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229 IN. Natwrgeschichte mid Pharmal kognosie. Beitrtlge zur Anatomie der Chinarinden ; von F. A. F 1 ti cli i g e I’ *). 1. Die Chinarinden zeigen bekanntlich in Betreff ihres anatomischen Baiies im Vergleiche mit vielen andern Rin- den nicht eben sehr auffallende Eigenthiimlichkeiten. Zu ihrer Unterscheidung eignet sich, abgesehen von den so hiiufig fehlenden Saftschlauchen (Milchsaftgefassen, Saft- rohren) am besten die Bastbildung, indem sich hier eine Besonderheit der Cinchonen in der Weise auspragt, dass sich die verhaltnissmassig nicht sehr langen Rastrohren schon in friihester Jugend zu schliessen beginnen. Die Zellwand namlich verdickt sich durch Ablngerungen auf der Innenseite fast immer so stark, dass die urspriingliche Hohlung schr beschrankt wird oder bleibt und in vielen Fallen so gut wie gana schwindet. Diese Ablagerungen sind unter sich und mit der primaren Wand so innig verbunden, dass ihre genauere Anordnung im Einzelnen nicht mchr wahrzunehmen, sondern nur durch eine Schich- tung angedeutet ist, welche sowohl der Langsschnitt als der Querschnitt zur Anschauung bringt. Die prachtrollen Farben, wclche diese verholzten Bastrohren (I3astzellen, Bastfasern) im polarisirten Lichte annehmen, zeigen gleich- *) Als Separatabdruck aua der Scliweiz. \\’ochenschrift fur Phar- mrcie, 23. und 30. h’ov. 18GG. No. 4i u. 48, vom IIrn. I’crf. giitigst mitgctheilt. Die Red. -

Beiträge zur Anatomie der Chinarinden

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IN. Natwrgeschichte mid Pharmal kognosie.

Beitrtlge zur Anatomie der Chinarinden ; von

F. A. F 1 ti cli i g e I’ *).

1. Die Chinarinden zeigen bekanntlich in Betreff ihres

anatomischen Baiies im Vergleiche mit vielen andern Rin- den nicht eben sehr auffallende Eigenthiimlichkeiten. Zu ihrer Unterscheidung eignet sich, abgesehen von den so hiiufig fehlenden Saftschlauchen (Milchsaftgefassen, Saft- rohren) am besten die Bastbildung, indem sich hier eine Besonderheit der Cinchonen in der Weise auspragt, dass sich die verhaltnissmassig nicht sehr langen Rastrohren schon in friihester Jugend zu schliessen beginnen. Die Zellwand namlich verdickt sich durch Ablngerungen auf der Innenseite fast immer so stark, dass die urspriingliche Hohlung schr beschrankt wird oder bleibt und in vielen Fallen so gut wie gana schwindet. Diese Ablagerungen sind unter sich und mit der primaren Wand so innig verbunden, dass ihre genauere Anordnung im Einzelnen nicht mchr wahrzunehmen, sondern nur durch eine Schich- tung angedeutet ist, welche sowohl der Langsschnitt als der Querschnitt zur Anschauung bringt. Die prachtrollen Farben, wclche diese verholzten Bastrohren (I3astzellen, Bastfasern) im polarisirten Lichte annehmen, zeigen gleich-

*) Als Separatabdruck aua der Scliweiz. \\’ochenschrift fur Phar- mrcie, 23. und 30. h’ov. 18GG. No. 4 i u. 48, vom IIrn. I’crf. giitigst mitgctheilt. Die Red.

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230 3. Htickiger,

falls, dass i n diesen Schichten der Zellstoff hochst bedeu- tenden Spannungen unterworfen ist.

Aehnliche Gebilde anderer Rinden sind entweder vie1 langer, dunner und biegsam, oder an den Enden nicht zugespitzt, oder aber noch mit ansehnlicher Hohlung versehen und daher nicht so starr wie die China-Bast- rohren. Niemals verzweigen sich die letztern, wiihrend andere Bastrohren, wie z. B. sclion diejenigen der soge- nannten falschen Chinarinden, sich theilen und oft netz- artig ineinandcr flechten.

h'achdem zuerst W e d d e l l 1849 den Bau der ('1' ma- rinden kennen gelehrt hatte, drangte sich die Frage nach dem Sitze der Alkaloide auf, da inan derselben durch unxiiittelbare mikroskopische Untersuchung in der unver- anderten Rinde nicht ansichtig wird. Die flache Calisaya, friiher unbestritten als die reichhaltigste Rinde angesehen, bot W e d d e 11 die zahlreiclisten und am gleiclimassigsten vertheilten Bastrohren dar, weshalb er eine 13czieliung derselben wenigstens . zum Chiningehalte vermuthete. E r driickte diesen Zusammenhang anatomischer und clie- mischer Beschaffenheit jedoch sehr vorsiclitig und mit iiiancherlei Vorbehalten RUS, so dass es nicht moglich ist, seine beziiglichen Vorstelliingen treu wiederzugebcn ohne weitlaufiger zu werden, als hier aullssig und wiinschens- werth ist. Es geniige, zu erinnern, dass er sich das Cin- chonin vorzuglich auf die Mittelrinde, das Chinin auf die Innenrinde beschrankt dachte. Das letztere jedoch nehme iiiit der Zahl der 13astrohren nur bis eu eiriem gewissen Puncte zu, meinte W e d d e l 1 , und das giinstigste Ver- haltniss sei eben das, welches die nach den dan~aligen Analysen chininrcichste flache Calisaya dnrbietet, namlich naliezu isolirte kurze Bastrohren selir gleichinassig und ziemlich zahlreich vertheilt im Yarenchym des Bastes. Ausdrucltlich verwirft er *) die Ansicht, dass die verholzten Bastrohren selbst eine irgend erhebliche Mcnge Alkaloid

*) Historie naturelle dea Quinquinas, pag. 25, Note.

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Beitrlige ZUT Anatomie der Chinarinden. 231

enthalten konnten. Einer der in chemischer und phar- makognostischer Rinsicht urtheilsfhhigsten Chinakenner, H o w a r d, theilt Wed d e 11's Schliisse wenigstens so weit, dass er ebenfalls nicht die Bastrohren, sondern das Paren- chym (der Mittelrinde) fir den Trager des Alkaloids halt. Ich behalte mir vor, an einer andern Stelle Howard 'a Meinung zu erortern, zu welcher ich mich, wenn auch nicht unbedingt, bekenne.

Das vollkommensteClegentheil lehrt W i g a n d in seinem vortrefflichen Lehrbuche der Pharlnakognosie (Berlin 1863. pag. 112): .Die Alkaloide, namentlich das Chinin, haben ihren Sitz in der Bastschicht und zwar in den Bastfasern." Kein anderer Pharmakognost driickt sich hieruber mit solcher Bestimmtheit aus wie W i g a n d , welcher aller- dings seine Rehauptung durch eine Reihe scharfsinniger und ausserst sorgfdtig ausgefihrter Versuche *) begriin- det hat. Diese Beweisfubrung verdient um so mehr Be- ruchsichtigung als sie ein Wiederhsll des Schacht'schen Ausspruches **) ist: .Ich halte es fur wahrscheinlich, dass alle Alkaloide Producte der Bsstzellen sind und class auch das Chinin und Cinchonin nur in den Bastzellen der Chinarinden vorkominen.*

Der erstere Satz in seiner Allgemeinbeit bedarf keiner Widerlegung; wenden wir uns aber zu seiner Anwendung auf die China- Alkaloide.

Auf Umwegen, welche ich nicbt betreten will, hatte W i g a n d ermittelt, daes jene Basen niit ziemlicher Kraft den Farbstoff der Cochenille anzuziehen und zuruckeuhal- ten rerlnijgen, iihnlich wie die Beizen der Fiirber. Da nun seinen Erfahrungen zufolge (welchen ich nach Wie- derholung des Versuchee nicht vie1 Gewicht beilegen kann) gerade vorzugsweise die Bastrohren (Bastfasctn) und niclit

*) Botanische Zeitung XX. (1862) 137-143; auch im Cannstatt-

**) S cha ch t , Anatomie und Physiologie der Gewiichse. Berlin Wiggers'schen Jahresberichte Fir 1862, pag. 137.

1856. I. 400.

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232 F. Flilckiger,

das Parenchym in den Chinarinden befahigt sind, sich mit dem Cochenillefarbstoff zu verbinden, so schloss er, dass eben jene Bastrohren die Alkdoide enthalten miissten. Das Argument W eddel l ' s , dsss die Dicke ihrer Wande eine solche Annahme ausschlosse, verwirft W i g a n d kurzweg.

Seine Methode bezeichnet Letzterer selbst als eine ziemlich kunstliche uad findet es wunschenswerth, eine einfachere herbeizuziehen, wozu er auch einige Versuche gemacht hat. Zunachst fand er, dass beim Erhitzen ron Querschnitten der Chinarinden die bekannte G r a h e'sche Reaction sich an den Hastrohren wahrnehmen lasst und ferner, dass es gelingt, zerstossenb Rinden durch Sieben so zu trennen, dass ein an Bastrohren vorzugswcise reicher und ein parenchymatischer Theil erzielt wird. Letzterer nun stellte sich als dcr entschieden an Alkaloid Hrmere heram"). Aus dem Folgenden wird sich ergeben, dass ich mir erlauben muss, die Beweiskraft dieser beiden Argumente zu Gunsten der Wigand'schen Hypothese zu beanstanden. Ich vermisse den Nachweis, dass mikro- skopisch untersucht wurde, ob denn in der That durc:h Sieben eine auch nur einigcrinassen bcfriedigcnde Scbei- dung im angedeuteten Sinne erreicht morden sei und gestehe, dass ich einc solche nicht in geniigendcr Wcise zu Stande brachte. Bei dcr gewohnlichen C h i w Ccdistrya plniiri nnmentlich pflegt iibrigcns das Parenchym (dcr Mittelrinde) so gut wie ganz zu fchlen. Wigand ' s ejgcne Aeusserung **) : ,,gel%nge cs, das Parenchyni vollstiindig yon Bastrohrcn zu befreien, so wurde dasselbe wahr- scheinlich gar kein Alkaloid liefern, Iasst annehmen, dass er selbst im Qrunde dnrch dcn Erfolg des Siebens wenig bcfriedigt war. . Geht man davon aus, dass die'Bastrohren schwerer

*) Das Gegentheil zeigeii die Versuche Howard' s fur China d r a dura; vergl. desven Pu'ueva Quinologin, micros. observ. fol. 5.

**) Bot. Ztg. XX. 140.

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sind, als das Parenchym und nimmt man eine Rinde, welche ziemlich lange, zahlreiche aber moglichst verein- zelte Bastrohren in einem murben Parenchym enthalt, so gelingt eine weit vollstiindigere Trennung durch Schlam- men. Ich wshlte eine sehr briichige, 0ache und unbe- deckte Calisaya - Varietat, die sogenannte boliviana, die sich im Pegensatze zu der gewohnlichen Calisaya auch besonders dadurch auszeichnet, dass sie noch einen guten Theil der hlittelrinde sammt grossen Saftschlauchen enthalt. Kleine zerriebene Portionen dieser China boliviana wurden mit wenig kaltem destillirten Wasser angeruhrt, das lockere Parenchym weggespult, der Absatz aber noch einige Male gelinde zerrieben und gleich behmdelt. Wird schliesslich noch etwas mit Louie und Pincette nachgeholfen, so gewinnt man mit einiger Geduld Bastrohren, worin das Mikroskop nur unerhebliche Reste des Pareiichyms nach- weist, ohne dass die erstern beschhdigt wiiren. Weniger rein zeigt sich das abgeschlammte Parenchym ; es ist nicht ausfuhrbnr, dasselbe vollkommen von vereinzelten Bastrohren zu befreien.

Die in Arbeit genommene China boliviana gab beim Erhitzen in der Glasrohre reichlich die rothen Diimpfe dcr Grahe’schen Probe und an kalten angesauerten Wein- geist trat die Rinde eine anselinliche Menge Alkaloid ab. Die reinen B a s t r o h r e n dagegen z e i g e n d i e U r a h e - s che R e a c t i o n d u r c h a u s n i ch t und selbst h e i s s e r a n g e s a u e r t e r W e i n g e i s t entzieht ihnen k e i n 81- k a l o i d , wiihrend das P a r e n c h y m nach beiden Rich- tungen sich g le ich d e r u n v e r a n d e r t e n R i n d e v e r - h i 1 t. Ganz dieselben Beobachtungen wurden auch an China flava jibvosa (Cinchona lancifolia) gemacht.

Durch dicse einfachen Fundamentalversuche ist, wie ich denke, wenigstens erwiesen, dass die verholzten Bast- rijhren nicht ausschliesslich und nicht vorherrschend Sitz der Alkaloide sind, sondern in weit hiiherem Grade jeden- falls das Parenchym. Nur wenige Einwurfc scheinen mir gegen diese Beweisfuhrnng moglich. Von W i g a n d’s

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schon erwahnter Beobachtung, dass die Bastrohren beim Erhitzen sich rotheten, darf deshalb abgesehen werden, weil er hierbei das Parenchym mit in Uehandlung ge- nommen hatte und die von demselben ausgegebenen rothen Dampfe sehr wohl die Bastrohren farben konnten. Allein es Iasst sich einwenden, dass die Grahe'sche Reaction nicht empfindlich genug sei, um hier ein Wort mitzu- sprechen. Nicht darum aber handelt es sich, den abso- luten Mangel an Alkaloiden in den Bastrohren darzuthun, sonclern viel mehr um den Beweis, dass vorzugswe'ise dns Parenchym der Sitz derselben ist. Jedoch wurden auch in ersterer tlinsicht cinige Versuche ausgefuhrt, welche ergaben, dass allerdings z. B. in getrocknetem Sagemehl durch die Grahe'sche Reaction weniger als 1 Proc. Chininsulfat nicht mehr eicher erkannt werden kann. Weiter reicht aber die Enipfindlichkeit der Methode bei den Chinarinden selbst, indern sie noch positive Resultate ergiebt, wenn z. B. China boliuinna mit dem funffachen Gewichte Siigemehl gemengt wird. Da nun in den Bast- roliren durch die Grahe'sche Reaction kein Alkaloid mehr zii erkennen war, wohl aber im Parenchym, so darf jeden- falls scbon nicht inehr zugegeben werden, dass jene hnupt- sachlich das Alkaloid enthalten. Die Thatsache aber, dass ihiien auch durch Weingeist kein Alkaloid entzogen wird, berechtigt viel weiter zu gehcn. Wenn die Alkaloide irn Pnrenchym cnthelten sind, so wird es dennoch niemand einfallen zu behaupten, dass die Bastrohren ganz absolut davon entblijsst seien. Sollte dies auch in den lebenden Pflanzen der Fall sein, so ist doch leicht ersichtlich, dass beim Trockncn der Rinden leicht Spuren der Rasen wenig- stens mechnnisch oder endosinotisch von den Rastrobren aufgenommen werden lronnen. In der That zeigten tneine Bastrohren, worin sich durch die gewohnlichen Reactionen kein Chinin auffinden liess, doch noch geringe Spuren, welche sich durch die Fluorescenz eben noch erkennen liessen. Was das aber heisst, geringe Spuren Chinin auf optischem Wege nachzuweisen, leuchtet ein, wenn man

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sich erinnert, dass Hunderttarisendstel eines Milligramms sich in dieser M’eise noch verrathen *). Kaum bedarf es der Erwiihnung, dass das mit Schwefelsiiure erhaltene Filtrat vom Parenchym sehr deutlich fluorescirte.

Ein ernsterer Tadel konnte die Art der Beschaffung meiper Bastrohren trcffen: es bedarf keines Beweises, dass selbst kdtes Wasser, wenn auch in geringster Menge angemendet, aus der China ein wenig Alkaloid aufnimmt. Allein bei der Vorsicht, dasselbe nur wahrend kurzester Zeit einwirken zu lassen, kann dieser Unistand unmoglich ins Gewicht fallen. Zudem ist gar nicht denkbar, dass etwa die Bastrohren zuerst und so gut wie vollstiindig ihr Alkaloid abgaben und hernach erst das Parenchym an die Reihe kame, sondern weit cher das Gegentheil. Aber auch zugegeben, dass aus den Bastrohren und aus dem parenchymatischen Theile der Rindc beim Schlam- inen verhiiltnissmassig gleiche Mengen der Bascn fort- gefkhrt wiirden, so andert dieser Verlust nichts und er- schuttert nicht die Begrundung des oben entwiclrelten Satzes, dass das Parenchym der Hauptsitz der Alkaloide ist.

Mit diesem Nachweisen muss auch die Annahme fallen, dass specifisch schwere Chinarinden reichhaltiger aeien als leichtere oder es ist doch eine derartige Erschei- nung nicht direct auf die grossere Zahl der Bastrohren zuriickzufuhren. Der Factoren, welche das specifische Gewicht einer Kinde bedingen, sind offenbar zu viele, als dass eine so einfachc Beziehung Zuni chemischen Gehalte moglich erecheint. Sehen wir z. R. dass das specifische Gewicht der Kartoffelstarke nur allein durch den Austritt der 17 pro,. hygroskopischen Wassers von 1,30 auf 1,63 erhoht wird, bedenken wir ferner den so sehr wechseln- den Gehalt dcr Chinarinden an Starkemelil und an Kalk- oxalat, die verschiedene Ausbildung der einzelnen Gewebe-

*) Vergl. hieriiber Schweiz. Zeitschrift fur Pharm. 1862. 22, oder W i t t e t o i n s VierteljahrsschriftXI. 201., oder F r e s e n i u s Zeit- schriftf.ana1. Chem 1. 373, auch Cannstat t ’s (Wiggers’) Jahresb. 1862. 159.

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formen, so darf wohl kaum im specifischen Gewichte ein Anhaltspunct erwartet werden. Ich habe mich darauf beschrankt, doch wenigstens das specifische Gewicht der Bastrohren und der gesammten Rinde (China boliviana) zu ermitteln. Lufttrocken in Petroleum gewogen, ergab sich fur sorgfaltigst ausgesuchte Bastrohren 1,555, fur die unveranderte Rinde, nach Beseitigung der Luftblasen 1,34.

Wie sich die Bastrijhren nicht als Sammler der orga- nischen Rasen herausstellen, eben SO wenig finden sich in ihnen unorganisehe angehauft. 0,266 Grm. derselben gaben eine sichtbare aber nicht wagbare Menge Asche, die sich daher auf einige Promille beschrankt.

11. Die Bastrijhren der Chinarinden treten sclion sehr

friihe fertig gebildet auf. Die zartesten nach dem Auf- weichen nur 1 Millim. diclte Rinden von Cinchona Cali- s u p und C. succiiwbrci z. 13., welclie ich mir aus Java durch die Qute des I-Terrn Prof. 0 u d e in a n s in Amsterdam versehsffen konnte, gewiihren keinen Aufschluss uber die Entstehung der schon sehr stark entwickelten Rnstrohren.

Denkt man sich dieselben, von ilirer Stellung ab- gesehen, zu annahernd ltuliscken oder liinglich eiforinigen bis lrugeligen Formen verlriirzt, so fallen sie n i t den im gesammtcn phanerogainischcn Pflanzenreiche so sehr ver- breiteten Steinzcllen oder Sternzellen zusanimen und in der That fehlt es nicht an Ueberggngcn. Die Wurzel- rinde von Dictamniis Fmxinella odcr von Puizicn Grnna- turn enthalt dergleichen Fasern, welclie den China-Bast- rohren vergleichbar sind. Ueber die eigentlichen Stein- zellen, wie sie in ausgezeichneter Weise die steinigen Concretionen der Birnen so wie die Steinschalen des Stein- obstes bilden, hat J. E r d man n unlangst *) sehr werth- volle Aufsc.hlussc gegeben. Er nennt die mit Alkohol

*) Aiinalen der Chemie u n d Pbamacie, CXXXVIII. 1-19.

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Beitrage zzir Anatomic der Chinarinden. 237

und Aether gereinigte Substanz derselben Glykodrupose = C24H18Ol6 und findet, dass durch Kochen mit massig concentrirter Salzsaure die Halfte (genauer 49,46 Proc.) davon in Form von Zucker abgespalten wird, wtihrend Drupose C12 HlO 0 8 zuruckbleibt. Diese letztcre wird durch Salpeterstiure zu ClzHlOOlO, d. h. zu Cellulose, oxydirt, welche durch Kupferoxydammoniak aufgelost werden kann.

Die wohl berechtigte Vermuthung E r d m a n n 's , dass die Glykohupose in der Natur weit verbreitet sein miisse, legte die Frage nahe, ob nicht gerade die ausge- zeichneten Bastrohren der China sich als solche erweisen durften. Dass sie in Kupferoxydammoniak nicht loslich, daher von gewohnlicher Cellulose verschiedcn sind, ist bereits durch C r a m e r *) bekannt. Werden sie jedoch nach E r d m ann 's Vorschrift mit Salzsiiure gekocht, so tritt diesclbe Spaltung ein wie bei den Birnconcretionen. Urn mit den China-Bastrohren reine Resultate zu erhal- ten,. wird ihnen zuvor durch verdiinntes Ammoniak der Farbstoff entzogen, worauf sie nach dem Abwaschen mit schwacher Essigsllure nur noch brilunlich-gelblich aus- sehen und durch Kochen mit Salzsilure unbedeutend gelb gefarbt werden. Die saure Losung wird verdunnt, mit Bleiweiss eingedampft, der Riickstand mit wenig warmem Weingeist aufgenommen und das doppelte Volum Aether zugesetzt. Nach kurzem Stehen liisst sich die klare Flus- sigkeit von einem hellbraunlichen Syrup abgiessen, welcher die Reactionen des Zuckers zeigt. Aus alkalischem Kupfer- tartrat reducirt er kaum in der Kalte Oxydulhydrat, wohl aber sofort und reichlich bei der allergelindesten Erwar- mung. Auch wird Wismuthoxyd in alkalischer Losung geschwarzt, wenn man es mit dem Syrup kocht. Es gelang mir nicht, diesen Zucker zur Krysbllisation zu bringen.

Bei der Spaltung der Birnconcretionen behielt E rd - m a n n 60,54 Proc. Drupose zuriick. Mir lieferten

*) G m e l i n . Organ. Chemie IV. 591.

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238 F. Flikkiger,

1,311 Grin. bei 1000 getrockneter Chinabastroliren

0,310 Grni. bei 1000 getrockneter Chinabastrohren

bei 1000 getrockneten Riickstandes, d. h. im ersten Falle 74,98, im zweiten 75,97 Proc. Es t r i t t a l s o m e r k - w i i r d i g e r W e i s e b e i d e n B a s t r o h r e n n u r h a l b s o vie1 Z u c k e r a u s w i e b e i d e n S t e i n z e l l e n d e r B i r n e n und den Samenschalen der Pflaumen. Ich be- merke ausdrucklich, dnss icli zuni zweiten Versnche mit den Bastrohren etwas starkere Salzsaure wiihrend langerer Zeit hatte einwirken lassen. Mikroskopisch bieten die mit Salzsiiure gekochten Bastrohren sclhst im polarisirten Lichte keine bedeutende Veriinderung dar; nur fallt ihre Schichtung mehr in die Augen, nber etwaige durch den Austritt des Zuckers entstandene Liicken sind nicht ersichtlioh. Kupferoxydammoniak lost nuch jetzt die Hast- rohren nicht auf, bleiben sic aber Iangere Zoit in jener Flussiglreit liegen, so erfolgt doch allrnalig ein auffallender Angriff. Die Bitstrohren werden namlich so aufgedreht, dase sie genau das Bild eines Taues darbieten, welehes in eineni seiner Anlage entgegengesetzten Sinne durch Dreliung aufgelocltert wird. Nicht einzelne Faserchen, sondern gleichsain grobe Flechten der Bastrohren werden so bloss gelegt. Die rnit Salzsaure gespaltenen Bastrohren farben sich durch Jod nach vorgsngiger Befeuchtung mit concentrirter Schwefelsaure nur braun, nicht Ilau.

Werden unverlnderte oder wit Salzsaure behandelte Bastrohren mit massig concentrirter Salpetersaure erwarmt, so nehmen sie nach dem Auswaschen durch Jod in eben angedeuteter Weise die schonste blaue Farbe an, losen sich auch in Kupferoxydammoniak. Sie sind also jetzt in Cellulose ubergegangen. - Andere energische Oxydations- mittel bewirken gleichfalls dieselbe Umwandlung.

Begreiflich stimmt aber auch hier das Resultat nur qunlitativ rnit dem bei den Birnconcretionen beobachteten. Wahrend dieselben rnit Salpetersiiure direct sowohl als

0,982 Grin. und

0,2355 Urm.

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Beitrage zur Anatomie der Chinarinden. 239

nach der Spaltung vermittelst Salzsaure 28 Proc. der urspriinglichen Substanz an Zellstoff hinterlassen *), gsben mir 0,230 Gr. trockener Bastrohren nach Behandlung rnit Salpetersaure 0,188 oder 81,7 Proc. Cellulose und von 0,258 Gr. rnit Salzsaure gespaltenen Bastrohren blieben 0,181 a rm. oder 70,l Proc. von Salpetersaure ungelost. Letztere Zahl ergiebt auf ursprungliche Bastrohren bezo- gen 52,5 Proc. derselben an Cellulose, also nshezu das Doppelte von den Birnconcretionen. J e d en f B 11 s i a t d e m n a c h d i e V e r h o l z u n g d e r C h i n a - B s s t r o h r e n v ie1 w e i t e r f o r t g e s c h r i t t e n a l s i n d e n S t e i n - ze 1 len. Sonderbarer Weise scheinen erstere durch directe Oxydation noch mehr Cellulose zu liefern ; es musste duher ein Antheil der urspriinglichen Substanz, welcher mit Sal- petersaure Cellulose giebt, durch Salzsaure ausgeschieden werden, wenn nicht etwa in jenem ersteren Versuche die Oxydation unvollstiindig durchgefuhrt war.

Wird die salpetersaure Losung von den China-Bast- rohren abgegossen und eingedampft, so lasst sie Oxalsaure auskrystallisiren, wlihrend andere nicht naher untersuchte gelbe Product von bitterern Geschmacke sich amorph nus- scheiden.

Die auf die eine oder die andere Art dargestellte Cellulose fdlt aue der Auflosung in Kupferoxydammonisk auf Zukatz von Yauren wieder flockig -gallertartig nieder. Hochst lebrreich ist es, die Art und Weise zu verfolgen, wie verdunnte Kupferlosung auf die mit SalpetersKure gekochten Bastriihren einwirkt. Obwohl die Saure, wie oben gezeigt ist, daraus gegen 20 Proc. wegfuhrt, ist auch

*) E r d m a n n erhielt namlich aus den unveranderten Concre tionen 27,93 Proc. Cellulose, bei Anwendung der zuvor ge- spaltenen 5548. Fur letztern Werth ergiebt sich, wenn er auf die Concretionen selbst, statt auf die Dmpose bezogen wird (insofern als 50,54 Drupose a118 100 Glykodrupose hervorgchen) ebenfalls 28,04. - Diese Zahlen sind die FLUS E r d m s n n ’ a Formeln abgeleiteten, mit welchen die von ihm wirklich beob- aehthteten nahe genug ubereinstimmen.

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210 F. Fliickigerr,

jetzt noch unter dem Mikroskop nur eine Aufloclterung der in ihrer Folge nicht gestorten Schichten wahrnehmbar, zuletzt auch cine Entfarbung bis zu blassem Gelb. Wie schon erwahnt, bewirkt Kupferoxydammoniak eine spira- lige Aufdrehung, aber keine Losung der mit Salzsaure behandelten Bastrohren. Diesen spiraligen Bau legt nun die genannte Kupferlosung aufs Deutlichste dar, wenn sie langsam die niit Salpetersaure behandelten Bastrohren an- greift. Hier erfolgt jetzt eine vollige Abtragung der Schichten, zugleich aber treten die regelmassigsten und feinsten Kreise und Schraubenlinien auf, so dass man glauben konnte, ein Spiralgefass vor sich zu haben. Erst nach der Einwirkung so energischer Agentien wird also klar, was die jungsten Bastrohren schon nicht mehr ver- rathen, dass namlich die Ablagerung der Verdickungs- schichten auch hier nach demselben Gesetze vor sich geht wie in den eigentlichen Gehssen, aber dasselbe sehr bald nicht rnehr erkennen liisst, wenn nicht der Einblick in diesen so ausserst dichten Aufbau durch jene Reagentien ermoglieht wird. Bei solcher Behandlung musste es sich auch zeigen, dass diese China-Bastrohren aus einzelnen kurzeren Zellen zusanimgngesetzt sind, wenn das der Fall ware. Nichts deutet aber darauf hin, dass sie etwas anders als einfache Zellgebilde sind.

In der Absicht, griissere Mengen des oben erwahnten Zuckers aus den Bastrohren der China zu gewinnen, uber- zeugte ich mich auch yon der Richtigkeit der Angaben Heichard t ’s*) und Reichel’s**), dass namlich in der Itinde schon fertig gebildeter Zucker vorbanden sei. 7 Grm. der genannten China boliviana wurden mit heissem Wein- geist, hierauf mit Wasser erschopft, die Fliissigkeit ein- gedampft, mit wenig Wasser aufgenommen, durch Blei- essig gefiillt und das Filtrat mit Schwefelwasserstoff be-

*) Chem. Beetandtheile der Chinarinden, Brannschweig 1855.

**) Chem. Bestandtheile der Chinarinden, Leipzig 1856. S. 14.36.38. S. 95 und 117.

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Beitrage zur Anatomie der Chinarinden. 242

handelt. In dieser Fliissigkeit trat nach dem Neutralisiren mit Kali auf Zusatz von alkalischem Kupfertartrat eine geringe Ausscheidung von Ihpferoxydul ein. Bei weitem reichlicher fie1 dieselbe jedoch aus, als der Ruckstand jener 7 Grm. Rinde mit Salzslure gekocht und die Losung wie oben angegeben behandelt wurde.

Ein Theil der hier. mitgetheilten Versuche iet in rneinem Laboratorium durch Herrn E d u a r d S ch a r , Cand. Pharm. ausgefiihrt worden.

In der seit dem Schlusse obiger Arbeit ausgegebenen ,,Lehre von der Pflanzenzelle" von Hof- meis t e r%de ich (Seite 203. - Auch Sachs, Experi- mental- Physiologie der Pflanzen, Seite 127 und 128), daas die Structurverhaltnisse der China - Bastrohren schon von Nagel i studirt worden sind. Nach demselben lassen die ,, Bastzellen (Bastrohren) der Chinarinde eine wenig starke schraubenlinige Streifung der aussern Membranschichten, eine weit steilere, jener oft gegenwendige der inneren Schichten erst nach starkerem Aufquellen in Schwefel- saure vollig deutlich erkennen. Risweilen zeigt sich eine scliwacher ausgepragte, jene Streifensysteme kreuzende Streifung in den namlichen Lamellen. Auch Ringstreifen kommen vor, sowohl solche gleicher Neigung ale gekreuzte.

I m gleichen Werke (Seite 165) lesen wir auch die Angabe, dass die Enden der China-Hastzellen nicht selten verzweigt seien. Mag dieselbe von dem so ausserst be- wahrten Beobachter H o fm e i s ter selbst oder von einem andern Botaniker ausgehen, so muss ihr doch wider- sprochen werden. Ich wenigstens habe in iicbten China- rinden nur hochst selten da und dort einmal eine Andeu- tung davon gesehen, dass mitunter eine solche BastzelIe oder Rastrohre den Ansatz eines Doppelendes tragen kann, niemsls aber eine eigentliche Verzweigung aufgefunden.

Nach t rag .

Bern, im November 1866.

Arch.d. Pharm. CLXXX. Bde. 3. Hft. 16