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284 Fortschritte der Kieferorthop~die Bd. 20 H. 3 (1959) kieferbasisl/~nge, ebenso das yore aufsteigenden Ast zu Kieferk6rper blieb dabei erhalten. Es resulriert daraus ein mehr naeh vorn geriehtetes Waehstum, Ms es die giehtung der Y-Aehse angibt. Die AbstKnde ar -- ss, ar -- sm, ar -- 10gn vergr613erten sieh in typiseher Weise, ebenso verk/irzte sieh die SOG, w/thrend sieh die SUG nieht verKnderte. Die systematisehen Extraktionen der oberen Vierer und unteren 2. Pr~imolaren hatten auf Grund dieser 1Kef~ergebnisse ebentkl]s keinen wesentliehen EinfluB auf das Sch/s und L/~ngenwachstum der Kiefer. Es ist abet eine relative }Vaehstumshemmung im Oberkiefer eingetreten; die Verh/~ltnisse im Alveolar- fortsatz des Unterkiefers l~lieben erhMten. Die Prominenz des Kinns ist deshalb in diesem Falle aueh nieht so ausgepr/igt. Zlisanllnen~assuilg Es wurden Vergleiche zwischen Fernr6ntgenseitbildern system~tischer Extraktionsf~tlle, die zu Beginn der Behandlung und nach etwa 6 Jahren angefertigt wurden, gezogen und lest- gestellt , dub 1. keine untersch~edliehen Ver~nderungen des Wachstums zwischen solcben Patienten bestehen, die ~llein dutch systematische Extrakidonen behandelt und solchen, bei denen zus~tzlich kieferorthop~disehe Apparate angewendet wurden, 2. das allgemeine Waehstum des Seh/~del-Gesiehtsskelettes dutch systematische u extraktionen nicht beeinfluBt wird, 3. sieh die Extraktionsfolgen nieht his auf die Oberkieferbasis oder Unterkieferbasis oder gar da;riiber erstrecken, sondern auf den zahntragenden Kieferknoehen beschr~inkt bleiben. Hier hat es sich gezeigt, d~B das Waehstum der Kiefer im allgemeinen weitergeht. Das Waehstum des Alveolarfortsatzes ist jedoch im Verh~iltnis zur :Basis relativ reduziert. Dies kommt besonders im Unterkiefer durch das st/ii'kere Hervortreten des Kinns gegenfiber dem SupramentMe zum Ausdruck. Ansehrtft d. VerL: HMle/SaNe, Gr. Steinstr, 19 Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich yon Fernriintgen- und Fotostataufnahmen ~) Von Dr. E. SchSnherr, Radebeul Mit 27 Abbildungen In seinem Vortr~g iiber die Bedeutung des Fernr6ntgenbildes ffir die kiefer- orthop~dische Praxis (H~nnover 1954) wies A. !Vf. S c h w a r z darauf hin, dab durch den wechselnden Gelenkstand eine Grundlage der bisher fiblichen fotostatisehen Profilbestimmung ersch/itter~ sei. Der Ohrpunkt der Fotostatik, dessen Verlgg- lichkeit an sich schon dutch die oft hglftenungleiche I-I6henlage des I-Iautporion sehr in Frage gestellt wurde, veriiert naeh A. M. S chwarz durch die Tatsache des Gelenkhoch- und -tiefstandes vollends jede Bereehtigung, noch welter als mag- geblicher Bezugspnnkt zu gelten. 1) Vorbrag, gehMten auf der gemeinsamen wissensehaftlichen Tagung der Dentsehen Arbeitsgemeinschaft zur Erforsehung der Parodontopathien (Arpa) und der Deutschen Ge- selIsehaft fiir Kiefem~bhop/idie am 31. Mai 1958 in Bonn.

Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich von Fernrötgen-und Fotostataufnahmen

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Page 1: Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich von Fernrötgen-und Fotostataufnahmen

284 Fortschritte der Kieferorthop~die Bd. 20 H. 3 (1959)

kieferbasisl/~nge, ebenso das yore aufs te igenden Ast zu Kieferk6rper blieb dabei erhalten. Es resulr ier t daraus ein mehr naeh vorn geriehtetes Waehs tum, Ms es die g i e h t u n g der Y-Aehse angibt .

Die AbstKnde ar -- ss, ar - - sm, ar - - 10gn vergr613erten sieh in typiseher Weise, ebenso verk/irzte sieh die SOG, w/thrend sieh die SUG nieht verKnderte.

Die sys temat i sehen E x t r a k t i o n e n der oberen Vierer u n d u n t e r e n 2. Pr~imolaren h a t t e n auf Grund dieser 1Kef~ergebnisse ebentkl]s ke inen wesent l iehen EinfluB auf das Sch/s u n d L/~ngenwachstum der Kiefer. Es ist abet eine relat ive }Vaehstumshemmung im Oberkiefer e ingetre ten; die Verh/~ltnisse im Alveolar- fortsatz des Unterkiefers l~lieben erhMten. Die P rominenz des K i n n s ist deshalb in diesem Falle aueh n ieh t so ausgepr/igt.

Zlisanllnen~assuilg

Es wurden Vergleiche zwischen Fernr6ntgenseitbildern system~tischer Extraktionsf~tlle, die zu Beginn der Behandlung und nach etwa 6 Jahren angefertigt wurden, gezogen und lest- gestellt , dub

1. keine untersch~edliehen Ver~nderungen des Wachstums zwischen solcben Patienten bestehen, die ~llein dutch systematische Extrakidonen behandelt und solchen, bei denen zus~tzlich kieferorthop~disehe Apparate angewendet wurden,

2. das allgemeine Waehstum des Seh/~del-Gesiehtsskelettes dutch systematische u extraktionen nicht beeinfluBt wird,

3. sieh die Extraktionsfolgen nieht his auf die Oberkieferbasis oder Unterkieferbasis oder gar da;riiber erstrecken, sondern auf den zahntragenden Kieferknoehen beschr~inkt bleiben.

Hier hat es sich gezeigt, d~B das Waehstum der Kiefer im allgemeinen weitergeht. Das Waehstum des Alveolarfortsatzes ist jedoch im Verh~iltnis zur :Basis relativ reduziert. Dies kommt besonders im Unterkiefer durch das st/ii'kere Hervortreten des Kinns gegenfiber dem SupramentMe zum Ausdruck.

Ansehrtft d. VerL: HMle/SaNe, Gr. Steinstr, 19

Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich yon Fernriintgen- und Fotostataufnahmen ~)

Von Dr. E. SchSnherr, Radebeul

Mit 27 Abbildungen

I n seinem Vortr~g iiber die Bedeu tung des Fernr6ntgenbi ldes ffir die kiefer- orthop~dische Praxis (H~nnover 1954) wies A. !Vf. S c h w a r z da rau f hin, dab durch den wechselnden Gelenks tand eine Grundlage der bisher fiblichen fotostat isehen Prof i lbes t immung ersch/itter~ sei. Der Ohrpunk t der Fotos ta t ik , dessen Verlgg- l ichkeit an sich schon dutch die oft hglf tenungleiche I-I6henlage des I-Iautporion sehr in Frage gestell t wurde, veri iert naeh A. M. S c h w a r z durch die Tatsache des Gelenkhoch- u n d -t iefstandes vollends jede Bereehtigung, noch welter als mag- geblicher Bezugspnnkt zu gelten.

1) Vorbrag, gehMten auf der gemeinsamen wissensehaftlichen Tagung der Dentsehen Arbeitsgemeinschaft zur Erforsehung der Parodontopathien (Arpa) und der Deutschen Ge- selIsehaft fiir Kiefem~bhop/idie am 31. Mai 1958 in Bonn.

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E. SehSnherr, Auswertung und Vergleich yon FernrSntgen- und Fotostataufnahmen 285

Nach S c h w a r z gewinnt dadureh d a s FernrSntgenbild noeh die besondere diagnostisehe Bedeutung, den Fotostatbefund zu fiberpriifen and - - naeh seiner Meinung - - in vielen F~llen richtigzustel!en.

Wean ieh dm'eh meinen B~itrag die Bedeutung des Fernr6ntger/bildes ffir die kieferorthop~disehe Praxis auch keineswegs sehm/s m6ehte, ganz im Gegen- teil, ich bin durehaus der 1VIeinung, dag FernrSntgenaufnahmen aueh in der Praxis in grSBerem Umfange als bisher vorgenommen werden sollten, so ist die reale Lage doeh so, da[3 dig FernrSntgenaufnahme - - soweit ieh das fiberblieken kann - - nur in eiaem versehwindend kleinen Prozentsatz zur Diagnostik herangezogen wird. I m wesentlieh grSgerem Umfange werden , ,Fotostataufnahmen" zur Diagnose der Kiefer-Gesiehtsbeziehungen verwendet, wobei allerdings festgestellt werden mug, dab sie im Durehsehnitt nicht den Anforderungen entspreehen, die an eine F0tosta taufnahme gestellt werden.

Der Zweek meines Beitrages sol] nun sein, zu erSi'tern, ob eine MSgliehkeit besteht, Profilaufnahlnen so herzustellen und auszuwerten, dag sie mit dem Fern- rOntgenbefund fibereinstimmen und eine Riehtigstellung des Fotostatbefundes nieht mehr erforderlieh ist, sondern der FernrSntgenbefund uns die I~iehtigkeit des Fotostatbefundes bestgtigt.

Als die Anthropologen 1886 die Ohr-Augen-Ebene zur norma lateralis erhoben, kamen sie zu dieser Wahl auf Grund yon Untersuehungen bei vorwiegend ge- sunden nnd rassem~Big reinen Bev61kerungselementen. Die Wahl dieser Ebene war erfolgt, weil bei der normalen aufreehten Kopfha l tang die Ohr-Augen-Ebene der Erdhorizontalen am meisten yon allen anderen Ebenen parallel ist, dabei b e m e r k t e M a r t i n aber bereits damMs, dag die Forderung, beide Poria und beide Orbitalia in eine Ebene zu bringen, bei den stets vorhandenen, wenn aueh h~ufig leiehten Asymmetr ien des Seh~dels praktiseh undurehftihrbar ist.

Die Anthropologen haben bei der Wahl ihrer Ebene bes t immt nieht an uns Zahn/~rzte gedaeht und daran, dag beim Vorliegen yon Gebig- und Kieferanoma- lien der Ohrpunkt mitbetroffen werden kann and dag die Frankfur ter Ebene gerade deshalb nicht mit der ErdhorizontMen parallel geht. Auf die Bedeutung des I-Ioeh- und Tiefstandes der Ohren and ihre Auswirkung auf dig Profilanalyse ha t bereits A n dr e s e n hingewiesen ohne allerdings die exakten Schlugfolgernngen zu ziehen, wie es A. M. S e h w a r z rut. Leider finder man aueh in dem Lehrbuch yon M a r t i n fiber den Sitz des Ohres und die Lage des ~uBeren Gehgrganges keine ausffihrlichen Angaben.

Aber aueh S im o n, der die Ohr-Augen-Ebene mit zur Grundlage s einer Gnatho- und Fotos ta t ik erhob, bringt in seinem Bueh ,,Grundziige einer systematisehen Diagnostik der GebiBanomalien" fiber das Aufnahmeverfahren bei Fotostataiff- nahmen ausgereehnet zwei Aufnahmen, die zeigen, dag die Frankfur ter Ebene bei der ,,normalen aufreehten Kopfhal tung" durehaus nieht immer horizontal liegt und S i m o n gibt aueh selbst an, dab die wirkliche Orientierung naeh der Frankfur ter I-Iorizontalen erst naeh der fertigen l~ewoduktion erfolgt.

So zeigt seine Aufnahme nieht nut einen tiefliegenden Ohrpunkt, son- dern aueh sehr deutlich, dag sieh der Kopf nieht in der normalen ungezwun- genen, aufreehten Hal tung befindet, sondern leieht nach hinten geneigt ist and dadureh ist der Ohrpunkt noeh tiefer gekommen, als er bei einer normalen Auf- nahme liegen wiirde. Aueh eine weitere Aufnahme zeigt, dab die Frankfur ter Ebene nicht horizontal liegt und der Pat ient sehon jetzt eine leieht gezwungene I-IMt ung einnimmt 1).

1) Die Originalaufnahmen yon S i m o n eignen sieh nieht zur l~eproduktion.

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286 Fortschritte der Kieferorthop~die Bd. 20 H. 3 (1959)

Von K o r k h a u s und H a u s s e r wurde das ursprfingliehe S i m o n s e h e Foto- statverfahren stark kritisiert und verlangt, dab die Frankfurter NorizontMe dureh entspreehende Ger~te bei der IIerstellung yon metriseh auswertbaren Aufnahmen unbedingt einzustellen sei.

Mit der Akzeptierung der S ehwarz sehen Auffassung des -r Ge- lenkstandes, des hoeh- oder tiefsitzenden tIautporion, stehen wir also vor der Tatsaehe, entweder exakte Fotostataufnahmen herzustellen, deren Riehtigkeit bezfiglieh der Pmfilanalyse dureh eine FernrSntgenaufnahme best~tigt werden mug, oder uns eines Aufnahmeverfahrens zu bedienen, bei dem der aufreehten Hal tung des KoI0fes , wie sie die Anthropologen im Sinne hatten, keine leiehte Ge- walt angetan werden muG, mn zu einer den realen Verh~ltnissen entspreehenden Aufnahme zu gelangen.

Abb. 1. Aul~mhmeteehnik znr t Iers telhmg yon Fotostataufnahnien unter Verwendung yon Spiegelreflexkamera 6 • 6 und Fotos ta t s tuh l nach B e e r e n d o n k sowieWandspiegel m i t Fadenkreuz. Abstand Kamera /Objekt 114 cm

In einer Arbeit ,,Uber die Lagebeziehung yon Porion und Kiefergelenk" haben It. und A~j-tAgni"~z auf diese Probleme hingewieseti und vor allem heraus- gestellt, dag die naehtri~gliehe Besehneidnng der Bilder, so wie es yon S i m o n empfohlen wurde, beim Vorliegen eines tiefen oder hohen Ohrpunktes ebenfalls zu diagnostisehen Irr t i imern bei der Bestimmung des Kieferprofilfeldes ffihrt.

Auf Grund der Feststellungen yon A. M. S e h w a r z fiber den Gelenkstand, die sieh mit den Erfahrungen der Praxis durehaus deeken, stelle ieh sehon seit Jahren beim Vorliegen eines tiefen Ohrpunktes den Kopf des Pat ienten nieht mehr im Fotostatgeri~t naeh der Ohr-Augen-Ebene ein. In diesen Fi~llen, der Prozentsatz diirfte sehgtzungsweise bei 30% liegen, wird der Kopf in einer natiirliehen, unge- zwungenen t ta l tung eingestellt, dabei mfissen abet alle anderen Bedingungen ffir eine exakte Aufnahme gegeben sein. d .h. es mfissen alle tbtografisehen Voraus- setzungen, wie yon K o r k h a u s und H a u s s e r angegeben, erf/illt werden. Unter Zuhilfenahme eines der herkSmmliehen Fotostatger~e ( K o r k h a u s , B e e r e n - d o n k , R u d o l p h ) oder der Fotostatbrille naeh K l a m m t werden diese fotogra- fisehen Voraussetzungen am siehersten erfiillt. Ieh ver~ende seit Jahren zusS, tzlieh

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E. Sch6nherr, Auswertung und ~rergleieh von FernrSntgen- und Fotostataufn~hmen 287

noeh einen Spiegel, in den die Kinder bei der Frontalaufnahme sehen, weil dadureh die Orientierung des Kopfes und die Mitarbeit des Kindes in der ungezwungenen, aufreehten Kopfhaltung erleiehter,t wird (Abb. 1).

3{ oo r r e e s, Boston, gibt an, dal~ er seine Patienten bei Fernr6ntgenaufnahmen ebenfalls in einen Spiegel blieken !~gt. Der entseheidende Faktor bei dieser Auf- nahmeteehnik ist nun, dab man sehen mul3, was in dem einzelnen Fall die normale Kopfhaltung ist, wenn die Ohr-Augen-Ebene nieht mit der Erdh0rizontalen bei natiirlieher Kopfhaltung fibereinstimmt. DaJ0ei mSehte ieh nieht unerwghnt lassenl dab es f/it diese Zweeke erforderlieh ist, eine Spiegelreflexkamera mit dem Format 6 x 6 zu verwenden, so wie sie yon K l a m m t empfohlen wurde. Mit einem auf der 5Iattseheibe eingezeiehneten Fadenkreuz erleiehtern wir uns die Einstellung des Kopfes weiterhin.

Die Einzeiehnung unserer Bezugsebenen, der Profilsenkrechten (Fn und Po wie yon A. M. S eh warz angegeben) erfolgt nun im reehten Winkel zum Bildrand, der ja der Erdhorizontalen entsprieht. Die Einzeiehnnng einer Senkreehten zur Po dutch den Orbitalpunkt zeigt uns dann, ob der Ohrpunkt naeh unten oder oben abweieht.. Die Einzeiehnung der Frankfurt~er tIorizontalen eriibrigt sieh, wenn man sieh nieht orientieren will, zu welehen Fehlern die Frofildiagnose gefiihrt h~tte, wenu sie naeh der Frankfurter I-Iorizontalen erfolgt w~re.

An Hand einiger Beispiele soll dies erl~utert werden:

Fall D. K1., 7 Jahre (Abb. 2 bis 6). Es liegt eine Progenie im Milehgebil3 vor (erblieh). Die naeh der Frankfurter

Horizontalen ausgeriehtete:Fotostataufnahme ergibt knappes l~iiekgesieht infolge eines tiefliegenden Ohrpunktes. Die Anfnahmen - - Profil wie en face - - entspre- ehen nieht der natfirliehen, ungezwungenen Kopfhaltung, wie sie dann anf de1; reehten Seite zu sehen sind. Die Profildiagnose : DurehsehnR.tsgesieht, Unterkiefer vor (naeh Br i i ek l Durehsehnittsgesiehlb sehief naeh vorn), stimmt mit dem FernrSntgenbefund und dem klinisehen gerund iiberein. Auf die weiteren dia- gn0stisehen Einzelheiten soll im Rahmen dieses l~eferates nieht eingegangen werden.

Der Arbeit yon A. M. S e h w a r z ,,V~ie der angehendeKieferorthop~tde Gesieht und Sehgdel verstehen lernt" habe ieh den folgenden Fall eines 9jghrigen Mgdehens mit einer eehten Progenie entnommen und naeh meinem Verfahren ausgewertet (Abb. 7 his 10). Zum ersten Bild sagt A. 3/[. S e h w a r z : ,,Der Fotostatbefund ist aueh bier irrefiihrend; dureh den Gelenktiefstand liegt das KPF zu weir vorn, so den wahren Tatbestand verfalsehend; stark iiberhShtes Kieferdi'ittel des Gesiehtes gegeniiber St.irn- und Nasendrittel." In einer anderen Arbeit (,,Der Deekbig", Fortsehr. Kieferorth. It. 4, 1956) bringt A. 3/i S e h w a r z nun eine Aufnahme des- selben M/~dehens ohne Bezugslinien, aus der der Grad der vorliegenden Progenie ohne weiteres ersiehtlieh ist. Die naeh der Frankfurter tIorizontalen naehtriiglieh yon mir eingezeiehneten Linien ergeben denselben irreffihrenden Fotostatbefund wie bei dem dritten Bild, das naehtri~glieh naeh der Frankfurter ttorizontalen besehnitten worden ist. Abb. 7 und 9 stimmen v611ig iiberein und es wird der Ein- druek erweekt, daft die Frankfurter Ebene parallel zur Erdhorizontalen verli~uft. In das Bild 4: habe ieh die Bezugsebenen so eingezeiehnet, wie ieh es handhabe, mit dem Erfolg, dag die Profildiagnose die hoehgradige Klasse I I I 1 Mar zum Aus- druek bringt und wenn die Aufnahme aueh mit dem Fernr6ntgenbefund (Abb. 11) nicht ganz iibereinstimmt, so liegt das aussehlieglieh daran, dab bei der verwen-

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288 Fortschritte der Kieferorthop~die Bd. 20 H. 3 (1959)

Abb. 2 bis 5. t 'at . D. KI., 7 Jahre. Fotostatanfllahmen mit Ausrichtm~g nach tier

Frankfurter t[orizontalen (Abb. 2 und 4)und bei natilr- licher Kopfhaltmlg (Abb. 3

und 5)

Abb. 2 bis 5

deten Aufnahme der Kopf nicht ganz in der nattirlichen Haltnng gewesen ist nnd dadurch das Kieferdrittel zu weir vor die Pn zu liegen kommt.

Fall A.W., 12 Jahre (Abb. 12 bisl4).

Die Fotostataufnahme ist bei un- gezwungener, norma]er, aufrechter Kopfhaltnng vorgenommen worden und die danach eingezeichneten Be- zugslinien ergeben ein gerades Vor- gesieht. Die Einzeiehnurig nach der Frankfurter tIorizontalen (gestriehelt) ergibt, ein Durehsehnittsgesieht naeh hinten schief. Der FernrSntgenbefund deckt sieh mit der Auswertung ohne Beriicksichtigung der Frankfurter t{orizon~alen.

Der Arbeit yon G, S e h m u t h ,,Kephalometrische Befunde bei schie-

Abb, 6. Pat. D. KI., 7 Yahrc. Fernr6nt genaui)lahme besffi- tig~ dc~t ~efund dcr I'rofilauf- nahme bei natiirlicher Kopi:

haltung

,Abb. 6

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E . 8 c h 6 n h e r r , A u s w e r t u n g u n d V e r g l e i c h y o n F e m r S n t g e n - u n d F o t o s t a t a u f n a h m e n 2 8 9

fen l%fickgesichtern" ist die Abb: 15 entnommen: Well die Aufnahme der wahren norma lateralis entspricht, wurden entsprechend Pn nnd Po Mngezeichnet. ~V/ih- rend die Pn erst dutch das SubnasM 9 ging, liegt das Subnasale bei meiner Aus- wertung vor der Pn und der Befund deckt sich vS]lig mit dem Fei'nrSntgenbefund yon S c h m u t h .

Abb. 7 Abb. 8

Abb. 9 Abb. 10 Abb. 7 his 10. AuIhahmen arts A. ~I. Schwarz ,,Wie der angehende Xieferorthop~tde". Erliiuterungen siehe Text

Die Zahl analoger Fglle mit tiefliegendem Ohrpunkt, der nieht unbedi~gt identisch sein muB mit Gelenktiefstand, kSnnte noch an sehr vielen Fi*l]en unter Beweis gestellt werden. Aus meinem nmfangreichen Material kann ich keh~en einzigen Fall zeigen, wo sieh beim Vorliegen eincs hohen Ohrpunktes lind eiiles

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290 FortschI4tte der Kieferorthops Bd. 20 H. 3 ~t959)

Getenkhoehstandes beim Vergleieh yon Fotostat- und Fernr6ntgenaufnahme solche Untersehiede bei der Profllanalyse ergeben hgtten, wie bei den Fgllen mit tief- liegendem Ohrpunkt. In allen diesen Fgllen war aber aueh die Frankfurter I-Iori- zontale identiseh mit der normalen, aufreehten Kopfhaltung.

Da Brf iekl . der sieh in der letz~en Zeit besonders um die Klgrung der Profil- analyse und um die Einlagerungsm6gliehkeiten des Gebisses im Sehgdel in Zn_ sammenarbeit mit A. M. S e h w a r z bemiihte, nun in einer Arbeit vorgesehlagen

Abb. 11. Fe rn r6n tgenbef lmd aus A. ) i . S c h w a r z zum F a l l Abb. 7 b~s 10

hat., bei der Auswertung des Profilbildes nieh~ das Subnasale und die Oberlippe, sondern die Nasenflfigel als Bezugspunkte zu berfieksiehtigen, soll dazu noeh kurz Stethng genommen werden.

Naeh Auffassung yon Brf iek l kann der Nasenflfigel dureh eine Dysgnathie komm noeh beeinflugt warden, augerdem ist die Weiehteildieke viel geringer als am Subnasale u n d an der 0berlippe. Da der Nasenfltigel aul3erdem wesentlieh n~ther an der Ohr-Augen-Ebene liegt als Oberlippe, Unterlippe und Kinn, werden naeh Br fiekls Meinung selbst bei einem stfi.rkeren Gelenkhoeh- oder -tiefstand die yon der NS aus gefi~llten Pn und Po am Nasenfltigel nieht so stark yon einer Ab- weiehung betroffen wie z. B. in der HShe des Kinns.

IVenn ieh mir aueh fiber die Brf ieklsehe Beweisffihrung kein Urteil erlauben kann, da ieh sein Verfahren niebt naehpriifen konnte, so habe ieh auf andere Weise Yersueht, die Beziehungen "con Sn und Nasenflfigel zu kl/~ren.

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E. SchSnherr, Auswertung und Vergleich yon Femr6ntgen- und Fotosgeta.ufn~hmen 29].

I n 63 F/~llen wurden bet FernrSntgen~ufnahmen die Nasenfltigel mit einer Bleischablone markier t und die Auswertung ergab, dab Nasenfltigel und Sn sich in ihren Beziehungen zu Pn und Po durehaus fibereinsthnmend verhielten, nnge-

A1 b. 12 Abb. 13

Abb,12 lind lg . Fal l AI. W., 12 ;h~hre. Tiet~r Bil:r I~llasse I. Auh~ahme bet nat t i r l ieher ]Kopfhaltqng und eingezeieh- neten Profi l l inien; gestr iehel te Linten ergeben de~ falschel~. P rof i lve r lauf luu~h der F r a n k f u r t e r t Ior izonta len

k b b . 14 Abt). ].5

Abb. 14:. Ferm'6a[gct lbefnnd vo~ Fall A1. W. bestli~t]~ Prof] lanalyse: gerades u Abb. 15. Aus Arbe i t yon G. S e h m u t h. Die sehwiieherea Linien Pn m~d Po s ind nachtr~iglieh yon m i r eilJgozeichnet

wordeu. Wei te re Er l~utermlgen siehe Text

achget tier Weichteildicke. die anl3erordentlich nnterschiedlich war. Bet Durch- schnibtsgesiehtern lag der Nasenfliigel in der Mitre des Kieferprofilt~ldes. bet V o f gesichtern in der Nahe der Pn und bet gfiekgesiehtern in der N~he der Po. Dabei mug betont werden, dab bet der Auswertnng der FernrSntgenaufnahmen na.eh

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292 Fortsehritte der Kieferorthopadie Bd. 20 H. 3 (1959)

A. M. S c k w a r z nicht nur bei Vorgesichtern die Weiehteildicke sn-A weir fiber dem Durehsehnitt lag, sondern aueh bei Rfiekgesichtern bei Kindern yon 12 bis

Abb. 16 A])b. 17 Abb. 16 bis 18. Fall K1. Da. , 10 Jahre . Deekbig , Klasse II~. Er l / iu ternngen siehe Tex t

Abb. 18

1~ Jahren die VVeiehteildieke yon sn-A im Durchschnitt gr613er war als ~ngegeben wird und in versehiede- hen F/illen 16, 17 und sogar 18 mm betrug.

An zwei F~llen m6eht.e ieh dies kurz erl~utern :

Die Fotostatbilder Wurden in der norma lateralis aufgenommen. Im ersten Fall stimmt sie mit der Frank- Abb. 19. Fall X1. D~., 10 Jahre. FernrSntgenaufa~hme

z~l Abb. 16 his 18 fur~er ttorizontMen nieht fiberein, im zweiteaa Fall entspricht die Frankfurger ttorizontMe der natfirliehen Kopfhaltnng.

Fall K1. Da., 10 Jahre (Abb. 16 his 19). Deekbig, KlasselI2, Durchschnittsgesieht nach hinten sehief, Nasenfliiget

verlguft in der Mitte des KPF; Weieh~eildieke sn-A 16mm - - in Anbetraeht des Alters weir fiber dem Durehsehnitt.

Page 10: Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich von Fernrötgen-und Fotostataufnahmen

E. SchSnherr, Auswertung und Vergleich yon Fel~r6ntgen- und Fotostataufnahmen 293

Die Auswertung der Fernr6ntgenaufnahme s t immt iiberein mit der Profil- analyse naeh der Fotostataufnahme in ~atiirlieher KolofbMhmg. Der Nasenflfigel

Abb. 20 Abb. 21

Abb. ~0 bis 22. Fal l H. La., 10 J-ahre. Klasse I , t iel~r BiB m i t l i ickiger Prot rus ion. Weitere Erl/i,u te rungen siehe Tex~

Abb, 0-2

liegt trotz der iiberdurehsohnitt- lichen ~Teichteildicke genau in der M~tte des KPF. Wenn Pn und Po nueh der Frankfur ter IeIorizontalen eingezeichne~ wgren, kgme der ~Tasenfliigel wesentlieh ngher an die t)o. Auf Grund des ~asenili~- Abb. 23. Fall 1~. La., l0 3ahre. FernrSn~genaufnahme gels mfil3te die Diagnose lauten: Riickgesicht, wghrend tier klinisehe 13efund und der Fernr6ntgenbefund ein Durehsehnittsgesieht ergeben, obwohl der FaziMwinkel mig 810 eine P~etro- Position angibt.

Fall H. La., 10 Jahre (Abb. 20 his 23). Klasse t , tiefer BiG, lflckige Protrusion hn Oberkiefer, 5iiBverh~ltnis yon

Sehneidezahnbreiten und Oberkieferbreite; Vorgesicht nach binten schief, >Tasen- fliigel verlifuft im vorderen Tel1 des KPF.

Page 11: Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich von Fernrötgen-und Fotostataufnahmen

294 t%rtschri~te der Kieferorthop~die Bd: 20. H, 3 (1959)

Trotz der iiberdurehschnittlichen Weichteildieke Yon 16 mm entsprechen Sn mid Nasenfliigel einem Vorgesieht und auch die FernrSntgenaufnahme (Abb. 23)

Abb. 24 Abb. 25

Abl). 24 bis 26. Fal l 3L L., 10 Jahre . Turricephalie, offei~er Big . Fo tos t a tbe fund : Yorges icht n a c h h i n t e n sch ie f

Abb. 2,6

best/~tigt den Befund der Foto- stataufnahme.

Auf Grund meiner Unter- suehungen bin ieh der Meinung, dag Nasenfliigel und Subnasale sieh kongruent verhalten und dab bei der Auswertung des Profils naeh der Frankfurter Horizon~a- len die Lage des Ohrpunktes zur riehtigen oder fMsehen Profildia- gnose fiihrt. Br t i ek l ist insofern zuzustimmen, dag die yon der NS und yon der Fr~nkfurter Abb. 27. FM1 N, L., 10 J ah re . Fernr6ntge~lbefund z:: tIorizontalen gefillten versehie- Abb. 24 bts 26.: t l [ ickgesicht naeh hh i t en sch%f

denen Profillinien am Nasenflfigel noch nieht so stark voneinander abweiehen wie am Kinn.

Page 12: Beitrag zur Auswertung und zum Vergleich von Fernrötgen-und Fotostataufnahmen

~E. SehSnherr, Auswertung und Vergleich yon FernrSnggen- und Fotostataufnahmen 295

Meines Erachtens dfirfte es abet zweckm~tgiger sein. bei der Profilanalyse. insbesondere bei tiefliegendem Ohrpunk~.die Profilsenkreehten unabh~ngig yon der Ohr-Augen-Ebene zu ziehen, so wJe ~cti es angegeben habe.

Bei der Beurteflung einer grogen Zah] nach A.M. S e h w a r z ausgewer~e~er FernrSntgenaufnahmen und ihrem Vergleieh mit Fotostatauihahmen bei unge- zwungener, nattirlicher Kopfhaltung stimmte die Profilanaly.se in dem grSBten Tefl der F~lle iiberein. In den selr, eneia FglIen. bei denen keine Ubereins~immung be- s~and, lagen nieh~ nur eine GebiganomMie, sondern aueh eine Deibrmierung des ganzen Sehgdels vor. Es handelt sieh dabei um Krankheitsbilder. wie sie yon K o r k h a u s in seiner Arbeig ,,Entwieklungsst6rungen des Oberkiefers und des Mittelgesiehts" besehrieben wurden.

An einem Fall yon Turmseh~tdel soll die Diskrep~.nz der Profilanalyse auf Grund yon FernrSntgenaufnahme und Fotostataufnahme zur Diskussion gestellt werden:

Fall M. L., 10 Jahre (Abb. 24 bis 27). TurrioephaHe, oftener BiB, Oberkiefer hypoplastisch, Unterkiefer normate

Werte in der Transversalen. Fotostatau~hahme: Vorgesieht nach hinten schief (Fete entspricht annghernd der norma lateralis). Im Gegensatz zur Fotostat- aufnahme, die ein deutliches Vorgesicht aufweist, ergibt die Auswertung der Fern: rSntgenaufnahme (Abb. 27) ein Riickgesieht grSItten AusmaBes und stimm{ nicht mit dem klinischen Befund fiberein. Der steile Verlauf der NS ist zweifellos eine Folge der vorliegenden Sch~deldeformation and die danaeh durehgefiihrte Profil- analyse mug bei derartigen Migbildungen zu nicht realen Ergebnissen fiihren. Der Fotostatbefund bei natfir!icher Kopfhattung ohne Berf~cksich{igung des Ohr- punktes gibt dagegen das vorhandene Ist-Profil wieder und wird auch dutch eine FernrSntgenauthahmel die naeh der Bostoner Senkreehten (M o o r r e e s ) orientiert ist, bestgtigt.

Ztmammen[assung

Der Zweck meiIles Rei'era~es war, zu zeigen, dM~ Fotost:ataufn~hmen bei n~tfirlieher Kopfhaltung ohr~e Ber~icksichtigung des Ohrpunk~es zu einer einw,~ndfreien Profildiagnose ffihren. Die Profildiagnose dieser Fotostataufnahmen stimmt n~cht nur mit dem klinischen Befund, sondera aueh mit der Auswer~ung (its Fernr6n%genbefimdes linch A. ~i. S ehwa.rz - - mit Ausnahme der F~lle yon Sch~delmil3bildm~gen- iiberein.

Fiir die kieferorthop~dische Praxis scheint es besonders beachtenswert, zu sein, dag meh~e Ausfiihrungen lind Vorschlgge weitgehend mit denen yon ~[oorrees ' in seinem Refera% fiber ,NaturM Head Position, a ba.sic consideration in the interpretation of cepha]ometric radio- gr~phy '~ iibereinstimme~x und somit bereits ei~e gewisse Best~tigung gefunden h~ben.

Anschrift d. VerL : t~adebeul, St~Hnstr. 71

Fortschritte der Kieferorthop~idle Bd. 20 H. 3 20