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SPECIAL | August 2014 66 SPECIAL Thurgau «Ja, ja. Wir wurden auch schon belächelt, weil wir nie eine Produktion im asiatischen Raum aufgebaut haben», sagt Martin Schaffner, der mit seinem Bru- der Theo (59) und dessen Sohn Samuel (33) das Führungstrio des Familienunternehmens bildet. Verlockend sei es mitunter gewesen. Und sicherlich hätte man damit in gewissen Jahren auch einfacher Geld verdienen können. «Aber wir haben uns der- einst bewusst entschieden, das heutige Erfolgsrezept ‚Made in Switzerland’ auszubauen.» Das ist für die Schaffner AG aus Müllheim nicht immer ein einfa- cher Weg gewesen. Denn ungefähr zu jener Zeit, als Martin und Theo Schaffner die Leitung übernahmen – das war im Jahre 1992 – änderten die Banken ihre Kreditvergabepolitik. «Darunter litten wir», gesteht Martin Schaffner. Die Bilanz war damals «weit unter null» und folglich fehlte es an Kapital, um in neue In- novationen und mehr Manpower zu investieren. Der Geschäftsführer ist überzeugt: «Hätten wir schon früher mehr Mittel zu Verfügung gehabt, wären wir heute um einiges grösser.» Denn an Ideen und Know- how habe es nie gefehlt. Heute das Original, in zwei Jahren die Kopie Diese Ideen sind es auch, die von der Konkurrenz gerne kopiert werden. Auch wenn man den Sprung in den asiatischen Raum niemals vollzogen hat, be- stehen genau hier nach wie vor Berührungspunkte zu diesem Markt. Schaffner hat sich inzwischen da- mit abgefunden. Ihm ist klar: Was die Schaffner AG heute als Neuheit präsentiert, schwappt in rund zwei Jahren als billige Kopie vom Osten herein. Der Unter- nehmer zeigt sich gelassen: «Wir müssen einfach im- mer um einiges besser sein als die Kopie – und immer wieder durch Innovationen einen Schritt voraus.» Nichtsdestotrotz hat das Thurgauer Unternehmen aber dennoch den Markteintritt von zahlreichen Bil- liganbietern, die in der Vergangenheit in der Schweiz Fuss gefasst haben, eins zu eins zu spüren bekom- men. «Teilweise waren es tatsächlich sehr schwieri- ge Jahre für uns», gesteht Schaffner. Aber auch die- se Phase habe man überstanden. Denn inzwischen hat laut Schaffner das Pendel wieder auf die andere Seite ausgeschlagen; viele Endkunden setzen wieder mehr auf Qualität und Schweizer Produkte. Und hier kann die Schaffner AG in mehrerlei Hin- sicht punkten: Als einziges Unternehmen der Bran- che stelle man die Produkte auch effektiv vollum- fänglich in der Schweiz her. Das wirkt sich entspre- chend auf die Service-Dienstleistungen aus. «Wir sind nahe beim Kunden und können ihn auch mit Er- satzteilen beliefern oder Reparaturen ausführen», so Schaffner. Wer schon mühsam versucht hat, eine de- fekte Komponente eines ausländischen Produktes zu beschaffen, weiss, wie wertvoll das sein kann. Dominiert wird der Markt aber nach wie vor von der Konkurrenz aus Fernost. Die Schaffner AG bleibe hier mit ihren rund 30 Mitarbeitenden ein Nischen- player. Allerdings hat man sich eine gemütliche Ni- sche geschaffen: Beliefert werden unter anderem Coop, Migros und Möbel Pfister. Und das mit einem beachtlichen Volumen. Schaffner: «Pro Saison set- zen wir gesamthaft etwa 40 000 Produkte ab.» Kein Einsatz von Tropenhölzern Ein Produkt, das sich seit über 50 Jahren hartnä- ckig im Sortiment hält, ist der Stuhl Säntis. Ein Ob- jekt, auf dem jede Schweizerin und jeder Schweizer schon einmal gesessen haben dürfte. Ein Klassiker halt. Und Bestandteil fast jedes Gartenrestaurants. Am «Säntis» beissen sich die Asiaten die Zähne aus Er ist ein Klassiker unter den Stühlen. Die «Säntis»-Linie mit ihrer Spaghetti-Bespannung wird von der Schaffner AG aus Müllheim bereits seit rund 50 Jahren hergestellt. Das Unternehmen selbst kann 2014 sein 60-Jahre-Jubiläum feiern. In der Vergangenheit war Durchhaltewillen gefragt. Für die Zukunft wird Wachstum angestrebt. Geschäftsführer Martin Schaffner (51) ist überzeugt: «Wir sind massiv innovativer geworden.» Text: Marcel Baumgartner Bild: Bodo Rüedi «Hätten wir schon früher mehr Mittel zu Verfügung gehabt, wären wir heute um einiges grösser.»

Bericht LEADER August 2014

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Am "Säntis" beissen sich die Asiaten die Zähne aus

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SPECIAL | August 2014

66 SPECIAL Thurgau

«Ja, ja. Wir wurden auch schon belächelt, weil wir nie eine Produktion im asiatischen Raum aufgebaut haben», sagt Martin Schaffner, der mit seinem Bru-der Theo (59) und dessen Sohn Samuel (33) das Führungstrio des Familienunternehmens bildet. Verlockend sei es mitunter gewesen. Und sicherlich hätte man damit in gewissen Jahren auch einfacher Geld verdienen können. «Aber wir haben uns der-einst bewusst entschieden, das heutige Erfolgsrezept ‚Made in Switzerland’ auszubauen.» Das ist für die Schaffner AG aus Müllheim nicht immer ein einfa-cher Weg gewesen. Denn ungefähr zu jener Zeit, als

Martin und Theo Schaffner die Leitung übernahmen – das war im Jahre 1992 – änderten die Banken ihre Kreditvergabepolitik. «Darunter litten wir», gesteht Martin Schaffner. Die Bilanz war damals «weit unter null» und folglich fehlte es an Kapital, um in neue In-novationen und mehr Manpower zu investieren. Der Geschäftsführer ist überzeugt: «Hätten wir schon früher mehr Mittel zu Verfügung gehabt, wären wir heute um einiges grösser.» Denn an Ideen und Know-how habe es nie gefehlt.

Heute das Original, in zwei Jahren die KopieDiese Ideen sind es auch, die von der Konkurrenz gerne kopiert werden. Auch wenn man den Sprung in den asiatischen Raum niemals vollzogen hat, be-stehen genau hier nach wie vor Berührungspunkte zu diesem Markt. Schaffner hat sich inzwischen da-mit abgefunden. Ihm ist klar: Was die Schaffner AG heute als Neuheit präsentiert, schwappt in rund zwei Jahren als billige Kopie vom Osten herein. Der Unter-

nehmer zeigt sich gelassen: «Wir müssen einfach im-mer um einiges besser sein als die Kopie – und immer wieder durch Innovationen einen Schritt voraus.» Nichtsdestotrotz hat das Thurgauer Unternehmen aber dennoch den Markteintritt von zahlreichen Bil-liganbietern, die in der Vergangenheit in der Schweiz Fuss gefasst haben, eins zu eins zu spüren bekom-men. «Teilweise waren es tatsächlich sehr schwieri-ge Jahre für uns», gesteht Schaffner. Aber auch die-se Phase habe man überstanden. Denn inzwischen hat laut Schaffner das Pendel wieder auf die andere Seite ausgeschlagen; viele Endkunden setzen wieder mehr auf Qualität und Schweizer Produkte.Und hier kann die Schaffner AG in mehrerlei Hin-sicht punkten: Als einziges Unternehmen der Bran-che stelle man die Produkte auch effektiv vollum-fänglich in der Schweiz her. Das wirkt sich entspre-chend auf die Service-Dienstleistungen aus. «Wir sind nahe beim Kunden und können ihn auch mit Er-satzteilen beliefern oder Reparaturen ausführen», so Schaffner. Wer schon mühsam versucht hat, eine de-fekte Komponente eines ausländischen Produktes zu beschaffen, weiss, wie wertvoll das sein kann. Dominiert wird der Markt aber nach wie vor von der Konkurrenz aus Fernost. Die Schaffner AG bleibe hier mit ihren rund 30 Mitarbeitenden ein Nischen-player. Allerdings hat man sich eine gemütliche Ni-sche geschaffen: Beliefert werden unter anderem Coop, Migros und Möbel Pfister. Und das mit einem beachtlichen Volumen. Schaffner: «Pro Saison set-zen wir gesamthaft etwa 40 000 Produkte ab.»

Kein Einsatz von TropenhölzernEin Produkt, das sich seit über 50 Jahren hartnä-ckig im Sortiment hält, ist der Stuhl Säntis. Ein Ob-jekt, auf dem jede Schweizerin und jeder Schweizer schon einmal gesessen haben dürfte. Ein Klassiker halt. Und Bestandteil fast jedes Gartenrestaurants.

Am «Säntis» beissen sich die Asiaten die Zähne aus

Er ist ein Klassiker unter den Stühlen. Die «Säntis»-Linie mit ihrer Spaghetti-Bespannung wird von der Schaffner AG aus Müllheim bereits seit rund 50 Jahren hergestellt. Das Unternehmen selbst kann 2014 sein 60-Jahre-Jubiläum feiern. In der Vergangenheit war Durchhaltewillen gefragt. Für die Zukunft wird Wachstum angestrebt. Geschäftsführer Martin Schaffner (51) ist überzeugt: «Wir sind massiv innovativer geworden.»

Text: Marcel Baumgartner Bild: Bodo Rüedi

«Hätten wir schon früher mehr Mittel zu Verfügung gehabt, wären wir heute um einiges grösser.»

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Martin Schaffner, Schaffner AG:

«Einkäufer wie auch Trendsetter haben den Plausch an diesem Produkt.»

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Wie alle Schaffner-Gartenmöbel wird auch er voll-umfänglich in der Schweiz hergestellt. Die legendäre Spaghetti-Bespannung wird durch Spezialisten von Hand aufgezogen. Weil der «Säntis» extrem hoch-wertig ist – und extrem schweizerisch –, schaffte es bisher keine Kopie, ihm auch nur ansatzweise das Wasser zu reichen.Daneben besticht er durch ein Design, das in Fach-kreisen und von den Endkunden noch heute gelobt wird. «Einkäufer wie auch Trendsetter haben den Plausch an diesem Produkt», so Martin Schaffner. Als Erweiterung lanciert die Schaffner AG im Herbst ei-nen Säntis-Stuhl mit Holzlatten. «Natürlich mit hei-mischem Holz», wie der Geschäftsführer anmerkt.

«Bei uns wird nie ein Objekt mit Tropenhölzern die Produktion verlassen. Denn mit diesen ganzen zerti-fizierten Hölzern wird meiner Meinung nach viel zu viel Schindluderei betrieben.» Seit jeher fährt die Schaffner AG beim Produktesor-timent eine Doppelstrategie: Einerseits entwickelt man neue Objekte mit modernstem Design, anderer-seits setzt man auf Retro. Egal aus welcher Sparte – aus dem Hause Schaffner sollen sie hochwertig und zeitlos schön sein.

Das Leben spielt sich draussen abNeben dem neuen Qualitätsbewusstsein hat dem Gartenmöbel-Produzenten noch eine weitere Ent-

wicklung in die Hände gespielt: der Wunsch nach Statusobjekten. In den Wohnquartieren spielt sich gerade in den Sommermonaten das gesellschaftliche Leben wieder vermehrt auf den Terrassen ab. Ent-sprechend will man dort auch etwas vorzeigen. Der herkömmliche Grill wird durch eine Outdoor-Küche ersetzt, das aufblasbare Schwimmbad durch einen Whirlpool und die billigen Gartenmöbel eben durch trendige Objekte. Auch die tiefen Zinsen für Woh-neigentum wirken sich auf das Business aus. Hier ist Kaufkraft freigeworden. Und die wird gerne in den Aussenbereich gesteckt. Die schwierigen Zeiten konnte man bei der Schaffner AG dank Beharrlichkeit und Durchhaltewillen hinter sich lassen. Heute ist die finanzielle Luft nicht mehr so dünn wie in den 1990er Jahren. Das Unternehmen konnte wieder einige Gänge zulegen. Und schlägt sich auch bei der Produktegestaltung nieder. Mar-tin Schaffner: «Wir sind massiv innovativer gewor-den.» Und diesen Schwung will man ausnützen. Für die nächsten Jahre strebt die Schaffner AG ein «an-ständiges» Wachstum an, will den Markt mit weite-ren Neuheiten überraschen und seine Position wei-ter festigen.Den Hauptabsatzmarkt dürfte dabei weiterhin die Schweiz bilden. Aber auch in den USA hat das Un-ternehmen bereits den Fuss drin. «Und in Deutsch-land geben wir gerade mächtig Gas», so Schaffner. Er zweifelt nicht daran, dass man nun so richtig durch-starten wird. «Dafür sorgen auch unsere Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter. Bei uns ziehen alle am gleichen Strang, was mich enorm stolz macht und mir Freude bereitet.» Ein vielgehörter Satz von Ge-schäftsführern. Schaffner, der auch sonst die Dinge beim Namen nennt und nicht dem herkömmlichen Repräsentier-Manager entspricht, glaubt man diese Aussage jedoch aufs Wort.

Weil der «Säntis» extrem hochwertig ist – und extrem schweizerisch – schaffte es bisher auch keine Kopie, ihm auch nur ansatzweise das Wasser zu reichen.

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