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Aus dem Institu~ fiir Pharmakologie und experimentelle Therapie tier Universitgt Breslau. Beeinflussung der Wirkung der arsenigen S~ure dutch Bors~iure. Von Gert Taubmann und Josef )Iiicke. ~Mit 3 Tex~abbildungen. (Eingegangen am 1. V. 1932.) Die Anwendung der arsenigen Si~ure in der Zahnheilkunde zur Ab- tStung des Zahnnerven und der Pulpa stellt pharmakologiseh einen be- merkenswerten Sonderfall dar. Die m~gige Lbsliehkeit des in Substanz aufgebrachten AseOa und die Abgesehlossenheit der ZahnhShle gestatten es, mit Dosen zu arbeiten, die im Verhi~]tnis zum betroffenen Gewebe tiberaus grog sind, auf alle F~lle den gesamten Zahninhalt sicher abtSten. Dartiber hinaus aber ist die Giftmenge ausreichend, um in manchen Fiillen eine weitergehende'unerwtinsehte Sehadigung zu setzen. Dag eine Perio- dontitis und Periostitis nieht die Regel ist, liegt wohl daran, dag in dem engen For. apieale die entztindliche Hyper~mie sehr bald zu einer Drosse- lung der weniger widerstandsfi~higen Vene und zur Stase ftihrt, ein Vor- gang, der die Nekrose der Pulpa vervollstandigt. Nich~ selten iibersehreir abet die Wirkung die gewtinsehte Grenze und die Enr greift auf das den Zahn umgebende Gewebe fiber. Diese Komplikation bedeutet ftir den Patienten erhebliche Schmerz- haftigkeit, lfir den Zahnarzt die Notwendigkeit, die Einlage vorzeitig zu entfei,nen, ohne eine vollkommene ~Tekrose der Pulpa erreieht zu haben. Tror scheint es, dag Sicherheit und Schnelligkeit tier Wirkung bei der arsenigen S~ure so grog sind, dag andersartige Ersatzmittel sich nicht eingebiirgert haben. Dagegen ist der Versueh gemacht worden, dutch Zusi~tze zur arsenigen S~ure die Wirkung zu begrenzen, ohne sie unter das gewiinschte h{ag zu verringern.

Beeinflussung der Wirkung der arsenigen Säure durch Borsäure

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Page 1: Beeinflussung der Wirkung der arsenigen Säure durch Borsäure

Aus dem Institu~ fiir Pharmakologie und experimentelle Therapie tier Universitgt Breslau.

Beeinflussung der Wirkung der arsenigen S~ure dutch Bors~iure.

Von

Gert Taubmann und Josef )Iiicke.

~Mit 3 Tex~abbildungen.

(Eingegangen am 1. V. 1932.)

Die Anwendung der arsenigen Si~ure in der Zahnheilkunde zur Ab- tStung des Zahnnerven und der Pulpa stellt pharmakologiseh einen be- merkenswerten Sonderfall dar. Die m~gige Lbsliehkeit des in Substanz aufgebrachten AseOa und die Abgesehlossenheit der ZahnhShle gestatten es, mit Dosen zu arbeiten, die im Verhi~]tnis zum betroffenen Gewebe tiberaus grog sind, auf alle F~lle den gesamten Zahninhalt sicher abtSten. Dartiber hinaus aber ist die Giftmenge ausreichend, um in manchen Fiillen eine weitergehende'unerwtinsehte Sehadigung zu setzen. Dag eine Perio- dontitis und Periostitis nieht die Regel ist, liegt wohl daran, dag in dem engen For. apieale die entztindliche Hyper~mie sehr bald zu einer Drosse- lung der weniger widerstandsfi~higen Vene und zur Stase ftihrt, ein Vor- gang, der die Nekrose der Pulpa vervollstandigt.

Nich~ selten iibersehreir abet die Wirkung die gewtinsehte Grenze und die Enr greift auf das den Zahn umgebende Gewebe fiber. Diese Komplikation bedeutet ftir den Patienten erhebliche Schmerz- haftigkeit, lfir den Zahnarzt die Notwendigkeit, die Einlage vorzeitig zu entfei, nen, ohne eine vollkommene ~Tekrose der Pulpa erreieht zu haben.

Tror scheint es, dag Sicherheit und Schnelligkeit tier Wirkung bei der arsenigen S~ure so grog sind, dag andersartige Ersatzmittel sich nicht eingebiirgert haben. Dagegen ist der Versueh gemacht worden, dutch Zusi~tze zur arsenigen S~ure die Wirkung zu begrenzen, ohne sie unter das gewiinschte h{ag zu verringern.

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546 G. TAUB~IANN und J. MUCKE:

Als praktiseh brauehbar wurde yon Eu le r tier Zusatz yon Bors~ure gefunden. Eine grSBere Versuehsreihe, deren Resultate in einer Disser- tation yon J o r d a n x zusammengefal~t sind, best~tigte den anf~ngliehen Befund, gab aber keine Erkl~trung dafiir.

Im folgenden sol] nun versueht werden, diese Erkl~rung zu liefern, zun~chst um ein merkwiirdiges pharmakologisches Faktum dem Ver- st~ndnis n~her zu bri~agen, dann aber aueh, weil unsere derzeitige Un- f~higkeit, die Arsenvergiftung wirksam zu beeinfiussen, dazu zwingt, jeden Vorgang, der zur Arsenentgiftung ]3eziehung zu haben seheint, zu priifen, aueh dann, wenn dieser Versuch zun~ehst keinen loraktiseh ver- wertbaren Erfolg hat.

Um den Ausgangsbefund noeh einmal zu wiederholen, wurde zu- nhchst lolgender Versueh angestellt. Einem ttunde wurden in 3'[orphin-

Z e m e n t

Dent in

Perio- dontale

Blu tung

Knochen

a b

Abb. L Zahnschni t te . a arsenige Ss § ~orsfiure. b arsenige S~ure.

narkose an mehreren symmetrisehen Zhhnen des Ober- und Unterkiefers das Kavum erSffnet und auf der einen Seite je 1 mg As203, auf der an- deren i mg As203 mit 1 mg Bors~ure sorgf~ltig gemischt eingebraeht. Die I3ffnung wurde mit sehnell h~rtendem Phosphatzement verschlossen. Naeh 60 Stunden wurde der Hund getStet und die einzelnen Kieferstiicke wurden zusaminen mit den Z~hnen herausges~gt. Darau~ folgte langsame HNO3-Entkalkung und Einbettung in Zelloidin. Der Unterschied zwi- schen der Wirkung der arsenigen Shure allein und der Misehung mit Bor- s~ure ist sehon mit blol~ern Auge siehtbar. Noeh deutlieher wird er bei mikroskopiseher Betraehtung. (Ira folgenden wird der Kiirze halber yon tier Wirkung des As bzw. As@ B gesproehen.) (Abb. la und lb.)

Jordan, P.: Diss. GSttingen.

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Beeinflussung der Wirkung der arsenigen S/iure dutch Bors~inre. 547

An Stelle des normalen Periodontiums, das in Abb. la als zartes schwarzes Band siehtbar ist, erseheint in Abb. la ein breiter, Mmorrha- giseh-entziindlieher Giirtel, yon dem Auslgufer in den Kieferknoehen sieh erstreeken. Die ttbrigen Zghne gaben gleiehartige Bilder.

Welter wurde untersueht, ob es sieh bei dem besehriebenen. Befund um eine Eigent~imliehkeit des Zahn-Knoehengewebes oder urn eine all- gemein naehweisbare Erseheinung handelt. Um einen parallel deutbaren Befund zu erhalten, wurden die arsenige S~ture und das gemiseh in fester Form, als Paste an das Gewebe herangebraeht. Zu diesem, sonst nieht iibliehen Vorgehen waren wir gen{Stigt, da es yon vornherein sehien, dab die Verwendung der festen Substanz yon Bedeutnng ftir das gesehilderte Resultat war. Eine solehe Paste, die 1 mg As20a enthielt und mit Suee.

a b

Abb. 2. Schni t te ve to Rand tier As=Entztindung. a arsenige S. + Borsgure. b a lsenige Sgure.

liquir, und einer Spur Eugenol geformt war, wurde einem Kaninehen in eine Tasehe in der Bauehmuskulatur eingen~ht. Naeh 36 Stunden wurden die Tiere getStet und seziert. 3fakroskopiseh waren die Pasten weit- gehend zerfa]len, in der Umgebung der As-Paste b]aurote Verfgrbung des zundrigen Gewebes auf einem Gebiet yon 5 em Durehmesser. Ein anderes Tier, das in der Paste gMehzeitig 1 mg Borsgure erhalten hatte, zeigte eine rote Verfgrbung yon etwa 3 em Durehmessm, bei gut erhaltenem Ge- webe. Mikroskopiseh fiel aul~erdem in dem As-Prgparat die aul~erordent- liehe Hyperfimie anf. Die folgenden Bilder geben Sehnitte dureh den Rand des Entztindungsgebietes (Abb. 2 a und 2 b).

Demnaeh konnte die Verringerung der As-Wirkung dureh Borsgure im Muskelgewebe ebenfalls nachge~aqesen werden. Es war nun zn fragen, ob die Borsgurewirkung aueh ausreichen wiirde, um eine sieher tSclliche

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548 G. TAU~A~N und J. MiJcK~:

lgenge AssO3 vertri~g]ich zu machen. In den folgenden Serienversuchen verwendeten wit MeersGhweinchen, denen die Paste ebenfalls in eine Tasche der Bauchmuskulatur eingeniiht wurde. Als sigher tSdliehe Dosis

ermittelten wir i mg AseOa auf 100 g Tier. Dies entspricht recht genau der ftir Kaninchen festgestellten, subkutan letalen Dosis und liegt noch

unterhalb des Wertes der alten Angabe der Dosis letalis fiir MeersGhwein-

chen yon B r o u a r d e l 1 mit 1,3 rag/100 g. Dies ~viderlegt auGh den mSg-

lichen Einwand, dab aus der Pastenmasse nngeniigend As resorbiert wird

und dadurch das Ergebnis unklar wird. Die fo]gende Tabelle gibt die

Resultate der As- bzw. As~- B-Gaben.

Tabe l le 1.

Gewicht in g I l t e s u l t a t Gewicht in g I Resu l t a t L

760 700 880 370 740 210 210

1 mg As20~/100 g tot nach 48 Stunden . . . . 36 ,, ,, ,, 30 :, . . . . 54 , . . . . 28 , , . 48 , . . . . 96 ,

1 mg 490 520 250 380 210 810 720 270

As~Oa -k 1 mg Borsiiure/100 g iiberlebt

tot naeh 108 Sttmden 84

tiberlebt tot nach 106 Stunden

Es haben also bei der Kombination A s + B ftinf yon aeht Tieren eine Dosis iiberstanden, an der s/imtliehs Tiere, die nut As bekommen

hatten, eingingen. Bemerkenswert ist, dab die drei Tiere, die A s + B

night iiberstanden, sigh gegentiber dem DurchsGhnitt der As-Kontrollsn wesentliGh 1/~nger hielten.

Aul]erdem fiel auf, dal~ die kombiniert behandelten Tiere erheblich

li~nger taunter blieben, als die allein mit As vergifteten. Bei hSherer

As-Gabe waren eigenfliche Heilerfolge kaum mehr zu verzeichnen; ]edig- tich die Zeit bis zum Tode wurde dutch die Kombination deutlich ver- li~ngert (s. Tabelle 2).

T a b s l l e 2. Meerschweinchen, l~Ieerschweinchen,

1,3 mg AseO a in Paste. 1,3 mg As203 ~ 1,3 mg Bors~urepaste.

Gewicht in g l~esulta~ Gewicht in g I l~esul ta t

680 tot nach 30 Stunden 630 tot nach 48 Stunden 720 ,, ,, 36 ,, 560 iiberlebt 370 ,, ,~ 24 ,, 400 tot nach 156 Stnnden 430 , ,, 36 ,, 450 ,, ,, 132 ,,

1 Brouardel: Th6se 1897. Zit. nach Flury-Zernik: Dosen.

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Beeinflussung der Wirkung der arsenigen S~ure dutch Bors~e. 549

Wurden As und B in gelSstem Zus tand gemischt oder, u m die MSg-

l iehkeit einer eehten En tg i f tung der resorbier ten arsenigen Sgure zu

prttfen, ge t rennt voneinander injiziert, so war nur noch eine VerzSgerung des Gif t~drkung zu beobaeh ten (s. Tabelle 3).

T a b e l l e 3.

Yeerschweinehen, Meerschweinehen, 1,0 mg As20 a in 2~ 1,0 rag As in 2~ LSsung

LSsung subkutan. 1,0 rag Bors~ure in Misehung.

Gewicht in g Resultat Gewicht in g I Resultat

310 305 310 320

tot nach 15 Stunden ,, ,, 15 ,, . . . . 24 ,, . . . . 36 ,,

320 tot naeh 36 Stunden 310 ,, ,, 84 ,, 325 ,, , 96 ,, 300 ,, , 60 ,,

1,0 mg arsenige Sgure und 1,0 sag Borsgure getrennt injiziert.

Gewicht in g Resultat

410 350 380 450

tot nach 25 Stunden ,, ,, 30 ,, ,, ,, 35 ,, ,, ,, 36 ,,

Das Ergebnis wurde im letzten Fall aueh nicht ver~ndert , wenn gsSl~ere Mengen yon Bors~ure gegeben wurden. Die VergrSl~erung der

Dosis war dadurch begrenzt, da$ bei Borsguremengen tiber 50 rag/100 g Tier die Kombina t ion eher toxiseher wirkte, wolff well die Anf~nge einer

Borsaurevergi f tung zur As-Wirkung hinzukamen.

Schliel~lich wurde noeh die BeeinfluSbarkei t der oralen As-Vergif-

tung dureh Bors~ure geprfift:

Kaninchen, 10 mg/kg As20 3 Kaninchen, 10 ragikg AseO a in 2~ LSsung per os. in 100 mg/kg Borsaure p e r os.

Gewicht in g Result~t Gewicht in g l~esult~t

1600 tot nach 23 Stunden 1700 tot nach 60 Stunden 2000 . . . . 30 ,, 1900 . . . . 62 ,,

Demnaeh VerzSgerung des Ablaufes, abet keine Eei lwirkung. Eine weitere Prt ifung tier MSgliehkeit der As-Entg i f tung sehien nieht aus- sichtsvoll. Die bisherigen Resul ta te zusammenfassend, ist folgendes zu sagen. Die H e m m u n g des Gif twirkung der arsenigen S~ure dureh Bor- saure gelingt sieher, wenn As in Substanz gegeben wird, weniger sicher,

Archiv f. experiment. :Path. u. Pharmakol. Bd. 166. 36

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550 G. TAUB.~IANN und J. l~i~cx~:

wenn eine ~ischlSsung yon As -~ B sabkutan injiziert wird, und wird zweifelhaft, wenn die LSsungen getrennt subkutan gegeben werden. In diesem Verhalten liegen sehon einige Hinweise fiir den folgenden Versueh einer Erkliirung des Entgiftungsvorganges.

Nach den vorangehenden Ausftihrungen war zuni~ehst an eine Be- einflussnng der LSslichkeit nnd dan]it der Resorption der arsenigen Si~ure zu denken. Um diese Frage zu kli~ren, wurde die LSsliehkeit yon As~03 in W~sser and in Borsi~urelSsung vergleiehend gepriift.

l~Iethodik. Je 1 g feinpulverisierte arsenige S~ure wurde in kurzhalsige Rundkolben

yon 50 ccm Inhalt mit 20 ccm Fltissigkeit und einigen Glasperlen eingebraeht und dutch einen langen Gummistopfen so verschlossen, dal~ ftir die lVIisehung nut der kugelf6rmige Raum ohne den toten Winkel des Kolbenhalses zur Ver- fiigung stand. Die Kolben wurden radi~r auf einer im Thermostaten senkrecht rotierenden Scheibe montiert und ]nit einer Geschwindigkeit yon 60--80 Um- drehungen in der 1Viinute bewegt, so dal~ das eingebraehte Pulver dauernd in Wirbelbewegung gehalten, abet hie dutch Zentrifugalkraft an die Kolbenwand geprel~t wurde. Der Thermostat wurde bei 37 o gehalten. Nach 10 Stunden war das Maximum der LSsung meist erreieht, doch ging sieherheitshalber jeder Versuch 24 Stunden lang. Danach wurde im Wasserbad yon ebenfalls 37 ~ yon dem Bodenk6rper abfiltriert und in einem Tell des Filtrates die gelSste arsenige Shure quantitativ bestimmt. Hierbei bew~hrte sich eine kolorimetri- sehe 1Viethode, die sieh ganz an die der Phosphatbestimmung nach Fiske n. Subbarow 1 ansehliel]t. Nut war vorher nStig, das Arsenit in Arsenat iiber- zufiihren, da nur dieses die l~Iolybd~nblaureaktion gibt. Die ~Jberftihrung yon As I~ in As v geschah durch Erhitzen mit N0-haltiger Salpeters~ure im siedenden Wasserbad fiir 3 Stunden. Hierbei war darauf zu aehten, daft die LOsung nicht zur Trockne verdampfte , da der Riickstand nur schwer wieder in LSsung zu bringen war, Zweckm~l~ig arbeiteten wir mit gewShnlichen Reagensgl~sern, deren Rand zur Erleiehterung des sphteren quantitativen IJberftihrens sehnabe]- fSrmig ausgezogen war. Die Bestimmung wurde folgendermal~en ausgefiihrt. 2 cem Fittrat wurden mit 2 ccm Salpetersgure 3 Stunden im siedenden Wasser- bad erhitzt. Die anfangs rotbraune LSsung wird dabei farblos und klar. Der Inhalt des Reagensglases wird dann quantitativ in einen 100 cem Mel~kolben tiberfiihrt. Hiervon wird ein Teil vierfach verdiinnt (z. B. 5 + 15 ecru) und davon 2 ecru zur Kolorimetrie in einen 25 ccm Mel~kolben gegeben. I-Iierzu kommen 1 cem Eikonogenreagens ~ und 5 ecru ~olybdatlSsungS s owie Wasser his zur ]~arke. Naeh griindlichem Ndsehen einstellen in ein Wasserbad yon 40 ~ Der endgiiltige blaue Farbton ist je nach der Frische des Eikonogenreagens in 5--20 Minuten erreieht. Da der Farbton sehr besti~ndig ist, empfietdt es sich immer 30 1Ylinuten im Wasserbad zu lassen. Naeh Abkiihlen wird gegen einen Arsenatstandard kolorimetriert.

1 F i s k e u. Subba row: Science (N. Y.) 65, 401 (1927). s 0,5 g Eikonogen, 195 ccm NariS0 a 15%, 5 cem Na2SO a 20%. a 2,5 % Ammonmolybdat in 5 n H2SO 4.

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Beeinfiussung der Wirkung der arsenigen S/~uxe dutch Borsgure. 551

Dieser wird wie folgt hergestellt: Ausgangsmaterial ist Natriumarseniat As04Na~H+ 7He0. Diese Substanz verliert dutch zweistfindiges Erhitzen auf 1000 ihr Kristallwasser. Von der getroekneten Substanz werden 0,24801 g im Liter Wasser gelOst. 1 ecru entspricht dann 0,1 mg As. Den Weft fttr AseO a erhNt man dutch Multiplikation mit 1,318. Als Standard im obigen Versuch werden 2 eem= 0,2 mg As verarbeitet und mit fallenden Nengen eine Eieh- kurve hergestellt. Der Bereich yon 0,2--0,02 nag As reieht iiir die bier ge- troffene Anordnung aus. Konzentrierte As-LSsungen werden enr ver- dtinnt. Bei der Anwendung der besehriebenen Verdiinnungen ist die Bereeh- hung der Prozentwerte sehr einfaeh. Die Nilligrammwerte der Xurve mit 10 multipliziert geben direkt die Prozentzahlen. Sonst ist nach folgender Formel zu bereehnen:

Kolorimeterwert �9 10000 g%As --

a . b

wobei a die Kubikzentimeter zur Untersuehung verwandter Ausgangsl(isung und b die Kubikzentimeter der auf 100 verdiinnten LSsung sind, die zur Nolyb- datreaktion kommen.

Trotz der grogen Verdtinnung ist die Fehlerbrei*e der Bestimmung gering. Vier yon Anfang an ge~rennte Bestimmungen der LSsliehkeit yon AssOa in Wasser ergaben:

1,82 % As 1,81 . . . . 1,80 . . . . 1,82 . . . .

1,812% As Durchschnitt.

In weiteren acht Bestimmungen wurde als Mittelwert 1,811 g% As gefunden. Demnach wurde die LSslichkeit in nnserer Versuchsanordnung ftir arsenige Siiure in Wasser yon 37 o zu 2,390g% bestimm~. Derselbe Versuch in molarer Borsiiure ausgeftihrt (6,184 g%, nur bei Temperatur tiber 300 15slich) ergab folgende Werte:

0,98% As 1,02 . . . . 1,00 . . . . 0,98 . . . . 1,04 . . . . 0,98 . . . . 1,00% As Durchsehnitt.

Das sind 1,318% AseOa. Die LSslichkeir in molarer Borsiiure is~ also gegentiber der in Wasser um fund 45% verringert. Verdtinntere Borsaure- l(isungen gaben folgende Werte:

36*

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552 G. TAUBMAN~ und J. Mi~CKE:

m/2 Bors~iure 1,21% As m/4 Bors~ure 1,51% As 1,24 . . . . 1,53 . . . . 1,26 . . . . 1,52% As Durchsehnitt 1,239% As Durchschnitt

m/10 Bors~ure 1,62% As 1,60 ....

1,61% As Durchschnitt.

Die Verringerung der LSslichkeit der arsenigen Shure ist also ab- h~ngig yon der Konzent~ation der Bors~iure und betr~gt in

1/1 molarer LSsung 44,8% 1 /2 . . . . 32,3 ,,: 1 /4 . . . . 16 ,, I/1o .... 11,1 ,,.

Diese Verringerung der LSsliahkeit ist nicht ohne weiteres zu er-

tdhren, z. B. so, da~ in einer an sieh schon konzentrierten LSsung eines 8toffes ein zweiter sieh grundsatzlieh schleehter 15ste. Gerade im Fall der arsenigen S ~ e wurden eine Reihe yon l~eutralsalzen gepriift, die in ges~ttigten LSsungen sieh entweder indifferent verhielten, z. B: Chlo- ride, oder sogar eine deutliehe Steigerung der A~s-LSsliehkeit hervorriefen, so die neutralen Sulfate. Auf diesen sehr inte~essanten Befund, der nicht in den Rahmen der Arbeit gehSrt, kann bier nieht n~her eingegangen werden.

Zun~tehst wurde nun untersueht, ob das Borion aIs solehes fitr die LSsliehkeitsminderung verantwortlich zu machen war. Dies war nicht der Fall. Borate, die alkatiseh reagieren, 15sten ebenso gut wie freies Alkali gleieher 0H-I0nenkonzentration. Dies fiihrte zu der iJ-berlegung, dal~ die Bors~iure vermSge ihrer sauren Reaktion besonders ungitnstige LSsungsbedingungen fiir die arsenige Shure bSte. Fiir s~arkere S~uren, z.B. HCI, ist bekannt, dal~ sie die LSslichkeit yon Asg.0a steigernL Schw~iehere Siiuren sind offenbar nieht untersucht worden.

Die Bors~ure ist eine ganz sehwache S~ure. Bors~ure versehiedener Konzentration ergab folgende Werte bei der kolorimetrisehen p~-Be- stimmung nach ~ i eh ae li s:

Molare Konzentration Pa 1/1 4,0 1/2 4,3 1 / ~ . . . . ~,9 1/10 5,3.

1 Chodounsky: Listy chemiske 13, l l& C.B. 1889, 1, 569.

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Beeinflussung der Wirkung der arsenige~ Ss dutch Bors~ure. 553

Es war nun zu untersuchen, ob die LSslichkeitsbeeinflussung der As20a dutch Borsi~ure eine Funktion des [H.] sei. Hierzu wurden LSs- lichkeitsbestimmungen in Glykokoll-HC1-Puffer bzw. im alkalischen Teil Glykoko]l-STaOH-Puffer gemaeht 1, und hierbei im Gemisch vorund nach der LSsung das p~ kolorime*risch besCimmt. Das Resul~at aus einer grofien Reihe iibereins*immender Versuche ist in der fo]genden Abbildung ~dedergegeben, die auf der Abszisse die pn-Werte, auf der Ordinate die gelSsten Mengen As in Prozen*en zeigt.

Aus der Abbildung ist ersichtlich, da~ die LSslichkei~ fiir arsenige Si~ure zwisehen p~ 1 und p~ 8 ein machtiges Minimum zeig*, da~ mit seiner Spi*ze bei Pn 3,9 liegr Wenn man damir vergleicht, da~ ftir molare Bors~ure das p~ tmmi~telbar daneben, bei p~ 4,0 liegt, so is* damir die Verringerung der LSslichkei* der arsenige~ Saute fas* voilkommen gekl~trt. 5~ich* ganz, denn man erkenn* aus der Abbildung, da~ die LSsliehkeits- verminderung in Glykokol]puffer yon Pn 4 nich* ganz so grol~ ist, wie in Borsiiure- liisnng yon gleichem PE. Man mull auI]er der unspezifisehen LSsliehkeitsminderung dutch Reaktion der Borsiiure noch eine zweite spezifische Wirkung annehmen. Dies wird aueh notwendig gemaeh~ dutch die Minderung der Gif~igkei~, die die ge- 15s*e arsenige Siiure bei Mischung mit

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Abb. 3.

Bors~ure oder beim Zusammentreffen im Organismus erflihrt. Man kSnnte die Fiihigkeit der Borsi~ure zur Bildung von KomplexsMzen als Erklarung heranziehen. Die einfacheren Methoden, solche Kom- plexe nachzuweisen, das Verschwinden yon Ionenreaktionen und die Verringerung der elektrisehen Leitfiihigkeit in molaren MisehlSsungen gaben keine eindeutigen Resulta*e. Dal3 aber doeh solche Komplexe aul~erordenflich uniibersiehtlicher Na*ur bes*ehen, ist yore rein physi- kaliseh-chemischen S*andpunk* yon Auerbach 2 reehnerisch gefordert nnd experimentell bewiesen worden. Es handelt sieh dabei zuniiehs* um Komplexe zwischen den einzelnen Borsauremolekiilen untereinander einersei*s und der Bildung yon Diarseni~en andererseits. Diese beiden Komplexe treten dann zu Bor-Arsenverbindungen unbekannter Natur zusammen. Die GrSl~e dieser Molektilverbindungen isr weis yon

1 Phosphatpuffer konnte wegen der folgenden As-Bestimmung nicht benutzt wet- den, da dies den Gang der Bestimmung kompliziert h/itte.

2 Auerbach: Z. anorg, u. allg. Chem. 37, 353 (1904).

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554 G. TAui~x~- und J. MiSCible: Wirkung der arsenigen S~iure dutch Borsiiure.

der Konzentrat~on der reagierenden LSsungen abh~ngig. Dieser Befund ist geeignet, die Erkl~rung fttr die verringerte Giftigkeit der As-B-Misch- 15sungen zu geben, wenn man annimmt, dab die As-Giftigkeit yon dem Grade der Ionisierung abhhngt, und dal~ diese dureh eine allerdings sehr loekere Komplexbildung vermindert wird. Der anfangs gesehilderte Be- fund yon Eu le r ist durch die naehgewiesene LSsliehkeitsbehinderung der arsenigen S~ure hinreichend gekl~rt, denn es ist anzunehmen, dal~ in dem kleinen und yon der Zirkulation bald abgesehlossenen Raum der Pulpa- hShle auch kleine Mengen yon Bors~ure ihr PH erzwingen kSnnen. Die langsamer 15sliehe arsenige S~ure findet dann versehlechterte LSsungs- und damit Wirkungsbedingungen, was in diesem Fall zu einer erwttnseh- ten Bremsung des lokalen Vergiftungsvorganges filhrt. Die geringere und praktiseh nieht ausreiehende Beeinflussung ge]Sster und resorbierter arse- niger S~ure ist dutch Komplexbildung zu erkl~ren.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Die lokale und resorptive Giftwirkung fes te r arseniger S~ure wird dureh Borshure gehemmt.

2. Die Vergiftung durch gelSste arsenige S~ure wird nur in ihrem Ablauf verzSgert, nicht geheilt.

3. Die Wirkung unter 1. wird durch LSslichkeitsminderung, unter 2. durch Komplexbildung erkl~rt.