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70 www .motomobil. at 70 www .motomobil. at 71 www .motomobil. at 71 www .motomobil. at TEXT FRANZ FARKAS FOTOS KLAUDIA HONEDER, GERALD SCHLAGER, FRANZ FARKAS MOBILITÄTSKONTROLLE FRANZ FARKAS FÄHRT DURCH INDIEN UND WUNDERT SICH NICHT EINMAL Indien ist anders. 1,2 Milliarden Einwohner ergeben den größten Zweiradmarkt der Welt. Eine Reise wie durch einen Ameisenhaufen (1) Das wichtigste Transportmittel am Land – dieses Bike hier ist fast unterbesetzt (2) In den 1950ern war der Damensitz auch bei uns sehr populär (3) Hondas und Suzukis aus indischer Produktion dominieren das Straßenbild (4) Schuluniformen sind obligat, das Geld für den Stoff gibt’s vom Staat (5) Mindestalter für Beifahrer? Scheint egal zu sein (6) So sieht ein Motorradgeschäft aus (7) Die Helmpflicht dürfte in Reichweite sein, immerhin gibt’s Helme zu kaufen BEI TIGER, TURBAN UND TUK-TUK A m nächsten Tag geht es nach Agra zum Taj Mahal. Die Straße (oder ist es die Autobahn?) ist leidlich, der Verkehr langsam. Wenn eine Kuh im Kreisverkehr auf der Ausfallstraße ihr Kälbchen säugt, steht einfach alles und war- tet, bis die beiden fertig sind. Kei- nem Inder würde es einfallen, hier etwas beschleunigen zu wollen. Die Besitzer lassen ihre Tiere einfach am Morgen aus und fangen sie am Abend wieder ein. Gefüttert wer- den sie von Passanten, denn es ist für einen gläubigen Hindu einfach eine gute Tat, die Tiere zu füttern, es soll ihm Glück bringen. >> E igentlich hatte ich mir das an- ders vorgestellt, ganz anders. Der Flughafen von Delhi ist sehr modern, von der Stadt selbst sehe ich nicht viel, im Hotel Tivoli Garden ist jedoch auch nach Mitter- nacht noch die Hölle los. Wedding Time, Hochzeit, erklärt mir ein Boy, das dauert manchmal drei Nächte lang. Egal, das Zimmer ist reinlich, ich bin hundemüde und schlafe daher trotzdem gut. Am nächsten Tag, nach einem englischen Früh- stück, wage ich mich erstmals aus dem Hotel. Gleich vor dem Tor nach dem Passieren von mindestens ei- nem Dutzend Securities, da beginnt das wirkliche Indien. Dreck, wohin man schaut, alles spielt sich auf der Straße ab, der Verkehr ist wahnsin- nig, aber nicht ganz so mörderisch wie ich mir das vorgestellt habe. Die Einwohner von Delhi sind sehr freundlich, viele können englisch, jeder will dir etwas verkaufen oder zumindest etwas erklären. Nach ei- ner halben Stunde zu Fuß flüchte ich ins Hotel. Das wirkliche Indien spielt sich auf der Straße ab ZUM AUTOR FRANZ FARKAS ist Urgestein der österreichischen Zweirad- szene. Als Fachjournalist mit jahrzehntelanger Erfahrung ist er im Automobil- als auch im Zweiradgeschehen gleicherma- ßen sattelfest und hat in den wichtigsten deutschsprachigen Medien publiziert. Als gelernter Elektrotechniker beobachtet er die neue E-Mobilität mit beson- derem Interesse 7 1 3 5 2 4 6

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TEXT FRANZ FARKASFOTOS KLAUDIA HONEDER, GERALD SCHLAGER, FRANZ FARKAS

MOBILITÄTSKONTROLLE FRANZ FARKAS FÄHRT DURCH INDIEN UND WUNDERT SICH NICHT EINMAL

Indien ist anders. 1,2 Milliarden Einwohner

ergeben den größten Zweiradmarkt der Welt.

Eine Reise wie durch einen Ameisenhaufen

(1) Das wichtigste Transportmittel am Land – dieses Bike hier ist fast unterbesetzt (2) In den 1950ern war der Damensitz auch bei uns sehr populär

(3) Hondas und Suzukis aus indischer Produktion dominieren das Straßenbild (4) Schuluniformen sind obligat, das Geld für den Stoff gibt’s vom Staat

(5) Mindestalter für Beifahrer? Scheint egal zu sein(6) So sieht ein Motorradgeschäft aus

(7) Die Helmpflicht dürfte in Reichweite sein, immerhin gibt’s Helme zu kaufen

BEI TIGER, TURBAN UND TUK-TUK

Am nächsten Tag geht es nach Agra zum Taj Mahal. Die

Straße (oder ist es die Autobahn?) ist leidlich, der Verkehr langsam. Wenn eine Kuh im Kreisverkehr auf der Ausfallstraße ihr Kälbchen säugt, steht einfach alles und war-tet, bis die beiden fertig sind. Kei-nem Inder würde es einfallen, hier etwas beschleunigen zu wollen. Die Besitzer lassen ihre Tiere einfach am Morgen aus und fangen sie am Abend wieder ein. Gefüttert wer-den sie von Passanten, denn es ist für einen gläubigen Hindu einfach eine gute Tat, die Tiere zu füttern, es soll ihm Glück bringen. >>

Eigentlich hatte ich mir das an-ders vorgestellt, ganz anders. Der Flughafen von Delhi ist

sehr modern, von der Stadt selbst sehe ich nicht viel, im Hotel Tivoli Garden ist jedoch auch nach Mitter-nacht noch die Hölle los. Wedding Time, Hochzeit, erklärt mir ein Boy, das dauert manchmal drei Nächte lang. Egal, das Zimmer ist reinlich, ich bin hundemüde und schlafe daher trotzdem gut. Am nächsten Tag, nach einem englischen Früh-stück, wage ich mich erstmals aus dem Hotel. Gleich vor dem Tor nach dem Passieren von mindestens ei-nem Dutzend Securities, da beginnt

das wirkliche Indien. Dreck, wohin man schaut, alles spielt sich auf der Straße ab, der Verkehr ist wahnsin-nig, aber nicht ganz so mörderisch

wie ich mir das vorgestellt habe. Die Einwohner von Delhi sind sehr freundlich, viele können englisch, jeder will dir etwas verkaufen oder zumindest etwas erklären. Nach ei-ner halben Stunde zu Fuß flüchte ich ins Hotel.

Das wirkliche Indien spielt sich auf der Straße ab

ZUM AUTOR

FRANZ FARKAS ist Urgestein der österreichischen Zweirad-szene. Als Fachjournalist mit jahrzehntelanger Erfahrung ist er im Automobil- als auch im Zweiradgeschehen gleicherma-ßen sattelfest und hat in den wichtigsten deutschsprachigen Medien publiziert. Als gelernter Elektrotechniker beobachtet er die neue E-Mobilität mit beson-derem Interesse

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Wir jedenfalls beginnen uns an den Linksverkehr und die verkehrte Schaltung (rechts mit umgekehrtem Gangschema) zu gewöhnen. Das Durchschnittstempo liegt auch auf sogenannten Schnellstraßen nicht über fünfzig Stundenkilometer, eher

darunter. Für 200 Kilometer können schon einmal auch acht Stunden vergehen. Dafür entschädigt uns der Besuch des Taj Mahals und des Forts. Kein Bild kann den persönli-chen Eindruck ersetzen, den dieses Monument hinterlässt. Interessant ist die Tatsache, dass man nur mit Elektrofahrzeugen zum Taj gelangt – man hat offensichtlich Angst, die

aggressiven Abgase von nicht ganz modernen Verbrennungsmotoren könnten das berühmte Grabmal zer-stören.

Die Hauptlast in der Stadt tragen – wie fast überall in Indien – die

kleinen Tuk-Tuks, die es zu tausenden gibt. Im Prinzip sind das in Lizenz gebaute Piaggio Ape mit einer weite-ren Sitzbank hinter dem Fahrer und einer kleinen Ladefläche. Obwohl für nur drei Personen (inklusive Fahrer) zugelassen, sitzen meistens schon in der ersten Reihe drei Personen neben dem Fahrer. Unter acht Personen Zu-ladung geht meistens nichts … Mich fasziniert der Umstand, dass diese Dreiradtaxis hier mit Erdgas, mit CNG, fahren, ebenso die Kleinbusse. Ebenso faszinierend, dass es in Agra nur drei CNG-Tankstellen gibt, was bei einer schmalen Reichweite von

(1) Die Dreirad-Tuk-Tuks sind meist indische Piaggio-Lizenzbauten

(2) Repariert wird überall, wo Platz ist, und der ist knapp

(3) Verschlossene Getränke kann man ohne Bedenken kaufen und trinken(4) Fast immer sind die Tuk-Tuks …

(5) … chronisch überbesetzt(6) „Bitte hupen!“ Aber es

nützt meistens nichts (7) Tuk-Tuks warten in

der Schlange an der einzigen Erdgastankstelle in Agra

(1) Meistens schläft der Mahut. Mit diesem Verkehrsteilnehmer legt sich ohnehin niemand an(2) Morgens in die Freiheit, am Abend wieder in den Stall(3) Warum der Müll hier am Dach liegt, konnte ich nicht herausfinden(4) Je nach Religionszugehörigkeit …(5) … werden die Rinder auch als Zugtiere eingesetzt(6) Bekanntschaft mit Tigern ist Privileg(7) Die Meerkatzen sind eine Plage(8) Kamele sind eher selten

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Fünfzig km/h auf der „Schnellstraße“ sind mehr als reichlich

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lästen. Eine der Haupteinnahmequel-len ist der Schmuck, viele Edelsteine werden in den umliegenden Bergen gewonnen und hier verarbeitet. Die Stadt ist eigentlich jung, sie wurde von

Jai singh II um 1728 auf dem Grund eines ausgetrockneten Sees angelegt und ist völlig durchgeplant – so gibt es etwa bis heute keine Sackgasse. Über der Stadt thront das Amber Fort, das ab 1572 über einen Zeitraum von 200 Jahren errichtet wurde. Der rie-sige Komplex ist eine Mischung aus Mogul- und Hindu-Style, wie viele Pa-

(die Fahrt unter Dampf wurde vor gar nicht so langer Zeit eingestellt), aber die Elektrifizierung wird stetig voran-getrieben. Heute gibt es nur noch Ver-gnügungsfahrten unter Dampf, wie etwa den Toy Train in Darjeeling.

Obwohl auf der Straße alles unter-wegs ist – vom Ochsengespann

über von Kamelen gezogene Wagen bis hin zu Fußgängern mit Karren und natürlich Radfahrer – wird der größte Teil zumindest der Kurzstre-cken überwiegend mit dem motori-sierten Zweirad zurückgelegt. Meis-tens sind es Einzylindermaschinen wie etwa die Maruti Suzuki oder die Hero Honda mit Hubräumen um die 200 Kubik. Oder es sind Roller ver-schiedenster Hubräume. Kein Wun-

der, dass KTM nun auch eine Duke 200 baut – schließlich ist der indische Rollerbauer Bajaj Teilhaber der Ober-österreicher. An jedem Bahnhof ste-hen hunderte der kleinen Bikes, die oft unglaubliche Lasten schleppen müssen. Pkw sind am Land noch eher die Ausnahme, doch mit dem wach-senden Mittelstand werden auch sie immer mehr.

Wir landen am nächsten Tag in Jaipur, der Pink City. Sie wur-

de anlässlich eines Besuches von Lord Mountbatten in diese Farbe gehüllt, bis heute ist das so geblieben. Eine farbenfrohe Stadt zwischen Armut und Reichtum, mit vielen – auch sehr ärmlichen – Geschäften, aber auch mit zahlreichen Prunkbauten und Pa-

Die kleinen Bikes schleppen oft unglaubliche Lasten

100 bis 150 Kilometern immer lan-ge Warteschlangen bedeutet. Offen-sichtlich macht man sich jetzt auch in Indien Gedanken zur Helmpflicht: Zumindest werden an jeder Ecke di-verse Töpfe, meist aus chinesischer Fertigung, feilgeboten. Benützt wer-den sie freilich selten, vor allem die Frauen scheuen sich, diese Art von Kopfschmuck zu tragen.

Den Fernverkehr in Indien be-streitet die Eisenbahn, den Eng-

ländern sei Dank. Bereits 1853 wurde die erste Bahnlinie in Betrieb genom-men, heute sind es über 63.000 Ki-lometer Schiene, auf der täglich 13 Millionen Menschen transportiert werden. Viele übrigens auf dem Dach, was immer wieder zu fürchterlichen

Unfällen führt. So fallen viele Men-schen etwa beim Wechseln der Fahr-schiene über Weichen einfach runter. Die indische Bahn schätzt übrigens, dass über 50 Prozent der Passagiere

keine Fahrkarte besitzen. Vor allem in der Nacht ist es oft üblich, sich die Haltestelle selbst zu machen, einfach die Notbremse zu ziehen und in der Dunkelheit zu verschwinden. Die Bahngesellschaft ist übrigens eine der größten Einzelfirmen der Welt mit 1,5 Millionen Angestellten. Der größte Teil der Züge fährt mit Diesel

(1) Neben den Tuk-Tuks gibt’s skurrile

Eigenbauten auf Motorradbasis …

(2) … und sie sind immer gut besetzt

(3) Dieses Fahrzeug könnte ein deutscher

Goliath aus den 1950ern sein

(4) Typische Straßenbude(5) Hier hätten noch ein paar Leute Platz

(6) Ein mobiler Milchver-käufer. Die Milch kann

natürlich nur ungekühlt verkauft werden

(7) Unglaublich, wieviel ein Motorrad aushält

(8) Das Leben geht einen ruhigen Gang

(9) Auch hier wäre sicher noch Platz für ein oder zwei zusätzliche SäckeNatürlich kann

man auch vom Fahrzeug fallen

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wirklich mörderisch, es gibt keine Kühe mehr und auch Scooter oder Motorräder sind eher in der Minder-zahl. Dafür begegnen wir hier wieder vermehrt der guten alten Enfield In-dia. Das Motorrad aus Madras, das eigentlich auf eine alte englische Kon-struktion zurückgeht, ist jetzt nicht mehr Massenverkehrsmittel, sondern

Aurangabad fallen mir immer wieder ältere Männer mit roten Haaren auf. Auf meine Anfrage erklärt man mir, dass die Haare mit Henna gefärbt würden, um das Grau zu verdecken. Sieht witzig aus, aber offensichtlich gehört das dazu. In Aurangabad be-suchen wir einen Tempelkomplex,

der etwa 650 vor Christi Geburt er-baut und 1819 zufällig von jagenden Engländern wieder entdeckt wurde. Der Aufstieg ist steil, wer will kann sich gegen ein geringes Entgelt tra-gen lassen. Ich gehöre nicht dazu, ob-wohl es entsetzlich heiß ist. Zudem leide ich an den Nachwirkungen ei-nes indischen Festmahls vom Abend vorher. Auch die Aussage erfahrener Indienkenner, das passiere nur ein-mal und dann wäre man sein Leben

lang immun, können mich in mei-nem Elend nicht trösten.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Mumbai, unserem letzten

Ziel. Das ehemalige Bombay zeigt deutlich, was passieren wird, wenn ein Großteil der Inder vom Zweirad aufs Auto umsteigt: Der Verkehr ist

Auf den Spuren der ehemaligen Feudalherrschaft

stehen lassen und werden in Lkw verfrachtet. Bis auf einen Schatten, der über den Weg huscht, werden wir vorerst allerdings enttäuscht. Als wir beim geplanten zweiten Versuch am Nachmittag Richtung Ausgang unterwegs sind, kommt uns eine der Großkatzen seelenruhig auf der Fahrstraße entgegen, um dann ma-jestätisch im Busch zu verschwinden. Doch auch ohne Tigerbekanntschaft ist der Park sehenswert, viele Tiere tummeln sich seelenruhig neben den Wegen und über den verschiedenen Seen thront das jahrtausendalte Fort Ranthambore.

Wir fahren weiter nach Udai-pur, dem Venedig Indiens.

Eine Fahrt über den Lake Pichola zu einem der Inselpaläste zeigt uns wie-der einmal die Gegensätze des Lan-des: Die Herrlichkeit dieser Bauwer-ke und die extrem ärmlichen Dörfer am Ufer machen die Probleme mehr als deutlich. Bei der Weiterfahrt nach

läste aus dieser Zeit, und kann auch mittels Elefant erreicht werden. Die Elefanten marschieren dann nach Ar-beitsschluss in die Stadt zu ihren Stäl-len, um gebadet und gefüttert zu wer-den. Nichts kann und will die Kolosse

aufhalten, zumal die Mahuts hoch oben in ihren Körben schlafen. Eine Plage sind die vielen Meerkatzen, die in Horden durch die Stadt schwär-men und vor denen nichts sicher ist. Vor allem die Straßenverkäufer leiden unter den diebischen Primaten. Reine Mogul-Architektur ist der City Palace, der auch heute noch von der Familie des Maharadschas und ihm selbst bewohnt wird. Ein Teil ist al-lerdings ein Museum, der Audienz-saal gibt einen guten Eindruck der früheren Feudalherrschaft wieder.

Im „Haus des Willkommens“ ist eine Ausstellung über die Bekleidung der Oberschicht beheimatet. Heute aller-dings muss der Lebensstil verdient werden und so vermietet der Maha-radscha seine Privatgemächer zuwei-len für ein Galadiner. Vermutlich ist er dann nie daheim, denn dank der Inszenierungen mit traditionellen Musikern und Tänzerinnen geht es sehr laut zu. Interessant ist der da-nebenliegende Park Jantar Mantar: Er beherbergt ein Observatorium mit allerlei Instrumenten aus Stein wie etwa einer riesigen Sonnenuhr, die mit zwei Sekunden Genauigkeit funktioniert.

Für uns geht’s weiter nach Ranthambore. Der Weg durch

wilde Gebirgszüge erscheint endlos. Es gibt frühe Tagwache in der Hoff-nung, im 1972 gegründeten, 8000 Quadratkilometer großen National-park einen der etwa 40 Tiger zu se-hen. Allerdings müssen wir die Bikes

(1) Das Taj Mahal muss man einfach gesehen haben(2) Die Armut der Landbevölkerung ist allgegenwärtig(3) Hotel für Einheimische(4) Der Bus ist neben der Bahn das Hauptver-kehrsmittel für weite Verbindungen(5) Wasserpalast in Udaipur

Mumbai: Kühe und Scooter sind hier bereits unmodern

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(1) In den Wäschereien von Mumbai arbeiten die Männer unter unvorstellbaren Bedingungen(2) Praktisch überall stößt man auf Zeugnisse einer ruhmreichen Vergangenheit(3) Das Hotel Taj Mahal Palace war Schauplatz der Terroranschläge im November 2008(4) Tempelkomplex in Aurangabad (5) Wer will und Geld hat, kann sich in Indien immer noch tragen lassen(6) Touristenmagnet Udaipur

ein Hobby der Betuchteren. Mit einer Führerin besichtigen wir die Stadt und sehen unter anderem auch die berühmten Wäschereien, wo Männer unter unvorstellbaren Bedingungen waschen und danach die Wäsche wieder ihren Besitzern zurückbrin-gen, ganz ohne Aufzeichnungen und Computer. Moderner, fast europäisch geht es im Café Leopold zu, wo isla-mistische Terroristen 2008 ein Blut-bad anrichteten.

Mitten in der Stadt gibt es einen großen Felsen. „Hier kommt

einmal Ratan Tata her, wenn er tot ist“, erklärt die Führerin. Der indi-sche Großindustrielle, dem neben einer eigenen Automarke auch Ja-

guar und Land Rover gehören, ist Parsi. Bei den Angehörigen dieser ti-betischen Religion ist es üblich, ihre Toten auf einen Felsen zu legen und von Geiern verzehren zu lassen. Im

Haus von Mahatma Gandhi lernen wir schließlich, warum das Spinnrad auf der indischen Flagge zu finden ist: Der Führer und Philosoph woll-te am eigenen Beispiel zeigen, wie man durch Spinnen der eigenen Wolle unabhängig von britischen Importen werden konnte … Wir ver-abschieden uns mit dem dringenden Wunsch, wiederzukommen: Indien ist bekanntlich unvorstellbar groß, wird nicht umsonst als Subkontinent bezeichnet und ist mehr als nur eine Reise wert.

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Der Zweiradmarkt: Zwölf Millionen Fahrzeuge pro Jahr

Seit 2004 sind in Indien die jährlichen Verkäufe von Zweirädern von sechs Millionen auf zwölf Millionen Exemplare gestiegen; die Pkw-Verkäufe legten von einer Million auf 2,5 Millionen zu; nicht ganz so stark gestiegen ist die Absatzzahl der Dreiräder (Tuk-Tuks), sie vergrößerte sich von 300.000 auf 500.000. Im gleichen Zeitraum stieg die Bevölkerung von 1,089 auf 1,180 Milliarden Einwohner, also um knapp 100 Millionen. Kinderreichtum gilt immer noch als Segen, auch wenn nach wie vor Frauenknappheit herrscht. Mädchen werden gerne abgetrieben, weil sich viele Familien die Mitgift nicht leisten können. Aufklärungsprogramme greifen vor allem bei der ländlichen Bevölkerung nur schleppend. Extrem ist die Steigerung bei den Mobilfunk-Nutzern: Manche Betreiber hatten Zuwächse von einer Million neuer Teilnehmer. Pro Tag! Es gibt ungefähr 50 Religionen im Land (inklusive Christen, Juden und Moslems), aber wenig Spannungen. Die größte Gruppe ist die der Hindus. Die Fläche von Indien beträgt fast 3,3 Millionen Quadratkilometer.

LAND & LEUTE

Um Anfragen aus Österreich kümmert sich sehr gerne das Indische Fremdenverkehrsamt „India Tourism“ in 60329 Frankfurt am Main, Baseler Straße 48, Tel.: 0049/69/242 949-0; www.india-tourism.de. Über die Beschaffung des notwendigen Touristenvisums (dessen Einholung auch über Reisebüros abgewickelt werden kann) kann man sich auf www.indianembassy.at informieren. Die folgenden österreichischen Reisebüros sind auf Individualreisen, Bildungsreisen und auch Motorradreisen in Indien ganz besonders spezialisiert: Premium Reise, Wiedner Hauptstraße 138, 1050 Wien, Tel.: 01/890 34 19; www.esc-reisen.at. Siliko Reisen, Himmelpfortgasse 19, 1010 Wien, Tel.: 01/228 00 88-13; www.silikoreisen.at. Servus Amigo, Favoritenstraße 4-6, 1040 Wien; Tel.: 01/505 50 01; www.servus-amigo.com. In den genannten Büros kann eine Zweiradtour in Rajasthan auf Royal Enfield 500 gebucht werden: Die Route führt auf leichten, zwischen 100 und 270 Kilometern langen Tagesetappen von Delhi über Agra (Taj Mahal), Karauli, Ranthambore (Tiger Nationalpark), Bundi Bajaipur, Jojawar, Nimaj, Pushkar und Jaipur wieder zurück nach Delhi. Übernachtet wird in kleinen Hotels beziehungsweise Palästen oder Havelis ausschließlich in der First Class Kategorie. Die Preise beginnen (ab acht Teilnehmern) im Doppelzimmer bei 2990 Euro, inkludiert sind Flug, Nächtigungen, Vollpension, Motorrad inklusive Versicherung, Begleitfahrzeug mit Mechaniker, Rundfahrten-Transfers mit deutschsprachiger Reiseleitung, Eintrittsgebühren und Visum inklusive Besorgung. Bereits für kleine Gruppen ab zwei Teilnehmern organisiert der Veranstalter Himalayan Saga mehrmals im Jahr geführte Touren in Nordindien; www.himalayansaga.com

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