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I Zeitschrift fur Allg. Mikrobiologie I 7 I 5 I 1967 I 343-3348 1 (Deutsche Akademie der Wissenschaften ZLI Berlin, Institiit fiir Mikrobiologie und experimentelle Therapie Jena, Direktor: Prof. Dr. med. H. KNOLL) Beitrage zur Acylase-Aktivitat in Streptomyceten I. Penicillinacylase INA HAUPT und H. THRUM (Eingegangen am 29. 12.1966) Untersuchungen iiber den Amino- und Nitrobenzoesaure-Stoffwechsel in Streptomyceten-Kulturen hatten gezeigt, daB einige StLmme Benzoesluren durch Bindung an Aminosiiuren entgiften (THRUM und BOCKER 1966), wahrend andere diese Sauren in ihre weniger toxischen Amide iiberfiihren (THRUM und BOCKER 1962). Zur naheren Charakterisierung der amidierenden Fermente aollte untersucht werden, ob Kulturen mit Amidsynthetase-Aktivitiit gleichzeitig noch andere, an der Bildung und Spaltung von Amidbindungen beteiligte und schon genauer identifizierte Permente aufweisen. In der vorliegenden Arbeit wird iiber Vorkommen und Wirkung von Peni- cillinacylase in Streptomyceten-Kulturen mit Amidsynthetase berichtet. Material und Methoden Material : Zur Untersuchung gelangten die Stiimme Streptomyces noursei (HAZEN et BROWN, 1950), ATCC 11455, Actinomyces rimosus LS-T 118 (1828), Streptomyces erythreus (WAKSMAN e t CURTIS, 1916), WAKSMAN et HENRICI, 1948, JA 4143 und Streptomyces netropsis, FINLAY et SOBIN, 1952, emend. UAUSE et al., 1957, JA 2814. Die Vorzucht der auf EMERSON-Schriigagar kultivierten Stiimme erfolgte auf EMERSON- Niihrlosungl). Von den so erhaltenen 48 Stdn. alten Impfkulturen wurden jeweils 3 ml zum Beimpfen der Fermentationsansatze (80 ml EMERSON-Niihdosung i n 500 ml fassenden ScHOTT-Steilbrustflaschen) verwendet. Die Bebrutung erfolgte auf Rundschwingschiittel- tischen (180 U/Min.) bei 28'. Qualitativer Nachweis : Die papierohromatographische Trennung der Penicilline von 6-Aminopenicillansiiure (6-APS) wurde rnit der Oberphase des Losungsmittelgemisches n-Butanol-Athanol- Wasser (4 : 1 : 5) auf FN 3-Papier (VEB Spezialpapierfabrik Nieder- schlag/Erzgeb.) nach der aufsteigenden Methode durchgefuhrt. Der Nachweis der Peni- cilline erfolgte bioaotographisch unter Verwendung von Bacillus eubtilis ATCC 6633. FBr den Nachweis von GAPS wurden Parallelchromatogramme mit 5%iger NaHC0,-Losung, anschlieljend mit einer stets frisch zubereiteten Losung von 2%) Phenylacetyl- bzw. Phen- oxyacetylchlorid in getrocknetem Aceton bespriiht und die aus 6-APS gebildeten Penicilline ebenfalls bioautographisch nachgewiesen. Quantitative Bestimmung : Die Penicilline G und V wurden nach entsprechender Ver- dunnung direkt, 6-APS nach Ruckverwandlung in Penicillin G oder V im Lochplattentest bestimmt. Fur die Rfickverwandlung wiirde entgegen den Angaben von BATCHEL~LZ und Mitarb. (1961) ein hoherer Acetongehalt im Reaktionsgemisch folgender Zusammensetzung verwendet: 0,Fi ml 6- APS-haltige Untersuchungslosung, 0,5 ml 6%iges NaHCO, und 0,5 ml 5%iges Phenylacetylchlorid bzw. Phenoxyacetylchlorid in getrocknetem Aceton. Diese - ~~ ~ l) Herrn Dr. H. BOCKER danken wir fur die Anzucht der StLmme.

Beiträge zur Acylase-Aktivität in Streptomyceten I. Penicillinacylase

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Page 1: Beiträge zur Acylase-Aktivität in Streptomyceten I. Penicillinacylase

I Zeitschrift fur Allg. Mikrobiologie I 7 I 5 I 1967 I 343-3348 1

(Deutsche Akademie der Wissenschaften ZLI Berlin, Institiit fiir Mikrobiologie und experimentelle Therapie Jena,

Direktor: Prof. Dr. med. H. KNOLL)

Beitrage zur Acylase-Aktivitat in Streptomyceten I. Penicillinacylase

INA HAUPT und H. THRUM

(Eingegangen am 29. 12.1966)

Untersuchungen iiber den Amino- und Nitrobenzoesaure-Stoffwechsel in Streptomyceten-Kulturen hatten gezeigt, daB einige StLmme Benzoesluren durch Bindung an Aminosiiuren entgiften (THRUM und BOCKER 1966), wahrend andere diese Sauren in ihre weniger toxischen Amide iiberfiihren (THRUM und BOCKER 1962).

Zur naheren Charakterisierung der amidierenden Fermente aollte untersucht werden, ob Kulturen mit Amidsynthetase-Aktivitiit gleichzeitig noch andere, an der Bildung und Spaltung von Amidbindungen beteiligte und schon genauer identifizierte Permente aufweisen.

In der vorliegenden Arbeit wird iiber Vorkommen und Wirkung von Peni- cillinacylase in Streptomyceten-Kulturen mit Amidsynthetase berichtet.

Material und Methoden Material : Zur Untersuchung gelangten die Stiimme Streptomyces noursei (HAZEN e t

BROWN, 1950), ATCC 11455, Actinomyces rimosus LS-T 118 (1828), Streptomyces erythreus (WAKSMAN e t CURTIS, 1916), WAKSMAN et HENRICI, 1948, J A 4143 und Streptomyces netropsis, FINLAY et SOBIN, 1952, emend. UAUSE et al., 1957, J A 2814.

Die Vorzucht der auf EMERSON-Schriigagar kultivierten Stiimme erfolgte auf EMERSON- Niihrlosungl). Von den so erhaltenen 48 Stdn. alten Impfkulturen wurden jeweils 3 ml zum Beimpfen der Fermentationsansatze (80 ml EMERSON-Niihdosung in 500 ml fassenden ScHOTT-Steilbrustflaschen) verwendet. Die Bebrutung erfolgte auf Rundschwingschiittel- tischen (180 U/Min.) bei 28'.

Qualitativer Nachweis : Die papierohromatographische Trennung der Penicilline von 6-Aminopenicillansiiure (6-APS) wurde rnit der Oberphase des Losungsmittelgemisches n-Butanol-Athanol- Wasser (4 : 1 : 5 ) auf FN 3-Papier (VEB Spezialpapierfabrik Nieder- schlag/Erzgeb.) nach der aufsteigenden Methode durchgefuhrt. Der Nachweis der Peni- cilline erfolgte bioaotographisch unter Verwendung von Bacillus eubtilis ATCC 6633. FBr den Nachweis von GAPS wurden Parallelchromatogramme mit 5%iger NaHC0,-Losung, anschlieljend mit einer stets frisch zubereiteten Losung von 2%) Phenylacetyl- bzw. Phen- oxyacetylchlorid in getrocknetem Aceton bespriiht und die aus 6-APS gebildeten Penicilline ebenfalls bioautographisch nachgewiesen.

Quantitative Bestimmung : Die Penicilline G und V wurden nach entsprechender Ver- dunnung direkt, 6-APS nach Ruckverwandlung in Penicillin G oder V im Lochplattentest bestimmt. Fur die Rfickverwandlung wiirde entgegen den Angaben von BATCHEL~LZ und Mitarb. (1961) ein hoherer Acetongehalt im Reaktionsgemisch folgender Zusammensetzung verwendet: 0,Fi ml 6- APS-haltige Untersuchungslosung, 0,5 ml 6%iges NaHCO, und 0,5 ml 5%iges Phenylacetylchlorid bzw. Phenoxyacetylchlorid in getrocknetem Aceton. Diese

- ~~ ~

l ) Herrn Dr. H. BOCKER danken wir fur die Anzucht der StLmme.

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Proben wurden 1 Std. bei 24" geschuttelt und der Penicillingehalt nach Verdiinnung im Diffusionsplattentest bestimmt. Aus der Differenz des Penicillingehaltes vor rind nach der Behandlung rnit Phenyl- bzw. Phenoxyacetylchlorid errechnet sich der 6-APS-Gehalt, aus- gedriickt in Penicillin-Einheiten. 2742 I E K-Penicillin V bzw. 2752 I E K-Penicillin (; entsprechen 1 mg 6-APS.

Gewinnung Penicillinacylase-haltiger Aceton-Trockenpraparate : Die in 80 ml fassenden Steilbrustflaschen gezogenen Knlturen wurden bei 6000 U/Min. abzentrifugiert, das Myzel zweimal mit Wasser gewaschen, in mit KohIensaureschneelAceton gekuhltem Aceton suspendiert, nach 1/2 Std. abgesaugt und noch zweimal in gekiihltem Aceton aufgeschliimmt. Das abgesaugte Praparat wurde im Exsiccator in der Kalte nachgetrocknet und aufbe- wahrt. In ahnlicher Weise wurde das Kulturfiltrat aufgearbeitet. Zu 200 ml Kulturfiltrat wurden unter standigem Riihren 200 ml tief gekiihltes Aceton gegeben, der Niederschlag abzentrifugiert, zweimal mit kaltem Aceton gewaschen und getrocknet.

Ergebnisse

1. Untersuchung Amidsynthetase fiihrender Streptomyceten auf Penicillin-

Die 48 Stdn. alten Kulturen der Stamme Streptomyces noursei ATCC 11455, Actinomyces rimosus LS-T 118, Streptomycea erythreus J A 4143 und Streptomyces netropsis J A 2814 wurden bei 6000 U/Min. abzentrifugiert, das Myzel dreimal mit Wasser gewaschen und in ~ / 1 5 Phosphatpuffer pH 7,5 suspendiert. Die Myzelkonzentration entsprach der Original- dichte der Kultur. Der pH-Wert des Kulturfiltrates wurde rnit 2O%iger KOH auf pH 7,5 eingestellt. Der Versuchsansatz setzte sich aus 10 ml Myzelsuspension oder Kulturfiltrat und 0,2 ml K-Benzyl- bzw. K-Phenoxymetylhpenicillin (Endkonzentration 25 yMol/ml) znsammen. Nach dreistundigem Schiitteln der Ansatze wurde der Penicillin-Abbau bzw. die 6.APS-Bildung papierchromatographisch erfal3t und im Lochplattentest quantitativ bestimmt (Tab. 1).

acylase- Aktivitat

Tabelle 1 Spaltung von Penicillin G und V durch Kulturfiltrat und Frischmyzel verschiedener-

Versuchsdauer 3 Stdn., Angaben in pMol/ml Streptomyceten. Substratkonzentration jeweils 25 pMol/ml, p H 7,5, Temperatur 28",

I Btreptomycee Actjnomyces Btreptomyces Streptomyces noursei rtmoeua eruthreue netroveia

Von den nur papierchromatographisch nachweisbaren Spuren von 6-APS des Stammes Streptomyces erythreus J A 4143 abgesehen, zeigt nur Streptomyces netropsis JA 2814 neben einem starken Penicillin-Abbau gleichzeitig Bildung von 6-APS. Die Penicillinacylase findet sich sowohl im Kulturfiltrat als auch im Myzel dieses Stammes und zeigt gegeniiber Penicillin V eine bedeutcnd starkere Wirksamkeit als gegenuber Penicillin G.

Durch Myzelsuspensionen von Streptomyces noursei ATCC 11 455 und Actino- myces rimosus LS-T 118 werden Penicillin CI und V ebenfalls abgebaut. In diesen Ansatzen konnte jedoch keine 6.APS nachgewiesen werden, weshalb der Pmicillin-Abbau dort auf die Wirkung von Penicillinase zuruckgefuhrt wird. Auch bci einer verkiirzten Versuchsdauer von 15 und 30 Min. trat keine 6-APS

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Acylase-Aktivitat in Streptomyceten 345

auf, obwohl nach dieser Zeit noch nicht alles Penicillin abgebaut worden war. Es ist deshalb unwahrscheinlich, daB der negative Penicillinacylase-Nachweis auf einer Uberdeckung der Fermentaktivitat durch Penicillinase beruht, zumal nachgewiesen wurde, daB 6-APS gegeniiber Penicillin G und V durch Penicillin- ase der Myzelien dieser beiden Stamme nicht bevorzugt gespalten wird.

Im Kulturfiltrat der Stamme Streptomyces noursei ATCC 11 455 und Strepto- myces erythreus JA 4143 ist die Penicillinase-Wirkung gering. Die Penicillinase des Kulturfiltrates von Actinomyces rimosus LS-T 118 wirkt bevorzugt gegen- iiber Penicillin G.

2. Isolierung und Identifizierung der von Streptomyces netropsis J A 2814 ge- bildeten 6-Aminopenicillansiiure

Das papierchromatographisch als 6-APS charakterisierte Spaltungsprodukt von Penicillin V wurde isoliert und chemisch als 6-APS identifiziert.

Hierzu wurde in ~ / 1 5 Phosphatpuffer p H 7,5 suspendiertes Trockenmyzel (s. methodi- scher Teil) von Streptomyces netropeie JA 2814 mit K-Penicillin V versetzt (Endkonzen- tration 25 pMol/ml) und 10 Stdn. bei 28" inkubiert. Danach wurde das Myzel abzentrifu- giert, der Uberstand mit verdiinnter HCI auf pH 2 angesauert und das nicht umgesetzte Penicillin zweimal mit dem halben Volumen Butylacetat extrahiert. Die wadrige Phase wurde im Vakuum bei 25" eingeengt. 6-APS fie1 bei p H 4 im Konzentrat aus.

Neben dem papierchromatographischen Verhalten der isolierten Substanz beweisen Analyse und Schmelzpunkt die Identitat mit 6-APS : C,H1,N,O,S (216,252) Berechnet C 44,43 H 5,59 N 12,95

Gefunden C 44,25 H 5,48 N 12,85 Schmelzp. 208-209", Misch-Schmelzp. mit 6-APS 208-209".

3. Verlauf der Penicillinacylase-Wirkung von Streptomyces netropsis J A 2814

a ) Frischmyzel und Kulturfiltrat : Eine 48 Stdn. alte Kultur wurde 30 Min. bei 6000 U/Min. zentrifugiert, der Uberstand

eine weitere Stunde bei 13000 U/Min. in der Kuhlzentrifuge separiert und anschlieBend mit 2OyOiger KOH auf pH 7,5 eingestellt.

Das Myzel wurde dreirnal mit Wasser gewaschen und in ~ / 1 5 Phosphatpuffer pH 7,5 suspendiert. Die Ansatze bestanden a m 9 ml Kulturfiltrat bzw. Myzelsiispension (Original- dichte der Kultur) und 1,2 ml Penicillin G oder V (Endkonzentration 6 pMol/ml) und wurden bei 28 ' geschiittelt. Nach verschiedenen Zeiten wurden Proben entnommen, die Fermente durch 10 Minuten langes Erhitzen im Wasserbad von 80" inaktiviert und der Penicillin- und 6-APS-Gehalt im Lochplattentest bestimmt.

Wie schon der Vorversuch zeigte, findet im Myzel dieses Stammes ein schneller Penicillin-Abbau bei gleichzeitiger 6-APS-Bildung s ta t t (Abb. 1). uber die ersten beiden Versuchsstunden entsprechen sich Penicillin-Abbau und 6-APS- Bildung annahernd, danach fallt der Penicillingehalt weiter ab, ohne daB eine entsprechende Zunahme von 6-APS erfolgt. Es findet jetzt sogar ein starker Abbau der vorerst gebildeten 6-APS stat t ; nach 4 Versuchsstunden sind beide Verbindungen nicht mehr nachweisbar, was nunmehr auf die Wirkung von Penicillinase zuruckzufuhren ist.

Im Kulturfiltrat verliiuft der Penicillin-Abbau im Vergleich zum Myzel ver- zogert. Penicillin-Abbau und 6-APS-Bildung entsprechen sich hier uber einen

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langen Versuchszeitraum (Abb. 2 ) . Das Kulturfiltrat cnthiilt demnach keinc Pmicillinase.

Die Penicillinacylase des Kulturfiltrates als auch des Myzels wirkt bevorzugt auf Penicillin V und zeigt gegeniiber Penicillin G nur etwa 10% drr gegenuber Penicillin V gemessenen Aktivitat.

I 6

sfunden-

Abb. 1. Spaltung von Penicillin V durch Frischmyzel von

Streptomyces netropis JA 2814. Substratkonzentration GpMol/ml,

pH 7,5, Tcmperatur 28". 0- o Penicillin V; x-------x GAPS

I /'* 2

I

0 2 4 6 a 10 12 Stunden-

Abb. 2. Spaltung von Penicillin V durch Kulturfiltrat von Streptomyces netropsis J A 2814.

Substratkonzentration 6 pMol/ml, pH 7,5, Temperatur 28".

o -0 Penicillin; x- x 6-APS

9 x :n 4 NX YY\ 0 7 2 4 6 8 10

Stunden- Abb. 3 Spaltung von Penicillin V durch Trockenmyzel von Streptoniyces netropsis J X 2814.

SubNtratkonzentmtion 6 pMol/ml, pH 7 3 , Temperatur 28". o -~ -0 Penicillin V; I-x 6-APS

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Acylase-Aktivitat in Streptomycetsn 347

b) Trockenpraparat von Myzel und Kulturfiltrat : Aceton-Trockenpnlver von Myzel und Kulturfiltrat wurde nach der im methodischen

Teil beschriebcnen Weise hergestellt. Der Versuchsansatz bestand aus 103 ml in ~ / 1 5 Phos- phatpuffer pH 7,5 suspendiertem Trockenmyzel (60 mg) und 1,5 ml Penicillin V (End- konzentration 6 pMol/ml).

Wie aus Abb. 3 ersichtlich, entsprechen sich beim Trockenmyzel Penicillin- Abbau und 6-APS-Bildung auch uber einen langen Versuchszeitraum. Im Trockenmyzel ist demnach keine Penicillinase-Aktivitat vorhanden. Da Paral- lelversuche gezeigt haben, daR Penicillinase bei der Gewinnung von Trocken- myzel durch die Aufarbeitung nicht inaktiviert wird, muB die nur im Frisch- myzel nachweisbare Penicillinase als adaptatives Ferment aufgefal3t werden. Durch Behandlung des Trockenmyzels mit ~ / 1 5 Phosphatpuffer pH 7 kann das Ferment Penicillinacylase teilweise extrahiert werden. Ein Teil der Ferment - Aktivitat verbleibt aber selbst nach langer Extraktionsdauer im Myzel.

Bei Verwendung von Trockenpulver des Kulturfiltrates wurden bezuglich der 6-APS-Bildung dem Trockenmyzel entsprechende Ergebnisse erhalten.

Diskussion Das in vielen Mikroorganismen nachgewiesene Ferment, welches Penicilline

unter Entacylierung in 6-APS umwandelt, wurde zunachst Penicillinamidase ( SAKAGUCHI und MURAO 1950), spater Penicillinacylase ( HUANG und Mitarb., 1963) und schliel3lich Penicillinamidohydrolase (EC 3.5.1.11.) genannt. Diese Bezeichnungen erwiesen sich jedoch als wenig charakteristisch. Es wurde nach- gewiesen, daB fur die Spezifitat des Fermentes nicht der Penicillingrundkorper, sondern der Acylrest verantwortlich ist, der mit dem gleichen Enzym auch von anderen Verbindungen, wie N-Acylaminosanren, abgespalten werden kann (COLE, 1964, KAUFMANN und BAUER, 1964). Deshalb nimmt man heute an, daB sich Penicillinacylase in ihrer Wirkung nicht grundlegend von anderen Acylasen unterscheidet, und daB ihr neben der Spaltung und Resynthese von Penicillinen wahrscheinlich eine vie1 allgemeinere Bedeutung im Stoffwechsel der Verbindungen mit Amidgruppierung zukommt (SZENTIRMAI, 1965/66).

Wir hatten bei Untersuchungen mit anderer Zielsetzung die Amidierung von Benzoesauren und Phenylessigsauren in bestimmten Streptomyces-Kulturen ge- funden und gezeigt, daB in den Amidsynthetase bildenden Kulturen vorzugs- ureise die p- und m-Isomeren der Amino-, Nitro- und Hydroxybenzoesaure und die entsprechenden Phenylessigsauren, daneben auch, allerdings in weit geringe- rer Ausbeute, die o-Isomeren und unsubstituierten Sauren amidiert werden (THRUM und BOCKER, 1965). Da nach den Untersuchungen von COLE (1964) sowie KAUFMANN und BAUER (1964) auch die Saureamide von Phenylessigsaure und Phenoxypropionsaure durch Penicillinacylase gespalten werden, sollte eine solche Fermentreaktion mit der in manchen Streptomyceten nachgewiesenen Amidierungsreaktion verglichen werden. Es wurde gefunden, daR von den vier untersuchten Amidsynthetase fuhrenden Stammen nur Streptomyces netropsis JA 2814 gleichzeitig eine merkliche Penicillinacylase-Aktivitat aufweist. Ob es sich dabei um ein und dasselbe Fermentsystem handelt, kann erst nach weiterer Fermentreinigung festgestellt werden. Die nachgewiesene Penicillin- acylase in Streptomyces netropsis JA 2814 ist wegen ihrer bevorzugten Wirkung gegenuber Penicillin V dem Pilz-Actinomyceten-Typ zuzuordnen (ROLINSON und Mitarb., 1960).

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348 Acylase-Aktivitat in Streptomyceten

Die hinsichtlich ihrer Amidierungsgeschwindigkeit gegeniiber p-Aminobenzoe- saure dem Streptomyces netropsis JA 2814 vergleichbaren Stiimme Actinomyces rimosus LS-T 118 und Streptrnyces noursei ATCC 11455 unterscheiden sich von ersterem dadurch, daB sie den Penicillin-Abbau vorzugsweise im Sinne einer Penicillinase-Spaltung katalysieren. Unter den gleichen Versuchsbedin- gungen, wie wir sie mit Streptomyces netropsis J A 2814 wiihlten, zeigten beide Stamme weder im Kulturfiltrat noch in Frischmyzelsuspensionen eine 6-APS- Bildung. Ahnlich verhielt sich auch der nur wenig Amidsynthetase bildende Streptomyces erythreus JA 4143, der bei raschem Penicillin-Abbau nur Spu- pen von 6-APS zu bilden vermag.

Zusammen fassung Von den vier amidierenden Stiimmen Streptomyces noursei ATCC 11 455, Actinomycea

rimosua 1,s-T 118, Streptomyces erythreus J A 4143 und Streptomyces netropsia J A 2814 fiihrt allein der Stamm Streptomyces netropsis JA 2814 Penicillinacylase. Das Ferment ist sowohl im Kulturfiltrat ah auch im Myzel dieses Stammes nachweisbar. Es hat gegeniiber Peni- cillin V eine bedeutend starkere Aktivitiit als gegeniiber Penicillin G. Das Ferment zeigt sich gegenuber einer Acetonbehandlung stabil. Aus einem Aceton-Trockenpraparat des Myzels ist es teilweise extrahierbar.

Im Myzel ist zeitweilig neben Penicillinacylase noch Penicillinase wirksam, die als adap- tatives Ferment auftritt.

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COLE, M., 1964. Properties of the penicillin deacylase enzyme. Nature 203, 519-520. HUANG, H. T., SETO, T. A. and SHULL, G. M., 1963. Distribution and substrat specifity of

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