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125 bewirkt, sondern cs eignet sicli auch, wie eingallgs erwthnt mordeii ist, zur Scheidung des Kobalts von Kickel, und wohl von allen anderen Metallen, mit denen es iii einer Auflosiing enthnlten ist, da diese Metalle init der salpetricli- ten Saure entweder keiiie oder cine leichtliisliche Verbin- dung bilden. Dazu koinmt noch, dafs dieses Kobaltsalz, auch von Siitiren und Aininoniak bei rnittlerer Teinperatur kauin angegiffen , aufgelost wird, wodurch, wenn, urn die letzten Spuren Kobalt abzusclieiden , das Filtrat von dem Siederschlng zur Trockne vcrdainpft worden ist, die in dein Ruckstand enthaltenen fremden Metalloxyde, Nickeloxyd elc. leicht davon getreniit werden koiinen. Jedenfalls ver- dieiit es wohl eiiier nahereii Priifung, ob dieses Verfahren, urn Kobalt von Nickel zu trennen, nicht den bisherigen sehr coinplicirten und weitlaufigen an die Seite gesetzt, oder gar vorgezogen zu werden verdiene. Breslau, IS. Febr. 16.1s. XII. Beitriige ziir Ucnntnfs des Kreatins und Kreatinins; oon W: Heintz. I n meinein Aufsatze JBiiber das Kreatin im HarnR ') habe ich nachgewiesen, dafs aus dem krystalliiiischen Absatz, welcher erhalten w i d , wenii Clilorzink zu einem alkoholi- sclien Auszuge von eingedicktem Ham gesetzt ivird, wenn derselbe nach Abscheidung des zugleich gefiillten phosphorr sauren Zinkoxyds init Aminoniak und Schwefelanimoiiium zersetzt wird, Kreatin krystallisirt erhalten werden kann, wahrend in der Mutterlauge neben Saliniak ein Stoff zu- riickbleibt, welcher init Chlorzink einen reichlicheii Nieder- schlag erzeugt. Die Ziisammensetzung dieser Chlorzinkver- bindung lakt sich nach meinen Analysen durch die Forinel C' H7 R3 O2 -i-CIZn darstellen, wlhrend das reine bei 100° I) Diese Aanalen, Bd. 70, S. 466.

Beiträge zur Kenntniss des Kreatins und Kreatinins

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bewirkt, sondern cs eignet sicli auch, wie eingallgs erwthnt mordeii ist, zur Scheidung des Kobalts von Kickel, und wohl von allen anderen Metallen, mit denen es iii einer Auflosiing enthnlten ist, da diese Metalle init der salpetricli- ten Saure entweder keiiie oder cine leichtliisliche Verbin- dung bilden. Dazu koinmt noch, dafs dieses Kobaltsalz, auch von Siitiren und Aininoniak bei rnittlerer Teinperatur kauin angegiffen , aufgelost wird, wodurch, wenn, urn die letzten Spuren Kobalt abzusclieiden , das Filtrat von dem Siederschlng zur Trockne vcrdainpft worden ist, die in dein Ruckstand enthaltenen fremden Metalloxyde, Nickeloxyd elc. leicht davon getreniit werden koiinen. Jedenfalls ver- dieiit es wohl eiiier nahereii Priifung, ob dieses Verfahren, urn Kobalt von Nickel zu trennen, nicht den bisherigen sehr coinplicirten und weitlaufigen an die Seite gesetzt, oder gar vorgezogen zu werden verdiene.

B r e s l a u , IS. Febr. 16.1s.

XII. Beitriige ziir Ucnntnfs des Kreatins und Kreatinins; oon W: H e i n t z .

I n meinein Aufsatze JBiiber das Kreatin im HarnR ') habe ich nachgewiesen, dafs aus dem krystalliiiischen Absatz, welcher erhalten w i d , wenii Clilorzink zu einem alkoholi- sclien Auszuge von eingedicktem Ham gesetzt ivird, wenn derselbe nach Abscheidung des zugleich gefiillten phosphorr sauren Zinkoxyds init Aminoniak und Schwefelanimoiiium zersetzt wird, Kreatin krystallisirt erhalten werden kann, wahrend in der Mutterlauge neben Saliniak ein Stoff zu- riickbleibt, welcher init Chlorzink einen reichlicheii Nieder- schlag erzeugt. Die Ziisammensetzung dieser Chlorzinkver- bindung lakt sich nach meinen Analysen durch die Forinel C' H7 R3 O2 -i-CIZn darstellen, wlhrend das reine bei 100° I ) Diese Aanalen, Bd. 70, S. 466.

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C. getrocknete Kreatiii nach L i e b ig's uiid lneinen Unter- suchungen der Formel c8 H9 N3 0' entsprechend zusam- in en g ese t z t is t.

D a sich 11~11, wie ich in dein erwahnten Aufsatze gc- zeigt habe, wenn Chlorzink zu einer kochcnden Liisulig von Kreatio gesetzt wird, aus der Liisung die Clilorziuik- verbindung abscheidet, SO scliloCs ich daraus, d d s diese ebeil Kreatin enthalte, und daL also die Forinel des hypotheti- schen wnsserfrcien Kreatins Cs $4' R3 0 2 sey.

Dieser Schlufs ist jedoch nicht richtig. L i e b i g I ) hat nsmlich zu deli von mir gefundeiien Thatsachen einige neoe hinzugefugt, welclie meiner Angabe von der Zusainnien- setzung dcr Clilorziiikverbinduig widersprechen. E r hat nachgewiesen, dars wenn die ails dein Harn uninittelbar er- haltene Ciilorziiikverbiiidung init Hleiosydhydrat kochend zersetzt und die filtrirtc Flussigkeit abgedanipft mird, der Riickstaud aus zwei Kiirpern bestelit, dein Kreatin und deni Krcatinin, von denen letztcres sicli voin ersteren in der ZU- sammcnsetzung dadurch unterscheidet, dafs es zwei Atome Wasser wenigcr enthalt.

Die Eigenschaften dieser beidcn Korper sind so abwei- chend, dak , sie niclit init einander verwechselt merden kiin- 11en. Das Kreatinin ist in Wasser und Alkohol vie1 leich- ter liislicli als das Kreatin; jenes reagirt in seiner concen- trirteii Liisu~ig alkalisch, dieses neutral, jenes bildet mit Sau- reii vollkoininen cliarakterisirte Salze, dieses wird durch Einwirkung voii bochendeii SSuren in Kreatinin verwan- delt; jenes giebt in seiner kalten warsrigen LBsung mit Chlor- zillk versetzt sogleich einen reichlichen Niederschlag, indem sich die Chlorzinkverbindung abscheidet , wahrend dieses sich wolil, wcnn es init Chlorzink gekocht wird, damit ver- bindet , dagegen, wenii die Losung desselbeii damit nicht erhitzt, sondern der freiwilligen Verdunstung uberlassen mird, sich als reines Kreatin mieder abscheidet.

Alle diese Angaben vou L i e b i g habe ich zu. bestiti- 1) Journ. fiir pram Cliemie, Bd. 40, S. 288; und hnnal. der Cliemie und

Pharmacie, Bd. GZ, S. 303.

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gel1 Gelegenheit geliabt, und es ist daher der Sclilufs, dafs in der Clilorziiikverbiiidung nicht Kreatiri , sondern Krea- tillin enthalten ist, als unzweifelhaft zu hetrachten. Es han- delt sich daher jetzt nur darum, zu eiitscheideu, moher das Kreatin stammt, melches man. aus der unmittelbar aus dein Harii erhaltenen Clilorziiikverbiiidung darzustellen vermag.

Er niinmt ~ 1 1 ,

dafs im Harn Kreatin und Kreatinin enthalten sey, uud dafs sich also aus dem eingedickten Harn nach Zusatz von Clilorzink die Verbindung dieses Kihpers iiiit Kreatinin ei- ncrseits uiid andererseits Kreatiiikrystalle absondern. Nach ihln ist also der krystallinische NiederschIag, melchen Chlor- zink iin eingedickten Harn hervorbringt, eine Meiigung von Krentiniiichlorzilik und Kreatin, und das aus demselben ab- scheidbare Kreatin ist eben als solches schon darin enthal- ten gcwesen.

Ails clem Verfolg cliescr Arbeit geht jedoch unzweifel- haft hervor, dafs diese Ansicht von L i e b i g unrichtig ist.

Schon ehe scin ~~Krca t in und Kreatinin, Restandtlieile des Harm des Mensclien I ) , betitelter Aufsatz erscliienen war, hatte ich einen Versuch angestellt, dessen Kesultat je- iier seiner Aiisicht offenbar direct widersprach. Dieser Ver- such war folgender:

Etwa 50 Pfuiid Ham murden Zuni Extract eingedampft und der Ruckstand init Alkohol vermischt. So blieb er ei- nige Tage stehen. Darauf wurde filtrirt, und zu dem Filtrat eine alkoholische Liisuug von Chlorzink gesetzt. Der mit Alkohol gut ausgewaschene Niedersclilag wurde init kochen- dem Wasser aiisgezogen, and die filtrirte Losung zur Ab- s ch ei d un g d cs Z i n k s 111 it Ammonia k un d S ch w e fel a rn m on i uin versetzt. Die filtrirte und eingedampfte Fliissigkeit setzte Krystalle von Kreatin ab, welche sich noch verineIirten, weiin Alkohol hinzugefiigt wurde. Die alkoholische Mut- terlauge wurde von Neiiem mit Chlorzinklasung gefallt, uod der ausgewaschene Niederschlag mit Amlnoniak und S&we- felammonium zersetzt. Durch Abdampfen der filtrirten Fliis-

L i e b i g giebt dafur folgende ErlilHruog.

1) Jouro. fiir p a c t . Cliemie, Bd. 40, S. 288.

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sigkeit erhieIt ich wicder Krystalle von Kreatin, und eille Mutterlauge, aus welcher durch Zusatz von Chlorzink ein Niederschlag erhalten wurde, der auf dieselbe Weise lioch einmal behaiidelt von Neuem in Kreatin, und eine durch Chlorzink fallbare Mutterlaugc geschieden werden kotinte. Aiif diese Weise gelang es mir, bei funfinaliger Wieder- holung dieser Operation, stets wieder Kreatin krystallisirt abzuscbeiden, so dab im Ganzen etwa 4,5 Grm. Kreatin gewoancn wurden, wlhrend uur noch etwa 0,25 Grm. der Chlorzinkverbindung aus der letzten Mutterlauge sich ab- sondern liefsen.

Dieser Versuch ergab bei mehrfacher Wiederholung stets dasselbe Resultat. Die dabei befolgte Methode ist zugleich die vortheilhafteste und einfachste zur Darstellung der grofs- ten Mengen Kreatin aus dem Harn. Zur Gewinnung des Kreatinins ist dagegcn iiur die von L i e b i g angegebene Me- thode zur Zersetzung des Clilorzink~iiederscl~lags anw*endbar.

Es geht hieraus deutlich hervor, dafs, da man gezwun- gen ist, in der Clilorziiikverbiiiduii~ nicht Kreatin, soiiderii Kreatinin anzunchmen, die Ansicht von L i e b i g, wonach das aus dem Chlorzinkniederschlage erhaltene Kreatin schou in demselben als solches praexistifi haben soll, unriclitig jst . Denn da bei diesen Versuchen das init Alkohol ver- setzte Harnextract lange Zeit sich selbst iiberlassen geblie- bell war, so hatte das Kreatin Zeit, sich mit den dadurch abgeschiedeuen Salzen zuglcich abzusonderu. Aus der nun filtrirten Liisung konnten sich also hochstens Spuren von Kreatin mit dein gcfallten Kreatininchlorzink gernischt ab- setzen. Es gelang mir aber, aus dem Biederschlage 4,5 Grm. Kreatin zu erhalten, wahrend die letzte Mutterlauge nur noch etwa 0,25 Grin. Kreatininchlorzink lielerte.

Der hieraus nothwendig zu ziehende Schlufs ist, dafs nicht alleiii, wie L i e b i g nachgewiesen hat, aus Kreatin Kreatinin dargestellt werden kann , sondern dals es auch miiglich ist, das Kreatinin zoieder in Kreatin suriickzufuhren.

Um d i e t noch anderweit zu beweisen, ferner, um wo moglich die Umstande zu ermittelu, unter welchen diese

Urn-

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Umwandlung des Kreatinins in Kreatin gelingt, habe ich Versuche angestellt, welche ich in dem Folgenden beschrei- beii will.

Eine neu dargestellte, dorch Umkrystallisiren gereinigte Portion des Chloninkniederschlags wurde durch Kocheu mit Bleioxydhydrat zersetzt, der Niederschlag, nachdem er ~011- stlndig ausgewaschen war, in Salpetersaure gelost, und das Rlei mit Schwefelslure urid Schwefelwasserstoff abgeschie- den. Das Filtrat wurde zuerst ammoniakalisch, und dar- auf mit Essigsaure wieder sauer gemacht. Aus dieser Lo- sung wurde das Zink mit Schwefelwasserstoff als Schwefel- zink vollstandig gef6llt. Der in Salzslure gelaste Nieder- schlag ward init kohlensaurem Natron als kohlensaures Zink- oxyd abgeschieden, welches nach deln Gliihen 1,914 Grm. reines Zinkoryd hinterliefs.

Die Fliissigkeit, welche Kreatin und Kreatiniii enthalten mufste, wurde abgedampft, und aus der concentrirten La- sung durch Alkohol das Kreatin mdglichst vollstandig ab- geschieden. Die Losung, welche neben der ganzeii Menge des Kreatinins nsch etwas Kreatin enthielt , wurde abge- dampft, bei 100° bis l l O o C. getrocknet und gewogen. Der Ruckstand betrug 4,134 Grm.

W e n n man annimmt, die gefundenen 1,914 Grm. Zink- oxyd seyen als Chlonink mit Kreatiuin verbunden gewe- sen, und vou diesem sey nichts in Kreatin umgewandelt worden, so hatte dieser Ruckstand wegen des beigemeng- ten Kreatins mehr als 5,34 Grm. wiegen miissen.

Leider habe ich versaumt, auch die Menge des zugleich erhaltenen reinen Kreatins genau zu bestimmen. Erst nach- dein es einmal umkrystallisirt worden war, also nachdem schoii bedeutender Verlust stattgefundeii hatte, wog ich es, und fand noch sein Gewicht gleich 1, l Grm. Die Summe des so gefundenen Kreatins und Kreatinins ist wegen des erwahnten Verlustes geringer, als der Quantitat Zinkoxyd, welche ich aus dem Chlorzinkiiiederschlage erhalten habe, entsprechen wiirde. Neben den eben erwllinten 1 , l Grm. Kreatin gelang es mir iibrigens durch blofses Krystallisiren

Poggendorfl's Annal. Bd. LXXIV. 9

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aus der wlfsrigen Liisung ails den bei diesem Versuche ge- monnenen 4,134 Grm. Kreatiniii nocll etwa 0,d Grm. Krea- tin abzuscheiden.

Auch die Resultate dieses Versuches sind nicht a n ders zu erkliiren, als durch die Umwandlung eines Theils der organischen Substanz in d e n Chlorzinkniedersclilage in Kreatin.

Das auf die so eben angefubrte Weise erhaltene Krea- tinin benutzte icb iioch zu eiuem andcren Versuche. Icli trocknete es vollkommen und kochte es mit so riel Alko- hol, dafs sich dariu alles aufliiste. Beim Erkalten setzte sich eine grofse Menge Kreatinin naturlich gemengt init ei- ner geringen Menge Kreatin ab. So blieb die Fliissigkeit drei Wochen stehen, um die Abscheidung des Kreatinins miiglichst vollstlndig zu bewirken. Es hatten sich so UII-

gefahr 1,9 Grm. der organischen Substnnz ausgesondert. Die ruckstiindige Mutterlauge, welche also noch etwn

1,s Grm. der organischen Substanz enthalten mu€ste, wurde durch Eindampfen vom Alkohol befreit, mit vielem Wasser verdiinnt und mit etwas Chlorzinklosung versetzt. Es schied sich sehr bald die Chlorzinkverbindung aus. Sie wurde durch Erwslrinen wieder aufgeliist, und die Fliissigkeit mit Bleioxydhydrat gekocht.

Nach erfolgter Zersetzung wurde filtrirt, und die Fliis- sigkeit zur Krystallisation eingedampft. Ich erhielt so deut- lithe Krystalle von Kreatin, deren Gewicht 0,28 Grm. betrug.

Die davon befreite Mutterlaugc wurde nochlnals mit Chlorzinklasung versetzt und von Neuem mit Bleioxydhy- drat gekocht. Aus der fiItrirteo FIiissigkeit setzten sicb nach dem Abdampfen wieder Krystalle von Kreatin ab, welche (420 Grm. wogen.

Um mich zu iiberzeugen, dafs diese Krystalle wirklich &eatin waren, krystallisirte ich sie sorgfaltig urn, wodurch ich sie von allem Kreatinin befreite, und versetzte nun eine concentrirte kalte Lasung derselben mit Chlorzink einerseits und mit Quecksilberchlorid andererseits. In beiden Lhungen entstand kein Niederschlag, und erstere setzte beim freiwil-

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&en Verdunsten Krystalle ab, welche frei von Chlor und Zink , also unverandertes Kreatin waren. Endlich iiber- zeugte ich micli, dafs sie bei einer Temperatur von 100” bis 1100 C. zerfallen, und dabei so vie1 an Gewicht ver- lieren , wie Kreatiukrystalle.

0,1947 Grm. derselben verIoren 40,02 Grm. an Gewicht. Diefs entspricht einem Gehalt an Krystallwasser von 12,33 Proc.

Aufserdem fand ich, dafs diese Krystalle zum monokli- noedrischen Systeme gehoren, und dafs der ebene Winkel der Basis derselben, uiiter welchem die durch die Flachen oc P uud Q) Pa, gebildeten Kanten geneigt sind, 1120 15’ betragt. In eiuem friiheren Aufsatze ‘) habe ich gezeigt, dafs durch Messung dieses Winkels die Kreatinkrystalle sich leicht von denen des Kreatinins unterscheiden lassen.

Man kiinnte mir vorwerfen, dah ich in allen bisher be- schriebenen Versucben mit Kreatinin gearbeitet habe, weI- ches noch Kreatin enthielt. Uin diesen Vorwurf zu ent- kraften, habe ich noch andere Versuche gemacht.

Nach Liebig’s Angabe wird, weun eine Losung von Kreatiu in concentrirter SaIzsaure im Wasserbade bis zur Trockne abgedampft wird , reines salzsaures Kreatinin er- halten, und ich habe diefs durch den folgenden Versuch bestatigt.

0,201 Grm. bei 110” C. getrockneten Kreatius wurden mit concentrirter Salzsaure bis ziir vollstandigen Trockne eingedampft. Es blieben 0,2293 Grm. zuriick. Die Rech- nung verlangt 0,2293 Grm.

Eine grafsere Menge so dargestellten salzsaureu Krea- tinins wurde in zwei Theile getheilt, der eine in mbglichst wenig Alkohol, der andere in mbglichst wenig Wasser ge- lost, und beide Flussigkeiten mit Ammoniak versetzt, bis sie eine schwach alkalische Reaction annahmeu. Aus erste- rer Flussigkeit setzten sich Krystalle ab, welche jedoch nach nochmaligeln Umkrystallisiren nicht dic sebr charalsteristi- sche Form des Kreatins annahmen, auch beim Erwarmen

Die Rechnung verlangt 12,OS Proc.

1 ) Diese Aiinalen, Bd. 53, S. 593. 9 *

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iiicht zerfielen. Sie bestandeli aus Kreatiniii. Aus der Wafs- rigen Lasung sonderten sich dagegen selbst nach Iaiigerer Zeit keine Krystalle ab.

hl le diese Fliissigkeiten, die also kein Kreatin enthiel- ten, wurden mit Alkohol und Chlorzink vermischt, der ent- standcne Niederschlag abfiltrirt , und, iiachdem er mit Al- kohol ausgewaschen war, mit Bleioxydhydrat gekocht. Die abfiltrirte uud eingedampfte Flussigkeit setzte nach dein Er- kalten eine reichliche Quantitat voii Krystallen ab, welche, bis l l O o C. erhitzt, zu einem weifsen Mehl zerfielen, und auch im Uebrigen alle Eigenschaften des Kreatins besafsen. Namentlich fand ich , dafs sie zum moiioklinoedrischen Sy- stem geharten, uud dafs der Winkel, welchen die von dein Prisina CI: P und der Basis gebildeten Kanteu mit der Or- thodiagonale bildeten 112O bis 1 1 2 O 30' betrug.

Eben so gelang es mir, aus chemisch reinem Kreatinin- chlorzink, welches iiach der Analyse 19,22 Proc. Chlor und l7,96 Proc. Ziiik enthielt , eine iiicht unbedeutende Menge Krystalle darzustellen, welehe sammtliehe charakteristischeii Eigenschaften des Kreatius besafsen.

Nach dcm bisher Angefiihrten ist es gewifs, d a t aus der Chlorziiikverbindung des Kreatinins, wenn daraus die or- ganische Substanz abgeschieden wird, nicht reines Kreati- nin erhalten wird, sondern dafs ein Theil derselben un- ter Aufiiahme von vier Atomen Wasser sich in Kreatin um- wandelt.

Es schien mir von Interesse, nachzuweisen, dafs auch aus salzsaurem Kreatinin wieder Kreatin erzeugt werden kdnne, ohne dafs man erst iiathig batte, es in die Chlor- zinkverbindung umzuwandeln. Dab diefs bei Anwendung coiicentrirter wafsriger oder alkoholischer Losungen nicht gelingt, habe ich weiter oben erwahnt. Allein aus einer sehr verdunnten LBsung von salzsaurem Kreatinin, zu der bis zur schwach alkalischen Reaction in der Kalte Ammo- niak gefugt worden war, gelaug es mir nach dem Abdam- pfen Krystalle abzusondern , welche die Krystallform des Kreatins besafsen. Durch Messung unter dem Mikroskope

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ergab sich die GraCse des oft erwahnten Winkels im Mit- tel zu 112" 25'. Die Menge dieser Krystalle war indessen so gering, da€s es mir nicht m6glich war, die Identitat der- selbeii mit dem Kreatin auch auf andere Weise darzuthun.

Deshalb stcllte ich nochmals eine grofsere Quautitat salz- sauren Kreatinins dnr, lilste es in vielem kochenden Was- ser uud uberssttigte die heifse Losung init Ammoniak. Nach dem Abdampfen erhielt ich schiine grofse Krystalle VOII

Kreatinin , aber nur weiiige, sehr kleine Krystallchen, wel- che Kreatin seyn mufsten, weil der Winkel, welchen die Orthodiagonale mit den durch die Flachen o P und Q, P ge- bildeten Kanten bildete nach meinen mittelst des Mikros- kops ausgefuhrteii Messungen 112" bis 113" betrag.

Es gelingt daher wcniger leicht, aus dem Kreatinin Krea- tin zu crzeugen, wenn zu dem Versuche salzsaures Krea- tinin statt der Chlorziiikrerbindung angewendet wird.

Im Uebrigen habe ich die Umsthde, welche namentlich zu dieser Umwandlung beitragen, und die man daher in Anwendung bringen mufs, um mijglichst vie1 Kreatin aus der Chlorzinkverbindung zu erhalten, nicht auszumitteln ver- mocht. Bur glaube ich bemerkt zu haben, dafs urn so mehr dieses Korpers gebildet wird, je mehr die Idsung desscl- ben verdiinnt worden ist.

Da nach diesen Versuchen Kreatin sich erzeugt, wenn der organische Stoff, welcher in der Chiorzinkverbindung enthalten ist, darnus abgeschieden wird, so kann die Frage entstehen, ob das Kreatin im Harn praexistire, oder, ob das daraus gewonneue, aus dem darin vorhandenen Krea- tinin erst durch deu Versuch selbst erzeugt worden sey. Denn die Gegenwart desselben im Harn babe ich und spg- ter auch L i e b i g uur deshalb erschlossen, weil es aus der Chlorzinkverbinduug erhalten werden kann, wenn der dariu enthaltene organische Stoff vom Chlor und Zink befreit wird.

Alle bis jetzt bekaunten Thatsachen lassen sich jedoch auch so erklaren, dafs die durch Chlonink aus dem Harn abgeschiedene Substanz kein Kreatin enthalte, sondern nur

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Kreatininchlorzink, aus welcheni aber bei seiner Zersetzung mittelst Schwefelammonium oder Rleioxydhydrat neben Krea- tinin auch ICreatin erhalteu werden kiinne.

Deshalb habe ich einige Versuche gemacht, um wo mog- lich auf andere Weise die Gegenwart des Kreatins im Harn nachzuweisen .J

Zu dem Ende wurde eine bedeutende Quantitat Harn zur dicken Syrupsconsistenz abgedampft und mit starkem Alkohol geinischt Iangere Zeit in der Kalte stehen gelas- sen. Es bildete sich dadurch ein bedeutender Absatz, der init Alkohol ansgewaschen wurde. Darauf wurde er in Was- scr gelost, und nachdem das darin enthaltene phosphorsaure Natron zum griifsten Theil herauskrystallisirt war, die riick- standige Multerlauge allmalig abgedunstet.

Die nach jedesmaligem Erkalten erhaltenen Krystalle untersuchte ich unter dem Mikroskope, aber ich konnte selbst unter denen, welche in den letzten Tropfen der Mutter- lauge sich absetzten, keinen bemerken, der fur Kreatin hatte gehalten werden konnea. Es war also, obgleich das Krea- tin in Alkohol sehr schwer loslich ist, nichts davon durch Alkohol aus dem Harnextract gefallt worden.

Die alkoholische Liisung des Harnextracts wurde mit Chlorzinklijsung versetzt, und Iangere Zeit in der Kalte sich selbst iiberlassen. Die abgeschiedene Chlorzinkverbii~dung wurde mit Alkohol gewaschen, darauf in Wasser gelost und umkrystallisirt. Zuerst schofs reines, nur noch etwas ge- fsrbtes Kreatininchlorzink an , in der letzten Muttcrlauge dagegen fanden sich einige wenige Krystalle vor, welche ich ihrer Form nach fur Kreatin erkennen zu miissen glaubte. In der That fand sich, dafs der ebene Winkel der Basis dieser zuin monolslinoedrischen System gehiirenden Krystalle, welcher durch die Flachen m P und m Pa, gebildet wird, wie beim Kreatin im Mittel mehrerer Messungen gleich 1 1 2 O 20’ war.

Hieraus glaubte ich zuerst den Schlufs ziehen zu diir- fen, dafs, ungeachtet die bis dahin gefundenen Thatsachen es zweifelhaft gemacht hatten, dennoch neben Kreatinin auch

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Kreatiii im Harii enthalten sey. Dieser Schlui's ist jedoch nicht richtig. Es faud sich namlich, dafs, obglcich der Chlorzinkniederschlag sehr sorgfaltig ausgewaschen wordeii war, in der letzten Mutterlauge neben deli wenigeu Krea- tinkrystallen noch etwas Hariistoff entbalten war, welcher durch Salpeterslure nachgewiesen werden konnte. Es kaiin dalier jeries Kreatin miiglicherweise seinen Ursprung lediglich der Zersetzung einer geringen Menge Kreatininchlorzink mittelst des Ammoniaks zu verdanken gebabt haben, wel- ches sicli beirn Abdampfen der Fliissigkeit aris dem Harn- stoff crzeugt liaben mufste.

Dafiir spricht auch, dafs nicht einzuselien ist, weshalb das iin Chlorzinkniederschlage gefundene Kreatin nicht schou mit den durch Alkohol gefGllten Salzen niedergefallen seyii sollte. Man darf wohl schwerlich auuehmeii, dafs aus der alkoholischen Liisuug das Kreatin leicliter niit dein Krea- tininchlorzink gemengt niederfallc, als mit den erwahuten in Alkohol unliisliclien Salzeii.

Ein zweiter, etwas anders ausgcfiihrter Vcrsucli bestti- tigt jedoch die eberi ausgesprochene Aiisicht voii der Ent- stehungsweise des in deui Chlorziukniederschlage gefunde- lien Kreatius.

Etwa 35 P f u d Haru wurden mit etwas Kalkmilch neu- tralisirt und mittelst ChIorcaIcium von der darin enthalte- lien Phosphorslure befreit. Darauf wurde derselbe bei ge- linder Wlrnie abgedainpft und in der Kalte zur Krystalli- sation hingestellt. Die von den Krystallen abgeprefste Mut- terlauge wurde noch weiter abgedampft und bei einer Tem- peratur voii mehreren Graden unter Null acht Tage lang stehen gelassen. Die dabei sich abscheidenden Krystalle wurden von Neuem abgeprefst, uiid die Mutterlauge noch- inals vorsichtig abgedampft, wieder mehrere Tage der Kalte ausgesetzt, jedoch ohne d a t es gelungen w%re, aus der ganz dicken Masse noch bedeutende Mengen von Krystallen ab- zusondern.

Die so erhaltenen Krystalle bestanden theils aus Koch- salz in Wiirfeln oder OctaBderform, theils aus der Verbin-

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dung von Kochsalz mit Krystallwasser, welche nach F u ch s sich bei strenger Kalte aus einer conceotrirten Kochsalz- losung absetzt. Dagegen koniite bei all~naligem sorgfaltigen Ulnlirystallisiren derselbeu auch selbst in den letzten T'o- pfen der Mutterlauge keine Spur von Kreatinkrystallen mit- telst des Mikroskops entdeckt werden.

Selbst nachdeln ich durch Behaudeln der trocknen Kry- stalle uiit starkem Alkohol alles darin leicht losliche ent- fernt Iiatte, gelang es mir nicht, in dem fast nur aus Koch- salz bestehendeii Riickstande auch nur Spuren davon auf- zuGnden.

Die letztc Miitterlaugc des abgedampften Harns, aus der sich nicht inelir Krystalle abscheiden liefsen, verdunnte ich darauf lnit dein zweifachen Volumen Wasser, und versetzte sie mit einer hinreichenden Mcnge Chlorzinklosung. Den dadurch erhaltenen Niederschlag prefste ich nach einigen Tagen vou der Flussigkeit ab, uud wusch iliu n i t Was- ser aus.

Bci dicsein Versuche koiinte der Chlorzinkiiiederschlag uniniiglich ursprunglich im Harn vorhanden gewesenes Krea- tin enthalten. Denn vor Zusatz des Chlorzinks war die Flussigkeit, aus der sich keine Krystalle mehr absondern lie- €sen, stark vcrdiinnt worden. Es konnten sich daher aus der verdiinnteren Losung nich t Krystalle eines schon ursprunglich im Harn enthalteiien Stoffes aussonderii , wclche Bus der coucentrirteren Losung sich nicht hatten absetzen wollen.

Dennoch wurden iu der lekten Mutterlauge des durch sorgfaltiges Pressen zwischen Fliefspapier gereinigteii Chlor- zinkniederschlags Krystalle erhalten , welche offeiibar Krea- tin waren, da iiicht allein im Allgemeinen ihre Gestalt da- mit iibereinkarn, sondern auch die daran mefsbaren Win- kel denen des Kreatins gleich gefunden wurden.

Es ist klar, dafs diese wenigen Krystalle einer tbeil- weisen Zersetzuug des Kreatininchlorzinks mittelst des aus dem vorhaiidenen Harnstoff beim Abdainpfen gebildeteu Am- moniaks ihren Ursprung zu verdanken haben, und nicht schon im Harn gelisst enthalten waren.

Aus diesen Versuchen geht daher hervor, dafs die Ge-

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genwart des Kreatins im Harn nicht angenoinmeu werden darf, da bis jetzt keiu Versuch dafiir spricht. Dagegen gebe ich gern zu, dafs meine Versuche die Abwesenheit auch der kleinsten Mengeu desselben im Harn nicht beweisen kiinnen. Die Indifferenz dieses Ktirpers gegen Reagentien wird aber wohl die Entscheidung hieruber fur iinmer ver- hindern.

Wahrend L i e b i g neben Kreatinin Krentin als Bestand- theil des frischen Harns annimmt, enthalt nach ihin der gefaulte Harn nur Kreatinin, und kein Kreatin. Diefs schliefst er daraus, dafs es ihm nicht gelungen ist, aus dem Chlor- zinkiiiederschlage, welchen er atis gefaultciii Harn darge- stellt hatte, Kreatin neben Kreatinin zu gcwinnen. Da der Chlorzinkiiiederschlag aus Harn , iiach ineinen Versuclien, kein Kreatin enthalt, andererseits aber aus Kreatiuinchlor- zink Kreatin dargestellt werden kann, so ist wohl der Um- stand, dafs L i e b i g in diesem einen Falle kein Kreatiu hat erhalten kijunen , einer Zufslligkeit zuzuschreiben , welche die Bildung des Kreatins aus dem Kreatininchlorzink ver- hindert hat. Keineswegs aber kann duraus der Schlufs ge- zogen werden, dafs im gefaulten Harn kein Kreatin enthal- ten sey. Da jedoch im frischen Harn es nicht nachgewie- sen werden kann, so ist seine Anwesenheit im gefaulten gewifs nichts weniger als wahrscheinlich.

Nachdem mchgewiesen ist, dafs nicht nur das Kreatin durch Einwirkung der Sauren in Kreatinin iibergefiihrt, son- dern auch umgekehrt aus diesem jenes hergestellt werden kann, liegt es uahe, diese beiden Karper in ihrem chemi- schen Verhalten und ihrem Verhaltnik zu einander mit dem Alkohol und Aether zu vergleichen.

Durch Einwirkung von Sauren und einigen andereu K6r- pern, namentlich Chlorzink , verlert der Alkohol in der Kochhitze Wasser, und wandelt sich in Aether um, der sich eutweder als solcher verfluchtigt, oder sich im Ent- stehungsmoment mit der angewendeten Saure verbindet. Der Alkohol ist durch Einwirkung dieser Stoffe in eine, wenn auch sehr schwache, Base verwandelt worden.

Auf ahnliche Weise erzeugt sich aus dem Kreatin unter

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Abscheiduug von Wasser eine Basis, das Kreatinill, wen11 es mit Saure oder Chlorziuk erhitzt mird. Da dieses aber eine starkere Basis als der Aether uud nicht fluchtig ist, so gescbieht diese Umwandlung stets uuter Bildung von Ver- bindungen desselben mit den angewendeteu Sauren und mit Chlorziuk.

Werden die Verbiiiduugen des Aethers mit Sauren durcli Basen bei Gegenwart YOU Wasser zersetzt , so verbiiidet sich der freigewordene Aetlier wieder niit diesem z ~ i Al- kohol.

Ebeii so wandclt sich wenigstens eiii Theil des Krea- [inins, indein es sich US seinen Verbindungen, nainentlich aus der init Chlorzink, abscheidet, uiiter Aufnahme von Was- ser in das indifferente Kreatin uin.

W i e der Alkohol als das indifferente Hydrat des hetliers betrachtet werden kaiili, SO das Krcatiii als das indiffe- reiite Hydrat des Kreatiuins.

Der Unistand, dafs ein Theil des Kreatinins, wenii es aus seinen Verbindungen ausgeschieden wird, in Kreatiu iibergeht, ist iiiir bei einer Reihe auderer Versuche sehr liiiiderlich gemesen, und er ist es, der die Versuclie dar- uber, ob das Kreatin uud Kreatinin Producte der bei der Muskelcontraction thatigen chernischen Actionen seyen, fur jetzt uum~glich macht.

Zu dieseu Untersuchungen bedarf man zunachst einer a c~euauen Methode, diese Kbrper quantitativ zu bestiinmen. Eine solche fur das Kreatin aufzufinden, ist nicht zu hof- fen, da es, so lange es 110cli unverandert ist, durchaus keine chemisclien Veranderungeu eingeht , und andererseits (lurch Wasser, Alkohol und Aether oder audere L8sungs- mittel, die es nicht verandern, von einer Reihe voii Stof- fen iiicht gesondert werden kann, welche stets in den Mus- keln enthalten siud.

Es wurde jedoch geuugen, wenn man nachweisen kdnnte, dafs das Kreatinin ein bei der Contractiou der Muskelu

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gebildetes Zersetzungsproduct der Muskelsubstanz sey. Es wiirde daraus unmittelbar zu schlieben seyn, dafs auch das Kreatin gleiclien Ursprungs sey.

Da namlich diese beiden Kbrper so leicht in einander iibergefiihrt werden konnen, und in ihrer Zusammensetzung sich so nahe stehen, so darf man wohl annehmen, dafs beide, wenn sie in demselben Organe aufgefuoden werden, Producte der Zersetzung ein und desselben Stoffes sind, und dafs, wenn erwiesen wiirde, dafs der eine derselben bei der Muskelcontraction gebildet wiirde, auch der andere sich dabei erzeu, uen miisse.

Demnach kilnnte man glauben, der vorliegende Zweck miifste erreicht werden ki)nnen, wenn eine Methode gefuu- den werdeii kannte, das Kreatinin allein genau quantitativ zu bestimmen. Wiirde d a m mittelst derselben nachgewie- sen, dafs dieses bei der Muskelcontraction gebildet wiirde, so kbnnte inan mit Sicherheit daraus schliefsen , dafs das Kreatin in den Muskeln denselben Ursprung habe.

Allein da diese beiden Kbrper so leicht in einander uber- gefiihrt werden ktinnen, so ist die Miiglichkeit vorhanden, dafs auch bei den die Muskelthatigkeit begleitenden chemi- schen Veranderangen eine dieser Umanderungen stattfinden mochte. Eine durch die Muskelcontraction veranlafste Ver- mehruiig des Kreatinins in den Muskeln kbnnte daher auch allein in einer Umwandlung des darin enthaltenen Kreatins in Kreatinin ihren Grund haben.

Hiernach blieb mir nichts anderes iibrig, als zu versu- chen, ob es mir gelingen wiirde, das Kreatin in Kreatinin iiberzufuhren und als solches zu bestimmen. Man wiirde dann, urn die wichtige Frage nach dem Ursprunge dieser Kbrper zu entscheiden, die Menge Kreatinin zu bestimmen haben, welche nach Umwandlung des Kreatins in Kreati- nin, in zwei entsprechenden Muskeln desselben Thiers ent- halten sind, von denen man den einen frisch, den anderen, nachdem er auf irgend eine Weise in heftige Contraction versetzt worden ist, zur Untersuchung genommen hat.

Die Methode der Untersuchung, welche ich zu dem Ende

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einschlug, war auf die Unlilsliclikeit des Kreatinincl~lorzinks in Alkohol gegrundet, uiid sollte die Menge des Kreati- nins aus der Quanlitat Clilorsilber berechnet werden, wel- che aus der Aufliisung dieser Verbindung niedergeschlagen werden konnte.

Urn die Genauigkeit derselben zu priifen, verfuhr ich auf folgende Weise:

Eine gewogene Quantitgt bei 110" C. getrockneten rei- nen Kreatins wurde in concentrirter Schwefelsaure aufge- lost, und die Liisung bis 150" C. erhitzt, bei welcher Tern- peratur noch keine Zersetzuog des dadurch gebildeten Krea- tinins eintritt. Darauf ward die Fliissigkeit init Wasser ver- diinnt, mit Ammoniak iiberslttigt und bis fast zur Trockne abgedampft. Der Riickstand wurde in Alkohol geliist, und diese Liisung mit Chlorzink versetzt. Nach einigen Tagen wurde der Niederschlag abfiltrirt, init Alkohol ausgewnschen, wieder in Wasser und etwas Salpetersaure geliist, und die in dieser Liisung enthaltene Menge Chlor auf die bekannte Weise bestimmt.

Die der so gefundenen Menge Chlorsilber entsprechende Qnantitat Kreatin war jedoch bei sechs Versuchen stets vie1 geringer als die angewendete Menge desselben.

Der Kiirze wegeu will ich die Resultate dieser Versu- che nicht mittheilen, da die Griinde, weshalb sie so Bus- fallen mukten, in dem Friiheren eiithalten sind. Eiues Ver- suches nur will ich Erwahnung thun, aus welchem direct hervorgeht , dafs die Ursache der nicht vollkornlneneu Ge- nauigkeit derselben in der That in einer Ruckbildung von etwas Kreatinin in Kreatin zu suchen ist.

0,3133 Grm. bei l l O o C. getrockneten Kreatins wurde init concentrirter Schwefelsaure bis 150" C. erhitzt, die Flus- sigkeit init Wasser verdunnt und mit Barytwasser iibersat- tigt. Der iiberschussige Baryt wurde durch einen Strom von Kolilensaure und nachheriges gelindes Kochen der Flus- sigkeit gefallt. Nachdem der kohlensaure und schwefelsaure Baryt abgesondert wareo, wurde die Fliissigkeit im Was- serbade zur Trockne abgedampft und der Rtickstand mit Alkohol behandell. Er liiste sich grofstentheils auf, aber

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etwas davon blieb ungel8st. Der Ruckstand wurde mit Al- kohol ausgewaschen, in wenig Wasser gelost und der frei- willigen Verduiistung iiberlassen. Es blieben einige kleine Krystallchen zuriick, welche ich tinter den1 Mikroskope durch Messung des oben schon oft erwahnten Winkels als Krea- tin erkannte.

Die alkoholische Liisung wurde mit einer neutralen Lii- sung von Clilorzink versetzt, und das in dem dadurcli er- zeugten Niederschlage enthaltene Clilor als Chlorsilber be- s t i mm t.

Dieh cntspricht 0,3038 Grin. Kreatin. Hiernach inufsten sich 0,0097 Grm. Kreatin bei Abscheidung des Kreatinins aus der Verbindung mit Schwefelsaure wieder gebildet haben, nnd der Verlust betrug also $09 Proc. des angewendeten Kreatins.

Da es mir nicht gelungen ist, diese Scliwierigkeit zu umgehen, uud eine gcnaue Methode der quantitativen Be- stiinmnng der Summe des in den Muskeln enthaltenen Krea- tins und Kreatinins aufzufinden, so habe ich ea fur jetzt aufgeben mjissen, Versuche uber die Ursache der Bildung dieser heideii Korper in den Maskeln anzustellen.

Die in der vorstehenden Arbeit enthaltenen Resultate lassen sich in Folgendem zusammenstellen:

1 ) Nicht alleiii Iafst sich das Kreatin, wie L i e b i g ge- funden hat, in Kreatinin umwandeln, sondern auch umge- kehrt dieses in jenes.

2) Uiese Umwandlung geschieht am besten, aber den- noch immer unvollstlndig, wenn inan das Kreatinin an Chlor- zink bindct, und die organische Substanz aus der LBsung der erbaltenen Verbindung auf irgend eine Weise wieder abscbeidet. Wi rd das Kreatinin aus seinen Verbindungen mit Salzsaure oder Schwefelsaure abgeschieden, so entsteht zwar auch etwas Kreatin, aber nur in sebr geringer Menge.

3) Es scheint, als wenn sich urn so mebr Kreatiu aus der Chlorzinkverbindung erzeugt, je mehr die Lasung der- selben verdunnt wird, ehe man die organische Substanz dar- aus frei macht.

4) Der aus dein Harn erbaltene Cblorzinkniederschlag

Ich erhielt so 0,3325 Grm. Chlorsilber.

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elithalt ursprunglich kein Kreatin, es Iakt sich jedoch dar- aus darstellen.

5 ) Die einfachste Methode aus dein Harn Kreatin in reichlichster Menge zu erhalten, ist die, dafs man die ver- diinnte L&ung der aus denselben gefallten Clilorzinkver- biiidung init Ammoniak und Schwefelaminollium zeisetzt, und aus der filtrirten Fliissigkeit durch Abdampfeli und Zu- satz VOU AlkohoI das Kreatin abscheidet, dafs man den aus der ruckstandigen Mutterlauge gefdlten Chlorzinknieder- schlag von Neuem auf dieselbe Weise mittelst Ammoiliak und Schwefelaininonium in Kreatin und eine alkoholische Mutterlauge scheidet, welche wieder eben so behandelt wird, bis es nicht mehr der Muhe werth ist, die Operation mit dein zuletzt gehllten Chlorzinkniederschlage zu eriieuern. Zur Gewiniiung des Kreatinins ist dagegen nur die von L i e b i g gegebene Vorschrift brauchbar.

6 ) Im normalen ya rn darf das Kreatin nicht als pra- existirend angenommen werden, da es bei den Versuchen, nach welchen man es darin hat nachziiweiseu geglaubt, erst aus dem darin vorhandenen Kreatinin gebildet worden war, und da meine Versuche, es direct im Ham nachzuweisen, ein negatives Resultat esgeben haben.

7) Die Umwandlung des Kreatiuins in Kreatin, wenn es aus seinen Verbindungen abgeschieden wird, macht die Rlethode der quantitativen Bestimmung desselben, welche auf die Unl6slichkeit seiner Chlorzinkverbindung gegriindet ist, wenn es an eine Saure gebunden ist, so uosicher, dafs bis jetzt der Beweis nicht gefuhrt werden kann, dafs die Muskelcontraction Ursache der Bildung dieser K6rper sey.