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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 233, S. 438~67 (1958) Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Frankfurt a.M. (Direktor: Prof. Dr. P. HOLTZ) Beeinflussung der Narkosedauer durch Itemmung der Cholinesterase des Gehirns + Von P. HOLTZ~H. BALZER und E. WESTERMANN Mit 6 Textabbildungen (Eingegangen am 23. November 1957) In einer voraufgegangenen Arbeit konnten wir zeigen, dab die Blockierung eines auch ira Gehirn vorkommenden Fermentes -- der Monoaminoxydase -- durch Iproniacid (Isopropyl-iso~icotinsiiure- hydrazid) die narkotische Wirkung des Evipans und Avertins verkiirzt und die cerebralen Wirkungen biogener Amine und Aminos£uren, z. B. des Serotonins, des Dopa und 5-Hydroxytryptophans, sowie des t~auwolfia- alkaloids Reserpin, an deren Zustandekoramen das Freiwerden biogener Amine im Gehirn wesentlich beteiligt zu sein scheint, beeinflu~t. So lieB sich z.B. die narkoseverl~ngernde Wirkung des Reserpins durch Vorbehandlung der Versuchstiere mit Iproniacid aufheben, und 5- Hydroxytryptophan, das bei i.v. Injektion am ,,Normaltier" die Evipan- narkose verl~ngerte, verkiirzte sie am ,,Iproniacidtier" (ItoLTZ, BALZER, WESTERMANN 11. WEZLER). Bei dem Versuch, unter Zuhilfenahme elektrophysiologischer Unter- suchungsergebnisse anderer Autoren eine Lo]calisation des Angriffs- punktes der Wirkungen vorzunehmen, war u. a. die l~berlegung ma~- gebend gewesen, dal~ f(ir die Auswirkung z. B. einer durch Reserpin ver- ursachten Freisetzung biogener Amine im Gehirn oder einer enzymati- schen Bildung pharmakologisch aktiven Amins aus einer injizierten, ins Gehirn eindringenden Aminos~ure -- beispielsweise von 5-Hydroxytrypt- amin (Serotonin) aus 5-Hydroxytryptophan -- neben der versehiedenen pharmakologischen Empfindliehkeit der einzelnen anatomischen Struk- turen ,,die spezifische Topographie des Amingehaltes und der Ferment- aktivit~ten" yon entscheidender Bedeutung sei. In der vorliegenden Arbeit haben wir untersucht, wie eine Blok- kierung der Cholinesterase des Gehirns die Narkosedauer beeinflui~t und die Wirkungen anderer Pharmaka, des Reserpins, Pervitins und kSrper- eigener Amine, z. B. des Serotonins, Adrenalins und Noradrenalins auf * Ausgefiihrt mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

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Page 1: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 233, S. 438~67 (1958)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Frankfurt a.M. (Direktor: Prof. Dr. P. HOLTZ)

Beeinflussung der Narkosedauer durch Itemmung der Cholinesterase des Gehirns +

Von P. HOLTZ~ H. BALZER und E. WESTERMANN

Mit 6 Textabbildungen

(Eingegangen am 23. November 1957)

In einer voraufgegangenen Arbeit konnten wir zeigen, dab die Blockierung eines auch ira Gehirn vorkommenden Fermentes - - der Monoaminoxydase - - durch Iproniacid (Isopropyl-iso~icotinsiiure- hydrazid) die narkotische Wirkung des Evipans und Avertins verkiirzt und die cerebralen Wirkungen biogener Amine und Aminos£uren, z. B. des Serotonins, des Dopa und 5-Hydroxytryptophans, sowie des t~auwolfia- alkaloids Reserpin, an deren Zustandekoramen das Freiwerden biogener Amine im Gehirn wesentlich beteiligt zu sein scheint, beeinflu~t. So lieB sich z.B. die narkoseverl~ngernde Wirkung des Reserpins durch Vorbehandlung der Versuchstiere mit Iproniacid aufheben, und 5- Hydroxytryptophan, das bei i.v. Injektion am ,,Normaltier" die Evipan- narkose verl~ngerte, verkiirzte sie am ,,Iproniacidtier" (ItoLTZ, BALZER, WESTERMANN 11. WEZLER).

Bei dem Versuch, unter Zuhilfenahme elektrophysiologischer Unter- suchungsergebnisse anderer Autoren eine Lo]calisation des Angriffs- punktes der Wirkungen vorzunehmen, war u. a. die l~berlegung ma~- gebend gewesen, dal~ f(ir die Auswirkung z. B. einer durch Reserpin ver- ursachten Freisetzung biogener Amine im Gehirn oder einer enzymati- schen Bildung pharmakologisch aktiven Amins aus einer injizierten, ins Gehirn eindringenden Aminos~ure - - beispielsweise von 5-Hydroxytrypt- amin (Serotonin) aus 5-Hydroxytryptophan - - neben der versehiedenen pharmakologischen Empfindliehkeit der einzelnen anatomischen Struk- turen ,,die spezifische Topographie des Amingehaltes und der Ferment- aktivit~ten" yon entscheidender Bedeutung sei.

In der vorliegenden Arbeit haben wir untersucht, wie eine Blok- kierung der Cholinesterase des Gehirns die Narkosedauer beeinflui~t und die Wirkungen anderer Pharmaka, des Reserpins, Pervitins und kSrper- eigener Amine, z. B. des Serotonins, Adrenalins und Noradrenalins auf

* Ausgefiihrt mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 439

die Narkosedauer modifiziert. Da angenommen werden darf, dab die Er- regungsf iber t ragung auch an cerebralen Synapsen wenigstens zum Teil durch Acetylcholin vermi t te l t wird, also cholinergischer N a t u r ist, waren yon einer t t e m m u n g des ace ty lcho l inabbauenden Fermentes durch Ant ichol inesterasen charakterist ische Wi rkungen zu erwarten. Als Cholinesterasehemmer (ChEIt) verwendeten wir Physostigmin (Eserin) und Mintacol (E 600; Pa raoxon ; p-Ni t rophenyl-diae thylphosphat) , yon denen b e k a n n t ist, dab sie - - im Gegensatz z .B . zu der qua te rn~ren Ammoniumbase Prostigmin (Neostigmin) - - w e g e n ihrer Lipoidl6slich- keit leicht auch ins Gehirn eindringen.

Methoden Versuchstiere waren, wie in der friiheren Arbeit (HOLTZ, BALZER, WESTERMANN,

WEZLER), m~nnliche weiBe M~use im Gewicht yon 16--22 g. Gruppen yon je 5 gleich- schweren Tieren, die bei konstanter Raumtemperatur (26 ° C) einzeln in 31-Gl~sern (Boden mit S~gesp~nen bedeckt) gehalten wurden, erhielten 50--100 mg/kg Evipannatrium (Cyclohexenyl-methyl-N-methylbarbitursaures Natrium) bzw. 200--300 mg/kg Avertin (0,1 ml/10 g) intraperitonea], die jeweils gleiche Anzahl yon Tieren vorher (die Zeiten sind in den Tabellen angegeben) 0,02--0,5 mg/kg Physo- stigminsalizylat bzw. Mintacol (,,E 600; Paraoxon ; p-Nitrophenyl-diaethyl-phosphat) subcutan oder i.m., Reserpin (Reserpin-Ascorbins~ure mit 10°/o Reserpingehalt), Sero- tonin (5-Oxytryptamin-kreatininsulfat), Noradrenalin und Adrenalin als Arterenol- bzw. Suprarenin-HC1 (aufBase berechnet) subeutan. DieWirkung des Narkoticums galt als abgeklungen, wenn die Tiere keine passive Seitenlage mehr ertrugen. Dieser Zeitpunkt wurde dadurch ermittelt, dab wenigstens alle 5 min daraufhin gepriift wurde. Der Zeitpunkt der In]ektion des Narkoticums wird a]s Narkosebeginn ange- nommen, so dab das bei den einzelnen Tieren oft versehieden lange Excitations- stadium mit in die ,,Narkosedauer" eingeht. - - Durch diese Versuchsanordnung gelang es in vielen Versuchen, die Streuung innerhalb der einzelnen Versuchs- gruppen sehr gering zu halten (o ~ 1,5--3,0), so dab auch bei kleinen Mittelwert- Differenzen zwischen 2 Gruppen diese statistisch signifikant sein konnten. Da die Narkosedauer naeh der gleiehen Evipan- bzw. Avertindosis an versehiedenen Tagen und zu verschiedenen Tageszeiten sehr verschieden sein konnte, wurden in jeder Versuchsserie Kontrollgruppen angesetzt, die nur das Narkoticum bzw. Narkoticum

Cholinesterasehemmer erhielten. Dire]ct miteinander vergleichbar sind deshalb nur die innerhalb ein und desselben Versuchsansatzes (,, Vers.-Nr." der Tabellen) ermittelten Zahlenwerte. Die Ergebnisse {J~nderungen der Narkosedauer) wurden mit Hilfe des t-Testes (P-~Vert) statistisch gesichert. Die Versuchstiere kamen nur einmal in den Versuch.

Die Bestimmung der Cholinesterasea]ctivit~it des Gehirns erfolgte nach der yon A~MoN angegebenen Methode in der Warburg-Apparatur. Je 1,0 ml Gehirn- homogenat 1 : 10 in Bicarbonat-RingerlSsung (0,7~/o NaCl, 0,03% KCI, 0,3% NaHCO 3) wurde mit 5 mg Acetyleholinehlorid in 0,2 ml Aqua dest. geschiittelt, und das frei- werdende CO 2 manometriseh gemessen. N2-Atmosph~re; 37 ° C; Sehiittelgeschwin- digkeit: 80 je Minute.

Zur Bestimmung der Monoaminoxydase-aktivitdt yon Gehirn und Leber wurden die Organe yon je 3 M~usen mit der 4fachen Menge m/15 Phosphatpuffer PE 7,4 homogenisiert, 10 rain lang mit 40000 × g zentrifugiert, die iiberstehende LS- sung abgegossen und das Sediment 1:2 mit m/15 Na-Phosphatpuffer p~ 7,4

aufgeschwemmt (Homogenat). Warburg-Apparatur: Manometrische .Messung des

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440 P. HOLTZ, i . BALZER und E. WESTERMANN :

O~-Verbrauchs. Versuchsansiitze: Je 1,0 ml Homogenat ~ 0,15 ml Semicarbacid (m/10) ~- 0,15 ml NaCN (m/50) im Haupt raum. Im Einsatz 0,2 ml KOH - - NaCN. Im Anhang 5 mg Tyramin-HC1 in 0,2 ml Aqua dest. - - O2-Atmosphi~re ; 37 ° C.

Blutdruckversuche. Ratten (180 250 g) wurden mit Urethan (1,2 1,5 g/kg) bzw. Avertin (insgesamt 500--700 mg/kg) oder Evipannatrium (insgesamt 200 bis 300 mg/kg) narkotisiert. Die Blutdruckregistrierung erfolgte mit Hilfe eines Hg- Manometers bzw. eines Membranmanometers in der A. earotis, i.v. Injektionen in die V. jugularls. In einem Tell der Versuche wurden die Tiere kfinstlieh beatmet.

An Miiusen in Urethannarkose (1,5--2,0g/kg) bzw. Avertinnarkose (500mg/kg) i.p. wurde der Blutdruek aus einem in die A. carotis eingefiihrten Poly~thylen- Katheter mit Hilfe eines Stathamelementes (0--750 mm Hg; 12 Volt max.) fiber ein schnell sehwingendes Spiegelgalvanometer (3,3" l0 -7 Amp.; 95 Hz) photo- kymographisch registriert. Vor dem Versueh erhielten die Tiere zur Verhinderung der Blutgerinnung 20 mg/kg Vetren in die Schwanzvene, in die auch die anderen Injektionen erfolgten.

Versuehe

1. Die Beein/lussung der Evipan- und Avertinnarkose durch Physostigmin und Mintacol

a) Abhiingigkeit der WiHcung vonder Dosis. Verabib lg t man weiBen M/iusen 5 - - 1 0 min vor Evipan (75 mg/kg i.p.), das in dem Versuch der Tab. 1, Vers. Nr. 1 eine 29,2 rain dauernde Narkose verursacht , eine subcu tane In j ek t i on von Physostigmin, so ffihrt die kleinere Dosis yon 0,1 mg/kg zu einer s ignif ikanten Verkiirzung, die grSBere Dosis von 0~5 mg/kg zu einer - - a l lerdings n icht s ignif ikanten - - Verl~ngerung der Narkosedauer . Die narkosever l / ingernde Wi rkung einer grS~eren Physos t igmindos i s wird signifikant, wenn man den Versuch, a n s t a t t m i t 75 mg/kg, mi t 50 mg/kg E v i p a n durch f~hr t : die j e t z t nur 6,8 min an- ha l tende Narkose der Kont ro l l t i e re wird durch 0,2 mg/kg Physos t igmin s ignif ikant ver l~nger t (Tab. 1, Vers. Nr. 2). - - Die dosisabh£ngige, gegens£tzl iche W i r k u n g des Chol ines terasehemmers wird noch deut l icher in Versuchen mi t Mintacol: 0,02 mg/kg verki~rzen die Narkosedauer eben- so signifikant , wie 0,5 mg/kg sie verl~ingern (Tab. 1, Vers. Nr. 3). Die mi t t l e re Dosis von 0,1 mg/kg ffihrt zu keiner s ignif ikanten Ver'~nderung.

Die Avertinnarkose wird ebenfal ls durch kleine Physos t igmin- und Mintacoldosen verkiirzt, durch grSl]ere verliingert (Tab. 1, Vers. Nr. 4 - -6) . Auch hier g ib t es einen von Vcrsuch zu Versuch schwankenden Bereich mittelgroi~er Dosem in dem die Narkosedaue r weder signif ikant verkf i rz t nocht ver l / ingert i s t (siehe z. B. Tab. 1, Vers. Nr.6, Gruppe I I [ ) . - - Die W i r k u n g der Chol ines terasehemmer se tz t sich demnach aus zwei Kom- ponen ten zusammen, einer narkoseverkf i rzenden und einer narkose- ver l~ngernden, die sich bei einem bes t immten Wirksamkei t sve rh~ l tn i s der beiden Komponenten~ wie es dem mi t t l e ren Dosierungsbereich zu- kommt , gegenseit ig aufheben.

W e n n auch die in der W a r b u r g - A p p a r a t u r bes t immte Cholinesterase- aktivitiit der Gehi rnhomogenate nach in t ramuskul~re r In j ek t ion von

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Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 441

Tabelle 1. Beeinflussung der Evipan- und Avertinnar]cose dutch Cholinesterasehemmer. Abhiingigkeit yon der Dosis

Kontrolltlere: 50--75 mg/kg Evipannatrium bzw. 200--300 mg/kg Avortin i.p. - - Versuchstiere: 5--10 rain vorher Physostigmin bzw. Mintacol s.c.

Veto. [ Grup- Dosis Nr. [ pe mg/kg

Mittlere Narkosedau,

~[inuten I Differenz % P-Weft

I 75,0 Evipan 29,2 I I 0,02 + Physostigmin 22,0

I I I 0,1 + Physostigmin 11,0 IV 0,5 + Physostigmin 35,6

I 50,0 Evipan 6,8 I I 0,2 + Physostigmin 17,2

I 75,0 Evipan 30,4 I I 0,02 + Mintacol 16,2

I I I 0,1 + Mintacol 21,2 IV 0,5 + Mintacol 44,8

I 300,0 Avertin 18,8 I I 0,1 + Physostigmin 12,2

I I I 0,5 + Physostigmln 29,6

I 200,0 Avertin 13,4 I I 0,5 + Physostigmin 36,4

6 Avertin + Mintacol + Mintacol + Mintacol

I I : I 24 I I I : I 63 I V : I = + 22

I I : I = +150

I I : I 47 I I I : I 30 I V : I = + 48

m

I I : I 35 I I I : I = + 57

I I : I = + 172

I I : I = - - 19 I I I : I = - - 11 I V : I = + 47

< 0,3 < 0,02 < 0,5

0,05

< 0,01 < 0,I < 0,01

< 0,01 < 0,001

< 0,001

< 0,05 < 0,3 < 0,01

Tabelle 2. Hemmung der Cholinesterasea~ivi~t des Gehirns durch i.m. In~ektion yon Mintacol

Je 2 weiBe Mause (20--22 g) erhielten 0,1 rag, 0,2 mg bzw. 0,5 mg/kg Mintacol i.m. (je 0,1 ml/20 g). 15 rain nach der Injektion wurden die Tiero durch Dekapitation getStet, die Gehirne einzeln homogenisiert und die Cholinesteraseaktivit~t der Homogenate in dor Warburg-Apparatur bestimmt (siehe Methodik). Die Werte

der Spontanhydrolyse im Puffer sind in Abzug gebracht.

Oholinest eraseakt ivit ~it Tier 2~[intacoldosis

mg/kg mm ~ COd30 min %AktivitKt

I - - 264 ~ 270 100 II - - 276 J

87 0,1 0,1

I I I

I 0,2 I I 0,2

0,5 0,5

I II

231 } 233 235

203 ~ 199 73 195 J

20 43 } 53 63

Arch. exper. Path. u. Pharmakol . , Bd. 233 30

Page 5: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

442 P. HOLTZ, ~I. BALZER und E. WESTE~AN~:

0,1 m g / k g Min t aco l v ie l schw~cher g e h e m m t / s t als nach der I n j e k t i o n

y o n 0,5 m g / k g (Tab. 2), so df i r f te das n i ch t die U r s a c h e fiir die ge rade

e n t g e g e n g e s e t z t e W i r k u n 9 de r k l e ine ren u n d grSBeren Dosen sein (siehe Tab . 1, Vers. Nr . 3), wie die fo lgenden Versuche zeigen.

b) AbMingigkei t der W i r k u n g vom zeitlichen Abs tand der In]ekt ionen.

0,5 m g / k g M i n t a c o l i. m. , die zu NarkoseverlSngerung ff ihren, w e n n m a n sie 5 m i n v o r d e m N a r k o t i c u m in j i z ie r t , verkiirzen die N a r k o s e d a u e r ,

w e n n m a n sie 30 ra in oder 2 - - 2 2 40 S t d v o r h e r in j i z i e r t (Tab. 3). Wie v o r h e r die gegens i i t z l i che W i r k u n g k le iner u n d grol3er Dosen der

C h o l i n e s t e r a s e h e m m e r , so k a n n j e t z t die e n t g e g e n g e s e t z t e W i r k u n g

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7esferase- Aldivi/

7,5 /5" 30rain lS fd 2 3 5 678910 2o 30 qOSfd

Abb. 1. Beeinllussung tier 2gar]cosedauer und Cholinesteraseaktivi~t des Gehirns dutch Mintacol. (Prozentuale Abweichung yon den Kontrollwerten.) .¥arkosedauer: Bestimmung an Gruppen yon je 5 weii3en !~I~usen. - - .Kontrolltiere: 60---80 mg/kg Evipannatrium i.P. - - Versuchstiere: 5 rain bis 40 Std vor Evipan je 0,5 mg/kg l~intacol i.m. - - Cholinesteraseaktivi~t: Je 2 wei[3e l~I~iuse. Kontroll- und Versuchstiere wie oben. Bes~immung der Fermentak~ivitfit im tIomogenat der cinzelnen Gehirne

(siehe lkiethodik)., signifikant, o nicht signiflkant

e in u n d d e r s e l b e n Min taco ldos i s n i c h t d u r c h eine v e r s c h i e d e n s t a rke H e m m u n g de r Cho l ines te rase b e d i n g t sein, da die F e r m e n t a k t i v i t / ~ t

n a c h 5 rain, 30 ra in u n d 2 S t d fas t g l e i c h s t a r k g e h e m m t i s t (Tab. 3

u. A b b . 1). Die Markoseverl~ngerung yon 38,8 auf 45,4 rain ~ + 17~o (siehe Tab. 3, Vers.

l~r. 1, Gruppe II) durch das 5 min vor Evipan injizierte Mintacol ist nicht grol3, aber hochsignifikant. St~rkere Verl~ngerungen ]leBen sich, wie die in der Tab. 1 dargestellten Versuche Hr. 2, 4, 5 und 6 zeigten, durch die Anwendung kleinerer Narkoticumdosen bei dementsprechend kiirzerer Markose der Kontrolltiere erzielen. Im Versuch Mr. 3 der Tab. 3 haben wir versucht, durch noch weitere Verkiirzung des zeitlichen Abstandes zwischen Mintacol- und Evipaninjektion eine st~rkere Markoseverl~ngerung zu erhalten: das 2 rain vor Evipan injizierte Mintacol (Vers. Mr. 3, Gruppe II) fiihrt zwar zu einer im Mittel etwas st~rkeren Verl~ngerung der Markose ( + 290/o) als das 5 rnin vor Evipan injizierte (-~- 17°/o), diese is~ jetzt aber nicht mehr signifikant, d. h. die Streuung der Einzelergebnisse sehr grol3, indem es bei einigen Tieren noch zu einer Verl~ngerung, bei anderen jedoch schon zu einer Verkfirzung der Narkosedauer kam.

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Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Naxkosedauer

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Page 7: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

444 P. I,-IoLTZ, H. BALZE~ und E. WESTERMAIqN:

c) Die Ursache der unterschiedlichen Wirkung bei gleiehstarker Cholin- esterase-Hemmung. Kleine Mintacoldosen (0,02--0,1 mg/kg), kurz vor dem Narkot ieum injiziert, verkiirzten die Narkosedauer; grofle Dosen (0,5 mg/kg) verl~ngerten sie. Aber aueh die grol~en Dosen wirkten narkoseverkiirzend, wenn sie 30 rain bis 40 Std vor dem Narkoticum injiziert wurden. Da die Hemmung der Cholinesteraseaktivitdit des Gehirns in allen F/£11en ungef/thr gleiehstark ist, kann diese zwar die Ursache fiir die narkoseverkiirzende Wirkung der Cholinesterasehemmer sein, nieht aber ffir die Narkoseverldingerung, die naeh gr6i]eren Dosen auftritt , wenn man diese 5--10 rain vor dem Narkotieum injiziert. W~hrend der ersten 30 rain nach der i.m. oder subeutanen Injektion von 0,5 mg/kg Physo- stigmin bzw. Mintacol muB sieh deshalb etwas ereignen, das die durch Hem- mung der Cholinesterase verursachte Narkoseverkiirzung in eine Narkose- verldngerung umwandelt, dann wirkungsm£ftig abkhngt - - , und sieh nieht ereignet, wenn man nur 0,I mg/kg Physostigmin oder Mintacol injiziert.

Hemmung der Choiinesteraseaktivit~ bedeutet, wie in der Peripherie, so such im Gehirn, Potenzierung der Acetylcholinwirkung. Wenn diese die Ursaehe fiir die Narkoseverkiirzung ist, liegt es nahe, die unter bestimmten Bedingungen dutch Cholinesterasehemmer hervorgerufene Narkoseverldingerung auf eine Mitbeteiligung yon antagonistiseh wirkenden Sympathicusstoffen --- Noradrenalin, Adrenalin - - zuri/ckzufiihren.

Noradrenalin und Adrenalin, die bei kiirzerer Narkosedauer diese nur wenig beeinflussen, verursachen eine signifikante Verldngerung bei Tieren, die mit an sieh narkoseverkiirzenden Physostigmin- oder Mintaeol- dosen vorbehandelt sind (Tab. 4, Vers. Nr. I ~ 4 ) . Die sonst bei sub- eutaner Injektion nur schwaeh wirksamen Sympathicusstoffe wirken demnach narkoseverl~ngernd, wenn die Cho]inesterase gehemmt ist. Bei l£ngerer Narkosedauer (h6here Evipandosis) kann, wie z .B. im Vers. 5 und 6 der Tab. 4, Adrenalin signifikant verkfirzend, Noradrenalin verl£ngernd wirken. Man gewinnt den Eindruck, dab bei nicht gehemmter Cholinesterase Noradrenalin verl£ngernd, Adrenalin verkiirzend wirkt, und dab bei gehemmter Cholinesterase beide Sympathieusstoffe die Narkose verl~ngern.

Anders verhKlt sich Pervitin (Phenyl-methylamino-propan-hydro- chlorid). 0,5mg/kg fiihren, ebenso wie 0,1 mg/kg Physostigmin, zu einer geringfiigigen - - nieht signifikanten - - Verkiirzung der Evipannarkose (Tab. 5). Beide zusammen verursachen eine starke, signifikante Abnahme der Narkosedauer (Tab. 5, Gruppe IV und VI).

Der am Normaltier bestehende Unterschied zwisehen der Adrenalin- und Noradrenalinwirkung wird deutlicher, wenn man in eine ab- klingende Evipannarkose hinein - - k u r z nachdem keine Seitenlage mehr ertragen wird - - die beiden Sympathicusstoffe subentan injiziert. Naeh Noradrenalin geraten die erwaehten Tiere dann wieder in Narkose, naeh Adrenalin nieht (Tab. 6).

Page 8: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

H e m m u n g der Cholinesterase des Gehirns u n d !~arkosedauer 445

Tabelle 4. Beeinflussung der Narkosedauer durch Adrenalin und Noradrenalin Gruppen yon je 5 weiBen M/iusen. - - KontroUtiere: 5 0 ~ 7 5 mg/kg E v i p a n n a t r i u m i.p. - - Versuchstiere: Physos t igmin , Adrenal in bzw. Noradrena l in s.c. 5 - - 1 0 min

vor Ev ipan . Mintacol i .m. 6 S td vor E v i p a n m

Vers. Grup- Dosis l~r. pe ing/kg

I 50,0 E v i p a n I I 0,2 -T Physos t igmin

I I I 0,5 + Noradrena l in IV 0,2 Physos~igmin

0,5 -4- Noradrena l in

I 50,0 E v i p a n I I 0,1 -4- Physos t igmin

I I I 1,0 -4- Noradrena l in IV 0,1 + Physos t igmin

1,0 Noradrena l in

Mittlere Narkosedauer

Minuten I Differenz %

I 50,0 Ev ipan I I 0,1 -4- Physos t igmin

I I I 1,0 -4- Adrenal in IV 0,1 Physos t igmin

1,0 -4- Adrenal in

I 50,0 E v i p a n I I 0,5 -t- Mintacol

I I I 1,0 -4- Noradrena l in I V 1,0 -4- Adrena l in

V 0,5 Mintaeol 1,0 -4- Noradrena l in

VI 0,5 -4- Mintacol 1,0 Adrenal in

9,0 7,4

10,6

27,6

I I : I 18 I I I : I = . 4 . 17 IV: I = -4- 206 IV: I I = -4-272 I V : I I 1 = .4.160

18,4 9,0 I I : I 51

22,6 I I I : I ~ -4- 22 IV: I = -4- 61 29,6 IV : I I - - + 2 2 9 I V : I I I = -4- 31

16,4 11,8 I I : I = - - 28 19,6 I I I : I = -4- 19 32,2 IV: I = -4- 96

IV: I I = -4- 173 IV : I l l = -4- 64

11,2 2,6 I I : I 77

17,0 I I I : I = -4- 52 11,2 IV: I = ± 0 24,4 V: I = .4.118

V : I I = -4- 840 V: I l l = + 43

17,2 VI : I = -4- 54 VI : I I = -4- 560 V I : I V = , 4 , 54

5 I 85,0 Ev ipan 38,0 . . . . 4- Adrena l in ~ * • I I : I = - - 44

4- Noradrena l in I I I : I = -4- 29

6 I I : I = - - 25

I I I : I = - - 4

Ev ipan 4- Adrenal in -4- Noradrena l in

P-Wert

< 0,8 < 0,7 < 0,01 < 0,01 < 0,01

< 0,05 < 0,01 < 0,02 < 0,01 < 0,02

m

< 0,05 < 0,5 < 0,001 < 0,001 < 0,02

< 0,001 < 0,01 < 0,9 < 0,001 < 0,001 < 0,01 < 0,001 < 0,001 < 0,01

< 0,001 < 0,02

< 0,001 < 0,4

Das scheint im Widerspruch zu Versuehsergebnissen yon L ~ s o ~ u. Mitarb. zu s tehen, die den Wiedere in t r i t t der Narkose aueh mi t Adrena l in erzielten. Dies¢ Auto ren inj iz ier ten jedoeh Adrena l in i.v. in e iner Dosierung (1 mg/kg}, die sich an unseren Tieren bei der gleichen In jek t ionsa r t als ausnahmslos t6dlich erwies.

D i e u r s / i c h l i c h e M i t b e t e i l i g u n g v o n S y m p a t h i c u s s t o f f e n a m Z u -

s t a n d e k o m m e n d e r N a r k o s e v e r l / ~ n g e r u n g , d i e n a c h h o h e n , k u r z v o r d e m

Page 9: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

446 P. HOLTZ, H. BALZER und E. WESTERMANN:

N a r k o t i e u m in j i z i e r t en P h y s o s t i g m i n - oder M i n t a c o l d o s e n a u f t r i t t , w i r d a u c h d u r c h Blutdruckversuche an Ratten wahrsche in l i ch .

Es ist bekannt, dab Eserin und andere Cholinesterasehemmer, die leicht ins Zentralnervensystem eindringen, anstatt der zu erwartenden peripher-muscarin- artigen Blutdrucksenkung eine Blutdrucksteigerung verursachen kSnnen. Diese tr i t t mit besonderer Regehn~fligkeit bei Ratten auf; Ganglienblocker und Sympathicolytica

Tabelle 5. Beein/lussung der Narkose durch Pervitin und Physostigmin Gruppen yon je 5 weiBen M~usen. - - Kontrolltiere: 100 mg/kg Evipannatrium i .p . - -

Versuchstiere: Physostigmin s.c. bzw. Pervitin s.c. 10 rain vor Evipan.

Gruppe

I

I I I I I IV

V VI

Dosis mg]kg

100,0 0,5 0,1 0,5 0,1

0,2 0,5 0,2

Evipan -k Pervitin 4- Physostigmin

Pervitin + Physostigmin

+ Physostigmin Pervitin + Physostigmin

~ittlere Narkosedauer

Minuten ] Differenz %

62,4 52,8 57,2

39,2

48,2 28,4

I I : I = - - 15 I I I : I - - - - 8 I V : I = - - 3 7 I V : I I = - - 26 I V : I I I -- - - 3 1 V : I = - - 2 3

V I : I : - - 5 5 VI : I I - - - - 46 VI :V -- - - 4 1

P-Wert

< 0,1 0,1 0,001 0,02 0,001 0,001 0,001 0,01

< 0,001

Tabelle 6. Wirkung von Adrenalin, Noradrenalin und Mintacol im postnarkotischen Stadium

Gruppen yon je 5 weil~en Mi~usen erhielten 50 mg/kg Evipannatrium i.p. - - Nach dem Erwachen (Aufrichten aus passiver Seitenlage im Mittel nach 17,6 min) wurde Adrenalin, Noradrenalin (je 1 mg/kg s.c.) bzw. Mintacol (0,5 mg/kg i.m. ;* 0,25 mg je kg i.v.) injiziert. - - Die Zahlen bedeuten Dauer in Minuten der wiedereingetretenen

Narkose (Ertragen passiver Seitenlage).

Adrenalin I [ Noradrenalin I 5fiatacol

0,0,4,0,0 i[ 8,9,6,12,9 I 11,13",14,0,10

wirken hemmend, Cocain verst~rkend. Auch Prostiqmin, das als wenig lipoidlSsliche quatern~re Stickstoffverbindung nur schwer ins Zentralnervensystem eindringt and bei i.v. Injektion blutdrucksenkend wirkt, verursacht wie Eserin Blutdruckstei- gerung, wenn man es intracisternM injiziert. Atropin schwi~cht die pressorische Wirkung ab. (DIRNttUBER U. CULLUMBINE ; VARAGIC ; ]:~ORNKIEWICZ U. KOBtNGER. Hier auch die Mtere Literatur.) All das spricht fiir einen iiberwiegend zentralen Angriffspunkt der Wirkung: die zentrale Ausl6sung von Impulsen, die nach Passie- ren peripherer Ganglien sich adrenergisch auswirken.

An de r m i t U r e t h a n oder A v e r t i n n a r k o t i s i e r t e n Ratte h a t eine k le ine Dosis Mintacol (0,1 m g / k g i .m.) , die bei M~iusen die Na rkose ve rk i i r z t , ke ine B l u t d r u c k w i r k u n g ; eine groBe Dosis (0,5 mg/kg) , die bei M~usen die N a r k o s e d a u e r ver l i inger t , v e r u r s a e h t eine s ta rke B l u t d r u e k s t e i g e r u n g ,

die 1 0 - - 2 5 m i n a n d a u e r t (Abb. 2a). Be i Katzen f i ih r t P h y s o s t i g m i n zu e iner 1 0 - - 1 5 f a c h e n E r h 6 h u n g der A d r e n a l i n s e k r e t i o n aus den

Page 10: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 447

Nebennieren (STEw~T U. ROGOFF). Die bei der Ratte nach Mintacol auftretende Blutdrucksteigerung beruht aber nicht ausschlieltlich auf einer Adrenalinausschfittung aus dem I~ebennierenmark, da sie auch am adrenalektomierten Tier auftr i t t (Abb. 2 b). - - Auch bei Mi~usen wirkt Mintacol blutdrueksteigernd (Abb. 2 c).

Die Ursache dafiir, dal3 die Narkosedauer dureh gr613ere Physostigmin- und Mintacoldosen verli~ngert wird, wenn diese kurz vor dem Narkot icum

Abb. 2. 7Blutdruekwlrkung yon Mintacol in Avertin- und Evipannarkose a Ratte (180 g) Aver t in - narkose. - - b Ratte (200 g) Aver t innarkose (20 min vo r Mintacol in jekt ion Nebemfieren ex t i rp ie r t ) . c Maus (23 g) Aver t innarkose (Zei tschre ibung 10 sec). - - d und e Ratten (je 180 g) Ev ipanna rkoae

(siehe NIethodik). - - M Nlintacol - - Ze i t schre ibung in a, b, 4 a n d e: 1 m i a

injiziert werden, jedoch verkiirzt wird, wenn die Injektion liingere Zeit vor derjenigen des I~arkotieums erfolgt, obwohl in beiden Fi~llen die Cholinesteraseaktivit~t des Gehirns etwa gleichstark gehemmt ist (siehe Tab. 3), liegt demnach offensichtlich darin, dal3 im ersten Fall die an sigh zu Narkoseverkiirzung ffihrende t I emmung der Fermentakt ivi t~t durch die Freisetzung bzw. das Wirksamwerden yon Sympathicusstoffen sozusagen gegenregulatoriseh fiberlagert und die Narkoseverkfirzung in eine Narkoseverl~ngerung umgewandelt wird, wie das aueh bei der

Page 11: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

448 1:). HOLTZ, H. BALZEI~ u n d E. W~STEaMANN:

subcutanen Injektion der Sympathicuss tof fe der Fa l l war (vgl. Tab. 4, Vers. Nr. 1- -4) . D a die m i t B lu td rueks te ige rung verbundene, narkose- ver l~ngernde , ,adrenergische bzw. noradrenergische Phase" der Gesamt- r eak t ion eher (naeh 5 - - 2 5 rain) abk l ing t als die tage lang anhal tende , narkoseverkf i rzende , ,cholinergische P h a s e " der Chol inesterasehemmung, wi rken auch die hohen Dosen der Chol ines terasehemmer narkosever- kiirzend, wenn sie mindes tens 30 min vor dem Narko t i cum in j iz ier t werden. Die Abb. 1 s te l l t die zei t l ichen Beziehungen zwischen He lnmung der Cholinesterase des Gehirns und A r t der Narkosebeeinf lussung - - ob ver l~ngernd oder verkf i rzend - - dar.

Die oben gegebene Deu tung erh/~lt dureh Vergleichsversuche mi t Avertin und Evipan als Narko t i ca eine weitere Stfitze. - - In dem Ver- such der Tab. 7 wurden Gruppen weil3er M/~use mi t Ave r t i n bzw.

Tabelle 7. Beein/lussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase wiihrend der Narkose

Gruppen yon je 5 weii3en M~usen. - - Kontrolltiere: 75 mg/kg Evipannatrium bzw. 300 mg/kg Avertin i.p. - - Versuchstiere: 0,5 mg/kg Mintacol i.m. 5 rain nach

Injektion des Narkoticums

Vers. Dosis Mittlere Narkosedaucr

Nr. mg/kg Minuten] Differenz % P-Wert

I 75,0 Evipan 28,0 - - - -

1 I I 75,00,5 + MintacolEVipan 14,6 I I : I ~ - -48 < 0,001

. . . . . I 300,0 Averti1~ . . . . . . . . . . 39,4-= J --: - . . . . . . . . . . . . . . .

2 I [ 300,00,5 + MintacolAVertin 51,4 I I : I ~ +31 ~ 0,01

mi t E v i p a n narkot i s ie r t . 5 rain nach der in t r ape r i tonea len In j ek t i on des Narko t icums , als die Tiere schon Sei ten- und Ri iekenlage er t rugen, er- hiel ten sie eine i .m. I n j e k t i o n yon 0,5 mg/kg Mintacol . Die Avertinnarkose wurde erwartungsgemi~B verl/~ngert, die Evipannarkose aber s ignif ikant verkfirzt . Die Erkl/~rung ist , dab E v i p a n die in Aver t innarkose - - und in Ure thanna rkose - - nach h6heren Physos t igmin- bzw. Mintacoldosen zus tande kommende b lu td rucks te ige rnde , ,adrenergische R e a k t i o n " wei tgehend verh inder t , wie schon von SCHAVMA~ mi tge te i l t wurde : die dureh 0,5 mg/kg Mintaeol i .m. bei ,,Avertinratten" verursachte B lu td rucks te ige rung (siehe Abb. 2a und b) b le ib t bei mi t Evipan nar- ko t i s ie r ten R a t t e n aus oder i s t nur sehwach ausgebi lde t (Abb. 2 e und d).

Das steht nicht in Widerspruch mit den in Tab. 1 dargestellten Ergebnissen, da6 auch die Evipannarkose durch 0,5 mg/kg Mintacol verldngert wird. In diesen Versuchen wurde Mintacol vor Evipan injiziert und hatte Zeit, vor Applikation des Narkoticums die blutdrucksteigernde, narkoseverl~ngernde ,,adrenergische Reaktion" auszul6sen. In den Versuchen der Tab. 7 wurde Mintacol erst nach Evil)an injiziert und konnte, wie in den Blutdruckversuchen der Abb. 3, die

Page 12: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 449

blutdrucksteigernde, narkoseverISr~gernde ,,adrenergische Reaktion" nicht mehr auslSsen. Deshalb kam in diesem Fall lediglich clio reine narkoseverkiirzende Wirkung der Cholinesterasehemmung zur Geltung.

Bei Meerschweinchen schliei31ich, bei denen Mintaco l (0,2, 0,5 und 1 m g / k g i.m.) den B l u t d r u c k en tweder unver / tnder t lie~ oder ihn - - u m g e k e h r t wie bei R a t t e n - - senkte , wi rk te auch der kurz vor E v i p a n in j iz ie r te Chol ines te rasehemmer n ich t narkosever l / ingernd, sondern ver- kf i rzend (Tab. 8).

Tabollo 8. Beein/lussung der Narkosedauer dutch Mintacol bei Meerschweinchen Meerschweinchen erhielten 20 mg/kg Evipannatrium i.p. bzw. 12 min vor Evipan

0,5 mg/kg Mintacol i.m.

Tier Nr. Tiergewicht /N~ark°sedauer in Miuuten

480 290 390 440

Evipan Evipan Evipan + Mintacol Evipan + Mintacol

29 35 17 13

Im Gegensatz hierzu fanden FROMMEL U. Mitarb., dab Neostigmin (Dimethyl- carbamins£ureester des m-gydroxyphenyltrimethyl-ammoniumbromids) bei Meer- schweinchen und Kaninchen die Somnifen- bzw. Narconumalwirkung verstarkt. Es erscheint aber zweifelhaft, ob es sich hierbei iiberhaupt um eine zentrale Wirkung des Cholinesterasehemmers handelte, da Neostigmin als quaternare Ammonium- base kaum ins Zentralnervensystem eindringt, und andererseits die Versuchstiere auf die angewandten Dosen mit starken peripheren Erscheinungen (muskul~re Zuckungen) reagierten. Demgegeniiber vorursachte die hSchste, in unseren Ver- suchen angewandte Mintacoldosis (0,5 mg/kg) bei Mi~usen und Meerschweinchen keinerlei wahrnehmbare periphere Wirkung.

2. Beein/lussung der Toxicitdit des Mintacols dutch Evipan

I n Urethan- oder Avertinnarkose reag ie r ten R a t t e n au f die I n j e k t i o n yon 0,5 mg /kg Mintaco l m i t einer s t a rken B lu td rucks t e ige rung ; in Evipannarkose blieb diese aus oder war nur schwach (vgl. Abb. 2a , c, d). Bei d iesen Versuchen fiel auf, dab eine zweite I n j e k t i o n der gleichen Mintacoldosis fiir die mi t U r e t h a n oder Ave r t i n na rko t i s i e r t en Tiere meis tens tSdl ich war, yon den mi t E v i p a n na rko t i s i e r t en Tieren jedoch i ibe r s t anden wurde.

A n R a t t e n und M/iusen haben wir un te r such t , wie die tSdliche Minta- coldosis durch E v i p a n beeinflui3t wird. Absolu~ t6dl ich f/Jr Ratten waren 0,5 mg/kg , ftir M~iuse 1,0 mg/kg Mintacol i .m. Die Tiere s t a rben 10 bis 20 rain nach der In jek t ion . Aus der Tab. 9 i s t zu ersehen, dal3 Evipan, im Anschlul3 an die i .m. I n j e k t i o n yon Mintacol i n t r ape r i t onea l in j iz ier t , si~mtliche Tiere vor der sonst tSdl ichen W i r k u n g schi i tzt .

Diese Schu tzwi rkung des Evipans re icht bei we i t em n ich t an die jenige des Atropins heran. Nach Vorbehand lung m i t z. B. 10 mg /kg At rop in . sulf. wi rd von M~usen die 4]ach tSdl iche Mintacoldosis (4 mg/kg i .m.)

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450 P. HOLTZ, H. BALZER und E. WESTE~AN~ :

f ibers tanden (siehe hierzu auch WIaTH). Bei zus~tzlicher Verabfolgung yon Evipan wird auch die 5fach t6dlichc Dosis Mintacol, an der sonst die nur mi t Atropin bchandel ten Tierc s~mtlich sterben, yon allen Tieren fiberlebt (Versuchsergebnisse an Gruppen yon je 3 Ticren).

Zur Unterdriickung der durch die Cholinesterasehemmer ausgelSsten peripheren muscarinartigen Wirkungen wtirden viel kleinere Atropindosen (0,1--1 mg/kg) geniigen. Die Dosis yon I mg/kg Atropin war aber nur in der Lage, vor der t6dlichen Wirkung der doppelten Dosis ]etalis yon Mintacol zu schiitzen. Die st~rkere

Tabelle 9. Beein/lussung der Toxicitiit des Mintacols durch Evipan Gruppen weiBer M~use (17--21 g) und Ratten (95--115 g) erhielten 0,5--2,0 mg/kg Mintacol i.m., ein Teil der Tiere gleich anschliel~end 100--125 mg/kg Evipan-

natrium i.p. I Tierart Mintacol mg/kg [ Evipan mg/kg gestorben fiberlebend

Mguse

Ratten

Anzahl derTiere

6 --- 6 0,5 6 1,0 6 1,0 6 2,0

4 4 0,5 5 0,5

I 100

100 100

0 0 6

I 0

6

125 0 l - - ! 4 125 i 0

6 6 0

. . . . . . . . . . . .

4 0 5

Schutzwirkung yon 10 mg/kg Atropin spricht deshalb dafiir, dab der t6dliche Aus- gang der Vergiftung wesentlich dta'ch die zentralen Wirkungen der Cholinesterase- hemmer mitverursacht ist, und dab auch diesc sich durch Atropin, wenn man hoch dosiert, bis zu einem gewissen Grade untcrdriicken lassen. ERDMANN U. LENDLE konnten zeigen, dab sich die t6dliche Mintacoldosis fiir Meerschweinchen bei i.v. Infusion durch Vorbehandlung mit gro/3en Atropindosen sti~rker erh6hte als durch Vorbehandlung mit kleineren Atropindosen.

So l~Bt sich auch die durch Mintacol zentral ausgclSste Blutdruck- steigerung an der Ratte (Abb. 3a) durch l0 mg/kg Atropin, das 30 rain vorher i.m. inj iziert wurde, abschw~chen, wenn auch nicht ganz ver- h indern (Abb. 3b). Auch Hexamethonium (20 mg/kg), kurz vor Mintacol i.v. injiziert , war n icht in der Lagc, die pressorische Wirkung zu ver- hindern, schien sie vielmehr sogar zu verst£rken, obgleich die verabfolgte Dosis wohl zu einer vollst i indigen ganglion~ren Blockade ausreichtc (Abb. 3c). Die Erkl~rung dfirfte sein, dab Hcxamethon ium zwar die sympath ischen Ganglien, n icht aber das Nebennierenmar]c vollst~ndig blockiert, so dab die un te r der Mintacolwirkung aus den Nebcnnieren noch sczernierten Adrena l inmengen bei der ganglioplegisch sensibili- sierten Peripherie un te r Umst~nden sogar einc verst'~rktc pressorische Wirkung haben. Verabfolgt m a n sowohl Atropin als Hcxamethon ium, so verursacht Mintacol keine Blutdruckste igerung mehr (Abb. 3d). At ropin scheint die nach Hexamethon ium nur unvollsti~ndige Blockade des Nebennie renmarks zu einer vollst~ndigen zu machen.

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H e m m u n g d e r C h o l i n e s t e r a s e d e s G e h i r n s u n d N a r k o s e d a u e r 451

I n e i n e r ~ t i h e r e n A r b e i t (GREEFF, WESTERMAI~N U. B O l t e d ) f a n d e n w i r , d a b d i e b h ~ r u e k s t e i g e r n d e , z u m Te i l d u r e h e ine I - [ o r m o n a u s s e h i i t t u n g a u s d e m N e b e n - n i e r e n m a r k v e r u r s a e h t e W i r k u n g h o h e r C h o l i n d o s e n b e i K a t z e n s i eh ( l u r c h d e n

Abb. 8. Beein/lussung get pressorischen Wirkung des Mintaeols dutch Atropin und Hexamethonium. Ra22en (160--250 g) in Urethannarkose. Kilnstliche Beatmung. a 0,5 mg/kg Mintacol (M) i.m. b wie a jedoch 30 rain vor ~ in tacol 10 mg/kg Atropin. sulfuric, i.m. - - c wie a jedoch 3 mia vor Minta¢o120 mg/kg Hexamethonium (H) i.v. - - d wie a jedoch 30 rain vor Mintaco110 mglkg Atropin.

sulfuric, i.m. und 2 rain vorher 20 mg/kg t texamethonium (H) i.v. - - Zeitschreibung: 1 rain

Abb. 4. Beein/lussung der pressorischen Wirkung des Mintacols du~'ch Hexamethonium an der normalen (b) und adrenalektomierten Ratte (a). Urethannarkose. Kltnstliche Beatmung. - - Ratte (a) 190 g, Adrenalektomie 20 rain vor Mintacclinjektion. - - Ratte (b) 250 g, M Mintacol i.m., H Hexamethonium

i.v., R Regitin i.v. [2- (N-p-Tolyl-N-m-oxyphenyl-aminomethyl)-imidazolin]

G a n g l i e n b l o e k e r P e n d i o m i d ( N , S I , N ' , N ~ - 3 - p e n t a m e t h y l - N , N ~ - d i ~ e t h y l - 3 - a z a p e n t y - l e n - l , 5 - d i a m m o n i u m d i b r o m i d ) a b s c h w i ~ c h e n u n d d u t c h e ine z u s ~ t z l i c h e D o s i s y o n n u r 100 y / k g A t r o p i n v o l l s t i i n d i g v e r h i n d e r n lieB.

Page 15: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

452 P, HOLTZ, ~I, BALZER und E. WESTEt~MANN:

Die oben gegebene Deutung der Atropinwirkung steht im Ein ldang damit , dal3 an der adrenalektomierten Rat te Hexamethon ium auch ohne Afroloin den durch Mintacol verursachten Blutdruckanst ieg vollstKndig au fheb t (Abb. 4 a), w/ihrend es diesen am Normaltier nur kurzfristig senkt (Abb. 4b). I)er erneute Blutdruckanst ieg 1/~I3t sich d a n n durch ein Sympath ico ly t icum (Regitin) vollst~ndig beseitigen (Abb. 4b).

3. JDer Ein/lu[3 von Atropin au/ die narkoseverki£rzende Wirkung der Cholinesterasehemmer

Atropin schwiicht bei hSherer Dosierung die narkoseverkiirzende Wi rkung des Mintacols ab, obwohl es selbst narkoseverkiirzend wirkt (Tab. 10, Vers. Mr. 1). Die kleine Dosis yon 0,5 mg/kg verkfirzt zwar

Tabelle 10. Beein/lussung der Narkosedauer durch Atropin und Cholinesterasehemmer Gruppen yon je 5 weil]en Mgusen. - - Kontrolltiere: 75--100 mg/kg Evipannatrium i.p. - - Versuchstiere: Mintacol i.m. 12 Std vor Evipan. - - Physostigmin s.c.

10 rain, Atropin s.c. 30 rain vor Evipan

~r.

I

II I I I IV

V VI

D

I

II III ]V

Dosis mg/kg

O0,OI 0,5 I 0,5 ] 0,5 ] 0,5

5,0 0,5 5,0

75,0 0,1 1,0 0,1 1,0

Evipan + Mintacol + Atropin

Mintacol + Atropin

+ Atropin Mintacol + Atropin

Evipan -4- Physostigmin + Atropin

Physostigmin -4- Atropin

Mittlere Narkosedauer

Minuten I Differenz %

78,6i 4 4 , 8 II: I = - - 4 3 64,6 ' I II : I = - - 1 8 49,2 IV: I = --37

IV: II = +10 I V : I I I = - - 24

48,2 ] V: I ~ - - 3 9 i

VI: I = --23 60,2 VI: II : +35

VI: V = +26

42,0 23,8 19,6

33,4

I I : I = --43 III : I = --53 IV: I = - -21 IV: II = + 40 IV:I I I = +70

P-Wert

m

< 0,001 < 0,02 < 0,001

0,1 < 0,001 < 0,001 < 0,01 < 0,001 < 0,1

< 0,01 < 0,01 < 0,1 < 0,05 < 0,05

selbst die Narkosedauer von 78,6 auf 64,6 min, l~13t aber die narkose- verkiirzende Wi rkung des Mintacols unbeeinfluBt (Vers. Nr. 1, Gruppe I his IV). Demgegenfiber wird dutch die 10fach h6here Atropindosis (5 mg/kg), obwohl sie an sich die Markose starker verkfirzt als die 10fach kleinere Dosis, die Mintacolwirkung deutlich abgeschwacht, so dab Mintacol die Markosedauer nicht mehr yon 78,6 auf 44,8, sondern n u t noch auf 60,2 rain verkfirzt (Vers. Mr. 1, Gruploe V und VI). - - Dasselbe Ergebnis ha t t en Versuche, in denen Physost igmin ans ta t t Mintacol als Cholinesterasehemmer verabfolgt wurde (Tab. 10, Vers. Mr. 2).

Page 16: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 453

4. Die Beein/lussung der narkoseverldingernden Wirkung des Serotonins und Reserpins dutch Hemmung der Cholinesterase

a) In friiheren Untersuchungen (HoLTz, BXLZER, WESTERMANN U. WEZLSR) ha t t en wir gefunden, dall die narkoseverlangernde Wirkung des Serotonins bei intraperitonealer In jek t ion naeh 50 mg/kg nicht s tarker war als nach 20 und 10 mg/kg. Inj iziert man subcutan, so finder man eine deutliche Abh~ngigkeit der Wirkung yon der Dosis {Tab. 11). Schon 1 mg/kg, das bei intraperi tonealer Injekt ion wirkungs/os ist, verl~ngert bei subcutaner In jekt ion die Evipannarkose um 64~o, 5 bzw. 25 mg je Kilogramm s.c. verl~ngern sie um 195 bzw. 335% (Vers. Nr. 1).

Tabolle 11. Beeinflussung der narkoseverMngernden Wirkung des Serotonins durch Mintacol bzw. Iproniacid

Gruppen yon je 5 weil~en Mi~usen. - - Kontrolltiere: 60--75 mg/kg Ev ipanna t r ium i.p. - - Versuchstiere: Serotonin s.c. 10 mill vor Evipan. Mintacol bzw. Iproniacid

i.m. 20 Std vor Evipan

Vers. Grup- Dosis Nr. pe mg/kg

Mittlere Narkosedaue

Minuten] Differenz % P-Weft

2a

2b

I 60,0 Evipan 15,0 I I 1,0 + Serotonin 24,6

I I I 5,0 + Serotonin 44,4

IV 25,0 + Serotonin 65,4

I 75,0 Evipan 23,6 I I 0,5 + Mintacol 12,0

I I I 2,0 + Serotonin 33,0 IV 0,5 + Mintacol 20,0

2,0 Serotonin

V 20,0 + Serotonin 54,0 VI 0,5 Mintacol 32,4

20,0 + Serotonin

I I : I = + 64 I I I : I = + 1 9 5 I I I : I I = + 81 IV: I = + 3 3 5 IV: I I = + 168 I V : I I I = + 47

I I : 1 = - - 4 9 I I I : I = + 40 IV: I 15 IV: I I = + 67 IV: I I I 65

V: I = + 128 VI : I = + 37 VI : I I = + 1 7 0 VI : V 38

+ Iproniacid VII : I = - - 36 Iproniacid VI I I : I = - - 8

+ Serotonin VI I I : I I I = - - 35 VI I I : VI I = + 44

Iproniacid I X : I = + 21 + Serotonin I X : V = - 47

I X : V I I = + 91

< 0,001 < 0,001 < 0,01 < 0,001 < 0,001 < 0,05

< 0,001 < 0,001 < 0,1 < 0,01 < 0,001 < 0,001 < 0,01 < 0,001 < 0,01

< 0,001 < 0,6 < 0,01 < 0,1 < 0,05 < 0,001 < 0,001

W / i h r e n d d ie n u r s c h w a c h e n a r k o s e v e r l / i n g e r n d e W i r k u n g d e s Nor- adrenalins d u r c h M i n t a c o l u n d P h y s o s t i g m i n ve r s t / £ rk t w u r d e (vgl .

T a b . 4), w i r d d ie n a r k o s e v e r l / i n g e r n d e W i r k u n g des Serotonins a b g e -

s c h w / i c h t ( T a b . 11, Vers . Nr . 2a ) . - - D e r z w e i t e Te i l d e s V e r s u c h s

(Nr. 2 b ) ze ig t n u n , d a b i n g l e i c h e r W e i s e wie e ine H e m m u n g d e r

Page 17: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

454 P. HOLTZ, H. J3ALZER und E. WESTERMANN :

Cholinesterase (Nr. 2a ) , so a u c h die B l o c k i e r u n g d e r Monoaminoxydase d u r c h I p r o n i a c i d d ie n a r k o s e v e r l ~ n g e r n d e W i r k u n g des S e r o t o n i n s f a s t

a u f h e b t . H e m m t m a n a n d e r e r s e i t s d u r c h g l e i chze i t i ge V o r b e h a n d l u n g d e r

V e r s u c h s t i e r e m i t P h y s o s t i g m i n o d e r M i n t a c o l und I p r o n i a c i d s o w o h l die

Tabelle 12. Beein]lussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase u,wl Monoaminoxydase

Gruppen von je 5 weiBen M~usen. - - Kontrolltiere: 60 80 mg/kg Evipannat r ium i.p. - - Versuchstiere: Iproniacid und Mintacol i.m. 20 Std vor Evipan. - -

Physost igmin s.c. 10 min vor Evip~n

Vers. Grup- Nr. pe

1 I I I

I I I IV

2 I I I

I I I IV

3 I I I

4 I I [

I I I IV

5 I I I

I I I IV

Dosis mg/kg

60,0 0,1

100,0 0,1

100,0

60,0 0,1

100,0 0,1

100,0

75,0 0,!

100,0

75,0 0,5

100,0 0,5

100,0

80,0 0,5

100,0 0,5

100,0

Evipan + Physostigmin ÷ Iproniacid

Physostigmin + Iproniacid

Mittlere N~rkosedauer i

Minuten i Differenz %

18,4 9,0 9,4

29,0

Evipan 16,4 -}- Physost igmin 11,8 + Iproniacid 11,0 ~_ Physostigmin 22,6 ' Iproni~cid

Evipan Physostigmin

-~ Iproniacid

Evipan Mintacol

÷ Iproniacid Mintacol + Iproniacid

24,8

30,8

34,0 22,6 12,4

25,2

Evipan 55,0 + Mintacol 41,2 + Iproniacid 34,8

Mint~col + 45,0 Iproniacid

I I : I - - 56 I I I : I -- - - 49 IV: I = + 57 IV: H = - - 2 2 2 IV : I I I + 208

I I : I . . . . 28 I I h I 33 IV: I = + 38 IV: I I + 92 I V : I I I + 106

I I :

P-Wert

0,05 0,05 0,02 0,01 0,01

0,05 0,05 0,3 O,02 O,02

w

I =: + 24 ~ 0 , 0 5

I I : I - - 34 I I I : I : - - - 64 IV: i -- 26 IV: I I : q- 11 I V : I I I -- q- 103

0,02 ~ 0 , 0 0 1

0,05 < 0 , 2 < 0 , 0 0 1

<0 ,001 < 0 , 0 0 1

0,2 0,2 0,01

I I : I - - - - 26 I l l : i = - - 37 IV: I - - - - 18 IV: I i - + 10 I V : I I I - - + 29

C h o l i n e s t e r a s e a ls a u c h die A m i n o x y d a s e des G e h i r n s , so a d d i e r e n s ich n i c h t d ie zu N a r k o s e v e r k f i r z u n g f f i h r e n d e n E i n z e l w i r k u n g e n , s o n d e r n

h e b e n s ich g e g e n s e i t i g auf , o d e r w e r d e n s o g a r in e ine n a r k o s e v e r l / ~ n g e r n d e

W i r k u n g u m g e w a n d e l t (Tab . 12).

Page 18: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Naxkosedauer 455

E i n e / i h n l i c h e p a r a d o x e W i r k u n g beobach t e t m a n un te r b e s t i m m t e n Versuchsbedingungen bei der gleichzei t igen E inwi rkung yon Reserp iu

und Mintacol . b) Die narkoseverldngernde W i r k u n g des Reserpins , der eine in i t ia le

Phase der Narkoseverk / i r zung vo rau fgeh t (Tab. 13, Vers. Nr . 6, 7, 8), e r re icht bei M£usen ungef/ ihr 5 S td nach der I n j e k t i o n ihr Maximum, verschwinde t im Laufe yon 2 2 - - 2 4 S td und geht dann in eine narkose- verkiirzende W i r k u n g fiber (Abb. 5). Die Phase der narkoseverkf i rzenden Rese rp inwi rkung schwank t u m die 24-Stundengrenze . Nach 30 S td h a t Reserp in keinen s igni f ikanten EinfluB mehr a u f die Narkosedauer .

+ 500 %

+200

+ 700

o . t

. . ~ s " ° - S ~ • •

k , I

-7000 70mint 5 70 7~ gO 2£ N'}d 30

Abb. 5. Verldngerung und Verk~zung der iVarkoseclauer dutch Re~e~pln in Abh~ngig~ei~ yon tier E~n- wirkungszeit. Gruppen yon je 5 weiflen i~usen. - - Kontrolltiere: 50--75 mg/kg Evipannatrium i.p. - - Versuchstiere: 4 rain bis 30 Std vor Evil)an 2 mg/kg Reserpin s.c. - - Prozentuale .~nderung der

Narkosedauer gegenfiber den en~sprechenden Kontrollgruppen (siehe auch Tab. 13)

Die Beeinflussung der Rese rp inwi rkung durch Chol ines te rasehemmer h/~ngt von dem Z e i t p u n k t ab, zu dem un te r such t wird. I m Versuch 1 der Tab. 13 wurde die narkoseverl~ingernde W i r k u n g des 2 S td vor E v i p a n in j iz ie r ten Reserp ins durch Physos t igmin , das in d iesem Versueh die Na rkosedaue r ebenfal ls e twas verl / ingerte , vol ls t i indig aufgehoben, und in den Versuchen 2 und 3 durch Mintaeo l abgeschw/~eht. U m g e k e h r t k a m es in den Versuehen 4 und 5, in denen Rese rp in 24 S td vor E v i p a n verab- folgt worden war und die Narkose verkiirzte, dureh Mintacol , das an sieh ebenfal ls eine Verki i rzung der Na rkosedaue r verursaehte , zu einer s t a rken VerlSngerung der Narkose , w/~hrend im gleiehen Versuch (Vers. Nr. 4, Gruppe V - - V I I ) die narkoseverl5ngernde W i r k u n g des nur 4 S t d vor E v i p a n in j iz ie r ten Reserp ins wiede rum durch Mintacol abgesehw/ieht wurde. Naeh 30 S td schlieBlieh (Vers. Nr. 5, Gruppe V und VI) beeinfluBt Reser- p in die Na rkosedaue r n ich t mehr , und Mintacol wi rk t wie am Normal t i e r .

Page 19: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Ver8. Nr.

P. ~IOLTZ, H. BALZER und E. WESTERMANN:

Tabelle 13. Reserpin und Cholinesterasehemmer

Gruppen yon je 5 weiBen M~usen. - - Kontrolltiere: 50--75 mg/kg Evipanna t r ium i.p. - - Versuchstiere: Physostigmin s.c. 10 rain vor Evipan. - - Mintacol i.m.

4 ~ 2 4 Std vor Evipan. - - Reserpin s.c. (* i.v.) 4 min bis 30 Std vor Evipan

Mittlere Narkosedauer Dosis mg/kg

I 50,0 II 0,2

III 1,0 IV 0,2

1,0

456

II III IV

I

I I I I I IV

I 75,0 I I 0,05

I I I 1,0 IV 0,05

1,0

50,0 0,5 2,0 0,5 2,0

Evipan + Physost igmin 4 Reserpin (2 Std)

Physost igmin + Reserpin (2 Std)

Ev ipan 4 M i n t a c o l (10 min) + Reserpin (2 Std)

Mintacol 4 Reserpin (2 Std)

Evipan + Mintacol (20 Std) + Reserpin (2 Std)

Mintacol (20 Std) + Reserpin(2 Std)

Minu~en I

6,: 17, 55;

18,:

44, 21¢ 53,

36,6

7,6 0

26,4

12,4

Differenz % P-Wert

I h I = 4 1 5 2 I I I : I ~ 4 7 2 0 IV: I = + 176 IV: I I = + 9 I V : I I I = - - 66

I I : I ~ - - 52 I I I : I = 4 22 IV: I ~ - 17 IV: I I = + 73 I V : I I I = - 32

< 0 , 0 5 < 0 , 0 0 1 < 0 , 0 2 < 0 , 7 < 0 , 0 1

< 0 , 0 0 1 < 0 , 0 1 <0,01 < 0 , 0 1 < 0 , 0 0 1

< 0 , 0 0 1 < 0 , 0 5 < 0 , 0 0 1

I I : I = - - l O 0 I I I : I = 4 2 4 8 IV: I = + 63 IV: I I = - - 53

75,0 Evipan 21,8 - - - - 0,5 + Mintacol (24 Std) 10,5 I I : I = - - 52 < 0,001 2,0 + Reserpin (24 Std) 15,8 I I I : I ~ - - 28 < 0,001 0,5 Mintacol (24 Std) 42,0 IV: I ~ 4 93 < 0,001 2,0 + Reserpin (24 Std) IV: I I = 4 3 0 0 < 0,001

I V : I I I ~ + 166 < 0,001 V 0,5 4 Mintacol (4 Std) 13,2 V:

VI 2,0 4 Reserpin (4 Std) 87,0 VI : VII 0,5 Mintacol (4 Std) VII :

2,0 + Reserpin (4 Std) 62,0 VII : VII :

I 75,0 Evipan 27,0 I I 0,5 + Mintacol (7 Std) 13,6 I I :

I I I 2,0 4 Reserpin (24 Std) 12,6 IV 0,5 Mintacol (7 Std)

2,0 4 Reserpin (24 Std) 55,4

V 2,0 4 Reserpin (30 Std) 24,0 VI 0,5 Mintacol (7 Std) 18,6

2,0 4 Reserpin (30 Std)

I 60,0 Ev ipan 29,4 I I 2,0 + Reserpin* (4 min) 15,2

I = - - 39 I = 4 3 0 0 I = 4 1 8 4 V = 4 3 7 0

V I = - - 29

I = - - 50 I I h I ~ - - 53 IV: I = + 1 0 5 IV: I I = + 3 0 7 I V : I I I = 4 3 4 0 V: I = - - 11

VI : I x - - 31 VI: I I ~ + 37 VI: V ~ - - 22

I I : I ~ - - 4 8

< 0 , 0 0 1 < 0 , 0 0 1 < 0 , 0 0 1 < 0 , 0 0 1 < 0 , t

< 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,001 < 0,6 < 0,05 < 0,2 < 0,4

0,001

Page 20: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

ttemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 457

Ve~s. Hr.

I II III

Tabelle 13 (Fortsetzung)

Dosis mg/kg

i0,0 2,0 2,0

Evipan + l~eserpin (10 rain) + Reserpin (75 min)

Evipan + Reserpin ( 7 rain) + Reserpin (75 min)

1~[ittler e l~arkosedauer

Minuten] Differenz % P-Wer t

I I : I : - - 36 I I I : I : + 54

I I : I = - - 35 I l l : I = + 34

23,2 14,6 35,8

23,8 15,4 31,8

0,01 0,01

0,O01 0,02 0,001

5. Die Beein/lussun 9 der Narkose dutch Trijodthyronin

Ftir eine Reihe yon Pharmaka, die ganz verschiedenen chemischen und pharma- kologischen Gruppen angehSren, ist nachgewiesen worden, dal~ sie durch Ent- koppelun9 der oxydativen Phosphorylierung in den Energiestoffwechsel eingreifen. Kausale Zusammenh~nge zwischen pharmakologischer und biochemischer Wirkung sind aber nur dann wahrscheinlich, wenn wenigstens der Konzentrationsbereich fiir beide Wirkungen yon der gleichen GrO•enordnung ist.

Der Prototyp eines die o x y d a t i v e Phosphory l i e rung en tkoppe lnden k6rpere igenen Wirkstoffes i s t das Schilddri~senhormon. D a manchen zen t ra l s eda t iv oder na rko t i sch wi rkenden P h a r m a k a , z. B. den Barb i - t u r a t e n und manchen Pheno th i az inde r iva t en , eine ,,entkoppelnde" Wir- kung zugeschr ieben wird (L i t e ra tu r i ibe r s ich t bei BRODY), haben wir un te rsuch t , ob Tri~odthyronin, bei dem diese in ganz besonderem )/[aBe die Grundlage der W i r k u n g zu sein scheint , die Na rkosedaue r beeinfluBt.

Tabelle 14. Beein/lussung der Narkosedauer durch Trijodthyronin und 2,4-Dinitrophenol

Gruppen yon je 5 weiBen Mi~usen. - - Kontrolltiere: 75 mg/kg Evipannatrium i.p. - - Vemuchstiere: L-3,5,3'-Trijodthyronin s.c. 3 Tage lang 2 mg/kg t~glich; am 4. Tag

75 mg/kg Evipannatrium i.p. - - 2,4-Dinitrophenol s.c. 30 min vor Evipan

Vers. Orup- Dosis /~r. pe mg/kg

I 75,0 I I I 75,0

] 6,0 - - 75,0

75,0 20,0

Evipan Evipan

+ Trijodthyronin

Evipan Evipan

+ 2,4-Dinitrophenol

I Mittlere l~arkosedauer

Minuten Differenz %

38,0 ] 93,6 II:I= +146

II:I= + 66

P-Weft

<O,OOl

< 0,001

A n wei~en M~usen, die 3 Tage lang m i t Trijodthyronin (2 mg /kg t~glich) behande l t worden waren, wurde am 4. Tage der EinfluB dieser Vorbehand lung au f die Na rkosedaue r un te r such t . Die m i t Schi lddr i i sen- ho rmon behande l t en Tiere m a c h t e n einen e r reg ten E indruck . Aus der

Arch. exper. Path . u. Pharmakol . , Bd. 233 31

Page 21: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

458 P. HOLTZ, ~ . BALZER und E. WESTERMANN"

Tab. 14 (S. 457 ist zu ersehen, dal3 die narkotische Wirkung des Evipans trotzdem bei den Trijodthyronintieren gegenfiber den Kontrollen um ]46~o verlfingert war. - - In einem anderen Versuch verursachten 20 mg/kg 2,4-Dinitrophenol, 30 rain vor Evipan subcutan injiziert, eine

o~ Verl~ngerung der Narkosedauer urn 66/o.

Diskussion

1. In der sehon zitierten friiheren Arbeit (HoLTZ, BALZER, WESTER- MANY U. WEZLER) hatten wir gefunden, dab die Hemmung der Mono- aminoxydase des Gehirns durch Iproniacid (Isopropyl-isonicotinsgure- hydrazid) eine Verki~rzung der Evipan- und Avertinnarkose verursacht. Aus den jetzt mitgeteilten Untersuchungen geht hervor, dab die Hem- mung der Cholinesterase des Gehirns durch Physostigmin oder Mintacol die gleiche Wirkung hat. In beiden Fallen lieB sie sich nur demonstrieren, wenn man zwischen der Injektion des Fermenthemmers und derjenigen des Narkoticums einen bestimmten zeitlichen Abstand wahrte. Injizierte man Iproniacid (100mg/kg) bzw. 0,2--0,Smg/kg Physostigmin oder Mintacol kurz vor dem Narkoticum, so kam es trotz Hemmung der Fermentaktivitgten zu einer Verldngerung der Narkosedauer: im ersten Fall dutch Hemmung des Barbituratabbaus (FovTs u. BRODIE) ; deshalb wurde nur die Evipan-, nicht die Avertinnarkose dutch kurz vorher injiziertes Iproniacid verl£ngert. Im zweiten Fall dutch die Ausl6sung einer mit Blutdrucksteigerung einhergehenden ,,adrenergischen Reak- tion", die in der Avertinnarkose stark ausgepr~gt war und durch Evipan unterdrfickt wurde.

Diese ,,adrenergische" Reaktion trat bei Meerschweinchen, und nach kleinen Mintacoldoscn (0,02--0,1 mg/kg) auch bei Ratten, nicht auf; deshalb wirkte Mintacol in jeder Dosierung bei Meerschweinchen und in niedriger Dosierung auch bei Ratten nie narkoseverl~ngernd, sondern stets narkoseverkfirzend.

LieB man die ,,Primgrreaktionen" jedoch abklingen, bevor man das Narkoticum injizierte, so war sowohl bei den ,,Iproniacidtieren" als bei dell ,,Physostigmin-Mintacoltieren" die Narkosedauer signifikant ver- kfirzt. Daraus folgt, dab eine Blockierung der Monoaminoxydase sowohl als eine Hemmung der Cholinesterase des Gehirns sich narkoseverlciirzend auswirkt.

a) Die Abb. 6 stellt den zeitliehen Verlauf der Iproniacidwirkung auf die Monoaminoxydaseaktivit~t des Gehirns und der Leber sowie auf die Dauer der Evipannarkose dar. Ein Vergleich mit der Abb. 1, die den zeitliehen Verlauf der Cholinesterasehemmung in Gehirnhomogenaten und der Narkosebeeinflussung dureh MLntaeol zeigt, ergibt, da6 die Phase der narkoseverliingernden Iproniacidwirkung 14--18 Std, die der narkose- verl~ngernden Mintacolwirkung nur 5--10 min anh~lt. Die Bloekierung der Evipan abbauenden Fermente der Lebermikrosomen durch Iproniaeid

Page 22: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

Hemmung der Cholinesterase des Gehirns and Narkosedauer 459

dauer t viele Stunden, die dutch Mintaeol ausgel6ste ,,adrenergisehe Pr imar- reaktion'" bereehnet sieh naeh Minuten. Die sieh ansehlieBende, mehrere Tage anhal tende Phase der Narkoseverkiirzung unterseheidet sieh darin, dab sie bei den mi t Iproniacid behandel ten Tieren sehon beendet ist, und Iproniaeid die Narkosedauer nieht mehr beeinfluBt, obwohl die Amin- oxydaseakt iv i ta t des Gehirns noeh um 70% gehemmt ist (Abb. 6) - - , dab hingegen bei den mit Mintacol behandel ten Tieren die Narkosedauer t rotz nu t 50~oiger Hem- ÷s01 mung der Cholinesterase- °/o I aktivitat noeh stark ver- ÷~,o] k/irzt ist (Abb. I), wobei +z0 die in beiden Fallen noeh

vorhandenen Ferment- 0 ak t iv i t a ten ausreichen d/irften, um jede Anhau- -z0 fung freier Amine (Sero- -a0 tonin, Noradrenalin, Ad- renalin) bzw. freien Ace- -6o tylcholins unm6glich zu machen. -~o

Voraussetzung fiir eine -100 Narkoseverkiirzung durch H e m m u n g der Amin- oxydase mit Iproniacid ist offensichtheh die totale Bloekierung des Fermen- tes, so dab es zu einer Anl~u/ung freier, phar- makologiseh aktiver - - narkoseverk/irzender - - biogener Amine kommen

i

2 3 q 5 ¢ 75510

J

Abb. 6. Beeinflussung der 2iarkosedauer sowie der Mono- arainoxydase-Aktivitdt des Gehirns und der Leber dutch Iproni~cid. (Prozentuale Abweichung yon den Kontroll- werten.) Narkosedauer: Bes t immung an Gruppen yon je 5 weil~en M~usen. - - Kontrolltiere: 75 mg/kg Ev ipan - n a t r i u m i.p. - - Versuehstiere: 1 - - 1 1 0 Std vor E v i p a n je 100 mg/kg Ipron iac id i.m. - - Monoaminoxydase-Aktivigit: Kont ro l l - und Versuchst iere wie oben. Gehirn- und Leber- homogena te von je 3 weiBen Mi~usen. B e s t i m m u n g der F e r m e n t a k t i v i t / i t siehe Methodik. , s ignif ikant , o n ich t

signifikan t

kann; demgegen/iber ist fiir die Narkoseverk/irzung dureh Mintacol eine Anhaufung freien, pharmakologiseh akt iven Aeetylcholins an- scheinend nicht erforderlieh, da Mintacol auch dann zu Narkose- verkiirzung fiihrt, wenn die Cholinesteraseaktivitat im Gehirnhomogenat noeh 50% der Norm bet ragt oder - - wie in dem Versueh Nr. 3 der Tab. 1 naeh 0,02 mg/kg Mintacol - - f iberhaupt nicht nachweisbar verminder t ist, und deshalb eine ubiquitare Anhaufung freien Acetyleholins nieht m6glieh ware.

I)ie Tatsache, dab die Hemmung zweier verschiedener Fermente des Gehirns, der Aminoxydase und der Cholinesterase, den gleichen Effekt - - Vorkiirzung der lh~arkosedauer--hat, weist ja schon darauf hin, dab dor zugrunde liegende Wirkungs- meohanismus verschieden sein mull - - Kleinste Dosen yon Physostigmin oder

31"

Page 23: Beeinflussung der Narkosedauer durch Hemmung der Cholinesterase des Gehirns

460 P. ]~OLTZ, H. B£LZER und E. WESTERMANN:

Mintacol k6nne~l die Erregungsiibertragung in der motorischen Endplatte des quer- gestreiften Muskels dutch Hemmung der Cholinesterase beeinflussen, ohne da{3 die Fermenthemmung im Muslcelbrei nachweisbar w~re. - - In unseren Versuchen fiihrten kleinste Mintacoldosen, z.B. 0,02 mg/kg, schon zu einer signifikanten Ver- kiirzung der Narkosedauer, ohne dab im Gehirnbrei (Homogenat) eine Hemmung der Cholinesteraseaktiviti~t nachweisbar gewesen w~re.

W~hrend somit das Wesen der narkoseverkfirzenden Mintacolwirkung vielleicht in einer durch Hemrnung der Cbolinesterase an cholinergischen cerebralen Synapsen bewirkten Wir]csamkeitssteigerung des synaptischen ~]bertrdgersto]/es und einer dadurch erleichterten Erregungsfibertragung besteht , wfirde die Iproniacidwirkung durch die auf dem Wege einer to ta len Blockierung der Monoaminoxydase erfolgende A nMiu]ung biogener Amine zustande kommen.

b) Dami t wfirde verst~tndlich, dab nach der In j ek t ion von Mintacol (oder Physost igmin) in kurzer Zeit das Maximum der Narkoseverki~rzung erreicht ist, da~ wie in den motorischen E n d p l a t t e n des Muskels und in den peripheren Ganglien, so auch in den cholinergischen Synapsen des Gehirns in kurzer Zeit das Maximum der Fermenthemmung erreicht ist, die mi t fortscbrei tender Zeit n icht zu-, sondern a b n i m m t ; dal~ hingegen nach der In j ek t ion von Iproniacid, obwohl auch jetzt in kurzer Zeit die Fermenthemmung maximal ist (siehe Abb. 6), die Verlciirzung der Narlcose- dauer mit fortschreitender Zeit zun immt .

Die nach Iproniacid mit fortschreitender Zeit zunehmende Verkiirzung der Evipannarkoso (vgl. Abb. 6) k6nnte dadurch vorget~uscht sein, dab die narkose- vorl~ngernde Hemmung des Barbituratabbaus durch Iproniacid interferiert. Aber auch die Avertinnarkose, bei der das nicht in Frage kommt, erfi~hrt mit zunehmen- dem zeitlichen Abstand yon der Iproniacidinjektion eine zunehmende Verkiirzung, wie wir schon friiher zeigen konnten: so war z.B. die Avertinnarkose I Std nach Iproniacid mn 20°/o, 18 Std nach Iproniacid um 58O/o verkiirzt (HOLTZ, BALZER, WESTE~M.~NN U. WEZLER). Wit haben das damit erkli~rt, dab es bei total blockierter Monoaminoxydase im Gehirn, d. h. bei blockiertem Abbau, dutch die ungest6rte kontinuierliche physiologische Aminbildung zu einer mit der Zeit zunehmenden Anhhufung freier, pharmakologisch wirksamer - - narkoseverkiirzender - - biogener Amine konlmen mtisse.

Verst~ndlich wird d a n n auch, dab wir nach den yon uns angewandten kleinen narkoseverkfirzenden Physostigmin- und Mintacoldosen (0,02 his 0,1 mg/kg) n ich t einen gegenfiber der Norm erh6hten Acetylcholingehalt, wohl aber nach Iproniacid einen erh6hten Serotoningehalt in den Gehirnen der Versuchstiere fanden (I~oLTZ, BALZER U. WESTERMA~N).

Eine totale Blockade der Monoaminoxydase ist mi t dem Leben ver- einbar, eine totale Blockade der Cholinesterase nicht. So erkl~rt sich, dab z. B. HERKEN U. NEUBERT nach krampfausl6senden bzw. t6dlichen Dosen yon Cholinesterasehemmern bei M~usen den Acetylchol ingehal t der Gehirne erh6ht fanden.

2. Elelctrophysiologische Untersuchungen haben ergeben, dab die elektrische Reizung des ~scendierenden reticul~ren Systems eine corticale Desynchronisierung,

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Hemmung der Cholinesterase des Gehirns und Narkosedauer 461

d.h. Abnahme der Amplitude und Zunahme der ~requenz im EEG - - ,,arousal reaction", Weckreaktion - - hervorruft, die Stimulierung des intralamin~ren thalamo-eorticalen Systems eine eorticale Synchronisierung - - ,,recruiting reaction", Schlaf. (Mo~uzzI u. MAGOVN; HESS). Zu den Pharmaka, die den Effekt einer peripheren oder retieul&ren Reizung - - eine ,,aronsal reaction" - - verhindern, ge- h6ren die Narkotica in narkotisch wirksamer Dosierung. Zu den Ph~rmaka, die eino elektrophysiologisch nachweisbare ,,arousal reaction" ausl6sen, geh6ren u.a. die lipoidlSslichen und leicht ins Gehirn eindringenden Cholinesterasehemmer, wie z.B. Physostigmin und die Alkylphosphate DFP, TFPP, E 605 und E 600 (Mintaeol) (siehe z. B. FR~EDMAN U. a., I~INM~DI U. HIYrWICR; Litoratur bei BOVET U. LONOO sowiebei v. BRiJCKE). Das hat zu der Annahme cholinergischer Wirkungs-undl]ber- tr&germeehanismen im ascendierenden reticul~ron System geftihrt (I~rSALDI U. HIMWICH; LO~OO). Aber auch Adrenalin, Amphetamin und Serotonin k6nnen eine , ,arousal react ion" ansl6sen (BoNvALLET, DELL U. ttIEBEL; :BRADLEY; GANGLOFF u. MO~XER).

Es ist deshalb verst~ndlich, dal~ die yon uns untersuchten , leicht in das Zent ra lnervensys tem e indr ingenden Esteraseblocker Physostigmin und Mintacol durch die Akt iv ie rung des cholinergischen ascendierenden reticuli iren Systems eine hier durch Narlcotica verursachte D£mpfung antagonis t i sch beeinflussen u n d deshalb narkoseverki i rzend wirken - - , und dal3 Atropin diese Wi rkung abschw~cht. Nicht ohne weiteres ver- st~ndlich ist, weshalb der Narkoseverlciirzung eine Phase der Narkose- verl~ingerung vorausgeht .

GREIG U. MAY~RRY konnten zeigen, da~ Cholinssterasehemmer die Durch- l~ssigkeit der Blut-Liquorschranke ftir Farbstoffe und Veronal erh6hen, so dal~ es nach der i.v. Injektion des Narkoticmns zu einer Beschleunigung des Narkose- eintritts kam. Das kann abet kaum die Ursache fiir die yon uns beobaehtete Ver- lgngerung der Evipan- und Avertinnarkose sein, die durch eine kurz vorher erfolgte Injektion yon Physostigmin oder Mintacol hervorgerufen wird; denn auch die bei voll ausgebildeter Avertinnarkose nachtr~iglich erfolgende Injektion yon Mintacol verl£ngert die Narkosedauer (vgl. Tab. 7).

E inen Hinweis auf die Ursache gibt die Beobaehtung, dal~ Mintaeol zwar noch in voll ausgebildeter Avertinnarkose, nicht aber in der Evipan- narkose narkosever l£ngernd wirkt (vgl. Tab. 5). Evipan, nieh t aber Avertin (oder Urethan) , verh inder t die nach grSl3eren Mintacoldosen (z. B. 0,5 mg/kg) auf t re tende , ,blutdrucksteigernde, adrenergische Reak- t ion" , die durch eine zentrale St imul ierung des Sympathicus u n d eine Adrenal inausschi i t tung aus den Nebennieren verursacht ist (vgl. Abb. 2).

Aus elektrophysiologischen Untersuehungen yon BONYALLET, DELL n. ~IIEBEL (Elektrocortieogramm, ECG) an unbet~ubtcn Katzen und Hunden laBt sich sehlio- Ben, daft fiir die Aufrechterhaltung des Wachzustandes nicht nur der kontinuier- liche Einstrom propioceptiver und exteroceptiver Reizc zum Gehirn, sondern aueh der ,,periphere Sympathicustonus" yon Bedeutung ist. ]~s lie~ sich zeigen, dal~ die durch Applikation noeiceptiver Reize, z. B. die elektrische Stimulierung des zentra- lcn Ischiadicnsstumpfes ansgel6ste, im ECG zum Ansdruck kommende Aktivit&ts- steigerung des Cortex einmal auf einer direkten nervalen Stimulierung des ascen- dierenden reticul~ren Systems - - tiber Kollateralen der aufsteigenden Sehleffen- bahnen - - beruht, die in Durehschneidungsversuchen durch eine rostral zur pons

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gelegene Schnittfiihrung unterdriickt wurde; sodann auf einer auch jetzt noch m6gliehen, nachfolgenden ,,humoralen" Stimulierung durch eine Adrenalinaus- schiittung aus dem Nebennierenmark. Der Angriffspunkt der Adrenalinwirkung liegt aber nicht in corticalen, sondern in ponto-mesencephalen Formationen, deren ascendierendes reticul/~res System ftir die Regulation und Kontrolle der corticalen Aktivit/~t yon Bedeutung ist. Durch Stimulierung dieses Systems ruff Adrenalin eine zu corticaler Aktivit/~tssteigerung ftihrende ,,arousal reaction" hervor. Diese wird in Durchschneidungsversuchen bei etwas mehr caudalw/~rts gelegener Schnitt- fiihrung unterdriickt -- , und dutch Narkotica, schon in kleinen Dosen (Chloralose, Barbiturate). Daneben kann Adrenalin abet eine sich gerade entgegengesetzt aus. wirkende, zu progressiver l~eduzierung der corticalen Aktivit/~t fiihrende, rein nerval vermittelte Reaktion auslSsen: yon den Baroreceptoren des Carotissinus. Dehnung des Carotissinus verursacht Muskelersehlaffung nnd Schlafneigung, wie E. Kocr[ schon vor 25 Jahren an unbet~ubten Hunden beobachtete.

Ffir die Deu tung unserer Versuchsergebnisse mi t Adrenalin und Noradrenalin ist n u n wesentlich, dab Noradrenal in im Gegensatz zu Adrenal in das ascendierende reticul~re System nicht st imulier t und keine ,,arousal react ion" hervorruf t (DEMAAR and MARTIn), SO dab ibm nu r die fiber die Carotissinusreceptoren nerval vermit te l te d/~mpfende Wirkung auf die corticale Aktivit/~t zukommt, und Noradrcnal in deshalb stets narkoseverl~ngernd wirkt, niemals narkoseverkfirzend wie Adrenal in am Normalt ier . Am ,,Mintacoltier", bei dem einerseits dutch Sensibilisierung des cholinergischen ascendierenden Systems eine crh5hte corticale Aktivi tKt bestcht, und andererseits die Carotissinusreflexe gesteigert sind (VERcAVTElCE~; HO~NKIEWICZ U. KOBI~G~R), vermag Adrenal in often- sichtlich weniger das schon cholinergisch aktivierte reticul/~re System noch welter zu akt ivieren und dadurch die Narkosedauer noch welter zu verkiirzen, als vielmehr - - wie Noradrenal in - - n u t fiber den Carotissinus eine D/ impfung der corticalen Akt iv i t~ t zu verursachen. Es result iert eine Verliingerung der Narkosedauer. - - Pervitin in dcr yon uns ange- wand t en Dosierung ist hierzu n icht in der Lage. Seine in der Format io ret icularis etwas mehr caudalw~rts lokalisierte, zu einer ,,arousal reac t ion" ffihrende - - narkoseverkfirzende - - Wirkung wurde dutch Mintacol noch verst/ irkt (siehe Tab. 5).

Ob die narkoseverl~ngernde Wirkung des Adrenalins am ,,Mintacoltier" und des ~oradrenalins auch am Normaltier ausschliefllich iiber den Carotissinus zu- stande komrnt, ist fraglich, da auch die intracisternale Injektion narkotisch wirkt (siehe z. B. LmMI)ORFER), und Adrenalin, wenn auch schwacher als Serotonin, die ]~rregungstibertragung an corticalen Synapsen hemmen soll (GLUCKMAN, HART U. MARAZZI).

3. E in besonders bemerkenswerter Befund unserer Untersuchungen ist, da~ Reserpin, wenige Minuten vor E v i p a n injiziert , die Narkose ver- kfirzt, und auch nach l~ngerer E inwirkung (etwa 24 Std) seine bekannte narkoseverldn41ernde Wirkung nioht einfach einbfii3t, sondern innerha lb eines kurz bemessenen Zeitraumes wiederum narkoseverki~mend wirkt, obwohl die Tiere noch einen sedat iven E indruck machen (siehe Tab. 10).

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H e m m u n g der Chohnesterase durch Mintaco l schw/icht die narkose- verliingerncle W i r k u n g des Reserp ins ab und wande l t die narkose- verkiirzende Reserp inwi rkung in eine narkoseverliingernde urn, obwohl Mintacol allein die Narkosedaue r verkfirzt . Es k o m m t also zu einer geradezu paradoxen Reakt ion , i n d e m die kombin ie r t e E inwi rkung zweier S to f fe - - l~ese rp in , Mintacol - - , yon denen j eder ffir sich narkoseverkiirzend wirkt , zu einer s ignif ikanten Narkoseverl /~ngerung ffihrt. Das l a n d eine Para l le le dar in , dal~ die gleiehzeit ige H e m m u n g bzw. Blockierung der Cholinesterase und Monoaminoxydase des Gehirns du tch Vorbehand lung der Tiere m i t Mintacol und Ip ron iac id n ieh t zu einer Addi t ion , sondern zu einer Abschwitchung der narkoseverkf i rzenden Einze lwi rkungen f i ihr te (vgl. Tab. 12).

W e n n m a n sich n ich t d a m i t begnfigen will, diese pa radoxe R e a k t i o n nur als Ta t sache zu regis t r ieren, sondern wenigstens den Versuch unter - n immt , sie zu erkl/~ren, so h~t te dieser unseres Erach tens yon folgenden Uber legungen auszugehen und k6nn te zu folgendem Ergebnis ff ihren:

Der eine Zeitpunkt der Reserpinwirkung, in dem die Narkosedauer verkiirzt ist (nach etwa 24 Std), ist dadttrch gekennzeichnet, daB, bei aufgehobener Bindungs- f~higkeit des Gewebes fiir biogene Amine und weitgehender Verarmung des Gehirns an diesen, die Aminbildung ungest6rt weitergeht - - dureh Decarboxylierung der entsprechenden Aminos~uren - - , aber nur an den SteUen im Gehirn erfolgen kaml, an denen sieh die decarboxylierenden Fermente befinden. Diese befinden sioh nicht im Cortex, wohl aber im Stammhirn: ,,Spezifische Topographie der Ferment- aktivit/it" (HoLTZ u. WESTER~A~¢). Der an4ere Zeitpunkt, zu dem t~eserpin die Narkosedauer verktirzt (nach 5--10 rain), ist 4~durch charakterisiert, 4a13 Soro- tonin - - durch die Aufhebung 4er Bindungsf~higkeit des Gewebes fiir biogene Amine - - da in gr6~ter Konzentration frei wir4 und zur Wirkung gelangt, woes in gr6flter Konzentration vorkommt, n~mlich wiederum im Stammhirn :,,Spezifische Topographic des Amingehaltes".

W e n n man , wie wi t das frfiher ge tan haben, die narkoseverliingernde Reserp inwi rkung mi t einer cor t icalen Diimp/ung durch das im Cortex freigesetzte Serotonin erkl/ ir t , das zu einer E rh6hung der l~eizschwelle f i ihrt , - - woffir e lekt rophysiologische Un te r suehungen yon GA~C~LOFF U. MO~CNIER Anha l t spunk t e gaben - - , bzw. mi t einer H e m m u n g der Er- regungsf iber t ragung an cor t ica len Synapsen (~¢[A~zzI; GLUCKMAN, HART U . ~A/~AZZI), SO mfiflte die S t imul ie rung der chol inergischen F o r m a t i o re t icular is dureh Chol ines te rasehemmer die narkoseverl / in- gernde Rese rp inwi rkung abschw~chen oder aufheben , wie sie das aueh rut . W e n n m a n die narkoseverlciArzende Reserp inwi rkung au f eine Stimulierung des aseendierenden reticuli~ren Sys tems durch das hier - - bei aufgehobener Bindungsf~higkei t f~r Amine - - enzymat i seh ent- s tehende Serotonin zurfickffihrt , so k6nn te die U m w a n d l u n g der narkoseverlci~rzenden in eine narkoseverlgngernde W i r k u n g am , ,Mintacol- t i e r " ihre Ursache da r in haben, dab der durch Serotonin erh6hte Ak t iv i t / i t s zus t and der F o r m a t i o re t icular is , der eine t I e m m u n g der t iefer

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gelegenen bulb~ren Zent ren bedeu te t ( ,bulb/~r-inhibi torisehes Sys tem") , durch Sensibi l is ierung dieser Zent ren mi t Mintaeol rfickl/iufig herab- gesetz t wird. - - Eine andere M6glichkeit , die naeh Mintacol erfolgende U m k e h r der Narkoseverkiirzung in eine Verliingerung zu erkl~ren, w~re: sic als ,,W]~)E~sK¥"-Hemmung der neuronenreichen, cholinergiseh- po lysynap t i s chen F o r m a t i o ret icular is zu deuten, die sich dureh das - - bei aufgehobener Bindungsf~higkei t ffir biogene Amine - - enzymat i sch daue rnd in ihr ents tehende, der Gruppe der ,,Intermedihrstoffe" (FLEcKENSTEIN) als zum Tell , , ind i rek t" wirkendes Amin (BALzl~R U. HOLTZ) angeh6rende Serotonin schon in einem erh6hten Akt iv i t~ t s - zus t and befindet und eine weitere cholinergische Akt iv i e rung durch Mintaco l mi t einer funkt ionel len H e m m u n g (WEDENSKY) bean twor te t . Das f/~nde eine Para l le le in der ebenfalls als WEDENS~:Y-Hemmung gedeu te t en zen t ra len Depression der Atmung dureh H e m m u n g der Cholinesterase (Se~A~MA~) , die wesentl ich an der t6dlichen Wirkung der ins Zen t r a lne rvensys t em eindr ingenden Chol inesterasehemmer be- t e i l ig t ist .

4. Wie eine im E E G als Desynchronisierung sich manifes t ierende , ,cort ieale Aktivierung" ihre Ursache n icht nut in einer durch St imulie- rung des ascendierenden ret iculi iren Sys tems ausgel6sten , ,arousal r eac t ion" zu haben braucht , da Stoffe, die eine cort ieale Desynehroni- s ierung bewirken, ihren Angr i f f spunkt in ganz versehiedenen Ante i len des Zen t ra lne rvensys tems haben k6nnen, so bedeu te t andererse i t s n ieh t jede Desynehronis ie rung Narkoseverkiirzung und nieht jede Synchroni- s ierung Narkoseverlgi~gerung.

W~hrend z. B. nach BRADLEY, ELKES sowie nach DESMEDT u. LA GRUTTA Cholin- esterasehemmer (Physostigmin, DFP) auch nach Mittelhirndurchschneidung - - am ,,cerveau isol6" (,,cerveau sans reticul6e") - - noch zu corticaler Desynchroni- sierung fiihren, wird ihnen yon RIBALD1 U. HIMWICH ein direkter Angriffspunkt am ascendierenden reticul~ren System zugeschrieben. In einer soeben erschienenen Arbeit kommen LoNGo u. SILVESTRINI in Ubereinstimmung mit frtiheren Befunden yon HIEBEL ZU dem Ergebnis, dab Amphetamin auch am ,,cerveau isol~" corticale Aktivierung verursacht, w~hrend in Versuchen von ELKES U. Mitarb. und yon BRf2CKE U. Mitarb. diese durch Mittelhirndurchschneidung slch verhindern lieB. Die durch Scopolamin verursachte Synchronisierung des EEG lieB sich durch cholinerge Substanzen, nicht aber durch Amphetamin durchbrechen (LoNGo). Atropin wirkt trotz corticaler Synchronisierung bei h6herer Dosierung ,,zentral- erregend" und verktirzt, wie unsere Untersuchungen gezeigV haben (vgl. Tab. 10), die Narkosedauer.

W e n n )~nderungen der Na rkosedaue r als Kr i t e r i um cerebra ler pharmakolog i scher Wi rkuugen und ihres Angr i f fspunktes auch nur einen groben Test darstel len, so sind die Resu l t a te viel leieht t ro t zdem geeignet, den Ergebnissen elektrophysiologischer Untersuchungeu, die sich als Kr i t e r i ums der Wi rkung einer im E E G regis t r ierbaren , ,Synchronisie- rung" oder , ,Desynchronis ierung" bedienen, eine Erg/ inzung zu geben, da

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ihnen nicht nur die Ableitung vom Aktionspotentialen zugrunde llegt, sondern die Bcobachtung und Registrierung einer quanti tat iv erfal3- baren, mefibaren biologischen Realction.

Summary 1. In mice the action of anticholinesterases--Eserinc and E 600

(Paraoxon; p-ni trophenyl-diaethylphosphate)--on the duration of hexo- barbitM or avertin anaesthesia depends on the dosage and the time- interval between the injection of the anticholinesterase and the applica- tion of the anaesthetic : with small doses (0,02--0,1 mg/kg) the anaesthesia is shortened; with high doses (0,2--0,5 mg/kg), administered 5--10 rain. before the anaesthetic, anaesthesia is prolonged, administered 30 min. - - 40 hours before the anaesthetic, anaesthesia is shortened. - - T h e shortening effect of the anticholinestcrases on anaesthesia is diminished by atropine. Prolongation of anaesthesia is assumed to be caused by the central adrenergic pressor response elicited by the anticholinesterases; shorte- ning of anaesthesia by inhibition of the brain-cholinesterase and activation of the cholinergic ascending reticular system of the brain s tem ("arousal reaction").

2. Durat ion of anaesthesia is shortened by adrenaline and methyl- amphetamine, i t is prolonged by nor-adrenaline. This is in accordance with the observation tha t only adrenaline and methylamphetamine produce an arousal reaction in the EEG. Premedication with anticholin- esterases will enhance the action of methylamphctamine whereas the shortening action of adrenaline will be reversed to one of prolongation.

3. The action of reserpine on the duration of anaesthesia depends on the time-intervall between the application of the alkaloid and the in- jection of the anaesthetic. About 5 hours after the injection of reserpine there is a maximal prolongation of anaesthesia. 4--10 minutes and about 24 hours after the injection anaesthesia is shortened. Inhibition ofbrain- cholinestcrase will diminish or abolish resp. the prolongation and reverse the shortening effect into one of prolongation.

The mechanism underlying these different actions is discussed on the assumption tha t after the injection of reserpine the binding power of brain tissue for biogenic amines is abolished whereas biosynthesis by decarboxylation of the corresponding aminoaeids proceeds. Because of the specific topographic localization o/ enzymatic activity a selective accumulation in the brain stem of free pharmacologicaly active amines will result.

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