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TU Bergakademie Freiberg Institut für Elektrotechnik Berechnung magnetischer Kreise mit Permanentmagneten Skriptum für Nichtelektrotechniker Verfasser: Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert Datum: Januar 2008

Berechnung magnetischer Kreise mit Permanentmagneten · TU BAF, Inst. f. Elektrotechnik Prof. Beckert 3 Berechnung magnetischer Kreise mit Permanentmagneten Exemplarisch soll der

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TU Bergakademie Freiberg Institut für Elektrotechnik

Berechnung magnetischer Kreisemit Permanentmagneten

Skriptum für Nichtelektrotechniker

Verfasser: Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert Datum: Januar 2008

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Wichtigste Formelzeichen

A Querschnittsfläche

B magnetische Flussdichte, Induktion

h Höhe

H magnetische Feldstärke

l Länge

TK Temperaturkoeffizient

V magnetischer Spannungsabfall

δ Luftspalt

ϑ Temperatur

Θ Durchflutung

µ Permeabilität

µr relative Permeabilität

Wichtigste Indizes

A Anker-

C Koerzitiv-

Fe Eisen-

M Magnet-

R Remanenz-

δ Luftspalt-

…\vorlesung\reg_antr\skript08\Berech_PM-Magnetkreise

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Berechnung magnetischer Kreise mit Permanentmagneten Exemplarisch soll der in Bild 1 dargestellte magnetische Kreis mit Permanentmagneten berechnet werden.

Bild 1: Magnetischer Kreis mit Permanentmagneten Die sich dabei ergebenden Abhängigkeiten lassen sich qualitativ auf kompliziertere Anordnungen, wie z.B. einer PMSM übertragen. Der betrachtete magnetische Kreis besteht aus einem weichmagnetischen Eisenkern, einem Luftspalt der Länge δ und einem Permanentmagneten der Höhe Mh . Vereinfachend lässt sich das Durchflutungsgesetz

∫ Θ=⋅ sdH (1)

als Summe der magnetischen Spannungsabfälle formulieren:

0VVV MFe =++δ

0hHlHH MMFeFe =++δδ (2) Bei Annahme einer unendlichen Permeabilität des Eisenkernes ∞=µFe und unter Berücksichtigung von

δδ µ= HB 0 (3) folgt aus Gl. (2):

MM

0 HhBδ

µ−=δ (4)

0HM < (5)

Schlussfolgerung: Permanentmagnete werden im Bereich negativer magnetischer Feldstärken, d.h. im zweiten Quadranten der Hysteresekurve auf der sog. Entmagnetisierungskurve betrieben, s. Bild 2.

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Bild 2: Arbeitsbereich der Hysteresekurve von Dauermagneten =RB Remanenzinduktion =CH Koerzitivfeldstärke

In guter Näherung lässt sich die Entmagnetisierungskurve eines Permanentmagneten durch eine Entmagnetisierungsgerade (Bild 3) beschreiben:

MrM0RM HBB µµ+= (6)

Bild 3: Näherung der Entmagnetisierungskurve durch die Entmagnetisierungsgerade

Dabei beträgt die relative Permeabilität:

BFeNdfür07.1...05.1rM ≈µ

CoSmfür22.1rM ≈µ

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Bei der Anwendung von Gl. (6) ist zu beachten, dass die Remanenzflussdichte RB temperaturabhängig ist. Mit steigender Temperatur nimmt die Remanenzinduktion ab. Zur

Beschreibung der Temperaturabhängigkeit genügt der lineare Ansatz:

)TK1(B)(B BR0,RR ϑ∆⋅+=ϑ , (7) wobei

)C25(BB R0,R °=ϑ=

C25°−ϑ=ϑ∆

Der Temperaturkoeffizient der Remanenzinduktion ist negativ:

BFeNdfürK/%1,0TKBR −=

CoSmfürK/%03,0TK BR −=

Unter Berücksichtigung eines Streuflusses σΦ ergibt sich aus der Quellenfreiheit des magnetischen Feldes

σδ Φ+Φ=ΦM

δ

σ

δδ

Φ−=

AB

AAB M

M

(8)

Bei Vernachlässigung des Streuflusses gilt

MM B

AAB

δδ = (9)

Die Kombination der Gln. (4) und (9) ergibt die Gleichung der Scherungsgeraden

MM

M0M Hh

AAB

δ⋅µ−= δ (10)

Der Schnittpunkt der Entmagnetisierungsgeraden mit der Scherungsgeraden ergibt den Arbeitspunkt des magnetischen Kreises, gekennzeichnet durch 0MH und 0MB , s. Bild 4.

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Bild 4: Arbeitspunkt als Schnittpunkt von Entmagnetisierungs- und Scherungsgeraden

Der Anstieg der Scherungsgeraden hängt in erster Linie vom Verhältnis Magnethöhe zu Luftspaltweite δ/hM ab. Permanentmagnetmaterialien mit großen Werten der Koerzitivfeldstärke /

CH und der Remanenzinduktion RB ( wie BFeNd , CoSm ) besitzen eine schwach abfallende Entmagnetisierungsgerade. Bei vorgegebenem Luftspalt δ und 1A/A M ≈δ ermöglichen sie kleine Magnethöhen Mh ohne große Einbuße an Magnet- und Luftspaltinduktion, s. Bild 5.

Bild 5: Verschiebung des Arbeitspunktes bei Verminderung der Magnethöhe

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In PM-Synchronmaschinen überlagert sich dem Permanentmagnetfeld das von den Strömen in der Ankerwicklung erzeugte Ankerfeld. Dieses wirkt teilweise aufmagnetisierend, teilweise abmagnetisierend, s. Bild 6. Die Verhältnisse werden jetzt durch den in Bild 7 dargestellten magnetischen Kreis prinzipiell beschrieben.

Bild 6: Überlagerung von Permanentmagnetfeld und Ankerfeld bei exakter Feldorientierung Aqd II,0I ==

Bild 7: Permanentmagnetkreis mit zusätzlicher elektrischer Durchflutung Das Durchflutungsgesetz liefert jetzt

MMAAA hHHIw +δ==Θ δ (11)

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Die Kombination der Gln. (11) und (9) ergibt jetzt für die Scherungsgerade:

( )AMM

M0M HHh

AAB −

δ⋅µ−= δ , (12)

wobei

M

AA

M

AA h

Iwh

H =Θ

= (13)

Die ursprüngliche Scherungsgerade gemäß Gl. (10) wird parallel um AH verschoben. Ein positiver Ankerstrom ( )0IA > erzeugt eine Mitdurchflutung zum Permanentmagnetfeld und bewirkt eine Aufmagnetisierung, s. Bild 8.

Bild 8: Aufmagnetisierung bei Mitdurchflutung

Ein negativer Ankerstrom ( )0IA < erzeugt eine Gegendurchflutung zum Permanentmagnet-feld und bewirkt eine Abmagnetisierung. Wird durch eine große Gegendurchflutung (z.B. infolge eines Kurzschlusses) der Arbeitspunkt in den Bereich außerhalb der linearen Entmagnetisierungskurve verschoben, so kommt es zu einem irreversiblen „magnetischen Verlust“, s. Bild 9.

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Bild 9: Abmagnetisierung bei Gegendurchflutung

Die magnetische Feldstärke und die magnetische Flussdichte im Arbeitspunkt (Index Ap) erhält man durch die Kombination der Gln. für die Scherungsgerade (12) und für die Entmag-netisierungsgerade (6):

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡ Θ−

µ+µ−=

M

A

0

R

rMAp,M h

qBq

1H (14)

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡ Θµµ+

+µ=

M

ArM0R

rMAp,M h

Bq

qB (15)

Darin ist q die Abkürzung für

M

M

AAhq δ

δ= (16)

Bei Anwendung der Gln. (15) und (16) ist zu beachten, dass die Remanenzflussdichte gemäß Gl. (7) temperaturabhängig ist.

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Bei Vorgabe von min,MB lässt sich über Gl. (15) die maximal zulässige Ankerdurchflutung berechnen, ab der eine irreversible Entmagnetisierung auftritt (Bild 9):

MrM

rM0

min,M0,Mzul,A h

qqBB µ+

µµ−

−=Θ (17)

0,MB ist die magnetische Flussdichte im Arbeitspunkt bei 0A =Θ .

In Tab. 1 sind die wichtigsten Materialkenngrößen von −BFeNd und −CoSm Magneten zusammengestellt. Sie repräsentieren den aktuellen Stand der Technik bei den Magnetwerk-stoffen.

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Einheit NdFeB1 NdFeB2 SmCo3

Remanenzinduktion RB T 1.23 1.20 1.12

Temperaturkoeffizient RBTK %/K -0.09 -0.10 -0.03

Koerzitivfeldstärke CH kA/m 915 910 730

Koerzitivfeldstärke /CH kA/m 1350 1750 800

Temperaturkoeffizient HCTK %/K -0.60 -0.60 -0.20

max. Energiedichte ( )maxMMHB kJ/m3 280 270 240

max. rel. Permeabilität max,rµ - 1.07 1.05 1.22

max. Temperatur maxϑ °C 180 150 300

Curietemperatur Curϑ °C 370 310 800

Dichte ρ g/cm3 7.6 7.6 8.4

spez. el. Widerstand ρ m/mm2Ω 1.3 1.5 0.8

spez. el. Leitfähigkeit κ 2mm/m Ω 0.77 0.67 1,25

spez. Wärmekapazität c J/kgK 420 450 390

Wärmeleitfähigkeit λ W/mK 7 8.5 12

Tab. 1: Kenngrößen von Hochenergie-Magnetwerkstoffen 1 Neolith NQ3-F der Fa. MTD 2 Neorem 476a der Fa. Neorem Magnets 3 Vacomax 240 HR )CoSm( 172

der Fa. Vacuumschmelze