung gedacht, so fangen wir zuerst beim absoluten oder abstrakten, unbestimmten Raum an. Die Negation ist gesetzt worden, weil der Raum der Be griff ist, also bestimmt, negiert sein muß. Der Raum aber ist das abstrakte Außersichsein, also muß die Negation außer ihm gesetzt sein, denn die Natur ist eben, alles dies zu manifestieren, und die Negation ist zunächst die Fläche, die Negation ist aber zuerst die erste, un-bestimmte, die Negation ist aber die eines andern, dies andere Negative des ersten, ein Besonderes hat ein anderes Besonde res gegenüber. Da haben wir also zwei, und dies soll weiter die zweite Negation sein, noch räumlich. Das Andere der ersten als Negation bestimmt gegen dies erste, das Zweite negiert ein Affi rmatives, das noch vorhanden ist an der ersten Negation, und das ist eine Dimension. Die Ebene ist räumlicher als die Linie. Negation, die sich bezieht auf die Negation, die Linie als Negation der Fläche, also die sich auf sich beziehende Negation, und das war zunächst der Punkt.

Das Zweite aber in diesem Fortgange ist: Die Momente sind ganz noch diese Unterschiede, lassen nur außereinander bestehen Linie,

173 die [ gestr.: und Unterschieden.] Äußerlichkeit176 beim ] vom192 ist: Die ] ist, die

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dann Fläche, das, was also gleichgültig gegeneinander [ist]: es gibt eine Fläche, es gibt eine Linie, so daß es gleichgültig ist, ob es Linie, Fläche, Punkte gäbe. Diese Unterschiede fi nden sich zunächst am Raum, d. h. als ob sie gleichgültig gegeneinander wären, und man sagt, man könne [sie] sich denken. Das darf aber in der Philosophie nicht vorkommen. Die Frage ist nicht, ob man es könne, sondern ob man so denkt, wie es der Bestimmung des Inhalts zukommt. Man kann es wohl, aber man hat Unrecht, weil es gegen die Natur der Be stim mun g[en] ist, die diese schlecht hin[nige] Beziehung auf-einander haben. Zur Fläche gehört der ganze Raum, der durch sie negiert wird. Die Vorstellung meint nur, daß sie sich so eins einzeln vorstelle. Diese Bestimmungen sind also zunächst untrennbar, sie erscheinen aber als gleichgültig. Das Zweite ist ihre Identität, was man vom andern nicht trennen kann, ist im andern enthalten, es ist eins in ihm. Die Negationen sind aber nicht bloß Grenze, als etwas außer dem Liegendes. Etwas aber ist nie das, was es ist, nur durch seine Bestimmtheit, seine Grenze macht ein Allgemeines, sondern Begrenzung ist das, wodurch die Sache die Sache ist, aber die Grenze macht seine Qualität aus, das Affi rmative desselben. Die Qualität also ist sein Affi rmatives selbst, man hat nicht ein Affi rma-tives, das außerhalb seiner Grenze fi ele. Die Affi rmation war aber das Gleichgültigsein, Bestehen, die Grenze war die Negation. In-sofern wir aber sehen, daß die Grenze das Affi rmative ist, so haben wir nicht mehr zweierlei (z. B. Arten. Grenze. Tier). Diese Bestim-mung des Be griffs enthält, daß die Negationen, indem sie qualitativ affi rmativ sind, nicht noch vergesellschaftet sind mit einem Beste-hen, das eben die Affi rmation war. Die sich auf sich beziehende Negativität hat nicht noch ein Bestehen außer einem andern Punkt, sondern reelle Ganze sind zusammengefaßt, ihre Wahrheit, die sich auf sich beziehende Negativität, enthält die zwei Besonderheiten, und ist auch die Totalität, die in sich zurückgekehrte Negation.

Als Totalität, in der das Bestehen zusammengesunken ist, ist die Zeit d ie Wah rheit de s Raumes . Der Raum entschließt sich also dazu, Zeit zu sein. | Sein sich entbindendes Bestimmen, die

194 das ] dann196 fi nden ] machen

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sich auf sich beziehende Negativität ist die Zeit. Zunächst erscheint sie für sich dem Raume gegenüber, wie in der Natur das, was die Wahrheit der einen Stufe ist, erscheint als außerhalb erscheinend von dem, was in sich zusammengegangen ist. Dies Außereinan der sein gehört dem Vorstellen an. Ihre [des Raumes und der Zeit] Wahrheit ist, daß eines im anderen sich setze, und das ist das Dritte. § [20]4. Die Zeit ist die Negativität des Außersichseins; die Negation dieser Negation ist aber noch ganz das Abstrakte, dies Ideelle, Abs t r ak-t ion de s Sinn l ichen , wie es i n der For m de s Se in s der Raum, i n der For m de s Nicht se i n s d ie Zeit [ist]. Die Zeit ist das angeschaute Werden, nicht [das] gedachte Werden.

Das Negative ist hier Subjekt. Im Raume ist das Subjekt das Affi rmative, das Bestimmungen hat. In der Zeit aber [sind] zwei Negative, das eine die Negation des anderen, darin liegt sogleich, daß auch ein Unterschied in ihnen ist, also ein das Positive, Be-stehen, Gesetztsein, Plus, wie man will, die Unmittelbarkeit, die vom Raum hervor[kommt], damit das Negative verbunden. Beide sind, ob sie gleich untrennbar sind, schlechthin unverträglich, Plus ist schlechthin etwas anderes als Minus, die Verschiedenheit ist am schärfsten eben im Be griff ausgesprochen, sie sind nur so, daß sie sich zerstören, indem sie in dieser Einheit sind. Das Andere aber ist nur als Zerstörtwerden des ersten, und das ist das Werden, an-geschaut als Zeit. Was wird, ist schon, es ist aber auch nicht, das-selbe ist die Zeit, dies Sein und dies Nichtsein, die Zeit aber ist das angeschaute Werden, das Werden und seine Äußerlichkeit gesetzt, daß auch Sein und Nichtsein sich unterscheiden als unterschieden gegeneinander, aber nur als [für] einen Augenblick. Wir fassen die ideellen Momente als äußerlich gegeneinander, jedes schlägt aber unmittelbar in sein Gegenteil um. Itzt ist, indem wir sprechen [itzt] (d. h. die Affi rmation vorstellen oder denken) schon vorbei, es ist ein Sein, das, indem es ist, nicht ist, aber dies Negative ist ebenso umgeschlagen in sein Gegenteil, es ist ein Itzt und wieder nicht, und doch immer ein Itzt. Dies Vergegangensein [ist] selbst

230 sic248 sind ] sein248–249 aber ist ] aber ist aber257 schon vorbei ] ist es vorbei

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wieder affi rmativ, es ist die unmittelbare Vorstellung des Be griffs. Leicht ist diese Weise, weil hier noch von abstrakten, von einfachen Bestimmungen die Rede ist. Das Itzt ist einzeln, näher ist das Hier der Punkt, die Einzelheit, die sich auf sich beziehende Negativität. Im höchsten Sinn ist dies Ich in seiner Freiheit. Ich für mich, diese absolute Negation, die die höchste Intensität der Affi rmation in sich erreicht hat. Das Itzt schließt alle andern Itzt aus, sie sind aber gleich, und dies ist die Kontinuität, das Affi rmative wird unmit-telbar negiert im Andern, und dies ist näher die Kontinuität, näher bestimmt Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. Mit diesem Pulsieren haben wir unmittelbar das dritte dieser sich nur zerstö-renden Momente, etwas, das entsteht, vergeht, besteht.

Das Dritte ist das Identische, Ruhende beider, von dem sich beide abscheiden. Diese Beziehung ist das, was wir Et wa s nennen wol-len. Dieses Dritte ist, was in der Zeit entsteht, vergeht, also beide Momente | des Seins und Nichtseins hat. Wir sagen »die Zeit ver-geht«, die Zeit ist aber das Vergehen selbst, und dies Vergehen ist perennierend. Die Zeit ist nicht so ein Behälter, der für sich fort-fl össe, wie ein Raum, in den dies oder dies hineingeworfen wird, sondern die Zeit ist nur, insofern Dinge, Materie sind, und zwar endlich, d. h. ein Ende haben, negiert sind. Die Zeit ist nur, insofern die Dinge sind, die Zeit ist so nur eine Seite an den Dingen, diese abstrakte Anschauung. Insofern ist die Zeit nicht, insofern Dinge sind, die Dauer haben, die Zeit ist nur, insofern die Dinge sich än-dern. Wir haben aber zunächst eine empirische Anschauung von dem Gehen und Vergehen im leiblichen Gefühl der Bewegung des Blutes. Dies Lebensgefühl oder das Gefühl der Pulsation gibt uns das dunkle Gefühl der Zeit, dies ist die empirische Anschauung der Dauer der Zeit, aber es ist nicht nur empirisch so. Insofern etwas dauert, ist die Zeit an ihm unterbrochen. Die Natur des Endlichen aber hat in sich, daß sie ist, wohl ein Sein zu haben, aber mit der Bestimmung, nicht zu sein, aber dies Werden ist die letzte, logische Wahrheit des Endlichen, die wir in der Zeit anschauen. In diesem

278 perennierend ] perimierend278–279 der für sich fortfl össe ] der für sich [ gestr.: bestehe] fortfl öße284–285 sich [ gestr.: ver]ändern

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Be griffe, der das Werden ist, wissen wir, daß die Zeit ist, d. h. daß die Natur der Dinge ist, zu werden. Wir wissen also, daß die Zeit vergeht. Die Dauer ist die Zeitlosigkeit endlicher Dinge. Die Dauer hat aber nur den Sinn für uns von einer Relation; denn ebensogut wissen wir, daß die Dinge nur sind im Werden, nur vergänglich, die Dauer ist also nur Er sche inung einer Zeitlosigkeit, nicht Zeitlosigkeit selbst. Ewigkeit sagt aber etwas anderes, das absolute Zusichselbstkommen, eine Veränderung, aber nicht angeschaut in der Bestimmung der Äußerlichkeit als solcher, sondern der Be griff, die Idee, wo der Unterschied der Äußerlichkeit zugleich wieder aufgehoben wird. In der Anschauung liegt aber die Trennung, als ob die Unterschiede in der Bestimmung der Verschiedenheit gegen einander erhalten würden. Die Ewigkeit ist daher nicht nach der Zeit, denn da ist die Zukunft; der Be griff ist ewig, d. h. nichts anderes, [als] daß die Idee das Zusichselbstkommen ist, betrachtet im Verhältnis zu der Zeit.

Eine weitere Bestimmung ist: Wir machen Einteilungen in der Zeit, weil sie kontinuierlich ist. D. h. die Gleichheit derer, die sich unterscheiden. Denn es kontinuiert sich das vorhergehende Itzt in das gegenwärtige. Diese Kontinuität erscheint als dies Ruhige, Linie, Raum, an dem wir quantitative Unterschiede machen. Hierzu gehört die Wiederholung einer Einheit, ein Maß. Diese Ein heiten sollen solche sein, die sich wiederholen. Wiederholen ent hält Regelmäßigkeit. Regelmäßige Veränderungen bilden so Perioden, solche Einheiten sind Tag und Nacht, die Jahre usf. Die Veränderungen müssen gewaltsam regelmäßig gemacht werden in den Uhren. Selbst in der Astronomie kann man diese Regelmäßig-keit nicht genau erweisen.

Der dritte Punkt ist eine metaphysische Bestimmung, die auf das führt, was Kant Antinomie genannt hat. Entweder gilt die Punktualität oder die Kontinuität. Wir haben Raum und Zeit [so]

296 ist [ gestr.: endlicher D] die Zeitlosigkeit299 Hervorhebung hinzugefügt306 gegeneinander erhalten würden ] erhalten werden gegeneinander312 über der Zeile: Denn es323 hat ] habe.

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gefaßt, daß die Bestimmung der Diremtion, Negation und Konti-nuität, Affi rmation, schlechthin in eins gefaßt sind. Die metaphysi-sche Bestimmung setzt sie nur in eine dieser Bestimmungen, sind sie unendlich teilbar oder nicht. Sind sie [es] nicht, so bestehen sie aus Atomen, der räumliche Punkt. Wenn man dies sagt, so setzt man: das Wesentliche ist die Punktualität. Sagt man, sie sind ins Unendliche teilbar, so macht man die Kontinuität zum wesent-lichen Prinzip. Das, was ich vor mir habe, ist auch noch so klein noch kontinuierlich, also noch unterscheidbar, noch teilbar. Die metaphysische Untersuchung bezieht sich also auf die Frage, wel-ches Moment die wesentliche | Bestimmung sei. Hier fällt dieser Widerspruch weg, denn der Be griff ist die Einheit, die Idealität dieser Bestimmungen. Die Kontinuität enthält bei uns ebenso das Prinzip der Grenze, der Negation.

Die Alten haben scharf diese Bestimmungen aufgefaßt, besonders hat Zeno die Verlegenheit hereingebracht, wenn man eines die -ser Prinzipien festhält. Er sagt, es gäbe keine Bewegung, d. h. eben nicht in der Bestimmung des Vorkommens, sondern, daß die Be-wegung nicht das Wahre ist. Er sagt, zwei bewegen sich, nur ist früher eins gegen jenes, der Zweite geht schneller. Zeno behaup-tet, der Zweite könne den ersten nicht einholen. Sie [die Aporie] beruht darauf, daß in dem Sinne Raum und Zeit nicht so geteilt werden, daß eine absolute Grenze [zustande]kommt. Durch dies Unterscheiden von Zeit und Raum soll eine absolute Grenze gesetzt werden. Die Kontinuität enthält, daß zwei Momente eben eines ausmachen. Wenn wir dies leugnen, sind wir in der Argumenta-tion des Zeno. Wenn wir sagen zwei, so setzen wir eine absolute Grenze zwischen zwei. Die Kontinuität enthält eben, daß zwei Momente auch eines ausmachen. Zeno hält sich an diese Zweiheit. Das andere Moment ist ebenso wesentlich. Nur dadurch, daß man dies geltend macht gegen das Moment der Diremtion, hebt man dies Mangelhafte der Argumentation des Zeno auf. |

349 eines ] einen353 eines ] einen355 hebt ] heben (über der Zeile)356 Hier folgt im Ms eine Ergänzung zu Seite 34.

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Das unmittelbare Verschwinden des Seins und Nichts ist Ge-genwart. Zukunft und Vergangenheit sind die Momente von Itzt, aber selbst die Totalität Itzt. So ist Entstehen das ganze Übergehen, Vergehen auch das ganze Übergehen, nur daß bei dem einen von Sein, beim anderen von Nichtsein ausgegangen wird. So ist Zu-kunft und Vergangenheit ein Itzt der Zeit. Im Itzt haben wir ein affi rmatives: Itzt, es wird eine Negation gesetzt, ebenso die Ne-gation als seiend, als affi rmativ gesetzt. Das Sein als Negation, das Nichtsein als Sein bestimmt, so sind sie beide identisch gesetzt. Dies heißen wir Vergangenheit, daß das Itzt in seiner Affi rmation negiert ist. In der Gegenwart wird die Zukunft, das, [was] noch nicht ist, [wird] bestimmt als Sein. Das Itzt ist also der Prozeß, die Gegen-wart in Vergangenheit, die Zukunft in Gegenwart zu verwandeln. Zukunft und Vergangenheit sind selbst das Ganze. Die Negation, bestimmt zu sein, das Sein, bestimmt als negiert. Es bezieht sich selbst auf ein anderes. Zukunft und Vergangenheit sind nicht, die Zukunft ist nicht, sie ist, was bestimmt [ist,] zu sein, jene in der Erinnerung, diese in der Hoff nung. Dem Inhalt nach dauert die Vergangenheit, so wie die Zukunft schon [ist], denn die Gegenwart ist Resultat, das Seiende, welches erscheint, existiert, für anderes ist. Das Affi rmative hat aber noch den Sinn, an sich zu sein. Als Affi rmation, die Resultat ist, auch noch das Eingehüllte, Unent-wickelte, dessen Momente noch nicht entwickelt sind, und so ist die Zukunft darin enthalten. Beides sind also die realen Momente der Zeit, selbst jedes als ein Ganzes des Übergehens gesetzt, aber in den beiden Formen.

Man gebraucht jene Raumbestimmungen als Symbole des Be-griffs. Sie und die Zahlen sind formelle Äußerlichkeiten, doch sind sie das schlechteste Element für den Be griff, weil es eben die Elemente der Äußerlichkeit sind. Sie haben nur den Vorzug, daß die Explikationen abstrakt sind, und sich insofern den Abstraktio-nen des Be griffs selbst nähern. Der Be griff ist aber um so vollkom-

357 Am Rande: Philosophie der Natur 5360 daß [ gestr.: d] bei363 Itzt ] ist368 Sein ] zu sein

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mener, je konkreter, je bestimmter er ist. Die schlechteste Weise der Explikation [ist] die der Äußerlichkeit. Je oberfl ächlicher etwas ist, desto tiefer ist es, d. h. desto weniger ist es heraus. Darum ist es uns eben zu tun, dies heraustreten zu lassen. So ist der Gedanke die Explikation des Gefühls. So enthalten diese Symbole Anspie-lungen der Bestimmungen des Be griffes. Es ist aber die schlechteste Weise. Die Potenzen, Faktoren sind Formen für das Quantitative, die einer Be griffs bestim mung entsprechen können, die Hauptsache aber ist die Be griffs bestim mung, nicht die andere untergeordnete Form, die man zwar gebraucht, weil sie den Be griff ersparen. Man hat gesagt, man solle die Philosophie mathematisch vortragen. Philosophie ist aber begreifendes Erkennen, wo die Unterschiede nicht außereinander bleiben, sondern ideell, in ihrer Einheit gesetzt. Man hat von Asymptoten gesprochen usf. Diese Formen sind For-men der Äußerlichkeit und so die unpassendste Weise, den Be griff zu explizieren, die Idealität, das in Eins Fallen unterschiedener Momente.

Ü bergehen von Raum und Zeit zu Beweg ung und Mater ie. Raum und Zeit sehen so unreell aus, daß es gegen un-sere Vorstellung ist, daß sie zur Materie übergehen. Der Be griff der Zeit ist die Verwandlung des Affi rmativen in das Negative, dies Umschlagen des einen in das andere. So aber die Anschauung des Werdens, daß diese unterschiedenen Momente zugleich [einander] auschließend [sind]. Insofern sie sich ausschließen, müssen sie ein Bestehen haben. Haben nicht beide diese affi rmative Bestimmung des Seins, so fallen sie unmittelbar ineinander, also ist der Prozeß nicht, was die Zeit ist; denn soll etwas negiert werden, so muß es sein; wenn ein Umschlagen stattfi ndet, so muß jedes die Bestim-mung des Seins enthalten. Insofern Zukunft und Ver|gangenheit Momente des Itzt sind, so sind sie nur verschwindend. Das muß also sein, was verschwinden soll. Diesen verschwindenden Mo-menten kommt also zu, zu bestehen. Dieses Ausschließende, das Außereinandersein ist nun das Weitere. Das Verschiedensein haben

389 über der Zeile: er392 uns ] uns es412–413 ein Bestehen haben ] haben ein Bestehen

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wir Raum geheißen, also kommt diesen Momenten der Zeit die Räumlichkeit zu, gleichgültig gegeneinander zu sein. Diese Räum-lichkeit aber bleibt zugleich eine solche, die der Zeit angehört, ein Bestehen, was zugleich auch ein Verschwinden dieser Räumlichkeit ist, aber die Zeit setzt sich selbst räumlich, sie ist nur, insofern sie sich räumlich setzt, eine Räumlichkeit, die aber nur zeitlich bleibt. Dies nennen wir den Or t , eine Räumlichkeit, die verschwindet und wieder sich setzt, ist dieser Ort und wieder ein anderer, und das ist d ie Bewegung.

Punkt ist so dasselbe, was der Ort ist, doch sich auf sich bezie-hend, Negation, Totalität der Negation, ihre Entwicklung die Zeit, sie bleibt aber auch Negation des Raums, und so bleibt in ihr auch die Beziehung auf den Raum, als aufgehobene Räumlichkeit, aber als sich wieder erzeugend in der Bewegung. Die Zeitlichkeit des Raumes und die Räumlichkeit der Zeit ist so die Bewegung. Der Ausdruck »Beziehung« ist nur oberfl ächliche Betrachtung, der Be-griff aber ist Einheit von Raum und Zeit, und zwar in der Existenz, im Dasein. Was wir Dauer genannt haben, war abstrakte Zeitlosig-keit. Der Ort ist auch eine Dauer, wo die Momente zum Bestehen kommen, aber [Momente,] die sich wieder aufheben. Was wir als Dimensionen gefaßt haben, in Eins gefaßt, ist ebenso der Raum, wie es in der Zeit ist, die eigene Identität der Zeit mit sich, die sich auf sich beziehende Negativität. So ist die Wahrheit von Raum und Zeit die Bewegung. Die Zeit macht den Ort bestehend, das Bestehen macht die Zeit zur Vergangenheit, durch die Bewegung erzeugt sie einen Ort. Die Orte als itzt und der andre, damit als Vergangenheit und Zukunft gesetzt. An diesen Orten ist die Zeit vorbei, die Vergangenheit und Zukunft nur mehr ein Bestehen. Als Orte im Raum sind sie gleichgültig, in der Zeit werden sie als ideelle gesetzt. Ort ist räumliches Itzt. Zur Bewegung gehören insofern drei Orte.

Es ist eine alte dialektische Frage, wo ist der Körper, wenn er sich bewegt. Der Ort und der andere Ort sind dasselbe, wenn man sagt, er ist zwischen beiden, da, wo er an einem ist, er ruht[;] »zwischen«

428 die [ gestr. und.: sich] verschwindet435 der ] die

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ist aber wieder ein Ort, weil zwischen gesetzt wird als verschieden von den beiden, zwischen denen er sein soll. Der Raum ist zeitlich, und so ist die Negation zugleich gesetzt. Der Körper ist an zwei Orten, und an keinem von beiden. Dies ist in der Kontinuität der Zeit und des Raums untrennbar. Das Außereinander der Orte wird negiert, die Orte sind also ideell gesetzt. Die Bewegung ist eben dieses, daß er den Punkt, in dem er ist, zur Vergangenheit macht, und den Ort, wo er nicht ist, zur Gegenwart. Er negiert die Affi r-mation des ersten, und die Negation des zweiten.

Der Be griff der Bewegung streitet gegen unsere Vorstellung, in der der Raum nur außereinander ist. So ist die Bewegung die Iden-tität der Zeit und des Raumes. Dies ist ein abstrakter Ausdruck, der nicht das erschöpft, was wir dargestellt haben; der Prozeß ist das eigentliche, wie wir ihn expliziert haben. In der Art und Weise liegt es, daß diese Identität ist i n der For m de s Proze s se s , i n der For m der Zeit . Was das Überwiegende ist, oder was die Bestimmung ausmacht, ist die Zeit. Der Raum kommt darin nicht zu seinem Rechte, das Räumliche steht unter der Herrschaft des Zeitlichen. Die Bewegung ist daher eine einseitige Bestimmung der Form. Dieser Prozeß muß auch gesetzt werden unter der Bestim-mung der Räumlichkeit, des gleichgültigen Bestehens. Dies wäre aber eine äußerliche Refl exion, aber das Übergehen zu der andern Bestimmung liegt im Prozeß selbst, der die Bewegung war, Ne-gativität, die sich selbst auf sich bezieht. Was darin vorkommt, hat Affi rmation, wird aber nur als Negatives gesetzt, und zwar als Ver-wandlung eines Negativen in ein Negatives. Die Zukunft wird af-fi rmativ gesetzt, aber das Umschlagen dieser Affi rmation ist ebenso. Dies Affi rmative ist gleichsam nur ein Übergangsmoment.

Wenn wir nun in diese Bestimmung hervorheben, so haben wir eine Identität der Negation mit sich, eine Ruhe des Negativen, eine Beziehung ein und desselben auf sich. Damit ist Affi rmation ausgedrückt als Negation der Negation, sich zu sich selbst verhal-tende Negativität. Dies ist das, was wir das Fü r s ich se in heißen.

458 zugleich [ gestr.: mit] gesetzt484 Im folgenden Ergänzung zum Text der Seite 34 auf Seite 32, dort ge-

kennzeichnet durch das Zeichen + und die Anmerkung: »Am Rande: p. 34«

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Das Fürsichseinde verhält sich zu sich selbst, es ist ein Zusammen-fallen des Prozesses in sich. Dies ist das P r i n z ip der Mater ie. Im Raum haben wir das Fürsichsein noch nicht. In der Zeit haben wir es im Be griffe von der Zeit (was wir betrachten, wie es in der Erscheinung aussieht), aber noch nicht gesetzt. So hatten wir im Raum die Negation als Punkt, als Prozeß [ist sie] die Zeit. Der Ort ist ein Punkt, der aber nicht als Resultat herauskommt, aber nur ein Moment des Prozesses ist, das immer entsteht und wieder ver-geht. In der sich auf sich beziehenden Negativität ist aber auch das festgehalten worden, was die einfache Beziehung ist. Dem Raum muß so das Fürsichsein zukommen, die Wahrheit seiner Dimen-sionen. In Ansehung der Zeit ist es dasselbe, wo auch der Prozeß in sich zusammengehen muß, und mit dem Verschwinden des Pro-zesses als solchem ist er erloschen, und so ist ruhiges Fürsichsein, wo alles Negative ausgeschlossen [ist], Beziehung auf sich. Die vielen Fürsichseienden sind eines, was das andere ist, einander aus-schließend, das macht ihre Kontinuität aus, und das ist die Deduk-tion der Materie, die Notwendigkeit der Materie, der Übergang dieses Ideellen, Raum und Zeit, zur ersten Realität. Für unsere nächste Vorstellung haben wir einen leeren Raum, leere Zeit, in der das Materielle gesetzt wird, wo die materiellen Dinge gleichgültig gesetzt werden gegen Raum und Zeit (erst nur gesetzt), zugleich aber wesentlich räumlich und zeitlich. Der Fortgang in diesen Be-griffen ist für sich notwendig.

Weiter zu sehen haben wir, welche Erscheinung diesem Be griffe entspricht. Daß der Raum in die Zeit übergeht, sich eine Einheit setze, die Bewegung ist, sich aber nicht nur als Prozeß, sondern auch mit sich identisch setzt, ist der notwendige Fortgang des Be-griffes. Das Weitere ist die Behauptung: diese Bestimmung ist Ma-terie. Dies muß bewiesen werden. Dies kann nicht anders bewiesen werden als durch unsere Vorstellung von Materie, daß sie nichts enthält als die Bestimmungen, die wir in unserm Be griffe haben. Das Zweite, was zur Erläuterung zu tun [ist], ist dies, daß wir noch

489 Fürsichseinde [ gestr.: ist] verhält499 Wahrheit [ gestr.: der] seiner511 [ gestr.: Wir haben also zu zeigen] Der Fortgang

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zeigen, wie [dies] auch in der Erscheinung selbst vorkommt: diese Einheit des Realen | der Materie mit diesem Ideellen. Es muß also in der Vorstellung vorkommen, daß sie miteinander wechseln können, was die harte Zumutung mildert, von dem Ideellen überzugehen zur Materie, jenes zu betrachten als den Erzeuger von der Materie.

Unter Materie stellen wir uns das erste Reale vor[:] die kann man greifen, die leistet Widerstand, sie ist also nichts Ideelles, weil sie etwas Ideelles ist, also nicht ein Erzeugtes von Reellem. Gerade das Prinzip der Philosophie ist, das Reelle in Be griffe zu verwandeln, daß ihr Wahres nichts ist als eine Gedankenbestimmung, als ein Ideelles. Über solche Trennungen setzt uns der Be griff hinaus. Es ist uns aber darum zu tun, die Materie zu begreifen. Näher verste-hen wir aber unter der Materie das, daß sie Widerstand leistet und ausgedehnt ist. Was den Widerstand be trifft, so fragt sich, was heißt dies. Dies enthält nichts anderes, da es ein sinnlicher Ausdruck ist des Fürsichseins, einander Ausschließendes, und gegen uns für sich, gegen anderes für sich, gegen den Gedanken ist sie nicht für sich, aber gegen uns, insofern wir uns sinnlich materiell verhalten, sei es [unmittelbar] sinnlich oder in der Vorstellung, die auch sinnlich ist. Indem wir uns als unmittelbar einzeln verhalten, verhalten wir uns auch als unmittelbar Fürsichseiendes zu anderen Fürsichseienden. Die Realität ist ihr Fürsichsein, und so haben wir sie bestimmt. Es liegt also darin nichts, was nicht in unserm Be griff liegt.

Das Weitere aber ist, daß die Materie als Realität erscheint gegen Idealität in Zeit und Raum. Die Materie ist aber die erste wahr-hafte Realität, das Fürsichsein ist aber die erste Refl exion in sich, und so ist dies, philosophisch betrachtet, auch das Reale gegen die Abstraktion des Außersichseins und des Prozesses, und so ist die Materie die Totalität gegen diese Abstraktion. Die Materie ist also das Zusammenfallen der Bestimmung, die wir im Prozeß der Be-wegung sahen, so wie das Werden ins Dasein übergeht, das Produkt des Prozesses, das c aput mor t uum. Die Materie ist [erstens] dies, anderes auszuschließen, äußerlich zu sein gegen anderes. Die

523 Ende der Ergänzung zu Seite 34 auf Seite 32.525 was die harte Zumutung mildert ] was mildert die harte Zumutung526 den ] die

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Materie ist zweitens ausgedehnt, d. h. räumlich, und dies ist die Bestimmung, die wir gesehen haben, das Zurückführen des Pro-zesses in die ruhige Einheit, für sich zu sein, und dieser vielen, die für sich sind; [sie] ist die Kontinuität dieser Fürsichseienden. Die Räumlichkeit ist die Materie, ist die abstrakte Gleichheit mit sich selbst, die Kontinuität. Dies sind die Hauptbestimmungen. Die Schwere werden wir später fi nden.

Man sagt, die Materie sei das Zusammengesetzte, dies heißt eine Einheit, aber so, daß die Unterschiede, deren Einheit sie ist, für sich sind, selbständig sind. Zusammensetzung ist eine schlechte Kate-gorie, weil die Unterschiede sind für sich, jedes ein Selbständiges ist. Damit hängt die metaphysische Frage zusammen, ist die Materie ins Unendliche teilbar. Beide sind da darin, das Punktuelle, aber ebenso die Kontinuität. Auf dem kleinsten Teil ist ein in sich kon-tinuierliches Fürsichsein. Ein Atom existiert nicht. Erst im Leben kommt das Fürsichsein zur Existenz als Seele. Doch ist die Materie immer te i lba r, aber nicht gete i l t , so daß existierende Atome das Prinzip wären. Die Bewegung ist eigentlich nichts als die Momente, die in der Materie in indifferente Einheit gesetzt sind, im Prozeß.

Materie und Bewegung haben wir also zunächst zu betrachten als an sich identisch, d. h. dem Be griffe nach, noch nicht als exi-stierende Identität, und dies ist der zweite Teil unserer Mechanik, Verhältnis von Materie zur Bewegung als äußerliches Verhältnis. Die Materie ist ebenso in sich selbst äußerlich, wir haben noch nicht ein konkretes Fürsichsein, sondern nur ganz abstrakt, das Widerstandleisten überhaupt, daß wir es aufzeigen könnten, Atome wären. Dies nennt man mechanisches Verhältnis zwischen zweien, die miteinander zu tun haben, aber doch äußerlich bleiben. So setzt man Schlagen, Stoßen … als mechanisches Verhalten dem chemi-schen Wirken entgegen. | Im Verhältnis des Mechanismus werden die Bewegungen von einer äußeren Ursache hervorgebracht. So

557 dieser vielen ] diese vielen563 sie ist ] es ist566 Damit [ gestr.: ist] hängt567 Beide sind [ gestr.: sie sich] da574 also: über der Zeile583 sic

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spricht man von mechanischem Gedächtnis, wo kein Band [da -]zwi-schen ist, auch ich keinen Sinn dabei habe, z. B. Kalendernamen, wo die Monate, in keinem Satz verbunden, keinen Inhalt für mich haben. Dies ist die endliche Mechanik. In der absoluten Mechanik ist erst das Verhältnis in seiner Wahrheit vorhanden.

2. Endliche Mechanik

Wenn wir die Materie das Reelle nennen, die Bewegung durch Raum und Zeit als Ideelles, so haben wir einen Übergang von dem Ideellen ins Reelle auch in der Erscheinung. Z. B. ein Hebel, wo Gleichgewicht ist, wenn das Produkt der Entfernung und das Gewicht einander gleich sind. Das Reale verändere ich (Gewicht), wenn ich das Ideelle, die Entfernung vermehre. Hier kann ich sie beide vermischen. Stoß. Verhältnis von Raum und Zeit. Zeitab-stände. Also liegt in der Erscheinung dies nicht so weit auseinander, wie wir es in der Vorstellung haben.

Die Materie erscheint zunächst ruhend, die Bewegung ist außer ihr, ihr Anderes. Das ist ihre erste Bestimmung, Negation der Be-wegung zu sein. Zweitens aber, die Materie bezieht sich auf die Bewegung, aber philosophisch ausgedrückt: sie ist an sich identisch mit der Bewegung, d. h. die Bestimmung der Bewegung liegt in ihr, der Materie ist [es] möglich, bewegt zu werden, und insofern ist die Bewegung ebenso bestimmt, die Negation der Ruhe zu sein, d. h. beide Bestimmungen kommen ihr zu, d. h. die Materie ist Tr ägheit .

Man tadelt die gewöhnliche Vorstellungsart, die Ruhe ist aber allerdings das Erste, und nur erst, daß sie an sich die Bewegung in sich hat, macht ihre Bezüglichkeit auf die Bewegung aus; sie ist aber nicht gegen das eine so gleichgültig wie gegen die Ruhe, denn die Bewegung ist nicht an sich. In der endlichen Mechanik ist [ein]

592 Am Rande: »Anm.«592 durch ] das598 vermischen ] untermischen606 der ] die

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Grundsatz, wenn die Materie bewegt ist, so bewegt sie sich ewig fort, ebenso, wenn sie ruht, [bleibt sie immer ruhend]. Soll sie ruhig sein, so muß sie durch etwas Äußerliches gestört werden, denn die Ruhe ist das Andere der Bewegung. Dieses Prinzip auf die himm-lischen Bewegungen anzuwenden, ist nicht richtig. Ruhe und Be-wegung werden hier nur als andere gegeneinander bestimmt, und so ist es eine Tautologie, wenn man sagt, die Materie muß durch etwas anderes in Bewegung gesetzt werden. Newton gibt sich große Mühe, eine Vorstellung von der Erdbewegung zu geben, was aber eine leichte Vorstellung ist. Ins Unendliche fort sich bewegen ist nur Tautologie des sich Bewegens.

An der Materie nun als solcher haben wir keine Bestimmung, nur das abstrakte Moment des Fürsichseins, das sich aber entwickelt auch darstellen muß. Da eine Negation im Be griff der Materie ist, so haben wir überhaupt [einen] Unterschied, der zunächst nur ein quantitativer Unterschied, nur äußerlicher Unterschied [ist], un-terschiedene Größen der Materie, und dies nennt man Ma s sen . Daß durch diese Trennung kein Vakuum entsteht, ist klar, denn aus der Art, wie wir Raum und Zeit gefaßt haben, erhellt es, daß Raum und Zeit Abstraktionen sind, die noch nicht das abstrakte Fürsichsein haben, also auf keine Weise Existenz [haben], und man könnte [es] eben [als] das Medium einer Materie nehmen. Hierher gehört auch, daß es keine Poren gibt, die eine leere Fiktion der bloß abstrahierenden Refl exion sind. Insofern wir nun unterschiedene Massen haben, so stehen sie in Beziehung aufeinander, sie sind quantitativ, in Beziehung aufeinander, können daher sich gegen-einander bewegen, berühren usf. In der äußerlichen Bewegung kommt der Widerstand herein, obgleich sie sich berühren, und dies ist der Stoß und der Druck. Insofern die Materie aber von einer andern in Bewegung gesetzt wird, leistet sie ihr Widerstand, denn der Widerstand ist ja ihre Zähigkeit, daß sie an diesem Ort bleiben will. Denn im Raum ist sie immer. Für die Bestimmung des ei-

616 ebenso, wenn sie ruht ] ebenso ruhig619 ist [ gestr.: falsch] nicht623 über der Zeile: Erd625 über der Zeile: fort640 aufeinander ] auf einander

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gentlichen Widerstandes reicht dies also nicht hin. Der Materie ist also gleichgültig, an diesem Ort zu sein oder an einem andern. | An diesem Ort leistet sie also nicht Widerstand. Dies Fürsichsein ist nur Moment der Materie, es existiert nicht als Atome, denn sonst würde es auch ein absolutes Bestimmtsein sein in Ansehung der Materie, die Materie ist noch nicht gesetzt, als Masse für sich zu sein.

Diese Bestimmung ist nun zu betrachten. Die Masse ist ein Quan-tum von vielen Fürsichseienden. Ihre Idealität ist gesetzt nur als Kontinuität, aber noch nicht in der rechten Weise. Die vielen Für-sichseienden sind andere gegeneinander, sich gegenseitig ausschlie-ßend. Diese Idealität ist also zu bestimmen als Negation der Nega-tion, nur Fürsichsein der vielen abstrakten Materialitäten überhaupt. Die Masse ist damit als einzeln gesetzt, sie existiert als eine einzelne, als diese, an diesem Ort. Das Fürsichsein ist räumliche Bestimmt-heit der Materie, ebenso auch als Auseinandersein, also an diesem Ort. Masse als einzelne: [Der] Körper ist eine Masse, die sich für sich erhält, für sich besteht, und so erst kann sie Widerstand leisten, nimmt einen bestimmten Raum ein und erhält sich in diesem. Die Masse ist selbst für sich, und für sich als diese gesetzt, nicht von uns als diese gezeigt. Dies werden wir hernach als die Schwere haben. Man kann dies Abstraktion nennen, in physikalischer Bestimmung Kohärenz. Dieses Eins ist aber zugleich ein Eins von Vielen, und dies kann man Repulsion nennen. Jeder Materie sind diese beiden Momente [eigen], das Außereinander, und daß diese Vielen an einem Ort sich erhalten. Kraft ist eine unpassende Bezeichnung, da man sich Kraft als für sich bestehend denkt. Das Fürsichsein ist Ausschließen anderer, also Beziehung auf diese, Kontinuität, kein Moment kann allein für sich gedacht werden.

In Kants Metaphysischen Anfangsgründen der Naturlehre ist die Verirrung, daß die Refl exion die Materie voraussetze, und doch die Materie schon konstruiert wird als Repulsion und Attraktion. Daß es zum Stoß kommt, liegt im Be griff, weil die Bewegung an sich in der Materie liegt, an sich nicht als innerlich gesetzt, also äußer-lich, und so erscheint es als zufällig, daß Bewegung in die Materie

662–663 sich für sich erhält ] für sich sich erhält677 schon [ gestr.: vorausgesetzt] konstruiert

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kommt. Dies sind Bestimmungen an dem endlichen Verhältnis der Materie zur Bewegung, und deswegen nur Verstandesbestimmun-gen; das Spekulative ist, daß wir ihre Notwendigkeit erkennen.

Die Schwere, insofern sie als Widerstand erscheint gegen einen anderen Körper, heißt Gew icht , und das Gewicht ist so nur eine Form der Schwere, insofern ein Körper ein Verhältnis hat zu einem anderen Körper, also quantitativer Unterschied. Die Bewegung ist auch quantitativ bestimmt, und die Bestimmtheit des Sich-Be-wegens ist Ge schw ind igkeit , durch konventionelle Einheiten bestimmt. Die Bewegung des stoßenden Körpers hat die beiden Momente seines Gewichts, er wirkt also [als] Masse, und das an-dere Moment ist Geschwindigkeit, Verhältnis von Raum und Zeit. Beides zusammen nennt Newton quant i t a s motu s , ein Produkt des Gewichts und der Geschwindigkeit. Der Körper bewegt sich, das Ganze seiner Bewegung hat die Größe, die sich verteilt unter Gewicht und Geschwindigkeit. Diese Größe ist also die Einheit der quantitativen Bestimmtheit, die ideellen Momente sind Ge-schwindigkeit und Gewicht, und zwar nur ideelle.

Dies nennt man nun auch K ra f t . Sie will weiter nichts sein, als unterschiedene Bestimmungen, wie Gewicht und Geschwindig-keit, in eine Bestimmtheit gesetzt, und zwar als Inneres betrachtet, nicht in seiner Äußerlichkeit, nicht in seiner Äußerlichkeit gegen sich selbst. Daher ist der Ausdruck Kraft nur ein kürzerer Ausdruck für das als Einheit, was in der Erscheinung [als Mannigfaltigkeit] ist. Man sagt, Bewegung werde mitgeteilt. Insofern sie sich stoßen, sind die Massen in eins gesetzt, und daher ist die Bewegung nur eine und dieselbe, und daher liegt keine Schwierigkeit in dem Übergehen der Bewegung. Nach dem Stoße bleibt die Größe der Bewegung dieselbe als vor dem Stoße. |

Das Dritte ist nun die beginnende freie Bewegung. Wir haben vorhin gesagt, daß die Masse ein Körper ist, auch ein einzelnes, ein Fürsichsein dieser Vielen. Indem wir aber zunächst noch Masse haben, so kann dies Fürsichsein der Vielen noch nicht zustande-kommen. Die Attraktion kann darin noch nicht zu ihrem Rechte

694 der ] die704 als ] [ gestr.: was in der] als

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kommen, oder die Außersichseienden werden noch nicht ideell gesetzt. Aber ebenso wesentlich ist diese Idealität, und es zeigt sich so, daß diese Idealität der vielen außerhalb der Materie fällt. Die fürsichseiende Einheit nennen wir Mittelpunkt, dieser Mittelpunkt ist aber außer der Materie, da die Materie nur im Leben zur exi-stierenden Idealität kommt. Die Materie treibt sich also, sucht, setzt diesen Mittelpunkt im Eins derselben, und dies ist die Schwere, es kommt nicht zu dieser Einheit, sondern es bleibt bei diesem Suchen der Einheit. Attraktion ist ein schiefes Wort, weil man sich die Materie da denkt, und etwas, das sie zieht. Daß aber die Materie dies sucht, ist ihr Be griff, das ist das Logische ihres realen Außereinanderseins. Die Schwere ist also der Materie immanent, die Materie selbst setzt diese Einheit, aber es ist die reale Stufe, die die Materie sucht und die Idealität ihrer realen Außereinander-seienden. Die Materie ist dies, sich zu einem Eins zu produzieren, aber es kommt nicht dazu, es ist ein perennierendes Streben, und damit ist vorerst der Be griff der Schwere vollendet. Schwere ist also nicht bloß eine Eigenschaft, sondern sie macht das Substantielle der Materie aus, dieses Schwere ist die Materie, oder die Materie ist schwer. Nach dieser Beziehung ist die Materie nicht mehr träge und für sich, die Materie, dies Subjektive, dies Fürsichseiende, [ist] dies Suchen einer Einheit, wo das Suchende ein vielfaches Bestehen ist, und das ist das Konkrete der Materie. Die Schwere ist insofern der erste eigentlich konkrete Be griff.

Die Erscheinung dieser Schwere ist der Fa l l , eine immanente Bewegung. Schwer ist das Substantielle der Materie, ein Insich-sein der Materie, aber als solches nur ein Gesuchtes außer ihr, sie selbst ist nur ein Suchen des Insichseins. Man stellt das Schwere dar als den Gegensatz gegen Licht, Lebendigkeit überhaupt, mit dem das Andere sich in Kampf einzulassen, das es zu überwinden habe. Die Schwere soll überwunden werden, heißt so: das noch

716 zeigt ] stellt717 der2 ] die729 zu ] zur730 perennierendes ] perimierendes733 aus ] aus ist

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außerhalb der Materie gesetzte Insichsein soll immanent Prozeß in sich enthalten.

Die Materie soll so entwickelt werden, d. h. sie soll innerhalb ihrer zum Gegensatz kommen, ein solches Insichsein, daß inner-halb desselben ein solcher Unterschied vorhanden ist. Diese Zen-tralität soll in sie gesetzt sein, das Insichsein hereingesetzt ist dann ein Insichsein, worin das Viele als ideell gesetzt wird, wodurch ein Beginn der Subjektivität gesetzt werde. Der subjektive Punkt fällt bei der Schwere außerhalb, sie sucht nur das Zentrum, diese Idea-lität des Unterschiedenen. Das Fürsichsein bleibt noch stehen, und so ist das Zentrum abstrakt, nicht materiell, und ist insofern noch nicht in der Materie. Wenn wir jenes Attraktion nennen, so ist die Repulsion ebenso vorhanden, und sie sind noch nicht wahrhaft ineinander gesetzt.

Das Dritte nun ist der f re ie Fa l l der Kör per. Wir haben schwere Materie, das Außereinander der Materie, das Aufheben dieses Außereinanderseins, diese Idealität. Es ist nun zu betrachten, welche Bestimmungen weiter gesetzt werden müssen, und diese sind: Unterschiedenheit der Massen, qualitative Unterschiede, da noch kein anderer Unterschied da ist, jener aber näher bestimmt in Rücksicht auf die Schwere, ein qualitativer Unterschied des Hin-dernisses, nicht ein Unterschied der Schwere als Gravitation. Das Gravitieren muß man vom Gewicht unterscheiden. Jenes ist der Materie immanent und auf gleiche Weise, der Unterschied kann nur ein | relativer sein von Massen gegen Massen, denn die Mate-rie ist dies Passive, das sich teilen läßt, weiterer Bestimmung ist sie fähig; diese noch nicht an ihr selbst gesetzt. Bestimmung ist also etwas, was in ihrem Be griffe liegt. Die aber noch nicht gesetzt, als äußerliche an sie Kommende erschienen. Sie ist daher passiv dage-gen, und so hat die Trennbarkeit, Unterscheidbarkeit nur den Sinn, gegen andere ein Hindernis zu sein. Zunächst die verschiedene

747 sich ] ihr762 dieses Außereinanderseins [Ms: das Außensein],772 diese: über der Zeile772 noch nicht an ] nicht an776 andere [ gestr.: hat] ein

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Dichtigkeit, doch dürfen wir diesen Unterschied noch nicht als qualitativen an der Materie setzen, eine Unterscheidbarkeit, die wir verschiedene Medien nennen, daß eine Materie der anderen weicht in Beziehung auf die Richtung. Diese nähere Bestimmung haben wir hier noch nicht zu entwickeln. Sondern hierher gehört nur die Möglichkeit, daß die Materie sich unterscheiden läßt. Trennung durch leeren Raum ist nicht möglich. Daß es verschiedene spezifi -sche Schwere ist, ist dann etwas Konkreteres. Es sind also verschie-dene Massen, Verschiedenheit der Massen in dieser Allgemeinheit der Schwere, die sich bezieht auf den Widerstand. Die spezifi sche Schwere macht in Rücksicht auf das Drücken keinen Unterschied aus. Setzen wir nun eine Verschiedenheit des Mediums, so haben wir eine Masse, die schwer ist, und zufälliger Weise, durch Zufällig-keit, die getrennte Masse. Mit der Schwere ist eine Richtung be-stimmt. Zwischen dem Stein und dem, was ein Medium näher ist, dem der andere Körper weicht, so wird der Stein nicht aufgehalten, der Richtung seiner Schwere zu folgen; oder wir können ihm eine andere Richtung geben, denn das wahrhaft Konkrete der Mate-rie ist nicht bloß die Schwere, sondern Lebendigkeit, das höchste, wozu die Natur kommt, es gibt ein Wichtigeres über sie als diese Richtung, die sie durch die Schwere hat. Wenn ein Körper entfernt wird, nicht unterstützt ist, d. h. in einem weniger dichten Medium sich befi ndet, so ist er getrieben, die andere Richtung aufzuheben, und dies nennen wir Fallen. Freie Bewegung, jedoch noch bedingt, [gleichwohl schon] immanent.

Die abstrakt endlich-äußerliche Materie bewegt sich nicht; in-sofern sie aber schwer ist, bewegt sie sich selbst. Diese Masse hebt aus sich selbst die Entfernung auf, als diese ihr andere Richtung, indem ich ihr eine andere Bewegung gebe. Bedingt ist die Rich-tung, insofern von außen gesetzt[,] ist diese Trennung, ein Stein

778 der ] die785 Massen ] Masse786 Die [ gestr.: Untersch] spezifi sche789 durch: über der Zeile797 [ gestr.: ein] Wenn802 bewegt sich ] bewegt sie sich

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fällt erst, wenn ich ihn von [der] Erde entferne. Er stellt selbst wie-der her seinen Zusammenhang, und dies ist sein immanentes Tun, seine eigene Bewegung, insofern ist die Materie frei, weil sie selbst schwer, sie selbst setzt sich einen Mittelpunkt.

Man kann nun so einer Masse eine andere Bewegung mitteilen im Wurf. Näher im Pendel, da sagt man, es wird in Ewigkeit sich fortbewegen, wenn nicht der Widerstand der Luft und die Reibung wären nach dem Prinzip der endlichen Mechanik, daß es bei der abstrakten Bestimmung der Bewegung bleibt, die nur von außen gehemmt werden kann. Eine Bewegung aber ist die absolute Rich-tung, die Schwere, die Bewegung nach der Ruhe, es [das Pendel] sucht die Ruhe, es erreicht sie nicht, dies ist aber seine feste Rich-tung, die in seinem Be griffe liegt, die andere Richtung aber ist nur eine zufällige Bewegung; die absolute Bewegung macht sich geltend gegen die nur zufällige Richtung, es ist daher notwendig, daß das Pendel für sich ohne Rücksicht auf Reibung zur Ruhe kommt.

Dies widerspricht der Mechanik, der Fehler derselben aber ist, daß Bestimmungen der bloß endlichen Mechanik übergetragen werden auf eine Sphäre, wo der Be griff sich beginnt zu realisieren. Die Schwere ist das Substantielle, das sich geltend macht gegen das Akzidentelle. Das ist das Eine, daß im Falle eine eigentüm-liche Richtung vorhanden ist, und eine freie Bewegung, die ein-tritt gegen eine zufällige Richtung. Man kann noch bemerken: Wenn Reibung und Widerstand die einzigen Hin|dernisse wären, so wären sie ebenfalls Hindernisse gegen die Schwere, so gut wie gegen die andere Richtung, nicht bloß als Widerstand gegen die Richtung, die ablenkt von der Richtung der Schwere, das würde sich also ausgleichen. Die Richtung der Schwere ist aber an und für sich die wesentliche Richtung, [zu] welcher die zufällige Richtung [hin]zukommt.

807 ihn [ gestr.: auf ] von810 [ gestr.: seinen] einen810 Mittelpunkt. [ gestr.: die ein]816 gehemmt ] wird [ gestr.: werden] gehemmt829 [ gestr.: Das zweite] Man kann831 sic835 gemeint: das Bestimmen der zufälligen Richtung

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Das Zweite, was zu betrachten ist, ist das Gesetz des Falles, der Betrachtung würdig, weil das Verhältnis zwischen Raum und Zeit ebenfalls aus dem Be griff zu erkennen ist, durch den Be griff zu bestimmen [ist]. Der Gegensatz [von] absolut beweglicher ruhen-der Materie und relativ ruhender Materie liegt in der Bestimmung der Trägheit, der die Bestimmung der Bewegung und der Nicht-bewegung zukommt. Diese abstrakt zu trennenden Bestimmun-gen sind noch zu suchen, und zwar als verschieden existierende, als determiniert in Rücksicht auf die Bewegung und als ruhend, als beweglich, nicht determiniert in der Bewegung, aber relativ, ruhend ein Werden, das bestimmt determiniert ist nach seiner Be-wegung. Da s Geset z de s Fa l le s wurde von Galilei entdeckt: gleichförmig beschleunigte Bewegung, [d. h. die durchlaufenen] Räume [verhalten sich zueinander] wie die Quadrate der [zugeord-neten] Zeiten. Die Einheit, die empirische Größe, ist bekannt, wo die Bewegung nicht gleichförmig ist. Dabei ist kein Unterschied des Gewichtes, der nur einen Sinn hat im Gegensatz zweier Kör-per gegeneinander. Die Schwere ist eine qualitative Bestimmung, wo dieser quantitative Unterschied keinen Sinn mehr hat, der nur eintritt bei der Vergleichung verschiedener Körper.

Wie ist dies Gesetz durch den Be griff bestimmt? In der Ma-thematik beweist man das Gesetz. Man hätte das nicht nötig. Die angewandte Mathematik hat die Gesetze aus der Erfahrung auf-zunehmen, und zu beweisen, daß die Terme, die ihr folgen, dann richtig entwickelt werden.

[Man sagt in der Physik:] Auf jede Zeiteinheit kommen bei der gleichförmigen Bewegung gleich viele Einheiten des [Kraft-]Maßes. Nun wirkt aber die beschleunigende Kraft in jedem Zeitteil ein und vermehrt in jedem Zeitpunkt die Bewegung des Körpers. Insofern sie aufhört zu wirken, so würde der Körper fortgehen, mit derselben Geschwindigkeit fortsetzen.

842 der2 ] daß844 sind [ gestr.: zu] noch855 Unterschied [ gestr.: nicht] keinen857 dies [ gestr.: Begr] Gesetz860 die ihr folgen ] daß sie keine in ihr folgenden860–861 dann [ gestr.: nicht] richtig

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Hierüber ist zu bemerken, daß dies Fiktionen sind – diese zwei Bestimmungen der Gleichförmigkeit der Bewegung und dies Hinzukommen und Einwirken der Kraft. Für die mathematische Darstellung ist es zweckmäßig, solche Darstellungen zu machen. Die Linien, die man aber da macht, sind nichts Physikalisches. Das eigentliche Bedürfnis ist, zu fragen, in dem Augenblicke, welche Geschwindigkeit hat er an diesem Ort? Die Geschwindigkeit hat er aber unmittelbar nicht mehr, man kann [sie] aber [formell ange-ben] und ist getrieben, diese Frage zu stellen. Diese Geschwindigkeit will man bestimmen. Die Geschwindigkeit als solche, die abstrakte Geschwindigkeit, ist das Verhältnis von Zeit und Raum, v = s

t . Warum macht man jenes s zum Zähler, t zum Nenner? Schon dies hat einen näheren Grund, der sich auf die Natur ihres Verhältnisses bezieht. Denn wir haben die Zeit als das Negative bezeichnet, den Raum als das Ausgedehnte in seinem Bestehen, [die Zeit ist] das Prinzip des Eins überhaupt, wohingegen der Raum das Prinzip des Vielen in sich enthält. Zu jeder Zahl gehört eine Anzahl und eine Einheit. Die Einheit ist das Kontinuierliche und Diskrete. Raum und Zeit verhalten sich ebenso als Anzahl und Einheit; jenes als die Seite des Vielfachen, dies als die Seite des Fürsichseins. Als Verhält-nis ist es überhaupt das eine als Einheit, das andere als Anzahl, und es wird gefragt, wieviel[e] die Anzahl der Einheiten enthält, diese wird also als Nenner geschrieben. Das ist ein Verhältnis ihrer Natur, daß die Zeit wesentlich genommen wird als der Nenner.

Die Geschwindigkeit beim Fall ist [aber] keine solche Geschwin-digkeit wie s

t , denn dies ist nur die abstrakte gleichförmige Ge-schwindigkeit; eine gewaltsame [Bewegung könnte durch den Aus-druck s

t beschrieben werden], die Geschwindigkeit der Natur ist im Ganzen in freier Bewegung nicht eine solche. Welche Ge-schwindigkeit hat nun der Körper? Wenn man so fragt, so verlangt man eine Geschwindigkeit in diesem Sinn. In der Mechanik fi ndet

876 stellen ] nehmen879 jenes [ gestr.: zu] s879 Schon [ gestr.: hat] dies883 wohingegen ] da hingegen886 sic

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man den Satz, daß beim Fall sich die Geschwindigkeiten verhalten wie die Zeiten, und dieser Satz wird als Folge [des Gravitations-gesetzes] aufgeführt. Es wäre konsequenter, daß wir diesen Satz als den ersten nehmen. |

Jede nächste Geschwindigkeit ist gleichförmig beschleunigt, oder es ist ein gleichförmiges Verhältnis zwischen dem Wachsen der Geschwindigkeit und der Zeit. Denn das ist eben gleichförmig beschleunigte Bewegung. So [gilt]

T : ST

= t : st ,

[also]

T² : S = t² : s.

Wenn man also die Defi nition der gleichförmig beschleunigten Bewegung in mathematische Sprache übersetzt, so erhält man das Gesetz unmittelbar. Die Notwendigkeit eines solchen Verhältnisses ist alles. Die Geschwindigkeit eine Bestimmtheit, das Verhältnis von Zeit zu Raum. Dies Verhältnis soll durch sich selbst bestimmt sein. Hier, im freien Fall, wo Zeit und Raum dazu kommen, das Bestimmende zu sein, ist eine Notwendigkeit in dem Verhältnis, sie liegt darin: die Zeit, das Fürsichseiende, die Zeitgröße – sie kann sein, was sie will – diese ist das Bestimmende, das Andere, die qualitative Bestimmtheit des Raums, muß in der Zeit liegen, und muß so darin liegen, daß sich die Zeit zu einem anderen und zu i h rem Anderen macht, und dies ist der Raum. Die Zeit produziert sich, vervielfältigt sich, macht sich zum Anderen ihrer selbst, dem Vielen, der Ausdehnung, dem Raum, eine und dieselbe Bestimmt-heit dieser Vielheit soll nur durch die Einheit der Zeit bestimmt sein, indem Bewegung ist, kommt sie zum Unterschied, und die

903 Am Rande: Philosophie der Natur 6904 Wachsen ] Verhältnis des Wachsens 908 gleichförmig beschleunigten ] gleichförmigen912 soll ] ist soll916 sie ] sich917 [ gestr.: daß] und919 i h rem ] se i nem

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Zeit hat in der Vielheit sich zum andern gemacht, aber nur sich selbst pro duziert, das heißt, daß sie sich ins Quadrat erhoben hat, und so ist das Verhältnis der Wurzel zum Quadrat das Notwendige, eine Vielheit, die durch diese Einheit selbst bestimmt ist. Dadurch ist keine empirische Größe bestimmt, sondern nur quantitative Bestimmtheit, die schlechthin qualitativ ist. Das ist ein Beispiel, wie in der Natur ein Gesetz durch die Momente, die es enthält, bestimmt ist. |

[3. Absolute Mechanik]

Da die Bewegung die freie, die durch den Be griff bestimmte Be-wegung ist, müssen die Größen durch den Be griff bestimmt [sein]. Kepler ist der große Erfi nder dieser Gesetze. Nicht leicht ist ein Ruhm ungerechter auf einen andern übergetragen worden. Es geht in vielen weiteren Bestimmungen dann fort. Das, womit wir uns aber hier zu beschäftigen haben, sind die allgemeinen Gesetze, und die Weise des Übergangs von dem Be griff zu den Gesetzen. Sie sind die drei Hauptgesetze: [erstens] die Bahnen sind elliptisch, [zweitens] in gleichen Zeiten [werden] gleiche Sektoren der Bah-nen [durchlaufen], drittens die Quad r a te der Umlaufszeiten ver-halten sich wie die Kuben der Entfernungen.

Das Erste ist die Gestalt der Bahn, die räumliche Bestimmung des Weges, sie muß von der Natur des Ganzen, der Bestimmt-heit der Bewegung abhängen. Raum und Zeit sind verschiedene Qualitäten, obgleich beide ineinander übergehen, [sind sie] doch wesentlich unterschieden. Die Größenbestimmtheit, die durch sie gesetzt ist, kann also nicht sein s : t. Die Beschleunigung muß also da sein, aber nicht ungleichförmig, sondern nach einem Gesetz, also gleichförmig beschleunigte Bewegung. Diese sahen wir beim Fall. Die gleichförmige Beschleunigung muß durch das Gegenteil gleichförmig retardiert, wieder kompensiert sein. Die Gestalt der Bahn muß dadurch bestimmt sein. Das ist das Potenzenverhält-nis. Die Linie der Bahnen ist eine in sich zurückkehrende Linie. Die gerade Linie hat nur abstrakte Grenzen. Hier haben wir aber

942 Quadrate: über der Zeile

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konkrete Bewegung, nicht eine Abstraktion, einen unmittelbaren Anfang. Solche Bewegung kann nun nicht in einem Kreis stattfi n-den. Man kann sich wohl vorstellen, daß im Kreis ein Körper sich rascher und langsamer bewege, worauf es ankommt, ist, daß die Figur der Bahn bestimmt sei durch die Natur der Bewegung, ein Kreis [aber] ist bestimmt nur durch eine Bestimmtheit, die Radien, diese sind alle gleich, oder der Kreis ist vollständig bestimmt durch einen Umstand, eine Bestimmtheit, und dies ist der Radius, und dies macht ihn unfähig, daß er bestimmt sei für eine solche Bahn, für die Natur der Bahn. Die Ungleichheit, die in der Bewegung ist, ist nicht durch den Kreis ausgedrückt, also es muß eine in sich zurückkehrende Bahn [sein], die gesetzt ist durch zwei Bestimmun-gen, durch die Verschiedenheit zweier Radien, die man sich durch Quadrate bestimmen kann. Eine solche Linie, die diese Diremtion in sich hat und in sich zurückkehrt, ist die Ellipse, vollkommen bestimmt durch die zwei Achsen. Die Natur der Bewegung ist er-schienen an diesem ihr untergeordneten, der Gestalt der Bahn. Das ist das große Gesetz, das Kepler entdeckt hat.

Das Zweite ist, daß in gleichen Zeiten gleiche Sektoren durch-laufen werden, gleiche Bögen gäbe die Kreisbewegung, was [nach dem Vorigen] nicht sein darf. In ungleichen Zeiten werden un-gleiche Bögen durchlaufen. Der Zusammenhang dieser Be griffe mit der allgemeinen Bestimmung ist dieser[:] Beim Fall hatten wir s = at², wo a eine empirische Größe ist, die Zeit in das Quadrat erhoben gibt hier nur eine arithmetische Bestimmung, hier das a, das Quadratische ist nur arithmetisch, es ist nicht eine Fläche, und nicht eine Ebene, es ist nur formell, es existiert nicht diese Bestim-mung in dem Räumlichen des Falles, der nur gerade Linie ist. In der Realität des Be griffes muß diese Bestimmtheit des Räumlichen auch als Fläche existieren. Es muß also hier die Flächenbestimmt-heit eintreten. Die Bestimmung des Räumlichen muß also hier existieren als ein Flächen haftes, und das ist der Sektor überhaupt, noch nicht als Raum nach der dritten Dimension, der Raum im

962 die Radien ] den Kreis969 durch1 ] auf986 auch ] muß auch

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Verhältnis, noch nicht der totale Raum. Die Zeit, das Negative, hat noch einen Anteil daran, und so kommt es nur zur Existenz der Fläche.

Eine Seite an der Fläche ist der Bogen, die andere die Radius-vektoren. Eben dieses Ganze ist das Bestimmte, worauf es ankommt, das Dreieck, darin liegt näher, daß der Bogen selbst bestimmt [ist] durch die Radien, und umgekehrt. Darin liegt der wesentliche Unterschied vom Verhalten im Kreise. Diese drei machen dort nur ein Ganzes der Bestimmtheit aus, eines [ist] also Funktion des an-dern. Im Kreise, wo alle Radien gleich sind, ist durch die Größe des Radius die Bewegung nun zwar | unbestimmt gelassen, das ist bloß empirisches Verhalten der Bogen zu den Radien. In der Ellipse, insofern sie als Bahn bestimmt ist, sind sie aber gegenseitig Funktionen voneinander. Davon hängt es ab, daß die Zeit mit dem Sektor zusammenhängt, und hier fi ndet statt die Gleichheit der Zeit und des Sektors, darin, daß in der in sich zurückkehrenden Bewegung die Identität der Zeit und der Raumbewegung liegt, was im Falle nicht stattfi ndet. Hier hingegen muß es der Fall sein, daß die Gleichförmigkeit erscheinen muß als fl ächenhafte des Raumes, [daß sie] existiert als Raum, und so ist der Bogen nur ein Moment des Sektors, und so ist der Be griffs zusam men hang dieser Bestim-mungen gegeben.

Drittens: Die Kuben der Entfernungen verhalten sich wie Qua-drate der Umlaufzeiten. Kepler verfuhr empirisch, er nahm früher schon das Verhältnis, und ließ nicht nach, bis er nach 27 Jahren darauf kam, in dem Vertrauen auf die Vernunft. Der Zusammen-hang mit dem Be griff ist, weil das Ganze der Bewegung nur be-stimmt ist durch das Verhältnis von Zeit und Raum, so muß ihre

993 die1 ] das993–994 Radiusvektoren ] Sektoren7 ist ] sind10 daß in der in sich ] daß es in11 die Identität der Zeit und der Raumbewegung liegt ] liegt die Iden-

tität der Zeit und der Raumbewegung12 muß es ] ist es muß es17 im Ms. Korrekturen18 korr. aus: Entfernungen

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Größenbestimmung sich als Realität der Bestimmung darstellen. Des Raumes Bestimmung sind drei Dimensionen; insofern es sich um die Größenbestimmung handelt, die durch seine Bestimmung gesetzt ist, muß [es] der Kubus sein. Die Zeit als das Formelle muß gegen den Raum um eine Bestimmung zurückbleiben. Dies sahen wir bei dem Falle. Aber die Zeit als die formelle Seite kommt auch nur zur formellen Totalität, die reale Totalität kommt erst im Kubus zur Erscheinung. Die weitere Ausführung gäbe ein Beweis a priori aus dem Be griffe, der geführt worden ist, weil von freier Bewe-gung die Rede ist, doch von der, die nur durch sich selbst bestimmt, d. h. durch den Be griff der Bewegung bestimmt ist.

Newtons Verdienst wird darin gesetzt, daß er erkannt hat eine allgemeine Schwere. In Ansehung derselben ist zu unterscheiden[:] Allgemeine Schwere ist die, daß die Körper schwer sind gegen die Sonne; daß eine wesentliche Beziehung da sei, hat niemand geleug net. Das Andere ist, daß dieselben Gesetze auf der Erde die-sen entsprechen. Das empirische sind die 15 Fuß. Diese empirische Größe kann auf keinen Planeten angewendet werden, nur auf den Mond hat sie Newton angewendet, dessen Zentripetalkraft diesem entspricht. Das empirische Moment ist von weniger Bedeutung, die Hauptsache ist das Gesetz. Diesen empirischen Faktor nennt man oft die Schwerkraft, was in dem Differentialausdruck der Koeffi zi-ent wird. Aus den Verwirrungen kann man sich nur heraushalten, indem man genau diese Unterschiede merkt. Zweitens gilt sie als Faktor zu einem andern Faktor, der Zentrifugalkraft. Man sagt, die Planeten gravitieren gegen die Sonne, sie würden fallen, wenn die Zentrifugalkraft sie nicht fortrettete. Es ist das Bedürfnis, in der Mechanik die Linie der Richtung zu betrachten als die Seite eines Dreiecks, nur insofern kommt mathematische Bestimmung heraus, die Koordinaten zur Bestimmung des Bogens. Die zwei andern Seiten der Bewegung heißen Kräfte, die dann die Richtung

23 darstellen ] Darstellung24–25 insofern es sich um die ] insofern sich von der28 Aber ] Oder31 weil von ] weil es von47 der ] die

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determinieren. Näher aber hat man die Vorstellung eines Parallelo-gramms, wo er [der Körper] von zwei Kräften sollizitiert wird, die einen Winkel miteinander machen. So daß die Bewegung des Körpers sei die Diagonale. Das Parallelogramm ist so eine Grund-bestimmung in der Mechanik. Um die Kurve zu bestimmen, hat die Mechanik ihre Zufl ucht nehmen müssen zu zwei Kräften. Das Bedürfnis, solche zwei Linien anzunehmen, hat zu Zentripetal- und Zentrifugalkraft geführt. Diese Linien sind notwendig für die analytische Behandlung, aber man stellt sie als etwas Physikalisches [dar]. Newton sagt, er wolle nichts physikalisch bestimmt haben, und danach gebraucht er den Ausdruck Kraft. Wenn nichts phy-sikalisch bestimmt werden soll, so wäre der Ausdruck Kraft weg-zulassen. Geschwindigkeit und Richtung sind das Erscheinende, die Momente als Momente der Bewegung, [wir schließen daraus,] daß die Schwere eine allgemeine sei, so wie wir | von der Elektri-zität wissen, [und dann] so ein fest Bekanntes ausdehnen zu einer allgemeinen Bestimmung. Die Schwere ist Verhältnis der freien Bewegung, ist [also] ein anderes aber. Die Zentrifugalkraft soll uns auch so ein bekanntes sein. Die Zentrifugalkraft ist etwas, was nicht empirisch gezeigt wird. Denn beim Drehen eines Endes [einer Wurfschleuder] werfen w i r. Dies Werfen ist eine Zufälligkeit, eine momentane Trennbarkeit. Die Zentrifugalkraft ist nicht empirisch konstatiert. Diese Kräfte werden nur in ein Verhältnis gesetzt, daß sie von ver schiedener Größe sind nach verschiedener Geschwin-digkeit. Wenn man dies nimmt, so fällt man in große Verwirrung, wie im Cuvierschen System der Sensibilität und Irritabilität. Eine hat nur Sinn im Gegensatz gegen die andere, und so ihr Wachsen und Abnehmen. Im Aphelium sei die Zentrifugalkraft am größten, die Zentripetalkraft am kleinsten. Im Aphelium nähert er [sc. der

59 zu ] nach61 geführt ] genannt66 sind ] ist69 ausdehnen ] auszudehnen74 Hervorhebung hinzugefügt78 [ gestr.: dieser Gegensatz] Wenn79 Cuvierschen ] Couwieschen [?]

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Planet] sich wieder an, so nimmt die Zentrifugalkraft ab, die Zen-tripetalkraft zu. Das Gegenteil kann man ebenso sagen, denn die Zentripetalkraft muß da am stärksten sein, weil sie die die größere Zentrifugalkraft zu überwinden hat.

Dasselbe fi ndet auch am Pendel statt, das langsamer schwingt am Äquator, wo man also das [Sekunden-]Pendel verkürzen muß. Da sagt man, die Schwere werde verändert, dies komme von der Zentrifugalkraft her, die da größer sei, weil die Kreise größer. Man kann aber auch das Gegenteil sagen. Unter dem Äquator schwingt das Pendel langsamer, d. h. die Richtung nach dem Mittelpunkt der Erde ist größer und es kostet mehr Mühe, [so] daß der Stoß nach der Seite schwieriger ist. Den Trieb zu fallen heißt man die Schwere, die Richtung nach dem Mittelpunkt zu kommen, zur Ruhe zu kommen, ist größer.

Die Schwere hat also hier die Bedeutung des einen Bestimmen-den, des einen Faktors. Dann aber heißt auch das ganze Gesetz der Bewegung das Gesetz der Schwere. Die Schwere wird so [bei Newton] das Ganze der Bestimmung, und von der Seite hört man von der Zentrifugalkraft [sonst] nichts. Deswegen gilt das Gesetz auch für so schwer, weil man sich Teilungen, Übersetzungen, ge-fallen lassen muß, die einen schwer ankommen, weil das, was vor-ausgesetzt wird, Resultate sind.

Was nun das Gesetz der Schwere selbst betrifft, so ist es dies, daß die Schwere wirke nach dem umgekehrten Quadrat der Entfer-nung – hier heißt schwer nichts anderes als Geschwindigkeit, d. h. die Planeten bewegen sich nach dem Quadrate der Entfernungen, was Newton geometrisch erwiesen hat. Princ[ipia] mathematica I.2.1. Die Hauptsache in Ansehung dieses Beweises ist, daß die Geschwindigkeit sich umgekehrt verhalte wie das Quadrat der Ent-fernung für eine Kurve in verschiedener Entfernung. Dies wird ebenso gut an der Parabel als Ellipse als Hyperbel erwiesen und überhaupt. Auch Laplace führt dies an. Diese Allgemeinheit wird hier gerühmt. Die Hauptsache aber ist, daß die Planeten sich in

83 an ] ab104 wird ] sind109–110 Princ[ipia] mathematica I.2.1: über der Zeile

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einer Ellipse bewegen, und die Hauptsache müßte sein, daß dies Gesetz und die Kraft dieses Gesetzes nur stattfi ndet in den Ellipsen, oder daß die Bahn nur elliptisch ist. Nicht der Kreis, die Hyperbel [oder] die Parabel muß es sein, sondern nur die Ellipse, so ist ge-rade das Gegenteil [dessen] bewiesen worden, was bewiesen wer-den soll. Der große Keplersche Satz ist daher nicht erwiesen. Das Mangelhafte an dem Beweise ist die Allgemeinheit an demselben, da bewiesen werden sollte, daß, wie [es] im Empirischen die Ellipse ist, auch dies durch den Beweis gegeben werden muß.

Kepler hat seine drei Gesetze empirisch nebeneinander gestellt, vermittelst der Differentialrechnung kann man ihre gegenseitige Abhängigkeit nachweisen. Das dritte Keplersche Gesetz ist, daß die Kuben der Entfernungen sich verhalten wie die Quadrate der Umlaufszeiten:

A³ =

T²a³ t²

;

A³ =

a³T² t²

,

das Verhältnis [ist] konstant. Der Ausdruck der Schwere, insofern sie ein Gesetz enthält, nicht ein empirischer Faktor, nicht der eine Faktor zu dem andern, der die Zentrifugalkraft wäre, so verhalten sich die Entfernungen wie die Quadrate der verfl ossenen Zeiten, das Gesetz der Schwere bei dem | Falle:

a =

At² T² .

Wenn wir den Ausdruck der Keplerschen Gesetze vornehmen, und in ihm den Ausdruck herausheben, der für die Schwere paßt, so haben wir

A = a² ·

a A² · T² t² ,

AT2 nennen wir darin die Schwere, G, so haben wir

A² G = a² g,

119 die Parabel ] der Kreis

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in der Schwere [d. h. beim freien Fall] bedeutet A eine gerade Linie, hier aber nur Bahnen, die in einem konstanten Verhältnis zu ih-rem Durchmesser stehen. Das Keplersche Gesetz enthält nun nur ein Verhältnis zwischen den Entfernungen, nicht den Bahnen, wie in der Schwere, da aber jenes Verhältnis [zwischen Bahnumfang und Bahnhalbmesser] konstant ist, so können wir das eine für das Andere setzen.

Jene Gleichung als Positive gestellt [lautet]

A² : a² = g : G,

d. h. die Quadrate der Entfernungen sind also ein umgekehrtes Verhältnis der Schwere. Das ist also eine reine Bahntransformation, wenn man das Verhältnis Schwere nennt. Diese Form des Aus-drucks ist es allein, welche Newton gab, seine analytische Fertig-keit bleibt ihm.

Ein Punkt bleibt ihm eigentümlich, der Gedanke der Perturba-tion, die heute noch viel zu tun macht, die ganze Macht, Künste der Analysis fordert, um sie zu bemeistern. Das Wesentliche ist, daß die Größen bestimmt sind durch das qualitative Verhältnis der Zeit zum Raum, und die Anleitung dazu, die Keplerschen Gesetze aus dieser Be griffs bestimmt heit zu deduzieren, war hier Absicht. Da-mit ist noch nicht das Ganze der Bewegung erschöpft, es kommen noch viele Umstände hinzu, die der Analyse zu überlassen sind. Die Neigung der Winkel der Bahn [der Planeten] mit der Erdbahn ist nicht sehr groß.

Ein Umstand, der die Aufmerksamkeit erregen kann, ist das Verhältnis der Abstände der Planeten, worüber die Mathematik keinen Aufschluß gegeben hat. Man hat ein ungefähres [Gesetz], das die Astronomen nicht berücksichtigen, da es nicht eintritt in die Weise des Kalküls. Die Schwierigkeit ist, daß es hier in das ganz Besondere hineingeht, es muß eine Zahl gefunden werden, die die Bestimmende ist, [die Schwierigkeit ist], eine Gleichung zu fi nden, wodurch eine Zahl erschiene, die eine Beziehung auf sich selbst gäbe. Spuren fi nden sich. Die Grundzahl scheint 37, 38 zu sein und ein Potenzenverhältnis.

142 Bahnen [ gestr.: s] wie

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Was wir bis jetzt hatten in Rücksicht auf die freie Bewegung, hat be troffen das Verhältnis des Zentralkörpers zu einem andern, der sich in seiner Selbständigkeit erhält. Die Totalität der Idee ist aber nicht erschöpft in diesem Verhältnis, die Totalität ist wesentlich System, wozu drei Bestimmungen gehören.

[1.] Ein Zentralkörper, Mittelpunkt der Schwere für die Andern, Sonne, aber noch nicht nach ihrer physikalischen Qualität,

[2.] das Andere ist der unselbständige Körper überhaupt, der nur schwer ist, d. h. daß er seinen Mittelpunkt außer sich hat, nicht in sich selber, aber doch auch in der Weise der Selbständigkeit ist. (Phil[osophische Bestimmung der] Schwere.) Dieser unselbständige Körper hat insofern eine Selbständigkeit der Bestimmung, da er sein Zentrum außer sich hat, und zugleich in sich, und das ist der Pl anet . Daß er sein Zentrum frei noch in sich hat, kommt darin nur zur Existenz, daß er um sich selber rotiert, sonst verhält er sich nur als Masse zu seinem Zentrum. Zwischen seinem Mittelpunkt und dem Zentralpunkt sind die andern Teile seiner Ausdehnung. Rotierte er nicht um sich selbst, so behielte alles sein materielles Verhältnis zu dem Mittelpunkt und dem Zentrum. Der Ort dieser Punkte ist auf diese Weise determiniert, das Zentrum beweist sich näher, daß von ihm aus der Ort dieser äußerlichen Punkte verän-dert wird, immer im Verhältnis zur Sonne ein anderer wird, in Ver hältnis zum einen Mittelpunkt aber derselbe bleibt, dies kommt durch die Rotation zur Existenz.

[3.] Zwischen die Totalität und den Körper des Mittelpunkts fällt aber noch das Moment der Differenz, der Unselbständigkeit, das Dritte. Ihr Charakter ist, daß sie nur unselbständige sind, auf ei-nen andern bezogen. Diese Unselbständigkeit ist in sich selbst wie-der ein Doppeltes. Wenn die Mitte der Besonderheit als entzweit

173 zu ] von zu178 Hervorhebung hinzugefügt185 Hervorhebung hinzugefügt185 noch: über der Zeile189 Rotierte er nicht ] Rotiert er sich nicht 189 behielte ]behalte197 das ] der200 entzweit ] inzwischen

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dargestellt wird, so ist die Totalität Vier, die heilige Zahl der Natur, da es im Geiste die Drei ist; in der Natur stellt sich das Moment der Besonderheit | als Zweiheit [dar]. Das Eine daran ist das formell Selbständige und das Unselbständige als solches. Der Körper, der in der Bestimmung die formelle Unselbständigkeit ist, hat gemein mit dem Zentralkörper die Bestimmung der Selbständigkeit überhaupt, also in Beziehung auf ihn gesetzt. Der Zentralkörper hat an den andern Körpern die Realität, und so ist er die realisierte Idealität. Die formelle Selbständigkeit ist die, die als solche nicht realisiert ist. Wegen dieser abstrakten Bestimmung bezieht sich dieser Körper auf die Sonne; ist an ihr negiert, aber nur eine Grenze. Der andere hat nun aber den Charakter der Unselbständigkeit als solcher, hat an dem Körper der Totalität, dem Planeten, seinen Halt. Dieser abstrakt unselbständige Körper hat mit den Planeten die Un selb stän-dig [keit gemeinsam], des komet a r i s chen und luna r i s chen Körpers. Durch zwei Körper ist die Bewegung überhaupt nicht be-stimmt, es gehören wenigstens drei und ein vierter [dazu], von dem aus der Unterschied gemacht wird. Der Be griff, der sich produziert, hat Realität. Der kometarische [Körper] bezieht sich in formeller Selbständigkeit auf die Sonne, wie im Moralischen die Willkür die formelle Einheit ist, und der Willkür gegenüber das nur Knech-tische [ist und] die Willkür ebenso ein Schein, so wie das Dienen, beide unselbständig, Komet und Planet. Der vollkommenere Kör-per ist der Planet. Der Verstand hält das Abstrakte für das Höhere als das Konkrete, das Konkrete ist aber das Höhere, die Erde, in der Natur der Sitz der Lebendigkeit überhaupt, das Vollkommenere.

In der mechanischen Sphäre haben wir Materie und Bewegung, die gleichgültigen unmittelbaren Momente Zeit und Raum [sind] in ein totes Resultat zusammengefallen. Das Andere der Form in ihrer Entwicklung ist das, was Bewegung ist. Diese Form erscheint als Bewegung, und die Realisierung sind die unterschiedenen Wei-sen dieser Bewegung. Diese Bewegung ist elliptisch, Differenz, nicht die tote Gleichheit des Kreises, sondern in der Rückkehr

213 seinen Halt ] sein Halten214 den [ gestr.: selbst] Planeten227 Materie und Bewegung ] und Bewegung, die Materie

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zugleich Differenz, ein Gang, der ein Rhythmus ist. So hat man die Schönheitslinie auf die Form der Ellipse zurückgeführt.

Drei Systemarten von Bewegungen, die bemerklich gemacht worden, und die Körper sind nur in Betracht gekommen als be-stimmt nach der Verschiedenheit ihrer Bewegung. Wir sind ge-wohnt, dies als Zufälligkeiten zu betrachten. Sie machen als Arten die Totalität aus und sind als Momente des ganzen Systems gesetzt. Die Materie hat nur noch auch die Bedeutung der Masse, eines Passiven, Getriebenen; Zentripetal- und Zentrifugalkraft sind sol-che, denen fälschlich physikalische Bedeutung zugeschrieben wird. Das Prinzip der Bewegung aber ist ihnen immanent. Die Form als Idealität ist, frei zu sein[,] die Zentralität, die den Punkt ausmacht, wo Materie und Form identisch gesetzt sind, die Materie ist Su-chen dieser Einheit, die wir Zentrum nennen. Für die Materie ist [in]sofern dies Zentrum gefunden, indem die Bewegung ihr im-manent ist, die Realisierung der Bewegung ist aber noch unter-schieden, als Anderes der Materie gesetzt. Durch dies Produzieren der Zentralität sind sie selbst bewegt. Als Massen aber, die nur suchen, stehen sie außer der Bewegung, aber die Massen als solche haben noch nicht als Form eines der Momente an ihnen, welche Bewegung ist.

Der Übergang zum Physikalischen ist im Allgemeinen, daß die Form [sich materialisiert, die Form], welche [in der Mechanik] nur ist als Weise der Bewegung, welche sich selbst realisiert hat[,] und diese ideellen Bestimmungen, welche Bewegungen sind, die Zeit, die sich räumlich, der Raum, der sich zeitlich setzt. Diese Formen der einen Form müssen sich materialisieren, daß es unterschiedene Materie wird, was wir jetzt als verschiedene Arten der Bewegung haben, daß die Form in die Materie selbst zurückfl ieht, daß die Materie Bestimmtheit erhält, daß die Form ihre Seele ist, die Ma-terie Unterschiede an ihr setzt, gesetzt wird, qualifi ziert wird, und die Qualität ist materialisiert. Der Unterschied der Materie ist, daß

234 sic256–257 nur [ gestr.: noch] ist264 Fortsetzung der Seite 41 auf Seite 48, Zeilen 15–22, mit Randnotiz:

»p. 41«

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sie bestimmtes Gewicht habe, ein bloß quantitativer Unterschied. [Die] Einheit von Form und Materie ist also jetzt zu setzen, da die Unterschiede mehr nur ideelle Verhältnisse [waren,] und die Ma-terie muß also idealisiert werden, nicht ihre Idealität mehr haben an einem ideellen Zentrum, was nur se i n sol l , eine Bestimmung, die noch nicht ist. Es soll also hier das Sol len zum Sein werden. Wir sind gewohnt, Form und Materie zu trennen, als ob die Materie sein könne ohne Form, z. B. Verbrennen des Holzes. Die Materie ist allerdings nicht an diese oder jene Form gebunden, aber irgend eine Form hat die Materie. |

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ZWEITER TEILDER PHYSIKALISCHE KÖRPER

Wir können voraussetzen, daß wir die Form kennen. Diese Form nun ist das Unruhige, der Prozeß, dies ganz Ideelle, dies Pulsieren. Die Materie ist gegen die Form des Be griffs noch dasselbe, was die Form [als solche] ist. Die Materie konstituiert sich ebenso als die Form, die zwei Momente der Totalität. Sie sind an sich dasselbe, aber nur an sich, so daß die Formbestimmung etwas Gleichgültiges sei. Was aber den Unterschied beider betrifft, so ist die Bestimmung, in der die Materie ist, selbst nur eine Form, eine der Bestimmungen, so daß die Materie nicht auf der Seite steht gegen die Totalität.

In der Vorstellung haben wir so etwas Ruhendes, das gleichgül-tig sei, wenn auch passiv gegen die Materie. Was wir aber unmit-telbar [Materie] nennen, so ist [sie] nur in der Form, enthalten in der Form, nicht ihr gegenüberstehend als für sich Selbständigkeit konstituierend. Dieser Formunterschied ist keiner, denn das, was die Materie konstituiert, ist selbst nur eines der Momente der Form. Die Form enthält also die Materie in ihr selber, oder in einer an-deren Weise, die Form ist selbst die unendliche Beziehung auf sich selbst, die wir auch [als] die Gestalt des Resultates nehmen können. Das Resultat hat aber das, wovon es herkommt, wesentlich in sich. Die Form ist diese Beziehung auf sich, und dies war das, was die Materie unterscheiden sollte, dies Moment ist also in der Form selbst.

Näher ist dies die Darstellung davon, daß die Materie selbst ihre Unselbständigkeit sei, die Materie setzt sich als suchend ihre Zen-tralität, als sich idealisierend, als aufhebend ihre Gleichgültigkeit. Die Materie spricht sich aus, in der Tat nicht selbständig zu sein, sondern sich hinzutreiben in die Form. Diese Nichtselbständigkeit, die sie damit an ihr zeigt, ist dies, sich nur als eine Formbestimmung

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3 Am Rande: Philosophie der Natur 710 [ gestr.: nicht] eine18 in [ gestr.: auch] einer

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selbst kundzugeben. Dadurch also kann die Materie der Form kei-nen Widerstand leisten, denn das, [was] sich auf sich bezieht, das Einzige, was sie entgegen zu setzen hätte, ist selbst in der Form.

In dieser Refl exion liegt die nähere Bestimmung dessen, was phy s i k a l i s ch genannt worden ist; wodurch die Natur zu dem kommt, was sie als Schwere nur sucht. Das ist der Übergang von der mechanischen Sphäre zur physikalischen Sphäre, die durch die Ent-wicklung der Form in ihren verschiedenen Bestimmungen gesetzt ist, und [durch] das Sicheinbilden der Form in die Materie; oder dies, daß es der Materie gelingt, Form zu werden, ist, daß Form und Materie eines sind, daß die Materie nun existiert als qualita-tiv. Die bloße Materie ist bloß ein Gedankending, jede Materie ist qualitativ bestimmt. Wir treten damit in die Sphäre der eigentli-chen Realität. Realität als Bestehen des Daseins ist der Raum, die Realität der Zeit usf. Solche Bestimmungen sind nur relativ, die in dieser Sphäre nur eine Bedeutung haben, in einer anderen nicht. Hier aber sind wir in der näheren Bestimmtheit und Realität, daß es zwei Totalitäten sind, die in eines gesetzt sind, so wie in der Idee [die] Einheit des Be griffes und der Realität, die beide Idee sind. So [ist] hier die eine Idee die Bewegung, die andere die Materie, nur erst an sich Idee, noch nicht als Totalität dargestellt, daraus kommt sie erst zum Dritten. |

Qua l i f i z ie r te Mater ie können wir es nennen, so aber, daß die Materie nicht ohne die Quantität bestehen kann. Die Unter-schiedenen sind qualifi zierte Materie und erscheinen so als selbstän-dige, ihre negative Einheit ist aber in der Qualität gesetzt, sie sind nur in Beziehung aufeinander, die ihre subjektive Einheit [ist], was wir vorher Individualität nannten, und das ist der Zentralpunkt, der außer der Materie nur gesetzt war. Jetzt ist das Zentrum gefunden, realisiert, die Form als materialisierte Form hat diesen absoluten Knoten, diesen Punkt, die Individualität der qualifi zierten Mate-rie, weil die Form gesetzt ist als materialisierte Form, so ist diese Idealität als ein Präsentes. Im Übergang geht es am meisten logisch zu, denn der Gedanke ist das Treibende. Wir haben hier also die Materialität, die die Form an sich hat. Form als Einheit, Ganzes,

78 Der physikalische Körper 49–50

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ist das Prinzip der Individualität als solcher, sie ist aber dies, sich wesentlich zu explizieren, und diese unterschiedenen Bestimmun-gen als materialisiert erscheinen als selbständige Materialitäten. Zunächst ist die Einteilung anzugeben.

[1.] Die Individualität in ihrer Allgemeinheit, noch abstrakt, so daß das Qualifi zierte noch zusammenfällt mit der Schwere, noch nicht sich selbst für sich [setzt] in dem Unterschied mit der Schwere. Die Individualität ist das erreichte Reelle. Die Spezifi kation tritt noch mit der Bestimmung der Schwere zusammen [auf ]. In die-ser ersten Sphäre haben wir also die spezifi zierte Materie in ihrer Einheit zu betrachten, allgemeine Individualität, was sich wider-spricht, noch nicht die Individuen als solche, Qualitäten, [wobei] der Einheits punkt noch nicht gesetzt ist als Individuum.

Und so haben wir die vier sinnlichen Körper, L icht , der Kör-per der Sprödigkeit, später als Feuer Fürsichsein, der Gegensatz als des Fürsichseins entbehrende[r] und ebenso dies Entbehrende, der kometarische Körper, Wa s ser, [schließlich] der letzte, der konkrete tellurische, Erde. Als Momente der Individualität ge-setzt die Elemente der Erde. D. h., daß [sie] hier nur existieren als getragen von dem Körper der Individualität, der Erde. Das Dritte [ist], daß sie gesetzt werden, als Momente zu sein: der atmosphä-rische Prozeß.

2. Die besondere Individualität in ihrer Bestimmtheit. Das In-dividuum kommt zum Vorschein im Gegensatz gegen die Schwere. Es beginnt das Prinzip der realen Existenz, und zwar als bestimmt, und die Bestimmtheit ist Gegensatz gegen das abstrakte Fürsichsein. Die reelle Individualität kann nur zum Vorschein kommen in dem Körper, der gravitiert. Die Körperlichkeit, die individuell sein soll, ist unterschieden von der Körperlichkeit, insofern die Zentralität ihr angehört. Mit der bestimmten Individualität gehen wir über

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69 anzugeben ] angegeben71–72 noch [ gestr.: sie] nicht77 über der Zeile: Qualitäten77 gestr.: sondern78 gesetzt [ gestr.: sind als] ist81 sic91 das ] die

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in die Sphäre dessen, was wir die unselbständigen Körper genannt haben. Sie gehen nicht zur Organisation [über], viel weniger zur Belebung. Ein Planet kann als solcher nicht selbst ein Individuum sein, nur ein Surrogat von Individuum, weil sein Fürsichsein als gravitierendes die Schwere ist.

3. Das reelle Individuum, die Individualität in ihrer Totalität, ein Hervorbringen physikalischer Bestimmungen, daß sie unabhängig von der Schwere sind, frei für sich. Bestimmte Gestalt, Kristall, dies Determinieren in räumlicher Rücksicht, das zugleich physikalisch ist. Zuerst die Abstraktion der Gestaltung im Gegensatz: Magnet, Elektrizität und der Prozeß dieser unterschiedenen Individualitäten, der chemische Prozeß, von wo wir ins Leben eintreten. |

Erster Abschnitt. [Die Individualität in ihrer Allgemeinheit]

Die Individualität zuerst erscheinend als freie Existenz, im allge-meinen die physikalische Bestimmung der Himmelskörper, die unmittelbaren Qualitäten derselben, wie sie aus dem Be griff her-vorgehen und in der Existenz als erzeugt sind. Die Einseitigkeit, daß wir sie als unmittelbar nehmen, wird im Prozeß aufgehoben. Im Verfolg, auf einer konkreteren Stufe, haben wir nichts weiter als diese bestimmten Qualitäten, [aber] mehr individualisiert. Der Be griff des Wassers, [der] Erde usw. bis zum Lebendigen hinauf sind es dieselben Momente, die wir als Sehen, Hören usw. haben werden. Der Fortgang ist, daß das Konkrete sich immer mehr hin-einbildet, aber von der anderen Seite betrachtet sich noch expli-ziert. Der Be griff hat nun dieselben Momente, dieselben physischen Qualitäten werden also später immer mehr durchgearbeitet, selbst konkreter gesetzt.

[Wir betrachten zunächst] allgemeine Qualitäten als solche. Die unendliche Beziehung auf sich ist die Materie, die ihren Mittel-punkt erreicht hat, an der die Unmittelbarkeit selbst ideell gesetzt ist, so daß das, was die Idee zur Materie machte, als Moment der

99 Surrogat ] Cyrogat

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Form gesetzt werde; damit ist die Materie ideell gesetzt. Diese Idealität ist eine reale Idealität, nicht mehr [das] Gegenüber der Ma-terie. Sie ist die unendliche Refl exion in sich selbst. Das, was aber die Materie ist als ideell gesetzt, das ist die abstrakte allgemeine Bestimmung, nicht abstrakte Identität, nicht die Gleichgültigkeit, die wir als Raum hatten, Refl exion enthält Sein für anderes, aber [wir betrachten hier] eine, die mit sich identisch ist. Dies können wir die unendliche Manifestation nennen, Realität, aber [Reali-tät,] die schlechthin ideell bleibt, ein sich außereinander Tun, sich Unterscheiden und zugleich ein sich bei sich selbst Erhalten. Dies ist das, was wir das L icht heißen, das erste Physikalische, aber ohne die Zeitvorstellung, das erste ist das nur Abstrakte. Dies ist der Be griff des Lichtes, die Materie, die ihr Zentrum gefunden hat, darin ideell gesetzt, so ist das Widerstandleisten zerschmolzen in diese Einheit, und diese enthält zugleich das Außersichsein, aber ganz abstrakt, als identisch mit sich, als Manifestation, aber ohne Repulsion, [ohne] Trübung, sondern schlechthin ununterbrochene Kontinuität des Manifestierens.

[Das] Ich kann als ein Abbild des Lichts angesehen werden, im Orient ist dies geschehen. Ich bin die Gewißheit meiner, dieser reine Raum des Selbstbewußtseins eine Linie von mir zu diesem Anderen, das kein Reales [ist], ein Unterscheiden, das unmittel-bar kein Unterschied ist. Wenn ich nur von mir weiß, so ist dies Manifestation, aber eine abstrakte Manifestation. Das Bewußtsein unterbricht sich als solches, setzt sich ein Dunkles gegenüber. Das Licht aber hat sich gegenüber das Dunkle, Selbstbewußtsein ist da-gegen selbst dies Tun, sich einen Gegenstand gegenüberzustellen. Denn Selbstbewußtsein geht zum Bewußtsein vor. Beim Licht aber [haben wir] nur im Be griffe dies Fortgehen in diese Einheit des Ma-nifestierens zu einem anderen, was in der Sphäre des Bewußtseins als existierend gesetzt wird. Was wir im Be griffe als das Wesen haben, [erscheint] physikalisch als das, was wir gesehen haben – das Fürsichsein, das für sich ist. |

Unsere Behauptung ist nun, daß dies das ist, was in der Vor-stellung Licht ist. Denn das Zweite ist, daß wir uns in der Natur

162 Am Rande: § 219.

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umsehen, welches die Erscheinungen sind, die dem Be griff ent-sprechen. Das Licht ist nicht schwer, da es nicht mehr das Suchen des Zentrums ist, räumliches Außersichsein als unendliche Mani-festation, [als] ein Außersichsein zeigt es sich auch refl ektiert und [ist] ebendeswegen untrennbares einfaches Außersichsein, denn es ist diese reine Idealität.

Die Zentralität, die dazu gekommen ist, sich selbst zu fi nden, existiert in der Erscheinung als das, was wir Licht nennen. Jene Gedankenbestimmung ist für sich, geht hervor in der logischen Entwicklung des Be griffes.

Was wissen wir vom Lichte als solchem? Wir wissen, daß es das sich selbst Gleiche ist als Licht für sich. Es ist fürs erste nicht schwer. Man hat versucht, das Licht zu wägen. Man hat konzentrierte Licht-strahlen auch in Waagen fallen [lassen], wo die verschiedene Erwär-mung eine Veränderung im Verhältnis des Mittels macht, wodurch eine kleine Differenz hervorkommen kann. Weil der elektrische Funke überspringt, der Weg aber gebogen ist, so hat man dies als ein Symptom [der behaupteten Schwere des Lichts] gesehen. Das Licht ist [aber] absolut leicht, denn es ist die überwundene Schwere, das Licht ist nicht mehr das Suchen der Einheit, sondern die Einheit ist gefunden, es zeigt sich auch als das absolut Leichte. Die Materie ist aber nicht nur außer sich, sondern sie ist auch außereinander, leistet uns Widerstand. Das Licht aber leistet keinen Widerstand, man kann es nicht betasten, nicht fassen.

Licht in quantitative Bestimmungen gesetzt, ist ein Weiteres. Das Licht zeigt sich so als immateriell, die Materie, die, insofern sie Ma terie ist, vernichtet[e], immaterielle Materie, doch ein Physi-kalisches, denn es ist das Fürsichsein, das sich selbst gefunden hat, eine Realität, die Totalität an ihr selber ist, das Wesen. Nach dieser Realität kann man es daher Materie nennen. Es ist aber die Mate-rie, die sich selbst fl ieht, verläßt, und doch sich noch begrüßt, dies Unterscheiden, das sich aber nur auf sich selbst bezieht, so der Ab-schied von der Materie als solcher, wodurch es Beziehung auf die

166 zeigt es sich auch refl ektiert ] zeigt auch refl ektiert es sich169 gekommen ] bekommen173 [ gestr.: Die Identität] Was

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Materie hat, die Beziehung auf die Materie ist aber nur die Idealität der Materie.

Diese Unkörperlichkeit ist es, wodurch die Vorstellung in Ver-legenheit gesetzt wird, denn die Vorstellung hat nur die Bestim-mung der Vereinzelung vor sich, wenn sie auch nicht fortgeht bis zum Abstraktum des Atoms, an diesem Ort sich zu halten gegen anderes. Diese Vereinzelung aber ist hier nicht vorhanden, so daß das Licht unteilbar ist, in sich schlechthin zusammenhängt, absolut kontinuierlich in sich selbst, so daß man nicht daran einzelne Teile isolieren kann, so lang auch der Raum sein möchte, in den man es abschließen möchte, so daß [wir], was wir empirisch vom Lichte kennen, nicht auffassen können ohne diese Idealität. Das ist die reine Gedankenbestimmung, die dem Licht entspricht.

Das Zweite ist die Weise der Existenz des Lichtes, die Weise seiner Bestimmung. Der erste Unterschied an ihm kann kein an-derer sein, als daß es gesetzt sei in [der] Weise formeller Einzelheit, formeller Individualität. Das Licht bleibt dabei, wie es ist, so wie der Raum dasselbe bleibt, wenn wir auch Bestimmungen in ihm setzen. Ebenso verhält es sich in Ansehung der Farben des Lichtes, die zu seiner Existenz gehören. Formelle Individualität ist die Form des Fürsichseins, und das Andere ist seine Beziehung auf Anderes.

Was das Erste betrifft, die formelle Einzelheit, so ist diese nichts anderes, als daß sie als Lichtkörper existiert, und zwar als selbst-leuchtender Körper. [Das] Leuchten, aber nicht an einem anderen, sondern Licht mit der Bestimmung, es selbst zu sein, d. h. selbst-leuchtend [zu sein]. Diese Form seiner Existenz hat es am Zen-tralkörper des Sonnensystems, in der abstrakten Form der In di vi-dualität, | und das Licht ist die physikalische Bestimmtheit des Zen-tralkörpers, den wir vorher den Körper des Mittelpunkt nannten, was eine räumliche Bestimmung ist. Als Zentrum in Beziehung auf die Schwere ist er das Eins, was gesucht wird, das Eins des Außer-einander, von dem er gesucht wird. Dieser Ort also ist das sich gefunden habende Eins, und diese vollbrachte Rückkehr in sich

201 an diesem Ort sich zu halten ] an diesem Ort an sich zu halten218 sie ] es220 sondern [ gestr.: es] Licht

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ist die physikalische Bestimmtheit des Zentralkörpers, und so ist der Zentralkörper im Licht vollendet, die anderen Bestimmungen entfalten noch dies gesetzt sein sollende Eins, das im Licht gefunden ist. Der ideelle Mittelpunkt ist reell im Ideellen, und so ist dies die reale Idealität. Dies ist die Notwendigkeit des Be griffes, daß der Zentralkörper Sonne sei. Der Zentralkörper ist auch ein Körper.

Im Verstande haben wir nun eine zweite Bestimmung des Lich-tes, und wir können fragen, wie bekommt der Körper dieses Leuch-ten, und wir fragen, was gibt [es] für Ursachen des Lichtes. Wir sind gewohnt, das Feuer leuchtend zu sehen, von dem wir wissen, daß es Materialien braucht zum Leuchten, die es verzehrt. Nun können wir fragen, wodurch wird dies Leuchten erhalten? Feuer ist eine weitere Bestimmung, die wir später haben werden. [Das] Licht aber und das Feuer ist nicht dasselbe, aber so, was ist dieser riesige Prozeß in seiner vollkommenen Reinheit, Klarheit, Durchsichtigkeit?

Wir haben eine Menge Leuchten in den empirischen Erschei-nungen, [z. B.] Phosphoreszieren. Das Licht entsteht auch mit Feuer, dieselben Bestimmungen, die wir aber hier in der Weise der Un-mittelbarkeit haben, werden wir später haben als erzeugte, so daß das, wodurch sie erzeugt sind, selbst ein Da seiend[es] ist. Das ist eine andere Bestimmung. Dies erste Licht, wie es hier ist, wird aus dem Be griff erzeugt, diese Gedankenbestimmung, zu der der Gedanke fortgeht. Was die meiste Schwierigkeit macht, [ist,] daß man die Kategorien des Gedankens Ursache und Wirkung da hineinwirft, wo sie noch nicht hingehören. Die philosophische Betrachtung dient eben dazu, um diese Kategorien des Verstandes zu reinigen, und die Be griffs bestim mun gen an ihre Stelle zu setzen. Solche Fragen also, [wie die] wie entsteht das Feuer der Sonne, gehören nicht hierher. Ein französischer General, A l l i x , hat gesagt, auf der Erde wird immer so viel Wasser stoff entwickelt und Kohlen-

231 das ] die236 bekommt ] kommt241 [ gestr.: Licht etwas] Licht aber242 das Feuer ] das was Feuer242 aber [ gestr.: das] so245 auch [ gestr.: durch] mit257 A l l i x ] A l i x

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stoff, [so daß], was über unsere Atmosphäre hinaus tritt, das Feuer der Sonne unterhält.

Das Dritte ist aber, man muß solcher Bestimmung Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Be griffs bestim mung der Sonne ist nur eine in der Totalität der Bestimmungen; indem diese gesetzt ist, sind alle anderen mitgesetzt, oder der Be griff ist nur Totalität. Der Be-griff in seiner Totalität ist aber das ganze Sonnensystem, aber nicht so, daß der eine [Körper] dem [anderen] Wasser stoff zuführt, aber man kann [dennoch] sagen, die anderen Himmelskörper machen sich ihre Sonne, aber nicht auf physikalische Weise durch Ursachen, sondern nur durch den Be griff, so daß die Sonne nicht wäre ohne die anderen Körper.

Dies Abschneiden verständiger Kategorien ist notwendig. Das Licht kommt zu dieser Weise selbständigen Daseins als ein sich selbst Tragendes, als freier Körper. Zu dieser sozusagen unabhängigen Existenz kommt das Licht, weil diese Refl exionsbestimmungen zunächst in der Form der Unmittelbarkeit gesetzt sind, in der Form der Identität mit sich. So haben wir im Verstande Identität mit sich und dann Beziehung auf Anderes, und das ist selbständig gegen-einander. So hat das Licht auch zuerst diese Selbständigkeit, daß es zuerst als Subjekt sich darstellt, in der Form formeller Idealität. Das Zweite aber ist, daß das Licht sich nicht hält in dieser Form, sondern unendliche Expansion ist, und eben damit anzeigt, daß je-nes eine formelle Bestimmung ist. Dadurch [ist] seine Bestimmung vollendet. Es trifft auf ein Anderes, sein Anderes, die Dunkelheit, das Dunkel. |

Das Licht aber ist das Manifestieren, und dies ist, daß das Licht sich zu anderen verhält, daß es das Manifestieren eines Anderen ist, oder daß es dazu kommt, sich zu manifestieren. Dieses, das sich Ma-

259 [ gestr.: das es] was259 tritt ] tretend271 notwendig [ gestr.: wo]276 wir [ gestr.: auch] im276 Verstande [ gestr.: noch] Identität282 gestr.: und damit anzeigt ?286 es das Manifestieren eines Anderen ist ] es ist Manifestieren eines

Anderen

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nifestieren, ist zunächst als ein Anderes bestimmt, das Licht fi ndet seine Grenze, denn es ist diese abstrakte Idealität. Die Idealität als solche ist die abstrakte Idealität, d. h. eine begrenzte, das Licht fi ndet also seine Grenze. Diese Grenze fi ndet es, sie ist als ein Selbständi-ges außer ihm, denn die ersten Abstraktionen sind in der Weise der Unmittelbarkeit. Also ist das ein Selbständiges, was seine Grenze ausmacht. Das Selbständige ist als das Andere des Lichts zunächst das Dunkle. Das Licht ist nur diese Idealität, so daß die Negation als ein Anderes selbständig genommen werden muß. Das Organische ist dies, welches das Vorrecht hat, seine Grenze in ihm selbst zu haben, der Mangel ist nun daher in ihm, es empfi ndet den Mangel, es kann ihn in sich ertragen. Im Licht hingegen ist die Negation noch nicht in ihm selbst gesetzt. Diese reine Beziehung, diese Ma-nifestation, die noch ganz unbestimmt ist, die Negation als solche ist vorhanden, aber als ein Anderes denn das Licht ist.

So ist nach der Newtonschen Ansicht die Farbe die Negation darin, das Licht aber ist die erste Abstraktion. Die Finsternis aber, das Dunkle als Dunkel, ist nur bestimmt als Negatives des Lichts. Das Affi rmative ist das, was [die] schwere Materie überhaupt ist. Denn das Schwere ist nicht die Beziehung auf sich. Die schwere Materie ist so der Gegenstand des Lichtes. Was uns Gegenstand war, ist jetzt Gegenstand des Lichtes, w i r waren das Licht, indem w i r betrachteten, und dies ist überhaupt der philosophische Fort-gang, daß das, was für uns ist, auch dann für ein Anderes wird. Das Licht kommt aus der Materie her, also ist es bezogen darauf. Sie kommt für uns ferner in Betracht als Dunkles überhaupt, und das ist die zweite Weise der Existenz. Das Licht, bezogen auf ein Anderes, das das Dunkle ist. Es macht dies Andere zu einem Hellen, sich Manifestierenden. Das Licht fi ndet eine Grenze, das Verhältnis der Materie ist zunächst nur räumlich bestimmt. Das Licht vertreibt die Finsternis, aber es wird zugleich begrenzt, und das Andere bleibt zugleich auch ein selbständig Anderes, ein Dunkles in sich, und verhält sich nach räumlichen Bestimmungen, und die räumlichen Verhältnisse [sind] in dieser Hinsicht zunächst wichtig.

309 Hervorhebung hinzugefügt310 Hervorhebung hinzugefügt

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Das Licht, insofern es mit sich selbst zusammenhängt, ist der Zusam menhang seiner nicht getrübt durch diesen Unterschied. Nach seinem Zusammenhang mit dem Zentralkörper kann es nicht begrenzt werden. Dieser Zusammenhang wird nicht gestört durch die beiden Formen der Zentralität und das Sein an einem Ande-ren. Dies, daß man es hereinfallen lassen kann durch eine Öffnung, hat man nun Sonnenstrahlen genannt, die eine leere Erdichtung sind. Wo die Öffnung ist, hat man keine Grenze gesetzt, das ist das einzige, das ist das gleiche Licht, das hier nicht aufgehalten ist in seiner Expansion.

Hier ist aber zu bemerken, was man Beugung des Lichts nennt. Gr ima ld i und Newton im dritten Buch 8ten Obs[ervatio] [sei-ner Optik]. Newton sagt, die Sonnenstrahlen fallen parallel ein. Da muß berücksichtigt werden, daß die Sonnenstrahlen nicht parallel einfallen, sondern allerdings eine Breite haben, und der ganze helle Himmel hat eine noch größere Breite oder andere helle Gegen-stände. Nun wissen wir, [daß man,] wenn man eine kleine Öffnung in einem Laden macht, das Bild der Gegend in der ganzen Breite bekommt, wenn dieses breite Bild ist nun nicht ganz Helligkeit, sondern nur zum Teil Helligkeit, und in der Mitte ist es ganz hell, an den Rändern sind sogleich Schatten. Wenn man das Bild ganz nahe auffängt, so bekommt man es scharf begrenzt. Je weiter man es auffängt, desto weniger bekommt man es begrenzt, und das ist ein Grau. Dies ist nun das, was man Beugung nennt. Der Schatten ist allerdings breiter als das, was bei parallelen Strahlen herauskommt. Wenn man aber das Licht zwischen zwei scharfen Rändern einfallen läßt: Schatten, die sich einander nähern, geben [sie] eine dunklere Mitte als der übrige beschattete Rest zwischen der Grenze des Schattens und dem ganz Dunklen. Auch Newtonische Physiker sagen, daß diese Materie noch nicht ganz genügend erklärt ist.

327 Dies [ gestr.: Weise hat nun]336 haben ] hat337 helle ] hohe339 das Bild ] man hätte das Bild346 was [ gestr.: man] bei347 zwei [ gestr.: fallen] scharfen

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Das Licht ist auf diese Weise begrenzbar, aber es sind keine Strah-len; was begrenzbar ist, ist das Leuchten. Das Zweite ist, daß es an anderem Ausgedehnten ist. Was ist es an diesem Anderen? Es macht das wieder hell, dadurch mehr Gegenstände solche andere sind, so ist etwas erst sichtbar, erst dadurch ist ein Etwas in dem Licht. Das Licht selbst war unsichtbar, erst durch solche Gegenstände ist es sichtbar. Wenn wir uns in reinem Lichte befänden, würden wir gar nichts sehen. Sehen ist nur | sehen, wenn etwas ist, das gesehen wird. Die Sonne kann nur gesehen werden, insofern sie ein Ande-res neben sich hat, sie hat den blauen Himmel neben sich. Wenn nichts wäre als dies reine Licht, so könnten wir nichts sehen. Die Gegenstände sind also sichtbar. Sie manifestieren sich, sind für An-dere, haben eine Beziehung auf Andere und sind an Anderen oder spiegeln sich an Anderen ab. Sichtbarkeit ist nicht eine bloße Mög-lichkeit, sie sind als sichtlich, solche, die sich abspiegeln an Anderen, physikalisch an Anderen sind. Sie [sc. die Materie] manifestiert sich, setzt sich an Anderen, nicht daß Anderes sie manifestiert, sie zeigt sich selbst an anderen. Dies Sein der Materie an einem Anderen ist als reine Manifestation, d. h. als abstraktes Sein für Anderes, nicht als konkretes reales Sein. Der Körper setzt sein Bild am Anderen, der Körper verhält sich nicht als reale Materie, welche Widerstand leistet. Es ist kein mechanisches Verhältnis, oder der Körper verhält sich nicht nach drei Dimensionen, sondern nur nach der Oberfl äche, die wir nur sehen. Das ist dies Oberfl ächliche, abstrakt dies Mani-festieren. Die Materie bleibt für sich [nicht] dabei, sondern sie als für sich bleibt außerhalb. Ideelles Manifestieren.

Die weitere Bestimmung ist, daß diese Manifestation die Form des Außersichseins ist, räumlich ist, der Raum überhaupt das Me-dium ist. Es gehört allerdings ein Medium [da]zu, wir können aber noch von diesem ganz abstrahieren. Bei der Refraktion ist das Me-dium aber wesentlich, dort kommen sie aber nur in Betracht, weil sie hervortreten nur im Verhältnis von zwei Medien. Diese bringt dann erst eine Expansion hervor in Ansehung des Lichts. Hier haben wir nur gleichförmiges Medium, insofern es nicht hindert, so daß es nicht spezifi ziert. Das Kategorische ist das Frühere gegen

353 [ gestr.: sind] ist2

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das Dingliche. Das affi rmativ Bestimmende ist bloß das räumliche Verhältnis, daß das, was außereinander ist, füreinander ist. In An-sehung dieser verhält es sich in geradliniger Richtung, denn gerade Linie ist die einfache Richtung. Diese Manifestation von beson-deren Körpern, welche hell sind, ist durch das Mannigfaltige der räumlichen Bestimmung ganz zufällig. Diese Stellung ist dann das Determinierende in Ansehung des räumlichen Verhältnisses.

Das Weitere ist nun die Forderung, daß dies, daß er an dem anderen [Körper] ist, erscheine, daß dieser andere Körper nicht sich selbst manifestiere, sondern [an] dem Anderen an sich. Dazu gehört, daß er glatt sei, d. h., daß er eine einfache Oberfl äche habe. Insofern er nun selbst weiter keine Determination hätte, so würde er nur das Bild des Anderen manifestieren. Jeder Punkt an einem Körper ist ein Spiegel, insofern die Ebene eine andere ist, ist sie eine unendliche Menge von Spiegeln, manifestiert sie allenthalben nur ein Bruchstück des Bildes. Wir durch unser Sehen machen den Winkel, unter dem der Lichtstrahl ausfällt, unsere Stellung setzt den Winkel. Zum Behuf der geometrischen Behandlung zieht man Linien so, daß jeder Punkt eine Halbkugel von Strahlen bildet. Da-durch entsteht eine so allgemeine Durchdringung der Hemisphäre. [Wir wissen], daß dies nicht physikalisch zu nehmen [ist], aber geometrisch braucht man es.

Die Welt des Lichts ist eine ideelle Welt, [wo] eins am anderen [ist], ac t io i n d i s t an s , und ebenso für sich bleibt, ist. Die Ver-hältnisse sind so auf geistige Weise, so wie die Vorstellungen in dem ideellen Raum unseres Bewußtseins.

Das Andere ist, daß ein quantitativer Unterschied auftritt in Ansicht der Manifestation, verschiedene Helligkeit, verschiedene Intensität der Beleuchtung. Die verschiedene Helligkeit hängt in diesem Felde ab von der Verschiedenheit, die zunächst räumliche Determination hat, daß ein Ort von anderen verschieden beleuchtet wird. Es ist zufällig, welche andere sich an einem Ort manifestie-ren, sind es viele helle, so wird er sehr erleuchtet, ist er glatter, so

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395 Körper [ gestr.: sich] nicht398 würde ] wurde410 [ gestr.: es] ist2

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erscheint er als hell. Das Licht ist in dieser Hinsicht einer Addition gleich. Das Licht ist überhaupt hier in eine äußerliche Bestimmung übergegangen, und die nächste ist der quantitative Unterschied. Das Nähere ist das Licht in den verschiedenen Stellungen. Hier haben wir aber überzugehen zum Qualitativen: das [ist das] Dritte, [das Erste war die] Sonne als Subjekt, [das Zweite war das] Licht an Anderen, insofern es erhellt, | so daß sich die Finsternis nicht sich hält gegen das Licht.

Nun tritt ein, daß dies verschwinde[t] mehr und weniger, wo Beleuchtung auf einen Punkt führt, wo spezifi sche Bestimmung hervortritt, und das ist die Fa rbe, die synthetische Verbindung des Lichtes und des Dunkels.

Zunächst kann man fragen, wo man die Betrachtung der Farbe anzufangen habe. Das Gewöhnliche ist das Prisma, ein Medium von einer bestimmten Gestalt. Man kann aber anfangen von dem Brechen der trüben Mittel überhaupt, aber nicht von irgendeiner besonderen Gestalt. Sehe ich auf ein Helles, so sehe ich rot, sehe ich auf ein Dunkles, so sehe ich einen bläulichen Schein. Hier zeigen sich die Urphänomene. Man kann aber geradezu die Beleuchtun-gen als solche nehmen, die in ein Verhältnis zueinander treten, was dasselbe ist als diese trüben Mittel.

Newton hat eine eigentümliche Vorstellungsweise von den Far-ben aufgestellt. Wir haben uns nicht imponieren zu lassen, weder durch die Autorität seines Namens, welche besonders in der Ana-lysis groß ist, noch durch seine Experimente, die er als Grundlage seiner Farbentheorie anstellte und vortrug. Sie sind zum guten Teil sehr schlecht, das Andere aber ist, die Schlüsse aus diesen Experi-menten sind noch schlechter als dieselben. Wir haben uns auch nicht imponieren zu lassen durch die Weitläufi gkeit der Anwen-dungen. Wenn eine Theorie zum Grunde gelegt worden ist, so geschieht es immer, daß die vielfachen Erscheinungen auf diese Grundlage zurückgeführt werden, welches für einen Beweis der

431 und des Dunkels. ] und des Dunkels, und dies ist die Farbe. 438 [ gestr.: Hier] Man449–450 so [ gestr.: kommen] geschieht451 werden ] haben

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Theorie gelten soll. Die Erscheinungen bestehen für sich, die Er-klärungen ergeben sich, eine Menge der Anwendungen, die wahr-hafte Konsequenzen sind, sind widerlegt worden. Die meisten der notwendigen Konsequenzen sind aufgenommen, und so steht die Theorie als ein Truismus da, dessen Grenzen abgeschlagen sind. So sagt Newton, es seien keine Achromate möglich. Das große Gerüste der Anwendungen ist daher selbst morsch in sich. Dies ist eine vorausgeschickte Erinnerung, um zu deponieren, daß wir es wagen, Newton zu widersprechen.

Bei den katoptischen Erscheinungen hatten wir den quantitati-ven Unterschied der Beleuchtung. Sie sind aber nicht nur quanti-tativ verschieden (man kann Finsternis als Minimum der Beleuch-tung betrachten, das Minimum aber ist die Null des Quantums, so wie Differential ein quantitatives), sondern auch qualitativ. Daraus, daß ein quantitativer Unterschied vorhanden [ist], fl ießt weiter, daß die Beziehung beider aufeinander eine synthetische ist, worin beide Momente eintreten können. Aber auch dies Verhält-nis muß vorhanden sein, worin beide als Momente wirksam sind. Sein und Nichts im Werden ebenso. Dies ist das ganz Logische in Rücksicht des Übergangs. Es hängt allerdings mit dem Quanti-tativen zusammen, darin liegt aber auch, daß eine Verknüpfung gesetzt wird, worin beide als bestimmende Momente eintreten. Dies Konkrete, worin die Helligkeit noch als Bestimmende ent-halten ist, ist die Farbe. Wir wissen, daß es Schatten gibt, d. h. daß irgendwo eben ein Teil eines Bildes des Lichts aufgefangen ist. Der Ort heißt beschattet, näher fi nster überhaupt, insofern neben ihm andere Orte sind, die hell sind. Ein solcher Schatten ist nur relativ. Diese Hellig keit manifestiert sich nicht an ihm, aber an anderen Helligkeiten, die eine andere Stellung haben, es kann hell werden, aber so, daß der Schatten nicht verschwindet, wenn die von ande-ren Orten ihm erteilte Helligkeit geringer ist als die ihm entzo-gene. Die Farben nun werfen einen Schatten, der zugleich erhellt ist, aber getrübt ist. Dies ist ein Verhältnis, wo wir auch keine be-sondern Mittel haben. Wir wissen überhaupt, daß so ein Schatten,

480 es kann ] kann es481 daß [ gestr.: sei] der Schatten

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der, insofern er noch eine Helligkeit hat, überhaupt Grau heißt – Dunkles, auf das vielerlei verworrene Helligkeiten fallen –, die schlechte unbestimmte ungeordnete Vermischung eines Dunkeln überhaupt [ist]. So wie aber diese Trübungen Trübungen eines Dunkeln durch ein helles Einfaches sind, ist die Helligkeit eine einfachere bestimmtere Helligkeit, nur eine zweite solche. [Haben wir] zwei Helligkeiten und zwei Schatten, und ist jeder erleuchtet von einer der Helligkeiten, so haben wir sogleich | Farben.

Die gewöhnlichen Schatten sind grau überhaupt durch die Un-deutlichkeit der Trübung. Zwei einfache Schatten, von zwei Hellig-keiten [erleuchtet,] geben gleich Farben, so daß es schwer ist, einen Schatten zu sehen, der nicht zugleich etwas gefärbt ist. So machen mehrere Fensterscheiben eine Menge von Schatten, vermischen wir dies, so erscheinen Farben. Am schönsten zeigt sich dies bei Mondenschein und einer Lampe oder in der Abend- und Morgen-dämmerung. Ebenso wenn man durch ein Milchglas sieht. Nephri-tisches Holz. Die Trübung kann auf zweierlei Weise geschehen: entweder man trübt eine helle Grundlage, und so entsteht zunächst Gelb. Die Luft nämlich ist durchscheinend, der Hintergrund wirkt noch, wenn man hingegen etwas Dunkles zum Grunde legt und es trübt durch einen hellen Schein, so haben wir Blau. Durchleuchtet und durchschattet nach Schultz. Die erste Weise des physikalischen Seins ist die sich selbst gleiche Idealität, das einfache Manifestieren. Diese Gedankenbestimmung ist das schlechthin Erste. Diese Idea-lität verhält sich als Äußerliches zum Negativen.

Wenn die Newtonsche Ansicht die richtige wäre, so würde das Licht ihr entsprechen. Nach Newton soll das Licht zusammenge-

486 der [ gestr.: nicht g], insofern487 Helligkeiten fallen ] Helligkeiten darauf fallen489–490 Trübungen Trübungen eines Dunkeln durch ein helles Ein-

faches sind ] Trübungen eines Dunkeln durch ein helles Einfaches sind490–491 ist die Helligkeit eine einfachere bestimmtere Helligkeit ] die

Helligkeit eine einfachere bestimmtere Helligkeit ist492 und1 ] die492 und ist ] durch die 493 Am Rande: Philosophie der Natur 8 [ gestr.: 7]495 Schatten [ gestr.: geben]512 ihr ] nicht ihr

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setzt [sein]. Das Licht ist immer als etwas Einfaches angesehen worden. Doch kann man sagen, der Gedanke bestimmt es anders als die Erscheinung, wie bei der Bewegung, was aber jeder kennt. Dieser absoluten Antizipation, dieser ersten Auffassung [des Lichts als eines Einfachen], widerspricht die Newtonsche Ansicht. Das Licht soll nun zusammengesetzt sein aus sieben Farben.

Zusammensetzung ist die schlechteste Kategorie, denn dabei werden die Unterschiede als selbständig gesetzt, und die Einheit ist seelenlos, geistlos. Farben sind dunkler als das, was wir Licht nennen. Es ist hell, weiß. Die Farbe aber ist etwas Dunkles, dunk-ler als das Weiße. Das Gelb ist schon ein Dunkel. Das Licht soll also zusammengesetzt sein aus Dunkelheiten. Mechanisch ist dies unmöglich, weil jedes der Momente [in der mechanischen Zu-sammensetzung] seine Wirksamkeit behält. Dunkle können kein Helles produzieren. Wenn wir es im chemischen Sinn nehmen, so ist schon der Ausdruck Zusammensetzung unpassend. Jeder der Be-standteile hat aber doch noch seine Wirksamkeit, es verschwinden nur Eigenschaften, dessen ungeachtet bleiben noch andere seiner Eigenschaften. Die Zusammensetzung enthält noch die konstituie-renden Momente. Dunkelheit müßte also immer noch sein.

Newtons Schwungrad ergibt Grau, indem die Farben ein Helles sind und auch ein Dunkles. Durch das Herumdrehen wird es aber unmöglich, die Einzelnen zu unterscheiden. Man kann es endlich auch weiß, aber ebenso auch schwarz nennen. Das Auge hat nur den unbestimmten Eindruck von einem Grauen, dem Hellen mehr oder weniger ganz zugehend. Newton macht diese Farbenvorstel-lung vermittels des Prismas. Man sieht häufi g sieben Farben, also [– so schließt man –] besteht das Licht aus sieben Farben, das Prisma zerlegt das Licht in die Farben. Newton erkennt selbst an, daß die Farbe nur entsteht in der Grenze des Hellen und Dunklen.

Nun wissen wir, wo wir ein Wirkendes auf diese Bedingungen haben, ist das Produkt nichts anderes, als das die Bedingungen

522 [ gestr.: Was] Es533–534 ein Helles sind ] sind ein Helles537 Eindruck ] Ausdruck539 häufi g ] heute

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Enthaltende und der Be schaffen heit, der Wirksamkeit nach diesen. Hell und dunkel sind so auch die Materialien, und das Prisma ist ein weniger durchsichtiges Medium als die Luft. Es verrückt aber die Stelle der Bilder. In der Mitte immer dichter. Newton sagt, das eine Licht ist mehr gebrochen als das andere, es ist seiner eigen-tümlichen Stelle näher als das andere. Das Rot ist das am meisten brechbare. Diverse Refrangibilität. Wir sehen verschiedene Far-ben, und der Schluß ist, sie sind ursprünglich. Wir haben Hell und Dunkel nebeneinander, durch die Einwirkung mit dem Instrument, und dies Produkt soll das Ursprüngliche [sein]. In Rechnung wird also nicht gebracht weder die Bedingungen noch die spezifi sche Wirkungsweise. Der Schluß wäre: die Wirksamkeit ist Trübung überhaupt, was also entsteht, sind Farben, diese entstehen aus Hell und Dunkel und durch die Wirksamkeit des Instruments, welches die Stelle verrückt. | Es verrückt also die Stellen des Hellen und des Dunklen gegeneinander.

Bei Newton ist das, was Wirkung ist, das, was das Anfängliche sei. So in der Chemie sind diese einfachen Stoffe ebenso Produkte des Prozesses. Ebenso, wenn ich mit einem schmutzigen [Lappen] im Wasser herumführe und dadurch beweisen wollte, daß das Was-ser ursprünglich trübe sei. Was ich tue, ist: ich trübe das Helle, [und schließe dann:] also ist das Helle ursprünglich trübe.

Das ist etwas, was oft in der Physik geschieht, daß man von der Wirksamkeit des Instrumentes absieht. Die sieben Farben sollen ursprünglich sein. Kein Maler sieht Violett und Grün für ursprüng-liche Farben [an]. Newton nimmt dies an, weil im zweiten Prisma sie sich nicht mehr brechen lassen. Grün aber ist Grün, also darf man nicht homogene von anderen unterscheiden. Man hat aber im zweiten Prisma ein schon Getrübtes, also nicht das reine Licht, sondern schon modifi ziert. Ein Helles, in dem sich ein Dunkles, oder ein Dunkles, in dem sich ein Helles geltend macht, ist die

94 Der physikalische Körper 57–58

548 kleine Skizze: zwei Prismen553 durch ] auf553 Einwirkung ] einwirken571 sie ] es574 Am Rande: 1826

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Farbe. Die Wirkung des Prismas ist dann zunächst diese, die Bilder von ihrer Stelle zu entfernen. Diese Wirkung des Bildes ist die bloß dioptrische Wirkungsweise. Läßt man ein Licht durchfallen, so wird es überhaupt getrübt. Dies hat den Sinn, daß zugleich noch das Helle Unterlage bleibt, und ein Trübes über die Unterlage gebracht wird. Das Helle bleibt zugleich noch in seiner relativen Helle.

Dies ist eine Hauptschwierigkeit in der Goetheschen Darstel -lung. Das Herziehen des Hellen über das Dunkle meint er gewöhn-lich so, daß nicht nur das Helle verrückt wird, sondern auch das Dunkle, durch das jenes begrenzt wird, und dann kommt keine Farbe heraus. Die Sache ist: das Helle wird von seiner Stelle ver-rückt. Die Verrückung des Dunkeln ist mehr eine Trübung durch das Prisma, so daß dieses auch das Helle an seiner Stelle läßt, und so wirkt eines durch das Andere hindurch. Es ist eine Verschiebung, eine Erhellung der Trübung durch ein Bewegen beider. Was aber so bewegt wird, ist das Trübende, außerdem bleibt dies aber noch an der Stelle. Man sieht also jedes an seiner Stelle, aber zweitens, daß das eine weiter herabgesetzt worden ist, und dadurch über den an-deren Grund kommt. So müssen die Ausdrücke von Goethe näher erläutert werden. Einmal ist das Prisma durchsichtig, außerdem aber auch trübend durch die Bewegung des einen über das andere.

Eine Menge von Besonderheiten der Erscheinungen können hier nicht berücksichtigt werden. Das immer weiter Besonderte wird sich dem Allgemeinen anfügen. Gelb ist die eine Helligkeit, wenn sie zunächst getrübt ist. Das Blaue ist das Umgekehrte des Dunk-len als Grundlage mit einer leichten Beleuchtung. Blau ist eine kalte Farbe, weil der Schatten die Grundbestimmung ist. Rot und Grün sind die weiteren Farben. Man kann sie sich als ein Viereck vorstellen. Das Rot ist eine schwere Farbe. Gelb und Blau können zum Rot gesteigert werden. Orange und Violett hat kein Maler für einfache Farben gehalten. Das Rot wie das Grün sind gleichsam das Neutrale, gleichschwebend zwischen den zwei Bestimmungen. Wenn das Gelb durchschattet wird, Verdunklung des Gelben, [so] gibt [dies] Rot, das Blau durchleuchtet gibt dies eben[falls]. Aber die Einheit derselben ist die subjektive, determinierende Einheit

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beider, dies stark Gebietende, die königliche Farbe, dahingegen das Grün die bloße Neutralität, die bloße äußerliche Zusammen-setzung, das Gegenteil der subjektiven Mischung, ist die zu Rot geforderte Farbe. Rote Siegellackstange auf weißem Papier gibt da ein grünes Bild. Schatten von zwei Lichtern. Wenn das Blau von oben und das Gelb von unten sich brechen, so hat man Grün, wenn man das Spektrum breit auffängt, da man vorher nur Farbensäume hat. Zuerst hat man ganz hell in der Mitte, dann tritt erst das Grün ein und wird immer breiter, je weiter man es nimmt.

Dies ist gegen die Newtonsche Ansicht, wo auf die | Stelle, wo man Rot sieht, auch alle anderen farbigen Strahlen sichtbar sein müßten, wenn man es zeichnet.

Das erste Physikalische war das Licht überhaupt, zunächst für sich, die Materie, die sich besondert, schon erste Besonderung ist, diese Idealität, ein Manifestieren, das noch ein Abstraktum ist. Als Konkretes bestimmt als Lichtkörper. In der Chemie spricht man vom Licht stoff, das drückt die Selbständigkeit einer Bestimmung aus, und so ist der Zentralkörper der Punkt eines Licht stoffes.

Dies Licht haben wir betrachtet in Beziehung auf sein Anderes, Gegensatz überhaupt, das Dunkle als Negation des Lichts. Jetzt drücken wir es allgemein als Gegensatz aus, und der Gegensatz ist so für sich in abstrakter Totalität, es hat sich die Reaktion, aber noch abstrakt, gesetzt. Damit es als Gegensatz sei, muß es sein als Gedoppeltes. Die Unterschiede sind die der Verschiedenheit als sol-cher, und [das Nächste ist] die Bestimmung der Entgegensetzung.

Der Gegensatz existiert also so als ein Zwei, und als physikalische unterschiedene Körperlichkeit zweierlei Körper, der luna r i sche und der komet a r i sche Kör per, als die Verschiedenheiten. Die Bestimmung des Fürsichseins, des gleichgültigen Bestehens ist das, was man Starrheit, Sprödigkeit nennt, der prozeßlose Körper. In dem Physischen ist das Spröde das Brennliche; nicht der wirkli-

96 Der physikalische Körper 59

613 [ gestr.: sind] ist618 [ gestr.: die] Zuerst631 als Gegensatz ] als Gegensatz allgemein632 hat sich die Reaktion ] hat die Reaktion sich633 noch [ gestr.: es] abstrakt638 Hervorhebung hinzugefügt

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che Prozeß des Brennens. Dieser Körper der Starrheit ist ebenso als selbständige Körperlichkeit, und in dieser Form der lunarische Körper überhaupt. § 223.

Die Bewegung [der Himmelskörper] haben wir schon betrachtet. Der Mond hat keine Atmosphäre, oder eine höchst feine Atmo-sphäre, wie man jetzt meint, aber prozeßlos, in aufgeschlossener Starrheit, noch nicht die Veränderung. Der Mond entbehrt so des meteorologischen Prozesses. Heim vergleicht die [ursprüngliche] Gestalt der Erde ohne den Prozeß mit der des Mondes, wie dieser sich [ jetzt noch] zeigt. Die andere Bestimmung ist die Entgegen-setzung als solche. Als selbständig für sich hat sie keinen Gehalt. Daß sie bestehen könne, muß sie ein Drittes haben als Substrat, weil in der Entgegensetzung kein Halt [ist]. Als Entgegensetzung muß sie ein Drittes haben, das ihre Unterschiede befestigt. Dieses Hal-tungslose ist das Neutrale, und die allgemeine Neutralität, die phy-sische ist das Wasser. Der Komet ist so der Wasserkörper. Der Mond hat kein Wasser, wasserloser Kristall. Als dieser dürstet er gleichsam nach Wasser, und sucht so durch das Meer der Erde diesen Durst zu löschen. Die Mondsfl ut ist dreimal so stark als die Sonnenfl ut. Die Stellung des Mondes in den Quadraturen und Syzygien ist von der wichtigsten, von qualitativer Bestimmung, nicht nur eine [des] Mehr oder Weniger, sondern dieser Punkt der Stellung tritt als besonders wirksam hervor.

Der Komet erscheint als formeller Prozeß, keiner hat einen Kern gezeigt. Zu Gruithuisens Entdeckungen im Monde hat man viele Späße gemacht. An Menschen, Vegetation ist nicht zu den-ken. Fromme Vorstellung von der Vorsehung Gottes, die mit zur Glück selig keit bestimmten Wesen jenen bevölkere; [das] sind zu allgemeine Gründe, um darauf Rücksicht zu nehmen. Der Komet ist bloß eine unruhige Dunstmasse, durch und durch erleuchtet, durchsichtig, daß man Sterne dadurch erkennen kann. Die Alten haben die Kometen für Meteore angesehen. Enckes Komet. Meh-rere, die erwartet [worden] sind, sind nicht wiedergekommen. Man sieht nicht ein, warum man ihnen solche Ehre antut, daß

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658 er [ gestr.: nach] gleichsam659 das [ gestr.: Erde] Meer

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sie be stehen sollen. Was zur Beruhigung angeführt werden kann (was die Astronomen immer zu tun versucht [haben]), ist die Un-wahr scheinlich keit, da so viel Platz am Himmel sei, nach der Proba-bi li täts rech nung. | Wahrscheinlichkeit ist aber nicht Wirklich keit, einer gewinnt immer in der Lotterie. Die Kometen aber sind zu betrachten als notwendige Glieder. Die Erde setzt sich ihre Sonne gegenüber. Das ist nicht Zufälligkeit, als ob ein Komet so hin-einkäme. Die Existenzen solcher Körperlichkeiten sind bestimmt gesetzt durch den Organismus des Ganzen, die Bestimmung der anderen, diese Repulsion durch die Riesenglieder des ganzen Sy-stems, stellt dies außereinander, hält es voneinander ab, und das ist die Tätigkeit des ganzen Be griffs. Man muß sich daran gewöhnen, [das,] was man als zufällige Existenzen nebeneinander zu sehen gewöhnt ist, als notwendig zu betrachten.

Der Körper der individuellen Totalität ist der pl anet a r i sche Kör per überhaupt, Totalität ist die Einheit der vorher als ab-strakt gesetzten Momente, hier negative Einheit, in der diese als selbständig erscheinenden Momente als nur ideelle gesetzt werden. Diese Starrheit ist aufgeschlossen in reale Unterschiede, und diese sind zusammengehalten durch den Einheitspunkt, den Punkt der Individualität.

Die planetarische Körperlichkeit ist höherer Natur, konkretere Natur als der Sonnenkörper, [der] lunarische und [der] kometari-sche Körper, denn sie ist Körper der Totalität. Zuerst betrachteten wir diese Körperlichkeit in der Weise ihrer Selbständigkeit, nach ihrer physikalischen Bestimmtheit sind sie nur abstrakt betrachtet worden. Die Sonne als der Lichtkörper, der lunarische als Körper der Starrheit (Starr stoff kann man nicht sagen, nicht aber bloß die Beziehung auf Kohäsion wie Schwefel, Glas) ohne [eine] besondere physikalische Weise der Existenz nehmen zu wollen. Den kome-tarischen Körper können wir aber näher bestimmen als Körper der

686 [ gestr.: hält] stellt; über der Zeile: stellt690 Körper [ gestr.: der Total] der693 Momente [ gestr.: nur] als694 Diese [ gestr.: Pun] Starrheit699 sie ] er

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Neutralität, des Wassers. Am Monde sieht man häufi g glänzende Punkte, die man für Vulkane genommen hat, eine Bestimmung, die unserer Beziehung am nächsten entspricht. In Rücksicht eines physikalischen Körpers kann man die Vorstellung haben, daß er etwas Konkretes sein muß, selbst eine individuelle Einheit von vie-len anderen Bestimmungen, nicht bloß eine solche bloß abstrakte Bestimmung. So nimmt man in der Sonne das Licht in der Weise einer Atmosphäre um einen dunkeln Körper. Wenn wir die Sonne in der Weise des ruhigen Lichtes betrachten, so kann man sagen, daß dies ein ruhiger Prozeß in sich ist, in der philosophischen Be-stimmung haben wir aber es bei diesem Einfachen zu [be]lassen.

Weitere Bestimmungen kommen teils weiter vor, teils fallen sie nicht in die Philosophie als vielmehr in die Naturgeschichte dieser Körperlichkeiten. Die Bestimmungen treten zunächst ab-strakt auf, zur realen physikalischen Existenz derselben gehören aber auch solche Bestimmungen, die erst später bei uns vorkom-men. So z. B. ge ben wir vom Gold zuerst das an, was es zum Metall macht, dann nehmen wir aber erst dies verschiedene Verhalten zu den Säuren u. s. w. Das gehört zur Naturgeschichte eines Körpers als verschiedene Weise der Reaktion gegen andere Potenzen. In unserer Betrachtung ist es [uns] nur um diese Grundbestimmungen zu tun, nicht um das empirisch Konkrete, das zur Existenz gehört. Die Gesichtspunkte dieser Seite kommen näher, aber nicht in der Verbindung, wie sie bei einer besonderen Existenz erscheinen.

Das Zweite ist, daß die allgemeinen Bestimmungen der Bewe-gung und der physikalischen Existenzen selbst | allgemeine Mächte sind, von der Individualität aber unterworfen werden, und die ganze Natur besteht darin, diese ersten Bestimmungen zu ideali-sieren. Wir haben also diverse Bestimmungen, deren Fortbildung wir weiter beobachten werden. Jene bleiben jenseits der Individua-lität stehen, sie bleiben aber auch Mächte über die Individualität; was man in neuerer Zeit kosmische Verhältnisse genannt hat – Sonne, Planeten, Mond in Rücksicht auf ihre Bewegung, ihre

712 bloß2 ] blos blos715 man [ gestr.: doch] sagen721 über der Zeile: physikalischen

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Stellung – sind noch die unindividualisierte Welt und so drüben, und der Mensch, das Individualisierte, ist ein Anderes dagegen.

Zwei Bestimmungen sind aber. Jene [kosmischen Verhältnisse] sind aber nicht bloß drüben, denn das Allgemeine ist das nicht nur mit sich, sondern mit seinem Anderen Identische, als Allgemeine sind sie es auch so, daß wir darin sind, daß sie die Mächte über uns, nicht aber als fremde Gewalt, sondern als substantielle Bestimmun-gen, als Mächte in uns. Wir leben und weben darin. Veränderungen in diesen himmlischen Systemen sind insofern Veränderungen in uns, insofern wir natürlich bestimmt sind. Wir gehen fort mit der Veränderung der Jahreszeiten, und lebendige Naturen sind auch an diese kosmischen Verhältnisse gebunden und verändern sich mit ihren Veränderungen. Bestimmungen in den Jahreszeiten [einer-seits], die Stimmungen im Physiologischen [andererseits] sind so zusammengehörig. In Ansehung des Mondenlaufs hat man so viele Veränderungen behauptet im Geistigen, insofern dies im Natürli-chen ist. Beim Tier spricht man von Wirkung. Wirkung aber ist es nicht, da dies ein Drüben ist, sondern eine Veränderung immanent im Animalischen.

Diese allgemeine Identität ist einerseits anzuerkennen. Je elen-der das Leben ist, desto mehr bleibt es bestehen innerhalb dieser allgemeinen Bestimmungen. So tierisches Leben, ephemere Tiere, die nur einen Tag leben. Pfl anzen, die über den Äquator hinaus verpfl anzt werden, blühen zuerst nach ihren früheren Jahreszeiten, bis sie sich akklimatisieren, so daß unter ganz entgegengesetzten Erregungen ihr gewohntes Leben fortfahre, bis die innere Verän-derung des Jahres gleichgesetzt [ist] der äußeren. So gibt es in be-stimmten Zeiten in den Hasen Eingeweidewürmer, wo eine geringe Erweiterung des Zusammenhanges der Lebendigkeit [da]zu ge hört, daß es Leben gewinnt. So ist Mondsucht keine generelle Erfahrung, aber es gibt Individuen, bei denen es nicht zu leugnen ist. Auch

100 Der physikalische Körper 61

740 Stellung [ gestr.: darüb]740 drüben [ gestr.: ist d]755 über der Zeile: im761 Bestimmungen [ gestr.: und]770 ist ] werden

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sogar auf die Kristallisation hat die Tageszeit insofern einen Einfl uß, weil sie in diesem Zusammenhang steht.

Beim Menschen ist dies nur insofern der Fall, insofern die gei-stige Energie schwächer ist. Bei Kometen nimmt man dies daher wahr. Die Gesunden sind die, die sich aus diesem bloßen Kreise der Natur herausgestellt haben. Wenn der Mensch aber schwach ist, so haben diese natürlichen Veränderungen ihre Geltung. Jenes Zu sam mennehmen, kometarisch, siderisch, sind einerseits vor-nehme Mode, andererseits sind wir aber auch Natur, das Geistige ist aber nur unterworfen diesen ganz allgemeinen Bestimmungen und deren Veränderungen. Seekrankheit, energetischer Zustand sind keine Erhebung, da ist der Mensch in die Natur versenkt, und da gelten dann die natürlichen Veränderungen. Alle die, welche Eingeweide der Tiere beobachtet haben, geben [viel] auf so [et]was. Es ist aber eine verstandlose Frömmigkeit dabei. Irgendein Zusam-menhang ist aber darin zu sehen, daß das Natürliche, dies Positive der Natur überhaupt, in einer Art von Nachlassung sich befunden hat. In Ansehung der Totalität kann irgendeine Depression des Spi-ritus stattfi nden. Wetterwechsel. Das Weitere ist, indem dies eine animalische Depression ist, [daß] auch im Menschen | solches Mit-leiden, Sympathisieren vorhanden sein könnte, [das] ist etwas, was nur verstehen kann, der in Tapferkeit, Mut, außer [in] den geistigen Willen auch [in] das Physikalische und Physiologische eintritt. Daß mit solcher Depression der animalischen Seele auch im Menschen ein Ähnliches vorhanden sei, ist ein verständiger Zusammenhang. Erdbeben und so [et]was wird von den Tieren vorausempfunden, eine innere Stimmung, die auch in das Animalische eintritt als ein Angstgefühl des Animalischen. Kiesers Schriften handeln viel darüber.

Der Übergang zu den Elementen ist nun zu sehen, [d. h. es ist zu sehen,] daß die Momente, welche selbständige Existenz haben,

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772 steht ] stehe786 das ] die792 der [ gestr.: T] in793 über der Zeile: Daß798 Kiesers ] Kieslers

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herabgesetzt werden zu dem, was man die E lemente nennt. Der solarische [und der] kometarische Körper insofern sind selbständig. Diese Selbständigkeit ist aber nur eine Form. Die Wahrheit dieser bloßen Momente ist, daß sie gesetzt sind, denn jedes Unmittelbare ist ein Gesetztes, so z. B. [das] Verhältnis eines Vaters zu [seinen] Kindern. Jetzt ist als existierend zu setzen, daß die als selbständig Existierenden nur sind als Momente einer Totalität. Als solche sind sie das, was wir Elemente nennen. Unmittelbar sind sie selbstän-dig, d. h. zu sein, das Zweite ist in Beziehung zu sein. Diese ihre Wahrhaftigkeit muß zur Erscheinung kommen, dies Gesetztsein muß erscheinen, die Umkehrung von gleichgültigem Sein in die Form der Beziehung, so daß sie bezogen sind auf die Totalität. Der Körper der Totalität ist der Planet. An den Planeten, der das Subjekt, sind jene ihnen unterworfen, wo das sie trägt, die ihnen unterwor-fen sind. Diese neue Beziehung gibt ihnen ein neues Dasein, was wir eine andere Realität nennen, denn in der Natur erscheint jede Bestimmung als eine eigentümliche Existenz.

Das ganze Folgende handelt von der weiteren Bildung dieser Individualität, daß diese mehr kosmischen Mächte in der Weise [der Erde] existieren, ihr anzugehören. Es ist so dies die Reduktion der Körper zu Angehörigen des Individuums. Jene Bestimmungen als nicht mehr freie sind zu betrachten. Das höchste Individuum, das Tier, vereinigt alle diese Momente. § 224. [§ 2]25 Es sind [die] vier Elemente Luft, Feuer, Wasser und Erde nichts anderes als jene Körper reduziert zu Momenten der Erde.

Empedokles unterschied zuerst diese Elemente, und es ist so eine alte Tradition. Heute kursiert sie noch, ein physikalisch chemisch wissenschaftlich Gebildeter müßte sich [ jedoch heute] schämen, wenn er diese als Elemente ausspräche. Heutezutage versteht man darunter ursprüngliche Bestandteile des Körperlichen. Ursprüng-lich heißt man dasjenige, was sich nicht weiter in chemi sche Teile

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806 eines ] von813 bezogen sind ] sind bezogen815 sic819 handelt von der weiteren ] handelt sich um die weitere825 als [ gestr.: die] jene; über der Zeile: jene

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zerlegen läßt. Angenommen wird, die Körper sind zusammen-gesetzt, und das gilt als elementarisch, was sich zeige, nicht mehr zusammengesetzt zu sein, daß wenigstens für uns, relativ, ein Ur-sprüngliches es sei, das wir nach der Chemie es nicht mehr wissen aufzulösen, und dann nennen wir es einfach. Diese chemischen Elemente vereinigen verkehrt Gase und Metalle, dies[se letzteren sind aber] etwas Gediegenes, eine andere Existenz als die Gase, und doch stehen sie in einiger Linie als Elemente.

Der Standpunkt des Chemischen und [der des] Physikalischen sind wesentlich zu unterscheiden. Wenn wir einen schon als Indivi-dualität existierenden Körper haben, der in differente Beziehungen zu anderen gesetzt wird, und es sich zeigt, wie er sich darstellt in den differenten Beziehungen, so sind die Weisen seiner Beziehung die chemischen Bestandteile. Sie setzen Individualität, Gestalt voraus, das ist das Konkrete, was [sich] aus verschiedenen | Be stim mun gen zusammensetzt, die in der Weise der Entgegensetzung als different dargestellt werden müssen. So ein Differentes wie das chemische Element kann nicht für sich bestehen, es existiert nur als eines, das sich liebt in das Entgegengesetzte zu treiben. So riechen die Säuren, ziehen das Wasser an, greifen die Gefäße an, d. h. sie neutralisieren sich. Ein so auf das Extrem der Abstraktion getriebenes Dasein ist ein chemisches Element. Wenigstens die Form ist als Gas, und dies ist wieder eine besondere Form der Existenz und eine weitere Existenz dessen, was man unter chemischem Element versteht.

Die Pole des Magnets, die Differenz der Elektrizität haben wir so, der Indifferenzpunkt ist aber schon zur Existenz gekommen. Die Extreme beim Chemischen bedürfen zur Existenz noch eines Bandes. Sie sind Differenzen, nachdem sie hindurchgegangen sind durch den Knoten der Individualität. Die physischen Elemente sind aber die vorzüglichen Bestimmungen der Totalität vor den Individualitäten, die Gestalten sind [es] noch nicht, sondern sie sind das Hervorbringen der Gestalten, [dies zeigt] das Betrachten

62–63 Die Individualität in ihrer Allgemeinheit 103

836 das wir nach der Chemie ] das wir nach der Chemie wir842 sind ] ist846 [ gestr.: Es] Sie856 versteht ] besteht

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der Erde, [sie ist] eine Existenz, die vor dem Vereinigungspunkt da ist, unterschieden von denen, die abgeschieden sind, [die] von dem Vereinigungspunkt aus abgeschieden sind, wieder als different. So kann man von Gerechtigkeit, Strafe, im Naturzustand sprechen, das Unrecht wird vernichtet, und [es] ist Strafe. Dies hat aber einen ganz anderen Sinn, zwar dieselbe substantielle Bestimmung, aber eine andere Weise der Existenz als neue Momente, in denen diese Einheit ist, da diese Vernichtung des Unterscheidens sich setzt, und wo diese Vernichtung auf eine ganz andere Weise als vorher erschie-nen ist. Dort existiert der Knoten erst an sich, ist erst das innere Band, der Be griff, wenn es aber durchgegangen ist, so ist es nicht mehr dies innerliche Band nur.

Diese physikalischen Momente sind dieselben Bestimmungen, die wir als selbständige Körper haben, jetzt aber in Beziehung auf-einander, noch nicht aber dieser Einheitsknoten, den wir Indivi-dualität nennen. Sie haben noch die Weise selbständigen Bestehens und sind daher für sich konkreter als das, was wir als chemisches Element betrachten. Das erste Element ist die erste freie physika-lische Körperlichkeit, das Licht, unterworfen der nur abstrakten Individualität der Erde. Das Licht, so als ein Element, der Erde angehörig, welche Form wird es annehmen?

[§] 226. Dieselbe Gedankenbestimmung des Lichts als freie Kör-perlichkeit ist hier d ie Lu f t , nicht noch diese freie Identität mit sich, sondern das Licht macht dann später das eigene innere Selbst des Körpers aus, was noch nicht hierhergehört. Sondern diese ein-fache Identität ist nur gesetzte Identität, als eine abstrakte gesetzte Identität, negative Allgemeinheit, aber wesentlich in [der] Bezie-hung als Moment eines anderen, der allgemeinen Individualität. Diese allgemeine Gedankenbestimmung ist näher zu erörtern.

Diese Manifestation, diese Wesenhaftigkeit, die wir im Licht hat-ten, und damit freie Manifestation, diese reine Beziehung, die zu- gleich nur Refl exionsbestimmung ist, also [Beziehung eines] An-de re[n] auf ein Anderes, Licht in Beziehung auf das Dunkel, diese Identität, ist jetzt als unterworfene Identität gesetzt, daß sie nur ist

104 Der physikalische Körper 63

883 Unterstreichung der Wörter das Licht gestrichen892 der ] das

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als abstrakt. So wie wir sagen »das höchste Wesen« (das Licht ist das höchste Wesen physikalischer Weise vorgestellt) – und [wie] wir die weitere Einsicht haben, daß es nur ein Abstraktum des Verstandes [ist], diese unmittelbare Idealität, erste Idealität für den Verstand, die man mit Unrecht das Höchste nennt, und der konkrete Geist zu dem Bewußtsein kommt, daß diese Idealität nur ein Abstrak-tum nur ein Gesetztes ist, nicht ein An und für sich[sei en des], und der Geist so das | Gericht hält über dies höchste Wesen – so ist dies derselbe weitere Fortgang von der Idealität zu einem bloß Gesetz-ten, den wir hier haben, daß die Idealität nur eine gesetzte ist, nicht eine, die sich vorstellt [als] freie Körperlichkeit, die Körperlichkeit der Freiheit zu sein. Das ist die weitere Bestimmung. Die Gedan-kenbestimmung ist also gesetzte Idealität, negative Allgemeinheit, nicht mehr die positive Allgemeinheit, obgleich das Positive auch nur ein Gesetztes ist.

Das Andere ist nun, ob wir ein Recht haben, in der Gedanken-bestimmung das zu setzen, was wir Luft nennen, [so]daß damit die ganze Natur der Luft, die Bestimmtheit derselben, nun gesetzt ist. Das Erste, worauf wir stoßen, was wir vom Lichte gesehen haben, [ist,] daß es nichts ist als das Manifestieren; so ist das passive Mani-festieren nichts anderes als die Durchsichtigkeit, ganz theoretisches Dasein für anderes. Die Durchsichtigkeit ist anderes Licht, d. h. die Manifestation als aktiv gesetzt, noch als etwas, das manifestiert wird, nicht hell macht, nicht leuchtet, aber die Luft ist das Medium, diese abstrakte Einheit von beiden, worin beides gewähren kann, die Möglichkeit von beiden, auf abstrakte Weise vorgestellt an sich. Das Durchsichtige leistet dem Licht keinen Widerstand, und es leuchtet nicht, so wie das Wasser das Medium im chemischen Prozeß ist, nur die Möglichkeit realer Neutralität. Diese abstrakte Allgemeinheit ist wesentlich ein Moment der an sich noch allgemeinen Individuali-tät, es ist Element, seine Existenz ist, als Beziehung auf anderes zu

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908 wir [ gestr.: den] hier908 eine gesetzte ist ] eine ist, gesetzt913 Gesetztes ] nur917 was ] wenn924 Weise [ gestr.: die]

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sein, und darin liegt, daß es schwer ist, denn das Element sucht ein Anderes, es ist nicht leicht wie das Licht.

Es verhält sich nun [die Luft] drittens weiter zu der Form, par-tikularisierte Materie, zu dem Körper der Individualität, die über-haupt vielfach partikularisierte Individualität ist. Zu diesen verhält sich die Luft als Element überhaupt, und näher zu diesen als das Allgemeine, zu diesen Vielfachen, es ist die Macht dieses Besonde-ren, es macht das Besondere nur zur Möglichkeit, das Besondere assimiliert nur sich, und d. h., es hebt die Partikularisation auf, es hebt dies auf, [ist] die kraftlose, aber schleichende, zehrende Macht des Individuellen, des Organischen. Die Luft verzehrt und vernich-tet alles, sie schleicht sich ein, unmerklich wie die Vernunft, diese unverdächtige Macht, sozusagen ein zehrendes Gift, das auf alles Besondere sich ausdehnt. So ist die Luft dieses Fressende. Wenn man etwas vor der Luft bewahren kann, so erhält man es. Das Riechen, Düfte, ist ebenso die Verwandlung des Organischen in die Luft, wodurch dies seine Eigentümlichkeit, seine Partikularität verliert. Das Atmen ist der Kampf des organischen Individuums mit der Luft.

Die Luft reduziert so das Partikulare zu dieser abstrakten Allge-meinheit. Die chemische Vorstellung bleibt dabei stehen, daß das Verduftende nur fein verteilt werde, noch selbständig bestehend, nur fein und dadurch unsichtbar gemacht, und weil es so dünn sei, auch nicht mehr bemerklich. Das ist bloße Hypothese, nichts Empirisches, was sich nicht auf Beobachtung gründet, da es ein solches sein soll, was empirisch werde. Die Luft ist dies Idealisieren. Sie vereinigt sich schlechterdings, jenes ist ein falscher Schluß, denn es setzt voraus das konstant feste Bestehen solcher, die man als feste Teile nimmt. Bewiesen muß werden, daß jenes seiner Natur nach ein Festes, Hartes, Beständiges sei.

Dies Identischsetzen ist eine Grundbestimmung der Luft. Sie ist Form, dies Allgemeine, Flüssige und | die Erde Umgebende. Sie

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937 [ gestr.: dies] das; über der Zeile: das938 und [ gestr.: B] d. h.942 das [ gestr.: all] auf949 Partikulare ] Partikulares

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ist auf keine Weise individualisiert. Sie besteht auch nicht als feste Masse wegen des Mangels an konkreter Weise von Kohäsion. Sie ist ausgedehnt, aber ohne Konkretion, die dem Wasser zukommt. Sie ist deswegen kompressibel, d. h. sie nimmt den Raum nicht auf bestimmte Weise ein, [sie ist] bloß bestimmbar in Beziehung auf den Raum. Bei der Kompression tritt die Natur der Luft auf eine interessante Weise in Existenz. Stark komprimiert wird sie, die als ruhig sich ausdehnende ist, [wo] auch die Form der Allge-meinheit negiert wird, d. h. komprimiert, so ist die Weise ihrer Existenz negiert, und die Form, die sie hier erhält, ist eine ganz negierende Existenz, das Gegenteil der Existenz, die ihrer Bestim-mung gemäß ist. Nun ist die Luft ideell, dieses abstrakt allgemeine, und so das Angreifende, Zehrende, aber an ihr selbst das Negative überhaupt.

Damit ist das an sich Negative auch in seiner Existenz als negativ gesetzt, diese [sich] auf sich beziehende Negativität, und das ist d a s Feuer. Die Luft wurde bestimmt als dieses Zehrende, jetzt Feuer überhaupt, Wärme und Licht. Damit treten wir ein [in] das zweite Element, in die Elemente des Gegensatzes, Feuer und Wasser.

Man hat im Gedanken gehabt, dies Entstehen des Feuers auch auf den Blitz anzuwenden, seine Entstehung auf eine chemische Weise zu fassen durch Kompression, und dies hat noch für sich, ihn eine elektrische Erscheinung zu nennen. Wir faßten das Lunarische als das abstrakt für sich in Gleichgültigkeit bestehende Fürsichsein, und damit als Sprödigkeit. Dieselbe Gedankenbestimmung haben wir hier als Element, d. h. gesetzt in der Differenz überhaupt exi-stierend, als relativ gegen ein Anderes, nicht mehr als gleichgülti-ges, aber als tätiges Fürsichsein. Dies ist aber nichts anderes als der Prozeß – § 227 – als die materialisierte Zeit, das ist eben der Prozeß, der ideell war, die Negativität, die zur Erscheinung kommt als Element, das schlechthin Unruhige und Verzehrende. So schlägt

65 Die Individualität in ihrer Allgemeinheit 107

963 Am Rande: Philosophie der Natur 9983 ihn ] als ihn985 das ] die990 als [ gestr.: das materia] die990 der [ gestr.: ide] Prozeß

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die Gärung, das Faulen, zuletzt in Flammen aus. Das Feuer ist ein Element, also bedingt durch anderes, und so durch individualisierte Körper bedingt. Die Momente, die uns am Feuer zur Unterschei-dung kommen, sind Wärme und Licht.

Wir haben hier das Licht nicht als unmittelbar seiend, sondern als erzeugtes. Die Wärme nun erscheint hier und bestimmt sich ferner auch so als das Auf lösen der Kohäsion. Partikularisierte Ma-terie ist noch ein ganz allgemeines Wort für uns. Sie bestimmt sich näher als in sich kohärent, und dies Aufheben der Kohäsion ist die Erscheinung der Wärme, das Licht ist kalt. Es wird erst warm an der Erde. Das Licht, dies selbst allgemeine, beginnt die Idealisierung, ebenso wie die Luft das tut, aber auf eine vielmehr nur theoretische Weise. Ein Beginn der sich aufhebenden Kohäsion ist die Wärme, und das Licht ist eben dies abstrakt Allgemeine. Das Licht ist die fl üchtige Seele, die einfache Form, in der der Körper vergeht. Seine konkreten Eigenschaften gehen zugrunde, und das Licht ist die letzte Spitze dieser Idealität, die zur Erscheinung gebracht wird. So verfl üchtigen wir das Partikuläre im Denken, in der Gattung, dies hebt sich in dem wirklichen Idealisieren der realisierten Ge-genstände als Licht hervor.

Das Andere nun ist das Wa s ser, nach der alten Vorstellung Gegensatz des Feuers, und in der Tat sind sie die Elemente des Gegensatzes. Der Gegensatz ist ein gedoppelter. Wenn wir fra-gen, was wird verzehrt, so ist es Konkretes überhaupt. Als solches wird es einerseits zerlegt, in Entgegensetzung gebracht. Die andere Seite der Verzehrung ist, daß das darin schon verschiedene Kon-krete, das Unterschiede in sich hat, zur Einheit, zur Neutralität gebracht [wird], die neue Einheit, zu der [et]was gebracht wird, ist das Licht, in welches der Prozeß ausschlägt, aber die andere Seite ist die bedingte Neutralität, und das ist die Beziehung des Wassers, das Zusammenfallen des Prozesses in sich auf physikali-sche Weise, | die noch [die] Weise der Selbständigkeit habende Entgegensetzung ist die in sich zusammenfallende, die hiermit nur neutral ist. Das Verbrannte ist auch chemischer Weise zum Teil des

995 die [ gestr.: wir] uns996 sind ] ist

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Wassers [geworden] – das tote Residuum. Das Neutrale ist als in sich zusammenfallender Gegensatz schon ein Konkretes, doch die nicht individualisierte Einheit, daher nur das abstrakt Konkrete. Als solches ist es das Medium für den realen Prozeß, Salz ist dann das real Neutrale. Die Vermittlung des Wassers gehört zur Auf lösung. Es ist schwer als Element, angehörig dem Individuum, die Schwere ist aber verbunden mit dieser Kohäsionslosigkeit. Die Horizontalität des Wassers ist Folge von beiden, der Schwere und der Kohäsions-losigkeit. Süchtig nach dem Mittelpunkt und zugleich Zusammen-hang mit anderem neben ihm. Es erfüllt realer den Raum als die Luft, es ist so gut als nicht kompressibel, es ist nicht gleichgültig gegen seine Räumlichkeit mehr, und dies macht seine Konkretion [aus]. Das Gestaltete erfüllt dann vollkommen aktiv den Raum, wenn man sich der Vorstellung der Raumerfüllung bedient, wo das Außereinander [eine] feste immanente Bestimmtheit ist. Das Wasser adhäriert überall, ist schlechthin teilbar überall, so daß sein Zusammenhang überall getrennt werden kann. Es sucht nur Halt, insofern es einen konkreten Gegenstand berührt. Mit seiner Natur, nach der es konkret ist, hängt es zusammen, daß es verschiedener Formen fähig ist, Zustand des Festen, Flüssigen und Luftartigen, elastischer Flüssigkeit. Diese Zustände sind Formen, die sich auf die Gestalt beziehen. Kristall ist die eigentliche Gestaltung, die anderen beziehen sich auf die[se] Gestalt. Daß das Wasser dieser Gestaltung fähig ist, liegt darin, daß es schon mehr irdischer Natur ist als die Luft. Diese Bestimmungen sind ihm äußerlich, also durch eine andere Bestimmung gesetzt, die Wärme, die Bestimmung in Beziehung auf die Veränderung der Kohäsion. Die Wärme ist dies äußerliche, vom Anderen kommende, vom Anderen abhängige, die auch zugleich als qualitative Veränderung ist. In dem beständigen Prozeß ist es mit der Luft; das Wasser, auch das Eis, verdampft im-mer, insofern die Luft als einzelnes Element mit dem Wasser als einzelnem zu tun hat, nicht insofern sie Elemente des allgemeinen Erdenprozesses sind. Die Momente des Be griffes sehen so aus in der Weise der Natürlichkeit, die auf reale Weise ausdrückt die ab-strakten Momente des Be griffs.

56 ihm äußerlich ] äußerlich ihm

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Das vierte Element ist die noch unbestimmte Erd igkeit , oder auch das dritte Element. Die Erde hat sich bestimmt als das Indivi-duelle in Rücksicht der Bewegung. Jetzt bestimmt sie sich als das Subjekt, an dem die Elemente sind als Momente, dadurch ist die Erde bestimmt als die irdische Individualität, [als] das elementari-sche Subjekt oder als das, das diese Eigenschaften hat. Diese Eigen-schaften sind aber noch nicht gezeigt als hindurchgegangen durch diesen Knoten, noch nicht Gestalten.

Das Nächste ist nun das Werden der Individualität, das Werden der Gestaltung, die Befruchtung der Erde, so daß die Individualität sich wieder in diese unterscheide, so daß sie aber Momente des In-dividuums sind, und dies ist der e lement a r i sche Prozeß. Wir sind von dem Be griff ausgegangen, daß diese uns zugleich scheinen-den Körper herabgesetzt werden zu Momenten. Das Zweite aber [ist], daß sie nicht durch den Be griff gesetzt sind, sondern daß es an ihrer Existenz ist, gesetzt zu werden. Diese selbständig scheinenden Elemente sind nach der anderen Seite wesentlich ideell, ihre Rela-tivität ist wesentlich, und diese [als] gesetzt | ist der Prozeß, daß sie nicht selbständig sind, vergehende und entstehende, das macht das Relative ihrer Natur aus; das ist nicht unsere Dialektik, sie selbst nehmen diese Dialektik, das Aufheben der Bestimmungen des Ent-gegengesetzten, und die Rückkehr, die objektive Idealität.

Dieser Prozeß der Elemente ist uns im allgemeinen bekannt. Eine Seite des Prozesses ist das Unterscheiden, das Dirimieren, daß die Erde geteilt wird in Starrheit (wodurch sie zur Abstraktion der Starrheit würde, zum Monde) und zum Massekörper kommt. Dies sind die Extreme. Das Andere ist, daß das Fürsichsein als die auf die Spitze getriebene Negativität [sich] auftue, sie sich in sich selbst senke, denn sie sind Momente, und die höchste Stufe des versuchten unterschiedenen Bestehens ihrer Momente ist das Zu-sam men stürzen derselben. Das Hauptmoment ist das Verhältnis der Elemente, vornehmlich der Luft und des Wassers zueinander.

67–68 oder [ gestr.: das] auch das72 hat ] habe74 diesen Knoten [ gestr.: oder die als diese ist]83–84 ihre [ gestr.: Realität] Relativität

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Das Wasser ist das dieser Veränderung Unterworfene. Das, was wir Elemente heißen, ist nicht selbständig, sondern macht sich im Pro-zesse zu seinem Anderen. Es wird behauptet, daß die Luft in Wasser, das Wasser in Luft verwandelt wird. Der Regen soll erklärt werden in der Meteorologie. So weit ist die Physik noch nicht gekommen, da beim Erklären wird immer vorausgesetzt ist, daß Wasser und Luft unveränderlich sei[en]. Das Erklären heißt dann dieses, daß Wasser in andere Gestalten zu setzen, oder aber chemischer Weise [zu] zerlegen. Daß die Luft feucht würde, wäre nur eine Formver-änderung in die Form tropf loser Flüssigkeit aus Dampf, oder die chemische Vereinigung der beiden frischen Bestandteile. Da zeigt aber die Empirie, daß keine dieser Weisen aushält. Die sogenannte Auf lösungstheorie zeigt sich durch die Erfahrung selbst widerlegt, ebenso die chemische Erklärungsweise.

Die Spannung der Elemente gegeneinander, das Setzen derselben in Gegensatz, war eines der Momente. Setzen der Entgegensetzung ist Verschwinden der Neutralität. Das ist die erste Bestimmung des Prozesses. Das Verschwinden der Neutralität ist so Verschwinden des Wassers. Die Erde strebt im Mond zum Anderen, wasserloser Körper. Das andere Prinzip [ist], das freie selbständige Wasser zu sein, kometarischer Körper zu werden. Verschwinden heißt einer-seits: die Erde wird trocken. Dies erscheint als ein Verdunsten des Wassers überhaupt. Trockenwerden heißt hier Werden als Kristall. So wissen wir, daß ein Teil von Wasser beim Kristallisieren auf-hört zu existieren, es gehört zum Kristall, es ist starr geworden, nicht gefroren. Man nennt dies das Kristallisationswasser, wenn der Kristall chemisch zerstört wird. Das Wasser ist aber auch seinem Gewicht nach darin enthalten. Hier ist keine Verdunstung, es hat die Qualität, die es als Wasser hat, ganz verloren, es ist nicht als Feuchtigkeit vorhanden, auch nicht zum Sauer stoff oder Wasser-stoff geworden, sondern vollkommen hart geworden. In der Span-nung der Erde haben wir uns Trockenheit nicht bloß zu denken als äußerliches Fortgehen. Die Schwierigkeit beruht darauf, daß man annimmt, daß die qualitativ verschiedenen Existenzen im

107 zerlegen ] zerlegt132 über der Zeile: daß

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Wasser sich nicht verwandeln. An der gewöhnlichen Kristallisation hat man ein Beispiel aber davon. Verwandlung nennen wir eine Veränderung der wesentlichen Qualität. Diese Bestimmung der Verwandlung nicht zugeben zu wollen, dagegen ist das empirische Beispiel der Kristallisation gegen die gewöhnliche Voraussetzung der Unveränderlichkeit der Qualität.

Die andere Seite der Spannung nun ist: in dieser Kristallisierung, in diesem Innerlich-Werden der Erde, verschwindet nach der an-deren Seite die Luft. Das ist etwas, das der Vorstellungsweise näher liegt. Man sagt, das Wasser verdunstet. Nach der Weise, wie es in der Erscheinung werden kann, wenn es dem chemischen Prozeß unterworfen wird, aber als Wasser, soll es existieren. | Beides ist also gegen die Erfahrung. Wenn im Sommer trockene Witterung ist, so ist dies die gewöhnliche atmosphärische Luft, wenn das Wasser nur mehr einfach verteilt wäre, so würde es leicht erkennbar sein durch das Hygrometer. Sau s su re und Deluc haben gezeigt, daß in den höchsten Regionen mitten in der Wolkenbildung keine Feuchtigkeit sich befi nde. Gegen die Wirksamkeit des Hygrometers überhaupt hat man Einwendungen gemacht. In Dampfform kann ohnedies das Wasser in den oberen Regionen nicht stattfi nden, weil es sich niederschlagen würde. Zylius über die Auf lösung des Was-sers in der Luft, an der Berliner Akademie gekrönt. Lichtenberg darüber. Es ist dies eine Materie, wo man mit den gewöhnlichen Vorstellungen nicht auskommt.

Das Andere war, daß das Wasser existierte in der chemischen Weise, durch Eudiometer widerlegt. Die Kategorie der Quantität als Qualität widerlegt sich durch die Erfahrung selbst, und durch diese ist es vollkommen gerechtfertigt, das Qualitative logisch zu nehmen auch in dieser Gestalt. Nach dieser verschwindet das Wasser, es wird in Luft verwandelt. Diese Umwandlung nun ist auf diese Weise ne-gativ konstatiert. Was die affi rmative Konstatation betrifft, so wurde gefordert, daß man dies auch auf die [phy]sische, chemische Weise machen könne. Die Unzulässigkeit solcher Forderungen ist früher

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136 [ gestr.: und] dagegen151–152 kann [ gestr.: man] ohnedies153 Zylius] Cylius

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besprochen worden. Schon beim mechanischen Verhältnis ist der Unterschied herausgehoben, daß das Verhältnis von End lichen ein anderes ist als das, was in diesem Unendlichen gilt. Solche Verhält-nisse [sind] auch immer mechanische, bei denen vereinzelte Körper, die einem Zentrum angehören, [da] sind, ebenso hier. In ihrem Verhalten wird nicht wirksam die Bestimmung, die sie im Be griffe als solchem gegeneinander haben. Natürliche und geistige Verhält-nis gegeneinander verhalten sich nur nach ihrer unmittelbaren Be-stimmtheit gegeneinander, d. h. be griff los und geistlos. Verschieden davon ist, wo im Subjekt der Be griff wirksam ist, was wir vorher das Verhältnis der Unendlichen gegeneinander nannten. Die absolute Gravitation ist aber anderes als Stoß und Druck, dort stellt sich der Be griff nach seiner freien Eigentümlichkeit dar. Ein Anderes ist, wenn sie äußerlich zusammengebracht werden, ein Anderes, wenn sie durch ihren Be griff verbunden werden. So wie auch in einem Menschen in seinem Gedächtnis viel läge, und doch ist es äußer-lich dagegen, wenn nicht dieser geistige Zusammenhang dabei ist. Diese innere, tiefere Idealität, trägt Unterschiedenes, das, was als unterschieden gilt, zusammen.

Dieses Be griffsverhältnis ist es, was in dem meteorologischen Prozeß das Lebendige und Imponierende ist, eine andere Lebendig-keit als die ist, wenn sie nur vereinzelt zusammengebracht werden. Im elementarischen Prozeß ist dieses Band des Lebendigen. Die Analogien, die man von dem hereinnimmt, welches sich aus dem Experimentieren ergibt, reichen nicht in diese Gebiete herein. Das ist die eine Seite, die wir die Spannung hießen.

Das Andere des Prozesses ist das Wiederauf lösen dieser Spannung, das Wiedererzeugen dieser Neutralität, das Wasser des Gewitters ist die vollständigste Erscheinung dieses Prozesses. Das Zerreißen der Spannung, der Rückgang dieser Gespannten zur Neutralität ist gegenseitig. Eben die, die ihrer Natur nach nur Momente sind, machen sich zu Selbständigen, damit ist der Widerspruch derselben um so mehr gesetzt, je größer die erlangte Selbständigkeit gesetzt ist; dieser Widerspruch zerreißt sie. Die Erfahrung ist nun vollstän-

175 im [ gestr.: das] Subjekt183 trägt Unterschiedenes ] Unterschiedenes trägt

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dig das Gewitter. Es fällt hauptsächlich auf die Seite der gespannten Luft, der Blitz ist das Entzünden des Widerspruchs, das Vergehen desselben erscheint als Feuer. Von den verschiedenen Breiten hängt der meteorologische Prozeß vorzüglich ab. In den tropischen Ge-genden sind die Erscheinungen konstanter. In Chile, Peru ist alle Tage ein Gewitter, hängt also ab vom täglichen Sonnenlauf, gegen drei Uhr ist das Gewitter. Parry beobachtete keines, dagegen das Nordlicht häufi g. | Das Gewitter ist der formellere Übergang von der Luft in den Regen.

Der Übergang kann noch eine weitere Realität gewinnen in den Atmosphärilien. Laplace Mondsteine, Chauseenstaub, eine staubige Hypothese. Für den Be griff ist keine Schwierigkeit des Überganges von Luft zum ganz Starren, zum Regen. Die Spannung von der anderen Seite, von der Erde, ist ebenso einerseits als Blitz, andrer-seits Vulkanität, Erdbeben, die man durch Spannung der Gasarten erklärt, Brennen von Bergen an Steinkohlenfl özen. Gegenden, die sehr weit [voneinander] entfernt sind, zeigen gleichzeitige Verände-rungen. Erdbeben in Amerika zu gleicher Zeit mit dem Versiegen von Quellen. Unabhängig von der Vermehrung und Veränderung des Wassers sind die Quellen perennierend. Das Überlaufen von Zusammenfl üssen soll die Quellen hervorbringen. Das selbständige Hervorsprudeln der Quellen ist nichts anderes, als daß das Wasser in den Kristall als solchen übergeht, anderseits aber [es] die Tätig-keit der Erde ist, solches zu produzieren. Über Veränderungen des Barometerzustandes hat Goethe eine artige Vorstellung geäußert, daß die Erde sich in sich selber kontrahiere oder expandiere, mit eines teils der Barometerveränderungen in gleichen Breiten. Die Haupttatsache ist, daß sie durch die größten Räume konform sind. Es ist ein richtiger Gesichtpunkt, den Goethe aufgestellt hat.

203 der [ gestr.: klimatisch] meteorologische222 solchen [ gestr.: als Trocknen muß] übergeht223 über der Zeile: Über

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[Zweiter Abschnitt.] Reale Individualität der Erde

Die Erde ist durch den Prozeß gesetzt als die negative Einheit der auseinandergehenden abstrakten Momente, und hier ist immer die Erde gesetzt als die Wirklichkeit, die wirkliche Einheit derselben. Die abstrakten Momente sind die Elemente, ihre Dialektik [ist] der Prozeß, ihre Individualität die konkrete Einheit, in welche diese Momente eintreten, so daß sie unterworfen sind und als geeinte Momente sich darstellen. Diese Individualität ist die erste, und damit die bedingte, noch nicht die totale Individualität, die wahr-haft realisierte ist die Gestalt, die wir noch nicht haben (wie es im Kompendium ist).

Die Individualität ist das selbstische Fürsichsein, die negative Einheit, dasselbe, was wir früher Licht geheißen haben, wo es aber noch als erste Einheit für sich bestand. Die Form, jetzt in der Materie gesetzt, ist damit nicht mehr äußerlich, und damit die kräftige, die das elementarische in ihrer Einheit hält. Wir bestimm-ten die Materie als Schwere, die den Einheitspunkt sucht. Dies Suchen tut dem Außereinander keinen Eintrag, aber der Raum ist noch das Maß des materiellen Unterscheidens. Der Unterschied der Massen ist zunächst nur ein Unterschied des Raumes, aber der erfüllte Raum oder die Materie in einem größeren Quantum genommen nimmt einen ebenso großen Raum noch ein als in einem anderen. Die Form als innewohnend der Materie, so daß diese durch die Form bestimmt ist, tritt jetzt hervor. Hier tritt also ein Verhältnis der Form zum Raum, zur schweren Materie auf. Das abstrakte Bestehen der Materie ist die Räumlichkeit, macht den Raum.

Jetzt tritt ein eine verschiedene Weise zunächst des Bestehens, Verschiedenheit des Raumes bei demselben Gewicht, und dies ist die Räumlichkeit. Bei den bisherigen Bestimmungen hatten wir noch nicht die innere Trennung, die durch die Form in die Materie

243 der ] die245 das elementarische ] das als elementarische246–247 Dies [ gestr.: tut] Suchen

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gebracht wird, Bestimmungen, die aber zunächst nur relativ waren, [es war] noch nicht ein innerer Zwiespalt in ihnen selbst gesetzt. Hier erst tritt hervor diese innere Differenz. Die Bestimmtheit der Form tritt noch nicht in Gegensatz gegen die Schwere, hier aber tritt eben die Einheit als negative Beziehung auf sich selbst ein, weil die Erde gesetzt ist als reale | Individualität, als sich in sich selbst entzweiend. Im Prozesse trat das Aufheben jenes Besonderen auf, hier ist aber innere Spannung, nicht solcher, die andere ganz voneinander waren. Die Bestimmung des Bestehens ist jetzt unter-schieden gesetzt von der Bestimmung dessen, was Gewicht heißt, die spezifi sche Schwere; zweitens [betrachten wir] die Kohäsion, und [drittens] das Insichgehen derselben, den Klang, [und] das reale derselben, die Wärme, wovon wir den Übergang zur Gestalt nehmen werden.

Die Erde ist bestimmt, individuell zu sein an ihr selbst, so daß die Form gesetzt ist an ihr, daß diese Form bestimmend ist [für] die Materie, so daß die Materie und das Bestimmen derselben durch die Form als verschieden voneinander zunächst auftritt, so daß zur Individualität gehört die Verschiedenheit in sich selbst, dieser Unter schied, der an der Materie selbst hervortritt. Die Form die-ser Bestimmungsweisen war zuerst spezifi sche Schwere als solche, so daß das spezifi sch Schwere verschiedene spezifi sche Bestimmt-heit haben kann. Das Spezifi sche in der Dichtigkeit ist nur erst abstrakte einfache Bestimmtheit, die nächste reale Weise ist, daß dies eine bestimmte Beziehung ist der verschiedenen Teile aufein-ander. Diese schweren Teile werden durch die Form ideell gesetzt, ihr isoliertes Bestehen gegeneinander leidet Einbuße, insofern die Form das Bestimmende ist. Diese Idealität der verschiedenen Teile, indem sie zunächst auf eine ideelle Weise zur Erscheinung kommt, ist der Klang, der Ton. Indem aber diese Idealität der unterschie-denen Teile auch reell gesetzt wird, so ist das das Aufheben der Kohärenz selbst, Realität dieser Idealität, und das ist die Wärme.

262 ein innerer ] eine innere268 innere ] inneres283 erst ] noch286 über der Zeile: werden

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Die Gestalt ist dann das Nächste, diese freie Idealität, in welcher dann die andere Seite vermittelst dieses realen Idealen, des Be griffs, sich realisieren kann. Hier haben wir es noch nicht mit Gestalten zu tun, hier haben wir noch nicht die sich realisierende Form, zu der gehört, daß die Selbständigkeit der Teile als aufgehoben ge-setzt ist. Die noch abstrakte Form ist zwar bedingend, hat aber zur Vor aussetzung die Selbständigkeit der unterschiedenen Teile. Dies innerliche Bedingtsein erscheint daher auch als äußerliches Be-dingtsein, und daher ist das Vergleichen der Materialitäten unter-einander zur spezifi schen Schwere nötig, so erscheint die Kohärenz beim Konfl ikt verschiedener Körper, der Klang erscheint durch Anschlagen von außen. Diese Bedingtheit ist ein wesentliches Mo-ment in dieser Sphäre. Die Gestalt als Totalität in sich ist nicht mehr bedingt.

Spez i f i s che Schwere oder Dicht igke it . Wir haben es hier mit besonderen Körpern zu tun, wir treten in das Reich der besonderen Körperlichkeit, insofern sie sich von dem allgemeinen Individuum, der Erde, unterscheidet. Spezifi zieren der Körper-lichkeit ist Setzen der besonderen Körper gegeneinander, die nicht mehr Bestimmung der allgemeinen Schwere ist. Schwer sind die Körper, Schwere heißt Suchen eines Mittelpunkts. Der Unterschied ist da nur ein Unterschied der Masse, Unterschied des Gewichts, dieser bloß quantitative Unterschied, den wir aber zur immanen-ten Form, zur Individualität erweiterten. So kommen wir zu ei-nem, das verschieden ist von der Richtung auf den Mittelpunkt, es kommt in die Natur eine neue, andere Bestimmung hier als die der bloßen Schwere, ein einfaches Insichsein, einfach, denn ist die erste Formbestimmtheit.

Die Kohäsion hat es sogleich mit Teilen zu tun. Spezifi sche Schwere ist sozusagen die erste Eigenschaft der Besonderheit, die Grundlage derselben, die bei so abstrakten Körpern, als die Me-talle sind, als die Hauptunterschiedenheit daher eintritt. Beim Organischen tritt dies ganz zurück, z. B. Blätter, Blumen, Nerven und Muskelfasern, wo konkretere Bestimmungen die Natur aus-

294 dieses realen Idealen, des Be griffs ] dieser realen Idealen, der Be-griff

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machen. Ganz an höheren Bestimmungen werden sie herabge setzt zu unwichtigen Momenten. Verhältnis des Gewichts zum Raum, weil die Erfüllung des Raums als schwer nicht mehr identisch ist mit | dem Raume, und dies macht eben das Spezifi sche aus.

§ 236. Gewöhnlich faßt man die verschiedene Dichtigkeit durch Annehmen von Poren. Die Poren [– so sagt man –] halten die Mate-rie auseinander, so daß sie r a r ior in sich ist. Die Poren sind nichts Empirisches, bloß etwas Erschlossenes. Poren [sind] bloß das Ne-gative des Leeren, wo die Materie nicht ist. In diesen Poren soll nun Wärme, elektrische, magnetische Materie sein, die alle ihre Poren habe. Vorausgesetzt ist, eine gleiche Anzahl gleichgroßer Teile sei in allen gleich, so daß die Materie auf gleichförmige Weise den Raum einnehme, und das größere Volumen durch Poren suppliert wird. Das Maß der Anzahl der Teile ist dann das Gewicht. Diese Teile sind etwas nur Imaginäres, so daß eine Anzahl von Molekülen in allen Substanzen gleich schwer sind.

Kant in seiner Grundlage der Metaphysik der Naturlehre hat die Quantitätsbestimmung in die Intensität verlegt, so daß eine dich tere Materie den Raum auf eine intensivere Weise erfüllt. Die Be stimmung der Intensität ist allerdings die, zu der man übergehen muß, die einfache Bestimmtheit in quantitativen Bestimmungen heißt Intensität, Grad, so z. B. die einfache Empfi ndung der Wärme einmal intensiver als ein andermal, wo dann weniger Grade. Dabei ist stehenzubleiben, das ist der ganze Be griff dessen, was spezifi sche Schwere ist. Das Erklären scheint weiterzugehen, es ist aber nur [so], daß man die einfache Bestimmtheit nicht gelten lassen will, die aber hier ihren Wert hat. In der Schwere, die wir bisher hatten, gilt diese Gleichförmigkeit des Erfüllens, da aber die Partikularität eintritt, so ist eben die Bestimmtheit der Unterschied des Gewichts vom Raume. Ein Beispiel der Spezifi kation ist das Magnetisieren eines äquilibrierten Eisenstabs, wo auch keine ponderable Teile hinzukommen und doch das Gleichgewicht aufgehoben wird. So sind die Barometerschwankungen ein immanentes Verändern der spezifi sche Schwere überhaupt.

349 weniger ] mehr

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B. Kohä s ion. Die spezifi sche Schwere war nur diese einfache Bestimmtheit, wodurch kein Verhältnis der Teile gesetzt ist, aber das Bestimmen bezieht sich noch nicht auf das Viele, ein kleines Stück hat dieselbe spezifi sche Schwere als das größere. So ist aber andere Beziehung Verschiedener aufeinander, und so wird sie Ko-häsion überhaupt. Es ist gesetzt ein anderer Mittelpunkt als der der Schwere, und so ist in der Materie die Zentralität selbst, die stehen-bleibt in der allgemeinen Schwere, aber auch ein Anderes dagegen ist. Daß diese verschiedene Bestimmtheit als solche existiert, heißt nichts anderes, als es wird ein anderer Mittelpunkt gesetzt als der allgemeine Mittelpunkt der Schwere, d. h. Beziehung der materi-ellen Teile aufeinander, das man überhaupt Anziehen genannt hat, d. h. daß die Materie sich aufeinander bezieht. In der Schwere ist der Ort [bestimmt], und damit ist das Verhältnis des Bestehens in Beziehung auf den Mittelpunkt gesetzt. Jetzt ist eine andere Beziehung der materiellen Teile gesetzt, die Kohäsion überhaupt; Kohärenz ist eine Form dieser Kohäsion. Diese ganze Schwere ist noch ein bedingtes Verhältnis. Dieser Zusammenhang kommt zur Erscheinung in Beziehung auf andere. Die Kohäsion gehört inso fern noch nicht der Gestalt an.

Von Schelling und Steffens wurde Kohäsion etwas anderes ge-nannt. Die Individualität ist auch eine Form des Zusammenhangs. Magnetismus ist die abstrakte Grundform der Totalität des Indi-viduellen. Ein solches zusammenhängendes Prinzip der Gestalt ist auch Kohäsion genannt worden. In diesen Darstellungen ist nun zwar Kohäsion [in jenem Sinne] und die Kohäsion, wie wir sie hier haben, zum Teil vermengt, und insofern [ist das Ganze] etwas Un-klares geblieben. Was man gewöhnlich Kohäsion nennt, ist das, was jetzt hierher in diese Sphäre gehört, und eine Bestimmung dessen, was wir Kohäsion überhaupt heißen. Der Ausdruck Kohäsion ist hier noch in der Eigentümlichkeit gelassen, die er in der gewöhn-

361 B. ] 2.362 gesetzt ist ] noch nicht gesetzt ist368 aber auch ein Anderes dagegen ] aber ein Anderes dagegen auch369 heißt ] es [ gestr.: wird] heißt381 wurde ] hat

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lichen Sprache der Physik hat. Drei Formen sind zu unterscheiden: Adhä s ion , Kohä renz , E l a s t i z i t ä t . Kohäsion ist das Bestim-mende des Zusammenhanges. |

[Wenn] sie als selbständig Bestehende gegeneinander betrach-tet werden und zusammengebracht werden, so adhärieren sie im Allgemeinen. Da jeder Körper ein ausgedehnter Körper ist, der in viele Teile unterschieden werden kann, so kann er an vielen oder allen Punkten sich berühren. Man schreibt dies der allgemeinen Anziehungskraft der Materie zu, und dies ist richtig – nur ist zu bemerken, daß dies eine andere Relation der materiellen Teile auf-einander ist, als die der Schwere. Wenn die Berührung noch durch Wasser vermittelt wird, so hängen sie mit einer großen Gewalt zusammen.

Die Adhäsion ist Kohäsion einander äußerlich bleibender Mas-sen. Das Wasser hat am meisten die Neigung zu adhärieren, und das ist Folge seiner inneren Kohäsionslosigkeit, und die Glätte ist diese Gleichheit der Oberfl äche, die andererseits durch die Gestalt gesetzt wird. Das Kristallisieren bringt immanente auf der Ober-fl äche erscheinende Unterschiede hervor. Wenn die Oberfl äche zu dieser abstrakten Gleichheit zurückgesetzt ist, so gehört dies auch zu dieser Kohäsionslosigkeit, das heißt immanentes Bestimmtsein der Oberfl äche von Innen heraus.

Kohä renz ist die Spezifi kation der Masse, eine Einheit, wo-durch das materielle Außereinander bezogen und in Eins vereinigt wird, eine Form, welche ein Zusammenhalten der verschiedenen Teile ist, so daß diese nicht mehr wie in der Schwere als selb ständig gesetzt sind. Wenn der Schwerpunkt unterstützt ist, so werden die anderen Teile auch in der Entfernung von dem Ende gehalten; daß ihr Gewicht so im Schwerpunkt gesammelt ist, ist Folge der Kohäsion.

In dieser Kohäsion, indem so das in sich seiende Zusammenhal-ten der Teile gesetzt ist, so ist ihre Selbständigkeit negiert, obgleich sie auch außereinander bleiben. Diese Kohäsion kommt nun zur

395 Wenn sie ] Werden sie396 werden [ gestr.: im]415 das [ gestr.: P] materielle

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Erscheinung in der Beziehung auf andere Körper. Weichheit , wo die Teile leicht verschiebbar sind, und der Körper doch das-selbe Volumen behält, doch der Zusammenhalt bleibt, Hä r te , der Widerstand gegen die Wirkung eines anderen, daß diese nicht seine Gestalt in ihm geltend machen kann. Die nähere Form ist dann der qualitative Unterschied des Zusammenhalts in sich, der Unterschied in Ansehung der bloßen Natur des Zusammenhaltes, insofern Gewalt gebraucht wird, diesen Zusammenhalt zu stören. Reißen parallelepipedischer Körper durch Gewichte. Die qualita-tive Kohärenz bezieht sich aber dann auf eine Eigentümlichkeit der Form, im Nachgeben, im Druck gegen äußere Gewalt. Die quali-tative [Kohärenz] zeigt sich in der eigentümlichen Form, in der sie einer äußeren Gewalt nachgibt. Sie bezieht sich auf die räumliche Form, die er [sc. der Körper] zu erhalten fähig ist, oder die er vor-zugsweise erhält. Dahin gehört die Zäh igkeit , Dehnba rke it , S t reckba rke it . Insofern äußere Gewalt angebracht wird, so er-hält sich bei der Dehnbarkeit die Gestalt der Fläche, andere sind fähig, die Form der Linearität zu erhalten, die Spröd igkeit ist eine Form der Erhaltung der Punktualität, und unfähig zu sein der Linearität als der Form der Fläche. Glas ist ganz homogen, Stahl springt feinkörnig. Dies Zerreißen ist nicht bloß quantitativ, sie behalten im Nachgeben eine bestimmte Weise desselben, und behaupten so die Spezifi kation ihrer Kohäsion nicht bloß quanti-tativ, sondern auch qualitativ. Im Be griff der Kohäsion haben wir also das Außereinander der Teile und das Zusammengehaltensein derselben. Diese eigentümliche Form ist insofern das Aufheben, die Idealität der Selbständigkeit der Teile. Kohäsion ist die Einheit dieser beiden Momente.

Das Dritte ist, daß das Selbständigsein der Teile und die Identität derselben, was ein Prozeß ist, auch als ein Werden, als ein Prozeß zur Erscheinung komme. Dies Dritte ist vorhanden in der merk-würdigen Bestimmung der E l a s t i z i t ä t . Sie ist dies, daß das, was in der Kohärenz gesetzt ist, auch zur Erscheinung komme. Die | äußerliche Elastizität hat man auch Federkraft genannt, das Bestre-ben, die eigentümliche äußere Gestalt wiederzugewinnen. Diese reine Elastizität haben wir als Darstellung des Be griffs näher zu betrachten. Sie ist dies, daß die Teile einmal als ineins gehend sich

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setzen und das andere Mal Außereinander. Näher wird das dann eine Verschiedenheit der spezifi schen Schwere, eine Oszillation zwischen verschiedener spezifi scher Schwere. Sie wird vorzüglich an Billardkugeln gezeigt. Da müssen vornehmlich die Poren da dies tun. Diese Form, die die selbständigen materiellen Teile unter sich faßt, tut der ersten abstrakten Selbständigkeit, diesem räumlichen Bestehen, insofern Eintrag.

Wir haben bemerkt, wie diese Sphäre bedingt ist, wie sie sich kundgibt als ein eigentümliches Verhalten zu anderen. Die Elasti-zität nun ist dies, daß dies Bedingtsein von außen als Negation der Partikularität in den Körpern gefaßt werde. Diese Negation ist einerseits ein Äußeres, Druck, Stoß, ein anderes, das sich geltend macht, insofern aber dies geschieht, ist in dem Körper die Negation gesetzt. Diese wird ebensosehr durch seine Partikularität, durch das Bestimmtsein seiner Form ebenso aufgehoben, die Reaktion der Eigentümlichkeit des Körpers gegen diese Negation. Seine spezi-fi sche Dichtigkeit wird verändert durch jene Negation, der Raum, den diese Materie einnimmt, wird durch den Druck, Stoß verkürzt; aber ebensosehr ist der Körper auch selbständig, sich zu erhalten, und er ist das Aufheben dieser Reaktion. Das ist die Elastizität. In der Kohärenz als solcher ist [es] nur die Form, die geändert wird; die Eigentümlichkeit der Körper bleibt. Partikularität ist ein end-liches, und so wird die Negation in ihm gesetzt als existierend, als Veränderung. Diese Endlichkeit, diese Partikularität, seine Dich-tigkeit, ist die spezifi sche Schwere, und die Negation ist daher er-schienen und [ist] ebenso wieder aufgehoben worden. Man nimmt die spezifi sche Dichtigkeit als etwas Eigenes, die Materie als etwas Unbestimmbares. Die Elastizität zeigt uns zunächst das Werden an. Das Biegen eines Dinges erscheint zunächst als nur äußere Veränderung der Gestalt, es ist aber hier auch das vorhanden, was wir als Elastizität bestimmt haben. Die spezifi sche Schwere als sich verändernd ist die Elastizität überhaupt.

Das Weitere ist nun: in diesem kohärenten Ausgedehnten sind viele ausgedehnte Teile, zwei Körper selbständig gegeneinander. Jeder Körper ist an ihm selbst ein solches Aggregat von selbständi-

462 das dann ] dann das

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gen Partikeln, ein in sich Vieles. D. h. alle, die wir als Partikelchen äußerlich unterscheiden können, sind ebenso selbständig gegen-einander, verhalten sich ebenso elastisch gegeneinander, oder diese Elastizität wiederholt sich im Körper auf unendlich viele Weise. Jedes dieser Vielen, indem es identisch gesetzt wird mit den anderen, [indem] die Partikelchen ineins gesetzt werden, so sind sie ebenso affi rmativ gegen diese Negation, und stellen sich so her. Die Elasti-zität wiederholt sich also im Körper in allen Partikelchen, die wir nur als unterscheidbar darstellen. Dieses Wiederholen der Elastizität ist das, was wir Schwingen nennen, Oszillieren, und dies ist das, was wir K l ang nennen.

Der Klang ist ein schweres Phänomen, er gehört zu der Spezifi -kation des Mechanischen, er ist nichts anderes als ein Schwingen, und dies ist das Phänomen der Elastizität, ein Wiederhallen in dem Körper als Vielen. Der Klang ist also ein Erzittern, eine Bewegung des Körpers in ihm selbst. Wenn wir das Schwingen betrachten, so wissen wir, daß die Saite Bogen macht, was zunächst erscheint als ein Ausweichen nach Außen, nicht als ein Ausweichen in sich hinein, aber dies ist es nicht bloß, sondern auch eine Veränderung der spezifi schen Schwere in sich selbst. Ihre Selbständigkeit der Teile wird auf diese Weise verkannt. Das Schwingen ist nun das vielfach wiederholte Phänomen | der Elastizität, daß die Partikeln den Ort, den sie in der Ruhe haben, verändern. Sie haben nichts anderes, wohin sie ausweichen könnten als selbständige Partikeln, die sie sind, die aber ideell gesetzt werden. Diese durch den ganzen Körper durchgehende Negation ist das wieder Selbständigwerden der Teile. Der Klang ist die Klage über die Gewalt, aber das Er-halten im Lautwerden des Klanges. Durch den Klang erhitzt sich der Körper, durch das Wiederherstellen der Partikelchen erhält sich aber im Ganzen der schwingende Körper.

Das Werden ist so hier gegen die erste abstrakte Elastizität auf eine allgemeine Weise. Der Klang erscheint als dies Seelenhafte, als diese abstrakte Innerlichkeit, die sich da kundgibt, er spricht uns

513 was ] das516–517 über der Zeile: der Teile522 ist ] das

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mit einer Stimme an, als Insichsein, das zur Erscheinung kommt als [sich] in sich sich bewegend, bestehend, aber erzitternd, die erste Partikularisation der spezifi schen Schwere, [sich] verändernd, aber darin sich auch erhaltend, das Insichsein, wie in einer anderen Sphäre, im Geistigen.

Insofern wir nun von der Vorstellung der Vielheit ausgehen (der Affi rmation aller Teile), so ist hier sogleich die Mitteilung gesetzt. Die nächste Vorstellung ist, daß es nur durch die Luft sei, daß sich der Klang mitteile, dies ist aber nicht der Fall. Diese Mitteilbar-keit ist ein eigenes Phänomen, daß der Klang in sich schon eine Bewegung so vieler Teile ist, so liegt darin schon die Existenz der Allgemeinheit in ihm selber. Die Mitteilbarkeit liegt in der ganz ideellen Hallung des Klanges. Indem dies so eine ganz leichte Af-fi rmation ist, eine ganz leichte Berührung, so ist das etwas, das der Körperlichkeit überhaupt unterworfen ist.

Das feste Bestehen der Körper muß von der Vorstellung verbannt werden. Darin liegt nun zunächst die Mitteilbarkeit des Tons über-haupt, die Negation dieser Kohärenz der Teile, das Aufheben der-selben, diese Idealität der Rigidität der Materialität überhaupt. Dies ist dadurch der Charakter der Allgemeinheit, die Negation des Be-stehens überhaupt, daß diese Seele, die der Klang ist, so un gehindert durchgehe durch die Körper, was uns zunächst in Erstaunen setzt und eine verständige Bestimmung ist. Daß so der Klang durch die Körper keinen Widerstand fi ndet, liegt so in der Natur des Klan-ges, die Gleichgültigkeit des Partikulären zu sein, und im Mitteilen [liegt] die Gleichgültigkeit der [Bestandteile der] rigiden Materie gegeneinander. Diese Kontinuität als substantielle Bestimmung gibt sich kund hier in der Materie, die das Wesentliche ist gegen die Spezifi kation, welche sich als ins Wanken bringende erweist.

Wenn man solche Erscheinungen sich so vor den Gedanken bringt, so gewöhnlich sie sind, so sind es die, die uns aufmerk-sam machen können auf Voraussetzungen, die wir in unserem ge-

537 sic543 der ] die556 sic561 auf ] über

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wöhnlichen Bewußtsein gelten lassen und die eben dadurch falsch sind.

Diese Musik, die [die] Körper aus sich nehmen, dieses Frohe, das sie wachrufen, ist eben dies Aufheben des starren festen un-beweg lichen Außereinanderseins der Teile. Ein jeder Körper klingt anders, was mit der Art der Kohäsion zusammenhängt. Ein in-teressanter Unterschied ist [ jener] zwischen Klang und Geräusch. Geräusch entsteht mehr durch den äußeren Schlag, wenn es zwei-erlei Körper sind, nicht ein und dieselbe Natur von Körperlichkeit, die wir erklingen hören. Durch diese Berührung sind es zweierlei, die [in] das Verhältnis treten, das wir eben Klang nannten, dies Idealsetzen der Partikelchen und ihr sich wieder Unterscheiden. Bei einem Instrumente, [auch bei] der Stimme, hört man die Rei-bung. Bei unreiner Stimme ist die Bebung von verschiedener Natur. Man rühmt der deutschen Sprache den überfl üssigen Reichtum der Laute nach.

Der eigentliche Klang ist das innere Erzittern des Körpers in sich, daß diese Partikelchen darin ideell gesetzt [werden], wenn das an homogenen Partikelchen geschieht. Wenn wir reines einfaches Klingen haben, kann darin ein großer Unterschied gesetzt werden. Von welcher Art kann es sein? Ein innerer Unterschied kann es [deswegen] mehr sein, da es ein homogenes Leben sei. Der Unter-schied kann nur quantitativer Art sein, d. h. er | kann nur durch Zahlen bestimmt werden. Das spezifi sche Klingen von Saiten und Blasinstrumenten gehört nicht hierher. Partikularität, die etwas Symbolisches wird für die Empfi ndung, wie in den Farben.

Die unterschiedenen Töne sind also durch Zahlen bestimmt, Harmonie und Disharmonie durch Zahlenverhältnisse, die leichter gegeneinander aufzufassen sind, und [durch] vermittelbare Verhält-nisse. Diese Seite der Natur der Töne, Harmonie und Disharmonie, scheint zunächst etwas zu sein, was zunächst das Gemüt verwirrt, Zahlen gehören dem ganz äußerlichen Verstande an. Wenn man einen Musiker [auf ] dieses Mathematische der Harmonie, auf etwas

575 verschiedener [ gestr.: Temperatur] Natur, über der Zeile: Natur577 Laute ] Sprache586 [ gestr.: Eine] Partikularität

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so Totes und Äußerliches zurückbringt, so kann dies ihm fremd sein. Aber eben dies Tönen und [die] Unterschiede, die wir eben hatten, können andere Verschiedenheit haben als die quantitative Verschiedenheit. In diese quantitativen Unterschiede treten wieder qualitative Bestimmungen, die noch viel verschiedener sind. Die ersten Bestimmungen der Zahlenverhältnisse in den Tönen wurden früher dem Pythagoras zugeschrieben. Die Dicke der Saite ist das [dem] Materiellen zunächst eigene, und sie ist schwer in Bewe-gung zu setzen, die Spannung betrifft die stärker oder schwächer gemachte Kohärenz. Wird nun ihre Länge geändert, so geben sich die Unterschiede als Töne. 1 : ½, 1 : 1 ½. Beim Monokord erscheint beim Unterstützen von ⅓ nicht die Quinte der Oktave, sondern [es erscheinen] die Knoten. So ist das Tönen auch so modifi ziert, so unfrei ist diese Existenz, dies Leben. Beim Anschlagen hört man Terz und Quinte, so daß die Saite sich in die am nächsten liegenden Verhältnisse von selbst mitteilt. Dies hat zunächst einen mechani-schen Sinn, wo durch einen Saitenstoß relative Ruhepunkte ent-stehen, indem von den beiden Unterstützungspunkten die Bewe-gung ausgeht, und in der Berührung, die den Knoten bildet. Diese Ruhepunkte, die so entstehen, wodurch ein Hervortreten anderer Töne entsteht, werden durch Glasplatten gezeigt: abhängig von dem Punkt, wo man sie hält und wo man sie stützt.

Ta r t i n i beobachtete, [daß,] wenn zwei Saiten angeschlagen werden, die jede einen verschiedenen Ton geben, noch ein dritter Ton entsteht. Darin zeigt sich überall, daß die Unterschiedenheit der Töne wesentlich auf Zahlenverhältnissen beruht. c : g = 2 : 3, das Schwingungsverhältnis für dieselbe Zeit, wo die erste Schwingung von g aus ist, ist die von c noch nicht aus, also hier fallen die Ruhe-punkte noch nicht zusammen, nach zwei Schwingungen von c tritt erst ein Moment von Ruhe ein. Dieses Zusammenfallen ist halb so schnell als das Schwingen von c, d. h. das gemeinschaftliche Wie-derbeginnen tritt nur einmal ein, wenn c zweimal geschwungen ist, so tritt also ein Verhältnis ein, das nach einer Zäsur fällt, und man hört daher die weiteren Oktaven von c, d. h. die, wo nur ein

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Schwingen stattfi ndet, während in dem höheren c zwei Schwin-gungen stattfi nden, eine Koinzidenz, die einmal erfolgt, während der Hauptton zwei Schwingungen hat; da ist objektiv oder real der untere Ton nicht vorhanden, daß es aber gehört wird, liegt in den Verhältnissen, die zu den objektiv vorhandenen beiden Tönen gehören. Dies Allgemeine sehen wir a priori ein, daß der Quanti-tätsunterschied das zum Grunde Liegende ist. Wenn man noch bloß sinnlich zu Werke geht, die objektive Realität des Tons vor sich hat, so wird man überrascht von solchen Erscheinungen.

Die nächste Bestimmung ist nun die Totalität. Die einfache Weise der spezifi schen Schwere, in der das Kohärente genommen wird. In dieser Idealität war der Klang, Aufheben des selbständigen Bestehens der Partikelchen, Bewegen heißt dies eben. Diese Ideali-tät können wir sozusagen die ideelle Realität nennen; da [sich] die in der Kohärenz außereinander Bestehenden zwar in Eins gesetzt [haben], aber sich auch wiederherstellen. Im Klange verhält es sich auf diese Weise, es ist aber ein Widerspruch.

Diese Negation ihrer Selbständigkeit ist eine existierende Nega-tion, und das ist, was wir die reelle Idealität nennen können, und das ist die Wär me. Man könnte glauben, sie lägen weit auseinander. Aber im Be griffe liegen sie aneinander. Daß sie in der Erfahrung auch zusammenliegen, weiß man. Daß Metall durch Schlagen, wo es klingt, erhitzt wird. Glocken beim Läuten.

Das Allgemeine ist dieses: das selbständige Bestehen der Teile auseinander wird negiert, die Rigidi|tät der Teile wird aufgehoben. Weil dieses Aufheben auch ein reales Aufheben ist, so ist dies die Seite, nach welcher dies Aufheben das[selbe ist], was [die] Wärme ist. Das innere Erzittern der Glocke in sich artikuliert sich einer-seits als Klingen, andererseits erscheint Wärme. Sie gehören ver-schiedenen Sinnen an, obgleich man beim Ton auch eine physische Erschütterung empfi ndet. Was das Hören, der Tastsinn ist, davon kann erst beim Animalischen die Rede sein. Beim Animalischen selbst sind die Sinne so geschieden, und das gehört der Ohnmacht der Natur an, daß Bestimmungen, die dem Be griffe angehören, eine selbständige Existenz gegeneinander haben.

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Die Wärme betrifft eine Veränderung der materiellen Teile nach ihrer bestimmten spezifi schen Kohärenz. Die Wärme ist auch nur eine Seite, die eben, daß die reale Veränderung des Verhältnisses als fest gegeneinander eine eigentümliche Kohärenz behaltender Teile [hat], die reale Stufe ist. Wenn sich die Wärme verstärkt, so entsteht die Verschiebbarkeit der Teile durch leichte äußere Gewalt. Die Kohärenz ist gerade das eigentümliche Zusammenhalten der Teile, nicht ein Zerspringen als solches, nur in sich bestimmungs-lose Einheit. Die spezifi sche Schwere wird verändert durch die Ausdeh nung des Wassers beim Frieren. Das ungeschmolzene Metall schwimmt auf dem geschmolzenen. – Die Kohäsion als durch die Form bestimmtes Außereinandersein der unterschiedenen Mate-rialität wird als aufgehoben gesetzt. Dies ist die Bestimmung der Wärme im Allgemeinen.

Die Schwierigkeit, die in Ansehung des Auffassens vorkommt, besteht darin, ob die Wärme als Materie oder als Zustand zu fas-sen sei, eine Frage, zu deren Beantwortung vielerlei Versuche auf-geboten [worden] sind. Es ist dies eine metaphysische Frage, weil Zustand [und] Materie [beides] Arten sind, wie wir im Gedanken das auffassen, was wir Materie nennen. Materie ist ein selbständig für sich Bestehendes, spezifi sch für sich Bestehen, Zustand ist Af-fektieren, akzidentelle Bestimmtheit, die ein υποκειμενον hat, das veränderlich ist. Was dazu verleitet, die Wärme als eine Materie anzusehen, sind die Bestimmungen, die an der Wärme als solcher zum Vorschein kommen. Sie ist ein Sinnliches, wir empfi nden sie. Ein solches, das besonders empfunden [ist], ist zunächst ein von anderen Verschiedenes. Zu ihren Qualitäten gehört besonders der quantitative Unterschied, das Mehr oder Weniger von Wärme. Vornehmlich die Bestimmung der Mitteilbarkeit, die Transfusion der Wärme. Beim Mehr liegt ganz nahe, das vor sich zu haben als eine größere Menge. Diese Vorstellung gibt die Vorstellung einer größeren Menge an Teilen, von selbständig Existierenden, und damit einer größeren Menge von materiellen Teilen.

Dieser Umstand, daß so viele Kategorien des Sinnlichen über-haupt bei der Wärme sich gesetzt zeigen, ist, was dieselbe nehmen

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macht als ein sinnlich für sich Existierendes, als ein Materielles. Was als sinnliche Bestimmtheit unterschieden werden kann, ist aber deshalb nicht unterschiedene Materie. Die Wärme ist allerdings ein Sinnliches. Daraus folgt aber noch nicht, daß sie ein selbständig Materielles sei. Sinnliches selbst existiert auf verschiedene Weise, oder es sind verschiedene Kategorien, die wir dafür haben, diese sind aber noch verschieden von derjenigen Gedankenbestimmung, die die Materie als solche ausmacht. Die Materie ist das Außerein-ander. Dieser Gegenstand ist warm, und so erscheint die Wärme auch als ein Außereinander.

Die Wärme ist ferner mitteilbar. Die Mitteilbarkeit ist eine merkwürdige Bestimmtheit, [sie ist] das Übergehen in ein Ande-res. Dieser Körper bleibt, was er ist. Was er einem anderen mitteilt, ist sofern ein von ihm Unterschiedenes, es geht von ihm weg, und dies scheint auf diese Art eine Selbständigkeit zu haben und so gut ein Materielles zu sein als er. Zu ihm scheint also nun das ein Verhältnis zu haben, das ein ebensolches ist als er ist. Diese Be-stimmung aber macht nicht das Materielle aus. Die Materie ist aber wesentlich schwer, wenn man von Imponderablen | spricht, so hat man nicht das, was Materie ist. Die Luft ist so absolut leicht. Das eigentlich Materielle gehört der Sphäre des Irdischen an, oder der Sphäre der irdischen Differenzen. Wenn die Luft auch als materiell vorgestellt wird, so ist [sie doch] nicht konkrete Materie. Weiter Materie überhaupt nun ist die konkrete Materie, insofern sie schwer ist. Materie ist ein Ausdruck, wo man sagen könnte: Materie oder Nichtmaterie – die Sphäre des Sinnlichen enthält unterschieden bestimmte Kategorien. Die Wärme ist eine Form des Sinnlichen, das Sinnliche in einer besonderen Form, aber obgleich es sinnlich ist, ist es nicht ein Materielles. Es kommt diesem Sinnlichen zu, daß es verschieden von anderem Sinnlichen ist, quantitativer Bestim-mungen fähig ist, mitteilbar, alles Qualitäten des Sinnlichen, aber deswegen ist es noch nicht für sich ein Selbständiges, noch nicht

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eine Selbständigkeit habend, die wir im Sinne haben, wenn wir sagen, es sei eine Materie.

Wir können die Wärme nur zeigen als Temperatur an einem Körper, ebensowenig ich einem nicht die Materie [als solche] zei-gen kann, sondern diese erscheint mir als besonders spezifi zierte Materie. Dergleichen sind immer Abstraktionen, besondere Be-stimmtheiten, die deswegen noch nicht das konkret Selbständige ausmachen. Wenn wir es als Grad bestimmen, so haben wir es als Intensität – eine Weise der Quantitätsbestimmung, welche unter-schieden ist von dem ausgedehnten, [dem] Mehr oder Weniger, das als extensive Größe dem, was wir materiell nennen, eben zu-kommt. Dem Materiellen schreiben wir eine unvertilgbare, voll-kommen feste Selbständigkeit zu, und die Versuche sind vorzüg -lich [darauf ] hingegangen, ob sie [die Wärme] ein solches Selb-ständiges sei, das, wenn sie hervortrete, nur versammelt werde an einem solchen Punkt, [aber] schon [vorher im Körper] vorhanden sei. Rumford hat dies behauptet, so daß bei Erhitzung viel Wärme-materie herbeigezogen werde. Versuche beim Kanonenbohren. Die Gegenstände in der Umgebung werden nicht kälter, und so ist das Versammeln der Wärme sehr etwas der Vorstellung Schwie-riges. Rumford umgab die Kanonen mit Holz, dem die Wärme schwer mitteilbar sei, so daß es gegen die Wärme der Kanone isoliert wird, und die Metallspäne waren ebenso glühend. Die Hauptsache ist in sinnlichen Bestimmungen, ist vieler sinnlichen Bestimmungen fähig. Andere Weisen der Entstehung sind chemi-scher Art.

Im Erzittern beim Klange hebt jeder Teil seinen obenliegenden auf, aber auch bei verschiedenen Körpern durch Reiben, bei Stahl und Stein, wo nichts anderes geschieht, als daß diese mehr selb-ständigen Teile des einen Körpers durch diese Reibung und schnelle Bewegung ineins gesetzt werden, ein Teil sozusagen in einen an-deren getragen, in verschiedene Punkte der Einheit versammelt [wird], indem jeder konform gesetzt wird, ihre Selbständigkeit wird zerstört. Es schläft nicht ein Funken im Feuerstein, der her-vorgelockt würde, das sind sinnliche Ausdrücke, die von anderen Verhältnissen hergenommen sind. Das [ist das] Zusammenfassen der außereinander [Seienden, der] Punktualität.

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Die Flamme ist die Vollendung dessen, was durch die Wärme zunächst als Zustand vorhanden ist. Die ganz reale Zerstörung des Vorhandenen nach seinen sonstigen Qualitäten, und dieses Sich-verzehren ist als Feuer vorhanden, Wärme und Licht, das Licht ist die letzte zur Erscheinung kommende Idealität, in die die Materie übergegangen ist, dieses ganz Seelenhafte, diese materielle Imma-terialität, die aber das Auslöschen ist des unterschieden Für-sich-Bestehens.

Das Feld, in dem wir anschauen, ist die noch nicht sich frei rea-lisierende Form, [sondern] das Feld des Zustandes, der zur Erschei-nung kommt nur durch ein Verhalten des Außen.

Die spezifi sche Schwere und die Verbindung mit anderen Körpern, die Kohärenz, kommt zur Erscheinung in Druck, Stoß eines anderen Körpers, so Klang, so auch Wärme, die entstehen mag, wie sie will, der Erscheinung angehört, dieser Gemeinsamkeit der Körper mitein-ander. Der Körper ist warm. So ist dies Negation seiner eigentümli-chen Kohäsion, Negation seines Fürsichseins, Negation dieser seiner spezifi schen Natur, und eben damit Gemeinsamkeit mit anderen.

Es sind sämtlich dies formelle Bestimmungen, sie greifen so zu-sagen | nicht in die Form als Totalität zunächst ein, nicht in die innerste Eigentümlichkeit, Qualität, sie sind daher auf eine ober-fl ächliche Weise an dem Körper, und insofern mitteilbar an Kör-per, sie mögen sein, wie sie wollen. Sie nehmen in Anspruch die Materialität der Körper im allgemeinen Sinne, nicht noch seine Individualität. Erst im chemischen Prozesse geschieht dies. Es sind nur solche abstrakte, formelle Bestimmungen, welche diese Sphäre ausmachen. Bei der Beweglichkeit wird nur die abstrakte Qualität der Materie in Anspruch genommen, und deswegen ist er so leicht beweglich. Hier sind die Spezifi kationen noch formelle Spezifi kationen, die Zuständen zugehen, und deswegen einesteils setzen müssen, dies Erscheinende nicht selbst zu sein, sondern im Zusammensein mit anderen Körpern, und darin nicht die Form der Körper als Individualität in Anspruch zu nehmen. In der Mit-

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teilung der Wärme gibt sich die spezifi sche Qualität auch kund. Dahin gehört das, was man spezifi sche Kapazität genannt hat, auch die Wärmeleitung. Bei gleicher äußerer Temperatur zeigen sich die Körper verschieden warm. Gleiche Wärme wärmt sie auf ver-schiedene Weise. Diese Wärmekapazität steht im allgemeinen in einem Verhältnis mit der spezifi schen Schwere. So auch die Wärme-leitung. In dem Metalle ist diese Homogenität des Insichseins, das nach dieser Dichtigkeit des abstrakten Insichseins viel weniger in sich spezifi ziert ist, am wenigsten diese Unterschiede hat in sich selber, die zu der Punktualität führen. Latentwerden der Wärme heißt: die Wärme erscheint, und man sagt, in dem Wasser ist das-selbe Quantum an Wärme darin als in dem Metall. Wasser aber verschluckt die Wärme. Dies Latent[sein] ist etwas Erschlossenes, das nicht auf der Erfahrung beruht, denn das Verborgene ist nicht empirisch. Wenn nachher sich diese Wärme zeigt, so setzt man voraus den Wärme stoff als ein Quantum, das als ein Selbständiges existiert, das nicht erst wird, sondern als etwas, das bleibt, sich nur verbirgt. Vorausgesetzt ist dieser perennierend bestehende Stoff, an dem der Unterschied nur sei ein Erscheinen oder Nichterscheinen. Für den Be griff ist der Unterschied [hier nur dieser:] Vorhandensein oder Nichtvorhandensein.

[Dritter Abschnitt.] Individualität der Körperlichkeit. Gestalt

[Zu betrachten ist:] Die Form, die sich in der Materie als Totali-tät realisiert, der Körper als Individuum, der individuelle Körper. § 235. Die Individualität und Körperlichkeit ist die immanente Form, welche der Materie einen eigentümlichen Unterschied gibt, eine spezifi sche Art des innerlichen Zusammenhaltes der Materie, und der äußerlichen Begrenzung im Raum. Im Kristall haben wir [den] spezifi schen Zusammenhang in sich, der in sich vollendet

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ist, so daß nach außen der Körper in seinen Raumverhältnissen begrenzt ist.

[Die Form ist] dieser innere Künstler, diese tätige Geometrie, die alle Teile sich aneignet, und als Meister dies alles bestimmt, die Form als Totalität in ihrem Unterschiede sich entwickelnd, d. h. sich fi gu-rierend, und ihre Figuration materialisierend, so daß diese total ist.

Das Verhältnis zur betrachteten Sphäre ist dies: In der vorher-gehenden Sphäre hatten wir die Form in ihren einzelnen Bestim-mungen, es sind nun die einzelnen Bestimmungen nacheinander, weil wir hier erst die Form an sich zu betrachten haben. Denn an sich wird etwas betrachtet in seiner Bedingung, Vereinzelung, die noch nicht Realität ist. Dies sind die unmittelbarsten, aber auch die schwersten Sphären für die Betrachtung. Die Erde war gesetzt als Individualität an sich. Darin lägen die Bestimmungen, daß die Formbestimmungen nur erst vereinzelt in der Materie hervortreten, in ihr zu sehen sind. Das Ansich ist noch nicht eine Totalität, noch mit einem Gegensatz behaftet, so daß mit der neuen Formbestim-mung die anderen noch nicht gesetzt sind, die Form noch nicht als Totalität ist, die Existenz derselben ist noch eine bedingte. Die Beziehung von Unterschiedenem miteinander war noch eine ge-störte Beziehung, die sich nicht für sich selbst manifestiert, erst zur Erscheinung kommt durch ein anderes, so daß es noch die Weise des Außereinander hat. Der Klang ist erst wieder das Außereinander zugleich mit der Einfachheit, mit der Identität gesetzt. Die Idea-lität dieser Unterschiede, das bestimmt[e] Außereinanderbestehen, ist Klang, als reell existierend | gesetzt: die Wärme. Das sind die unterschiedenen Momente der Form außereinander gesetzt. Die Zurückführung zu dieser Einfachheit ist die Idealität der Wärme. Die Form ist die Einheit dieser Momente, die wir außereinander hatten. Daß sie einzeln nacheinander gesetzt sind, kommt daher, daß die Form nur erst an sich ist, wie das, was an sich ist, erscheint [sie] auch, hat [sie] auch eine [äußerliche] Existenz. Das Allgemeine dieser Sphäre hätten wir so bestimmt.

Das Allgemeine ist, daß die Materie an sich von der Form be-stimmt ist, an sich dies Formierte, von der Form durchdrungen ist, daß sie an ihr Formbestimmungen hat, sie ist also durchgängig für die fürsichseiende Form. Das ist dies[er] Sphärengang, daß jedes

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zweimal betrachtet werden muß, wie wir [es] schon bei der Erde als der Individualität hatten, die zuerst an sich, dann für sich, gesetzt, die wirkliche anundfürsichseiende Individualität ist.

Der Übergang selbst von der Sphäre, die wir hatten, ist klar, die vereinzelten Formbestimmungen. Jetzt gehört dazu die Nega-tivität derselben, denn das ist das Fürsichsein, die sich auf sich be-ziehende Negativität. Jene Formbestimmungen [sind] gesetzt als Differenzen in ihr. Diese Negation negiert ist die Individualität, die zum Fürsichsein gehört, so daß die Momente gesetzt sind in einer Einheit, d. h. sie sind ideell. Diese Idealität der spezifi schen Schwere und Kohäsion, zunächst vereinzelt, nennen wir Klang und Wärme. Diese sind nun auch in ihr erhalten, so spezifi sche Wärme, die sich erhält in dieser Idealität. Das ist nun die Gestalt, die Form, der die Materie durchgängig ist, nicht so, daß die Materie vorausgesetzt werde als ein geistloses Drüben. Diese muß an ihr selbst die Form haben, soll sie für diese durchgängig sein, doch das Ansich der Form muß sie haben, was wir gesehen haben.

Die Gestalt ist die durch die freie Form bestimmte Materie, die an sich Formbestimmtheit hat, so daß die Form sich in ihr sich auf sich bezieht. Die Form, die ein freies Bestimmen in der Materie ist, ist nun dies eigentümliche stumme Leben, das in das Produkt zugleich übergegangen ist, diese Formtätigkeit, die sich äußert, ge-äußert hat als ein organisierender Trieb. Wenn wir Kristalle be-trachten, so ist die nächste Empfi ndung eine Verwunderung, dieser Verstand, der sie so geschnitten [hat].

Dieser νους ist die innere Form, eine Regelmäßigkeit, die Zweck ist, die sich auf sich beziehende Form, so daß alle Beziehungen auf eine Einheit gehen, daß man sieht, daß ein Quell wirkt, der dies bestimmt hat. Freie Seelenhaftigkeit, die die Unterschiede setzt, so daß sie existieren, nicht erst hervortreten durch ein Anschlagen von außen, sondern für sich überhaupt, daß die Gestalt sich nach innen bestimmt zeigt und ebenso umschlossen von außen. Die

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Äußerlichkeit ist in der vorhergehenden Sphäre nicht vorhanden gewesen, eine äußere Gewalt mußte dies erst hervortreiben, hier haben wir ein äußeres Dasein, das zugleich ein sich auf sich Bezie-hen ist, inwendig organisiert, und ebenso nach außen bestimmt von diesem innern Künstler, der nicht erst nötig hat etwas von außen, um sich bestimmt zu zeigen. In der Gestalt hat die Materie ihren Mittelpunkt gefunden, und dieser Mittelpunkt ist tätig – wenn man feierlich sprechen will, ein inneres Licht, als diese abstrakte Selbstisch keit, die eine sich differenzierende [ist], Unterschiede set-zende ist, und sie haltend in der Einheit, die dritte Stufe.

In der Gestalt haben wir zu betrachten [erstens] d ie unm it te l -ba re Ges t a l t als solche, die bestehende, ruhende, Gestalt, räum-lich bestimmte Gestalt, die Form als Künstler des Raums, zwei-tens d ie Ges t a l t i n i h rer Di f fe renz , daß sie frei wird, diese Differenz als selbständig erscheint, das, was dem Elementarischen entspricht, wo die Unterschiede sind in der Weise eines bestimm-ten Bestehens, dies Elementarische ist aber spezifi ziert und | unter der Gewalt der individuellen Körperlichkeit, und sie verwandelt, das elementarische herauskonstruiert als Eigenschaft des individu-ellen Körpers. Licht wird Farbe, die spezifi sche Verluftigung, Duft, Geschmack, Neutralität, aber partikularisiert. Dies ist das Außer-einandergehen. Die Gestalt tritt als physikalische Eigenschaft oder Materie hervor, aber partikularisiert durch die Individualität. Ihre abstrakte Spannung gegeneinander lernen wir später als Elektrizi tät kennen. Das Dritte ist der Prozeß der Ges t a l t , daß die Unter-schiede selbst Gestalten sind, Körper, die sich aber zugleich diffe-rent gegeneinander verhalten, und sich so als ein konkret Neutrales setzen, dies [ist] der chemische Prozeß. Die Einheit, Selbständigkeit, der Widerspruch beider als Prozeß.

Der Be griff einer Sphäre ist das Erste, Allgemeine, dies ist aber zugleich ein Abstraktes, setzt sich herab, nur ein Besonderes zu sein gegen Besonderes.

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Die unm it te lba re Ges t a l t , der Mechanismus der Individua-lität, [ist] die individuelle Mechanik. Die Totalität der Form hat sich realisiert in der Materie, gibt sich Bestehen, und dies Bestehen ist die Räumlichkeit, und insofern können wir dies mechanisch nennen, aber individualisiert, und so gehört es in das Physikalische. Die Materie ist in ihrem Bestehen bestimmt durch die Form, so daß ihre Räumlichkeit zuerst bestimmt ist nur durch die Form. Bei der spezifi schen Schwere hatten wir eine einfache Bestimmtheit, und darum quantitative Bestimmung, so viel Gewicht in diesem Raum. Hier ist die Bestimmtheit des Raums Totalität der Form, Totali-tät der Raumbestimmung nach allen drei Dimensionen: [Punkt,] Linie, Fläche, die Oberfl äche ist, Abscheiden nach Außen.

An der Gestalt selbst haben wir zu unterscheiden: die ab s t r ak te Form, die d i f fe rente Form und die Tot a l i t ä t .

Das Erste ist Form [als] abstrakt, gleichsam wieder das Aufgeben dieser Bestimmungen und Dimensionen, die punktuelle Gestalt, Kugelgestalt. Die differente Gestalt, hier fällt der Magnet i smus her, das Dritte ist erst die ganze Gestalt. Es ist eine Form, physi-sche Kategorie. Magnetismus, Elektrizität und Chemismus. Der Magnetismus aber ist nur das Abstraktum der Totalität der Gestalt. Sie ist Elektrizität an der zweiten Form auch genannt worden, sie ist aber die beginnende Spannung der Differenten gegeneinander, noch nicht der Prozeß als solcher, sondern der formelle. Diese drei Stufen muß man nicht als solche betrachten, die für sich in der Tat Realität haben, sondern sie selbst sind nur die Momente einer Totalität. Die Gestalt ist die Form, welche der Materie innerliche Determination gibt, und so, daß diese Determination Totalität ist, Körperindividuen umschließt.

Das Nähere sind die Formen, die in den Bestimmungen dieser Gestalt sich setzen, und [zwar] zuerst die unmittelbare Gestalt, Ge-stalt des Gestaltlosen, denn zur Form gehört nicht die Unmittelbar-keit, sondern das Außereinander von Bestimmungen. Dies ist nur dies unbestimmte Umschließen, einerseits das Spröde, andrerseits die Körpergestalt, jenes das sich punktuell Haltende, Konkretisie-rende, so daß sie nur zusammengehalten werden in dem Eins des Punktes. Die andere Gestalt behält auch diese Sprödigkeit, diese Konzentration, die zugleich auch Außereinanderfallen der Teile

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ist. Die Kugelgestalt ist das andere Extrem, die gestaltlose Gestalt, Außereinander nach allen Seiten, hier nach der Totalität der Räum-lichkeit, deren Dimensionen bestimmt, so daß in diesem Außer-einander noch kein Unterscheiden vorhanden ist, so daß das Peri-pherische nach der Bestimmung der Gleichheit sich zu diesem Mittel-punkt verhält, so daß das Umschließen ein Individuum macht, aber ohne individuelles Verhältnis zur Einheit als wirklicher, zum Mittelpunkt. Flüssige Körper gestalten sich in Kugel, Gleichheit des Bestimmtseins von Außen, weil noch keine innere Differenz vor-handen [ist]. So kann man den Kreis die schlechteste Figur nennen, weil da nur Verstandesidentität, keine Differenz ist. |

Das Zweite ist die reale Gestalt, und das Realisieren der Gestalt. Dazu gehört der Einheitspunkt der Sprödigkeit und das Repellieren des Materiellen, es Setzen an verschiedene Orte, so daß diese aber auf diese Einheit bezogen werden. Differenz dem Orte nach setzen, ein Homogenes setzen, ein Differentes des Ortes, und ebenso diese Differenz wieder aufheben, ist die allgemeine Bestimmung der Form, daß sie in Realität vorhanden sei. Das ist ein Widerspruch, es soll an einem Ort sein, da bestehen, und zugleich ihre Einheit gesetzt sein, ihr Außereinander negiert sein. Dieser Widerspruch als existierend ist die Form als sich realisierend, und so ist sie als tätig. In der Kohäsion als solcher hatten wir auch schon diese Bestim-mung, Form als Eigentümlichkeit der Ortsbestimmung der materi-ellen Teile, eine Determination, die dem Insichsein angehört. Dort hatten wir aber noch nicht Tätigkeit. Die Darstellung der Form ist dort eine bedingte. Erst durch eine Gewalt von Außen zeigt sie sich, d. h. die Form ist nur an sich, d. h. das Negative, der Widerspruch, die zwei unterschiedenen Bestimmungen sind noch nicht ineins gesetzt. Die Gewalt von außen bringt die Körper außereinander. Durch die Gewalt von außen wird der Zusammenhalt gestört, so das Außereinander gesetzt, so ist hier in der Form das Different-setzen Moment der Form selbst, und dies Unterschiede ineins setzen gehört ihr ebenfalls an. Die Gewalt bringt die Teile ebenfalls auch zusammen als außereinander, aber in dieser mechanischen Wirkung

971 diesem ] dieser 7 [ gestr.: und] aber

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sind dies zwei verschiedene Seiten. Deswegen ist hier die Form als tätige, Separieren und Zusammenbringen im Raum, sich auf sich beziehende Negation. Die Tätigkeit ist selbst noch ein abstraktes, noch das Subjektive. Die Tätigkeit als solche hat noch kein Pro-dukt, ist noch nicht objektiv geworden. Die Momente, die in ihr enthalten sind, sind das Werden, das noch nicht zum Dasein über-gegangen ist, also die Totalität gesetzt in einer Formbestimmung, in der des Subjektiven. So determiniert sie noch nicht die Totalität des Raumes, es wird nur eine Linie determiniert.

Dies sind die allgemeinen Bestimmungen der Formtätigkeit, und hier fällt der Mag net i smus her. Fragen wir, was ist (das Punktuelle des Spröden muß in die Linie übergehen, [vgl.] §) Ma-gnetismus, Magnet, so wissen wir, daß er zunächst am Eisen vor-nehmlich erscheint. Die Chinesen sagen, der Magnet zeigt nach Süden. Daß dieses magnetische Stäbchen so zeigt, ist eine partiku-läre Erscheinung, es ist dirigiert durch den Magnetismus der Erde. Was tut die Erde gegen dies Stäbchen? Anziehung. Abstoßung. Das Gleich namige stößt sich ab, das Ungleichnamige zieht sich an. Anziehen, Annähern, an einen Ort setzen, das, da es selbstän-dige Körper sind, nur zur Berührung fortgeht, [zur Berührung] dessen, was sich als verschieden voneinander zeigt. Verschieden heißt das einander Entgegengesetzte. Was gleichnamig ist, dieselbe Determination zeigt, wird getrennt, was sich als entgegengesetzt zeigt, einander ge nähert. Wir haben so hier nichts anderes, als es im Be griff ausgedrückt worden ist, daß dieser die Tätigkeit ist, das Identische als nichtidentisch zu setzen. Verschiedenheit, die sich auf Raumdetermination bezieht. Das Stäbchen determiniert das Eisen, auch Magnet zu sein. Die Pole sind die, die in Rücksicht auf dies Bewegen ungleich determiniert sind, jedes dieser Un-terschiedenen ist nur, insofern das Andere ist, und sind nur dies Verschiedene durch die Identität. Der Magnetismus als solcher ist nur Bewegung, Ortsannäherung, er gehört so dem Mechanismus an, insofern er immer real ist. Nicht das Verhältnis durch äußere Gewalt. So gehört der Magnetismus der Gestalt an. Anziehen oder

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31 einander [ gestr.: aneinander] genähert31 [ gestr.: es] als es

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Entfernen, Identisch- oder Nicht identischsetzen dem Orte nach. Wenn wir sagen, warum sind Nord- und Südpol verschieden, so geht diese Totalbestimmung als solche keine der Bestimmungen des Magnetismus als solchen. Man kann daher nicht sagen, wodurch sie voneinander unterschieden sind. Ein Unterschied ergibt sich, der selbst nur relativ ist, das Abstoßen und Anziehen könnte man nur so unterscheiden, daß anderes abgestoßen und angezogen werde, jedes aber ist ein Anderes. | Diese beiden Momente sind im freien Be griff als solche schlechthin ineins gesetzt. In der Natur des Be-griffs zeigt sich dieser Unterschied als ein äußerer.

Da tritt aber der Unterschied [ein], daß in entgegengesetzten Seiten das Anziehen und Abstoßen desselben stattfi ndet. Indem der Be griff ins Dasein tritt, so tritt er an einer Linie ins Dasein, im ab-strakten Raum der Linie. Dieses Andere, das nun angezogen wird, ist ein und dasselbe, und insofern es selbst einer Linie angehört, so verhält sich das andere Ende seiner Linie umgekehrt. Die gleich-namigen Pole sind erst gesetzt durch ein Drittes, den Magnetismus der Erde. Von dieser Figur ist nicht auszugehen, sondern an dieser Tätigkeit der Erde, wovon zunächst ausgegangen wird, ist der Erd-magnetismus selbst. Dieser erscheint in seiner Tätigkeit als auch zugleich als [den] Ort Bestimmendes.

Warum ist in der Erde Magnetismus vorhanden? Dagegen Ge-stalt, der Kristall, hat keinen Magnetismus mehr, da dieser nur als Tätigkeit ist. In der lebenden Gestalt ist die Tätigkeit zu ihrem Produkte gekommen. Warum ist die Erde also noch nicht zu ihren Produkten gekommen? An ihr ist die Form als Tätigkeit, als Ge-staltendes, noch nicht als solches, das seine Gestalt gefunden hat. Die Erde als diese Totalität bezieht sich wesentlich auf die Körper ihres Systems, eine Beziehung, die wir gesehen haben im System der Himmelskörper. In diesem System ist die Erde einerseits Zentrum, andrerseits bezieht sie sich auf die anderen Körperlichkeiten des Systems. Sie kommt als eigenes Zentrum nicht dazu, sich zu indi-viduieren, denn wenn sie individuell mit ihrem Zentrum zusam-menhinge, so würde die Form sich [in ihr bereits] materialisieren, was hier nicht ist, sondern [sie ist] nur [bestimmt durch] Bewegung.

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73–74 individuieren ] centrieren

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Da die Erde nicht dazu kommt, so kommt die Tätigkeit in ihr nicht zum Produkte, und deswegen erscheint der Magnetismus frei. Die magnetische Achse als gedoppelt gehört zu näherem Detail.

Spezifi sche Veränderung durch Streichen, ohne daß auf einer Seite mehr Materie gesetzt wird. Dies nennt man die Inklination. Der Magnetismus erscheint hier als die Schwere hervorbringend, daß ein Mittelpunkt gesetzt ist, eine Determination der Richtung nach einem Ort hin, [eine Determination,] die nicht bloß von der Schwere allein abhängt. Das Körperindividuum reißt sich los von der allgemeinen Zentralität [und wird] frei für sich. An Eisen, Nickel, Kobalt kommt der Magnetismus zur Erscheinung. Der Ma-gnetismus hat lange Zeit als eine Kuriosität am Eisen ausgesehen. Schon Thales sagt, ein Magnet sei eine Seele, oder es ist da das Hervorbringen einer Bewegung.

Was nun der Magnetismus ist, haben wir gesehen, und das Ei-gentümliche ist, daß das abstrakte Moment für sich zur Existenz kommt. Am Eisen geschieht dies vornehmlich. Wenn wir das Eisen betrachten, so ist bekannt, daß es, geglüht, den Magnetismus ver-liert. Geschmeidiges, leicht geglüht, verliert ihn bald. Hingegen sprödes Eisen, Stahl sind schwer zu magnetisieren, erhalten ihn länger. Eisenoxyd ist nicht magnetisch. Das Eisen ist nicht sehr spe-zifi sch schwer, [seine Dichte beträgt] 7 [

g— cm³ ], es hat so nicht dieses

Insichsein der anderen Metalle wie Gold. Metalle von hoher spezi-fi scher Schwere werden wenig von Säuren an ge griffen, lassen sich nicht so leicht angreifen. Das Eisen ist leicht oxydierbar. Einerseits hat es also diese Kontinuität, doch nicht diese gediegene, und es ist auf der anderen Seite nicht so spröde, punktuell als andere Metalle, eine Mitte zwischen Kontinuität und Punktualität, Identität und darin die Differenz, was die allgemeine Bestimmung des Magne-tismus ist.

Unter welchen Bedingungen der Magnetismus nun zur Erschei-nung kommt, ist zu untersuchen. Er ist nicht eine feste Qualität des Eisens. Der Magnetismus ist Tätigkeit, sein Hervortreten in der

91 [ gestr.: Daß] Was nun96 [ gestr.: ist] Stahl100 [ gestr.: sind noch] lassen

g

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Materie ist daher noch nicht so identisch mit der Materie, wie die Form in der Gestalt, so daß die Materie nicht wäre, wenn sie nicht diese Gestalt hätte. Sie selbst ist die Einheit ihrer und der Form. Der Magnetismus ist nun erst der Prozeß der Gestalt. Er ist nicht dies bleibende, sondern er ist trennbar vom Eisen, und das Eisen von ihm. So ist der Magnetismus ein Phänomen, das vom Eisen | zum Vorschein gebracht, aber ebenso zerstört werden kann. Große Eisen-mengen erscheinen vorzüglich magnetisch. Dies Erz wird selbst erst magnetisch, indem es ans Licht gebracht wird. Unherausgefördert, in der Grube, ist es noch nicht magnetisch. Erst an das Licht ge-bracht wird diese Differenz in ihm erweckt. (Durch die Erschütte-rung bei Streichen wird dies Verhältnis zwischen Kontinuität und Sprödigkeit hervorgerufen). Hier zeigt sich das Bewegliche des Magnetismus. Indifferenzpunkte, Bewegung eines relativen Indif-ferenzpunktes. Van Swinden Kulminationspunkt, wo die Stärke eines Pols am stärksten ist. Auf einfache mechanische Weise, durch bloßes Schlagen. Es gibt wenig freistehende Eisenstangen, die nicht Magnete sind.

Die Beziehung des Magnetismus auf Elektrizität und Chemis-mus ist eine große neuere Entdeckung. Eine galvanische Kette, die der reale chemische Prozeß ist, vgl. Magnetismus, magnetische De-ter mination, eine Tätigkeit des Gegensatzes, ein Bestimmen das magnetisch ist, ortsbestimmend. Er man machte die Kette selbst beweglich. In neueren Zeiten hat man Elektrochemismus, Magne-tiko-Elektrochemismus es genannt, da man die Formen früher als besondere voneinander geschiedene Arten betrachtete. Die Iden-tität dieser Prozesse macht so jetzt eine Hauptbestimmung aus. Sie haben eine Grundlage, aber es sind unterschiedene Formen, viel-leicht ist man jetzt übergegangen auf das Extrem ihrer Identität, so daß man die Not hat, sie außereinander zu bringen.

Ebenso wesentlich als die Identität ist, so wesentlich anzuerken-nen ist die Trennung. In der Physik setzt man gewöhnlich werdende Verschiedenheit als Identität. Die eigentümliche Bestimmung des Magnetismus bleibt für uns wesentlich die ortsbestimmende Tä-

116–117 Eisenmengen [ gestr.: h] erscheinen123–124 Indifferenzpunktes ] Idp

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tigkeit. Der chemische Prozeß ist die Totalität, die den ganzen physikalischen Körper durchdringt. An diesem physikalischen Kör-per ist eine Seite die physikalisch-mechanische Seite, nach der die Materie in Rücksicht auf Kohäsion, die Form, den Ort bestimmt ist. Indem so keine Wissenschaft meh r als die Philosophie auf Identität dringen muß, so muß sie ebenso jeder Seite ihre bestimmte Unterscheidung anweisen. Die Philosophie kann sich nur freuen, daß die Identität auch in der Physik aufgezeigt ist, was in der Idee an sich auch liegt.

Das Dritte nun ist die rea le Ges t a l t , gleichsam die Mitte zwi-schen Sprödigkeit und Kugel, dieser Punktualität und for malen Gleichheit. Die Gestalt nur als Prozeß ist der Magnetismus, der Kristall hingegen die Gestalt als Produkt, die Differenz zur Ein-heit beruhigt, neutralisiert. Der Gegensatz des Anziehens und Ab-stoßens ineins gesetzt, so daß dies nicht mehr ist als Tätigkeit, son-dern Kohäsion überhaupt, ein Ausgedehntes, Abgestoßenes, die aber so ein Zusammenhängendes sind. In der Form, die sich er-füllt, ist diese Verschiedenheit aufgehoben, da beim Magnetismus immer zwei Subjekte waren, und insofern im Magnetismus die Unterschiede an die beiden Enden verteilt sind, so ist in der Ge-stalt ebenso dieser Unterschied aufgehoben, daher ein ruhiges Be-stehen der Kohärenz, neutralisierte Masse, so daß jeder Punkt die Identität dieser Unterschiede ist, ebenso angezogen als abgestoßen. Diese Kohärenz ist aber nicht die frühere, nur bedingte, sondern hier haben wir die Totalität der Form. Jeder Punkt ist diese Tota-lität an sich, die Form ist aber durch das Ganze ausgegrenzte, die Beziehung dieser Punkte aufeinander, und ihr Abschließen gegen andere, so daß das Erscheinen des inneren Bedingtseins nicht mehr bestimmt ist durch äußern Druck oder Stoß, sondern durch die Form als Meister, diese innerliche Stereometrie, Linie, die in Fläche übergeht, aber als Oberfl äche dies Ganze vom Anderen abscheidet. Diese stille Geometrie, dies Seelenhafte, das das Verhältnis aller Teile im Raum eines Körperindividuums bestimmt. Es ist gewis-sermaßen etwas Rührendes, wenn man die Mannigfaltigkeit der

165 [ gestr.: die zu] neutralisierte169–170 die [ gestr.: Punkt] Beziehung

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Kristallisation betrachtet, in Höhlen, wo die Natur ruhig die Form zum Greifen kommen läßt. | Alle Äußerlichkeit des Bestimmtwer-dens ist verschwunden, diese Lebendigkeit erkennt man, die aber zugleich in das Produkt übergegangen ist. Es ist gesagt worden, daß der Magnetismus nach der Linie bestimmt ist, und der Grund ist angegeben [worden], da die Gestalt nur als abstrakt, tätig, noch nicht objektiviert, und als räumliche Bestimmung [vorliegt], die nur abstrakte räumliche Bestimmtheit, die die Linie ist. In der Gestalt ist aber die Form zum räumlichen Bestehen gekommen, und das ist räumliche Totalität, Raum nach allen Dimensionen. Es scheint ein Sprung zu sein. Wenn aber die Abstraktion in der Erreichung des Zweckes zum Bestehen kommt, so ist es die Fläche, insofern sie zur Oberfl äche sogleich geworden ist. Form ist so nicht die Kugel, sondern Gleichheit in der Differenz, nicht die abstrakte Verstandesklugheit, die die Kugel ist. |

Das Dritte ist, daß solche individualisierte Körperindividuen miteinander in Gegensatz kommen, sie zunächst noch als selbstän-dig bleibend; und in diesem Gegensatz der ideelle Prozeß, E lek-t r i z i t ä t , ein Übergang zum realen Prozeß, dem chemischen Pro-zeß. Der Körper in der Beziehung auf sich identisch mit sich. Diese Identität des Körpers mit sich ist seine immanente Allgemeinheit, zugleich aber als abstrakte Allgemeinheit, zugleich Partikularisa-tion des Allgemeinen, ist so nur eines der Momente. Den Sinn des Gestaltens, der Gestalt als solcher, des physikalischen Mechanismus, haben wir schon gehabt. Die Wärme gehört eben dahin, allerdings die Auf lösung dieser Kohäsion im Aufheben des Materiellen, das als solches noch materiell bleibt. Die Idealität, die wir als Klang kennen lernten, fällt eben hierher. Diese Idealität ist das Gegenteil an ihm zu haben wie [wir es] gehabt.

Was nun jetzt die erste Besonderung der materiellen Gestalt be trifft, so haben wir dies im allgemeinen Verhältnis zum Licht genannt. Der Körper ist als Totalität bestimmt, also die Form sich ausübend in ihrer Freiheit. Die Materie ist so gekommen zu dieser Freiheit, die sich, die das Bestimmende ist, zu dieser Identität mit

201 Gestaltens ] Getastens ?206 an ihm ] davon ?

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sich [erhoben hat]. Diese Identität mit sich macht die Lichtseite der Körper aus, die eigene Lichtbestimmung des Körpers überhaupt. Hierbei haben wir drei zu betrachtende Formen. Erstens Durch-s icht igke it de s Kör per s , zweitens Brechen de s L ichte s , drittens die Verdunkelung de s Kör per s zu r objek t iven Fa rbe.

So hat der Körper das L icht an ihm selbst. Dies Licht kommt aber noch nicht zur Existenz, es gibt nicht Funken. Dies kommt erst in der Elektrizität, weil die Spannung, der Gegensatz aufgehört [hat], daß die Idealität in die Existenz trete, zu der diese Unter-schei dung gehört, die hier noch nicht ist. Noch viel weniger ist diese Beziehung als Lebendigkeit oder empfi ndende Lebendigkeit. Wir haben also die Idealität des Körpers mit sich als allgemeine Bestimmung, weil aber an dem Körper noch nicht die Existenz dieser seiner Idealität gesetzt ist, diese Lichtseite, so ist die Exi-stenz derselben eine unmittelbar für ihn vorhandene äußerliche, das Sonnenlicht überhaupt, was wir schon haben, es ist vorhanden. Bei der Elektrizität setzt erst der Körper aus sich Licht, so daß, was hier unmittelbar ist, dann hervorgebracht ist. Hier also haben wir die Lichtbestimmung als ein Verhältnis desselben zum Licht.

Das Erste ist nun, daß der Körper durchgängig ist, dem Licht passiv, die Möglichkeit für das Licht. Diese Identität mit sich ist noch nicht unterbrochen, es ist die Gestalt, zunächst durch und durch kristallisiert, die Gestalt in vollkommener Neutralität mit sich: Kontinuität, wo die Form sich ganz realisiert hat, das ist die Durch s icht igke it des individuellen Körpers. Luft und Wasser sind durchsichtig, das ist aber der Mangel, ihre abstrakte elementa-rische Natur, sie haben noch keine Kohäsion in sich. Im individuel-len Körper aber ist es die vollkommene Kontinuität der Neutralität. Das macht die Durchsichtigkeit überhaupt aus. Diese Durchsichtig-keit kann mechanisch zerstört werden, so wie der Schaum, der eine mechanische Unterbrechung des Wassers ist. Borsaures Natron an der Luft wird undurchsichtig, in Olivenöl getaucht wieder voll-kommen durchsichtig. Bergkristalle zerrieben undurchsichtig. Also mechanische Unterbrechung bewirkt die Undurchsichtigkeit.

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214–217 Hervorhebungen hinzugefügt

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Das Zweite, die nächste Differenz, die sich in diesem Felde zeigt, ist die Brechung. Ref r ak t ion , das Brechen erscheint, wenn man durch zwei Medien einen Gegenstand sieht. Brechen ist eine sinnliche Vorstellung, und es ist ein sehr schweres Phänomen. Ma-thematisch [ist es allerdings] ganz genau bestimmt in Rücksicht auf die verschiedenen Substanzen. Das Physikalische daran ist schwie-rig. Mit der Vorstellung, die vom Brechen hergenommen ist, wird man nicht zufrieden sein. Für die mathematische Darstellung ist das ganz gut. Aber es ist viel Mißverstand in die Physik gebracht, dadurch daß man mathematische Vorstellungen für etwas Physi-kalisches genommen hat. Ich tue eine Schicht Wasser z. B. zwi-schen Gegenstand und Luft. Im Wasser sehe ich den | Gegenstand an dem selben Ort. Nun soll der Lichtstrahl seinen Weg nehmen, als ob er wüßte, daß oben Luft komme. Der Gegenstand aber ist nach allen Punkten sichtbar, und so wird die Vorstellung vom Brechen unklar. Es sind notwendig zwei Medien vorhanden, z. B. Luft und Wasser (obgleich [sie] individuell neutral sein sollen). Sie sind von verschiedenen spezifi schen Schweren, Dichtigkeit, und das Bre-chungsverhältnis hängt von diesen spezifi schen Schweren ab, wenn man sich in einem Felde der physikalischen Sphäre hält. Z. B. bei Ölen zu anderen Körpern fi ndet dies nicht statt. Baumöl in Borax, Wasser und Terpentinöl. Öle haben aber eine ganz andere physi-sche Natur, und in der physikalischen Betrachtung ist wesentlich zu betrachten, daß das Suchen allgemeiner Naturgesetze in anderer Rücksicht auch geschadet hat. Man vernachlässigt die Partikulari-tät der Sphäre, in die die besonderen Körper gehören, jede Sphäre muß man in ihrer Eigentümlichkeit beobachten, alles ist nach der Natur jeder einzelnen Sphäre eigentümlich bestimmt.

Wir sehen beide Medien, die durchsichtig sind, eins in dem an-deren, und doch sollen sie ihre qualitative Natur gegeneinander behalten. Die Luft setzt sich in die Rolle des Wassers, das Wasser in die Rolle der Luft. Das erste Durchsichtige gibt nur gleichsam die Regel in Ansehung des Sehens an. Stellen wir uns dies näher vor, so besondert sich die qualitative Natur des Wassers auch sichtbar

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249 sieht.] sieht. Schütze nach Fischen ?270 Suchen ] Sehen

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in der Luft nach der spezifi schen Schwere. Andrerseits können wir es so ausdrücken. Das Volumen, das mit Wasser erfüllt ist, erfüllen wir mit Luft. Wenn nun an der Stelle des Volumens Wasser sich Luft befi ndet, so muß sie zugleich die qualitative Natur des Wassers annehmen, also mit der spezifi schen Schwere des Wassers, daher in einen umso kleinen Raum gesetzt, als das Wasser spezifi sch schwe-rer ist als die Luft. Das ist das Verhältnis. Statt des Wassers sehe ich Luft. Die Gegenstände werden umso mehr gehoben. Beides wird in eine Einheit gesetzt und die qualitative Natur des Wassers bleibt darin, ohne daß seine weiteren Eigenschaften in Betrachtung kom-men. Nur die spezifi sche Schwere kommt in Betracht, denn diese ist das Ortsbetimmen überhaupt, das Bestimmen des Ortes der Materie, da ein solches Volumen wird durch eine solche spezifi sche Schwere bestimmt. Hier nun ist es, daß, was sichtbar ist, gesehen wird, da nichts anderes in Rücksicht kommt als die Relation im Ort. Um diesen nur handelt es sich in dieser Manifestation. Trübe, dunkel gefärbt gehört nicht [hierher], alles bleibt in der Modifi ka-tion der Durchsichtigkeit, die wir hier nun betrachten. Die einzige Bestimmung ist der Ort, an dem etwas erscheint, seine räumliche Relation. Die Wirksamkeit des Mediums kann keine andere Wir-kung haben als die Ortsbestimmung, und deswegen hat die spezi-fi sche Schwere hier ihre Bedeutung, die Bestimmung des Orts in Rücksicht auf die Räumlichkeit. Keine äußerliche Vergleichung, sondern das Auge ist das Vergleichen, und dies gibt nicht zwei Be-stimmungen, da bei der Relation, die eine als Einheit gesetzt, nur eine Anzahl ist. Das Auge, das in der Luft ist, ist die Einheit, und eine Determination ist hineingesetzt, und diese Bestimmung, die gesetzt wird durch die verschiedenen Medien, besteht allein in Be-stimmung und Ansehung der Räumlichkeit. Eine Determination in der geraden Linie. Das einfache Sehen gesetzt, muß ein Brechen der geraden Linie sein. Dies ist diese erste Modifi kation in Ansehung der Sichtbarkeit, der geraden Linie, des einfachen Verhältnisses des Auges zum Gegenstand. Wenn man die gewöhnliche mathemati-sche Zeichnung nimmt, so ergibt sich, wo das Auge perpendikular ist, daß es den Gegenstand an seinem Orte in seiner Entfernung

290 Betrachtung ] Berührung

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sieht. Die Seiten müßten stärker gehoben werden, [so]daß also aus der ebenen Fläche eine Kurve sich darstellen müßte. Das ist aber nicht der Fall. Diese erste Modifi kation kann noch nicht Verdun-kelung genannt werden. |

Die zweite Modifi kation hat eine größere Mannigfaltigkeit: d ie doppel te S t r ah lenbrechung, was auch für die gewöhn-liche Erklärungsweise die größten Schwierigkeiten bedeutet. Am isländischen Kalkspat, kohlensaurem Kalk, rhomboidalem hellen Kristall, sieht man dies am besten. Man hat sie bemerkt, wo die sogenannte molécu le i ntég r ante nicht kubisch ist; Prismen daraus. Ein solcher Körper ist durchsichtig, abstrakt durchsichtig, auch da, wo das Bild wie gewöhnlich unverrückt steht, Verringern der Durchsichtigkeit.

Das Zweite ist dann die rhomboidalische Natur dieses Kalkspats, das ist seine innere lebendige Kristallisationsform, so daß eine Ge-staltung das ganze innerliche Formprinzip der Materie ausmacht. Nach dieser zweiten Bestimmung ist [es], daß der Ort des Bildes verrückt wird. Diese innere Organisation ist ein eigentümliches Bestimmen in Rücksicht des Orts. In seine Funktion, nur Medium zu sein als durchsichtiges, tritt seine qualitative Natur objektiv be-stimmend ein, auch wirksam, insofern er für die Modifi kation eines anderen Gegenstandes als durchsichtig dient. Diese Durchsichtig-keit ist diese formelle, und dann die spezifi sche Natur. Beides kann nicht in einem sein, an derselben Stelle sein und den Ort verändern, also sind es verschiedene Bilder. Es hat etwas Gespensterhaftes, daß die objektive Natur der Kristallisation auf das objektive Bild wirkt. Beim Prisma hatten wir auch so etwas, dunkler und heller Grund, die übereinander gezogen wurden und auch an derselben Stelle bleiben, jenes das Färbende, dies das Durchsichtige.

Das Dritte ist die Bestimmung der Örtlichkeit, die zur Verdun-ke lung übergeht. Die Unterbrechung dieser Neutralität als das

316 stärker gehoben ] gehobener324 die ] das327 Bild [ gestr.: ver] wie330 innere [ gestr.: K] lebendige339 [ gestr.: auf ] an345–346 Verdunkelung ] Verdoppelung

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Zurückg[ehen] des Individuellen zur Sprödigkeit. Wir haben ge-habt das sich Unterscheiden vom geradlinigen Verhältnis, zuerst den Unterschied dieser Differenz als Sprödigkeit, und mit dieser Punktualität beginnt die Verdunkelung. Die Sprödigkeit ist die be-stimmtere Hemmung der geradlinigen Manifestation. Diese Sprö-digkeit muß aber genommen werden nur als immanente Weise der Kohäsion, so daß der Körper in seiner äußerlichen Existenz noch vollkommen homogen bleibt. Dies kann also auch Glas sein, schnell abgekühltes Glas [ist] vollkommen hart, und doch ist die innere Natur vollkommene Punktualität.

Goethes Versuche. Da zeigt sich, welche Seite des Grundes die dunklere ist. Weißes Kreuz, umgekehrt schwarzes Kreuz mit Augen in den Seiten. Die Figuren machen sich verschieden bei verschiedenen Scheiben, wie bei den Chladnischen Klangfi guren. Man sieht also Helle und Verdunkelung. An den Rändern, wo das Helle und Dunkle zusammenkommen, treten Farben ein, und hier kommen wir dann vom bloßen Ortsbestimmen auf Verdunkelung, und diese Verdunkelung ist zunächst bestimmt durch diese Unter-brechung, die in der Natur dieses durchsichtigen Körpers liegt, eine Unterbrechung, die zugleich vom Lichte durchdrungen ist. Daher gehören auch die paroptischen Farben (wenn man eine Glaslinse stark auf eine feste Fläche drückt. Die Fläche, die sogar dunkel ist, bildet farbige Kreise. Gleichsam die Schwingungen, die durch den Druck gesetzt sind, bringen die Farbe hervor), dies sind sehr zarte, schwer zu fassende Phänomene. Diese Verdunkelung geht in Verfi nsterung über, die zugleich farbig ist, in die ganz konsistente Farbe, die man Pigment nennt.

Die Neutralität war das Erste, darin Unterschied der spezifi schen Schwere, dann Gegensatz der inneren Kohäsion gegen die Neutra-lität, Durchsichtigkeit, und dann Sprödigkeit, dann das Zusammen-gehen der Sprödigkeit in die Einfachheit der spezifi schen Schwere, das kontinuierliche Insichsein mit Aufheben der Neutralität und Sprödigkeit, das ist dann der f ü r s ich ge f ä rbte phy s i s che

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353 Kohäsion [ gestr.: eines]354–355 schnell abgekühltes Glas ] Schnell abgekühltes Glas langsam

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Kör per. Das Prinzip des Lichtes, diese einfache Subjektivität, ist jetzt identisch gesetzt mit dem Schweren überhaupt.

Alles Färbendes ist ein Metallisches. Metall ist spezifi sch schwer, Bestimmtheit des Volumens, für das ein bestimmtes Gewicht ge-hört, so daß die Bestimmtheit, das Formelle des Gewichtigen, in die Räumlichkeit fällt. Dies Bestimmende ist noch das ganz ab-strakt Ideelle, der Raum. Hier aber ist dem Materiellen die Form immanent; Materialisation der Form. Dies Ideelle ist jetzt das Licht-prinzip, so daß, wie wir hatten bestimmtes Gewicht und dazu be-stimmten Raum, jetzt aber ist dies letztere Lichtprinzip, also ein Schweres, das in sich ist, Bestimmtheit dieses Insichseins, und dies Insichsein ist jetzt physikalische Idealität, die das Licht ist, und [zwar] das materialisierte Licht, so daß die Materie dies Finstere in sich aufgenommen, dies Finstere durchdrungen hat. Zuerst hatten wir erleuchtetes Dunkel, verdunkeltes Helles, ein Spektrum, ein Gespenstiges, hier aber ist die Farbe materiell, und diese, das Ge-wichtige, ist jetzt durchdrungen von dieser einfachen Idealität. So erscheint es dann wieder nach räumlicher Bestimmung betrachtet als Metall. Schelling nennt die Farbe geronnenes Licht; | ein meta-physischer Ausdruck. Irgendein metallisches Prinzip ist immer das Färbende. Das Metall ist das dem Neutralen Entgegengesetzte, ein Extrem, das nach chemischem Ausdruck brennbar, oxydierbar ist, das schlechthin Passive für das Feuerprinzip. Es ist die eine Seite zu einem Neutralen; so daß es ganz indifferent ist, es muß erst oxydiert sein, um ein Salz werden zu können. Die Farbe hängt zusammen mit der Kohäsion der Metalle. Silberblick beim Schmelzen des Sil-bers [ist] nur ein Moment der Kontraktion. Vorher und nachher ge-hen Wellen der Farbe durch das Metall, der Unterschied der Erhit-zung, ein feiner Unterschied in Ansehung der Kohäsion, markiert sich durch Farbe. Blau angelaufener Stahl. Federmesser, ins Licht gehalten, gibt alle Farben nacheinander. Im Innern des Lichtes, wo die Hitze am größten ist, ist die Farbe rötlich. Angelaufener Stahl ist das [Resultat des] Abkühlen des Stahles im Punkt einer bestimm-

88–89 Individualität der Körperlichkeit. Gestalt 149

383 ein [ gestr.: Gewicht] bestimmtes388 bestimmtes [ gestr. Volum] Gewicht; über der Zeile: Gewicht400 Am Rande: Philosophie der Natur 10

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ten Erhitzung. So wird dies Moment fi xiert. Die unterschiedenen Merkmale der Kohäsion zeigen sich so hier als bedeutsam. Das Metall ist der erste besondere Körper, fi nster, sich für sich erhaltend in der Indifferenz und soviel im Verhältnis zu anderen nur als pas-siv erscheinend. Das Metall, was zu diesem Insichsein gekommen ist, nicht mehr eine äußere Identität, hat nun überzugehen zu dem Gegensatz, der, wie schon erwähnt, ein doppelter ist.

Die erste Seite des Gegensatzes, daß das Selbständige überhaupt in Differenz sich setzt gegen ein anderes, aber noch nicht gegen einen anderen besonderen Körper, sondern das Andere als Element. Die Einzelheit des Körpers hat ihren nächsten ersten Unterschied an dem Allgemeinen; so die für sich bestimmte Individualität ist so itzt in Differenz zu ihrem Element. Das Metall wird nun aber, da an die abstrakte Bestimmtheit fortgegangen werden muß, sich verhalten zum physikalisch Allgemeinen, der Luft. Der Körper, insofern er riechend ist, der Prozeß des Partikularen mit dem All-gemeinen, das Feuer als Beziehen des Differenten auf sein Allge-meines, so aber, daß der Prozeß zu dem gerinne, die sich in ihm verzehren, noch nicht der Prozeß ist vollständig realer Individuen, so der noch nicht reale, sondern unscheinbare Prozeß. Das ist das, was so eben als Geruch bestimmt ist. Brennlichkeit, aber nicht passiv als Oxydation, sondern ein Aufgezehrtwerdenmüssen des Körpers. Deswegen einerseits ein Prozeß, aber erscheinend als prozeßloser Prozeß. Die Luft ist das Element, dessen Idealität aber das Verhalten zu dem partikularen Körper [ist], und so ist es ein Verallgemeinern desselben, ein Vergehen des Partikularen. Der Geruch ist so eine unscheinbare Form. In den Geruch geht die ganze Partikularität des Körpers ein. Indem die Frucht in sich fertig geworden, geht sie nach außen, und erfährt ihre Endlichkeit, indem sie sich dem Verzehrtwerden hingibt. Metalle haben metallhaften Geschmack. Durch die Beziehung auf anderes beginnen sie ihr Verzehren. Es fügt insofern ein praktisches Verhältnis zu dem Gegenstand an, wie er nach seiner Materialität aufgezehrt wird. Die Elemente bekom-men so hier eine andere Stellung, da wir hier zuerst das Verhältnis

426 über der Zeile: an430 sic

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zum Licht, dann zur Luft haben, da wir zuerst die Luft als erstes Element hatten.

Die andere Seite der Differenz ist die körperliche Bestimmung in der Beziehung der Neut r a l i t ä t , | was dem kometarischen Kör per, dem Wasser entspricht. Hier haben wir nun die räumliche Neutralität. Das ist der Körper nach der Seite, daß der Körper Ge-schmack hat. Das Salzige als solches ist das Schmeckende überhaupt, Salz aber ist neutral. Das Wasser ist das ganz abstrakt Neutrale, das Salz in vollständiger Existenz. Beim Metall ist dieselbe Bestimmung als Eigenschaft, die aber ihre eigentümliche Existenz auch haben muß in Körpern, die dies wesentlich sind. Die materielle Existenz solcher Bestimmungen muß man unterscheiden von der Form, in der sie als Eigenschaften vorkommen. So der Merkurius und Schwefel des Paracelsus. Z. B. Merkurius als Prinzip des Metalls, Schwefel des Spröden, wie wir hier es haben als Schmeckbares. Für uns dürfte dies eine besondere Substanz werden, wir machen hier aber bloß die Gedankenbestimmung, und die Barbarei liegt darin, daß diese Gedankenform in einer bestimmten physikalischen Ge-stalt ausgesprochen wird. Das Spezifi sche hier ist der Körper, ein Körper des Geschmacks. Hier war die Neutralität gesetzt als sol-che, d. h. mit der realen Möglichkeit der Auf lösung, so daß es eine Einheit zweier ist, deren jedes als besonderer Körper dargestellt werden kann. Das Neutrale ferner hat Verhältnis zum Wasser. Das Riechbare, das Brennliche, ist Verhältnis zur Luft, das Neutrale Verhältnis zum Wasser. Diese Verhältnisse zu ihren Elementen sind verschieden. Das Riechbare ist im realen Prozeß. Das Neutrale liegt aber gleichgültig vor, und die zweite Form des Gegensatzes ist insofern zur Gleichgültigkeit als des Bestehens zurückgekom-men, so daß das Verhältnis zu seinem Element ein Gleichgültiges zu sein scheint. Dieses sein Elementarisches aber, das außer ihm ist, ist deswegen auch in ihm, das Salz hat Wasser in sich. Kristallisa-tionswasser. Die allgemeine Neutralität, die hier realisiert ist, dies Partikulare, ist nicht unterschieden von einem Allgemeinen und der Neutralität, und so ist das Wasser nicht als Wasser, denn als

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Allgemeines ist es nicht identisch mit seinem Partikularen, und so ist es nicht als Feuchtes, Flüssiges. Die Bestandteile haben wir in anderer Qualität in ihrer Verbindung als außer ihrer Verbindung, die Qualität ist aber eben das Bestimmende. Der Verstand hält das Wasser so fest. [Aber:] Es ist nicht mehr Wasser. Das Andere ist, daß das Salz aufgelöst werden kann. Zur Lösung gehört das Effl ores-zieren der Salze. Dies Salz macht sich so die Luft zum Wasser und sich damit fl üssig.

Das Weitere nun ist, daß wir das Erzeugen dieses Fortganges in der Existenz auch sehen. Die Neutralität ist selbst nur eine Einseitig-keit der individuellen Körper, different bestimmt gegen die allge-meine Neutralität. Das, wogegen sie different ist, [ist] ein Neutrales, bestimmte Neutralität überhaupt, die allgemeine Bestimmung ist die Differenz des individuell bestimmten Körpers zu einem anderen Körper selbst bestimmter Individualität.

Wenn wir nun die Stufen näher bestimmen, so hatten wir erstens [die] Gestalt, zweitens [die] Bestimmung der Gestalt, Auseinander-gehen der Gestalt, die Totalität in ihrer Bestimmtheit. Farbe, Ge-ruch, Geschmack, bestimmte Körperlichkeiten, die sich zu einer relativen Totalität gemacht haben, sind es nun da. Bestimmtheit ist nun Verhältnis zur anderen bestimmten Individualität, und das ist das dritte Verhältnis dieser Sphäre, und zwar: |

Da s e lek t r i sche Verha l ten de s Kör per s . Wir wissen, daß es ganze Körper-Individuen sind, die in das Verhältnis zueinander treten. Wo bestimmte Körper zusammentreten, tritt [das] elektri-sche Verhalten, elektrische Spannung, ein. Die Elektrizität ist ganz etwas Allgemeines, bestimmte Differenz, ein gegen anderes, auf der Stufe des formellen Prozesses, weil hier die Körper sich noch selbständig gegeneinander verhalten.

Das Nähere ist, daß in diesem mechanischen Verhältnis der Kör-per gegeneinander diese nicht [bestehen] bleiben, es ist auch ein physisches Verhältnis, das sich jetzt zur Erscheinung, zum Dasein bringt. Mechanisches Verhalten gehört dazu. In diesem physischen Verhältnis zeigt sich der Körper als different, als verwickelt in eine Spannung, die so erscheint, daß der Körper sich erhält, aber zu-

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507 etwas [ gestr.: gener] Allgemeines

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gleich sich treibt zum Erscheinenmüssen seiner Differenz, und [er] gibt sich als physischer Körper auf eine reelle Weise kund.

Näher sein Verhältnis zum anderen ist, daß er aus sich heraus tritt, [sich] kundgibt, und dies ist ein isoliert gesetztes Kundgeben, denn er bleibt, wie er ist. Seine Differenz zum anderen, seine Spannung ist verschieden von seiner bestimmt bleibenden Körperlichkeit. Er verdoppelt sich so, der chemische Körper behält [sich] im Ganzen nicht für sich, sondern geht ganz in die Veränderung ein. Die Art nun, wie er sich ins Verhältnis setzen kann, kann nun nur ein ab-straktes Außersichsein sein. Dies ist seine Idealität, seine ideelle Individualität, da seine konkrete Individualität stehen bleibt.

Diese Idealität ist nun das Licht, durch einen Funken gibt er sein Dasein als Außersichsein kund, seine Bestimmtheit bleibt; was er preisgibt im Verhalten zum anderen, ist nur seine abstrakte, ideelle Individualität, und das ist der Funke, der nicht warm ist. Berthollet sieht die Bestimmung der Erregung an als Erschüttern. Der Funke ist schon ein Beginn des Physischen, aber noch ganz ideell des Physischen. Die Materiatur des Körpers geht nicht in das Licht ein, deswegen ist es nicht Feuer. Das Licht ist ein anderes Mal die Spitze der Flamme und da die Idealität des realen Vergehens, das Idealisieren von Materiatur, die aber reell idealisiert wird. Um diese Negativität ist die leichte Einheit, das Licht, hier aber das nicht ver-gehende. Das Aufheben dieser Spannung ist das Ende des Prozesses, das Ineinanderfunken dieses ideellen Lichtes.

Nun kann man sagen, der Körper bringt sich auch zur Erschei-nung im Klange. Gestalt, das ist auch Idealität, auf solche abstrakte allgemeine Gegensätze kommt es nicht an, sondern auf den Inhalt der besonderen Sphären, von deren Idealität eben gesprochen wird. Hier ist es das sich zur Erscheinung Bringen, daß der Körper seine Erscheinung von sich selbst unterscheidet und daß dies Unterschei-den dieses Scheines von seiner Materialität selbst erscheint. Wenn man Magnetismus und Elektrizität vergleicht, so haben wir beim Magnet diesen Unterschied | an einem Stäbchen. Die Elektrizität ist nun so bestimmt: wenn man den Magnet in sich zerhaut, so hat man Elektrizität. Der Magnetismus ist die abstrakt formale Ge-

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549 so bestimmt: ] so bestimmt, daß

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stalt. Diese beiden Pole als getrennt voneinander existierend sich vorstellend, jeder Pol getragen von einem individuellen Körper, so haben wir Elektrizität. Die Elektrizitäten sind unterschieden, nur kann man fragen, was ist das Objektive dieses Gegensatzes. Einer-seits, an welchem Körper ist die eine, an welchem Körper die an-dere? Oder der Unterschied ihrer Elektrizitäten muß entsprechen der eigentümlichen Be schaffen heit der Körper. Früher sagte man Harz- und Glaselektrizität. Positiv und Negativ ist nur ein relativer Gegensatz, da es gleich ist, welcher der positive ist. Der Unterschied ist nicht an eine bestimmte Differenz gebunden. In Ansehung die-ser objektiven Be schaffen heit kann man nicht sagen, daß an eine besondere Form dies gebunden sei. Da das Licht ein Physisches ist, so wird sich auch da allerdings ein beginnender Unterschied zeigen. Mehr rötlich, mehr bläulich gefärbt, Geschmack, Geruch, Lichtenbergische Figuren. Hier wird also die Unterschiedenheit zu einem sinnlichen bestehenden Unterschied, äußerlich verschiede-nes Bestehen an dem Anderen.

Ein Drittes zu Bemerkendes ist ein Verhältnis zum Magnetismus, eine Differenz, ein Schluß, Mitte und Extreme, im chemischen Verhältnis fehlt die Mitte, da sind nur Extreme. Spannung aber ist nicht mehr Identität, denn eine ist nur entgegengesetzt der an-deren, insofern sie sich auf diese bezieht. Insofern nun der Magne-tismus ein Mitteilbares ist, äußert sich eine Spannung im Verhältnis zur anderen Spannung. Das Nähere ist aber, daß das elektrische Verhältnis in sich auch mechanisch ist, d. h. bewegend, und dies kann keine andere Art sein als die magnetische Bestimmung, eine Beziehung Differenter, und insofern [ist] auch eine mechanische Weise in ihm enthalten, so ist das elektrische Bewegen, daß das Differente identisch, das Identische different gesetzt wird, daß ebenso das Gleichnamige sich abstößt, und das Ungleichnamige sich anzieht. Elektrizität [ist charakterisiert] durch Mitteilung und Verteilung, nicht durch Erhalten der Elektrizität, wenn ein Körper in die Sphäre eines elektrischen gebracht wird, aber durch Berüh-rung: an dem zweiten Körper tritt dann auch Elektrizität hervor. Die Bedingungen der Gemeinschaft als Entgegensetzung der Elek-trizität wurden [in der Physik] nun näher bestimmt im Detail des Unterschiedes, den wir hier nicht weiter untersuchen können.

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Ein Verhältnis, in dem die Körper nur zur Spannung kamen, war die Elektrizität. Das in sich [Kontinuierliche] ist im Allgemeinen ein Leiter, hingegen das in sich Spröde Nichtleiter. Die nächste Seite ist nun, daß dieser Prozeß, in den die ideale Individualität hinein-geht, nun real wird. Der individuelle Körper ist bestimmter, end-licher, relativer Körper. Die reale Beziehung ist, daß er selber nach dem Ganzen, was er ist, in die Beziehung eingeht und das ist:

Der chem i sche Prozeß, die Individualität in ihrer totalen Realität, zeigt Gestalt, Ausschließen, dann die Bestimmung der Individualität gegeneinander, dies Dritte, daß diese bestimmte In-dividualität identisch und unterschieden gesetzt werde im Prozeß. Die Gestalt ist nicht | mehr ruhend, sondern zugleich das sich in sich Bewegen, die Belebung der Gestalt. Die unorganische Natur vollendet sich hier zur Totalität ihrer Lebendigkeit. Magnetismus ist nur der Gegensatz mechanischer Bewegung, Ortsbestimmung unterschiedener Körper, im elektrischen Prozeß haben wir nur die physische Identität, den abstrakt physischen Prozeß.

Der chemische Prozeß ist der ganze Körper als Prozeß in sich, die formale Bestimmung der unorganischen Individualität. Inso-fern die Erde auch unorganische Individualität ist, so könnte er-wartet werden, daß dieser Prozeß auch an ihr [stattfi ndet], denn die Fortbestimmung ist auch die der Individualität der Erde. Dieser aber kann nicht zukommen dem Endlichen der Bestimmtheit der Individualität. Geruch, Geschmack sind Besonderungen der all-gemeinen Individualität, können also nicht an dieser allgemeinen Individualität, die die Erde ist, zur Erscheinung kommen. In der Fortbestimmung der Individualität sind also ausgeschlossen diese Besonderungen, die wir bemerklich gemacht haben. Auch ist eine Gestalt im allgemeinen kugelig. Der Magnetismus, das Abstrak-tum, kommt daher an ihr zur Erscheinung. Der elektrische Prozeß kommt an ihr zur Erscheinung, aber als Spannung ihrer gegen die besonderen Körper. Zum chemischen [Prozeß] kommt sie nicht, und indem er in der Allgemeinheit bleibt, so ist er der, den wir als meteorologischen Prozeß gesehen haben. Als organisches Ganzes haben wir ihn in der nächsten Sphäre erst zu erwähnen. Der Pro-zeß ist also, daß die Körper so erhalten ihre Bestimmungen [wie] spezifi sche Schwere, Kohäsion, Gestalt; aber [der Körper] wird

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verändert, keine Qualität, die er hat, bleibt unverändert. Näher ist er noch ein endlicher Prozeß, noch kein organischer.

Es ist leicht, den chemischen Prozeß als organischen anzusehen, oder diesen als chemischen zu betrachten, oder als mechanischen. Abscheiden von Partikelchen, Oxydation und Desoxydation von dem Körper. Hier sind aber unterschiedene Körperindividuen, die gegeneinander existieren, in Verhältnis kommen, und [es es ist zu beachten,] daß die Verbindung im Allgemeinen eine Neutralität ist, daß keines von beiden das Subjekt ist, welches sich erhält. Jedes von beiden wird verändert, keines ist ein Subjekt, das das andere sich assimiliert, so in der Veränderung in sich zurückgeht und sich erhält. Näher haben wir zwei, die werden identisch gesetzt, das Identische different. Das ist das Tun des Be griffes überhaupt, im Magnetismus, elektrischen Prozeß, und hier im chemischen, zu vereinen und zu scheiden. Hiezu gehören Anfänge, Voraussetzungen, gleich gültige Existierende, fertige Existenzen, besonders bestimmte Individua-litäten. Da geht eine Veränderung hervor, es ist ein Resultat, ver-schieden von dem, was da war. Noch nicht Zweckbestimmung, da die Voraussetzungen sich nicht erhalten. Diese Voraussetzungen als unmittelbar können nur verschieden bestimmt sein. Diese sind nun von dieser Be schaffen heit überhaupt, daß sie miteinander iden-tisch werden können. Der Be griff ist dann eben die Einheit dieser Unterschiede, das an sich seiende Band dieser beiden, so wie der Nordpol an sich die Totalität ist, da in ihm der Südpol gesetzt ist, weil er sonst nicht Nordpol, so ist jeder | chemische Köper auch sein Gegenteil, Totalität, diese Totalität an sich ist aber noch nicht gesetzt. Die Einseitigkeit wird ihnen abgetan gegen das, was sie an sich sind, und dies ist die wahrhafte Mitte derselben, der Schluß. Dieser Be griff ist ihre an sich seiende Mitte.

Diese Mitte muß aber auch zweitens nicht an sich sein, sondern sie muß auch existieren, an sich ihre Existenzen bewähren. Diese existierende Mitte, die Einheit ihrer entgegengesetzten Existenzen, ist teils das Wasser, dies Neutrale, [teils] das Feuer, die tätige, ne-gierende Mitte, ihre abstrakte Einheit. Sie als Extreme machen das Reale aus. Einerseits fi ndet nun statt, daß diese Extreme sich darin identisch setzen, verbinden, neutralisieren, jedes dieser Extreme begeistet sich aber sozusagen an ihrer Mitte, sich als different gegen-

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einander [zu] setzen, ihre entgegengesetzte differente Existenz sich [zu] nehmen aus dieser Mitte, und so zerlegen sie die Mitte, und insofern diese Differenzen abstrakt different sind, so kommen sie als abstrakte Extreme zum Vorschein: Gasbildung, Gase. Einerseits entsteht nun eine Verbindung der Extreme, aber auch eine Schei-dung. Beides ist untrennbar, der chemische Prozeß aber ist endlich, daß diese materielle Realität sich unterscheidet von der Seite des Scheidens. Es wird vereinigt auf Kosten eines Neutralen, das ge-schieden wird, es kommt nach seinen Differenzen zum Dasein, und so gehören zum Produkte ebensosehr Verbundene als Geschiedene. Scheidung und Verbindung ist zwar untrennbar, wenn sie aber in eines fi elen, so hätten wir organisches Leben, das noch nicht hier ist. Insofern das Produkt vereint ist, ist es nur ein abstrakt oder real Konkretes. Nach der Seite, daß es vereint ist, kommt nicht auch das Geschiedene heraus, dies ist eine andere Form, was hier die Endlichkeit des chemischen Prozesses genannt worden ist. Wenn man so vom Allgemeinen des chemischen Prozesses spricht, so kann man dies nicht bestimmt [aus]sprechen, denn dies sind nur ganz abstrakte Momente.

Vereinen drückt zunächst Neutralität aus, Vereinen aber mit sich selbst heißt ein Abstraktum setzen. Das Wesentliche ist, den Prozeß in seiner konkreten Gestalt zu beobachten. Diese hängt zunächst davon ab, wie die Voraussetzungen be schaffen sind. Nach diesen bestimmt sich die Mitte, bestimmen sich die Produkte anders.

Die Voraussetzungen sind partikularisierte Körper. Die Art ha-ben wir kennengerlernt, [es sind] teils brennliche Körper, teils un-brenn b[are] Körper. Das sind die verschiedenen bestimmten Indivi-dualitäten. Nach der Verschiedenheit der Voraussetzungen ist auch der Verlauf des Prozesses verschieden. Die partikular bestimmten Individualitäten haben wir durch die allgemeinen Gedankenbe-stimmungen in dieser zweiten Sphäre bestimmt, und deswegen sind sie hier Voraussetzungen. Die Produkte können im Ganzen nichts sein als diese Voraussetzungen; das durch den Be griff in der vorigen Sphäre Gesetzte ist jetzt in der Realität des chemischen Prozesses gesetzt worden, also brennliche Metalle. | Das ist das ab-strakte, dann galvanische Brennen und der reale Prozeß. Die Pro-dukte, die der chemische Prozeß hat, fallen aus den unterschiede-

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nen Voraussetzungen, die er hat. Wir haben diese Unterschiedenen bestimmt im Vorhergehenden. Als Produkte werden sie dargestellt, nicht als solche, die nur unmittelbar sind, sondern als solche, die gesetzt sind.

Die erste Stufe ist die ganz formelle Verbindung ( Syn soma-t ie ) – Verbindung ohne ein Medium, das selbst in ihnen verän-dert würde. Diese Verbindung ist so noch nicht eigentlich che-misch, doch ist eine Veränderung der chemischen spezifi schen Schwere und Kohäsion. Hierher gehört das Zusammenschmelzen der Metalle. Amalgamieren. Wasser und Weingeist zusammen-gegossen (Messing), noch der ganz formelle Prozeß. Man kann es den mechanischen Prozeß nennen, doch wird auch die Farbe verändert.

Der erste eigentliche Prozeß ist der galvanische. Die Vorausset-zung sind zwei Metalle, aber auch andere Körper, Nerven und Muskel, Flüssige, in der reinsten Form, wenn es zwei Metalle sind, die die Voraussetzung sind, und eine Verschiedenheit überhaupt gegeneinander haben, die nicht chemisch different sind, aber zwei fl üssige Leiter, die sich nur als gleichgültige gegeneinander zu-nächst verhalten. Einander berührend bleibt jedes, wie es ist. Ihr Zusammenbringen, vornehmlich bei Metallen, macht, daß die Bestimmtheit des einen im anderen empfunden wird, auch an sich in das Andere gesetzt.

Damit aber ist noch kein Prozeß gesetzt. Dazu ist ein Drittes nötig, an dem die Differenz gesetzt wird, zur Existenz kommt. Dies Dritte ist Wasser, und es gehört ferner Luft dazu. Das Wasser ist dies abstrakt Neutrale, und eben darum das Auf lösbare, d. h. das in Form der Unterschiedenheit Setzbare, und so die Mitte, in der diese beiden an sich Verschiedenen ihre Differenz zum Vorschein brin-gen. Es fi ndet sich allerdings, daß nach der Seite der Wirksamkeit sich eine Reihe konstruiert. Die Differenz kommt zur Existenz, das eine Metall wird oxydiert, das Andere bleibt nur metallisch, oder wenn es oxydiert war, wird es desoxydiert, oder es kann auch sein, daß seine Negation auch an ihm gesetzt wird, daß es hydrogeniert

709 sic731 oxydiert [ gestr.: wird] war

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wird. Das ist der erste chemische Prozeß, wo die Verschiedenen die Gediegenheit des Bestehens haben.

Bei diesem Prozesse ist nun zweierlei zu betrachten, [zunächst] die Verschiedenheit ihrer spezifi schen Schwere. Diese ist das Be-stimmende, Tätigkeit, in der Beziehung kommen sie in Identität miteinander. Diese Verschiedenheit kommt aber nicht als solche zur Existenz. Diese ihre Verschiedenheit ist aber nur für uns, für unsere Vergleichung. Das Zweite ist, daß diese Differenz gesetzt wird, und das ist in ihrer Mitte, und das ist [das] Wasser, dies ab-strakt Neutrale, in welchem beide sich berühren. Diese gesetzte Differenz ist zuerst unterschieden von der an sich seienden Diffe-renz, identisch mit der Metallität. Diese besondere Metallität ist verschieden von dieser gesetzten existierenden Besonderheit, die an dem Wasser vollbracht wird. Diese existierende Besonderheit ist nun das eigentliche chemische Element. Die Differenz, die vorzugs-weise chemisch zu nennen ist, und insofern sie für sich zur Existenz kommt, so sind es zunächst diese chemischen Elemente, Sauer stoff und Wasser stoff als Gas, als sich verbindend mit Metall. |

Dies sind die abstrakten chemischen Gegensätze oder die eigen-tümlichen chemischen Elemente. Das chemische Element ist die letzte Abstraktion, das physische Element aufgelöst, ein physisches Abstraktum, ein abstrakt Physikalisches, unterschieden vom in-dividuellen Körper. Die chemischen Elemente sind daher nun in dieser Sphäre zu betrachten. Dies andere Moment des Setzens, die Existenz des Unterschiedes herzugeben, war Wasser die Mitte. Diese Mitte muß aber eine gebrochene Mitte sein. Daher zugleich auch die Luft. Indem nun diese Zerreißung der Mitte, daß die an sich seiende Differenz der Metalle sich eine existierende Differenz gibt, sind die abstrakten chemischen Elemente, die beiden, die zu-sammen den Gegensatz ausmachen. Die Extreme sind realiter, die Mitte ist abstrakte Mitte.

Diese gesetzte Differenz sind die chemischen Elemente Oxygen und Hydrogen. Ein Stick[stoff ]gas ist das tote Residuum der Luft, das Irrespirable; Kohlensäure, das Vierte, gleichsam die Abstraktion des Irdischen, macht ebenfalls mit jenen zwei eine Totalität von

765 Ein [ gestr.: Metal] Stick[stoff ]gas

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Vieren. Die Bestimmungen des Gegensatzes [sind] Oxygen [und] Hydrogen. Das Dritte [ist] der Kohlen stoff und das Stick[stoff ]gas. Die chemische Differenz selbst als existierend gesetzt gibt nun dies, doch kann die Kohle mehr für sich als Körperliches zur Erschei-nung kommen. Der Schluß der beiden Extreme in der Mitte ist ein natürlicher empirischer Schluß, da ist die Mitte als existierend nicht die wahrhafte Einheit der Gegensätze, sie dienen nur [dazu], die an sich seiende Differenz dieser an sich seienden Einheit zur Existenz zu bringen, also eine Mitte, die zerrissen werden soll. Hier kann erwähnt werden, daß Feuchtigkeit zum Rosten gehört. Blei in Säure, wo die Luft abgehalten wird, wird nicht an ge griffen, erst im Kontakt mit atmosphärischer Luft. Luft und Wasser gehören zur Vermittlung des Prozesses. Differenz beim galvanischen Prozeß ist immer da.

Volta sieht es nun nur als Entwicklung der Elektrizität durch bloße Berührung an, und sieht das Feuchte nur als Leiter an, so daß der Feuchtigkeit keine andere Funktion zugeschrieben wird als Lei-tung. Der Versuch zeigt schon, daß eine chemische Veränderung an der Mitte und vermöge der Mitte vorgeht. [Daraus,] daß elek-trische Erscheinungen auch vorhanden [sind], folgt nicht, daß nu r elektrisches Verhältnis vorhanden [sei]. Chemismus ist eben da, in-sofern der ganze Körper in den Prozeß eingeht, das Körperliche, was aber in der ersten Stufe an der Mitte vornehmlich nur liegt, weil die Metalle als die selbständigen Extreme dastehen.

Ist nun die Mitte schon ein real Neutrales, so wird die Aktion, das Setzen der Differenz, allerdings lebhafter und stärker sein. Biot sagt, [daß] das reine Wasser, das eine starke Elektrizität durchläßt, beinahe isolierend werde, wenn die Säule schwach ist, so daß hier bis zu dem Widerspruch fortgegangen [wird], insofern die Mitte als Leiter betrachtet wird, das Wasser als beinahe isolierend darzu-stellen. Trockene Säulen hat man sich daher hervorzubringen viel bemüht. Das Oxidieren tue nichts als eine innigere Kommunika-tion zwischen den metallischen Elementen [zu] bewirken, das ist bloß erdichtet, nur die Bestimmung des Oxydierens [ist] zu einer Nebensache herabzusetzen, denn ist sie [die Säule] ganz oxydiert, so hört die Wirksamkeit der Säule auf. Endlich hat man trockene Säulen gemacht, aus Mehlteig, die an dem Kondensator wirken. |

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Feuchtigkeit gehört dazu nach den Versuchen. Feuchtigkeit gehört dazu, und zwar nicht bloß als etwas Leitendes. Wasser zersetzung, Setzen des Wassers unter zwei Formen, als Wasserzersetzung. Ritters Versuche. Quecksilber unten. Wasser, über das Queck silber gegos-sen, gibt daher an einem Pol immer Hydrogen, am anderen Oxy-gen. Die Einwirkung auf den Organismus wird hier übergangen.

Das Resultat des galvanischen Prozesses ist das Ox yd überhaupt. Die erste Voraussetzung ist das Metall; jetzt gesetzt mit dieser Ver-schiedenheit, nicht mehr als dies Gediegene, sondern an ihnen dif-ferent gesetzt, wird als Oxydation gefaßt. Dies Basische ist nun das, was Erde überhaupt genannt wird. Die Erden sind als Oxyde darge-stellt worden, bei anderen Erden hat man die Metallität konstatiert durch Amalgamation, in die Tätigkeit gebracht, sich als Metalle darzustellen. Auch deren Basen sind also Metalle. Bei Ammonium einmal als Stick stoff, das andere Mal in der Form der Metallität, so daß dies sich als wandelbar zeigt. Diese Oxyde überhaupt und die Erden sind das Resultat dieses ersten Prozesses.

Die zweite Form des Prozesses ist, daß die chemische Tätigkeit gesetzt ist für sich, unterschieden von dem Materiellen, in welchem sie negiert. Die Be griffs bestim mung ist das [als] gesetzt, was im ersten nur an sich ist. Das Resultat der Be griffs bestim mung ist noch nicht das Materielle, das Oxyd, sondern die Tätigkeit im ersten an sich, jetzt für sich, aber frei existierend, und das ist das Feuer, also der Feuer prozeß, und die Tätigkeit desselben ist, die ma-teriellen Gegensätze [aufzuheben], diese Voraussetzungen (denn hätte er keine Voraussetzungen, so wäre er Leben) sind die Oxyde überhaupt. Dem Be griffe nach ist aber das Verbrennliche als sol ches das Vorausgesetzte, so daß, Feuer daran gebracht, dasselbe entzün-det wird. Dies Verbrennliche haben wir schon gehabt, [es] ist das Fürsichsein als materiell, als bestehend, nicht als tätig gesetzt, denn als Voraussetzung ist es ein Träges, das sein Fürsichsein erst zur Existenz bringen kann und die falsche Form seines gleichgültigen Bestehens aufhebt.

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806 Am Rande: Philosophie der Natur 11. Darunter Skizze (galvanisches Element?)

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Das Oxyd ist in diese Pulverisierung übergegangen, und so aufgehoben freie Gediegenheit, Kohärenz, Leitfähigkeit. Dem Be-griffe nach ist das Verbrennliche eben dies Spröde, das das Fürsich-sein hat, das seine immanente Naturbestimmtheit ist. Schwefel, Phosphor gehören zu solchen Verbrennlichen. In der Mineralogie hat man jetzt diese Ordnung, dem Be griffe gemäß. In welche Form das Verbrennliche gesetzt sei, Oxyd, eigentlich Verbrennliches als Neutrales, auch so eine Möglichkeit, mit dem Feuerprinzip zusam-menzugehen. Dies alles ist aber die mittelbar immanente Natur-bestimmtheit. Was die Verbrennlichen an sich sind, muß an sie ge-setzt werden, die Qualität des Feuers. Diese Ursache, Kraft, Trieb des Vergehens muß an ihnen gesetzt werden, das ist die Erzeugung der Säure und des kaustischen Kali. Das Oxyd als solches ist noch nicht Säure. Einige Metalle bilden Säure, Arseniksäure (Richter sprach von Eisensäure). Das, wodurch ein Kali kaustisch wird, ist Oxygenation. Bei diesem Allgemeinen können wir für unsere Zwecke stehen bleiben.

Nach der partikularen | Seite ist da viel Verschiedenheit. Eines verhält sich nach einer Seite als Säure, nach der anderen nicht. Ebenso die Erden. Werner nennt solche Erden amphotere. So Tonerde auf die kalische Seite gestellt und auf die der Säuren. Reagiert gegen Alkali und geht mit Säuren Verbindungen ein. Kieselerde mehr als Säure wirkend. Schwefelleber [verhält sich] hydrotherm [als] Säure. Das ist ein schwankender Unterschied. Man weiß manchmal nicht, ob eines eine chemische Verbindung ist, als [Verbindung] Entgegengesetzter, oder Sensomatie, Verbindung Gleichartiger, wie Königswasser. Die Säuren sind die Produkte dieses Prozesses. Die Vermittelungen können wir auf der Seite liegen lassen. Die Hauptsache ist, daß diese Produkte diese Unruhen sind, begeistete, befeuerte, daß die bloße Verschiedenheit in Oxyde gesteigert wird zur Entgegensetzung, daß sie nicht sich für sich erhalten können. Wasserfreie Säuren neutralisieren sich in Luft, machen die Luft zu Wasser. Daher schwer aufzubewahren. So zerstört das kaustische Kali Stoffe. Das nächste Resultat sind also solche Gegensätze, an denen das Feuer gesetzt ist, nicht das materielle Feuer, sondern diese

839 Leitfähigkeit ] Leitensfähigkeit

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Unverträglichkeit mit sich selbst, die Unmöglichkeit, für sich zu bestehen, [die Notwendigkeit,] sich wesentlich auf Anderes, nicht auf sich zu beziehen.

Dies Produkt [er]hält sich also nicht als Produkt, sondern setzt sich mit dem Anderen hier identisch. Das weitere Produkt ist also das Neut r a le . Indem sie auf das Andere sich beziehen, so sind sie das Unruhige nicht mehr, ihr Mangel ist integriert, ihr Verzeh-ren erloschen. Das Neutrale ist also das dritte Produkt. Besondere Weisen gehen uns hier nichts an. Die erste Wirksamkeit der Säure ist die Oxydation des Metalls, und erst mit dem Oxyde verbindet sich die Säure zu einem Sa l z , ein prozeßloses Produkt, der Pro-zeß erlischt in seinem Produkt, ein Mangel, daß der Prozeß nicht wieder das Aufregende des Prozesses ist. Das Lebendige ist ein produktives Produkt, das den Prozeß immer wieder in sich und aus sich beginnt. Dies ist nun der reale Prozeß, da die, die in den Prozeß eintreten, nicht mehr abstrakt sind. Die Neutralität ist eine passive Totalität, die nicht die negative Beziehung in sich selbst hat, und deswegen nicht Tätigkeit ist. Die Momente desselben sind nun näher anzugeben. Das Wasser, das formell Neutrale, ist nun das, in dem der Prozeß sich einleiten kann. In diesem Medium sind nun zwei Säuren und zwei basische Stoffe gelöst. Kommen sie nun in Betracht in der allgemeinen Bestimmung von Säuren und Basen, so tritt hier die weitere Determination ein, daß die Säu-ren Partikuläre gegeneinander sind, ebenso die kalischen [Stoffe], nicht nur verschieden überhaupt, sondern ihre Verschiedenheit ist chemische Partikularität derselben gegeneinander. Diese Partiku-larität haben wir gegeneinander gehabt. Zwei Indifferente, für sich bestehend, auf einer Stufe sich befi ndend, aber zugleich entgegen-gesetzt. In dem realen Prozeß haben wir nun die Verbindung der beiden Bestimmungen, die eine der Entgegensetzung, Säure und Kali, so daß das Eine nicht für sich gleichgültig existieren kann, das Zweite die der Verschiedenheit in gleichgültiger Existenz und an sich seiende Bestimmung gegen das Andere. Die beiden Basi-schen sind als solche entgegengesetzt gegen eine Säure, sie sind aber

876 sondern [ gestr.: sind]879 [ gestr.: versch] integriert

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auch gegen sich different, und dadurch ist das Gleiche beider; ihre Partikularität | gegeneinander setzt ihre Verschiedenheit gegen die Säuren, und umgekehrt der Säuren gegen das Kalische.

Das ist dann die Wahlverwandtschaft, ein Ausdruck, [der] aus dem animalischen Verhältnis entnommen [ist]. Verwandtschaft ist das, was wir als Differenz gegeneinander bestimmt haben. Wahl gehört nur der Willkür und Zufälligkeit an. Dadurch kann es darin geschehen, daß aus diesem Prozeß zwei Neutrale, Salze, andere Neutrale, Salze, hervorgehen können.

Was die Verwandtschaft erklären soll, sind Tautologien. Da treten partikuläre Verhältnisse ein, daß, wenn [zu] einer Säure zwei Basen getreten sind, die eine ausgeschieden wird, das qualitative Verhält-nis. Mit der Säure verbindet sich die Base im bestimmten Verhältnis, und dies nennt man Sättigung. Die Sättigung ist ein quantitativ bestimmter Punkt. Dieses quantitative Verhältnis hat man auf be-stimmte Formen und Gesetze zurückzuführen gesucht, daß die Zahlenverhältnisse einen bestimmten Fortgang gingen. Die ver-schiedenen Oxydationsstufen der Metalle gehören hierher, und es hat sich gefunden, daß jedes solches Oxyd nur [durch] bestimmte Quanta gebildet wird, so daß mit anderen Quantis von Oxygen sich keine Verbindung bildet. In der Skala der Mengen zeigen sich Knoten, bestimmte Punkte des Quantums, die qualitativ werden durch die verschiedenen Farbe der Oxyde u. s. w. Diese Knoten-reihe hat man auf einfache Grundverhältnisse zurückzubringen gesucht. Ber ze l iu s’ Proportionen, S töch io met r ie . Richter und Guyton [de] Morveau fanden dies allgemeine Gesetz, daß, wenn die Säuren ihre Basen vertauschen, wenn die beiden ersten Salze neutral waren, auch die Produkte neutral sind, so daß kein Überschuß ist. Die Proportionen treten auch hier ein. Wenn [wir z. B.] schwefelsaures Blei und schwefelsaures Eisen [betrachten:] 100 Teile Blei in jene [in Eisensulfatlösung eingebracht] [ergeben] 15,6 Schwefel 7,8 Sauer stoff in Eisenvitriol.

100 Teile Eisen [in Bleisulfatlösung] [ergeben] 58,8 Schwefel, 29,4 Sauer stoff. Die Menge von Schwefel und Sauer stoff verglichen gibt dort 2 : 1, im zweiten [Falle gleichfalls] 2 : 1 [als] Verhältnis,

164 Der physikalische Körper 98–99

918 sind ] wird

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also konstant, obgleich bei einem eine größere Quantität nötig ist. Erze im eigentlichen Sinne, d. h. Verbindungen von Metallen mit Schwefel, Synsomatien, haben dasselbe bestimmte Verhältnis zwi-schen dem Metall und Schwefel gegeben nach dem Verhältnis, mit dem sich die Metalle mit Sauer stoff verbinden, wenn sie oxydiert werden. Vornehmlich interessant ist die Vergleichung der Mengen der mehreren Basen mit den Mengen der Säuren, durch die sie gesättigt werden können. Z. B. Schwefelsäure mit einer Menge Oxyden verbunden nacheinander. 100 Teile Schwe fel s[äure], eine andere Säure ebenso verglichen, so stellt sich ebenso eine Skala dar, 100 [Teile] Schwefel. So bleibt die Zahl der Oxyde dieselbe für ein gewisses Quantum von Salzsäure, das aber ein anderes ist.

100. Schwefel 142. Pl[atinoxyd] 234. Silber 200. [Quecksilber] Kali 160. Natrium 77. Ammonium 42. 71. Salzsäure. – – –57. Kohlensäure. – - – 42. Flußsäure.

Das Herausbilden zu Arten ist nun das Nächste, zu dem das Orga-nische gebracht wird. | Die Verwandtschaften bestimmen sich nicht nach der Skala der Quantitäten. In diesem Felde sind dergleichen Verhältnisse und ihre Bestimmungen nicht ein absolut Festes. Die vielfachen Momente ändern die Bestimmungen jener einfachen Gesetze ab. Besonders Berthollet hat gegen die Festheit dieser Be-stimmtheit Versuche und Erfahrungen zur Sprache gebracht, nicht so, daß diese Maßverhältnisse verschwinden oder Modifi kationen erleiden. Die Bildung von Tripelsalzen gehört hierher. Die Tem-peratur hat ebenfalls einen großen Einfl uß, der mit ihr steigt. Die Kohäsion ist ebenfalls von Einfl uß [auf ] die Schnelligkeit der Ver-bindung. Destillat der zweiten Säure [braucht] nicht ihre Wirksam-keit zu äußern.

Neutrale hatten wir in Beziehung, als die Voraussetzungen des Prozesses und das Resultat des Prozesses sind im allgemeinen Neu-

99–100 Individualität der Körperlichkeit. Gestalt 165

944 dasselbe [ gestr.: Verh] bestimmte948 die ] sie956 Drei Zeilen fast leer, Tabelle nur aus Strichen bestehend

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trale. Der Prozeß geht so (nur formell) in sich zurück. Der Gang, den wir verfolgt haben, fi ng an von abstrakten Körpern.

Das Neutrale ist die Totalität. Das zweite Moment in dem chemi-schen Prozeß ist ebenso in Betracht zu ziehen. Das erste Moment war eine Vereinung, die andere Grundbestimmung ist die Schei-dung, die wir wegließen. Indem nun zunächst das Neutrale zu-letzt Anfang des Prozesses und Resultat war, setzt es aber so die Möglichkeit, daß es sich verhält zu einem anderen Neutralen, aber der Rückgang ist ebenso zu setzen, die Stufen der Scheidung, die Redukt ion . Im Neutralen ist die Tätigkeit erloschen. Die Dif-ferenz ist wesentlich im chemischen Prozeß, ihr Stufengang we-sentlich ebenso zu setzen, die Basen [sind] in ihrer Indifferenz zu setzen. Beide sind in derselben Form des Prozesses vereint, wir haben nur bisher abstrahiert von der Scheidung.

Dies sind nun die Bestimmungen des chemischen Prozesses überhaupt, wo wir die Körper hindurchgehen sehen durch die ver-schiedenen Stufen der Indifferenz und des Zurückgehens. So stellt sich der Körper dar nicht als etwas Festes, so daß seine besondere Weise der Existenz nur ein Bedingtes ist. Der Körper zeigt sich so als ein Kreis von Wechseln, eine Totalität von Prozessen, und so untersucht man die chemische Natur der Körper, und seine Natur wird dargestellt, indem man aufführt die Reihe von Zuständen, in die er eingeht. Alles [Physikalische,] sp[ezifi sche] Schwere, Farbe, Kohäsion, erleidet Veränderungen. Der Körper zeigt sich nicht so als ein Festes. Die unmittelbare Besonderheit der Physik ist insofern verschwunden.

Der Übergang in die Sphäre des Leben s ist nun zu betrachten. Zuerst hatten wir die Sphäre der Schwere, das Außereinander

der Materie auf eine Einheit bezogen, so daß das Substantielle ein Suchen der Einheit war.

Das Zweite [war] die Materialität in ihrer Bestimmung an ihr selber.

Das Letzte in diesem physikalischen Teile ist die Bestimmtheit der Materie, nicht aber die nur abstrakte Bestimmtheit im Element, sondern die Bestimmtheit ist | als Totalität der Form zunächst me-

166 Der physikalische Körper 100–101

986 Beide ] Beides

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chanisch, Magnetismus, und so, daß die entwickelte Form [als In-be griff ] be stimm te[r] Kör per lich keiten [existiert], bestimmt durch die Momente des Be griffs, so daß die Unterschiede reelle ganze Körper sind, und die Form ist nicht [ihre] Gestalt, oder Eigen-schaft, oder eine Menge derselben, sondern sie ist die Tätigkeit des Prozesses dieser realen Körper, worinnen dieser aufgezeigt wurde als übergehend, als sich im Prozeß verändernde Momente, und das macht die Lebendigkeit des chemischen Prozesses aus. Die Idee, der Be griff, was wir die Form genannt haben, ist zunächst an sich. So ist [es] durch die Flüssigkeit der Metalle möglich, daß ihre Qualitäten sich bereiten im galvanischen Prozesse, so daß die Selbständigen verschwinden, nur den Schein der Selbständigkeit haben.

Der chemische Prozeß aber ist nur die Lebendigkeit an sich, noch nicht die gesetzte Lebendigkeit. Ihm mangelt die Identität, diese Rückkehr in sich, und das ist die Endlichkeit des chemischen Pro-zesses. Er hat eine Voraussetzung an gleichgültig gegeneinander existierenden Körpern. In Wahrheit sind sie nicht selbständig, sie existieren aber als gleichgültig, ihre Wahrheit, daß sie nur Momente sind, kommt erst heraus, daß ihr Agieren durch äußerlich hinzuge-bracht werdende Agentien hervorgebracht wird. Daher äußerliches Zusammenbringen, Wärme, Auf lösung in Wasser. Das Bestehen dieser Körperlichkeit und die Tätigkeit sind so noch außereinander. Die Voraussetzung, daß sie belebt wird, erfordert, daß etwas noch äußerlich sein könne.

Das Zweite der Endlichkeit ist, daß das Resultat ein anderes ist als der Anfang. Es ist ein Schluß, der Prozeß, aber der Schluß geschieht nicht mit sich selbst. Außer dem Medium, in dem die beiden sich berühren, ist ein Drittes gegen sie. Das Unendliche ist im allgemeinen das zu sich selbst Zurückkehren, das Sich-als-sich-geltend-Machen in einem anderen, das zu einer Negation sich verhält, aber diese Negation ebenso negiert, so daß die Gegensätze von Voraussetzung und Resultat wegfallen.

101 Individualität der Körperlichkeit. Gestalt 167

14–15 so, daß die entwickelte Form [als In be griff ] bestimmte[r] Kör-per lichkeiten [existiert] ] so daß die entwickelte Form ist bestimmte Körper lichkeiten

40 Außer dem ] Außerdem das

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Das Unendliche macht sich selbst zur Voraussetzung, zu seinem Grunde, das Resultat ist dasselbe, was da war, der Zweck, nicht eine einzelne Formbestimmtheit, sondern die ganze Form, das, woraus der Be griff, der herausgeht aus sich, sich als das Negative seiner bestimmt. Das Endliche ist darum ein Endliches, wenn es sich zu einem Anderen als Anderes verhält. Der Be griff aber, der real ist, ist diese Tätigkeit, dieser Trieb, aus sich hinauszugehen, sich zu ver-ändern, dies Andere aber sich zu assimilieren, darin seine Grenze zu negieren, so daß dieser Prozeß eben seine Existenz ist.

Der Übergang nun vom chemischen Prozesse zum Leben ist darin schon gemacht, daß die Endlichkeit eben die Unmittelbar-keit der Voraussetzung ist. Für den Be griff sind solche Formen wie Metall und so [fort] nicht eine Selbständigkeit, der Übergang be-steht also darin, daß im Prozesse selbst gesetzt wird, daß das reell Unmittelbare als nicht Unmittelbares existiert. Dies negative Mo-ment ist der | innere Quellpunkt des Übergangs. Im chemischen Prozeß wird aber das Unruhige jener Bestimmungen gezeigt, in ihm wird die Negation gesetzt derer, die zunächst als affi rmativ, als positiv galten.

168 Der physikalische Körper 101–102

60 existiert ] gesetzt werde

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[ DRITTER TEIL]ORGANIK

Alle Formen des Endlichen wie Ursache und Wirkung sind nur Verhältnisse der endlichen Tätigkeit und [deren] Produkte. Alle diese Kategorien sind Kategorien des Endlichen. Im Unendlichen ist die Ursache aber die Ursache ihrer selbst, und so im Leben, [hier] ist das, was als Grund gesetzt wird, [das, was] sich als Folge setzt, so daß das Produkt ein Vermitteltes mit sich selbst sei und ebenso unmittelbar in sich seine Differenz verliere. Diese einsei-tigen Bestimmungen der Endlichkeit, der Unmittelbarkeit und der Vermittlung sind hier aufgehoben. Das Organische ist nicht mehr [bloß] Individuum, sondern Subjekt, die gesetzte Negativität macht das Individuum zum Subjekt, [so]daß die unterschiedenen Teile, in die die Form sich ausgelegt hat, nur als negierte sind. Die sich entwickelnde Form geht in das Außereinander der Negativität als Einheit, also die negative Einheit ist das Subjekt, in welchem die Idealität der Unterschiede gesetzt ist, ein Punkt, der die Form gefunden hat, so daß das Produzierende nur ist als Positives und Affi rmatives, und die Auf lösung des sich immer wieder Negieren-den, des Widerspruchs, ist der Prozeß des Lebens. Daher ist in dem allgemeinen Be griff enthalten, daß das Leben [ein] Lebendiges ist, Gestalt ausschließende, Fürsichseiendes, sich punktualisierend im natürlichen Dasein, sich als ein unmittelbar Einzelnes setzend. Zu dem Prozesse nun gehört das Moment des Unterschiedes: das Sub-jekt ist eben die Negativität dieses Negativen. Es gehört also dazu dies, daß das Lebendige das sich ewig Hervorbringende ist. Das sich Voraussetzen, sich zur Voraussetzung Machen. Es gibt sich im Leben die Form das unmittelbare Bestehen, dessen Negativität eben das Subjekt ist. Darin haben wir die nähere Form des Lebens, die wir zu betrachten haben. Das Leben ist dieser große Prozeß, sich Momente zu setzen und vorauszusetzen.

[1.] Der unmittelbare Organismus. Der unmittelbare Organis-mus ist aber tot, nur abstrakt, denn er ist eben dies sich mit sich [Identische,] Unmittelbare. Der unmittelbare Organismus ist so

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nur das äußerliche Bild des Organismus, die erste Bestimmung im allgemeinen Prozeß des Lebens. Dieser [ist der] geologische Organismus.

2. Die Seite ohne dasselbe in seiner subjektiven Einheit ist das Fürsichsein, die Refl exion, diese Unmittelbarkeit in sich selbst. Das Fürsichsein ist zunächst das abstrakte Fürsichsein, der vegetabilische Organismus, es oszilliert zwischen Leben und Tod. Das vegetabi-lische | Individuum ist eine Gestalt, aber noch als eine Sammlung von Individuen, nur die Oberfl ächlichkeit von Vielen, die oberfl äch-liche Einheit von Vielen ist nun näher die reine Knotenreihe.

[3.] Das Dritte ist nun das reale Leben, der eigentlich lebendige Organismus, das animalische Leben, ein Individuum, das sich glie-dert, auseinanderlegt, wie der erste Organismus ein System von Körpern ist, so aber, daß die auseinandergelegten [nicht] selbstän-dig sind, sondern nur Glieder, d. h. in der negativen Einheit ihr affi rmatives Bestehen haben, so daß das Subjekt nur erscheint. Das vielfache Außereinander ist nicht ein ruhiges Bestehen, sondern ebenso negiert, und sein Dasein ist sein Verändert-, Verarbeitet-werden und die Subjektivität ist es, die zur Erscheinung kommt. Diese drei Stufen des Lebensprozesses sind aufzufassen. Un mittel-bar[keit], abstrakte Weise des Fürsichseins und die Einheit beider, die erscheinende Subjektivität.

[1.] Geologischer Organismus

Die Erde ist der allgemeine Organismus, das ganze Individuum, das System des individuellen Körpers. In dem Organismus liegt die Lebendigkeit jenseits des Organismus. Der Bildungsprozeß ist nicht darin vorhanden. Es ist der unmittelbare Organismus, d. i. der, der nicht die Tätigkeit ist, sich zu produzieren, so also, daß er nicht sein ruhiges Bestehen aufhebt. Er ist die insichseiende Tätigkeit, die nicht existierende, aber er ist ein vergangener. Da ist allerdings das Bedürfnis vorhanden, die Entstehung der Erde, den Bildungs-

38 ist das ] ist in das48–49 selbständig ] wieder selbständig

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prozeß, zu wissen, den Stufengang in der Produktion dieser Un-terschiede, deren System sie ist, und die Geologie ist es, die dies betrachtet.

Was das Empirische betrifft, so ist dieser [von] der ausgedehn-testen und umfassendsten Weise. Man fi ndet eine untergegangene Pfl anzenwelt, in Gegenden, wo diese Pfl anzen nicht mehr existie-ren. Ebenso fi ndet man eine fossile Tierwelt von den niedrigsten Stufen der Zoophyten bis zu den gearbeitetsten Gebilden, und zwar in ungeheuren Massen. Cuvier. Eine weitläufi ge organische Welt fi ndet sich als untergegangen. Eine Hauptuntersuchung ist, in wel-chem Lager sich solche Schichten zu fi nden beginnen. Menschen hat man nicht gefunden. Schakper, Cuvier. Das ganze Aussehen der Gebirge zeigt wesentlich geschichtliche Revolutionen. Die Be-trach tung führt dazu, Schlüsse zu ziehen auf die Weise, wie sich das Nacheinander ergeben hat, diese Schlüsse gehen unsere Be-trachtung nicht[s] an. Der Prozeß liegt jenseits des Prozesses des Lebens. So ist die Entwicklung der Geologie zu kennen, ebenso interessant, was aber den Be griff angeht, ist die Gegliederung als fertige [zu betrachten]. Das noch nicht entwickelte Gebilde kann man nur verstehen aus dem Entwickelten, was man oft umgekehrt kennt. Erst aus dem Entfalteten | erkennt man die Bedeutung des Kindes weiter. Die Auslegung erst des Entwickelten ist das Haupt-inter esse der Geologie; [es] ist das Aussehen der Erde zu erklären und zu sehen, wie diese Revolutionen nacheinander erfolgt sind, welches ältere, welches neuere Formation sind. Indem [das] Inter-esse vornehmlich auf die Zeit geht, so hat dies Interesse keinen wahrhaften Gehalt. Der Zusammenhang dem Inhalt nach ist nicht der Zusammenhang der Zeit, sondern der der Gebilde nach ihrer Be schaffen heit in sich. Somit die Stellung des Systems im Be griffe ist unser Wesentlicheres.

Die Erde als allgemeine Individualität ist an ihr ein System von Gebilden, Resultat. Die Mächte, von denen sie Resultat ist, die wahrhaft anundfürsichseienden in ihrer Existenz, sind zu nennen.

67 und die Geologie ] und in der Geologie75 sic79 ziehen ] nehmen

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Die absolute Macht ist das Leben, das sich selbst zur Voraussetzung macht, und indem es sich selbst zum Objekt macht, ist es die ganze unorganische Natur, [zu] Differenzen hinausgeworfen, die sich immer hinauswirft. In diesem Außereinandergerissensein, in die-ser Äußerlichkeit, ist das Erdindividuum ein solches, das sich als Re-sultat verhält zu anderen, die sich in diesem Kreise befi nden. Hier-her gehört die Abneigung der Achse, die Verteilung des Landes, die alte Welt, diese Dreiheit, die neue Welt, ein doppelter Kontinent, was sich im allgemeinen unter die Gedankenbestimmung fassen läßt. Diese Welt ist nicht nur neu durch ihre Entdeckung, sondern in ihrer ganzen Natur von des schwachen Charakter. Eine weitere Bestimmung ist die zusammenhängende Ausbreitung im Norden, die Kontraktion gegen Norden und das Außereinanderlaufen nach Süden zu. Oben ist noch Zusammenhang des Tier- und Pfl anzen-lebens, gegen unten zu [treten] weit mehr Partikularisationen [des] Charakters [ein].

Granit, der diorisch ist, ist der, von dem alle Formationen ausge-hen. Der Granit ist so das Innerste, der Existenz nach das Äußerste. Die andere Bestimmung ist ein Außereinandergehen des Granits, und da zeigen sich zwei Wege, der eine nur eine Modifi kation des Granits, so daß die Bestandteile dieselben bleiben. Im Quarz ist das Punktuelle, im Glimmer das Flächenhafte, im Feldspat das Rhom-boidale. Grünstein, Mandelstein, Grauwacke erscheint als ein Zu-sammengesetztes. Sandsteinformung, Durchgang der Punkte nach der granitartigen Zusammensetzung. Der Basalt ist eine Durch-dringung dieser Unterschiede bis zur Ununterscheidbarkeit, doch sind dieselben chemischen Elemente [darin].

Der andere Fortgang vom Granit aus ist, daß das Konkrete aus-einandertritt in abstrakte Formationen. Ein Hauptgegensatz ist das, was Steffens Kieselreihe und Kalkreihe [nannte], einer der tiefsten Blicke, die Steffens in die Natur getan, wo er noch konkret ist, [anders] als das später sein sollende naturphilosophische Gebraue. »Anschließen« ist da ein nicht bezeichnender Ausdruck. Die Zusam-

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101 die ] das107 was sich ] was das sich117 [ gestr.: Man kann] Die andere

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menstellung der vegetabilischen und animalischen Reihen hat ein Interesse. Doch ist die Hauptsache, wie weit man die Einheit der Grund lagen zu suchen habe. Es ergeben sich da interessante Ver-gleiche. Bis auf einen gewissen Punkt muß man allerdings dies | als wirkliche Versteinerungen ansehen, auf der anderen Seite wird man doch auch eigentümlich eine normale Form des Kalkes annehmen müssen und nicht alles als einen Zurückgang eines animalischen Lebens ansehen. Das sind ungefähr die Formen des Gegensatzes in dieser zweiten Weise der Zurückbildung.

Innerhalb dieser sich formeller setzenden Formationen treten erst die äußersten mannigfaltigen Abstraktionen hervor, die vor-nehmlich der Gegenstand der Oryktognosie sind. Die sich auf-schließenden Gebirge, die nicht mehr zu jener intensiven Einheit gehören. Da treten nun die Gänge ein, eine Bestimmung, auf die die neuere Mineralogie wenig gibt. Der Bergbau geht vornehm-lich auf Gänge, obgleich auch auf Lager. Was die Vorstellung von Gangarten betrifft, so ist die Erklärung der Neptunisten einfach. Der Zusammenhang der Gänge ist aber auch im Verhältnis zur Ge-birgsart gefaßt werden, in der die Gänge sich vorfi nden. So [fi ndet sich] Eisen überall, Molybdän, Wolfram, Titan [sind] auf die Urge-birge beschränkt. Einige kommen nur in Gesellschaft mit anderen vor. Das Edel- oder Unedelwerden der Gänge hat Interesse erregt. Die Gänge in Totliegendes herabgehend werden edel. Bei Andreas-berg werden sie unedel, wenn sie in Kieselschiefer übersetzen. Das bildet einen lebendigen Übergang. In der Mineralogie muß man sich eben am meisten hüten, gewisse Erfahrungen zu schnell zu generalisieren. Das Dritte nun ist die mechanische Vereinigung beider, was man aufgeschwemmtes Land nennt, das Nachlassen der immanenten Individualisierung, das Zusammensinken in eine tote Formation. Dies sind die Momente der Gestaltung.

104–105 Geologischer Organismus 173

136 Am Rande: Philosophie der Natur 12136 Versteinerungen [ gestr.: sind] ansehen; über der Zeile: ansehen139 sind [ gestr.: die] ungefähr144–145 die nicht mehr zu jener intensiven Einheit gehören ] die nicht

mehr gehören zu jener intensiven Einheit 146 Mineralogie [ gestr.: nichts] wenig; über der Zeile: wenig150 in der die ] in denen die

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Der absolute Grund ist gegeben, worin der Prozeß jenseits liegt. Obgleich aber die Erde ein Leichnam ist, so ist sie doch eine To-talität, so daß als Grund, Voraussetzung der Individualität sie Le-ben überhaupt ist, und das ist das, daß sie die Fruchtbarkeit in sich hat, eine abstrakte Lebenskraft, daß allenthalben an ihr die Subjek-tivität der Lebendigkeit hervorsprießt. Das ist die unendliche allge-meine Fruchtbarkeit der Erde, so daß man gesagt hat, die Leben-digen gehen aus der Erde hervor, gener a t io aequ ivoca , andere gener a t io un ivoca , v ivum ex ovo. Da muß aber genau bestimmt werden, wie weit dies Hervorgehen einen Sinn haben soll.

Empedokles’ Vorstellung von dem Entstehen der ersten Tierarten, von denen mehrere als unzweckmäßig untergingen. Auf dem Lande nun fi nden wir überall vegetabilische Gebilde in den unförmlich-sten Gestalten. Das Meer aber zeigt [sich] als ein durch und durch Lebendiges und Leben Produzierendes, aber nur elementarisches Leben produzierend, alles unentwickelt. | Ein Prozeß, der sich viel-fach wiederholt, Leuchten des Meeres, alles ist unendliche Masse von kleinen kugeligen Lebendigkeiten. Das Meer gebiert Millionen solcher, und ebenso schnell vergeht es und wieder entsteht [es] und gebiert ebenso unmittelbar Lebendigkeit. Das Weitere nun ist, daß diese Lebendigkeit durchaus nur abstrakt allgemein ist, noch nicht das eigentlich subjektive, weder eine eigentliche Pfl anze, noch ein eigentliches Tier. Die Lebendigkeit ist gegeben als die reale Mög-lichkeit des Lebens, die Fruchtbarkeit, die auf dem Sprunge steht zur subjektiven Lebendigkeit. Nach dieser allgemeinen Möglich-keit schlagen Land und Meer immer in eine nur vorübergehende Lebendigkeit aus, einerseits das Leuchten des prozeßlosen Kristalls, andererseits diese nur vorübergehende Punktualität, die entsteht durch äußere Erregung, Licht, Wärme, nicht das Kontrahieren ins Unorganische, in einem Punkt der Lebendigkeit, sondern es ist das an sich Organische, das zur Erscheinung kommt, die selbst

165 über der Zeile: sie165 Fruchtbarkeit [ gestr.: ist] in sich170–171 Da muß aber genau bestimmt werden ] Da ist aber genau

bestimmt worden

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nur eine ganz oberfl ächliche ist. Dies [ist ein] Ineinsgesetztsein des Objektiven und Punktuellen der subjektiven Lebendigkeit. Dem Be griffe nach ist dies an sich identisch. Das Leben als Allgemeines geht zu diesen subjektiven Lebendigkeiten, als der Punkt, erhält sich, existiert als Allgemeines, der Zeit nach Dauerndes, sich selbst Anregendes, die Regung seiner, den Reiz seiner an ihm selbst ha-bend, durch sich selbst betätigend. Diese Betätigung ist dann die Hervorbringung seiner, das sich objektiv Machen, eine Objektivität, die die seinige bleibt. Das subjektive Leben macht sich selbst zu sei-ner unorganischen Natur und so zu dem Reizenden, Anregenden seiner selbst. [Es ist] die Refl exion dieser allgemeinen Belebung.

An dem eigentlich Lebendigen haben wir nun zu betrachten zuerst die Gestalt, die Form, diese Subjektivität als ein Außerein-ander, die ihre Unterschiede, materialisiert, realisiert hat, so daß diese Teile nur bestimmt sind durch die Einheit der Form. Nur in der Objektivität ist es der Kristall, nur diese erstorbene Organisa-tion. Das Zweite aber ist, daß diese Form für sich ist, so für sich, daß sie die Teile ideell setzt, als negative setzt, ihnen ihr Bestehen benimmt, und so ist die Form als Idealität dieser Realität, und so ist die Form Refl exion in sich, in diesem Außereinander Negativität ihres Gestaltens. Dies ist ebenso affi rmatives Gestalten, Produzieren dieser Realität, so daß das Materielle immer verschwindet, verän-dert wird. Die Form ist so ein ätherischer Leib, gleichsam ein Netz, und im Leiblichen ist diese realisiert, besteht als dieser Idealismus des Besonderen. Das Materielle wird verändert, keines bleibt be-stehen, schlechthin Umformung, schlechthin Umwandlung. Das Materielle ist so gesetzt als nur erscheinend, das gleichgültige Außerein ander bestehen verliert seine Qualitäten, so daß sie aber umgesetzt werden. Was besteht, ist dies Ätherische oder Ideelle, es bleibt nie bestimmte Gestalt, nur ein Strom bleibt. | Dies Ganze ist hier die Form. Dieser Idealismus ist die allgemeine Grundgestal-tung des Lebens, die Seele ist das Idealisierende, das gleichgültig Bestehende immer negierend. Dies ist der Punkt der Seelenhaftig-keit, Subjektivität, Lebendigkeit überhaupt, der Idealismus, der sich materialisiert, so daß das Bestehen nur ein Scheinbares ist. So ist

209 über der Zeile nochmals: nur

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die Lebendigkeit lebendiges Subjekt jener Unterschiede von dieser vorausgesetzten Struktur des Lebens, das sich auslegt in [einen] objektiven Organismus. Das Erste zu betrachtende ist

[2.] Die vegetabilische Natur

Wir haben den Organismus unterschieden als Gestalt, als objek-tive Lebendigkeit und dann die Subjektivität der Einzelheit, dies Seelenhafte. Im lebendigen Organismus ist nun dies identisch ge-setzt. Im Vorigen hatten wir nur den Leichnam des Lebens und ent-gegengesetzt die verschwindende Punktualität. Jetzt hat der Punkt die Bewegung, die Gliederung in ihm selber. Die vegetabilische Natur ist in die erste Lebendigkeit, die erste, d. h. daß der objektive Organismus und die Punktualität der Lebendigkeit unmittelbar in Eins fallen. Wir haben die Subjektivität und das Gestaltende. Bei der vegetabilischen Natur fällt beides in Eins. Das vegetabili-sche Individuum gliedert sich, legt aus [die] Momente des Be griffes (obj[ek tive] Or gan[e]).

Diese Glieder machen nun eine Totalität aus, und sie sind sie different aufeinander bezogen, schlechthin nur relativ. Hier aber, bei der Pfl anze, kommt es noch nicht zu dieser qualitativen Dif-ferenzierung, erst beim Tier haben wir die eigentlichen Glieder, die nicht für sich bestehen können. Jedes hat darum seinen Sinn, seine Existenz in dem Ganzen. Hingegen bei der Pfl anze ist zu-nächst dies, daß die Glieder selbst die ganzen Individuen sind. Ein Pfl anzenindividuum kann angesehen werden als ein Aggregat vieler Individuen, die Pfl anze hat [nicht] die Kraft, sich so zu entlassen, sondern muß das Entlassen von ihrer ganzen Totalität abgeben und bleibt nur identisch mit derselben durch die bloße Wiederholung.

230–231 das sich auslegt in [einen] objektiven Organismus] so das sich auslegt in objektiven Organismus aus

231 ist [ gestr.: die]239 erste [ gestr.: vegetabilische] Lebendigkeit242 [ gestr.: Mit] Bei251 die Glieder selbst die ganzen Individuen sind ] die Glieder sind

selbst die ganzen Individuen

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Die subjektive Identität ist noch nicht vorhanden mit der Kraft der animalischen Organisation.

Daher [der Be griff der] Metamorphose, und nach dieser Seite hat Goethe einen Gedanken, einen Sinn in die Betrachtung gebracht. Jeder einzige Zweig ist eine ganze Pfl anze, er vertritt dann die übrige Pfl anze. Der Boden, ein Baum ist eine Menge von Bäumen, jede Knospe ist eine ganze Pfl anze. Man kann Samen aussäen als auch Knospen. Die Differenz ist allerdings vorhanden. Jedes kann [sich] aber leicht in ein Anderes verwandeln. | Metamorphose der Pfl anze schon vor 17 Jahren betrachtet. Goethe hat dies sinnig – nicht bloß mit den äußern Sinnen, sondern sinnig mit der Seele – betrachtet. Diese sieht nun, daß die Pfl anze wohl da ist, aber nur oberfl ächlich und leicht. Die Pfl anze, indem sie zum Organismus sich entwickelt, so kommt sie außer sich, ihre Entwicklung ist eine Vervielfälti-gung. Der Gattungsprozeß ist nur Grenze, daß das Individuum nur wieder mehrere Individuen hervorbringt, der erste Prozeß war das sich Hervorbringen des Individuums. Bei der Pfl anze fällt dies nun zusammen, ihre Glieder sind wieder Individuen. Z. B. Ver-pfl anzung durch Zwiebeln, die in sich aufbrechen, Erdbeeren, wo die Wurzeln Zweige ausschicken, die dann zu neuen Individuen werden. Daß die Pfl anze sich nicht bewegt, ist eben, daß dies In-dividuum noch nicht für sich selbst ist, sondern versenkt in dieser Gliederung. Erst dann ist es trennbar, wenn diese erste abstrakte Identität, welche der Raum ist, die Natur strebt danach, daß diese Abstraktion für sich selbst existiert. In ihrer Unmittelbarkeit ist sie der Raum. Die eigene Ortsbestimmung kann nur stattfi nden, wo die Subjektivität die Seele ist, diese Idealität für sich. Zu diesem kommt das Licht der Pfl anze, ihre innere Idealität, noch nicht.

Die Pfl anze verhält sich zu dem Elementarischen überhaupt, Wasser, Luft, Licht. Man streitet viel über die Wirkung des Dün-gers nun. Vielleicht muß da das Wasser etwas spezifi ziert sein. Sie verhält sich nicht wie das Tier zu individualisiertem, organischem Materiellen. Ihre Nahrung ist ein fortgehender Strom, nicht ein

260 er ] das279 Natur strebt danach ] Natur [ gestr.: daß] sucht 284 Die Pfl anze [ gestr.: hat keine sich unter] verhält

107–108 Die Vegetabilische Natur 177

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Unterbrochenes. Eben der Mangel der freien Subjektivität macht, daß das Verhältnis zur unorganischen Natur ein Fortgehendes ist. Das Nähren ist nur ein Aufschwung der Gestaltung, das zwischen dem mineralischen Kristall und der tierischen Nahrung in der Mitte steht.

Das Verständige ist noch in der Gestalt überwiegend, die reale Bildung noch nicht. Gerade Linien, Stengel, bestimmte Winkel, Blattfl ächen, die Kugelung in der Frucht, Formen, die sich noch wenig unterscheiden von der abstrakten Form des Keimes. Im In-neren Zellen nach den geometrischen Figuren sich reihend, zackig, gezahnt, spitzig, lanzettförmig, herzförmig, mehr regelmäßig. Die Zahl ebenso etwas verständig Bestimmtes. Drei und sechs die über-wiegenden Zahlen. Fünf ebenfalls eine Hauptzahl, und vielfache derselben. So die Herausbildung der Blätter: bei manchen Arten bilden [sie] sich aus von der Rundung bis zu tiefen Einschnitten, auch bei einem Individuum, gefi ederte Blätter aus einem runden Blatt. Die abstrakten, verständigen Formen sind noch überwiegend. Was den Lebensprozeß betrifft, so ist für Anatomie und Physiologie der Pfl anzen vieles getan, doch [bleibt] viel Dunkles, weil eben der Lebensprozeß auf dieser ersten Stufe noch steht. Wie die Pfl anze in diese gediegene Einheit eingeschlossen ist, so hat ihr Prozeß die Form des unmittelbaren Verwandelns.

Das Nähere ist nun, daß beim Leben überhaupt drei Prozesse zu unterscheiden | sind. Der Prozeß ist eben das Unterscheiden und die Resumtion in die Einheit. Diese drei sind nun [folgende] Prozesse. Der erste ist der einfache Prozeß, ein Verhalten des Indi-viduums zu sich selbst, daß es aus sich selbst zehrt, sich selber ver-daut. Der zweite [ist] das Dirimieren des Individuums in sich und die unorganische Natur, das Verhältnis zur äußerlichen unorgani-schen Natur, und die Einheit beider, ein Verhalten des Individu-ums zu sich selbst, so aber, daß es zugleich ein äußerliches ist, das Verhältnis des Individuums zu einem anderen Individuum, an sich dasselbe, seiner Gattung, der Gattungsprozeß. Diese drei Momente fest vor Augen zu haben, ist wichtig. Bei der Pfl anze treten diese Prozesse nicht so eigentümlich auseinander wie beim Tier. L ink und Ru dolph i , Trev i r anu s , Moldenhawer, A m ic i haben viel gearbeitet, wohl aber ist auch unter ihnen schon ein Streit über

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die Teile der Pfl anze. Schultz hat die Physiologie der Pfl anzen auf einen höheren Standpunkt gestellt. Das Erste ist der Gestaltungs-prozeß, die Produktion der Gestalt in sich selbst und außer sich selbst. Bei der Pfl anze kann dieser Prozeß nicht so für sich betrach-tet werden. Die Anfänge desselben sind sogleich auch Anfänge von außen. Die Erhaltung ist nicht darin, sondern lebendige Erhaltung, fortdauernde Produktion.

Das Erste in diesem Prozeß ist die Diremtion der Pfl anze in Wurzel und Blatt, die beiden Extreme. Die Wurzel ist dies, in die Erde zu gehen, das Wasser einzusaugen. Das Blatt, die Richtung der Pfl anze nach Luft, aber vornehmlich nach Licht. Die Wurzel kann sein und auch nicht. Bei Palmen [ist] der Stamm das Residuum der Blätter. Die abstrakte Diremtion in Wurzel und Blatt ist Holzfaser, Spiralgefäße und das, was Schultz Lebensgefäße nennt, die an ei-nem Kreise von Pfl anzen bis jetzt entdeckt [wurden]. Der Holzfaser gehört der Holzsaft an und der Lebensaft, der vornehmlich in den Blättern und der Rinde zirkuliert. Bei Chel idon ium ist dies besonders auffallend. Feine Gefäße, in denen man diesen Saft sich bewegen sieht. Diese sind beinahe noch chemisch, noch nicht zu dieser Eigentümlichkeit verarbeitet wie das Blut im Tier. Als das allgemeine Produkt stellt Schultz das Kambium [hin], eine weiche, sehr feine Substanz, das Embryonische, eine indifferente Substanz. Das zweite Produkt ist die weitere Diremtion im Wachsen in Holz und Rinde. Jahresringe, der Bast ist ein einfaches Zellgewebe. Man ist dem Entstehen der Holzringe viel nachgegangen, besonders Link hat viele Versuche gemacht. Verholzen ist dies Vereinfachen, die Rücknahme in Einfaches, und dies ist ein Totes, ein Sterben der Pfl anze in sich. Das Sichvoraussetzen macht so die Pfl anze selbst zur Voraussetzung, zum Boden für das weitere Leben. In dem Zurück-nehmen in sich erstirbt sie. Die Verholzung geht oft fort bis zum völlig Toten, zum Stein, zum Kiesel. Daher auch Buchenholz gibt Feuer und geht so bis zur Versteinerung fort. | Das Holz ist selbst nicht weit entfernt von dieser Versteinerung, die nicht ein Durch-dringen ist von äußerlichem hervordrängendem Steinigen. Mit der Knospe hört das Wachsen auf, so ist die Reproduktion der Pfl anze

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eigentlich schon ein neues Individuum. Bei der Pfl anze sind nun die unterschiedenen Prozesse nicht in ihrer Bestimmtheit heraus-gehoben. Das Ende ist noch nur das Erste. Gattungsprozeß.

Der Prozeß der Assimilation ist nicht so wohl eine Reihe ver-mittelnder Aktionen. Der Prozeß nach außen hat zu seinen Orga-nen die schon angeführten: die Wurzel und das Blatt. Durch die Wurzel säuget die Pfl anze vornehmlich Feuchtigkeit an, und das Blatt ist verglichen worden mit der Lunge. In ihm und der Knospe beginnt der schon erwähnte Kreislauf. Der Zusammenhang beider Prozesse macht vornehmlich das aus, daß eine Pfl anze, indem sie aus vielen Individuen besteht, sich zugleich als ein Individuum zu erkennen gibt. Diese Belebung, diese assimilierende Tätigkeit geht vornehmlich von oben nach unten, vom Blatt aus. Erhalten der Rinde, wenn eine Knospe darin ist, wenn sie abgelöst wird vom Stamm. Die Blätter und Wurzeln sind so unmittelbar die Organe des sich erhaltenden Prozesses. Die Blätter und die feiner einsau-genden Wurzeln verdorren im Herbste. Die Assimilation nun dieser Feuchtigkeit ist nicht ein weitläufi ger Weg der Verdauung wie in der tierischen Organisation, sondern eine unmittelbare Verdauung; besondere weitere Organe sind nicht gefunden worden. Der Über-gang vom Unorganischen zum Organischen ist eine unmittelbare Infektion des Unorganischen dadurch, daß es in Berührung gesetzt ist mit dem Organischen.

Ein Hauptverhalten ist das der Pfl anze zum Lichte. Das Licht war diese allgemeine Manifestation und als nur das Manifestieren, ganz theoretisch, so daß die sich im Lichte einander Manifestieren-den in diese Beziehung nur ideell eintreten, so daß das Verhältnis nur ein theoretisches, nicht ein praktisches ist. Das Licht ist die größte Macht über die Pfl anze. Wenn die Pfl anze ein träges Un or ga-nisches wäre, so würde sie kein näheren Prozeß auf das Licht haben, als eben die Reduktion des Partikularisierten des Lichts selbst zur Weise der Farblosigkeit durch Blühen der Farbe. Im Tierisch-Or-ganischen gibt sich das Verhältnis als ein theoretisches kund. Das Tier bleibt, indem die Gegenstände sich in ihm manifestieren, was

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390 sic393 über der Zeile: gibt sich; gestr.: muß

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es ist, ein rein ideelles Verhältnis. Die Pfl anze, die nicht ein Selbst ist, sich nicht theoretisch verhalten kann, verhält sich doch theo-retisch gegen das Licht – oder umgekehrt, die Pfl anze bleibt nicht für sich selbständig im Licht, sie sieht nicht, sondern sie wird durch das Licht aus sich herausgerissen, als selbstlos treibt sie sich in dieses Selbst hinein und dahin zu, es ist der Durst nach Selbstischkeit, der sie dem Licht entgegentreibt. So ist das Licht diese große Macht über die Pfl anze, ihr Selbst außer ihr, dem sie zugeht. Wie in der Materie das Zentrum der Schwere [es ist], nach dem die Schweren sich treiben, so treibt sich die Pfl anze dem Lichte entgegen. So hat die Pfl anze des Lichtes nötig, im Lichte werden die Blätter grün, die Farben werden schön, die Wohlgerüche, Öliges, Harziges, das Kräftige überhaupt wird durch die Verbindung der Pfl anze mit [dem Licht] hervorgebracht, ihre Individualität erhält sie durch diese Verbindung mit ihrem Selbst, sie kann [kann zwar auch ohne Licht] größer werden, aber ohne Kraft, ohne Geruch; sie treiben sich nach den Licht öffnun gen. Ein Hauptverhalten der Pfl anze ist so ein Verhalten zu dem Licht, zu dieser äußeren Manifestation. Sie ist nicht für sich, nicht sich selbständig verhaltend, sondern selbstlos treibt sie sich in diese Identität, in diese Selbstischkeit durch Ver-bindung, mit der sie ihre Kräftigkeit, ihre Schönheit erhält. |

Das Dritte ist der Gattungsprozeß. Er ist gesetzt in den Blüten-stand und den Übergang desselben zur Frucht. Die Pfl anze, insofern ihr Prozeß der der eigenen Produktion ist, endigt in der Knospe, in der Hervorbringung eines neuen Individuums, und die Pfl anze würde sich ins Unendliche entwickeln. Die Blüte ist es, die diesem Fortsprossen eine Grenze setzt. Willdenow sagt, wenn der Blüten-stand eintritt, wird das Wachstum interrumpiert. Dies Dritte macht den Gattungsprozeß aus. An ihm ist schon erwähnt worden, daß er zusammenfällt mit dem Selbsterhaltungsprozeß. Die Fortpfl anzung durch Stolonen gehört zum Gestaltungsprozeß, der zugleich ein

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407 gestr.: mit408 ihre [ gestr.: Verb] Individualität420–421 die diesem Fortsprossen eine Grenze setzt ] die eine Grenze

diesem Fortsprossen setzt423 den ] die

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Hervorbringen von neuen Individuen ist. In dieser Rücksicht ist der Gattungsprozeß ein Überfl üssiges, die Hemmung des Sprosses, dies, daß darin die Pfl anze zur Subjektivität kommt, dazu, sich in sich different zu setzen und als Einheit dieser Differenz. Die Blüte enthält aber diese Trennung, worin die abstrakten Momente der Pfl anze zu selbständigem Bestehen kommen. Der Hauptunterschied in den organischen Teilen der Pfl anze ist die Zelle und [die] Holz-faser. Dieser Gegensatz bringt sich auf selbständige Weise in der Blüte hervor. Antheren und Pistill als Keime der Frucht. Zu dieser Selbständigkeit ihrer Momente bringt es die Pfl anze. Dem tieri-schen Leben tritt so die Pfl anze näher. Das Weitere ist, daß diese Differenz sich wieder aufhebt und [durch] das Aufheben derselben die Einheit wiederhergestellt wird, nun Pfl anzenindividuen durch Samen. Über die Tätigkeit dessen, was Fruktifi kationswerkzeug genannt wird, ist vielfach gestritten [worden]. Man hat den Un-terschied Sexua lunterschied genannt und es mit der tierischen Fortpfl anzung parallelisiert, so daß man es für denselben Gat-tungsprozeß genommen hat, wie der tierische ist. Er ist eigentlich etwas Überfl üssiges. Bei den Monokotyledonen bricht die Pfl anze selbst auseinander und wird ohne die Vermittlung einer vorgehen-den Zweiheit, die erst in Eins zu setzen wäre. Man hat die Pistille und Antheren einzeln abgeschnitten. Bei Pfl anzenindividuen, die nur weibliche Blüten hervorbringen, hat man männliche in die Nähe gebracht, damit der Staub auf die weiblichen Pfl anzen falle. Schelver hat dies bestritten, Henschel, Treviranus [waren] [da]für und dawider. Spa l l an z an i s Versuche, die berühmtesten, Anthe-ren, reife und unreife. Das Nähere ist zu betrachten, daß ein Er-töten des Fortsprossens, daß das Heraustreiben unterbrochen wird. Schelver behauptet, daß das Öl der Antheren ein Gift für das Pistill sei. Kaprifi kation der Feigen. In Sizilien, sagt Plinius, sei zur Reife ein Insekt nötig, so wie bei uns die Pfl aumen früher reif werden, in denen ein Wurm ist. Das Okulieren, das Pfropfen der Pfl anze hat

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432–433 Holzfaser ] Holzfi xtur434 Keime ] Linien451–452 [ gestr.: das Reif ] Antheren454 behauptet ] betrachtet

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die Wirkung, daß die Früchte feiner werden. Selbst von derselben Art okulierte Zweige machen das Obst edler, wenn es auch keine bessere Art ist. Durch das Okulieren wird der Zweig noch isoliert von der übrigen Tätigkeit der Pfl anze. Pfi rsiche auf Weide werden freilich herbe. Bei der Reife des Samens ist also eine Hauptbestim-mung dies: Grund des Wachstums und der Fruktifi kation ist noch [mehr] negativer Natur, als [daß] es affi rmativ ist. Reifen hat auch stattgefunden, wenn auch eins der Teile abgeschnitten ist, man fi n-det aber: ein Baum leidet auch, auch das Reifen der Frucht, wenn man ihm z. B. die Blätter nimmt. |

[3.] Der animalische Organismus

Die höchste Stufe des Natürlichen [ist der animalische Organis-mus]. Die Diremtion geht fort zu einem bestimmten Unterschied der Teile, dem Unterschiedenwerdenden, da in der Pfl anze die Unterschiedenen nicht Glieder, sondern ganze Individuen sind. Im Tier kommt es zu dieser Realität des Be griffs, daß die Unterschiede keine Individuen sind, nicht existieren als diese selbständigen Gan-zen, daß also dadurch ihre Existenz nur ein Ideelles ist, nur Bestand hat in der Einheit des einen Individuums. Die Glieder erscheinen außereinander, ihre Existenz aber ist nur eine Erscheinung, ebenso unmittelbar als negativ gesetzt, und die negative Einheit der Unter-schiede ist real, indem eben unterschiedene Glieder sind, und dies macht die Individualität zu eigentlicher Subjektivität, die im Tier erst vorhanden ist, der andere selbständige Mittelpunkt gegen die Schwere, die gesuchte Einheit ist zur Existenz gekommen, [sie ist] fürsichseiende Individualität, ein Zentrum, das affi rmativ ist. Der Be griff ist so zu seiner Existenz gekommen, so daß die Unterschiede sind nur als relativ, nur in dem Prozesse vorhanden, ihren Sinn nur haben in diesem Zusammenhange, diesem Prozesse. Dies ist die allgemeine abstrakte Bestimmung der Lebendigkeit.

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459 okulierte Zweige ] Zweige okuliert463 der ] die

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§ 274. Das Tier hat Selbstbewegung, einen eigentümlichen Mit-telpunkt, frei von der Schwere, als lebendig[es] Dasein ist es [dieser] nicht unterworfen, es ist aber als diese Idealität, dies freie Insichsein, es ist ein Bestimmen des Ortes, der Äußerlichkeit. Dies gehört nicht mehr durch und durch zum Sein des Tiers, sondern das ist in sich. Dies, an einem Orte zu sein, ist ein von ihm gesetztes, nur erscheinend, es hebt diesen Ort wieder auf, was wir willkürliche Bewegung nennen, die freigewordene Zeit, die Negation auch die-ser Äußerlichkeit, die es gesetzt hat oder nicht. Die Zeit als solche ist so im Tier zur Erscheinung gekommen. Am Innern wird be-stimmt das Setzen des Ortes. Das Tier hat Stimme. Ton und Klang haben wir früher gesehen. Dies innere Erzittern, dies Bewegen, dies Verändern des Orts, das ein Wiederherstellen ist. Das Tier tönt nicht, es hat Stimme, es setzt sich im Äußerlichen [als] ganz ideell in sich Seiendes, es bringt seine Idealität, sein Selbstgefühl [hervor]. Die Stimme des Tiers, des Menschen ist das Setzen einer Bestim-mung in die Äußerlichkeit, z. B. die Luft, ein Äußerlichwerden, das unmittelbar verschwindet, ein ideelles Äußerlichwerden, das Äußer-lichwerden eines Ideellen, ein Bewegen, nicht etwas Bestand Ha-bendes, ein Erscheinen, das unmittelbar wieder aufgehoben [wird], so daß das Innere als Inneres darin erscheint.

Es [sc. das Tier] hat unterbrochene Intussusception. Als individu-elles Subjekt verhält es sich zu äußerlich Individuellem, es verhält sich zu einem Äußerlichen und unterbricht dies, vereinzelt dies Verhalten selbst, da es ein Verhältnis ist Vereinzelter zueinander. Die animalische Stimme ist rein bleibendes Aufheben der Kohäsion, gewordene Negation der Kohärenz, eine Flüssigkeit, | die immer Flüssigwerden ist. Mechanische Erklärungen reichen nicht aus. Als eine besondere Tätigkeit darzustellen, dies reine Prozessieren als fortdauerndes Aufheben der Kohärenten. Die Hauptbestimmung ist: das Tier hat Gef üh l . Es ist Subjekt, es hat eine Seele, ideelle Punktualität überhaupt, und dies ist reell, außereinander im Leib.

493 Dies ] Das496 oder ] nachher514 Am Rande: Philosophie der Natur 13516 sic

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Die Unterschiede sind, existieren und ebenso sind sie als ideell gesetzt.

Die Subjektivität des Lebendigen ist so unterschieden von der Realität, Seele und Leib, der ist aber nicht ein kristallisch Totes, sondern ein sich Idealisieren, in seinem Bestehen negativ zu sein, schlechthin nur als sich Vermittelndes. Die Seele als die negative Einheit des Außereinander ist eben die Substantialität gegen dies Außereinander. Dies Außereinander ist also das sich Idealisieren, dies, nur als Prozeß zu bestehen. Diese Seele ist nur Subjekt als negative Einheit des Bestimmenden, der Leib ist selbst dieses sich Idealisieren, der Leib ist also eben das, was der Körper [ist], die Seele ist also im ganzen Leib, und Räumlichkeit ist keine Bestimmung mehr für die Seele, für sie hat der Raum keine Wahrheit, sie ist außereinander, ohne ein Vieles zu sein. Diese negative Einheit ist eben die Substanz des Ganzen. Hierin liegt das, was Zusammen-hang der Seele und des Leibes gesagt wird. Das theoretische Leben geht bis zur Seele, nicht zum Leib. Dieser Idealismus ist nun eben Negativität, allgegenwärtig, ohne ein Vieles zu sein, denn sie ist eben das Sein der Unterschiedenen als eines Nichtaußereinander. Der Leib hat keine Wahrheit, und da liegt das Gefühl, daß die Seele an sich gegenwärtig ist im Leib. Die Realität des Lebens ist mannigfaltig bestimmt, weiter entwickelt, weiter ausgelegt, und diese Auslegung so und so bestimmt. Diese Bestimmtheiten des Leiblichen sind damit Bestimmtheiten der Subjektivität der Seele, der negativen Einheit, aber darin sind sie ideell, einfach, oder dies Allgemeine, die Seele, die negative Einheit ist zugleich bestimmt, aber in ihrer Bestimmtheit bleibt sie einfach, bei sich selbst, erhält sich in ihrer Einfachheit, zugleich also auch frei darin. Das Wahre des Gefühls ist, daß die Äußerlichkeit zuerst reduziert wird in die Form der Einfachheit, die die Seele ist, versenkt in sich. Es ist das Vorrecht der empfi ndlichen Natur und auch noch des Geistes, den Schmerz, den Widerspruch, den Gegensatz seiner selbst zu ertragen, d. h., daß das Andere in dieser Einheit doch ein Negatives ihrer ist, die Empfi ndung als eines Negativen. Daß das Negative in der affi rmativen Einheit sein kann als Einzelnes, und die Affi rmation

531 [ gestr.: Kö] Leib

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doch besteht, ist die Eigentümlichkeit dieser Idealität, die aber das Empfi nden ist. Der Trieb ist auch ein Mangel, darin ist der sub-jektive Be griff, ich erhalte mich, und worin ich mich erhalte, ist der Schmerz, ein Zerstören meiner, im Mangel bin ich unbefriedigt, und indem ich der Widerspruch bin, bin ich doch bei mir selbst. Der Widerspruch ist, und ich erhalte mich. Der Nichtlebendige kann den Widerspruch nicht ertragen.

Dreierlei haben wir zu betrachten, wie bei der Pfl anze: Das Lebendige ist nur als dieser Prozeß, das Negieren der Realität, in-dem sie Produzieren derselben ist, als in der sie das Negieren ihrer Abstraktion ist; die Seele, dies Beisichsein, ist eine Abstraktion, sie verhält sich zu einem Leib. Doch sie negiert ihre Abstraktion und setzt ihren Be griff als Realität, ist aber | als das Negieren auch dieser Einseitigkeit, sosehr der Seele als des Leibes. Die Seele ist so Idee, eigentliche Totalität. Die Seele, der Leib, die Beziehung dessen, was in jene Einfachheit zurückgeführt wird. [1.] Der Prozeß, in-sofern die animalische Subjektivität sich auf sich selbst bezieht, ist die Gestalt und der Prozeß in die Gestalt eingeschlossen, Verhält-nis der Subjektivität zu ihrer eignen unmittelbaren Leiblichkeit. 2. Diremtion. Bestimmung dieser Leiblichkeit. Darin kommt der Unterschied nicht zu seinem Rechte, denn als ihre Leiblichkeit ist der Unterschied nicht ein vollkommener, sondern die Realität ist Sein als verschieden, als selbständig gegen die [un]organische Rea-lität, die unorganische Natur, die äußere Welt, 3. Gattungsprozeß, worin sich das Individuum verhält zu einem anderen, das es selbst ist. In dem Ersten verhält es sich nur zu sich selbst, im Dritten zu seiner Realität, die zugleich eine andere [ist]. Im Geiste, der Ich für ein Ich bin, [ist] ein und dasselbe, aber mit mir ununterschieden und ununterscheidbar.

Was nun die Gestalt betrifft und ihre Beziehung auf sich selbst, so sind darin zu betrachten die Unterschiede des Be griffs in der Gestalt. Sie sind

1. die Identität der Beziehung auf sich selbst, im Organischen das, was wir Empfi ndung genannt haben, diese negative Einheit, diese substantielle Allgemeinheit, das unendliches Fürsichsein ist;

2. die Beziehung dieser negativen Einheit auf anderes als solches, als Reaktion;

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3. die Rücknahme ihrer selbst in ihrer Beziehung auf anderes. Sensibilität, Irritabilität, Reproduktion [sind] die Momente. Die beiden ersten sind nur die abstrakten Momente. Diese drei Mo-mente sind nun jedes selbst Totalität auch der Momente, die wir nun gesehen haben, die Sensibilität als sensibles System, u. s. f.

Das sensible System ist die Beziehung des Empfi ndenden auf sich. [1.] Diese ganz abstrakte Beziehung auf sich ist das Knochen-

system, es gehört wesentlich zum sensiblen System, es ist die Sen-sibilität, in sich gegangen zu dieser Einfachheit, ein Abstraktum der Sensibilität, so Unmittelbares, aber nicht ein so Totes wie das Holz, das Moment des Todes ist darin, doch eben[so] ist es vom Leben durchdrungen. Das Zweite ist die bestimmte Sensibilität, dazu gehört Gehirn, Rückenmark. Die Ausbreitung der Nerven überhaupt, wodurch eigentlich Empfi ndung hineintritt. Das Zweite ist das irritable Moment in der Sensibilität. Das Dritte als Empfi n-dung, aber dumpfe, unbestimmte Empfi ndung in sich: die Ganglien im Unterleib und das, was der sympathetische Nerv genannt wird. So ist die Herrschaft der Willkür der Herrschaft des Willens ent-gegen, was in nicht gehöriger Lebendigkeit, im Magnetismus her-vortritt.

[2.] System der Irritabilität: die Beziehung des Tiers nach außen. [a.] Zuerst nur seine Beziehung auf sich, das System des Herzens

und des Gegensatzes von Arterien und Venen. Als sich auf sich be-ziehende Bewegung nach außen pulsierend und das System dieser Pulsation, regelmäßig, fortdauernd, im Embryo ist die regelmäßige Bewegung das erste, unwillkürlich, für sich.

b. Tätigkeit gegen ein Anderes, gegen ein Äußeres, Muskel system. c. Als sich reproduzierend das Lungensystem 3. Das Reproduktionssystem: das Drüsungssystem. a. Die einfach sich auf sich beziehende Reproduktion: Haut-

und Drüsensystem, ein Prozeß, der unmittelbare Verwandlung des Äußerlichen in Animalität ist.

604 Rückenmark. ] Rückenmark?605 Zweite [ gestr.: dritte]609 ist ] sind614 Arterien [ gestr.: nach] und

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b. Als tätig nach außen gegen Anderes. Galle und [Pankreassaft], sie ziehen die Speise ins Innere, die in den Organismus aufgenom-men ist. |

c. Die eigentliche Reproduktion, die Tätigkeit des Magens. Diese drei stellen so nichts dar als die Be griffs bestim mung, und

der Zusammenhang ist ein höherer Zusammenhang. Wir wissen wohl, daß die Nerven überall hingehen, und auf der anderen Seite kennen wir die Veranstaltung der Nerven. Wenn man den Willen des Organismus bestimmt, so wird der ganze Nerv erregt, und doch hat man nur Empfi ndung in einem jeden Teile, und man nimmt nicht Bewegung an in den Teilen, wo die Nervenfädchen mit jenen auch aufs Innigste zusammenhängen. Das höhere Leben muß man nie aus den Augen verlieren ganz im Zusammenhang, den man Erklärung nennt, so z. B. Vollendung der Stimme mit der Entwicklung der Mannbarkeit.

Diese drei Systeme haben nun ihre Zentra: Kopf die Sensibilität, Brust und Unterleib. Bei dem, was man Insekt heißt, sind sie noch geschieden. Die übrige Organisation der Systeme verschlingt sich.

Das sind die Grundbestimmungen des Organismus, der wesent-lich Prozeß ist. Als sich auf sich sich beziehend, macht es sich zu seinem Mittelpunkt, verwandelt und macht sich aus sich, jedes ein-zelne Organ sezerniert Lymphe. Doch macht [es] sich zur abstrak-ten Animalität. Ebenso nimmt sich jeder Teil seine Nahrung. Diese Produktion eines jeden aus dem anderen ist die erste Form des Pro-zesses, e i n Leben durchdringt alles, und in diese Durchdrin gung wird jeder Be stand[teil] idealisiert. Im Zustande der Krankheit ist dieser Zustand zugleich vorhanden. Der Prozeß der Erhaltung ist dann im Organismus eingeschlossen.

2. Der zweite Prozeß: Verhalten zur unorganischen Natur, daß ein selbständiges Anderes gegen den Organismus ist. Bichat hat betrachtet, daß die Organe, die sich nach außen beziehen, gedoppelt

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625 ins Innere ] des anderen636 verlieren ] vergessen651 dann [ gestr.: aus] im652 daß ] das Al654 nach ] mit

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sind. Seine mechanischen Hände und Füße, symmetrisch verteilt. Hingegen die Eingeweide der Reproduktion nur eins, nicht so die-ser Gegensatz. Insofern der Organismus sich nach außen bezieht, so ist die Bestimmung der Differenz auch eine Gestalt, auch natürliche Ungleichheit in diese Gleichheit in Auge, Ohr, Arm.

Das Tier kommt zu theoretischem Prozeß als empfi ndend, die Gegenstände als äußerlich in sich zu lassen, und darin bei sich zu sein. Diese Verhältnisse sind nun fünf.

[1.] Der Sinn des Gefühls, der Schwere. Alles was zu der schwe-ren Materie und mehr zu der Bestimmtheit von der Schwere, der Form der Berührung gehört. Schwere, Härte, Glätte, Wärme, für uns Tastsinne.

2. Die Sinne des Gegensatzes, der ein gedoppelter ist, der geson-derten Luftigkeit und der Neutralität des Wassers und der Gegen-sätze ihrer Auf lösung. Sie fangen an, praktisch zu sein. Jener der Luft, denn der Prozeß der Dinge ist die Luftigkeit. Dies Verzehrt-werden der Dinge, ihr Verduften, ist für den Sinn des Geruchs. Erde, Sinn des Geschmacks, des realisierten Wassers, des bestimm-ten Wassers, Salz im Allgemeinen. In Natur ist aber der Fall, daß der Gegensatz in seine[r] reale[n] Weise sich als gedoppelt zeigt. Sie lie-gen nicht auseinander. In Schwaben sagt man, der Ruch schmeckt gut. Entdeckung eines Engländers über [Feuer]stein gläser.

3. Bestimmung der Idealität überhaupt, die sich auch wieder in eine gedoppelte teilt, die affi rmative Idealität, das Licht, das sich manifestiert, der Sinn des Gesichts | und der Sinn der Idealität als Zeit, als diese Innerlichkeit, die zur Bestimmung kommt, ein Ma-nifestieren, das in seiner Äußerlichkeit sein Insichsein bringt, der Sinn des Gehörs. So wie wir Raum und Zeit hatten, wo in dem Bestimmungslosen die Bestimmung als Zweiheit auftritt, ebenso ist diese Idealität als sinnliche und hier physikalische Idealität, in-sofern sie gesetzt wird. So reicht diese Dreiheit zur Fünfheit, deren Grund hier abstrakt ist.

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658 Differenz [ gestr.: eine] auch661 in sich zu lassen ] sich greifen zu lassen663–664 der schweren ] die schwere675 der Ruch ] die Rüche

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Der tierische Prozeß. Der praktische reale Prozeß ist der Prozeß des Individuums, des einzelnen Subjekts, da in jenem das Indivi-duum die Dinge verwandelt in einfache Bestimmungen in sich. Im Praktischen verhält es sich als Einzelnes gegen Einzelnes überhaupt, [ein Prozeß,] der zwar auch nicht als Allgemeines erhalten [wird]. Er fängt an mit dem Gefühl einer Entzweiung. Insofern sie real ist, ist er in ihm selbst subjektiv. Übergang der Diremtion zur Vielheit und umgekehrt. Diese Diremtion ist Trieb, ein Negatives tritt ein gegen dasselbe, gegen das Selbstgefühl, und das Lebendige erfährt Mangel und Bedürfnis, und die Negation ist für dasselbe Sein ein Äußerliches. Die Bestimmung muß fortgehen bis zur Äußerlich-keit. Die Erfahrung ist die Zufälligkeit des Vorhandenseins der Entzweiung. Die Notwendigkeit ist aber die innere Lebendigkeit im Be griff. Diese unorganische Natur, Luft, [ist] nicht unmittelbar unorganische[s] Natur-Sein, das Tier ernährt sich von organischen Substanzen, dies ist relativ. Das ist nur die Spannung des Individu-ums in ihm selbst, ein Bedürfnis, daß in ihm ein Negatives in ihm selbst [sei]. Der spekulative Be griff, die Einheit in Entgegengesetz-ten, ist hier notwendig, nur insofern es in sich widerspricht, ist [es] in sich, ist es lebendig. Der Tote hat nicht den Widerspruch in sich, den Unterschied aufgehoben, aber ebenso wieder gesetzt. Dieser Prozeß hat mehrere Stufen, und eine Stufe, die nur als Abwechse-lung ist, die Sympathie des Tiers mit der allgemeinen Natur, Schla-fen und Wachen, Leben mit Tages- und Jahreszeiten. Die Tiere sind mehr daran gebunden. Der Mensch macht sich mehr davon frei. Tellurisch, siderisch, wie man es nennen mag. Das Wachsein ist das Offen sein für die Tätigkeit nach außen, der Schlaf wieder diese Rückkehr in sich, und so das Bekräftigtwerden, wie Antheus wieder seine Kräfte erhält, wenn er die Erde berührt.

Näher ist der Prozeß das Verhältnis zu dem elementarischen. Das Leben ist fortdauerndes Konfl ikt mit Äußerlichkeit. Tot ist das Tier,

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691 [ gestr.: er] der691 zwar auch nicht ] auch nicht zwar693 er [ gestr.: das Individuum]; über der Zeile: er694 [ gestr.: Das] Diese701 sic714 diese [ gestr.: Bekräft] Rückkehr

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wenn diese äußeren Mächte, die alleinig wirkende sind, dann tritt der chemische Prozeß ein. Dieser Prozeß ist eine mechanische Er-greifung und Assimilation, unmittelbar und vermittelt. Jene Haupt-sächliche, die Umwandlung des äußeren in die Lymphe, diese In-fektion ist die Hauptsache, die Stufe der Umwandlung wenn das Organische und Unorganische sich berühren. Das andere aber ist der substantielle Prozeß, der näher noch zu betrachten ist. |

Die substantielle Assimilation ist in vielen Formen vorhanden. Unmittelbar nach dem Genuß von Speisen ist schon eine unmittel-bare Verdauung durch den Magen. Polypen ergreifen irgend ein klei neres Tier, das unmittelbar animalisiert worden. Drossel nach Nebel fett. Spallanzani hat Nahrungsmittel Tieren zwischen die Muskeln gelegt, wo sie ebensogut verdaut worden sind, indem sie nur in die animalische Atmosphäre geworfen sind. [Nahrung] unter das Fell gebracht. Das Andere aber ist die vermittelte Verdauung, die zwei Bestimmungen hat. Die Nahrungsmittel werden mit ani-malischer Lymphe überhaupt verbunden. Die Galle [ist] gleichsam der Zorn des Organismus gegen das Fremde der Form, die Lymphe das Wasser. Chemische Vorstellung ist zwar ein Beginn, wird aber immer wieder aufgehoben. Der Magenbrei macht die Speise etwas säuerlich. Der Organismus ist auf diese Weise verwickelt mit dem Äußerlichen, und läßt sich so näher ein mit diesem Unorganischen, Aufgenommenen, tritt so in eine Äußerlichkeit des Prozesses.

Das Andere ist, daß er sich resümiert aus diesem Einlassen mit einem Äußerlichen. Er kommt sozusagen zur Besinnung, daß, statt in Konfl ikt einzugehen mit einem anderen, er zu sich selbst zurück-kehrt und seine Beschäftigung mit diesem Äußeren abwirft und zu sich selbst zurückkommt. Der Organismus exzerniert das, wovon er abläßt, und [was] er von sich entfernt, ist sozusagen diese ganze Tierheit, sich mit etwas Äußerlichen eingelassen zu haben, haupt-sächlich seine eigenen animalischen Äußerungen, die er angewandt hat. Berzelius fand hauptsächlich tierische Bestandteile, Galle und

116–117 Der animalische Organismus 191

723 berühren ] berührt727 [ gestr.: Bei] Polypen739 näher ein ] ein näher745 Organismus [ gestr.: das] exzerniert

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dergleichen, das, was der Organismus hinzugesetzt hat, Ei weiß stoff, Gallenharz. Er hat gleichsam einen Ekel an sich, in dieser Tätigkeit bei einem Anderen zu sein, und dies als außer sich gegangen ist die Empfi ndung der Entfernung seines ganzen Einlassens mit diesem Prozeß. In den niedrigen Tieren bleibt es bei der unmittelbaren Infektion, bei den höheren Tieren tritt die eigentümliche Differenz ein in die Verdauung.

Das Dritte, wovon zu sprechen ist, ist der umgekehrte Prozeß zu-nächst, und die Einheit der beiden ersten, daß der Organismus sich objektiv macht, sich selber exzerniert. Zunächst formell das Exzer-nieren der Äußerlichkeit, der sich der Organismus schuldig gemacht hat. Das Zweite ist, daß der Organismus sich objektiv macht, selbst produziert und gleichsam in das Theoretische übergeht, auch eine Assimilation seines Äußeren, formell, daß er dem Äußerlichen eine Form gibt. Hierher gehört alles das, was man den Bildungstrieb zu nennen pfl egt, die Stimme, willkürliche Bewegung, das klima-tische Gefühl der Tiere, das Bauen der Nester. Zusammenlegen von Materialien. Das Äußerliche wird sich angemessen gemacht. Instinkt, das Lebendige macht sich das Äußerliche angemessen, also Zweckmäßigkeit, es bringt es hervor. Weiter gehört [hierher] das, was schon näher an den Begattungstrieb sich anschließt, Honig und Wachs der Bienen, der Spinnen, der Raupen und so fort. Dieser Bildungstrieb als sich hervorbringend kommt den geschlechtslosen Bienen zu, ein trübes formelles Erzeugen seiner selbst. Man | hat allgemein aufgestellt, daß alle geschlechtslosen Tiere statt Zeu-gungsorganen Organe zur Kunsterzeugnis haben. Die Spinnen aber gehen nicht die Stufen der Gestalt durch und einige andere Gestaltungen. Umgekehrt gilt also der Satz nicht. Zum Teil auch bei höheren Tieren sind die Organe der Exkretion und Zeugung auf engste verbunden.

192 Organik 117–118

751 [ gestr.: der Orga] Er752 bei ] zu752 ist die ] ist dies die754 [ gestr.: dies Animalische] In den774 alle [ gestr.: Tiere ohne] geschlechtslosen Tiere775 [ gestr.: haben] Organe

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Die dritte Form ist der eigentliche Begattungstrieb, zunächst nichts anderes, als daß nicht nur das Lebendige, aber auch besondere Bestimmungen sich objektiv macht, sondern das Lebendige als sol-ches, das ganze Lebendige ist der Zweck, den es vollführt, oder, wie wir es auf einer anderen Seite betrachtet haben, daß das Lebendige sich verhält zu einem anderen, daß dies aber eines seiner Gattung ist. In dieser Produktion seiner selbst ist es ebenso bedingt wie in dem vorhergehenden Prozesse und selbständig gegen dasselbe vor-handen, ist eins seiner Art, es bezieht sich darin auf ein anderes, das Gefühl seines ganzen Selbst und eines anderen, und [ist] der Trieb, sich selbst zu produzieren, sich als Objekt hervorzubringen. In dieser Beziehung ist dann enthalten, daß es sich wieder produziert, seine Subjektivität aufgibt. Beide tun dies gegeneinander, sie geben sich gegeneinander hin. Die Empfi ndung des Geschlechtstriebs ist, in dem Anderen sich selbst zu wissen, sein Bestehen für sich aufzu-geben. Diese Vereinung ist die Begattung, in welcher beide als eines gesetzt sind, das nur als ein von ihnen verschiedenes Lebendiges gesetzt wird. Dieser Punkt des Lebens, ein anderer als die, die dies hervorgebracht haben, ist zunächst die Gattung im Allgemeinen, geschlechtslos, die Differenz tritt später ein. Es ist der Trieb der Gattung, in jedem ist vorhanden der Trieb, sich als sich und nicht sich [zu setzen], identisch mit einem Anderen als wahrhaft zu sein. D. h. als allgemein, der Trieb der Gattung, der die Macht ist gegen die Einzelheit, die aufgegeben wird, die Negation des Fürsichseins. Die niederen Tierarten sterben nach der Begattung, die animalische Existenz hat ihr höchstes Ziel erreicht, als Gattung zu sein, sich objektiv zu haben mit Aufgabe der Subjektivität. Absterben seines Fürsichseins. Das ist der dritte Prozeß.

Diese drei Prozesse umfassen die Idee des Tieres. Es wäre auch zu sprechen von den unterschiedenen Gebilden und Ordnungen der Tiere. Die große Einheit der Vier hat der Natursinn der Franzosen

118 Der animalische Organismus 193

791 es sich wieder ] wieder es sich 796 sind ] ist804 [ gestr.: Bei] Die804 Begattung ] Gattung810 sic

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gefunden, so wie die Einteilung der Pfl anze[n] in Monokotyle-donen und Dikotyledonen. So haben sie erweckt die Einteilung der Tiere ohne Rückenwirbel und mit Rückenwirbel. Aristoteles tat dies schon, von den Tieren mit Blut sagt er, daß sie einen knö-chernen oder grätigen Rückgrad haben. Linné hat dies in einer Reihe, eine bloß oberfl ächliche Verstandesbetrachtung. Der wahr-hafte Natur sinn sieht aber diesen ersten großen Unterschied. Bei den Weichtieren ist der innere Organismus ausgebildet, hingegen das Äußere, die Sinnenwerkzeuge, ungebildet. Das Umgekehrte fi ndet in den Insekten statt, | wo die Bewegungswerkzeuge und Sinne ausgebildet [sind]. Bei den Tieren mit Rückenwirbeln wird das Element der Hauptbestimmungsgrund. Land-, Wasser- und Lufttiere. Dagegen gilt auch, daß es Zwittergestalten gibt, denn die Natur ist zu ohnmächtig, [um] den bestimmten Unterschied festzuhalten und bringt so Zwitterformen hervor, die aber darum nur Unvollkommenes sind. Cuvier hat dies vorzüglich ausgebildet, die Aufmerksam[keit] geht auf die vollkommene Einheit der Or-ganisation, die zu erkennen ist in der Ausprägung der verschiede-nen Organe.

Der andere Punkt ist, daß das Tier als Einzelnes stirbt. Das Ster-ben ist schon erwähnt worden, wo die Gattung zur Macht wird über die Individuen. Dies ist allgemein aufgewiesen [worden]. Die Gattung macht sich als das Substantielle geltend, und dies ist der Untergang des Einzelnen. Der Prozeß der Gattung ist eben, daß das Individuum sterben muß, daß bewiesen wird, daß das Einzelne nur einzeln ist. Bei der Existenz fällt aber die Gattung in die Ein-zelheit, also nur Erfolg durch den Wechsel der Individuen. Aber an sich ist das auch der Übergang der [Natur] zum Geist, ist der Tod der Einzelheit das Hervorgehen des Geistes. Klasse ist besondere Klasse, Gattung besondere Gattung, alle diese Besonderheit [geht] im Allgemeinen unter, und diese zunächst nur abstrakte Negation des Negativ[en] ist der abstrakt natürliche Tod, da ist es mit dem le-bendigen Einzelnen aus. Die Negation aber ist nicht nur so abstrakt, sondern das Hervorgehen des Allgemeinen, denn das Einzelne ist

194 Organik 118–119

814 über der Zeile: von820 fi ndet in den Insekten statt ] fi ndet sich in den Insekten statt

***815

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selbst das Negative und das Ausschließen des Anderen, und die Negation ist die Affi rmation. In der Idee bildet so das Allgemeine das Einzelne, und kommt so in diesem Einzelnen zur Beziehung auf sich selber. Die Affi rmation ist so als Negation des Einzelnen das Allgemeine, und dies kommt so zu einem Gegenstand, der selbst der Allgemeine ist, in dieser Gegenständlichkeit ist seine Realität das Dasein, das dazu kommt, als Allgemeines [sich] zum Gegenstande zu haben.

Der Tod des Tiers ist so das Hervorgehen des Geistes, der Über-gang von der Natur zu[m] Geiste. Die Idee, gebunden in der Natur, hebt ewig diese unmittelbare Einzelheit auf, kommt zu sich, wird Geist, ewiges Resultat der Natur, das, sich als Wahrheit der Natur beweisend, sich als das absolut Erste beweist, das die Natur eben nun zu seiner Voraussetzung macht.

119 Der animalische Organismus 195

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Anmerkungen 197

ANHANG

198 Anhang

Editionsbericht 199

ANMERKUNGEN

3,17 –19 Anspielung auf die ionischen und milesischen Philosophen bis zur Zeit des Sokrates (vornehmlich Thales, Anaximander, Anaximenes, Heraklit), die sich – nach Aristoteles, Metaphysik A – vor allem mit naturphilosophischen Fragen beschäftigt haben. In der Pinder-Nachschrift heißt es an dieser Stelle: Heraklit. Heraklit hatte nämlich ein Buch peri physeos geschrieben, das in dem von Erostratos angezündeten Brand von 356 zerstört wurde.4,61 –5,63 Dies impliziert allerdings keine Gleichsetzung der Naturphilosophie mit dem Ganzen der Philosophie überhaupt. Vgl. dazu z. B. Einleitung zu dem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie oder Über den Begriff der speculativen Physik und die innere Organisation eines Systems dieser Wissenschaft (1799), § 1: Wenn es nun Aufgabe der der Transscendental-philosophie ist, das Reelle dem Ideellen unterzuordnen, so ist es dagegen Aufgabe der Naturphilosophie, das Ideelle aus dem Reellen zu erklären: beide Wissenschaften sind also Eine, nur durch die entgegengesetzten Richtungen ihrer Aufgaben sich unterscheidende Wissenschaft; da ferner beide Richtungen nicht nur gleich möglich, sondern gleich nothwendig sind, so kommt auch beiden im System des Wissens gleiche Noth wen-dig keit zu. Vgl. auch System des transzendentalen Idealismus (1800), § 1: Das Objek t ive zum Ersten zu machen, und das Subjective daraus abzuleiten, ist, wie so eben gezeigt worden, Aufgabe der Nat u r -Ph i lo -soph ie. Wenn es also eine Tr an s scendent a l -Ph i lo soph ie gibt, so bleibt ihr nur die entgegengesetzte Richtung übrig, vom Subjek t iven , als vom Ersten und Absoluten, au szugehen , und d a s Objek t ive au s i hm ent s t ehen zu l a s sen . In die beiden möglichen Richtungen der Philosophie haben sich also Natur- und Transscendental-Philosophie getheilt, und wenn a l le Philosophie darauf ausgehen muß, ent weder aus der Natur eine Intelligenz, oder aus der Intelligenz eine Natur zu machen, so ist die Transscendental-Philosophie, welche diese letztere Aufgabe hat, d ie andere nothwend ige Gr undw i s sen scha f t der Ph i lo soph ie.12,319 –320 Vgl. z. B. Newton, Opticks, London, 1706, Liber III, S. 314 (im Rahmen der Verteidigung der Theorie des Leeren): Istiusmodi autem Me-dium [densa Materia] rejiciamus, Auctores nobis sunt antiquissimi illi & celeberrimi Graeciae Phaeniciaeque; Philosophi, qui Principia Philoso-phiae suae, Spatium inane, Atomos, & Gravitatem Atomorum posuerunt, tacite attribuentes Vim Gravitatis alii alicui Causae a Materia diversae. Cujus quidem causae physici recentiores, in rebus naturae speculandis, nullam rationem habuerunt; hypothesium commenta confi ngentes, qui-

200 Anhang

bus phaenomena omnia fi ne ejusdem ope explicarent; & contemplationem ejus in metaphysicam rejiientes; cum, e contrario, philosophiae naturalis id revera praecipuum sit & offi cium & fi nis, ut ab effectis ratiocinatione progrediamur ad causas, donec ad ipsam demum causam primam perve-niamus; nec mundi mechanismum solummodo explicemus.14,378 Hegel bezieht sich hier vermutlich auf Leibniz’ Nouveaux Essais von 1704, worin dieser das Kontinuitätsprinzip ausdrücklich als eine seiner Grund-annahmen bezeichnet: C’est une de mes grandes maximes et des plus véri-fi ées, que la nature ne fait jamais des sauts. ( Nouveaux Essais, ed. Boutroux, Paris 1886, S. 135). Vgl. dazu auch Arthur O. Lovejoy, The Great Chain of Being. A Study of the History of an Idea. Cambridge (Mass.), 8. Aufl. 1966, S. 144 ff. Vgl. auch Leibniz’ Brief an Varignon, in dem es heißt: Je pense donc avoir de bonnes raisons pour croire, que toutes les différen-tes classes des Etres, dont l’assemblage forme l’Univers, ne sont dans les idées de Dieu, qui connoit distinctement leurs gradations essentielles, que comme autant d’Ordonnées d’une même Courbe, dont l’union ne souffre pas qu’on en place d’autres entre deux, à cause que cela marqueroit du desordre et de l’imperfection. […] Or puisque la loi de la Continuité exige, que, quand le s déte r m ina t ion s e s sent ie l le s d ’un Et re se r approchent de ce l le s d ’un aut re , qu’au s s i en con séquence toute s le s propr ié t é s du prem ier doivent s’approcher g r a -due l lement de ce l le s du der n ie r, il est nécessaire, que tous les ordres des Etres naturels ne forment qu’une seule chaîne, dans laquelle les différentes classes, comme autant d’anneaux, tiennent si étroitement les unes aux autres, qu’il est impossible aux sens et à l’imagination de fi xer précisement le point, où quelqu’une commence, ou fi nit […]. Et telle est la force du Principe de continuité chez moi, que non seulement je ne serois point étonné d’apprendre, qu’on eut trouvé des Etres, qui par rapport à plusieurs propriétés, par exemple, celle de se nourrir, ou de se multiplier, puissent passer pour des végétaux à aussi bon droit, que pour des des animaux, et qui renversassent les règles communes, bâties sur la supposition d’une séparation parfaite et absolue des différens ordres des Etres simultanés, qui remplissent l’Univers; j’en serois si peu étonné, dis-je, que même je suis convaincu, qu’il doit y en avoir tels, que l’Histoire naturelle parviendra peut-être à les connoitre un jour, quand elle aura étudié davantage cette infi nité d’Etres vivants, que leur petitesse dérobe aux observations communes, et qui se trouvent cachés dans les entrailles de la Terre et dans l’abîme des Eaux. (Zit. nach: Buchenau/Cassirer, Leib-niz: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie, Bd. 2, S. 558–559.) Das Prinzip natura non facit saltus hängt, wie Lovejoy a. a. O. zeigt, aufs engste mit dem alten Scala-naturae-Gedanken zusammen. 14,389 –15,390 Vgl. dazu Hegels Fußnote zum § 267 der Enzyklopädie von 1830: L ag r ange geht nach seiner Weise in der Théor ie de s fonc-t ion s [ ana ly t ique s , Paris 1797] 3me partie, »Application de la Théorie

Anmerkungen 201

à la Mécanique« Ch. I, den einfachen, ganz richtigen Weg; er setzt die mathematische Behandlung der Funktionen voraus und f i ndet nun in der A nwendung auf die Mechanik, für s = ft, in der Natur ft auch bt²; s = ct³ präsentiere sich in der Natur nicht. Hier ist mit Recht keine Rede davon, einen Bewei s von s = bt² aufstellen zu wollen, sondern dies Verhältnis wird als in der Natur sich f i ndend aufgenommen. 25,713 –714 Vgl. Timaios, 27 d –28 a. Dort setzt Platon das immer Seiende, welches kein Werden zuläßt und welches Gegenstand des Denkens ist, dem immer Werdenden entgegen, welches niemals zum Sein gelangt und welches Gegenstand der Vorstellung ist. – Zur Materie als ουκ ον vgl. Plotins Enneaden, insbes. Abhandlung II 5, wo die Materie als das wesenhaft Potentielle und insofern wahrhaft Nichtseiende gefaßt wird.29,856 –857 Vgl. Vergil, Bucolica, 3. Ekloge, V. 60: Ab Iove principium musae: Iovis omnia plena.30,885 –886 Vgl. J. W. Goethe: Versuch die Metamorphose der Pfl anzen zu erklären, Gotha, 1790, neu hrsg. in: Zur Morphologie, Bd. 1, Stuttgart/Tübingen, 1817: Es war mir nämlich aufgegangen, daß in demjenigen Organ der Pfl anze, welches wir als Blatt gewöhnlich anzusprechen pfl e-gen, der wahre Proteus verborgen liege, der sich in allen Gestaltungen verstecken und offenbaren könne. Vorwärts und rückwärts ist die Pfl anze immer nur Blatt, mit dem künftigen Keime so unzertrennlich vereint, daß man eins ohne das andere nicht denken kann. Korrespondenz aus Palermo, 17. April 1787, in: HA 11, 375. Und: Wir lernen die Gesetze der Umwandlung kennen, nach welchen sie Einen Teil durch den an-dern hervorbringt, und die verschiedensten Gestalten durch Modifi kation eines einzigen Organs darstellt. In: Metamorphose der Pfl anzen (1790), HA 13, 64.32,940 –942 In zahlreichen nahöstlichen kosmogonischen Mythen wird dem Wasser die Stellung eines sehr ursprünglichen Seienden eingeräumt, und dies gilt bekanntlich auch für die (von jenen Mythen wohl teilweise beeinfl ußte) Philosophie des Thales. Vgl. G. S. Kirk/J. E. Raven/M. Schofi eld, Die vorsokratischen Philosophen. Einführung, Texte und Kommentare. Stuttgart/Weimar 2001, S. 101: Auf den nahöstlichen Ursprung eines Teils von Thales’ Kosmo-gonie deutet seine Auffassung hin, daß die Erde auf Wasser schwimmt oder ruht. In Ägypten wurde die Erde gemeinhin als eine fl ache, einge-faßte Platte aufgefaßt, die auf Wasser liegt, das auch den Himmel erfüllt […]. Im babylonischen Schöpfungsmythos stellen Apsu und Tiamat die Urwasser dar, und nachdem Marduk den Körper von Tiamat geteilt hat, um daraus den Himmel (mit seinen Wassern) und die Erde zu formen, bleibt Apsu übrig als die Wasser unter der Erde. In der Geschichte von Eridu (in der jüngsten uns erhaltenen Fassung 7. Jh. v. Chr.) war am An-fang alles Land Meer; dann baute Marduk auf der Oberfl äche des Wassers ein Floß und auf dem Floß eine Schilfrohrhütte, aus der die Erde wurde. Eine analoge Sicht fi ndet sich in den Psalmen […], wo Jahwe »die Erde

202 Anhang

ausdehnte über die Wasser« (136,6), »sie auf die Weltmeere gründete und sie über den Fluten befestigte« (24,2). […] Diesem Reichtum an paralle-lem Material aus dem Osten und Südosten für die Wasser unter der Erde steht außer Thales kein vergleichbares griechisches Zeugnis gegenüber.32,955 –958 Z. B: Was in den Irritabilitätserscheinungen jener Wechsel von Contraction und Expansion ist, das ist in den Elektricitätserschei-nungen der Wechsel von Anziehung und Zurückstoßung. In: Erster Ent-wurf eines Systems der Naturphilosophie (1799), Schellings Werke, hrsg. von M. Schröter. München: Beck. 1992, Bd. 2, S. 256. (Orig.-Ausg. III, 256).35,5 –6 Vgl. dazu Einleitung, Ms S. 3, Z. 4 und Z. 9; Ms S. 18 und Ms S. 23, Z. 1.36,53 Die Pythagoräer, Cusanus und G. Bruno haben schon aus der Bewe-gung des Punktes die Linie, die Fläche und den Raum hervorgehen lassen (vgl. W. Neuser, Kommentar zu Dissertatio Philosophica de Orbitis Plane-tarum, Weinheim 1986, S. 160). 36,59 –60 Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl., Riga 1787, S. 16: Daß die gerade Linie zwischen zwei Punkten die kürzeste sei, ist ein synthetischer Satz. Denn mein Begriff vom Geraden enthält nichts von Größe, sondern nur eine Qualität. Der Begriff des Kürzesten kommt also gänzlich hinzu, und kann durch keine Zergliederung aus dem Be griffe der geraden Linie gezogen werden. Anschauung muß also hier zu Hülfe genommen werden, vermittelst deren allein die Synthesis möglich ist.42,232 –233 Hegel bezieht sich hier offen bar auf den § 204 der Heidelberger Enzyklopädie, wo es heißt: Dies Vergehen und Wiederer zeugen des Raums in Zeit und der Zeit in Raum ist die Beweg ung ; – ein Wer-den, das aber selbst ebensosehr unmittelbar die ident i s che d a seyende Einheit beyder, d ie Mater ie , ist.45,344 –345 Zu Zenos Aporien vgl. Aristoteles, Physik, VI, 239 b –240 a: Der zweite Beweis [des Zenon für die Undenkbarkeit von Bewegung] ist der sogenannte Achilleus, daß nämlich auch das langsamste Tier im Laufe nicht eingeholt werden könne vom schnellsten, da der Verfolger immer erst dahin kommen müsse, von wo das fl iehende Tier fortgelaufen ist, so daß das langsamere immer einen Vorsprung behalte. Dies ist derselbe Grundgedanke, wie bei der Halbierung des Weges, der Unterschied liegt nur darin, daß nicht immer wieder die Hälfte dazu kommt. Daß man das langsamere Tier nicht einholen könne, ergibt sich aus dem Größenver-hältnis, enthält aber denselben Fehler, wie die Zweiteilung, beidemale wird behauptet, etwas komme nicht ans Ziel, indem der Weg irgendwie zerlegt wird; nur kommt diesmal das merkwürdige Schauspiel hinzu, daß auch der Schnellste auf der Verfolgung den Langsamsten nicht einholen könne. (Nach der Übersetzung von Paul Gohlke.)46,383 –384 Hier spielt Hegel auf Schelling an; vgl. dazu z. B. folgende Stelle: Die Mathematik […] gelangt zur absoluten Erkenntniß dadurch, daß sie Raum und Zeit, die Universalbilder des Absoluten oder seiner Attri-

Anmerkungen 203

bute, als das Absolute behandelt, nämlich nach dem Vernunftgesetz der Identität, der absoluten Einheit des Endlichen und Unendlichen, des Besonderen und des Allgemeinen. (Fernere Darstellung meines Systems der Philosophie [1802], Schellings Werke, 1. Ergänzband, S. 398, Orig.-Ausg. IV, 346).49,484 –51,523 Im folgenden Ergänzung zum Text der Manuskriptseite 34 auf Manuskriptseite 32, dort gekennzeichnet durch das Zeichen »+« und die Rand-anmerkung: »p. 34«. Die Ergänzung reicht von Bestimmungen hervorheben bis diese Einheit des Realen.50,505 –506 Mit diesem Begriff spielt Hegel auf Kants Konstruktion der Materie (Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, A 85 ) an, allerdings auf eine indirekte Weise, indem Hegels Deduktion keine solche aus Kräften, sondern eine solche aus den Be griffen Raum und Zeit ist. 52,570 –572 Vgl. Aristoteles, Physik, III, 207 a 33.53,614 –54,618 Vgl. I. Newton, Principia mathematica, Editio ultima auctior et emendatior, Amsterdam 1714, p. 12: Corpus omne perseverare ….

[etc.] (= Axiomata, sive leges motus, Lex I). Nach Max Jammer, geht dieses Axiom (das sogenannte Trägheitsgesetz) auf Galilei und Huygens zurück: The fi rst two laws of motion, which Newton credits to Galileo and Huygens, add little information on Newton’s conception of force. (Vgl. M. Jammer, Concepts of Force, New York 1957, S. 123)54,636 –638 Zum Be griff der Poren vgl. Newton (Kommentar im Abschnitt Physik) sowie Dalton, Weitere Erörterung einer neuen Theorie über die Be schaffen heit gemischter Gasarten, in: Annalen der Physik, Bd. 13 (1803), S. 442.55,667 –668 Vgl. dazu Ms. S. 72.55,675 –677 Vgl. Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Naturlehre, 2. Aufl., Riga 1787, S. 34 f, S. 70.56,693 Vgl. I. Newton, Principia mathematica, Editio ultima, Amsterdam 1714, p. XXX (Defi nition II: Menge der Bewegung).56,708 –709 Hegel bezieht sich hier auf das Gesetz der Impulserhaltung. Vgl. Newton, Principia mathematica, Axiomata sive leges motus, Corolla-rium III.57,742 –743 Auch hier spielt Hegel auf Schelling an, der z. B. in der Ferneren Darstellung meines Systems der Philosophie schreibt: Das Licht also, jenes, von welchem das sinnlich erkennbare Licht selbst nur ein Widerschein ist, und das in der ewigen Natur scheinet, wie sie im Absoluten ist, ist nichts anderes als die im Endlichen selbst durchbrechende oder in der Einbil-dung des Wesens in die Form hinwiederum in das Wesen eingepfl anzte Form, und in der Natur selbst das göttliche, wie die Schwerkraft, welche ein Setzen des Unendlichen ins Endliche, der Nacht in den Tag ist, das natürliche Princip.(Schelling, Fernere Darstellung meines Systems der Philosophie [1802], in: Schellings Werke, 1. Ergänzband, S. 473, Orig.-Ausg. IV, 421).

204 Anhang

61,848 Vgl. G. Galilei, Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze attenti alla Meccanica, ed. ai Movimenti Locali, Gior-nata Terza, De motu naturaliter accelerato, Theorema II. (z. B. in: Opere, Padova 1744, Bd. 3, S. 99.)64,927 –928 In der Pinder-Nachschrift heißt es an dieser Stelle: Eine empiri-sche Größe ist dabei, daß in einer Sekunde 15 Fuß durchlaufen werden im Fall. Diese empirische Größe hängt von Etwas ganz anderem ab, als von Natur der Zeit und des Raumes. – Die Wendung Dadurch ist keine empirische Größe bestimmt will also besagen: Die Konstante g, die im Fall-gesetz auftritt, kann im Unterschied zur Potenzstruktur dieses Gesetzes nach Hegel nicht aus dem Be griff abgeleitet werden.64,929 –931 In der Pinder-Nachschrift wird an dieser Stelle noch hinzugesetzt: Solche Erkenntnis (Gesetz durch seine Momente bestimmt) ist mehr werth als 2000 glänzende Gedanken über die Natur.64,935 Vgl. Johannes Kepler: Astronomia nova, Heidelberg 1609, Kap. 40, Kap. 58 f; Harmonices mundi, Linz 1619, Kap. 3; Epitome astronomiae Co-pernicanae (Klarstellung der Beziehung zwischen Flächen- und Radiensatz).64,948 –949 Damit ist gemeint: Raum und Zeit können bei der Planeten-bewegung nicht so zueinander in Beziehung stehen, wie bei der gleichförmigen Bewegung (v = s–t = konst.), wo ihre Meßgrößen beide in erster Potenz (also linear) in die Lösung der Bewegungsgleichung eingehen.66,993 –994 Pinder: Der Sector ist einerseits der Bogen, die andere Seite sind radii vectores, auf den Focus bezogen. Daraus geht (wie auch aus dem mathematischen Be griff des Sektors selbst) klar hervor, daß das komplementäre Bestimmungsstück zum »Bogen« die Radiusvektoren sein müssen, wie hier kon-jiziert.67,26 –27 In der Pinder-Nachschrift heißt es hier Dimension statt Bestim-mung, was den Gedanken Hegels deutlicher zum Ausdruck bringt.67,36 –38 Hegel meint hier konkret – wie aus der Pinder-Nachschrift hervorgeht – Kepler habe nicht geleugnet, die Körper seien schwer gegen die Sonne. Er meint also, schon Kepler habe den Gedanken gefaßt, daß die Planeten gegen die Sonne gravitieren.69,94 –96 Pinder: Der Trieb zu fallen, also die Schwere, erhält das Über-gewicht.69,97 –98 Pinder: Die Schwere macht also nur ein Moment des Ganzen der Bewegung aus.71,141 –142 Mit Bahnen meint Hegel hier die (während gegebener Zeiten) zurückgelegten Wegstrecken, nicht die Bahnen der Planeten als ganze. In der Pinder-Nachschrift heißt es an dieser Stelle: Die Bahnen, Periferien, stehen in konstantem Verhältniß zum Durchmesser vom Kreis etc. Hinzuzufügen ist allerdings, daß dies bei der Ellipse, auf deren ausgezeichnete Form Hegel so großen Wert legt, nicht mehr so einfach ist: Der Umfang einer Ellipse hängt über ein elliptisches Integral mit den Halbachsen a und b zusammen, was es schwierig macht, ihn zu berechnen.

Anmerkungen 205

71,152 –153 Unter Perturbation wird in der Newtonschen Mechanik die gegen-seitige Gravitationsanziehung der Planeten verstanden.71,164 –166 Bei Pinder wird hierzu interessanterweise festgehalten: Ein un-gefähres Gesetz hat man, woraus die Astronomen keine Wichtigkeit ma-chen. Es ist aber sicher bedeutend. Mit Kalkül meint Hegel die von New ton und Leibniz entwickelte Infi nitesimalrechnung, nicht mathematische Be rechen-barkeit überhaupt.71,170 –171 Laplace (Darstellung des Weltsystems. Aus dem Frz. von J. K. F. Hauff. Frankfurt 1797. Bd. 1, S. 229) gab 1797 die große Bahnhalbachse des Merkur, in Einheiten der großen Bahnhalbachse der Erde, mit 0.387 an. Es ist möglich, daß die Angabe 37, 38 eine durch einen Hörfehler verfälschte Wiedergabe dieses Werts ist. – Vgl. dazu A. v. Humboldt, Kosmos, 3. Bd., S. 443 : Was man das Gesetz des Vicarius Wurm aus Leonberg nennt und bisweilen von dem Titius-Bodeschen Gesetze unterscheidet, ist eine bloße Korrection, welche Wurm bei der Entfernung des Merkur von der Sonne und bei der Differenz der Merkur- und Venus-Abstände angebracht hat. Er setzt, der Wahrheit sich mehr nähernd, den ersteren zu 387, den zweiten zu 680, den Erdabstand zu 1000. Ebd. S. 484, Anm. 33 : Vgl. Wurm in Bodes astron. Jahrbuch für das J. 1790 S. 168 und Bode: Von dem neuen zwischen Mars und Jupiter entdeckten achten Hauptplaneten der Sonnensystems, 1802, S. 45. Mit der numerischen Korrektion von Wurm heißt die Reihe nach Entfernungen von der Sonne: Merkur 387 Theile, Venus 387+ 293 = 680, Erde 387+ 2 × 293 = 973, Mars 387+ 4 × 293 = 1559, Kl. Plan. 387+ 8 × 293 .= 2731, Jupiter 387+ 16 × 293 = 5075, Saturn 387+ 32 × 293 = 9763, Uranus 387+ 64 × 293 = 19139, Neptun 387+ 128 × 293 = 37891.73,227 Die erste Hälfte der folgenden Passage steht im Manuskript auf S. 41, am Ende der Endlichen Mechanik und ist dort als Einschub kenntlich gemacht durch die Randbemerkung : p. 48.79,79 –80 Vgl. unten, Ms. S. 65.82,175 –176 Die Versuche, Licht zu wägen, die im 18. Jahrhundert unter-nommen wurden, waren motiviert durch das Bestreben, die Materialität der Newtonschen Korpuskel zu beweisen. Folgende Beispiele für Experimente, die in diesem Kontext standen, seien hier angeführt: 1708 behauptete William Hom-berg (1652–1715), durch die Wirkung fokussierten Sonnenlichts Asbest-Partikel dispergiert und sogar die Feder einer Uhr in Bewegung gesetzt zu haben. Andere Naturforscher führten wenig später ähnliche Versuche durch und suchten daraus auf ein Gewicht der Lichtteilchen zu schließen. Joseph Priestley (1733–1804) unterschied in diesem Zusammenhang sehr richtig zwischen dem Effekt der Masse der Lichtteilchen und dem Effekt eines Impulsübertrags durch dieselben, meinte aber tatsächlich, den ersteren nachgewiesen zu haben. Wenn Hegel vom Versuch, Licht zu wägen spricht, so kann er auch an die Abhandlung J. J. Mairans (1678–1771) in den Mémoires de l’Academie royale des Sciences (1747, p. 630) gedacht haben. Mairan vertritt dort allerdings die Auffassung, daß die Bewegung einer Waagschale, auf die hin Sonnenlicht fokussiert wird, durch die Wärmebe-

206 Anhang

wegung der Luftteilchen in der Nähe des Fokus verursacht werde. (Nach Petry II, 232)84,240 –241 Vgl. unten, Ms S. 65.84,257 Jacques Alexandre François Allix (1776–1836) war seit 1812 General. Er lebte lange Zeit in Kassel. Sein Hauptwerk ist die Théorie de l’Univers ou de la cause primitive du mouvement et de ses principaux effets, 2. Auf l. Paris 1818. 87,332 Zum Ausdruck Beugung vgl. das Dritte Buch von Newtons Optik. Der dort verwendete Ausdruck ist Infl exiones Radiorum Luminis (z. B. Op-tice, London 1706, Liber Tertius, p. 272 ff ). Newton bezieht sich dort auch auf die Beobachtungen Grimaldis: Observavit Gr ima ldu s , si Solis Luminis Radius immitatur in Cubiculum tenebrikosum per Foramen perexiguum; futurum ut Umbrae korporum in isto Lumine positorum, latiores sint, quam deberent utique […].87,333 F. M. Grimaldi (1618–1663), Physico-Mathesis de lumine, colo-ribus et iride, aliisque adnexis libri duo, H. Bernia ed., Bologna 1665. Zu Grimaldis Entdeckungen vgl. z. B. D. Brewster, Sir Isaac Newton’s Leben nebst einer Darstellung seiner Entdeckungen, übers. von B. M. Goldberg mit Anmerkungen von H. W. Brandes, Leipzig 1833, S. 79: Die Phänomene der Infl exion des Lichtes wurden zuerst von Fr an z Ma r i a Gr ima ld i ent-deckt, einem gelehrten Jesuiten, welcher sie in einem Werk beschrieben hat, das 1665, zwei Jahre nach seinem Tode, bekannt gemacht worden ist. Nachdem er einen Strahl des Sonnenlichtes durch einen kleinen Nadel-stich in einem kleinen Stückchen Blei oder Karte in ein dunkles Zimmer hereingelassen hatte, fand er, daß das Licht von dieser Öffnung an in der Form eines Kegels divergirte, und daß die Schatten aller in diesem Lichte befi ndlichen Körper nicht nur größer waren, als man erwarten durfte, sondern auch mit drei Rändern umgeben, von welchen der nächste am breitesten, und der entfernteste am schwächsten war.87,333 Oder 5. oder 9. Obs[ervatio]. In der 8. Observatio kommt die Wendung in lineis ad umbrarum istarum extremitates parallelis vor. In der 5. Obser-vatio: Erant autem Plana Chartae konspissatae et Laminae Cultri, parallela inter se, et radiis luminis ad perpendiculum objecta.87,350 –351 Die Schwierigkeit, Grimaldis Entdeckungen auf der Basis der New-ton schen Theorie des Lichts zu erklären, ergibt sich daraus, daß diese eine Partikel-theorie ist, während erst die Wellentheorie ein sinnvolles Modell für das Verständnis von Beugungserscheinungen bereitstellte. Erst Young und insbesondere Fresnel gelangten auf der Grundlage der Undulationstheorie des Lichts zur heute noch akzeptierten Erklärung der Beugung (vgl. z. B. D. Brewster, a. a. O., S. 82–84). 91,455 –456 Das heute ungebräuchliche Wort Truismus (engl. »truism«, zu »true« = »wahr«) bedeutet Binsenwahrheit bzw. Gemeinplatz.91,457 Hegel übernahm diese Aussage aus dem Historischen Teil von Goethes Farbenlehre (vgl. Sämtliche Werke, München 1998, Bd. 10, S. 851). Goethe faßte die Entdeckung achromatischer Fernrohre als Widerlegung der Newtonschen

Anmerkungen 207

Theorie der Farbe auf. Jene Entdeckung geht auf John Dollond (1706–1761) zurück. Dieser hatte gezeigt, daß durch geeignete Kombination von Linsen aus verschiedenen Glassorten Bilder ohne Farbsäume (daher der Ausdruck Achro-mate) erzeugt werden können. Dies beruht darauf, daß die im Falle einer einzi-gen Glassorte für die verschiedenen Farben stets gegebene Unterschiedlichkeit der Lichtbrechung durch Kombination zweier Glassorten (z. B. Flint- und Kronglas) kompensiert werden kann.91,461 Vgl. Farbenlehre HA 13, 360, § 140: Das Licht kann auf dreierlei Weise unter diesen Umständen bedingt werden. Erstlich, wenn es von der Oberfl äche eines Mittels zurückstrahlt, da denn die katoptrischen Versuche zur Sprache kommen. Zweitens wenn es an dem Rande eines Mittels her strahlt. Die dabei eintretenden Erscheinungen wurden eh-mals perioptische genannt, wir nennen sie paroptische. Drittens, wenn es durch einen durcherscheinenden oder durchsichtigen Körper durch-geht, welches die dioptrischen Versuche sind. Eine vierte Art physischer Farben haben wir epoptische genannt, indem sich die Erscheinung ohne vorgängige Mitteilung auf einer farblosen Oberfl äche der Körper unter verschiedenen Bedingungen sehen läßt.92,499 –501 Vgl. Goethes Farbenlehre: Man wähle in der Dämmerung den Zeitpunkt, wo das einfallende Himmelslicht noch einen Schatten zu werfen imstande ist, da von dem Kerzenlichte nicht ganz aufgehoben werden kann, so daß vielmehr ein doppelter fällt, einmal vom Kerzen-licht gegen das Himmelslicht und sodann vom Himmelslicht gegen das Kerzenlicht. Wenn der erstere blau ist, so wird der letztere hochgelb erscheinen. Dieses hohe Gelb ist aber eigentlich nur der über das ganze Papier von dem Kerzenlicht verbreitet gelbrötliche Schein, der im Schat-ten sichtbar ist. HA 13, 346, § 70.92,501 –502 Die erwähnte Erscheinung wird von Goethe in der Farbenlehre beschrieben: vgl. den Abschnitt über physische Farben, Farbenlehre, § 162.92,506 –507 Hegel bezieht sich hier auf Christoph Ludwig Friedrich Schultz (1781–1834), Regierungsbevollmächtigten bei der Berliner Universität. Er vertrat unter anderem die These, Phosphor im menschlichen Auge verleihe diesem eine Art von Eigenleuchten. Daraus folgerte er, daß Hell- bzw. Dunkel-Eindrücke nicht notwendigerweise im betrachteten Objekt ihren Ursprung haben müßten, worauf sich Hegel hier möglicherweise mit seiner Bemerkung Durchleuchtet und durch-schattet nach Schultz bezieht. Schultz trat ferner als Verfasser dreier Aufsätze Über physiologische Gesichts- und Farberscheinungen hervor. Im Winter-semester 1821/22 trafen sich Hegel, L. v. Henning und K. E. Schubarth jede Woche in Schultz’ Haus in Berlin, um gemeinsam Goethes Farbenlehre zu studieren. Zuvor, im Sommer 1821, hatte Schultz Goethe in Weimar besucht. (Vgl. auch den Briefwechsel zwischen Goethe und Staatsrath Schultz, Leipzig 1853.)92,512 –93,513 Vgl. Newton, Optice, Liber I, Theor. II, Theor. III; Li-ber I, Pars II, Theor. IV ([…] Solis luminis albor compositus est ex prima riis omnibus coloribus, apta proportione inter se commixtis).

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93,517 –518 Auf eine Siebenzahl von Farben (rot, orange, gelb, grün, blau, indigo und violett) kam Newton dadurch, daß er sein ursprünglich fünfteiliges Farbenschema nach dem Vorbild der Siebenzahl der musikalischen Töne erweiterte. Vgl. Optice, Lib. I, Pars II, Prop. VI, p. 127 f: Centro O, Semidiametro OD, describatur Circulus ADF; distinguaturque Circumferentia ipsius in Septem partes, […] quae sint proportionales Tonis septem musicis sive Intervallis Sonorum octo illorum in Octava […]. 94,551 Zu Refrangibilität vgl. Newton, Optice, Liber I, Theor. I: Lu-mina, quae colore differunt, ea itidem Refrangibilitatis gradibus inter se differunt.94,551 –552 Zur Ursprünglichkeit der Farben bzw. zum »Bestehen« des Sonnenlichts aus verschiedenen Spektralfarben vgl. Newton, Optice, Liber I, Theor. II: Lumen Solis constat ex radiis diverse Refrangibilibus.94,556 –558 Vgl. Goethe, Farbenlehre, Didaktischer Teil, Einleitung.97,645 Vgl. Die absolute Mechanik, oben Ms S. 44 ff.97,649 –651 Vgl. J. L. Heim, Über die Aehnlichkeit der ehemaligen Erd ober fl äche mit der gegenwärtigen des Mondes, in: Monatliche Korrespondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde, hrsg. v. Freiherrn von Zach, Bd. 6, Gotha 1802, S. 531. (Ausführlich zitiert in: JSE III, S. 277 f)97,660 Tatsächlich sollte es eher heißen: Die vom Mond verursachten Gezeiten sind 7/3 mal so stark wie die von der Sonne verursachten (d. h. die Gezeiten werden zu 70 % vom Mond und zu 30 % von der Sonne verursacht).97,666 –667 Franz von Paula Gruithuisen, Astronom und Naturforscher, geb. 1774 auf dem Schloß Haltenberg am Lech, erlernte die Chirurgie und nahm 1788 in der österreichischen Armee als Feldchirurg Dienste. Später holte er die Lücken in seiner Bildung nach und studierte von 1801 an in Landshut Philosophie und Medizin. Bald nach seiner Promotion wurde er 1808 Lehrer der Naturkunde an der landärztlichen Schule zu München und 1826 o. Professor der Astronomie an der Universität daselbst. – Werke (Auswahl): Anthropologie [München 1810], Über die Natur der Kometen [München 1811]; er gab die Analekten der Erd- und Himmelskunde [München 1828–1831] heraus, die er seit 1832 als Neue Analekten der Erd- und Himmelskunde fortsetzte. Im größeren Publikum erregte sein Aufsatz in Kastners Archiv über die Entdeckung vie-ler deutlicher Spuren der Mondbewohner, besonders eines kolossalen Kunstgebäudes derselben Aufsehen, nachdem er schon 1821 in den Akten der Leopoldinischen Akademie seine Selenognostischen Fragmente ver öffent-licht hatte. Er gab zuerst ein Instrument an, um den Blasenstein zu zerbröckeln. Gruithuisen starb 1852. – Nach ihm ist u. a. ein Mondkrater benannt. Er befi ndet sich bei 32.9 Grad nördlicher selenographischer Breite und 39.7 Grad westlicher selenographischer Länge.97,673 –674 Vgl. Friedrich Theodor Schubert, Theoretische Astronomie, St. Petersburg 1798, Bd. 2, S. 352: Der dritte [i. e. der Komet von 1532 und 1661], dessen Periode von 129 Jahren seyn würde, hätte 1790 wi[e]der

Anmerkungen 209

erwartet werden können, in welchem Jahre wirklich drey Kometen be-obachtet sind, deren aber keiner mit jenem übereinkömmt.99,718 –720 Die Unterscheidung der bloßen Naturgeschichte von der Natur-wissenschaft geht in dieser Form auf Kant zurück.101,798 –799 Dieter Georg Kieser, Mitherausgeber des Archivs für tierischen Magnetismus [1817–1824], publizierte in dieser Zeitschrift zahlreiche Aufsätze, Kurzberichte und Rezensionen. Eine Bezugnahme auf den Zusammenhang von Erdbeben und Angstgefühl der Tiere läßt sich in seinen Artikeln in der o. g. Zeitschrift nicht fi nden. Im 11. Bd., 3. Stück, 1822, S. 9, werden allerdings Erdbeben als mit allen anderen Naturerscheinungen zusammenhängend kurz erwähnt. Möglicherweise gibt es noch eine eigene Abhandlung Kiesers, in welcher der angesprochene Zusammenhang erwähnt wird.102,827 Empedokles von Akragas war zwar nicht der erste griechische Natur-philosoph, der überhaupt von Feuer, Wasser, Erde und Luft als Elementen sprach, wohl aber jener, der diese Vierzahl gleichsam kanonisierte. Dies hält z. B. Aristo-teles in seiner Metaphysik fest, indem er (in A4, 985 a 31) sagt: Ferner erklärte er als erster, die sogenannten materiellen Elemente seien vier an der Zahl. Vgl. dazu auch G. S. Kirk, J. E. Raven und M. Schofi eld, Die vorsokrati-schen Philosophen. Einführung, Texte und Kommentare. Studienausgabe. Stuttgart/Weimar 2001, S. 316: Die Bezeichnung [Wurzeln] kennzeichnet sie [die vier Elemente] als grundlegende und nicht aufeinander zurück-führbare Elemente, aus denen alle anderen Dinge gestaltet sind […]. Die Vorstellung einer Vierzahl von Elementen scheint […] bei Empedokles erstmals vorzukommen.105,926 Vgl. dazu Ms. S. 95: Das Wasser ist dies abstrakt Neutrale und eben darum das Auf lösbare, d. h. das in Form der Unterschiedenheit Setzbare, und so die Mitte, in der diese beiden an sich Verschiedenen ihre Differenz zum Vorschein bringen.107,984 –985 Vgl. oben, Ms S. 59.109,35 –36 Zum Salz als real Neutralem vgl. unten, Ms. S. 90 ff.109,52 –53 Gestalt: Vgl. unten, Ms. S. 80 ff, insbes. S. 83 ff.112,153 –155 Hegel spielt hier auf Lichtenbergs Arbeit von 1800: Vertheidi-gung des Hygrometers und der Luc’schen Theorie vom Regen (Göttingen 1800) an, vgl. Enzyklopädie 1830, § 286 (Werke, a. a. O., Bd. 9, S. 147). Den Preis der Berliner Akademie erhielt Otto Zylius (1764–1820) für seine Arbeit Prüfung der Theorie des Herrn Deluc vom Regen, Berlin 1795 (vgl. Petry II, S. 268).112,157 –158 Als Eudiometer bezeichnete man ein Instrument zur Be-stimmung des in der Luft enthaltenen Sauer stoffs. Es besteht aus einem weiten, mit einer Skall versehenen Glasrohr, an dessen zugeschmolzenem Ende zwei Platindrähte eingelassen sind, die im Rohr auf sehr geringe Entfernung einander gegenüberstehen. Im Eudiometer sperrt man die zu untersuchende, gut getrocknete und von Kohlensäure befreite Luft über Quecksilber ab, bestimmt ihr Volumen, läßt eine genügende Menge Wasser stoff hinzutreten, bestimmt das Volumen des

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Gemisches und läßt einen elektrischen Funken zwischen den Drähten überspringen. Dabei verbinden sich zwei Volumseinheiten Wasser stoff mit einer Volumseinheit Sauer stoff zu Wasser – es verschwindet somit ein Teil des Gasgemisches, dessen Volumen leicht abgelesen werden kann. Der dritte Teil dieses Volumens repräsen-tiert den Sauer stoff gehalt der im Eudiometer eingeschlossenen Luft. Vgl. dazu auch die Ringier-Nachschrift, S. 70, wo auf A. v. Humboldts und L. J. Gay-Lussacs Arbeit Versuche über die eudiometrischen Mittel, und über das Verhältnis der Bestandteile der Atmosphäre (Halle 1805) verwiesen wird.114,206 –207 Sir William Parry (1790–1855) schrieb ausführliche Berichte über seine Entdeckungsfahrten unter dem Titel Journals of the First, Second and Third Voyages for the discovery of the North-West Passage. Da diese Reiseberichte jedoch erst (in 5 Bänden) im Jahre 1828 publiziert wurden, kann sich Hegel hier nicht auf deren ausgearbeitete Form beziehen.114,209 –211 Vgl. Enzyklopädie 1830, § 288, Zusatz: Man muß beim Atmosphäril nicht fragen, wo diese Nickel- und Eisenteile herkommen. Einer sagte, der Mond habe etwas fallen lassen; ein anderer führte den Chaussee-Staub, die Hufe der Pferde an usf. Deutlicher ist der Gedanke in der Ringier-Nachschrift (S. 77, Z. 900 ff ) ausgeführt. – Zum Be griff Mondsteine: H. W. Olbers vertrat die Ansicht, die Meteorsteine seien lunaren Ursprungs: vgl. Zach’s Annalen der Physik, Bd. 14, S. 38 ff.115,229 –230 Der Titel Reale Individualität der Erde für den mittleren Ab schnitt des zweiten Teils der Naturphilosophie ist der Dove-Nachschrift eigentümlich. In der Uexküll-Nachschrift der Vorlesung über Naturphilosophie von 1822 sind die drei Abschnitte der Physik folgendermaßen betitelt: Die allge-meine Individualität, Der Körper in seiner Besonderung und Der indi-viduelle Körper; in der Griesheim-Nachschrit der Naturphilosophie-Vorlesung von 1823/24 lauten die entsprechenden Abschnittstitel: Erste Sphäre [, die] der allgemeinen Individualität; Die besondere Individualität und Die dritte Sphäre, die der Gestalt.115,237 –240 Vgl. Heidelberger Enzyklopädie, § 235 : Diese Individualität ist a) unmittelbare oder ruhende, Gestalt ; b) ihre Besonderung in die Verschiedenheit der Eigenschaften und in die Spannung der Unterschiede; c) Proceß, worin die Gestalt sich eben so auf löst als in ihrem An- und für-sich-bestimmtseyn hervorgeht.118,331 –332 Vgl. Ch. Hutton, A Mathematical and Philosophical Dic-tionary (2 Bde., London 1796), Bd. 1, S. 366: it is the opinion of Newton, that even the densest bodies, as gold etc. Contain a small portion of matter, and a very great portion of vacuity; or that it contains a great deal of pores or empty space, than of real substance. Vgl. I. Newton, Opticks, 4. Aufl., London 1730, Buch 3, Teil 1, Question 31.118,343 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, 2. Aufl., Riga 1787, B 82 ff, B 103; auch KrV B 215 f.118,358 –360 Bezüglich der Vorstellung, Veränderungen der spezifi schen Schwere der Erde seien die Ursache der Barometerschwankungen, beruft sich Hegel andern-

Anmerkungen 211

orts auf Goethe (E 1830, § 293 Z). Vgl. Goethe, Zur Naturwissenschaft überhaupt, II. Bd., 1. Heft, 1823, S. 63.119,381 –382 Möglicherweise bezieht sich Hegel hier auf Schellings Ineinsset-zung von Kohäsion und Magnetismus. Vgl. z. B. Schellings Manuskript System der gesammten Philosophie und der Naturphilosophie insbesondere (1804), wo es in § 147 heißt: Der ab so luten Cohä s ion a l s For m de s i n- s ich- se lb s t - Seyn s ent spr icht a l s For m der Beweg ung der Mag net i smus . Oder: die absolute Cohäsion selbst, aktiv, lebendig angeschaut ist Magnetismus.126,617 Giuseppe Tartini (1692–1770), italienischer Violinist, Komponist und Musiktheoretiker. Sein Hauptwerk (erschienen in Padua 1754) trägt den Titel Trattato di musica secondo la vera scienza dell’armonia. Das Entstehen eines »dritten Tones« beim Schwingen zweier Saiten, welches Hegel hier erwähnt, wird von Tartini im ersten Teil jenes Traktats erörtert. – Neben dem Trattato schrieb Tartini noch De principii dell’armonia musicale contenuta nel diatonia genere (Padova 1767).130,747 Vgl. B. Thompson, Count of Rumford (1753–1814): An Inquiry concerning the source of the heat which is excited by friction, in: Philo-sophical Transactions of the Royal Society, 1798, S. 80–102.130,751 Hegel bezieht sich hier auf Rumfords von diesem selbst so genannten Versuch Nr. 3 von 1798, das Kanonenbohren in einer wassergefüllten, isolierten Holzkiste. Vgl. dazu z. B. G. Berthold, Rumford und die mechanische Wärmetheorie, Heidelberg 1875, S. 54 ff. Rumford konnte durch Isolierung der auszubohrenden Kanonen mittels eines wassergefüllten Holzkastens zeigen, daß kein Herbeiströmen von Wärme stoff aus der Umgebungsluft stattfi ndet. Bei Berthold wird dies paraphrasierend so dargestellt: […] so be griff ich nicht, wie die Luft die Ursache der hervorgebrachten Wärme sein könnte. Allein bei einer Untersuchung dieser Art glaubte ich, müsste man keine Mühe sparen und alle Hindernisse wegräumen […] Und so wurde der Versuch in einem länglich viereckigen wasserdichten tannenen Kasten, 11.5 engl. Zoll lang, 9.4 weit und 9.6 Zoll tief, wiederholt. Das Resultat dieses schönen Versuches war sehr überraschend […] nach zwei Stunden und dreissig Minuten [des Kanonenbohrens] kochte d a s Wa s se r w i rk-l ich ! Die Ueber raschung und das Staunen der Umstehenden, solch’ eine Wasser masse ohne Feuer zum Kochen gebracht zu sehen, war über alle Beschreibung gross.139,73 –76 Vgl. die folgende Stelle gegen Ende der Mechanik (Ms S. 48): Diese Formen der einen Form müssen sich materialisieren, daß es unterschiedene Materie wird, was wir jetzt als verschiedene Arten der Bewegung haben.140,89 –90 Vgl. Aristoteles, De anima I 2.141,132 –133 Paul Erman (1764–1851), war Professor für Physik an der Uni-versität Berlin seit deren Gründung im Jahre 1810, somit lange Jahre hindurch Hegels Kollege. Er schrieb unter anderem: Umrisse zu den physischen Verhält-nissen des von Herrn Professor Oersted entdeckten elektrochemischen

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Magnetismus (Berlin 1821). Diese Abhandlung zerfällt in drei Teile, wovon der erste von Beobachtungen über den frei fl ießenden elektromagnetischen Strom handelt, der zweite und dritte Teil Beobachtungen über Kompasse. Das von Hegel erwähnte Experiment fi ndet sich im ersten Teil (S. 7 ff ) der Ermanschen Abhandlung.142,167 Vgl. oben, Ms. S. 72 f.143,190 –192 Mit diesem Satz endet der beschriebene Teil der Manuskript-seite 84. Die restliche Manuskriptseite 84 und die Manuskriptseite 85 sind un beschrieben.144,243 –244 Borsaures Natron wird in anderen Nachschriften Hegelscher Vorlesungen (so etwa jenen von Griesheim und Uexküll) auch Borax genannt. Diese chemische Verbindung wird durch die Summenformel Na2B4O7 + 10 H2O charakterisiert. Sie enthält 36.6 % Borsäure, 16.2 % Natron (Natriumoxid) und 47.2 % Kristallwasser. Früher wurde Borax als Dekahydrat von Na2B4O7 aufgefaßt; nach neueren Untersuchungen liegt das Borat-Anion aber in Form des Komplexes [B4O5(OH)4]

2 – vor. Borax bildet in reiner Form farblose, durchsichtige Kristalle, die an der Luft oberfl ächlich verwittern, in Wasser und feuchter Luft jedoch durchsichtig bleiben. In heißem Wasser löst sich Borax. In der Natur kommt Borax als ein unter dem Namen Tinkal bekanntes Mineral vor. Schon 1747 zeigte Baron, daß Borax aus Borsäure und Natron besteht.148,357 Vgl. Griesheim, S. 190: In dieser Rücksicht gehört folgende Erscheinung hierher. Glas, welches erhitzt und schnell gekühlt wird, ist sehr spröde, und an diesem spröden Glase zeigen sich die entoptischen Farben.148,358 –359 Vgl. Griesheim, S. 190: Wenn man einen Glaskubus oder eine Glasplatte von dergleichen sprödem Glase hat, ihr eine schwarze Unterlage gibt und sich nun so stellt, daß man die helle Himmelsgegend, welche der Sonne entgegen ist, gegenüber hat, so spiegelt sich der Schein der Helligkeit des Himmels in der Glasfl äche, aber hier ganz ei gen thüm-lich so, daß in den vier Ecken ein dunkeler Fleck entsteht, in der Mitte aber ein weißes Kreuz bleibt. Stellt man sich nun auf dem rechten Winkel zu der vorigen Linie, so sieht man ein schwarzes Kreuz und die Ecken helle. Wenn man die Verdunkelung durch Spiegel weiter treibt, so ent-stehen in den Ecken Farbenkreise.149,398 In der Pinder-Nachschrift (und ebenso auch bei Ringier) ist dagegen von Metall als geronnenem Licht die Rede. Vgl. F. W. J. Schelling, Zeitschrift für spekulative Physik, Jena und Leipzig 1801, Bd. I, 3. Stück, § XXIII. Dort heißt es, das Metall sei das in’s Konkrete aufgenommene Wesen des Lichts.151,459 –460 Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493–1541), Opera Omnia Mediko-Chemiko-Chirurgica, 3 Bde., Genf 1658.151,463 –465 Aus einer Parallelstelle in der Griesheim-Nachschrift (p. 148) geht hervor, daß Hegel hier auf Jakob Böhme anspielt: Pa r ace l su s , J a kob

Anmerkungen 213

Böhm pp. brauchen diese Elemente so, und sie werden freilich unwahr, wenn man sie nach dem körperlichen Dasein nim[m]t.152,486 –487 Effl oreszieren (auch Auswittern, Ausblühen oder Effl oreszenz): Erscheinen eines lockeren kristallinen Überzugs aus Salzen an der Oberfl äche po röser Körper (z. B. auf Gesteinen und Gemäuer). Die Feuchtigkeit, die diese Körper durchdringt, löst in ihnen enthaltene Salze, die Lösung gelangt durch den Kapillar effekt an die Oberfl äche, wo das Wasser verdunstet und die gelöste Substanz kristallisiert. Auf diese Weise entsteht z. B. das Mineral Kobaltblüte (Erythrin).153,530 –531 Claude-Louis Berthollet (1748–1822), Statique Chimique, Paris 1803, I. Partie, Sect. III., not. XI, S. 261: Ce n’est pas par une élévation de température que l’électricité agit sur les substances et sur leurs combi-naisons; mais par une dilatation qui éloigne les molécules des corps.153,533 Der Terminus Materiatur stellt wohl eine Bezugnahme auf die scho-lastische (ursprünglich aristotelische) Lehre dar, nach welcher die Form sich in der Materie realisiert und ihr dadurch ihre jeweilige Bestimmtheit verleiht. Materiatur meint das Prinzip, welches Materialität überhaupt konstituiert und auch noch nach (imaginierter) Hinwegnahme der je bestimmten Form übrigbleibt.154,557 –558 Charles du Fay (1698–1739) zeigte im Jahre 1733, daß Elektri-zität in zwei verschiedenen Formen existiert, die er Glaselektrizität (électricité vitreuse; positive Ladung) und Harzelektrizität (électricité résineuse; negative Ladung) nannte. Jean-Baptiste Biot (1774–1862) untersuchte im Jahre 1820 die Veränderungen des durch einen elektrischen Strom hervorgebrachten magnetischen Feldes in Abhängigkeit vom Abstand. Vgl. Jean-Baptiste Biot und Nicolas-Pierre-Antoine Savart, Note sur le Magnétisme de la pile de Volta. In: Annales de chimie et de physique, 1820, vol. 15, p. 222–223.155,620 –621 Vgl. oben Ms S. 67 ff.155,621 –622 Vgl. unten Ms S. 103 ff, Abschnitt über den geologischen Orga-nismus, insbes. S. 10: Nach dieser allgemeinen Möglichkeit schlagen Land und Meer immer in eine nur vorübergehende Lebendigkeit aus, einerseits das Leuchten des prozeßlosen Kristals, andrerseits diese nur vorüberge-hende Punktualität, die entsteht durch äußere Erregung, Licht[ ], Wärme, nicht das Kontrahieren ins Unorganische in einem Punkt der Lebendig-keit, sondern es ist das an sich Organische das zur Erscheinung kommt, die selbst nur eine ganz oberfl ächliche ist.160,782 –783 Alessandro Giuseppe Volta (1745–1827) schrieb Untersuchungen über den Galvanismus. Er teilte die leitenden Substanzen in zwei Klassen ein; eine davon umfaßt Metalle und leitenden Koh len stoff, die andere Wasser und wässrige Lösungen (Elektrolyte). Eine wesentliche Entdeckung Voltas bestand darin, daß durch eine alternierende Anordnung von Körpern beider Klassen (Metalle – Elek-trolyte) eine Aufsummierung der Potentialdifferenzen zwischen den Metallplatten erreicht werden kann.160,793 –795 Vgl. Jean-Baptiste Biot (1774–1862), Traité de physique expérimentale et mathématique, 4 Bde., Paris 1816, Bd. 2, S. 506: L’eau

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pure qui transmet une électricité forte, telle que celle que nous excitons par nos machines ordinaires, devient presqu’isolante pour les faibles for-ces de l’appareil électromoteur. Die Erfi ndung der trockenen Säulen geht auf J. A. Deluc (1727–1817) und Giuseppe Zamboni (1776–1817) zurück. Letzerer publizierte 1812 das Werk Della pila elettrica a secco (Verona 1812). Nach ihm wird die trockene Säule auch »Zambonische Säule« genannt (vgl. dazu auch die Ringier-Nachschrift der Naturphilosophie-Vorlesung von 1819/20, S. 124, Z. 505).164,931 Richter und Guyton [de] Morveau fanden dies allgemeine Gesetz, daß, wenn die Säuren ihre Basen vertauschen, wenn die beiden ersten Salze neutral waren, auch die Produkte neutral sind, so daß kein Überschuß ist.171,74 –75 Georges Cuvier (1769–1832), ab 1795 Professor in Paris, Begrün-der der wissenschaftlichen Paläontologie und der vergleichenden Anatomie. Hegel spielt hier auf Cuviers sogenannte Katastrophen- oder Kataklysmentheorie an, nach der das Leben auf der Erde regelmäßig durch geologische Katastrophen vernichtet und danach wieder neu er schaffen worden sei (vgl. die Recherches sur les osse-ments fossiles où l’on rétablit les caractères de plusieurs animaux dont les révolutions de la surface du globe ont détruit les espèces, Paris 1812). Cuviers Rolle im Rahmen der Geschichte des Entwicklungsdenkens ist ambivalent. Einerseits trug seine Katastrophentheorie dem Befund Rechnung, daß nicht alle unterschiedlichen Arten in allen Epochen existierten. Andererseits erlaubte seine Theorie nur ein Erlöschen von Arten, nicht aber den Hervorgang von Arten aus anderen, vorgängigen Arten, zu denken. Darum sollte Cuvier dem Lamarck-An-hänger Geoffroy de Saint-Hilaire in der öffent li chen Sitzung der französischen Akademie der Wissenschaften am 22. Februar 1830 entgegentreten.171,77 Ein Wissenschaftler dieses Namens existiert nicht. Möglicherweise ein Hörfehler für Schelver.172,127 –128 Henrik Steffens (1773–1845), Privat dozent in Kiel und Jena, dann Professor für Naturphilosophie und Mineralogie in Halle, Saale und Breslau und zuletzt in Berlin. Hauptwerke : Grundzüge der philosophischen Natur-wissenschaft, in Aphorismen, zum Gebrauch für Vorlesungen (Berlin 1806), Handbuch der Oryktonosie (4 Bde., Halle 1811–1824), Anthropo-logie (2 Bde., Breslau 1822). Er unterscheidet in seinen Geognostisch-geo-logischen Aufsätzen (Hamburg 1810, S. 205) den Urkalk von den anderen »Gebirgsarten«.173,148 Vermutlich Anspielung auf die Schule von A. G. Werner (1749–1817), dieser vertrat die Lehre, nach der alle Gesteine durch chemische Ausfällung oder mechanische Sedimentation aus einem früher die Erde bedeckenden Urmeer ent-standen seien. Vgl. seine Neue Theorie über die Entstehung der Gänge, Freiberg 1791.173,154 –155 Gemeint ist hier der Bergbauort St. Andreasberg im Harz, südwest-lich des Brocken.174,173 –174 Von Empedokles von Akragas (ca. 495–435 v. Chr.) haben sich die Fragmente Peri physeos und Katarmoi erhalten. Hegel bezieht sich hier auf

Anmerkungen 215

Empedokles’ Vorstellung, die erste Generation der Tiere und Pfl anzen sei nicht in allen Teilen komplett gewesen, sondern habe aus getrennten, nicht zusammenge-wachsenen Gliedern bestanden. In der zweiten Generation (so Empedokles weiter nach dem Fragment Diels-Kranz 31 A 72) seien ihre Glieder zusammengewachsen gewesen, doch hätten die Wesen dieser Generation wie Phantasiegebilde ausgesehen. Die dritte Generation sei die der ausgewachsenen Formen gewesen. Die vierte sei nicht mehr aus den Elementen hervorgegangen, sondern bereits durch Zeugung. Vgl. auch Aristoteles, Physik, II 8, 198 b 30–35.177,264 –265 Eigentlich hat Goethe die Metamorphose der Pfl anzen 1790 ver öffent licht. Die Abhandlung wurde noch einmal in Zur Morphologie im Jahre 1817 ediert, also neun Jahre vor dieser Vorlesung. Es ist demnach unklar, worauf sich die Wendung vor 17 Jahren bezieht.178,323 –325 Heinrich Friedrich Link (1767–1851), Studium der Me di zin in Göttingen bei J. F. Blumenbach (1752–1840), 1792 Professor in Rostock, 1811 Professor in Breslau, 1815 Professor in Berlin. Vgl. Über Natur philosophie, Leipzig und Rostock 1806; Grundlehren der Anatomie und Physiologie der Pfl anzen, Göttingen 1807; Elementa philosophiae botanicae, Berlin 1824.Karl Asmund Rudolphi (1771–1832), Studium in Greifswald, 1797 Professor in Greifswald, seit 1810 Professor für Anatomie und Physiologie und Direktor des neugegründeten anatomisch-zootomischen Instituts in Berlin. Vgl. seine Ana-tomie der Pfl anzen, Berlin 1807.Gottfried Reinhold Treviranus (1776–1837), Studium der Mathematik und der Medizin in Göttingen, ab 1797 Professor in Bremen. Vgl. Biologie oder Phi lo-sophie der lebenden Natur für Naturforscher und Aerzte, 6 Bde., Göttingen 1802–1822; Die Erscheinungen und Gesetze des organischen Lebens, 2 Bde., Bremen 1831–1833.Johann Jakob Paul Moldenhawer (1766–1827), geboren in Hamburg; Stu dium der Theologie an der Universität Kiel (bis 1783) und Kopenhagen (cand. theol.); danach Studium der Naturwissenschaften, besonders der Botanik. 1792 ao. Pro-fessor für Botanik und Obstbau. Gleichzeitig hielt er Vorlesungen über klassische griechische Literatur. Werke: Tentamen in historiam plantarum Theo phrasti, Hamburg 1791; Beiträge zur Anatomie der Pfl anzen, Kiel 1812. Letzteres Werk hatte nachhaltigen Einfl uß auf die weitere Entwicklung der Zellenlehre. Moldenhawer gelang es durch vorsichtiges Mazerieren von Ge webs stücken eine Vielzahl einzelner Zellen und Gefäße zu isolieren und die Pfl anzenzelle als ein selbständiges, ringsum von einer Membran umschlossenes Gebilde zu erweisen.Giovanni Battista Amici (1786–1863), vor allem bekannt als Optiker und Astro-nom, ab 1810 Professor in Modena, 1831–1859 Direktor der Sternwarte und des Königlichen Museums für Physik und Naturgeschichte in Florenz, vgl. seine Osservazioni sulla cirkolazione del Succhio nella Chara (1818).179,326–327 Carl Heinrich Schultz (1798–1871). 1817 trat er in das zur Ausbildung von Militärärzten bestimmte Friedrich-Wilhelms-Institut in Berlin ein, verließ aber schon 1822 die militärische Laufbahn, und wurde 1825 Professor für Medizin in Berlin. Vgl. seine Dissertation Über den Kreislauf des Saftes

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im Schöllkraut [= chelidonum majus] und in mehreren anderen Pfl anzen, Berlin 1822, und die nachträgliche Abhandlung Über den Kreislauf des Saftes in den Pfl anzen, Berlin 1824.181,421 –422 Karl Ludwig Willdenow (1765–1812), Studium in Langensalza und Halle, dann Arzt und Apotheker in Berlin, 1798 Professor beim königlichen Collegio medico chirurgico, 1809 Professor für Botanik an der eben gegründeten Berliner Universität. Vgl. Grundriss der Kräuterkunde, Berlin 1792.182,450 –451 Franz Joseph Schelver (1778–1832), Studium der Medizin in Jena, ab 1811 Professor für Botanik und Dierektor des botanischen Gartens in Heidelberg. Anhänger der Naturphilosophie der Schellingschen Schule, er stand in Korrespondenz mit Hegel. Er stellte die Sexualität der Pfl anzen in Frage: Kritik der Lehre von den Geschlechtern der Pfl anze, Heidelberg 1812; Lebens- und Formgeschichte der Pfl anzenwelt, Heidelberg 1823. Nach ihm sei die künstliche Befruchtung nur eine Art Impfung und der Pollen ein tödliches Gift für die Narbe.A. W. E. T. Henschel (1790–1856): Professor für Botanik, Pfl anzenanatomie und Pfl anzenphysiologie sowie Theoretische Medizin und Geschichte der Medizin an der Universität Breslau. Er teilte die Zweifel seines Schwiegervaters Schelver an der Sexualität der Pfl anzen und suchte diesen experimentell zu stützen. Von der Sexualität der Pfl anzen, nebst einem historischen Anhange von F. J. Schelver, Breslau 1820.Lazzaro Spallanzani (1729–1799), katholischer Geistlicher, ab 1756 Professor in Reggio nell’Emilia, dann in Modena und ab 1769 in Pavia. Einer der Be-gründer der experimentellen Biologie. Er führte die erste künstliche Besamung (bei Hunden) durch: Vgl. seine Dissertazioni di fi sica animale e vegetabile, Mo-dena 1780; Expériences sur la digestion de l’homme et de différentes espèces d’animaux, Genf 1783.182,455 –456 Vgl. Plinius d. Ä., Naturgeschichte, Buch XV, Kap. XXI: Caprifi cus […] culices parit; hi fraudati alimento in matre […] ad cognata evolant morsuque fi corum crebro, […] aperientes ora earum, ita pene-trantes intus solem primo secum inducunt genialesque auras inmittunt foribus adapertis.188,653 –189,655 François-Xavier Bichat (1771–1802). Arzt in Paris, Vertre-ter des Vitalismus. Begründer der pathologischen Histologie. Vgl. seine Recher-ches physiologiques sur la vie et la mort, Paris 1800, neu ediert Genève/Paris/Bruxelles 1962, S. 49 ff.189,676 Vermutlich Anspielung auf John Dollond (1706–1761), englischer Optiker. Ihm gelang 1757 aufgrund einer Anregung L. Eulers die Erfi ndung des achromatischen Fernrohrs durch die erstmalige Kombination von Linsen aus Kron- und Flintglas.190,714 –715 Antheus ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie. Er war ein Riese – der Sohn der Gaia und des Poseidon. Er wohnte in Libyen und zwang alle Reisenden, gegen ihn zu kämpfen. Als er sie besiegt und getötet hatte, schmückte er mit ihren Häuten den Tempel seines Vaters. Antheus war unverletz-

Anmerkungen 217

bar, solange er seine Mutter (das heißt die Erde) berührte. Schließlich besiegte jedoch Herakles den Antheus, indem er ihn auf seine Schultern lud und ihn erwürgte.191,749 –192,750 Vgl. Berzelius, Untersuchung der Zusammensetzung des Menschenkoths, in: Neues allgemeines Journal der Chemie, hrsg. von A. F. Gehlen, Bd. 6, S. 509–541 (1806). (Vgl. Petry III, S. 346)194,811 –812 Anspielung auf Antoine Laurent de Jussieus (1748–1836) Ein-teilung der Pfl anzen in Akotyledonen, Monokotyledonen und Dikotyledonen; vgl. Genera plantarum secundum ordines naturales disposita, juxta methodum in horto regio parisiensis exaratum, Paris 1789.194,812 –813 Zur Unterscheidung zwischen Wirbellosen und Wirbeltieren vgl. J.-B. de Lamarck (1744–1829): Philosophie zoologique, ou Exposition des Considérations relatives à l’histoire naturelle des animaux, 2 Bde., Paris 1809, insbes. S. 117: Pour éviter toute équivoque, ou l’emploi d’aucune considération hypothétique […], je divisai la totalité des animaux connus en deux coupes parfaitement distinctes, savoir les animaux à vertèbres, les animaux sans vertèbres.194,813 –814 Aristoteles unterscheidet in Historia Animalium, I 4, 489 a 30–34, die Tiere mit Blut von denjenigen ohne Blut. Ebd. III 7, 516 b 22 f erklärt er, daß alle Tiere mit Blut ein Rückgrat (aufgebaut aus Knochen oder Gräten) haben.194,815 –816 Carl von Linné (1707–1778), Systema naturae, Leiden, 1735; Philosophia Botanica, Stockholm, 1751. Das Systema naturae enthält die erste wirklich wissenschaftliche Klassifi kation der mineralogischen, vegetabilischen und animalischen Welt. Die Pfl anzen sind in 24 Klassen eingeteilt, nach der Zahl und der Stelle der Staubgefäße in den Blumen. Die Tiere sind in sechs Klassen eingeteilt: Vierfüßer, Vögel, Amphibien, Fische, Insekte und Würmer. In der Auflage von 1758 systematisiert Linné die binäre Nomenklatur der animalischen Geschlechter (z. B. ›Canis Lupus‹ für den Wolf, ›Gryllus campestris‹ für die Grille). Eine solche Nomenklatur hatte er schon für die Pfl anzen in seinem Werk Species plantarum von 1753 gebraucht.