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1 Synergie von Medizinischer Informatik und Medizinischer Biometrie Meinhard Kieser Institut für Medizinische Biometrie und Informatik Beispiele für Synergien Diagnostische Verfahren Prognostische Verfahren • Therapiestudien

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Synergie von Medizinischer Informatik und Medizinischer Biometrie

Meinhard Kieser

Institut für Medizinische Biometrie und Informatik

Beispiele für Synergien

• Diagnostische Verfahren

• Prognostische Verfahren

• Therapiestudien

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Diagnostische Verfahren

icyto: internet based cytology

Inst. für Med. Biometrie und Informatik, TIGA Center, Universitäts-

klinikum Heidelberg (B. Lahrmann, T. Pommerencke, N. Grabe)

US National Cancer Institute, Bethesda/USA (N. Wentzensen)

Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Heidelberg (M.Reuschenbach, M. von Knebel Doeberitz)

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Zervixkarzinom

• Neuerkrankungen: 500.000 pro Jahr (33.500 Europa)

• Todesfälle: 239.000 pro Jahr (15.000 Europa)

• zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen (nach Brustkrebs)

• fast alle Zervixkarzinome sind mit HPV assoziiert, ca. 70% werden durch HPV16/18 ausgelöst

Zervixkarzinom (2)

• Darstellung der Inzidenz pro 100.000• Niedrige Inzidenz ist assoziiert mit Screening-Programm

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Pap(anicolaou)-Abstrich

• Konventioneller Abstrich oder flüssigkeitsbasierte Verfahren

• Spezifität: 98%, aber:

• Sensitivität: typischerweise im Bereich 50%!

p16 Biomarker statt Pap

• Probennahme bleibt gleich, nur Färbung anders

• p16 zeigt HPV-transformierte Zellen an

• versch. Klassifikationsregeln möglich; z. Bsp. Anzahl gefärbter Zellen, Morphologie

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Morphologische Beurteilung p16-positiver Zellen

ROC-Analyse p16-Zytologie Quantitative vs. morphologische Kriterien

ASCUS/LSIL (unklares zytolog. Ergebnis):

Morphologische Aus-wertung ist quantitativer Auswertung überlegen

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Erweiterung durch virtuelle Mikroskopie

• Digitalisierung der Präparate: Möglichkeiten wie am Mikroskop d.h. Betrachtung in verschiedenen Vergrößerungen und Z-Ebenen, freie Navigation

• Verteilte Diagnose: Erlaubt Bewertung zeitgleich an verschiedenen Orten

• Persistenz: Automatische Archivierung in Datenbanken (Vorteil, da Haltbarkeit von Färbungen nicht garantiert)

Zytologie mit virtueller MikroskopieAnsatz: Kopplung von morphologischer Zytologie mit

Bildverarbeitung und virtueller Mikroskopie

Ziel:

• Automatisches Scanning

• Präsentation in internet-basierter Diagnostikplattform

• Automatisierte Vorauswahl und Markierung p16-gefärbter Zellen über Annotationen

• Bewertung der Funde durch Pathologen

• Automatische Berechnung des Gesamtresultats für Präparat aus Einzelscores und Speicherung in Datenbank

• Performanz: Erhebliche Steigerung der Auswertungs-geschwindigkeit

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icyto: internet based cytology

icyto: internet based cytology (2)

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Projektstand und Ausblick• Realisiert:

– Vollautomatische Vorauswahl potentiell veränderter Zellen

– Präsentation in internet-basierter Diagnostikplattform

– Scoring durch Pathologen

– Einbindung in Datenbank

• To Do:

– Präsentation der Zellen nach automat. generiertem Score

– Ermittlung von Sensitivität und Spezifität (Diagnostik und Gesamtprozess)

Prognostische Verfahren

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Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin (J. Pietz, K. Wochner, K. Kim, H. Philippi), Universitätsklinikum Heidelberg

Institut für Medizinische Biometrie und Informatik (H. Dickhaus, D. Karch), Universitätsklinikum Heidelberg

Prognose der infantilen Cerebralparese

Infantile Cerebralparese

• Definition: schwere Störung des motorischen SystemsUrsache: frühkindliche Hirnschädigung

• Ursachen: multifaktoriell (perinatale Aspyhxie, Frühgeburtlichkeit, intrauterine Wachstumsretardierung, Infektionen, …)

• Inzidenz: 1,5 - 2,5 / 1000 reife Neugeborene7 / 100 extrem unreife Frühgeborene

• Diagnosestellung: 2. – 3. Lebensjahr

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Prognoseverfahren

• Klinisch-neurologische Untersuchung (z.B. Haltungs- und Lagereaktionen, Reflexe, Tonus)

• Bildgebende Verfahren (Sonographie, MRT)

• Analyse der General Movements

General Movements

• Spontanbewegungen als Ausdruck der Intaktheit des zentralen Nervensystems

• Auftreten intrauterin ab der 8. SSW und postpartal bis zum korrigierten Alter von 4 Lebensmonaten

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Subjektiver Ansatz

• Arzt beurteilt qualitativ die Spontanmotorik

– Komplexität

– Variabilität

– „Eleganz“

Subjektiver Ansatz (2)

• Arzt beurteilt qualitativ die Spontanmotorik

– Komplexität

– Variabilität

– „Eleganz“

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Neuer objektiver Ansatz

• Quantitative Aufzeichnung der

Spontanmotorik mit

Bewegungssensoren

• Computergestützte

Auswertung -

Differenzierung der

Bewegungsmuster

Bewegungsmodell

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Bewegungsbahn

2-dimensionale Projektion von Bewegungsbahnen

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Vorteile des neuen Ansatzes

• Kurze Untersuchungsdauer

• Gute Toleranz bei den Patienten, keine Notwendigkeit zur Sedierung, nicht invasiv

• Standardisierte objektive Auswertung

• Frühzeitige Prognose

– Einleitung von Förderungsmaßnahmen

– Verhinderung von unnötigen Therapien

Leistungsfähigkeit der Verfahren

Mirmiran; Pediatrics 2004; 114, 992-99891 / 8971 / 86

MRT

(20 / 31.Lm)

De Vries et al, J Pediatr 2004; 144, 815-2076 / 8695 / 99

Sonographie (<32.SSW/

33-36.SSW)

Stahlmann et al, Neuropediatrics2007; 38:91-9951100

Neurolog.

Untersuchung

LiteraturSpezifität [%]

Sensitivität [%]

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Subjektive General Movements-Analyse(korrigiertes Alter von 3 Monaten)

Hadders-Algra et al, Dev MedChild Neurol 1999; 41:381-391

10088

Prechtl et al, Lancet 1997; 349:1361-1363

9695

LiteraturSpezifität [%]

Sensitivität [%]

Leistungsfähigkeit der Verfahren (2)

Biometrische Herausforderungen an objektives Verfahren• Extraktion von Maßzahlen, die zur Klassifikation

„normal vs. pathologisch“ geeignet sind

• Konstruktion eines Prognoseverfahrens

• Schätzung von Sensitivität und Spezifität

• Intuitiv: Verwendung aller verfügbaren Daten zur Optimierung der Aussagekraft des Prognose-verfahrens sinnvoll, aber:

• Anwendung des so konstruierten Verfahrens auf diese Daten liefert überoptimistisches Bild von dessen Leistungsfähigkeit

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Biometrische Herausforderungen an objektives Verfahren (2)

⇒ Zur Schätzung der Leistungsfähigkeit des Prognoseverfahrens:

• Anwendung von Methoden, die möglichst unverzerrte Schätzungen der Güteindizes liefern

- Jackknife

- Bootstrap

- ...

Therapiestudien

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Pädiatrische Onkologie

• Inzidenz: ca. 15 pro 100.000

• Neuerkrankungen: ca. 1.800 pro Jahr

• Mittlere Überlebensrate (5 J.): ca. 80%

• Kern der Behandlung: Polychemotherapie

Therapiestudien in der pädiatrischen Onkologie

• Ziel: Optimierung der Therapie

– Überlebensrate

– Akut-Toxizität

– Langzeitfolgen

• Typische Fragestellungen

– OP – Radio – Chemo vs. OP – Chemo – Radio

– Konsequenzen höhere vs. niedrigere Dosis-Intensität

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Beiträge Medizinische Informatik

• Individuelle Therapieplanung auf der Basis des Protokolls

– Werkzeug zur Eingabe von Protokollwissen

– Werkzeug zur Berechnung der individuellen Therapie

• Alter, Körpergröße, Gewicht Dosis

• Therapiebeginn zeitlicher Ablauf

Therapieschema lt. Protokoll

http://www.kinderkrebsinfo.de/aml

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Übersetzung des Protokollwissens

Individuelle Therapieplanung

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Beiträge Medizinische Informatik (2)

• Unterstützung der Dokumentation

– Integration mit Dokumentation für die Patientenversorgung

• Präsentation der berechneten Pläne

• Dokumentation der IST-Gaben

– Integritätsbedingungen für Dateneingabe

– Planung der Dokumentation für studienübergreifende Auswertungen

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Individuelle Therapie und deren Dokumentation

Beiträge Medizinische Biometrie

Planung:

• Optimierung des Studiendesigns

• Fallzahlberechnung

• ...

Durchführung:

• Datenerfassung und Datenmanagement

• Methodische Begleitung

• ...

Auf die spezielle med. Fragestellung ausgerichtet:

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Beiträge Medizinische Biometrie (2)

Auswertung und Interpretation:

• Spezifizierung der Auswertungsverfahren

• Durchführung der Auswertung

• Biometrische Interpretation

• ...

Aktuelle EU-Guideline „Ethical

Considerations for Clinical Trials Performed in Children“

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„... The size of the trial conducted in childrenshould be as small as possible to demonstratethe appropriate efficacy with sufficient statisticalpower. Adaptive, Bayesian or other designs maybe used to minimise the size of the clinicaltrials.“

Section 9.1 Design and analysis:

Aktuelle EU-Guideline „Ethical

Considerations for Clinical Trials Performed in Children“ (2)

Anwendung aktueller Methodik

• Prinzip von Bayes-Verfahren:

Vorwissen Daten+ akt. Wissen

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Anwendung aktueller Methodik (2)

n1 Patienten

1. Studienteilp-Wert p1

• Prinzip des adaptiven 2-Stufen-Designs:

Endauswertung:

Lehne H0 ab, wenn

Behalte H0 bei, wenn

α≤⋅ cpp 21

α>⋅ cpp 21

Zwischenauswertung:

STOP, wenn p1 < α1 oder p1 > α0

WEITER (mit evtl. Design-Modifikation), wenn 011 p α≤≤α

n2 Patienten

2. Studienteilp-Wert p2

Vorwissen Daten akt. Wissen+

Methodische Forschung

im Bereich Medizinische Biometrie am IMBI

• DFG-Projekt „Adaptive Fallzahlplanung“, 1999 -2007

• Vor Beantragung stehendes DFG-Projekt „Anwendung von Bayes-Verfahren in adaptiven Designs“

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Zusammenfassung• Ausgangspunkt:

medizinische Fragestellung

• Lösung durch Interdisziplinarität zwischen

– Medizin

– Medizinische Informatik

– Medizinische Biometrie

Med. Informatik Med. Biometrie

Medizin