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W. Klemm. Bemerkung zur Systematik der seltenen Eden 321 Bemerkung zur Systematik der seltenen Erden Von WILHELM KLEMM 1. Vor 2 Jahren hat der Verfasserl) gezeigt, daB das von HUND~) zur Erklarung des Magnetismus der Ionen der seltenen Erden gegebene Schema fur die Bahn- und Spinmomente der 4f-Elektronen auch das Buftreten anormaler Wertigkeiten und den Gang der Farben er- kliirt. Diese Eigenschaften fuhren zu folgendem Schema, in dem La+++, Gd+++ und Cp+++ ebenso bevorzugte Stellen einnehmen, wie die Edelgase im periodisehen System aller Elemente : 1 - Tb+++ Dy+++ ......... Yb+++ 1 - Ce+++ Pr+++ ......... ~u+++ IGd+++l G. EITDRES~) hat kurzlich Messungen der Loslichkeitsprodukte von Y-, La-, Pr-, Nd-, Sm-, Gd- und Dy-Hydroxyd durchgefuhrt und gefunden, da13 ,,zwischen Ionenradius und Basizitat ein paral- leler Gang besteht". Am SchluS seiner Mitteilung geht ENDRES auch lrurz auf die Einteilung der seltenen Erden ein. Indem er nam- lich das eben genannte Ergebnis auch auf diejenigen Erden iiber- tragt, deren Basizitat er noch nicht gemessen hat, kommt er auf Grund der Rsdienwerte zu folgender Einteilung der seltenen Erden nach ihren Basizitaten: Cererden Keodynierden (Ce, Pr, Nd, 61) Gadolinerden (Sm, Eu, Gd) Erbinerden (Tb, Dy, Ho, Er, Tu) Ytterbinerden (Yb, Cp). Yttererden { Diese ,,basische" Rinteilung ist mit der vom Verfssxer gegebenen Systematik insofern im Einklang, als in beiden FLlIen eine Ein- teilung in Ce+++ bis Gd+++ einerseits, Tb+++bis Cp+++ andererseits vorgeschlagen wird. Hier bietet also die Eintdung von EXDRES in bezug auf das Hrgebnis nichts Neues, sondern nur eine weitere Be- griindung. Die weitere Unterteilung von ENDRES geht hingegen uber die Systematik des Verfassers hinaus. Es ist daher einmal die l) w. I(LERfJf, Z. anorg. u. aug. Chem. 184 (1929), 345; 187 (1930), 29. 2, F. HCXD, Z. Phyeik 33 (1925), 855. ") G. ENDBES, Z. anorg. u. allg. Chem. 205 (1932), 321. 2. anorg. u. allg. Chem. Ed. 209. 21

Bemerkung zur Systematik der seltenen Erden

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W. Klemm. Bemerkung zur Systematik der seltenen Eden 321

Bemerkung zur Systematik der seltenen Erden Von WILHELM KLEMM

1. Vor 2 Jahren hat der Verfasserl) gezeigt, daB das von HUND~) zur Erklarung des Magnetismus der Ionen der seltenen Erden gegebene Schema fur die Bahn- und Spinmomente der 4f-Elektronen auch das Buftreten anormaler Wertigkeiten und den Gang der Farben er- kliirt. Diese Eigenschaften fuhren zu folgendem Schema, in dem La+++, Gd+++ und Cp+++ ebenso bevorzugte Stellen einnehmen, wie die Edelgase im periodisehen System aller Elemente :

1-

Tb+++ Dy+++ . . . . . . . . . Yb+++ 1- Ce+++ Pr+++ . . . . . . . . . ~ u + + + IGd+++l

G. EITDRES~) hat kurzlich Messungen der Loslichkeitsprodukte von Y-, La-, Pr-, Nd-, Sm-, Gd- und Dy-Hydroxyd durchgefuhrt und gefunden, da13 ,,zwischen Ionenradius und Basizitat ein paral- leler Gang besteht". Am SchluS seiner Mitteilung geht ENDRES auch lrurz auf die Einteilung der seltenen Erden ein. Indem er nam- lich das eben genannte Ergebnis auch auf diejenigen Erden iiber- tragt, deren Basizitat er noch nicht gemessen hat, kommt er auf Grund der Rsdienwerte zu folgender Einteilung der seltenen Erden nach ihren Basizitaten:

Cererden Keodynierden (Ce, Pr, Nd, 61) Gadolinerden (Sm, Eu, Gd) Erbinerden (Tb, Dy, Ho, Er, Tu) Ytterbinerden (Yb, Cp). Y t t e r e r d e n {

Diese ,,basische" Rinteilung ist mit der vom Verfssxer gegebenen Systematik insofern im Einklang, als in beiden FLlIen eine Ein- teilung in Ce+++ bis Gd+++ einerseits, Tb+++ bis Cp+++ andererseits vorgeschlagen wird. Hier bietet also die Ein tdung von EXDRES in bezug auf das Hrgebnis nichts Neues, sondern nur eine weitere Be- griindung. Die weitere Unterteilung von ENDRES geht hingegen uber die Systematik des Verfassers hinaus. Es ist daher einmal die

l) w. I(LERfJf, Z. anorg. u. aug. Chem. 184 (1929), 345; 187 (1930), 29. 2, F. HCXD, Z. Phyeik 33 (1925), 855. ") G. ENDBES, Z. anorg. u. allg. Chem. 205 (1932), 321.

2. anorg. u. allg. Chem. Ed. 209. 21

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Frage zu stellen, wie weit diese Unterteilung als gesichert anzusehen ist; zum anderen ist zu erortern, ob sie nur fiir Iononradien und Basizitaten gilt oder auch fiir andere Eigenschaften.

2. Die Vorfrage, wie weit die Einteilung von ENDRES als ge- sichert gelten Iiann, sei hier nur ganz kurz erortert. Man konnte es immerhin als fraglich bezeichnen, ob die vorliegenden Dichtebestim- mungen wirklich so genau sind, da13 man alle Sbweichungen von eineni gletten Verhuf - die meist nur wenige Zehntel Prozente aus- machen! - als gesichert betrachten darf.l) Es ist jedoch anau- erkennen, daR die Feinheiten des Ganges bei den hier in erster Ljnie in Frage lrommenden Messungen von GOLDSCIIMIDT an Oxyden und von VON HEVESY an Sulfat-Oktohydraten einen weitgehentl parallelen und mit den Basizitatsmessungen von ENDRES symbat'en Verlauf aeigen, so daB sie sich gegenseitig stutzcn. S l s endgultig bewiesen wird man die Eint'eilung von ENDRES aber erst dann ansehen konnen, wenn durch zuverlassige Basizitatsmessungen fur a l l e Erden und durch Prazisionsdichtebes6im~u~~en fiir moglichst vide Ver- bindungstypen die experimentelle Grundlage vorbreitert ist. Nicht zum Susdruck kommt bei FNDRES die relativ groBe Differenz in den Molraumen von Ce- und Pr-Verbindungen ; ferner ist die Zuteilung des Elements 61 zu den Neodymerden natiirlicli willkurlich.

3. Die wesentlich wichtigere Frage ist die, ob die Einteilung von EKDRES auch die per iodiachen Rigenschaften der seltenen Erden - Wertigkeit, Magnetismus uncl Farbc - wiedergibt. Ware dies der Fall, so w8re die Spstematik des Verfassers zu erweitern; sollte es jedoch nicht zutreffen, SO bliebe die Einteilung von ENDRES auf Ionciiradicn iind Baizitiiten beschrankt.

Vor der Erorterung dieser Frage sei auf einen wesentlichen Unter- schied zwischen der Einteilung von ENDRES und der Systematik des Verfassers hingewiesen. Nach ENDRES finden sich in jeder Gruppe (bzw. Untergruppe) in loezug auf' Ionenradien und Basizitaten sehr 82inli ch e Vertreter, wahrend sich diese Eigenschaften beim Uber- gang von einer Gruppe zur anderen ziemlich s p r u n g h a f t andern. Der Verfasser hingegen ist davon ausgegangen, daB La+++, Gd+++ und Cp-i--t+ besonders stabile Elektronenkonfigurationen hilden, die durch S-Terme und Farblosigkeit ausgezeichnet sind und denen die Nachbarelemente durch Bildung 2- und 4wertiger Verbindungen zu- streben. Die ubergange sind him durchweg a l lma hlich. _ _ ~

1) In den auf lo/,, abgerundeten Radienwerten von GOLDSCHMIDT driicken sich die Feinheiten, auf die es hier ankommt,, zuin groI3en Teil nicht mehr nus!

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Schon diese Gegcnuberstellung zeigt, daB die von .ENDRES auf Grund von Ionenradien und Basizitaten aufgestellte EinteiIung nicht ohne weiteres fur die periodischen Eigenschaften gelten kann, weil diese sich n i c h t s p r u n g h a f t andern. ENDRES glanbt zwar, daB die periodischen Eigenschaften mit seiner Einteilung vereinbar sind ; seine Brgumente scheinen aber nicht, hinreichend beweiskraftig :

a> Wer t igke i t . Der Verfasser hatte darauf hingewiesen, daB der Beginn der H a u p t g r u p p endurch das Auftretenvierw e r t i g e r Verbin- dungen ausgezeichnet ist,. ENDRES sucht in analoger Weise die ,,Neb en - casuren" zwischen 61 und Sm bzw. zwischen Tu undYb durch das Auf- treten zweiwer t iger Verbindungen bei Sm und Yb zu stutzen. Wun ist aber - bei einer Betrachtung mit fortschreitender Ordnungszahl- eindeutig nur der -4nfang des Auftretens vierwertiger und der E n d - p u n k t des huftretens zweiwertiger Verbindungen festzustellen. Der Anfang des Auftretens zweiwertiger Verbindungen ist dagegen nicht so ohm weiteres festzulegen ; er hangt vielmehr ganz von den Reduktions- bedingungen und vom Anion ab. Zudem fehlen gerade beim Tu, dessen Verhalten fiir diese Frage von besonderer Bedeutung ware, bisher R,eduktionsversuche. Nan muB es daher durchaus als fraglich be- zeichnen, ob zwischen dem Auftreten zweiwertiger Verbindungen und den Unterteilungen nach ENDRES ein Zusammenhang besteht.

b) Magnet i smus . Bezuglich des Magnetismus kann ENDRES zugunsten seiner Einteilung anfuhren, daB die Maxima des Para- magnetismus bei beiden Hauptgruppen in der ersten Nebengruppe liegen. Das ist gewiB richtig, kann jedoch kaum als Argument fcir die Berechtjgung der Nebencasuren angesehen werden. Auf diese Ii'rago sei etwas ausfuhrlicher eingegangen, da bei miindlichen Unter- haltungen gelegentlich behanptet worden ist, der Verlauf des Magne- tismus sei mit der Systematik des Verfassers nicht im Einklang.

Den Paramagnetismus der Ionen der seltenen Erden erklart man nach HUND in guter Obereinstimrnung mit dem Experiment bekanntlich so, daB die Gesamt-Bahn- und - Spinmomente ( E g e s . bzw. sges.) der einzelnen Elektronenkonfigurationen ein Gesamtmoment j ergeben, das in der ersten Halfte gleich lgc,. - sges., in der zweiten gleich Iges .+ sges. ist. Wiihrend der Verlauf von j , der den wirkhh gemessenen Werten entspricht, etwas unubersichtIich ist, ist der der primaren GroBen b,,,. und sges. sehr einfach. Die nachstehende Tabelle zeigt deutlich die Sonder s t e l lung von La+++ und Cp+++ (Xinima von Zges. und sges) sowie von Gd+++ (Minimum von I g e s . und Maximum van sges,), wie es der Systematik des Verfassers ent,spricht.

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~ p , ~ . l ( ~ ( 3 1 5 ! 6 j 6 1 5 ~ 3 j I ~ I I I 3 / 5 ! 6 1 6 ~ ~ ) 3 1 ~ ~ ; _ _ /I 13 1 1/2 1</2 1 3/2 , 4/2 I 512 1 6/2 1 17/21 11 6/2 I 5/2 ~ 4 / T 3 / 2 1 2/2 I 1/2 ' @ I

f )I 0 1 5/2 1 8/2 I 9/2 rS/2 I 5/2 1 0 1 7/2 1112/2 115/2 I16/2 115/2 j12/2 I 7/2 ~ 0 11 %8.

- nsch ENDRES - HauptcSisur - Nebencisur}

Umrandete Zahlen: Ausgezeichnete Konfigurationen nach dem Verfasser

Mit der H a u p t c a s u r der Einteilung von ENDRWS ist die Sonder- stellung von Gd+++ vertraglich, wenn man auch nicht sagen kann, daB sich in brsug auf den Magnetismus Eu+++ und Gd+++ ahnlicher sind als Gd+++ und Tb++, wie es dem Sinn der Einteilung von ENDRES eigentlich entsprechen wurde. Bei den Nebencasu ren hingegen, d. h. bei 61+++ (baw. Nd+++) und Tu+' 1 , findet sich im magnetischen Verhalten nicht die geringste Besonderheit.

Die Farbe der Ionen der seltenen Erden ist eine theoretisch noch menig gelilarte Eigenschaft, so daB ihr weniger Gewicht beizumessen ist als Wertigkeit und Magnetismus. ENDRES vertritt die Ansicht, daB seine Einteilung den Verlauf der Farben wiedergibt, indem die Neodyrn- und Erbinerden gefarbt, die Gadolin- und Ytterbinerden farblos seien. Das ist zwar in der Hauptsache richtig, stimint aber nicht clurchgehend; denn die Cr(3)- und Tb(3)- Verbindungen sind farblos, wiihrend die Sm(3)-Verbindungen deut- lich, wenn auch schwach, gefiirbt sind. Das Charakteristische ist rben nicht ein Entweder - Oder (gefarbt oder farblos), sondern vielmchr cine Haufung der farbloscn Verbindungen bei La, Gd, Cp und ihren Nachbarelementen.

4. Zusammenfassend kmn man also sagen, daB die Ein- teilung von RNDRES, soweit die bei ihm neuartigen Nebencasuren in Frage kommen, dem Verlauf von Wertigkeit, Magnetismus und Farbe nicht in befriedigender Wcise gerecht wird. Sie gilt vielmehr nur fur Basizitaien ixnd Ionenradien. Es lirgt daher auch kein Grund vor, die fruher vom Verfasser gegebene Systematih zu erwcitern. Die Frage, welche Grunde die Feinheitrn im Vcrlauf von Ionenradien und Basizitaten bedingen, ist noch offen; ihreBeantwort ung kanii wohl auch znruckgestellt werden, bis weiteres experimentelles Material vorliegt.

Hammover, Technische Hochschule, Institut fu,r anoryanische

c) Fa rbe .

Clzemie. Bei der Redaktion eingegangen am 12. Oktober 1932.