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Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane | Der Orthopäde 2•2001 100 Zusammenfassung Seit dem Erlass der 1. Berufskrankheitenver- ordnung (BKV) im Jahr 1925 ist den Berufs- genossenschaften nicht nur die Verhütung und Entschädigung von Arbeitsunfällen, sondern auch die Zuständigkeit für be- stimmte, in der BKV aufgeführte Berufs- krankheiten auferlegt worden. Analog zur technologischen Fortentwicklung wurde neuen Gefährdungen mit entsprechenden Erweiterungen der BKV Rechnung getragen. Trotz des Listensystems besteht die Notwendigkeit, in jedem Einzelfall eine Kau- salitätsprüfung durchzuführen, die nur mit einem soliden Informationsstand zu der an- erkennungsfähigen Erkrankung und ihrer differentialdiagnostischen Konkurrenz sowie den rechtlichen Vorgaben für eine Kausali- tätsprüfung gelingen kann. Die Erleichterung, die die Rechtspre- chung mit der Theorie der rechtlich wesent- lichen Bedingung und den vergleichsweise geringen Beweisanforderungen hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs geschaffen hat, lösen dennoch nicht alle Probleme in der praktischen Anwendung des Berufs- krankheitenrechts. Diese Problematik findet sich wieder in fast allen sog. „chirurgischen“ Berufskrankheiten (BK 2101–2110), was in den nachfolgenden Ausführungen und Erläuterungen zu den jeweiligen Krankheits- bildern unschwer zu erkennen ist. Nach Besprechung dieser Krankheitsbilder folgen Empfehlungen zur praktischen Durchfüh- rung der Begutachtung. Schlüsselwörter Berufskrankheit · Kausalität · Gutachten Berufskrankheiten sind nach § 9, SGB VII Krankheiten,die der Versicherte infolge einer unter Versicherungsschutz stehenden beruflichen Tätigkeit erleidet. Maßgeblich für die Anerkennung ist aus- schließlich die berufliche Ursache – im Sinne der rechtlich wesentlichen Bedin- gung – für die Erkrankung, die im Einzel- fall mit dem Grade der Wahrscheinlich- keit zu begründen ist. Dem ärztlichen Gutachten kommt insofern im Berufs- krankheitenverfahren als Beweismittel eine entscheidende Rolle zu. Eine Bewältigung dieser Aufgabe setzt die fachliche Kompetenz des Gut- achters voraus, der jedoch auch über ein Mindestmaß an Kenntnissen zu den Rechtsgrundlagen verfügen muss, um nicht bei der Umsetzung von medizini- schen Erkenntnissen in eine versiche- rungsrechtliche Empfehlung ins Strau- cheln zu geraten. Die aktuelle Fassung der BKV vom 31.10.1997 umfasst insgesamt 67 Positio- nen, mit denen Krankheitsbilder erfasst werden, die als Berufskrankheit aner- kennungsfähig sind, weil eine bestimm- te Personengruppe nach epidemiologi- schen Erkenntnissen einem erhöhten Risiko für eine beruflich verursachte Er- krankung unterliegt. Einige dieser „Li- stenkrankheiten“ umfassen mehrere Krankheitsbilder, z. B. bei den Tropen- und Infektionskrankheiten sowie den Allergien und Hauterkrankungen. Die „durch physikalische Einwirkungen verursachten Krankheiten“ der Haupt- gruppe 2 fallen dabei überwiegend in den Kompetenzbereich des Orthopäden und Chirurgen. Diese Gruppe führte bis zur Aufnahme der „bandscheibenbe- dingten Wirbelsäulenerkrankungen“ (BK 2108–2110) durch die Verordnung vom 18.12.1992 aufgrund der geringen Fallzahlen ein Schattendasein, was sich auch in hierzu fehlenden aktuellen Pu- blikationen in der Literatur widerspie- gelte. Mit Einführung der „bandscheiben- bedingten Wirbelsäulenerkrankungen“ hat sich die Situation schlagartig dahin- gehend geändert, dass im Jahr 1993 die Verdachtsanzeigen wegen einer BK 2108–2110 mit 27.265 Fällen die zuvor zahlenmäßig führenden Hauterkran- kungen weit überflügelten, um ab 1994 den 2. Platz einzunehmen und in den Folgejahren beizubehalten. Dem im Jahr 1993 bestehenden Mangel an orthopädisch geprägter wis- senschaftlicher Literatur zu diesen „neu- en“ Berufserkrankungen an der Wirbel- säule wurde zwischenzeitlich durch zahlreiche Publikationen abgeholfen, die nach und nach zu einer weitgehenden Konsensbildung beigetragen haben. Auch zu einem Einzelaspekt der BK 2103 (Mondbeinnekrose) verfügt man zwischenzeitlich über moderne Er- kenntnisse [55], während man sich im Übrigen bei den BK 2101–2107 überwie- gend oder so gut wie ausschließlich auf ein angejahrtes Schrifttum stützen muss. Da in Deutschland nur wenige Or- thopäden und Chirurgen hierüber hin- reichend informiert und somit gutacht- lich kompetent sind, soll sich die vorlie- gende Publikation überwiegend diesen Problemkreisen widmen. Medizinische Aspekte des Prüfungsverfahrens Hat ein Arzt (oder Zahnarzt) den be- gründeten Verdacht, dass bei einem Pa- tienten eine Berufskrankheit vorliegt, Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane Orthopäde 2001 · 30:100-116 © Springer-Verlag 2001 F. Schröter Institut für Medizinische Begutachtung Kassel Begutachtung bei Berufskrankheiten Dr. F. Schröter Institut für Medizinische Begutachtung, Landgraf-Karl-Straße 21, 34131 Kassel

Begutachtung bei Berufskrankheiten

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Page 1: Begutachtung bei Berufskrankheiten

Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane

| Der Orthopäde 2•2001100

Zusammenfassung

Seit dem Erlass der 1. Berufskrankheitenver-

ordnung (BKV) im Jahr 1925 ist den Berufs-

genossenschaften nicht nur die Verhütung

und Entschädigung von Arbeitsunfällen,

sondern auch die Zuständigkeit für be-

stimmte, in der BKV aufgeführte Berufs-

krankheiten auferlegt worden. Analog zur

technologischen Fortentwicklung wurde

neuen Gefährdungen mit entsprechenden

Erweiterungen der BKV Rechnung getragen.

Trotz des Listensystems besteht die

Notwendigkeit, in jedem Einzelfall eine Kau-

salitätsprüfung durchzuführen, die nur mit

einem soliden Informationsstand zu der an-

erkennungsfähigen Erkrankung und ihrer

differentialdiagnostischen Konkurrenz sowie

den rechtlichen Vorgaben für eine Kausali-

tätsprüfung gelingen kann.

Die Erleichterung, die die Rechtspre-

chung mit der Theorie der rechtlich wesent-

lichen Bedingung und den vergleichsweise

geringen Beweisanforderungen hinsichtlich

des Ursachenzusammenhangs geschaffen

hat, lösen dennoch nicht alle Probleme in

der praktischen Anwendung des Berufs-

krankheitenrechts. Diese Problematik findet

sich wieder in fast allen sog. „chirurgischen“

Berufskrankheiten (BK 2101–2110), was in

den nachfolgenden Ausführungen und

Erläuterungen zu den jeweiligen Krankheits-

bildern unschwer zu erkennen ist. Nach

Besprechung dieser Krankheitsbilder folgen

Empfehlungen zur praktischen Durchfüh-

rung der Begutachtung.

Schlüsselwörter

Berufskrankheit · Kausalität · Gutachten

Berufskrankheiten sind nach § 9,SGBVII Krankheiten,die der Versicherteinfolge einer unter Versicherungsschutzstehenden beruflichen Tätigkeit erleidet.Maßgeblich für die Anerkennung ist aus-schließlich die berufliche Ursache – imSinne der rechtlich wesentlichen Bedin-gung – für die Erkrankung,die im Einzel-fall mit dem Grade der Wahrscheinlich-keit zu begründen ist. Dem ärztlichenGutachten kommt insofern im Berufs-krankheitenverfahren als Beweismitteleine entscheidende Rolle zu.

Eine Bewältigung dieser Aufgabesetzt die fachliche Kompetenz des Gut-achters voraus, der jedoch auch über einMindestmaß an Kenntnissen zu denRechtsgrundlagen verfügen muss, umnicht bei der Umsetzung von medizini-schen Erkenntnissen in eine versiche-rungsrechtliche Empfehlung ins Strau-cheln zu geraten.

Die aktuelle Fassung der BKV vom31.10.1997 umfasst insgesamt 67 Positio-nen, mit denen Krankheitsbilder erfasstwerden, die als Berufskrankheit aner-kennungsfähig sind, weil eine bestimm-te Personengruppe nach epidemiologi-schen Erkenntnissen einem erhöhtenRisiko für eine beruflich verursachte Er-krankung unterliegt. Einige dieser „Li-stenkrankheiten“ umfassen mehrereKrankheitsbilder, z. B. bei den Tropen-und Infektionskrankheiten sowie denAllergien und Hauterkrankungen. Die„durch physikalische Einwirkungenverursachten Krankheiten“ der Haupt-gruppe 2 fallen dabei überwiegend inden Kompetenzbereich des Orthopädenund Chirurgen. Diese Gruppe führte biszur Aufnahme der „bandscheibenbe-dingten Wirbelsäulenerkrankungen“(BK 2108–2110) durch die Verordnungvom 18.12.1992 aufgrund der geringenFallzahlen ein Schattendasein, was sich

auch in hierzu fehlenden aktuellen Pu-blikationen in der Literatur widerspie-gelte.

Mit Einführung der „bandscheiben-bedingten Wirbelsäulenerkrankungen“hat sich die Situation schlagartig dahin-gehend geändert, dass im Jahr 1993die Verdachtsanzeigen wegen einerBK 2108–2110 mit 27.265 Fällen die zuvorzahlenmäßig führenden Hauterkran-kungen weit überflügelten, um ab 1994den 2. Platz einzunehmen und in denFolgejahren beizubehalten.

Dem im Jahr 1993 bestehendenMangel an orthopädisch geprägter wis-senschaftlicher Literatur zu diesen „neu-en“ Berufserkrankungen an der Wirbel-säule wurde zwischenzeitlich durchzahlreiche Publikationen abgeholfen,dienach und nach zu einer weitgehendenKonsensbildung beigetragen haben.

Auch zu einem Einzelaspekt derBK 2103 (Mondbeinnekrose) verfügtman zwischenzeitlich über moderne Er-kenntnisse [55], während man sich imÜbrigen bei den BK 2101–2107 überwie-gend oder so gut wie ausschließlich aufein angejahrtes Schrifttum stützenmuss. Da in Deutschland nur wenige Or-thopäden und Chirurgen hierüber hin-reichend informiert und somit gutacht-lich kompetent sind, soll sich die vorlie-gende Publikation überwiegend diesenProblemkreisen widmen.

Medizinische Aspekte des Prüfungsverfahrens

Hat ein Arzt (oder Zahnarzt) den be-gründeten Verdacht, dass bei einem Pa-tienten eine Berufskrankheit vorliegt,

Zum Thema: Begutachtung der BewegungsorganeOrthopäde2001 · 30:100-116 © Springer-Verlag 2001

F. SchröterInstitut für Medizinische Begutachtung Kassel

Begutachtung bei Berufskrankheiten

Dr. F. SchröterInstitut für Medizinische Begutachtung,

Landgraf-Karl-Straße 21, 34131 Kassel

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Der Orthopäde 2•2001 | 101

F. Schröter

Expert opinion of occupational illness

Abstract

Since the enactment of the first Occupation-

al Illness Ordinance (Berufs-Krankheiten-

Verordnung, BKV) in 1925, not only the pre-

vention of and compensation for workplace

accidents but also the competence for recog-

nizing specific occupational diseases has

been imposed on the occupational associa-

tion. Analogous to technological advance-

ment, the BKV has taken into account new

hazards with corresponding amplifications.

Despite this system of listing specific

diseases, it is necessary to perform an inves-

tigation of causality for each individual case,

which can only be successful with reliable

information about the recognizable illness

and its differential diagnosis as well as about

the legal guidelines for an examination of

causality.

The mitigation produced by the admin-

istration of justice with the theory of proper-

ly significant conditions and the compara-

tively minor requirements for evidence with

respect to origin nevertheless do not resolve

all of the problems in the practical applica-

tion of occupational illness law.This uncer-

tainty reoccurs in almost all of the so-called

“surgical”occupational diseases

(BK 2101–2110).This is not difficult to recog-

nize in the following descriptions and eluci-

dations of the specific diseases. Recommen-

dations for the practical rendering of an

expert opinion are provided.

Keywords

Occupational illness · Investigation of

causality · Expert opinion

steht er in der Pflicht (§ 202, SGB VII),dies dem Träger der zuständigen Unfall-versicherung mitzuteilen. Auch dieKrankenversicherung wie auch der ar-beitsmedizinische Dienst und der Ar-beitgeber sind in diese Verpflichtungeingebunden. Der berufsgenossen-schaftliche Alltag zeigt jedoch, dass – inden letzten Jahren besonders von denKrankenversicherungsträgern – der Ver-dacht des ersten Anscheins und nichtder begründete Verdacht Veranlassungzu einer Anzeige gab. Besonders krasszeigte sich dies nach Einführung der„bandscheibenbedingten Wirbelsäulen-erkrankungen“ im Jahr 1993, da nun-mehr unzählige Rückenschmerzpatien-ten in gedanklicher Gleichsetzung miteiner „bandscheibenbedingten Erkran-kung“ mit einer Verdachtsanzeige beimzuständigen Versicherungsträger vor-stellig wurden und einen enormen Ar-beitsaufwand der BK-Abteilungen be-wirkten.Erst die Übermittlung entschei-dungsrelevanter Informationen zu demversicherten Schadensbild der „band-scheibenbedingten Erkrankung“ an diemeldenden Stellen hat diese Antragsflutetwas abebben lassen.

Die Einrichtung zielgerichteter be-ratungsärztlicher Vorprüfungen [60]führte dazu, dass in einer sehr großenZahl der Fälle das Fehlen einer „band-scheibenbedingte Erkrankung“ frühzei-tig erkannt wurde und in diesen Fällenein weiterer Verwaltungsaufwand entfiel.

Unabhängig von der gutachtlichenAufgabe gilt somit für alle Ärzte, insbe-sondere den Orthopäden und Chirur-gen, bereits im Vorfeld einer Verdachts-anzeige zu prüfen, ob überhaupt eineanerkennungsfähige Berufskrankheitobjektiv im geforderten Vollbeweis zubelegen ist. Grundkenntnisse zu den Be-rufskrankheiten sind somit „Pflichtwis-sen für jeden Arzt“ [13]. Handelt es sichnur um patientenseitige Subjektivismen,die im Sinne einer entfernteren Mög-lichkeit mit einem anerkennungsfähigenorganisch krankhaften Substrat ver-knüpft sein könnten, ist ein begründeterVerdacht nicht gegeben.

Unzureichend begründete Ver-dachtsanzeigen erfolgen in großer Zahlbei rezidivierenden Armschmerzen, die– je nach fachärztlicher Provenienz – mitden unterschiedlichsten Verdachtsdia-gnosen verknüpft werden, ohne dass ei-ne definitive diagnostische Klärungmöglich ist. Nur allzu häufig verbergen

sich dahinter somatoforme Störungenmit Auswirkungen auf den – erhöhten –Muskeltonus, die dennoch gemeldet undeinem Prüfungsverfahren (BK 2101) un-terzogen werden. Hin und wieder resul-tiert hieraus ein enormer Aufwanddurch wiederholte Begutachtungen mitden unterschiedlichsten Ergebnissen,häufig infolge einer Gleichsetzung vonsubjektiven Beschwerden mit einer Be-rufskrankheit, obwohl der notwendigeVollbeweis der Erkrankung nicht zuführen ist. Ist die objektiv belegte Er-krankung nicht zu sichern, bleiben die-se Verfahren ergebnislos.

Der Sachverständige sollte sich –ähnlich dem Juristen – der deduktivenDenkweise bezogen auf den Einzelfallbedienen und nicht mit induktiver Lo-gik – in der empirisch ausgerichtetenkurativen Medizin durchaus erlaubt –Ergebnisse ableiten, die einer kritischenPrüfung nicht standhalten [57].

Epidemiologische Untersuchungs-ergebnisse sind für die versicherungs-rechtliche Entwicklung zu einer „Listen-krankheit“ unverzichtbar. Der medizini-sche Sachverständige unterliegt jedocheinem Irrtum, aus einer epidemiolo-gisch gesicherten Häufung bestimmterErkrankungen in einem definierten be-ruflichen Bereich abzuleiten, dass beiVorliegen einer solchen Erkrankung essich dann auch im Einzelfall automa-tisch um eine Berufskrankheit handelnmüsse.

Die gelegentlich zu hörende Forde-rung, dass bei einer epidemiologisch ge-sicherten statistischen Verdopplung desErkrankungsrisikos bei einer bestimm-ten Berufsgruppe gegenüber der norma-len Bevölkerung automatisch eine prin-zipiell anerkennungsfähige Erkrankungauch zur Anerkennung führen müsse[5], geht am geltenden Sozialversiche-rungsrecht vorbei.

Verlangt wird vielmehr eine Einzel-fallprüfung mit Abwägen aller Befund-indizien Pro und Kontra einer Berufs-krankheit, dies zunächst unabhängigvon der Antwort auf die Frage,ob die be-ruflichen Anspruchsvoraussetzungenerfüllt sind. Letzteres zu bestimmen undfestzulegen ist allein Sache des Versiche-rungsträgers, ggf. auch des angerufenenGerichts, muss somit vom ärztlichenSachverständigen weder ermittelt nochhinterfragt werden. Die dem Sachver-ständigen mitgeteilten beruflichen Be-lastungen sind für ihn allenfalls ein In-

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Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane

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diz von vielen, welches seine Überlegun-gen in der Einzelfallprüfung mit beein-flussen kann.

Die Aufgabe des Gutachters liegtdarin, am Schluss seiner Überlegungenzu folgender alternativer Feststellung zugelangen:

◗ Das objektiv belegbare Erkran-kungsbild ist mit einer wahrscheinli-chen beruflichen Verursachung – imSinne der rechtlich wesentlichen Be-dingung – prinzipiell vereinbar. Dierechtlich tragende Entscheidungüber die Anerkennung obliegt dannallein dem gesetzlichen Versiche-rungsträger bzw. dem angerufenenGericht.

◗ Das objektiv belegbare Schadensbildlässt sich nicht mit dem Grad derWahrscheinlichkeit als berufsbe-dingt bezeichnen, z. B. weil es prinzi-piell nicht anerkennungsfähig ist(keine „Listenkrankheit“) oder weildie Relevanz einer schicksalshaftenVerursachung dem entgegensteht.

Der Sachverständige kann jedoch nurdann zu einer der beiden alternativenFeststellungen gelangen, wenn das Scha-densbild, also die „Krankheit“ objektivsoweit belegt ist, dass am Vorliegen der-selben keine berechtigten Zweifel ver-bleiben (medizinischer „Vollbeweis“).Ein Gutachten mit der Schlussdiagnose„Verdacht auf ...“ ist wertlos.

Ohne gesicherte Diagnose undohne eine abwägende Diskussion zu denPro und Kontra sprechenden Indiziensind fundamentale Qualitätskriterienfür die gutachtliche Tätigkeit nicht er-füllt.Vereinfachende Denkweisen in deralltäglichen Praxis – die eine Behand-lung eines Patienten auch unter einer„Verdachtsdiagnose“ erlauben – sind inder Begutachtung beim erreichten Standder Qualitätssicherung Todsünden undlassen grundsätzliche Zweifel an dergutachtlichen Kompetenz des Sachver-ständigen aufkommen.

Die sog. „chirurgischen“ Berufskrankheiten

Die sog. „Berufskrankheiten“ wurdenim Jahr 1929 in das Sozialversicherungs-system eingeführt. Mit Aufnahme derBK 22 im Jahr 1952 (heute BK 2101) in diedamalige BKV wurde erstmals eine Be-rufskrankheit durch mechanische Ein-

wirkungen aufgenommen, der in ra-scher Folge die BK 2102–2107 folgten.Erst mit der Änderung der BKV vom18.12.1992 wurden die bandscheiben-bedingten Wirbelsäulenerkrankungen(BK 2108–2110) sowie die erhöhte Zahn-abrasion durch quarzstaubbelastendeTätigkeiten (BK 2111) aufgenommen.

Die jeweilige Aufnahme einer sog.„Listenkrankheit“ beruhte nicht nur aufdem jeweils erreichten wissenschaftli-chen Erkenntnisstand, sondern auch aufsozialpolitischen Erwägungen, z. B. beider Aufnahme des sog. „Bergmanns-knies“ (BK 2102). Die Aufnahme der„bandscheibenbedingten Erkrankun-gen“ (BK 2108–2110) werden ebenfallsdurch den Einigungsvertrag im Jahr1990 befördert.

Das Fortschreiten medizinisch-wis-senschaftlicher Erkenntnisse, aber auchteils dramatische Veränderungen in derArbeitswelt in den vergangenen vierJahrzehnten haben dazu geführt, dasseinzelne dieser Listenkrankheiten heu-te nur noch ein Schattendasein führen,andere mit nur geringen Fallzahlen inein Prüfungsverfahren und mit noch ge-ringeren Zahlen zur Anerkennung ge-langen. Eine Listenkrankheit (BK 2107:Abrissbrüche der Wirbelfortsätze) istaus den Statistiken der Versicherungs-träger verschwunden, hat dennoch als„Listenkrankheit“ bis zum heutigen Tagüberlebt.

Die weiteren Ausführungen werdenzudem auch erkennen lassen, wie pro-blematisch einige der Listenkrankheitenim Lichte des medizinisch-wissenschaft-lichen Erkenntnisstandes des Jahres2000 sind, sodass eigentlich eine grund-legende Neubewertung und Bereinigungbei den mechanisch bewirkten Berufs-krankheiten notwendig wäre.

Zur BK 2101

„Erkrankungen der Sehnenscheidenoder des Sehnengleitgewebes sowie derSehnen- oder Muskelansätze, die zurUnterlassung aller Tätigkeiten gezwun-gen haben, die für die Entstehung, dieVerschlimmerung oder das Wiederauf-leben der Krankheit ursächlich warenoder sein können.“

Orientiert man sich an den Erläute-rungen des Merkblattes des Verord-nungsgebers, so handelt es sich überwie-gend um Symptomenbilder im Bereichder Unterarme, die entweder auf unge-

wohnte Arbeiten bei fehlender oder ge-störter Anpassung (akute Form) oderauf lang andauernde einseitige mecha-nische Beanspruchungen (chronischeForm) zurückzuführen sind.

Historische Ursprünge reichen zu-rück bis Runge 1873 [51], der solche Be-schwerden als „Schreibkrampf“ deutete,eine Diagnose, die bis heute im neurolo-gischen Bereich – z. B. im Sinne einesstressinduzierten Muskelhypertonus –eine Rolle spielt. Diese erfuhr in den90er Jahren unter anderem Namen eineWiedergeburt mit dem „RSI-Syndrom“resultierend aus einem „repetetive straininjury“, welches zunächst in den 80erJahren aus einem Zusammenwirken vonFrauenbewegung und Gewerkschaft inAustralien inauguriert und schließlichüber Großbritannien auch in Europaeingeführt wurde. Hierbei handelt essich um einen Sammeltopf aller nurdenkbaren Armsymptome ohne eine Er-krankung eigener Entität [50] mit mul-tifaktorieller Genese und psychosozia-len Komponenten, letztendlich einmün-dend in einen sekundären Krankheits-gewinn (vermehrte Zuwendung des so-zialen Umfelds) bis hin zu einem Bemü-hen um einen tertiären Krankheitsge-winn (Versicherungsleistung).

Dem Sachverständigen werden inder Tat unter der Verdachtsdiagnose ei-ner BK 2101 in der Überzahl der Fälleweibliche Probanden mit unsystemati-schen Armschmerzen („Schulter-Arm-Syndrom“) vorgestellt, meist mit einemcharakteristischen äußeren Erschei-nungsbild einer asthenisch-leptosomenschlaffen Körperhaltung mit hängendenSchultern sowie begleitenden Merkma-len einer Neuroasthenie, wie dies in derLiteratur so anschaulich beschriebenwurde [68].

Die differentialdiagnostische Viel-falt an Beschwerdeursachen bei solchenArmbeschwerden [10] kann hier nicht inallen Einzelheiten vorgetragen werden.Muskelverspannungen und Myogelo-senbildungen im Bereich des Schulter-gürtels bis hin zum Bild des sog.„Schul-terkrachens“ stellen keine Berufskrank-heit dar [61]. Auch die sog. „Periarthri-tis humero-scapularis“ – ohnehin einobsoleter Sammelbegriff für Schulterbe-schwerden unterschiedlichster Art [49]– entspricht nicht einer beruflichen Ent-stehung. Anerkennungsfähig sind nachden Vorgaben des Verordnungsgebersjedoch Insertionstendopathien wie z. B.

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eine Epikondylitis sowie die Tendovagi-nitis, einer Diagnose, die als „Sehnen-scheidenentzündung“ besonders imhausärztlichen Bereich auch heute nochüberaus häufig als „Verdachtsdiagnose“auftaucht, obwohl die diagnostischenKriterien für eine solche Diagnose mei-stens nicht erfüllt sind.

Auch bakterielle Sehnenscheiden-entzündungen kommen berufsbedingtin Betracht.Von Dehaven u. a. wurde ei-ne Sporotrichose bei Gärtnern mit häu-figem Rosenkontakt beobachtet [12]. BeiMetzgern, Melkern, Kürschnern, Kran-kenpflegern und Ärzten können berufs-bedingt spezifische Sehnenscheidenent-zündungen (Tbc) auftreten [41], werdenjedoch heute kaum noch beobachtet.

Zu den Insertionstendopathien fin-den sich in der Literatur vielfältigeTheorien ihrer Entstehung, beginnendmit dem „Schreibkrampf“ [51] über die„Beschäftigungsneuralgie“ [4], Durch-blutungsstörungen [64] sowie ander-weitig bedingte Ernährungsstörungen[9]. Schließlich wurde die weichteilrheu-matische Genese diskutiert [20], unddann wieder auf vordergründige psychi-sche Einflüsse verwiesen [11]. Unterstelltwurde eine multifaktorielle Genese [56],eine Erklärung, die sicherlich auch heu-te noch trägt, wenngleich sie auch einenMangel an wissenschaftlich gesichertenErkenntnissen signalisiert.

Die systematische Erfassung allerVerdachtsfälle und der Ergebnisse nach-folgender Prüfungsverfahren [8] habenergeben, dass bei der primären Inserti-onstendopathie – und nur diese ist ggf.anerkennungsfähig – eine Unterschei-dung in eine akute und chronische Formder Erkrankung mit unterschiedlichenEntstehungsmechanismen zu erkennenist:

◗ In ca. 2/3 aller anerkannten Fällewird eine „unfallmäßige Entstehung“im Sinne einer akuten Überlastungs-reaktion unterstellt. Gefordert wer-den dabei kurzzeitig durchgeführte,für den Betroffenen jedoch völlig un-gewohnte und übermäßig schwereArbeiten [42].

◗ In ca. 1/3 der anerkannten Fälle be-ruht die Erkrankung auf einer langandauernden – mittlerer Latenzzeitzwischen Berufsbeginn und Erkran-kung 17,9 Jahre – monotonen manu-ellen Tätigkeit mit maximaler isome-trischer Anspannung der Unterarm-

muskulatur beim Greifen, Halten,insbesondere mit Dorsalextensionim Handgelenk und wiederholt for-cierter Supination des Vorderarms[21].

Sportmedizinische Erkenntnisse lassenjedoch auch an mikrotraumatisierendeEinwirkungen zur Entstehung der Inser-tionstendopathien denken.Hierfür spre-chen histologische Beobachtungen imInsertionsbereich der Sehnen mit einemGewebeumbau im Sinne einer narbigenAusheilung [69], nicht selten irreführen-derweise als „Degeneration“ bezeichnetund erst in jüngerer Zeit pathomorpho-logisch weiter aufgeklärt [70].

Von diesen „primären“ Insertion-stendopathien sind die – grundsätzlichnicht anerkennungsfähigen – „sekundä-ren“ Insertionstendopathien abzugren-zen,die in ihrer Pathogenese auf toxischeEinwirkungen, Durchblutungs- undStoffwechselstörungen etc. beruhen.

Nach den Statistiken des Hauptver-bands der gewerblichen Berufsgenos-senschaften besteht eine gewisse Häu-fung der anerkannten Fälle im Bereichder Reparaturschlosser und Kfz-Schlos-ser, während in allen anderen berufli-chen Bereichen – so auch im Berufsbildder Stenotypistin und Maschinenschrei-berin – nur ganz vereinzelt Anerken-nungen erfolgten, obwohl es sich – an-geblich – besonders bei der Sekretärinum ein Berufsbild mit schädigungsrele-vanten Belastungen handeln soll. Den-noch wurde z. B. bis 1986 bei ca. 435.000sozialversicherungspflichtigen Bürobe-schäftigten nur ein einziger Fall demGrunde nach (ohne MdE) anerkannt.Selbst bei Masseuren wurde unter Hin-weis auf fehlende epidemiologische Er-kenntnisse über eine besondere Gefähr-dung die Anerkennungsfähigkeit ver-neint (Bay. LSG, Az. L 17 U 205/94).

Als anerkennungsfähige Krank-heitsbilder gelten die:

◗ Epicondylitis humeri radialis,◗ sog.„Styloiditis radii“,◗ Paratenonitis crepitans.

Obwohl es sich um allgemein „bekann-te“ Diagnosen handelt, werden die maß-geblichen diagnostischen Kriterien häu-fig nicht beachtet, sodass diese, für diePrüfung der BK 2101 so vordergründigwichtigen Krankheitsbilder zusammen-fassend vorgestellt werden sollen.

Epicondilitis humeri radialis

Das Schmerzempfinden wird eng lokali-siert am Epicondylus radialis, teils mitAusstrahlungen in die Streckmuskulaturausgelöst durch kraftvolles Zugreifen undHeben einer Last mit proniertem Unter-arm. Der Ruheschmerz kann fehlen.

Im klinischen Bild sind:

◗ ein eng umschriebener lokalerDruckschmerz,

◗ der Spannungsschmerz (aktiveDorsalextension der Hand gegenWiderstand),

◗ und der auslösbare Dehnungs-schmerz (passiv maximale Beugungund Ulnarabduktion des Handge-lenks, dann ruckhafte Überstreckungdes Arms im Ellenbogen) für dieDiagnosestellung maßgeblich.

Fehlt nur eines der 3 Zeichen, sind diffe-rentialdiagnostische Erwägungen mitweitergehenden Untersuchungen durch-zuführen.

Die sog. „Styloiditis radii“

Die betroffene Sehne des M. brachiora-dialis setzt proximal des Processus sty-loideus radii an. Diagnostisch hinwei-send sind:

◗ ein lokaler Druckschmerz,◗ eine Schmerzprovokation durch eine

passive ulnare Kantungsbewegung,◗ eine Schmerzverstärkung durch eine

aktive radiale Kantungsbewegunggegen Widerstand.

Eine wesentliche Schwellung ist selten.Fehlt eines der 3 beschriebenen klini-schen Zeichen, sind differentialdiagno-stische Erwägungen – mit entsprechen-den zielgerichteten Untersuchungen –notwendig.

Paratenonitis crepitans

Die überwiegend als „Tendovaginitis“(Sehnenscheidenentzündung) bezeich-neten Erkrankungen der Sehnenschei-den und Sehnengleitgewebe gehen – mitwelcher Lokalisation auch immer – stetseinher mit einer:

◗ lokalen Schwellung,◗ Druckdolenz entlang der betroffenen

Sehnenscheide,

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| Der Orthopäde 2•2001104

◗ palpatorisch gut feststellbaren Reibe-geräuschen beim Gleitvorgang derSehne,

◗ Schmerzprovokation bei aktiver An-spannung des betroffenen Muskel-Sehnen-Apparats,

◗ Schmerzprovokation bei Dehnung(gegensinnige passive Bewegung).

Gelegentlich sind Überwärmungen desdarüberliegenden Hautmantels feststell-bar. Die seltenen Sehnenscheidenent-zündungen finden sich überwiegend imersten Strecksehnenfach, hier mit demZeichen nach Finkelstein: Die mit einge-schlagenem Daumen zur Faust geschlos-sene Hand wird – passiv oder aktiv – zurulnaren Seite gekantet, was zu einerSchmerzprovokation führt.

Auch andere Sehnenstrukturenkönnen betroffen sein. Eine polytopeBeteiligung deutet eher auf eine rheu-matische Erkrankung und sollte zu ent-sprechenden diagnostischen Maßnah-men führen. Fehlt eines der obligatenklinischen Zeichen, sind andere diffe-rentialdiagnostische Erwägungen undweitergehenden Untersuchungen not-wendig.

Eine „primäre“ Sehnenscheidenent-zündung ist bei adäquater Behandlungimmer zur Ausheilung zu bringen. Glei-ches gilt für die Insertionstendopathien.Nur durch berufliche Belastungen aus-gelöste Rezidive begründen den Unter-lassungszwang und damit die Anerken-nungsfähigkeit der Erkrankung. Inso-fern wird verständlich, warum die Aner-kennungsquote im Verhältnis zur Zahlder Verdachtsanzeigen so gering ist. Zu-dem gilt es grundsätzlich zu prüfen, obnichtberufliche Ursachenmomente –z. B. sportliche Belastungen – zu berück-sichtigen sind, was gelegentlich die ab-wägende Beurteilung erheblich er-schwert.

Eine ärztlicherseits vorgetrageneAnerkennungsempfehlung kann vomVersicherungsträger nur in eine rechts-verbindliche Anerkennung umgesetztwerden, wenn der Versicherte die ge-fährdende Tätigkeit auch tatsächlichaufgegeben hat, was hin und wieder zuKonfliktsituationen beim Versichertenselbst – insbesondere bei den Selbstän-digen und freiberuflich Tätigen – zuführen pflegt. Aus diesem Unterlas-sungszwang ergibt sich auch ein wesent-liches Moment für die Schätzung derMdE, da dem Versicherten dann in der

Regel ein nicht unerheblicher,gerade fürseine berufliche Qualifikation entschei-dender Bereich des allgemeinen Ar-beitsmarktes nicht mehr offensteht.EineOrientierung an den gängigen MdE-Ta-bellen – vordergründig abgestellt auffunktionelle Defizite – ist in solchen Fäl-len nicht möglich.Vielmehr ist die Defi-nition der MdE gemäß § 56, Abs. 2,SGB VII zu beachten:

„Die Minderung der Erwerbs-fähigkeit richtet sich nach demUmfang der sich aus der Beein-

trächtigung des körperlichenund geistigen Leistungsvermö-

gens ergebenden verminder-ten Arbeitsmöglichkeiten

auf dem gesamten Gebiet desErwerbslebens.“

Voraussetzung für eine zutreffende MdE-Bewertung ist somit immer die Berück-sichtigung der Faktoren,die den Arbeits-markt prägen. In individueller Hinsichtist einerseits zu prüfen, welche Bereichedes Arbeitsmarktes dem Versicherungs-nehmer vor der Erkrankung offenstan-den und welche Bereiche ihm nach derErkrankung aufgrund des Unterlas-sungszwanges nicht mehr offenstehen.

Diese Art der MdE-Bemessungkann im Einzelfall dazu führen, dasstrotz aktuell fehlender Erkrankung al-lein durch den Unterlassungszwang derursprünglich in Betracht kommende Ar-beitsmarktsektor ca. hälftig verschlos-sen ist,was konsequenterweise eine MdEmit 50% bewirken müsste. Erfahrungs-gemäß führt dies zu Akzeptanzproble-men – zumindest beim Versicherungs-träger – und erscheint auch dem ärztli-chen Sachverständigen nicht unbedingteingängig. Selbst von den Sozialgerich-ten wird dies nicht immer in dieserstringenten Form umgesetzt.

Somit verbirgt die BK 2101 ein Kon-fliktpotential sondergleichen,welches nurwegen der geringen Fallzahl sozialpoli-tisch nicht relevant erscheint. Mit zuneh-mender Automatisierung der Industrie,soz. B. mit zunehmendem Einsatz des elek-trischen Schraubenziehers – ohne Not-wendigkeit zur kraftvollen Unterarmdre-hung – werden die Fallzahlen zukünftigwahrscheinlich weiter abnehmen.

Liegt jedoch im Einzelfall eine an-erkennungsfähige Situation vor, stellt

dies für den Betroffenen eine wesentli-che Hilfestellung dar, da neben den Ent-schädigungsleistungen des Versiche-rungsträgers auch grundsätzlich Maß-nahmen zur beruflichen Neuorientie-rung zu veranlassen sind, sofern nichtdas nahe Rentenalter andere Entschei-dungen ermöglicht.

Zur BK 2102

„Meniskusschäden nach mehrjährigen,andauernden oder häufig wiederkeh-renden, die Kniegelenke überdurch-schnittlich belastenden Tätigkeiten.“

Die epidemiologischen Grundlagender Berufskrankheit „Meniskopathie“entsprechen aus heutiger Sicht nichtmehr den Anforderungen, die nach § 9,SGB VII an die Kodifizierung einer Be-rufskrankheit gestellt werden [38]. DieEntstehungsgeschichte reicht bis 1949zurück.Das sog.„Bergmannsknie“ – nureine solche Tätigkeit im Knien undHocken unter besonders beengtenräumlichen Verhältnissen wurde als An-spruchsgrundlage akzeptiert – wurde1952 als Listenkrankheit in die BKV auf-genommen. Die Habilitationsschrift vonPressel [47] führt zur Öffnung diesessog. „lex montana“ für alle anderenkniebelastenden Berufe, obwohl auchseinerzeit keine aussagekräftigen epide-miologischen Untersuchungsergebnissezur Verfügung standen. Pressel selbstführte richtigerweise aus:

„Es ist somit nicht möglich, dasErkrankungsrisiko einzelner

Berufe oder Tätigkeiten inAbhängigkeit zur Kniegelenk-belastung mit ausreichenderWahrscheinlichkeit anzuge-

ben. Für eine allgemein gültigeBeschreibung einer kausalenExposition fehlen deshalb die

Voraussetzungen.“

Vor diesem Hintergrund bedurfte es ei-ner Konsensbildung, was als Folge die-ser Berufskrankheit anerkennungsfähigist, da es ein typisches belastungsindu-ziertes Schadensbild nicht gibt. Der Ko-difizierung des Meniskusschadens alsBerufskrankheit lag die Vorstellung zu-grunde, dass bei kniebelastender Tätig-keit der Meniskus übermäßig, alle ande-ren Strukturen des Kniegelenks jedoch

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Der Orthopäde 2•2001 | 105

physiologisch beansprucht werden [36].Dementsprechend ist nur die primäre„Meniskopathie“ als Substrat der versi-cherten Erkrankung anzusehen, dies inAbgrenzung von der alterskorrigiertenNorm und der Meniskusverletzung.

Das Substrat der Meniskuserkran-kung selbst kann nur der Pathologe si-chern, was nach wie vor einer schwieri-gen Abgrenzung von einer altersentspre-chenden Beschaffenheit des Meniskus-gewebes bedarf [43]. Da allein die dege-nerative Beschaffenheit des Meniskus-gewebes ohne makrostrukturelle Verän-derungen regelhaft symptomenlosbleibt, sind es die Folgeschäden der Me-niskopathie (Reizknie, sekundäre Ar-throse, evtl. Instabilitäten etc.), die –meist erst nach einer Meniskusoperati-on – zur Einleitung eines Prüfungsver-fahrens führen.

Die über viele Jahre hinweg beste-hende Konsensbildung dahingehend,dass nur die primäre Meniskopathie mitsekundärer Gelenkreaktion, nicht aberumgekehrt die primäre Arthrose mit se-kundärer Meniskusbeteiligung anerken-nungsfähig ist [54],wurde 1987 durch dieRechtsprechung (LSG Nordrhein-West-falen,Urteil vom 04.06.1997) ins Wankengebracht, obwohl die bis 1987 herrschen-de Meinung nicht die Annahme stützte,eine Arthrose – mit sekundärer Menis-kopathie – könne berufsbedingt entste-hen. Eine entsprechende Kodifizierungdurch den Verordnungsgeber steht auchim Jahr 2000 nicht in Aussicht.

In der beruflichen Exposition wer-den belastende Zwangshaltungen derKniegelenke, alternativ raue Bewe-gungsbeanspruchungen gefordert. Demliegt die Theorie zugrunde, dass dieDruckerhöhung im Gelenk und damitauf dem Meniskus über die Kondylen-zange die Entwicklung degenerativerMeniskusveränderungen begünstigt. Eserscheint jedoch zweifelhaft, ob alleindie kniende und hockende Tätigkeit –ohne zusätzliche verdrehende Einwir-kungen durch besonders beengte räum-liche Verhältnisse – den Meniskus zuSchaden bringen kann. Besonders strit-tig ist daher eine schädigungsrelevanteberufliche Meniskusbelastung bei Flie-sen- und Parkettlegern, somit auchEstrichlegern, Bodenlegern, Gärtnern,Pflasterern etc.

Die Erweiterung des anspruchsbe-rechtigten Personenkreises mit dem ver-änderten Wortlaut in der BKV ab

01.04.1988 ist somit stets umstritten ge-blieben. Nachvollziehbar erscheint diesnur für Rangierarbeiter und Berufs-sportler (Fußballer!) infolge der in die-sen Bereichen häufigen Mikrotraumendurch brüske Überforderungen odermuskulär nicht hinreichend kontrollier-te Bewegungsabläufe.

Das Merkmal der „mehrjährigen“Einwirkung gilt als erfüllt bei einem un-unterbrochenen Belastungszeitraumvon mindestens 2 Jahren.Die Ermittlungdieser anspruchsbegründenden Tatsa-chen obliegt allein dem Versicherungs-träger.

Die medizinische Kausalitätsbeur-teilung wurde in den letzten 10 Jahrenweiter erschwert durch den Zuwachs anwissenschaftlichen Erkenntnissen. Sowurde in Frage gestellt, ob die fortge-schrittene Meniskuszerrüttung tatsäch-lich – außer bei einer Meniskuseinklem-mung – eine spezifische Symptomatikbewirkt [28]. Die Aussagekraft der klini-schen „Meniskuszeichen“ wurde inZweifel gezogen.

Mittels der kernspintomographi-schen Technik wurde die hohe Inzidenzvon allen nur erdenklichen Meniskus-schäden ohne Symptomatik, aber auchanamnestisch ohne relevante Belastun-gen nachgewiesen [32]. Die besondersim gutachtlichen Bereich häufig anzu-treffende Beobachtung, dass nach einerMeniskusteilresektion – meist im Hin-terhornbereich – die vermeintliche Me-niskussymptomatik unverändert fortbe-steht, deutet darauf hin, dass zahlreichearthroskopisch erkannte Meniskusschä-den nicht dem beschwerdeursächlichenSubstrat, sondern einem Zufallsbefundentsprechen.

Ein belastungsspezifisches Scha-densbild oder einen belastungsspezifi-schen Krankheitsverlauf gibt es somitnicht [37], was die ärztliche Begutach-tung naturgemäß ebenso erschwert, wiedie Vielfalt konkurrierender Ursachen-möglichkeiten. Zu denken ist an anlage-bedingte oder posttraumatische Achs-abweichungen, die Einflussnahme desÜbergewichts, Stoffwechselerkrankun-gen (z. B. Pseudogicht), rheumatischeErkrankungen und Durchblutungsstö-rungen. Die anlagebedingte Hyperlaxi-tät des Bandapparats ist ebenso zu be-rücksichtigen wie eine schlechte Mus-kelführung und Sicherung des Gelenksmit daraus resultierenden Mehrbela-stungen der Menisken.

Die gutachtliche Erfahrung lehrt,dass in den überprüften Verdachtsfällenbei sorgfältiger Ermittlung der Altana-mnese häufig ein Unfallereignis – meistlänger zurückliegend, z. B. schon imSchulalter – mit Schädigung des Kniege-lenks erkennbar wird, gelegentlich miteiner Brückensymptomatik, die sichüber Jahre hinwegziehen kann. Insofernist besondere Vorsicht geboten bei einerManifestation des Schadens bereits imjungen Erwachsenenalter,besonders un-ter dem Aspekt, dass die dann in der Re-gel noch recht kräftige Muskulatur übereine solide Stabilisierung des Kniege-lenks den Meniskus schützt.

So zeigen auch die Statistiken imbelasteten Kollektiv einen Schwerpunktjenseits des 40. Lebensjahres, der sich je-doch nicht signifikant unterscheidetvom Auftreten einer gleichartigen Er-krankung in dem nicht belasteten Bevöl-kerungsquerschnitt. Es besteht keine si-gnifikante Abhängigkeit zwischen demZeitpunkt der Aufnahme der kniege-lenkstrapazierenden Arbeit und demZeitpunkt des Auftretens der Erkran-kung [48].

Die Manifestation der Meniskopa-thie liegt nicht selten in einer erhebli-chen zeitlichen Distanz zur Aufgabe derbelastenden Tätigkeit, was stets zu kon-troversen Diskussionen führt. Gesicher-te Erkenntnisse zu einem „Latenzzeit-raum“ gibt es nicht. Der zunehmendezeitliche Abstand zwischen Aufgabe derExposition und erstmaliger Manifesta-tion der Erkrankung legen die Annah-me nahe, dass andere Ursachenkompo-nenten maßgeblich sind. Die statisti-schen Erhebungen von Pressel [47], wo-nach in 75% der anerkannten Fälle imBergbau innerhalb eines Zeitraums von5 Jahren manifest wurden,spricht für dieAnnahme, dass nach Ablauf von 5 Jah-ren eine sehr kritische Prüfung des Kau-salzusammenhangs notwendig ist.

Im Rahmen der Begutachtung be-stehen nach einer operativen Interven-tion keine Schwierigkeiten, das krank-hafte Substrat im Vollbeweis zu belegen.Allein eine kernspintomographischeUntersuchung reicht grundsätzlich fürden erforderlichen Vollbeweis der Me-niskuserkrankung nicht aus, da sie diehistologische Untersuchung nicht erset-zen kann.

Die Lokalisation und Ausrichtungdes Meniskusrisses (radiär, horizontal,tangential, Hinterhorn, Korbhenkel etc.)

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Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane

| Der Orthopäde 2•2001106

lässt – anders als beim traumatischenMeniskusriss – keine Rückschlüsse aufeine berufliche Ursächlichkeit zu.

Bei der Prüfung der Frage eineswahrscheinlichen Kausalzusammen-hangs zwischen belegtem krankhaftenSubstrat und den beruflichen Belastun-gen bleibt dem Sachverständigen man-gels gesicherter Erkenntnisse nur eineOrientierung an dem im Laufe der Jahr-zehnte entstandenen Konsens, wie ervon Ludolph [37, 38] erläutert wurde.

Da es kein belastungsspezifischesSchadensbild und auch keinen bela-stungsspezifischen Verlauf gibt, sind zu-nächst typische, nicht berufsbedingteKrankheitsbilder herauszufiltern. In ei-nem weiteren Schritt ist zu prüfen, obwesentliche Anteile der Menisken – undnicht nur im Randbereich – von der De-generation betroffen sind. Als Krank-heitsbild kann nur eine gelenkmecha-nisch relevante Meniskuserkrankungentstanden aus einer vorauseilendenDegeneration aufgefasst werden. EineManifestation im jungen Erwachsenen-alter spricht nicht für eine berufliche In-duktion, die man erst nach mehrerenBelastungsjahren als hinreichend be-gründet unterstellen kann. Sichere me-dizinische Erkenntnisse gibt es hierzuleider nicht. Der Krankheitseintrittmehr als 5 Jahre nach Aufgabe der versi-cherten Tätigkeit gilt hingegen als ge-wichtiges Argument gegen einen Bela-stungszusammenhang.

Die Bemessung der MdE orientier-te sich in früheren Jahren am Meniskus-verlust und der hieraus resultierendenMinderbelastbarkeit, was in den erstenMonaten mit 20%, danach mit 10% ein-geschätzt wurde. Erst die Spätfolgen desMeniskusverlustes – die sekundäreKompartmentarthrose – konnte wiedereine höhere MdE bewirken. In Anbe-tracht der zwischenzeitlich stark verän-derten Operationstechniken und dersehr selten gewordenen kompletten Me-niskusresektion dürfte eine rentenfähigeMdE über längere Zeiträume hinwegeher selten in Betracht kommen.

Zur BK 2103

„Erkrankungen durch Erschütterungenbei Arbeit mit Druckluftwerkzeugenoder gleichartig wirkenden Werkzeugenoder Maschinen.“

Zu dieser ältesten, bereits seit 1929anerkennungsfähigen Berufskrankheit

ist festzustellen, dass es dennoch biszum heutigen Tage trotz allen Zuge-winns an wissenschaftlichen Erkennt-nissen keine quantitative Beschreibungder notwendigen beruflichen Bela-stungsdosis gibt. Der messtechnischeAufwand für Vibrations- und Schwin-gungsbelastungen ist sehr hoch, die Be-rechnung der sog.„bewerteten Schwing-stärke“ außerordentlich kompliziert.Abeiner bewerteten SchwingungsbelastungKr von 16,2 (VDI 2057) besteht die Ge-fahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung.Besonders niederfrequente Schwingun-gen zwischen 5 und 30 Hz sind schädi-gungsrelevant, weniger Schwingungenim Bereich bis zu 1250 Hz [25].

Gefordert wird – laut Merkblatt desVerordnungsgebers – eine mindestens2-jährige regelmäßige Tätigkeit mit ent-sprechenden Werkzeugen und Maschi-nen. Die Gefahrenquellen liegen vorder-gründig bei pressluftgetriebenen Werk-zeugen, aber auch bei Nutzung von mo-torgetriebenen Kettensägen und Schleif-schwingern,Naglern und Niethämmern,Bohr- und Abbauhämmern etc. ÄlterenUntersuchungen zur Häufigkeit schwin-gungsbedingter Erkrankungen amArm-Hand-System – jüngere Untersu-chungen existieren nicht – ist zu entneh-men, dass bei Bergarbeitern etwa 1% derbelasteten Personen erkrankten [62],während insgesamt – auch außerhalbdes Bergbaus – eine Erkrankungsratevon 0,2% angegeben wurde [58, 72].Hieraus wurde abgeleitet, dass ein sol-ches Schadensbild nur bei anlagebe-dingt minderwertigen Strukturen imSinne einer dann richtungsgebendenVerschlimmerung auftreten könne [36].

Zu unterscheiden ist eine Hauptformmit Arthrosen der Armgelenke von denSonderformen im Handwurzelbereichmit Ermüdungsfrakturen am Kahnbeinund Mondbeinnekrosen,die sekundär zuArthrosen im Handgelenk und Handwur-zelbereich zu führen pflegen. Bei der sog.„Hauptform“ ist mit knapp 70% das El-lenbogengelenk am häufigsten betroffen,in etwa 25% der Fälle mit einer Arthrosisdeformans im körperfernen Drehgelenkzwischen Elle und Speiche, begleitend inetwa 5% auch das Schultereckgelenk [14],während das Schulterhauptgelenk unddas Handgelenk bei der „Hauptform“ ei-ner BK 2103 nicht mit erkranken [22]. BeiArbeiten mit Schlagwerkzeugen wirdauch eine Beteiligung des Daumensattel-gelenkes beobachtet [22].

Die häufigste „Sonderform“ der Er-krankung mit ca. 20% der Fälle ist dieMondbeinnekrose, in 7% der Fälle eineKahnbeinpseudarthrose infolge einesErmüdungsbruchs über dem Widerlagerdes Speichenlagers. Die Ätiopathogene-se der Mondbeinnekrose über eine venö-se Blutabflussstörung wurde zwischen-zeitlich aufgeklärt [55]. Auch die Kahn-beinnekrose wird gelegentlich beobach-tet. Besonders diese „Sonderformen“werden häufig primär fehldiagnostiziert,die Beschwerden z. B. als „Sehnenschei-denentzündung“ interpretiert mit Folgeeiner Fortführung der Tätigkeit,was ins-besondere bei den „Sonderformen“ zueiner nachhaltigen Progredienz der Er-krankung – bis hin zur Zerstörung derHandwurzel – führen kann [22].

Die Hauptform mit bevorzugter Ar-throseentwicklung am Ellenbogenge-lenk – auch die Entwicklung einerOsteochondrose dissecans dieses Ge-lenks ist möglich – bleibt häufig überJahre asymptomatisch, sodass die ersteSymptomatik u. U. erst Jahre nach Auf-gabe dieser Tätigkeit eintreten kann.Dasklinische und radiologische Bild der Er-krankung ist nicht pathognomisch, lässtalso keine Rückschlüsse auf die Entste-hung zu. In Abgrenzung zur unfallindu-zierten Arthrosis deformans des Ellen-bogengelenks handelt es sich jedoch nieum eine Kompartmentarthrose, son-dern stets um eine Panarthrose.

Die Kombination einer – fast immerinitial nachzuweisenden – Arthrose desEllenbogengelenks mit Beteiligung deskörperfernen Drehgelenks zwischen El-le und Speiche deutet auf eine schwin-gungsbedingte Entstehung hin, insbe-sondere wenn zusätzlich auch eine Mit-beteiligung des Schultereckgelenksnachzuweisen ist. Eine isolierte Schulte-reckgelenkarthrose reicht zur Anerken-nung jedoch nicht aus.

Der sog.„Andruckarm“ bei der Be-dienung von Bohr- und Elektrohäm-mern ist in der Regel wesentlich stärker– wenn nicht gar ausschließlich – betrof-fen im Vergleich zum Haltearm. Im Rah-men der Begutachtung sollte der Pro-band daher über seine individuelle Artder Führung der Maschinen befragtwerden.

Die akute Wirkung der Schwin-gungsbelastung führt zu Befindensstö-rungen bis hin zu Schmerzempfindun-gen durch Nerven- und Gefäßreaktio-nen. Letztere können einmünden in eine

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Der Orthopäde 2•2001 | 107

vasospastische Erkrankung, die nachBK 2104 ebenfalls anerkennungsfähig ist.

Die chronische Wirkung wird erstnach langjähriger beruflicher Schwin-gungsbelastung in eine der beschriebe-nen Gesundheitsschädigungen einmün-den. Über eine Definition der notwendi-gen Gesamt-Belastungsdosis – die si-cherlich auch individuellen Schwan-kungsbreiten unterliegt – verfügt mannicht.

Differentialdiagnostisch sind Unfall-folgen, toxische, infektiöse und neuroge-ne Erkrankungen abzugrenzen.Die syno-viale Chondromatose mit sekundärerAthrosis deformans des Ellenbogenge-lenks ist abgrenzend zu berücksichtigen.

Die Sicherung der Diagnose imRahmen der Begutachtung bereitet imAllgemeinen – da klinisch und röntgen-anatomisch problemlos möglich – keineSchwierigkeiten. Der notwendige Wahr-scheinlichkeitsbeweis eines Kausalzu-sammenhanges gelingt in der Überzahlder Fälle durch Ausschluss schicksals-hafter Ursachenkomponenten einerseitsund einem meist auch typischen Vertei-lungsmuster der Veränderungen ande-rerseits. Werden seitens des Versiche-rungsträgers – nach entsprechenden Er-mittlungen – die erfüllten beruflichenAnspruchsvoraussetzungen bestätigt,steht einer Anerkennungsempfehlungnichts im Wege.

Die eigenen gutachtlichen Erfah-rungen zeigen, dass diese Berufserkran-kung im gutachtlichen Prüfungsverfah-ren wesentlich weniger Schwierigkeitenbereitet, als die BK 2101. Diese Berufser-krankung gehört zweifellos zu den we-nigen mechanischen BK, deren Berech-tigung nicht anzuzweifeln ist.

Im Anerkennungsfalle besteht beidieser Berufserkrankung kein Unterlas-sungszwang für die gefährdende Tätig-keit, der sich jedoch zumindest bei den„Sonderformen“ meist zwangsläufigeinstellt, da die Fortführung der berufli-chen Tätigkeit von den betroffenen Per-sonen nicht toleriert wird. Berufshelfen-de Maßnahmen gemäß § 3 BKV solltenmöglichst frühzeitig – schon in derFrühphase der Krankheitsentwicklung– eingeleitet werden, um die unnötigeGefahr einer Progredienz zu vermeiden.

Die MdE-Bemessung stützt sichvordergründig auf die funktionellen De-fizite, welche die Erkrankung mit sichgebracht hat, sodass bei der BK 2103 dieallgemein akzeptierten tabellarischen

Bewertungsvorgaben,wie sie auch in dertraumatologischen Begutachtung zumZuge kommen,Anwendung finden kön-nen.

Zur BK 2104

„Vibrationsbedingte Durchblutungsstö-rungen an den Händen, die zur Unter-lassung aller Tätigkeiten gezwungen ha-ben, die für die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederauflebender Krankheit ursächlich waren odersein können.“

Im Jahr 1977 erfolgte eine Abtren-nung dieser Erkrankungsform von dervorbesprochenen BK 2103 nach Verfesti-gung der Erkenntnisse, dass für die Ent-stehung vibrationsbedingter Durchblu-tungsstörungen nicht die niederfre-quenten Schwingungen – wie bei derBK 2103 – verantwortlich sind, sondernhöhere Frequenzen zwischen 20 und1000 Hz mit niedriger Amplitude. ZurÄtiologie der daraus resultierenden Va-sospastik gibt es nur hypothetische Vor-stellungen [17].

Das Krankheitsbild ist durch vaso-spastische Anfälle mit weißverfärbtengefühllosen, z. T. schmerzhaften Fingerngekennzeichnet, die nicht nur durch Vi-brationsbelastungen aufzutreten pfle-gen, sondern dann auch kälteinduziertentstehen können. Dieses Phänomenwird genutzt für den „Kälteprovokati-onstest“ mit Fingerkuppenthermome-trie und Infrarotthermographie. DieDiagnostik ist technisch aufwendig [1,17] und verlangt Apparaturen, über dieder Orthopäde/Unfallchirurg nicht ver-fügt,erfolgt daher durch Angiologen,diesich speziell auf eine solche Untersu-chung und Begutachtung eingerichtethaben. Insofern soll an dieser Stelle aufeine nähere Beschreibung dieser dia-gnostischen Notwendigkeiten verzichtetwerden.

Wesentliches Kriterium der Erkran-kung ist die rein „funktionelle“ Störung,also das Fehlen einer morphologischenGefäßpathologie. Abzugrenzen sind so-mit organisch bedingte Durchblutungs-störungen wie z. B. das Raynaud-Syn-drom, die Arteriosklerose und ander-weitige Gefäßerkrankungen z. B. imRahmen immunpathologischer Prozes-se, aber auch induziert durch Nikotin-missbrauch und Stoffwechselstörung(z. B. Diabetes). Liegen solche somatischbedingten Durchblutungsstörungen vor,

schließt dies automatisch die Anerken-nung einer Berufserkrankung aus.

Die funktionellen vasospastischenDurchblutungsstörungen treten stets nuran den Langstrahlen, nicht jedoch amHohlhandteller und nur sehr selten amDaumen auf. In den meisten Fällen sindvorzugsweise die Langstrahlen der Handbetroffen,die als Halte- und Bedienungs-hand überwiegend die Vibration aufneh-men muss. Eine Prävalenz einer Seite istsomit eher wahrscheinlich, als eine sei-tengleiche vasospastische Reaktion anden Langstrahlen beider Hände.

Da die Anerkennung der Erkran-kung mit einem Unterlassungszwangder gefährdenden Tätigkeit verknüpftist, ergeben sich im Anerkennungsfallebei der Bemessung der MdE gleicharti-ge problematische Fallgestaltungen, wiesie zur BK 2101 besprochen wurden.

Zur BK 2105

„Chronische Erkrankung der Schleim-beutel durch ständigen Druck.“

Schleimbeutel findet man dort, wogroßflächige Weichteilverschiebungengegeneinander – oder gegenüber Kno-chen und Gelenken – stattfinden oderwo oberflächlich gelegene Knochen-punkte mit dünner Weichteildecke einerfortlaufenden Druckbelastung ausge-setzt sind.

Ständige berufliche Druckeinwir-kungen – z. B. durch Verzicht auf Knie-schützer bei knienden Tätigkeiten – kön-nen bereits über relativ kurzfristige Zeit-räume hinweg zu einem Hygrom,sekun-där auch einer Schleimbeutelverschwie-lung führen.Nicht selten entwickeln sichentzündliche Erscheinungen, gelegent-lich sogar mit Vereiterungen durch eineKeimeinschleppung, deren Weg – evtl.mikrotraumatisch bedingt, hämatogenoder auch lymphogen – nur selten auf-klärbar ist. Die operative Sanierung mitkompletter Exstirpation des Schleimbeu-tels ist dann unvermeidbar.

Mit Abstand am häufigsten sindsolche druckbedingten Schleimbeutel-erkrankungen im Bereich des Kniege-lenks (Bursa prae- und infrapatellaris)zu beobachten. Die Diagnose – inklusiveErkennung der Druckeinwirkung – istinsofern meist sehr einfach, weil auchder Hautmantel über der betroffenenBursa sich in charakteristischer Weisemit Mehrverhornungen („Apfelsinen-schalenphänomen“) verändert und die-

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Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane

| Der Orthopäde 2•2001108

se Hautveränderungen sich nur sehrlangsam wieder verlieren, häufig überJahre hinweg – auch nach Sanierung derSchleimbeutelerkrankung – bestehenbleiben. Sehr viel seltener wird die Bur-sitis olecrani durch Aufstützen der Ar-me (Glas- und Steinschleifer, Feinme-chaniker etc.) beobachtet. Eine Schleim-beutelentzündung im Bereich des Schul-tergürtels – wie sie früher bei Lastenträ-gern nicht selten zu beobachten war –gehört zwischenzeitlich zu den Raritä-ten, da derartige Tätigkeiten in aller Re-gel von Kränen und anderen Hebewerk-zeugen übernommen werden.

Die Behandlung erfolgt bei der ste-rilen Bursitis zunächst konservativ, z. B.auch mit einer Kortikoidinjektion in diezuvor vom Erguss entleerte Bursa. BeiRezidivien und infektiösen Komplika-tionen bedarf es der chirurgischen Sa-nierung.

Im gutachtlichen Bereich hat manaus besagten Gründen selten ein Pro-blem mit der Sicherung der Diagnoseund Beurteilung des Kausalzusammen-hangs. Allerdings ist stets zu prüfen, obandere entzündliche Erkrankungen miteiner eventuellen Mitbeteiligung einesSchleimbeutels vorliegen oder Kno-chenvorsprünge u. ä. aus „innerer“ Ur-sache zu einer solchen Schleimbeuteler-krankung geführt haben [59]. Einemessbare MdE ergibt sich hieraus allen-falls dann, wenn über eine infektiöseKomplikation und Kommunikation zurGelenkhöhle hin eine Gelenkbeteiligungzu entsprechenden Folgeerscheinungenam Gelenk selbst geführt hat.Ansonstensind seitens des gesetzlichen Unfallversi-cherungsträgers die Heilbehandlungs-maßnahmen kostenmäßig zu überneh-men. Eine Rentenleistung – auch vor-übergehender Natur – kommt in denseltensten Fällen in Betracht. Dement-sprechend ist die hierzu vorliegende Li-teratur äußerst spärlich und begrenztsich auf entsprechende Beiträge in dendiversen Begutachtungsbüchern.

Zur BK 2106

„Drucklähmung von Nerven.“Die eher seltenen Erkrankungen

dieser Art werden durch äußere Druck-einwirkungen z. B. dem Abstützen aufeiner harten Unterlage, dem Gebrauchbestimmter Werkzeuge etc. verursacht.Krämer u.Hopf [34] wählten hierfür denBegriff „Beschäftigungsneuropathie“.

Aufgrund der vielfältigen differen-tialdiagnostisch möglichen Nervener-krankungen ist bei dieser Fragestellungbesonders sorgfältig seitens des techni-schen Aufsichtsdienstes des Versiche-rungsträgers zu prüfen, ob gefährdendeberufliche Belastungen erfolgten.

Die besonderen Arbeitsbedingun-gen der jeweiligen Berufstätigkeitenmüssen hinreichend belegt sein, damitein rechtlich-wesentliches Ursachenmo-ment aus dem beruflichen Bereichernsthaft in Betracht kommt.Nach Laar-mann [36] gilt die Richtlinie:„ ... dass ei-ne Berufskrankheit in unmittelbaremZusammenhang mit einer geeignetenEinwirkung im Beruf, ohne Schmerzenund ohne Störung des Allgemeinbefin-dens auftreten ...“ muss.

Betroffen sind überwiegend dieoberen Extremitäten. Im Schulterbe-reich sind Lähmungen des N. dorsalisscapulae und des N. thoracius longus(sog. „Tornisterlähmung“) durch regel-mäßiges Tragen schwerer Gegenständeauf der Schulter, aber auch durch Arbei-ten in Rückenlage belegt.

Druckschädigungen des N.axillaris,evtl. auch des Speichennervens in derAchselhöhle wurden in seltenen Fällenbei Metallprägern beobachtet, die denHebel eines Prägewerkzeugs in die Ach-selhöhle stemmen mussten.

Differentialdiagnostisch ist bei ei-ner Beteiligung des Speichennervensdas schicksalshafte „Supinator-Schlitz-Syndrom“ zu bedenken. Betroffen istder tiefe Ast des Speichennervens in derPassage durch den M. supinator beuge-seitig und ellenbogengelenknah am Un-terarm. Hin und wieder wurde das Auf-treten dieser Parese auch nach beson-ders intensiven und ungewohnten Arm-belastungen (Ferienarbeiter) beobach-tet [45]. Nicht bekannt sind Häufungendieser Erkrankungen bei bestimmtenBerufsgruppen.

Eine Drucklähmung des Ellenner-vens kann durch häufiges und lang an-haltendes Aufstützen des angewinkeltenEllenbogengelenks entstehen. Berufewie Feinmechaniker, Diamentenschlei-fer und Uhrmacher können betroffensein. Differentialdiagnostisch ist an dieFolge von arthrotischen Veränderungen,Frakturen mit Kallus- und Narbenbil-dungen etc. zu denken.

Zu dem besonders häufigen „Kar-paltunnelsyndrom“ finden sich wider-sprüchliche Meinungen über eine mög-

liche berufliche Verursachung.Die Kom-pression des N. medianus im Hohlhand-teller wird von Krämer u. Hopf [34]nicht zu den „Beschäfigungsneuropathi-en“ gezählt. Begründet wurde dies miteiner Bevorzugung des weiblichen Ge-schlechts und dem seltenen Auftretenbei handwerklich tätigen Personen. An-dererseits kann ein besonders häufigerDruck von Werkzeugen gegen die Hohl-hand – z. B. häufiger Gebrauch einerZange – zu einem Schaden des N. me-dianus im Hohlhandteller führen. VonBeck-Foehn [2] wurde über das perakutauftretende „arbeitsinduzierte“ Karpal-tunnelsyndrom berichtet infolge Aus-übung ungewohnter Arbeiten mit ange-beugtem Handgelenk und angespann-ten Fingerflexoren. Eine anlagebedingteKomponente z. B. mit einer anatomischvorgegebenen relativen Enge des Hohl-handtunnels wurde jedoch zusätzlichunterstellt.

Gutachtlich wird man stets vielfäl-tige Möglichkeiten konkurrierender Ur-sachen (Stoffwechselstörung, toxischeEinwirkungen, Durchblutungsstörun-gen, Nervenerkrankungen wie z. B. diePolyneuropathie) im Auge behaltenmüssen. Insofern bedarf es einer sorg-fältigen nervenärztlichen Differential-diagnostik,wenn nicht schon die Vernei-nung mechanisch relevanter Einwirkun-gen zu einer eindeutigen Beurteilungssi-tuation führt.

Im Anerkennungsfalle hat sich dieMdE zu orientieren an allgemein akzep-tierten tabellarischen Bewertungsvorga-ben für Nervenschäden.

Zur BK 2107

„Abrissbrüche der Wirbelfortsätze.“Abriss- bzw. Ermüdungsfrakturen

an den Dornfortsätzen der unterenHals- und oberen Brustwirbelsäule in-folge einer besonders hohen Beanspru-chung der Schultergürtel- und oberenRumpfmuskulatur wurden bei Bau- undIndustriearbeitern bis in die Nachkriegs-aera hinein beobachtet und als „Schip-perkrankheit“ bezeichnet. Die letztenFälle wurden – jeweils einer im Jahr – inden Jahren 1980 und 1981 beobachtet. Inden letzten Jahren führt diese Listen-krankheit ein irreales Dasein infolge ih-res Fehlens in den diversen Statistiken.Insofern verwundert nicht, dass es au-ßer entsprechenden Beiträgen in denBegutachtungsbüchern hierzu keine

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Der Orthopäde 2•2001 | 109

Untersuchungen und Publikationenmehr gibt.

Die Gründe liegen darin, dass mitzunehmender Maschinisierung vonErdbauarbeiten die monotone undkraftaufwendige Schaufelarbeit kaumnoch zum Zuge kommt. Insofern ver-wundert nicht,dass derartige Abrissbrü-che der Dornfortsätze nur noch gele-gentlich im Hochleistungssport (Dis-kus- und Hammerwurf etc.) beobachtetwerden.

Im beruflichen Bereich ist (war)meist eine mangelnde Arbeitsübung beiAufnahme der Schaufeltätigkeit maßgeb-lich. Innerhalb von nur 2–3 Wochen wür-de die ständige muskuläre Überbean-spruchung der Schulter- und Nacken-muskulatur zu einem langsam fortschrei-tenden Ermüdungsschaden, der sichdann zu einer Fraktur vervollständigtedurch einen erneut plötzlich einwirken-den Muskelzug,z.B.durch einen überho-hen und überweiten Schaufelwurf [59].Die Prognose ist stets günstig, da mit ei-ner raschen spontanen Heilung gerech-net werden kann, wobei die bindegewe-bige Heilung keine Nachteile gegenüberder knöchernen Heilung zeigt [63].

Mangels entsprechender berufli-cher Belastungen wird sich der orthopä-dische Sachverständige hiermit auch zu-künftig nicht mehr – allenfalls einmalim Ausnahmefall – auseinandersetzenmüssen. Bei gesicherter Diagnose müs-sen einerseits das berufliche Belastungs-profil, andererseits die sportlichen Akti-vitäten hinterfragt werden, um zur rich-tigen Kausalitätsentscheidung zu gelan-gen. Eine messbare MdE kann auch imAnerkennungsfalle nicht erwartet wer-den.

Zur BK 2108

„Bandscheibenbedingte Erkrankungder Lendenwirbelsäule durch Hebenund Tragen von schweren Lasten oderTätigkeiten in extremer Rumpfbeuge-haltung, die zur Unterlassung aller Tä-tigkeiten gezwungen haben, die für dieEntstehung, die Verschlimmerung oderdas Wiederaufleben der Erkrankung ur-sächlich waren oder sein können.“

Die bandscheibenbedingten Er-krankungen der Wirbelsäule wurdenzum 1.1.1993 als „Listenkrankheiten“ indie BKV mit den Nummern 2108, 2109und 2110 auf Empfehlung des ÄrztlichenSachverständigenbeirats „Sektion Be-

rufskrankheiten“ aufgenommen. DieseEmpfehlung beruhte unter anderem aufder BKV der ehemaligen DDR (BK-Nr.70), die eine Entschädigung von Ver-schleißerkrankungen der Wirbelsäulevorsah.

Die ohnehin häufig schwierige Kau-salfeststellung im Berufskrankheiten-recht erwies bei den bandscheibenbe-dingten Wirbelsäulenerkrankungen alssehr umstritten. Gegensätzliche Auffas-sungen wurden – auch gutachtlich – ver-treten und führten in den Anfangsjah-ren zu grob konträren Urteilsfindungender Sozialgerichte. Zahlreiche Untersu-chungen verschiedener Arbeitsgruppenals auch die Erfahrungen mit der Bear-beitung einer riesigen Fallzahl, aberauch eine Metaanalyse der zur Verfü-gung stehenden wissenschaftlichen Er-kenntnisse [67] haben zwischenzeitlichzu gutachtlich nutzbaren Basisinforma-tionen geführt, die sich in einen Algo-rithmus der medizinischen Prüfungumsetzen lassen.

Die beruflichen Anspruchsvoraus-setzungen sind hingegen nach wie vorumstritten. Vom Verordnungsgeberwurde mit Einführung dieser Berufs-krankheiten eine Mindestbelastungs-dauer von 10 Jahren angegeben.Aus denErfahrungen mit berufsbedingten Wir-belsäulenerkrankungen in der (ehema-ligen) DDR wurde abgeleitet, dass manmindestens eine 20-jährige regelmäßigeBelastung mit mindestens 250 Hebevor-gängen von jeweils 4000 N/Schicht for-dern müsse, um von erfüllten An-spruchsvoraussetzungen ausgehen zukönnen [46].

Andere Autoren [6] forderten einemehr individuelle Betrachtungsweisemit exakter Ermittlung der tatsächli-chen Belastungen im Einzelfall, was je-doch regelhaft daran scheiterte, dasskeine verlässlichen Angaben über dietatsächlichen Belastungen retrospektivüber Jahre hinweg bei den Betrieben ge-wonnen werden konnten. Es blieb nurder Weg,„übliche“ berufliche Belastun-gen in bestimmten Tätigkeitsbereichenunter Inkaufnahme einer im Einzelfallnicht unerheblichen Fehlerbreite zurGrundlage einer Berechnung der Ge-samtbelastungsdosis zu machen. Sowurde ein Verfahren zur Berechnungder Gesamtbelastungsdosis entwickelt[24] mit einer zu erreichenden Richt-wertdosis für Männer von 10,5×106 Nh,bei Frauen von 9,5×106 Nh, um zumin-

dest von der Möglichkeit der Entstehungeiner belastungsabhängigen bandschei-benbedingten Erkrankung der Lenden-wirbelsäule ausgehen zu können.

Zeitlich anhaltende und stoßartige,also „mikrotraumatisierende“ Einzelbe-lastungen konnten in diesem Modellkeine Berücksichtigung finden. Demwurde mit Entwicklung eines neuen„Mainz-Dortmunder Dosis-Modells(MDD)“ Rechnung getragen [31]. DieserPrüfmodus verlangt als Mindestgesamt-belastungsdosis bei Frauen 17 Mega-Newton-Stunden (MNh) und für Män-ner 25 MNh [26]. Diese Empfehlungenführten Hartmann zu einem kritischenResümee [23]:

„Bemühungen der Arbeits-gruppe um die Entwicklung

des MDD sollten in diesem Kon-text ausdrücklich gewürdigt

werden. Dennoch haben über-wiegend fehlende wissen-

schaftliche Detailkenntnisse zuKompromissen geführt, die nurzeitweilig hingenommen wer-den sollten unter der Voraus-

setzung, diese Kenntnislückendurch weitere wissenschaftli-

che Untersuchungen so schnellwie möglich zu schließen.“

Eine gutachtliche Lösung dieses Pro-blems erwies sich somit auf der Basisvon Belastungsermittlungen als nichtmöglich, zumal die Folgen beruflicherBelastungen nicht von Folgen außerbe-ruflicher Belastungen (z. B. Sport) amAchsenorgan unterschieden werdenkönnen.

Der medizinische Sachverständigesteht vor der Aufgabe festzustellen, obder Proband insgesamt eine belastungs-konformes Schadensbild aufweist. Die-se Belastungskonformität setzt sich zumEinen zusammen aus dem versichertenkrankheitsrelevanten Schadensbild ei-ner bandscheibenbedingten Erkran-kung, zum Anderen aus Befundindizien,denen keine Krankheitsrelevanz zu-kommt, die aber die Belastungseinwir-kung indizieren können.

Zu dem versicherten Schadensbildeiner „bandscheibenbedingten Erkran-kung“ genügt nicht nur der radiologi-sche oder kernspintomographische

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Zum Thema: Begutachtung der Bewegungsorgane

| Der Orthopäde 2•2001110

Nachweis einer krankhaften Gewebever-änderung an der Bandscheibe, wie siebei so gut wie allen Menschen im Er-wachsenenalter zu gelingen pflegt.Viel-mehr ist zu fordern, dass eine band-scheibenbedingte Segmenterkrankungnicht nur radiologisch, sondern auch imklinischen Bild nachzuweisen ist. Fol-gende Kriterien müssen hierzu erfülltsein:

◗ Höhenminderung des Bandschei-benraums,

◗ klinischer Segmentbefund (provo-zierbarer Schmerz),

◗ vermehrter Muskeltonus (Verspan-nung),

◗ subjektiv:● Schmerz durch Bewegung

(„Hexenschuss“),◗ fakultativ:

● Entfaltungsstörung der LWS,● Nervenwurzelreizung/-schädigung

(gleiches Segment).

Sofern anhand dieser Kriterien keinebandscheibenbedingte Erkrankung nach-zuweisen ist, also kein anerkennungsfä-higes krankhaftes Substrat vorliegt, istauch eine Anerkennung – ganz gleich,was allein bildgebende Verfahren alleszu Tage gefördert haben sollten – nichtmöglich.

Bei diagnostisch gesicherter „band-scheibenbedingter Erkrankung“ sind ineinem weiteren Schritt des Prüfungsver-fahrens sämtliche in Betracht kommen-den differentialdiagnostischen Verursa-chungsmöglichkeiten zu berücksichti-gen. Hierzu gehören stoffwechselbe-dingte Einflüsse, insbesondere aber me-chanische Auswirkungen einer Fehlsta-tik (Beckenschiefstand, Skoliose, ver-mehrte ventrale Beckenkippung) undder in ungemein zahlreicher Form beidem bisherigen Prüfungsverfahren be-kannt gewordenen anatomischen Vari-anten des lumbosakralen Übergangs,denen nach diesen Beobachtungenwahrscheinlich hinsichtlich der Schmerz-entstehung eine wesentlich höhere Be-deutung zukommt, als bisher in der or-thopädischen Wissenschaft angenom-men.

Insbesondere bei der vermehrtenventralen Beckenkippung und denasymmetrischen lumbosakralen Über-gangsstörungen ist regelhaft in derchronologischen Röntgenbildauswer-tung die primäre Entstehung einer

Spondylarthrose, bei den Asymmetrienmeist einseitig betont, zu beobachten,ehe zeitlich deutlich nachhinkend eineBandscheibenbeteiligung hinzutritt. Be-troffen sind bei diesen Fallgestaltungenfast ausnahmslos die Segmente L4/5 undL5/S1, seltener höher gelegene Segmente,die z. B. im Skoliosescheitel liegen.

Bei derartigen Fallgestaltungenwird in der Regel keine Anerkennungmöglich sein, auch nicht im Sinne der„Verschlimmerung“, da sich nämlichdiese anatomischen Varianten nicht ver-schlimmern können, sondern allenfallseine bereits mit Aufnahme der berufli-chen Tätigkeit vorliegende beginnendeBandscheibenerkrankung, die jedochdann ebenfalls – insbesondere bezogenauf den genannten Zeitpunkt – im Voll-beweis zu belegen wäre, um eine Ver-schlimmerung plausibel begründen zukönnen [40].

Abzugrenzen sind im Weiterenschicksalshafte Erkrankungen am Ach-senorgan (Morbus Scheuermann, Mor-bus Bechterew, Spondylolyse und Olis-these etc.), die in der Regel ein so cha-rakteristisches Erscheinungsbild haben,dass sie differentialdiagnostisch nichtverkannt werden können. BestehenMerkmale einer Scheuermann-Erkran-kung der Brustwirbelsäule, so ist zu be-denken, dass diese Patienten auch imLWS-Bereich signifikant häufiger band-scheibenbedingte Erkrankungen ent-wickeln [71].

Es gilt zu bedenken, dass die be-nannten „inneren Ursachen“ (z. B. lum-bosakrale Übergangsstörung) als außer-betriebliche Bedingungen in Konkur-renz zu den betrieblichen Einwirkungenstehen, sich diese unterschiedliche Kau-salität im Bereich der Haftungsbegrün-dung – und nicht der Haftungsausfül-lung – bewegt und insofern der betrieb-lich bedingte Ursachenanteil minde-stens 50% betragen muss, um als recht-lich-wesentliche Ursache ernsthaft inBetracht zu kommen [3]. Überwiegt dieSumme aller nicht beruflich bedingtenUrsachenmomente (z. B. lumbosakraleÜbergangsstörung, zusätzlich belasten-de Freizeitaktivitäten etc.) mit insge-samt mehr als 50% Ursachenanteil,mussdie berufsbedingte Ursachenkompo-nente unbeachtlich bleiben, ist somitkeine Ursache mehr im Rechtssinne. In-sofern bestehen diesbezüglich erhebli-che Unterschiede im Vergleich zur antei-ligen Ursächlichkeit (rechtlich-wesentli-

che Bedingung) im haftungsausfüllen-den Bereich.

Im Einzelfall muss daher stets ge-prüft werden, ob „Indizien“ vorliegen,die erkennen lassen, dass die Wirbelsäu-le schädigungsrelevanten mechanischenBelastungen unterlag, die zur Entwick-lung einer evtl. vorliegenden bandschei-benbedingten Erkrankung beigetragenhaben können.

Überdurchschnittliche Belastungendurch berufliche Tätigkeit (oder Sport)haben ganz charakteristische Anpas-sungsphänomene zur Folge:

◗ Die Verschwielungen der Fußsohlenund Hände nehmen zu.

◗ Muskelkraft und Muskelmasse neh-men zu.

◗ Sehnen und Bänder werden struktu-rell mehr belastbar.

◗ Die Kalksalzdichte im Knochennimmt zu.

◗ Die Knochen-Knorpel-Grenzlamel-len in den Gelenken werden schat-tenreicher („Sklerosierung“).

◗ Die Deck- und Tragplatten der Wir-belkörper werden schattenreicher(analog der „Osteochondrose“).

◗ Deck- und Tragplatten zeigen Kan-tenanbauten zur Vergrößerung derdruckübertragenden Fläche (analogzur „Spondylose“).

Diese Anpassungsphänomene an denDeck- und Tragplatten entwickeln sichohne eine Höhenminderung der Band-scheibe, die sogar im Rahmen solcherAnpassungsvorgänge eine Höhenzu-nahme aufweisen kann [7].

Ähnlich wie die Osteochondroseund Spondylose infolge einer diskoti-schen Bandscheibenerweichung als „re-parative“ Phänome aufzufassen sind,können somit diese Phänomene an denDeck- und Tragplatten als „belastungs-adaptive Reaktionen“ infolge entspre-chender Belastungseinwirkungen aufge-fasst werden.

Diese Logik in der Zusammenfüh-rung gesicherter orthopädischer Er-kenntnisse deckt sich mit dem Ergebnisepidemiologischer Untersuchungen [30,66] über eine dem Lebensalter vorausei-lende Prävalenz osteochondrotischerund spondylotischer Reaktionen amAchsenorgan bei körperlich überdurch-schnittlich belasteten Personen. WeitereUntersuchungen von Weber u. Morgen-thaler [67] haben – ebenfalls in Überein-

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Der Orthopäde 2•2001 | 111

stimmung mit älteren epidemiologi-schen Erkenntnissen – ergeben, dass die„Osteochondrose“ bevorzugt in den un-teren LWS-Segmenten zu erwarten ist,die „Spondylose“ jedoch eher in den obe-ren LWS-Segmenten unter Einbeziehungder untersten BWS-Etagen. Hierzu be-gleitend sind in derartig belasteten Seg-menten auch Signalveränderungen desBandscheibengewebes kernspintomo-graphisch zu erwarten [27].Hiermit ver-fügt man somit über relativ sichere Indi-zien („Positivkriterium“), dass das Indi-viduum – beruflich oder privat – Bela-stungen unterlag, welche die individuel-len Grenzzonen erreicht oder gar über-schritten haben,damit diese Belastungs-adaptation auslösten und somit prinzi-piell auch als potentiell schädigungsrele-vant eingeordnet werden müssen.

Die Ermittlungen der beruflichenAnspruchsvoraussetzungen sind somiteigentlich erst nach Sicherung solcher„belastungsadaptiven Reaktionen“ sinn-voll, da erst dann gesicherte beruflicheAnspruchsvoraussetzungen relevantwerden und eine Abgrenzung von priva-ten Ursachenmomenten (z. B. Sport) er-möglichen.

Im gutachtlichen Prüfungsverfah-ren muss zwischen dem anerkennungs-fähigen Schadensbild („bandscheiben-bedingte Erkrankung“) einerseits undden „Indizien“ für evtl. ursächliche me-chanische Belastungen („belastungsad-aptive Reaktionen“ ohne Krankheitsre-levanz) unterschieden werden. Beideslässt sich jedoch unter dem Begriff „be-lastungskonformes Schadensbild“ sub-sumieren. Auch das monosegmentaleSchadensbild kann somit in Verknüp-fung mit mehrsegmentalen belastungs-adaptiven Reaktionen („Positivkriteri-um“) eine Anerkennung finden.

Dieser so scheinbar einfachen Kau-salitätsbeurteilung steht entgegen, dasseine Monokausalität der Segment- undBandscheibenveränderungen nur seltenim Raume steht, eine Polykausalität eherder Regel entspricht, insofern auch derRöntgenbefund – mit einer verwirren-den Vielfalt – „Mischbilder“ bieten kann,was die gutachtliche Beurteilung nichtunerheblich erschwert.

Andererseits lassen sich die beson-ders häufigen schicksalshaften Kompo-nenten relativ gut abgrenzen, insbeson-dere dann, wenn eine der so häufigenlumbosakralen Übergangsstörungen zueiner Fehlstatik mit primärer Entwick-

lung einer Spondylarthrose, dann erstsekundärer Entwicklung einer band-scheibenbedingten Erkrankung geführthat. Für eine solche Beurteilung solltendaher stets sämtliche, auch Jahre zuvorgefertigten Röntgenaufnahmen zur Ver-fügung stehen, um die zeitliche Reihen-folge bei der Entwicklung solcher Wir-belsäulenbefunde erkennen zu können.Auch eine schicksalshafte Verursachungeiner „bandscheibenbedingten Erkran-kung“ hinterlässt somit Spuren („Indi-zien“), die in die Beurteilung als „Nega-tivkriterium“ Eingang finden können.

Bei der abschließenden Kausalitäts-prüfung – in der Regel nur notwendigbei einer bereits gesicherten „bandschei-benbedingten Erkrankung“ – sind somit4 Fallgestaltungen denkbar:

◗ Eine Anerkennung als berufsbeding-te Erkrankung kann erfolgen, wenn:● belastungsadaptive Reaktionen

vorliegen (positives Positivkriteri-um),

● relevante schicksalshafte Krank-heitsursachen fehlen (negativesNegativkriterium) und nicht zu-letzt die Ermittlungen der berufli-chen Belastungen prinzipiell dieMöglichkeit einer berufsbedingtenInduktion erkennen lassen.

◗ Eine Anerkennungsempfehlung istnicht vertretbar, wenn:● belastungsadaptive Reaktionen

fehlen (negatives Positivkriteri-um),

● relevante schicksalshafte Krank-heitsursachen vorliegen (positivesNegativkriterium), und zwar auchdann, wenn die beruflichen An-spruchsvoraussetzungen prinzipi-ell als erfüllt anzusehen sind.

◗ Eine grenzwertige Situation mit Un-terstellung einer beruflichen Einwir-kung im Sinne einer wesentlichenTeilursache (rechtlich wesentlicheBedingung) erscheint im Einzelfallmöglich und vertretbar, wenn:● belastungsadaptive Reaktionen vor-

liegen (positives Positivkriterium),● relevante schicksalshafte Krank-

heitsursachen erkennbar werden(positives Negativkriterium), diejedoch das Schadensbild nichtdurch eine überragende Quantitätdominieren, letztendlich auch hin-reichende berufliche Belastungengesichert werden konnten. Nur insolchen – glücklicherweise nicht

allzu häufigen – Fällen besteht ei-ne unvermeidliche Irrtumsbreite,die jedoch – statistisch gesehen –marginaler Natur sein dürfte.

◗ Die Anerkennung bedarf einer be-sonders plausiblen Begründung(z. B. multiple Mikrotraumata etc.),wenn:● belastungsadaptive Reaktionen

fehlen (negatives Positivkriteri-um),

● schicksalshafte Krankheitsursa-chen fehlen (negatives Negativkri-terium).

Ob solche Fallgestaltungen tatsächlich –wie z. B. von Wolter u. a. [52, 73] ange-nommen – typisch sind für Schadensbil-der im Bereich der Pflegeberufe, lässtsich momentan noch nicht abschließendbeurteilen.

Die praktische Begutachtung zurBK 2108 hat gezeigt, dass nur etwa 1‰aller Prüfungsverfahren zum Ergebnishaben, dass eine Anerkennung in Be-tracht kommen kann. Die Aufwendun-gen für die Prüfungsverfahren steheninsofern in einem exorbitanten Missver-hältnis zu den daraus resultierendenLeistungen der Versicherungsträger,nicht zuletzt auch deshalb, weil diebandscheibenbedingte Erkrankung inder Regel einer sukzessiven schicksals-haften Heilung – der sog. wohltuendenEinsteifung des Alters – anheim fällt undzum Anderen nur selten mehr als eineMdE mit 20% resultiert.Auch der gefor-derte Unterlassungszwang ist insofernnicht immer plausibel begründbar.

Die überaus häufigen belastungsab-hängig bleibenden Beschwerden ohnefunktionelle oder neurogene Defizitekönnen keine messbare MdE begründen.Die mäßige Entfaltungsstörung, ggf. mitpseudoradikulären Beschwerden sindmit 10%,zusätzlich Belastungsminderun-gen und ausgeprägtere Entfaltungsstö-rungen mit 20% einzuschätzen. Erst diezusätzliche Nervenwurzelreizung oderanderweitige neurogene Defizite recht-fertigen eine MdE mit 30% und mehr.Derartige Fallgestaltungen sind jedochselten, andererseits in der gutachtlichenBeurteilung infolge der handfesten Be-funde eher einfach zu handhaben.

Zur BK 2109

„Bandscheibenbedingte Erkrankungender Halswirbelsäule durch langjähriges

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Tragen schwerer Lasten auf der Schulter,die zur Unterlassung aller Tätigkeitengezwungen haben, die für die Entste-hung, die Verschlimmerung oder dasWiederaufleben der Krankheit ursäch-lich waren oder sein können.“

Gemäß den Vorgaben des Verord-nungsgebers sind beruflich induzierte„bandscheibenbedingte Erkrankungen“im Bereich der Halswirbelsäule (BK 2109)prinzipiell anerkennungsfähig. Voraus-setzung ist dabei eine im heutigen Be-rufsleben ganz ungewöhnliche langjäh-rige Belastung mit Tragen schwerer La-sten auf der Schulter von 50 kg undmehr verknüpft mit dabei erzwungenenFehlhaltungen des Kopfes, wie dies z. B.beim „Fleischabträger“ in früheren Jah-ren der Fall war. Diese Belastungen soll-ten regelhaft über 30% der Gesamtar-beitszeit und mindestens über 10 Jahrehinweg erfolgen [35]. Diese Vorgabenkönnen sich jedoch nicht auf wissen-schaftlich abgesicherte Erkenntnissestützen, da ein solch schweres Tragenvon Lasten auf den Schultern in der heu-tigen Arbeitswelt – zumindest in moder-nen Industriestaaten – nicht mehr regel-mäßig und lang andauernd vorkommt.So wurde nach entsprechenden Ermitt-lungen vom LSG Baden-Württembergam 17.12.1997 (Az: L 2 U 1591/97) ent-schieden, dass die beruflichen Belastun-gen beim Maurer keine hinreichendenberuflichen Anspruchsvoraussetzungenfür eine BK 2109 beinhalten. Vom LSG-Rheinland-Pfalz wurde am 24.04.1999 inähnlicher Weise entschieden (Az: L 3 U111/97), dass von einem Einschaler undZimmerer die geforderten beruflichenBelastungen als Voraussetzung zur An-erkennung einer BK 2109 nicht erreichtwerden, insbesondere im Vergleich mitdem früher bekannten Berufsbild einesFleischabträgers. Die sehr wenigen An-erkenntnisse in den ersten Jahren nachEinführung dieser BK – überwiegendauf dem Rechtsweg erstritten – habensich ausnahmslos als problematisch er-wiesen.

Bei den seinerzeitigen Beratungendes Sachverständigenbeirats blieben of-fenkundig anderweitige chronische Be-lastungensvorgänge mit potentiell nach-teiligen Auswirkungen auf die Halswir-belsäule, so z. B. Dauerzwangshaltungenbei Musikern etc. völlig unberücksich-tigt, sodass mit Aufnahme dieser Listen-krankheit in die BKV an den Realitätender Arbeitswelt zum Ende des 19. Jahr-

hunderts schlicht vorbei entschiedenwurde. Da bandscheibenbedingte Er-krankungen der HWS ohnehin – im Ver-gleich zur LWS – eher selten sind, ist esauch in den vergangenen Jahren (seitEinführung der BK 2109 als Listener-krankung) nicht möglich gewesen, hin-reichende wissenschaftliche Erkenntnis-se zur Kausalitätsbeurteilung zu gewin-nen. In Anbetracht des derzeitigen Er-kenntnisstandes sind weitere Anerken-nungen einer BK 2109 kaum zu erwar-ten, zumindest nicht als eigenständigesberuflich induziertes Krankheitsbild.

Schon im Hinblick darauf, dass diegenannten Tragebelastungen von 50 kgund mehr unweigerlich auch die Len-denwirbelsäule – sogar in einem höhe-ren Maße, als für die BK 2108 gefordert –belasten müssen, erscheint eine solcheBerufskrankheit nur in Verbindung miteinem Schadensbild an der Lendenwir-belsäule vorstellbar, wie dies auch vonWeber u. Morgenthaler [67] vorgetragenwurde.

Momentan muss offen bleiben, obes in den kommenden Jahren gelingenwird, ähnlich wie zur BK 2108 Empfeh-lungen zur Durchführung der gutachtli-chen Zusammenhangsprüfung zu ent-wickeln.

Zur BK 2110

„Bandscheibenbedingte Erkrankungender Lendenwirbelsäule durch langjähri-ge, vorwiegend vertikale Einwirkungvon Ganzkörperschwingungen im Sit-zen, die zur Unterlassung aller Tätigkei-ten gezwungen haben,die für die Entste-hung, die Verschlimmerung oder dasWiederaufleben der Krankheit ursäch-lich waren oder sein können.“

Die Anerkennung einer „bandschei-benbedingten Erkrankung“ durch ver-tikale Ganzkörperschwingungen im Sit-zen – ausschließlich im Lendenwirbel-säulenbereich denkbar – setzt in der Re-gel eine mindestens 10-jährige Expositi-on mit geeigneter Schwingungsfrequenzund Schwingungsstärke voraus.

Schädigungsrelevant sind Schwin-gungseinwirkungen mit Frequenzenzwischen 3 und 5 Hz mit einer „bewerte-ten Schwingungsstärke“ von Kr>16(nach VDI 2057).Die Gesamtbelastungs-dosis kann – analog zu dem „Beurtei-lungsschallpegel“ in der Akustik – nacheiner von Dupuis [16] entwickelten For-mel – relativ genau berechnet und in ei-

nem vom gleichen Autor entwickeltenDiagramm die daraus resultierende Ge-sundheitsgefährdung abgelesen werden.An diesem Vorgehen der Ermittlungschwingungsbedingter Belastungsein-wirkungen hat sich auch nach jüngerenPublikationen [53] nichts Wesentlichesgeändert. Als besonders gefährdendwerden Erdbaumaschinen, Kettenfahr-zeuge und Traktoren – ohne gedämpfteSitzkonstruktion – angesehen [65].

Erfolgen Belastungen durch stoßar-tige Einwirkungen und unregelmäßigwiederholt vorkommende hohe Be-schleunigungsspitzen bei Schwingungs-einwirkungen (Analogie: impulshaltigerLärm) und sind bei diesen Tätigkeitenungünstige Körperhaltungen mit Verdre-hung, starker Beugung oder zur Seite ge-neigtem Rumpf notwendig, so sind auchEinwirkungen mit einer bewertetenSchwingungsstärke von Kr>12,5 zu be-rücksichtigen, wie sie z. B. bei älterenBaustellen-Lkw, auch älteren Militärlast-wagen u.ä.Geräten ermittelt wurden [18].

Die Berechnung der gesamtenSchwingungsbelastungsdosis ist relativkompliziert,beruht auf einer Vergleichs-berechnung der Schwingungsbelastun-gen bei Erdbaumaschinenführern [44]und kann vom medizinischen Sachver-ständigen nicht vorgenommen werden.Diese Aufgabe obliegt dem TechnischenAufsichtsdienst schon vor Durchfüh-rung der Begutachtung. Sofern die Sum-me aller Schwingungsbelastungen dieRichtwertdosis DVDRI=580×103 über-schreitet, kann von erfüllten beruflichenAnspruchsvoraussetzungen ausgegan-gen werden.

Nach den verfügbaren wissen-schaftlichen Erkenntnissen zur Berufs-krankheit BK 2110 wird davon ausgegan-gen, dass die Schwingungsbelastungenzu Stoffwechselstörungen an den Zwi-schenwirbelscheiben führen [33] undResonanzschwingungen – die an derLendenwirbelsäule bei etwa 4–5 Hz auf-treten – zusätzlich eine hohe Gewebebe-anspruchung bewirken [15]. Bei dieserBerufskrankheit ist daher zu erwarten,dass alle Bewegungssegmente im unte-ren Rumpfbereich erfasst werden, da er-wiesenermaßen alle Bewegungssegmen-te solchen Schwingungs- und Stoßein-wirkungen unterliegen, insbesonderedann, wenn eine Resonanzschwingungder LWS eintritt [19].

Bei den geforderten jahrelangenund immer wiederkehrenden, insgesamt

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also millionenfachen Schwingungen dergesamten Lendenwirbelsäule ist es nichtvorstellbar, dass solche Belastungen –sofern tatsächlich krankheitsinduzie-rend – nur an einer oder zwei Band-scheiben Spuren hinterlassen könnten[39]. Gerade bei einer solchen Berufs-krankheit ist somit über die „bela-stungsadaptiven Reaktionen“ hinausge-hend auch mit Gewebeveränderungenan so gut wie sämtlichen LWS-Band-scheiben selbst – wie sie mit den heuti-gen kernspintomographischen Möglich-keiten problemlos dargestellt werdenkönnen [27] – zu rechnen. Nach Weberet al. [67] sind betontere spondylotischeReaktionen der oberen LWS – bis in dieuntere BWS reichend – beim Vorliegender BK 2110 zu erwarten, während derBandscheibenraum L5/S1 hiervon weit-gehend verschont bleiben soll.

Da derartige Ganzkörperschwin-gungsbelastungen bei den heute genut-zen Arbeitsgeräten faktisch nicht mehrvorkommen, dürfte die Anerkennungs-quote dieser BK – schon jetzt überausgering – zukünftig gegen 0 tendieren.

Gutachtliche Formalien

Eine korrekte gutachtliche Beurteilungsetzt nicht nur ein solides medizinischesBasiswissen – inklusive einer laufendenAktualisierung des Wissensstands – undGrundkenntnisse des Versicherungs-rechts voraus, sondern beruht im ent-scheidenen Maße auf der Kenntnis desSachverhalts im konkreten Einzelfall,wie er sich aus den dem Sachverständi-gen vorgelegten Aktenunterlagen herausergibt.

Eine sorgfältige Aktenaufarbeitungist insofern eine ärztlicherseits zwar un-geliebte, aber unverzichtbare Aufgabedes Sachverständigen, die bereits bei derersten Sichtung des Gutachtenauftragszu beginnen hat. Der ärztliche Sachver-ständige sollte nämlich prüfen, ob ihmseitens des Versicherungsträgers – dernach § 200, Abs. 1, SGB VII nur ein be-grenztes Recht zur Datenübermittlungan den Sachverständigen hat – alle fürdie anstehende Beurteilung notwendi-gen Informationen zugänglich gemachtwurden.

Wird z. B. in einem ärztlichen Be-richt eine Kernspintomographie oder ei-ne Meniskusoperation erwähnt, fehlt esaber am schriftlichen kernspintomogra-phischen Befundbericht und dem Bild-

material, dem Operationsbericht odergar dem histologischen Befundbericht,so kann der Sachverständige ohne Vorla-ge dieser Dokumente keine gutachtlicheBeurteilung verantworten!

Da dem Sachverständigen kein ei-genes Ermittlungsrecht zusteht, tut ergut daran, den Auftraggeber aufzufor-dern, für die Beibringung solcher Doku-mente Sorge zu tragen.

Fehlt es lediglich an aktenkundigerwähntem Bildmaterial – heutzutage inaller Regel reichlichst durch nicht im-mer sinnvolle Mehrfachuntersuchungenvorhanden –, so kann der Sachverstän-dige ausnahmsweise auch eigentätig die-se Bilder beim jeweiligen Ersteller anfor-dern. Streng genommen bedarf auchdies – zumindest nach den nicht unum-strittenen Vorstellungen des Daten-schutzes – der schriftlichen Einwilligungdurch den Probanden, die zwischenzeit-lich auch immer häufiger vom Fertigerdes Bildmateriales verlangt wird.

Anders als der kurativ tätige Arztsollte sich der ärztliche Sachverständigeangewöhnen, möglichst immer das Bild-material selbst auszuwerten, dies insbe-sondere dann, wenn besonders präziseund detaillierte Bildbeschreibungenvorliegen. Besonders bei kernspintomo-graphischen Darstellungen von Weich-geweben besteht die Gefahr,dass der Ra-diologe „mehr“ gesehen hat, als dies dieAuswertung der Aufnahmen zulässt[29],was vordergründig – aber nicht nur– die kernspintomographische Untersu-chungstechnik betrifft.

Eine sorgfältige Aufarbeitung desaktenkundigen Sachverhalts solltegrundsätzlich immer zeitlich vor der Be-fragung und Untersuchung des Proban-den liegen,da sich fast ausnahmslos offe-ne Fragen erkennen lassen, die dem Pro-banden bei der anamnestischen Explora-tion gezielt gestellt werden können.Folgt– was leider nicht selten der Fall ist – eineAktenaufarbeitung erst in Verbindungmit dem Abdiktat der Beurteilung, alsozeitlich nach der Untersuchung, könnensolche Lücken nicht mehr gefüllt werden!

So sorgfältig der aktenkundigeSachverhalt zu erarbeiten ist, so wenigbesteht die Notwendigkeit, hierzu einendetaillierten, somit auch umfangreichenAktenauszug zu fertigen.Der Auftragge-ber,wie auch später hiermit befasste Per-sonen (Rentenausschuss, Sozialgerichtetc.) verfügen über die Akte und könnendort selbst die Fakten nachlesen.

Dennoch sollte ein Gutachten einenstichwortartigen Aktenauszug – mög-lichst mit jeweiliger Angabe der Blatt-zahl – enthalten, um jederzeit entschei-dungsrelevante aktenkundige Feststel-lungen wiederfinden und in der Beurtei-lung benennen zu können. Bei einerGutachtenerstellung ohne einen solchenstichwortartig abgefassten Aktenauszug– der grundsätzlich das 1.Kap.darzustel-len hat – besteht die Gefahr, dass derSachverständige bei der Erarbeitung sei-ner Beurteilung nicht auf solche, zur Be-gründung wesentlichen Informationenzurückgreifen kann, sich möglicherwei-se gar nicht mehr daran erinnert unddies letztendlich zu fehlerhaften, vomPrüfarzt leicht zu widerlegenden Beur-teilungen führt. Passiert Derartiges ineinem Gerichtsgutachten, ist zudem derSachverständige blamiert, wenn solcheLücken oder gar hieraus resultierendefehlerhafte Beurteilungen vom Bera-tungsarzt der Beklagten aufgezeigt wer-den und dies unweigerlich dem Ansehenund der Kompetenz des Sachverständi-gen schadet.

Aus der Sicht eines Beratungsarzteseiner großen bundesweit tätigen Berufs-genossenschaft darf man dem hinzufü-gen, dass es sich auch im Jahr 2000 nochum einen der häufigsten gutachtlichenFehler handelt, sodass im Umkehr-schluss hieraus abzuleiten ist, dass diesorgfältige Aktenaufarbeitung ein we-sentliches Qualitätsmerkmal eines Gut-achtens, insbesondere im BK-Verfahrendarstellt.

Der Sachverständige kann ohnehinerst nach Aufarbeitung des aktenkundi-gen Sachverhalts erkennen, welche Fra-gestellungen sich – im Detail – hinterdem Gutachtenauftrag verbergen, die inden – meist standardisierten – Einzel-fragen des Auftragsschreibens so nichtzu finden sind. Insofern wäre es logisch,nicht direkt am Anfang eines Gutach-tens, sondern erst nach dem Aktenaus-zug die Fragestellungen in das Gutachenaufzunehmen. Auch das erscheint ent-behrlich, zum Einen wegen des allen Be-teiligten bekannten Auftragsschreibens,zum Anderen wegen der Notwendigkeit,am Schluss des Gutachtens diese Fragenbeantworten zu müssen, die man dem-entsprechend auch am Schluss des Gut-achtens den Antworten – gekürzt im Te-legrammstil – voranstellen kann. Einsolches Vorgehen nützt der Lesbarkeitund dem Verständnis der gutachtlichen

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Aussage beim Leser, während die kom-plette Wiedergabe sämtlicher Fragestel-lung am Anfang des Gutachtens nichtsinnvoll – und damit überflüssig – er-scheint.

Begutachtungen mit BK-Fragestel-lungen bedürfen immer einer Zusam-menstellung aller Vorerkrankungen, so-weit es sich nicht um Husten undSchnupfen handelt.Die Familienanamne-se sollte ebenso berücksichtigt werdenwie die Sportanamnese.Selbst Lebensge-wohnheiten und der Gebrauch von Ge-nussgiften (Nikotin,Alkohol) können fürdie Beurteilung bedeutsam sein.

Bekannte aktenkundige anamnesti-sche Daten – meist umfassend zu findenim Entlassungsbericht nach einem Re-habilitationsverfahren – sollten mit demProbanden im Untersuchungsgesprächabgeprüft werden, um ggf. fehlerhafteDaten zu korrigieren und fehlende Da-ten hinzufügen zu können.

Diesem Anamnesekapitel hat eineBefragung des Probanden zu seinen ak-tuellen Beschwerden zu folgen, die nun-mehr möglichst sinngetreu im Gutach-ten wiederzugeben sind. Die Neigungenvieler Ärzte zu einer sehr knappen undpauschalen Zusammenfassung patien-tenseitiger Angaben können grob verfäl-schend sein: Wird z. B. vorgetragen, estue alles weh, der ganze Rücken, malmehr rechts oder links, auch mal dieBeine, therapeutisch helfe eigentlich garnichts, so ist „die Übersetzung“ desSachverständigen in den Wortlaut: „be-klagt werden lumboischialgieformeSchmerzen“ grob verfälschend, da demLeser eine Wurzelreizsymptomatik sug-geriert wird, die in der diffusen und glo-balen Beschwerdeschilderung gar nichtzu finden ist.

Es bedarf nur eines geringen zeitli-chen Mehraufwands, um die Angabendes Probanden zu seinen Beschwerdenin wörtlicher Rede wiederzugeben, wasjegliche Verfälschung vermeidet undsehr häufig auch dem nichtmedizini-schen Leser die fehlende organbezoge-ne Schmerzverursachung (sog.„somato-forme Schmerzstörung“) erkennenlässt.

Ein Gutachten ohne Dokumentati-on der Anamnese und der aktuellen Be-schwerden, wie es leider auch noch imJahr 2000 anzutreffen ist, entbehrt soentscheidender Daten, dass es in allerRegel auch im Ergebnis nicht verwert-bar ist. Die Vollständigkeit des Gutach-

tens – mit einleitendem Aktenauszug,nachfolgender Anamnese und anschlie-ßender Wiedergabe der aktuellen Be-schwerden – ist somit ein wesentlichesQualitätskriterium.

Nicht anders wie in jedem korrektverfassten Arztbericht folgt auch imGutachten die Befunddokumentation,die mit allgemeinmedizinischen Beob-achtungen und Messwerten (Körpergrö-ße, Gewicht) zu beginnen hat, auch einekurze Anmerkung zu dem mitwirken-den Verhalten des Probanden und seinerSelbstdarstellung beinhalten sollte, umsodann in geordneter Weise die organ-pathologischen Befunde darzustellen.Im orthopädischen/chirurgischen Be-reich bedarf es grundsätzlich einerMessdatendokumentation. Die Nutzungder zur Verfügung stehenden Messblät-ter erscheint schon wegen der Übersichtempfehlenswert,aber auch als Anleitungfür den noch nicht so erfahrenen Unter-sucher,welche Funktionsprüfungen vor-zunehmen sind.

Die Benutzung eines Winkelmes-sers, eines Plurimeters für die Wirbel-säule und – nach sorgfältiger Messhöhen-anzeichnung – eines Maßbands für dieUmfangsmaße sollte eine Selbstver-ständlichkeit sein, um die unvermeidli-che Messfehlerbreite – bei den Umfangs-maßen mindestens 0,5 cm, bei den Win-kelangaben mindestens 5° – in erträgli-chen Grenzen zu halten. Immer wiederzu beobachtende Messfehler von mehre-ren Zentimetern oder mehr als 20° beizeitlich eng beieinander liegenden Un-tersuchungen können keine andere Er-klärung finden, als eine mangelndeSorgfalt zumindest bei einem der beidenUntersucher.

Die Sorgfalt in der Erhebung undDokumentation solcher Funktionsdatenist somit nicht nur ein Qualitätskriteri-um, sondern auch und überhaupt dieVoraussetzung für eine spätere Ver-gleichbarkeit von Befunden, wenn dieFrage einer Besserung/Verschlimme-rung gutachtlich zu klären ist.

Die klinische Befundbeschreibungsollte sich jedoch nicht nur erschöpfenin solchen Daten, sondern auch Funkti-onsbeschreibungen z. B. zum Gangbild(mit Stand- und Gangvarianten), zumBewegungsfluss beim Ablegen der Be-kleidung, desgleichen auch zum Arm-und Handgebrauch beim eigentätigenEntkleiden enthalten. Solche Beobach-tungen sind Teil der Befunddokumenta-

tion,zumal diese Beobachtung gewisser-maßen auch eine Art Befundkontrolledarstellen. Der erfahrene Sachverständi-ge ist immer im Untersuchungsraum,wenn sich der zu untersuchende Pro-band ent- und bekleidet!

Der klinischen Befunddokumenta-tion folgen die Ergebnisse der techni-schen Untersuchungen. Soweit Röntgen-fremdaufnahmen vom Gutachter selbstausgewertet werden können, sind sie vorden Neuaufnahmen in einer chronolo-gisch geordneten Reihenfolge zu be-schreiben. Selbstverständlich gehört da-zu für jedes Bilddokument die Angabedes Erstellers und des Fertigungsda-tums. Nur auf diesem Wege kann imZweifelsfalle auf solche Befunddoku-mente zu einer eventuellen Gegenprü-fung zurückgegriffen werden.

Die Bildbeschreibung – auch derneu gefertigten Aufnahmen – sollte sichauf das beschränken, was man sieht, dadas, was man interpretiert, bereits eine„Beurteilung“ ist, die somit auch erst indem so zu bezeichnenden nachfolgen-den Kapitel zu finden sein sollte.

Nach Abschluss sämtlicher Unter-suchungen und Auswertung aller Unter-suchungsergebnisse benötigt der erfah-rene Sachverständige Ruhe und Zeit, umaus den nunmehr für ihn komplett zurVerfügung stehenden Informationendiagnostische Rückschlüsse abzuleiten.Somit empfiehlt sich im Anschluss andie Befunddokumentation und vor demKap. „Beurteilung“ die Benennung derobjektiv belegbaren Diagnosen, da hier-in eines der entscheidendsten Momenteeines BK-Gutachtens liegt, nämlich dieBeantwortung der Frage, ob überhauptvon einem prinzipiell anerkennungsfä-higen Erkrankungsbild ausgegangenwerden kann.

Finden sich in einem BK-Gutachtennur Verdachtsdiagnosen oder werdenohne entsprechende objektive BefundeFremddiagnosen unkritisch übernom-men, entwertet dies ein BK-Gutachtenvollständig! Es entspricht durchaus derRealität des Jahres 2000, dass hausärzt-liche (Verdachts-)diagnosen z. B. einer„Sehnenscheidenentzündung“ kritiklosEingang finden als gutachtliche Diagno-se, obwohl zu keinem Zeitpunkt einehierfür hinreichend beweisende Sym-ptomatik und Befundkonstellation vor-gelegen hat.

Nur die Gesundheitsstörung, diediagnostisch im Vollbeweis belegt wer-

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Der Orthopäde 2•2001 | 115

den konnte, kann in einem weiteren be-urteilenden Schritt dahingehend hinter-fragt werden, ob sie kausal auf eine, zumBegutachtungszeitpunkt möglichst be-reits genau definierte berufliche Bela-stung zurückzuführen ist. Unklare Be-funde, Verdachtsdiagnosen, gar sub-stanzlose diagnostische Behauptungensind für einen solchen weiteren Prü-fungsschritt schlicht ungeeignet. Wirddennoch gutachtlich so verfahren, ist einsolches Gutachten wertlos!

Ist dieser so entscheidende Schritteiner Diagnosesicherung gelungen, soist es Aufgabe des Sachverständigen zuprüfen, welche Ursachenmöglichkeitenfür diese krankhafte Veränderung i.Allg.(nach gesicherten wissenschaftlichenErkenntnissen) und im Speziellen (ana-mnestische Daten des Einzelfalls) ernst-haft in Betracht kommen.

In dem Kap.„Beurteilung“ sind die-se beurteilungsrelevanten Aspekte – zu-mindest knapp gefasst – aufzuzeigen,um damit systematisch ein auch für denLeser plausibles Ergebnis zu erarbeiten.

Grundsätzlich falsch ist die lapidareAnerkennungsempfehlung ohne jegli-che vorausgegangene Diskussion zu ei-nem Pro und Kontra, wenn das diagno-stisch gesicherte krankhafte Substratprinzipiell als anerkennungsfähig zugelten hat.

Richtig ist in einer solchen Aus-gangslage lediglich die seitens des Ver-sicherungsträgers im Vollbeweis zu be-legenden anspruchsbegründenden Tat-sachen (berufliche Belastungen) undrichtig ist auf der anderen Seite auch dieärztlicherseits im Vollbeweis gesicherteDiagnose. Eine automatische Kausali-tätsverknüpfung kann sicherlich zufäl-lig richtig sein, kann aber auch einer in-kongruenten Kausalitätsbeziehung ent-sprechen, was ein Beispiel verdeutlichenmag: Die rückläufige Geburtenzahl ist inunserem Lande zweifelsfrei belegt, un-streitig auch die verminderte Zahl derStörche. Eine kausale Verknüpfung bei-der – richtiger – Aussagen entspräche je-doch nicht einer naturwissenschaftli-chen Beweisführung, sondern einem –widerlegbaren – Glaubensbekenntnis.

Vom sachverständigen Arzt mussdaher grundsätzlich in einem BK-Gut-achten ein überzeugendes Kapitel „Be-urteilung“ abverlangt werden, in demdie Indizien für ein Pro und ein Kontra

aufgezeigt und abgewogen werden.Fehltdieses Kapitel ersetzt mit dem Tenor:„Ich bin der Meinung, dass...“, so ist einsolches Gutachten auch dann wertlos,wenn es mit großem technischen Unter-suchungsaufwand erstellt wurde.

Dem Kapitel zur Beurteilung folgtdie „Conclusio“ in Form einer kurzenBeantwortung der vom Auftraggeber ge-stellten Zielfragen. Ratsam erscheintschlussendlich eine Anmerkung mitdem Einverständnis des Sachverständi-gen zur Bekanntgabe des Gutachtenin-halts gegenüber dem Untersuchten, umunnötige Rückfragen zu vermeiden.

Sind mehrere ärztliche Kollegen ander Erstellung eines Gutachtens betei-ligt, so verlangen die rechtlichen Bestim-mungen (ZPO) die Kenntlichmachungder jeweiligen Aufgaben, die der einzel-ne Unterzeichner im Gutachten bewäl-tigt hat. Auch die Verantwortlichkeitsollte erkennbar werden, z. B. wenn derOberarzt die Beaufsichtigung des Assi-stenten und die Korrektur seines Ent-wurfs zu verantworten hat, während derChefarzt nur der Vollständigkeit halbermit unterzeichnet.

Es entspricht einer Selbstverständ-lichkeit,dass dann,wenn wissenschaftli-che Quellen in der Beurteilung genutztund benannt wurden,dieselben in einemQuellennachweis am Schluss des Gutach-tens zu finden sind. Nur dann kann dieSchlüssigkeit des gutachtlichen Vorbrin-gens wirklich hinterfragt werden.

Andererseits ist eine lange Liste anLiteratur im Anhang eines Gutachtensverzichtbar, wenn dieselbe nicht mit ei-ner konkreten Aussage genutzt wurde.Ein Gutachten ist nicht dazu da,die Bele-senheit des Verfassers zu dokumentieren.

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