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400 P. El. W ir tb: B~eus~~e-Jehy~~~en. Nach B.r e d i g') findet bei der Benzoinbildung aus Benz- aldehyd und Cysnkalium die Addition von CN-Ion zu Benzaldehyd unmeBbar schnell statt. R o s e n t h a 1 e r2) sagt, wie ich ziim Teil schon erwiihnte, daB alle jene Stoffe, welche eine Vermehrung der CN-lonen ver- ursachen, ohne die Konzentration der fur die Reaktion unentbehr- lichen H-Ionen zu sebr zu vermindern, die Addition von HCX zu C,H,COH beschleunigen werden. Letzteres erscheint mir un- wahrscheinlich, denn ich fand stets, daB, welche Konzentration zu Alkali ich auch benutzte, die Reaktionsgeschwindigkeit un- meBbar groB war. DaR dies auch aohl R o s e n t h a 1 e 1"s Meinung mar, ergibt sich claraus, da13 er ah geeignete 8toffe Varbindungen von Alkali und Erdalkalien init schwaclien Sliuren oder iitzenden Alkalien in geringer Konzentration nennt. Ueber den Verlauf der Reaktion IiuBert sich R o s e n t h a 1 e I- etwa folgenderinaBen : Wen11 ein H- und ein CN-Ion gleichzeitig in die Attraktionssphlire eines Benzakdehyd-Molekels kommnen, so wird sich stets ein Molekul Cyanhydrin bilden. Dies wird urn so ehrr geschehen, als mehr H-Ionen vorhanden sind. Dabei diirfen, wie das bei Zusatz von KOH geschehen kann, gleichzeitig H-Ionen bis zu gewissem Grad RUS der Fliissigkeit verschwinden, ohne dalS die Reaktion verzogert wird. Denn die jetzt vorhandene geringere Konzentration \-on H-Ionen hat licine Bedeutung, da ihre Diffusionsgeschwindigkeit bedeutend gr.oBer als die der CN-Ionen ist, Ehe ich darauf naher eingehe, kehre ich zu dem Bcgriff, HCN, in statu nascendi" zuriick, melchen 77 t e s c h e r und G 1 u c k s - m a n n einfiihrten. (Fortsetzung folgt.) l) Altes und Neues von der Ketalyse. Vortrag 1907. Hand]. 2, Biochemische Zeitschrift 19, 89 (1909). Congres Leiden 1907, S. 112-114. Berichtigung von L. Rosentheler. In der oberen auf S. 257 hefindliohen Tabelle der Mitteilung uber hydrargyrometrische Studien ist stet% HCN NaCI zu hen. Der Irrtum ist beim Druck erfolgt.

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400 P. El. W ir tb: B ~ e u s ~ ~ e - J e h y ~ ~ ~ e n .

Nach B.r e d i g') findet bei der Benzoinbildung aus Benz- aldehyd und Cysnkalium die Addition von CN-Ion zu Benzaldehyd unmeBbar schnell statt.

R o s e n t h a 1 e r2) sagt, wie ich ziim Teil schon erwiihnte, daB alle jene Stoffe, welche eine Vermehrung der CN-lonen ver- ursachen, ohne die Konzentration der fur die Reaktion unentbehr- lichen H-Ionen zu sebr zu vermindern, die Addition von HCX zu C,H,COH beschleunigen werden. Letzteres erscheint mir un- wahrscheinlich, denn ich fand stets, daB, welche Konzentration zu Alkali ich auch benutzte, die Reaktionsgeschwindigkeit un- meBbar groB war. DaR dies auch aohl R o s e n t h a 1 e 1"s Meinung mar, ergibt sich claraus, da13 er ah geeignete 8toffe Varbindungen von Alkali und Erdalkalien init schwaclien Sliuren oder iitzenden Alkalien in geringer Konzentration nennt.

Ueber den Verlauf der Reaktion IiuBert sich R o s e n t h a 1 e I- etwa folgenderinaBen : Wen11 ein H- und ein CN-Ion gleichzeitig in die Attraktionssphlire eines Benzakdehyd-Molekels kommnen, so wird sich stets ein Molekul Cyanhydrin bilden. Dies wird urn so ehrr geschehen, als mehr H-Ionen vorhanden sind. Dabei diirfen, wie das bei Zusatz von KOH geschehen kann, gleichzeitig H-Ionen bis zu gewissem Grad RUS der Fliissigkeit verschwinden, ohne dalS die Reaktion verzogert wird. Denn die jetzt vorhandene geringere Konzentration \-on H-Ionen hat licine Bedeutung, da ihre Diffusionsgeschwindigkeit bedeutend gr.oBer als die der CN-Ionen ist,

Ehe ich darauf naher eingehe, kehre ich zu dem Bcgriff, HCN, in statu nascendi" zuriick, melchen 77 t e s c h e r und G 1 u c k s - m a n n einfiihrten. (Fortsetzung folgt.)

l ) Altes und Neues von der Ketalyse. Vortrag 1907. Hand].

2, Biochemische Zeitschrift 19, 89 (1909). Congres Leiden 1907, S. 112-114.

Berichtigung von L. R o s e n t h e l e r .

I n der oberen auf S. 257 hefindliohen Tabelle der Mitteilung uber hydrargyrometrische Studien ist stet% HCN NaCI zu h e n . Der Irrtum ist beim Druck erfolgt.

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P. H. W i r t h: Blausiiure-Benzaldehydl6sungen. 401

U t e s c h e r und G 1 ii c k s m a n n haben beobachtet, da8, wenn man eine alkalischc Blausaure-Benzaldehydlosung ansiiuert, die Blausiiure sich mit unmeBbarer Geschmindigkeit mit Benz- aldehyd verbindet.

Wenn man einen UeberschuB von Alkali zu einer BlausZiure- Benzaldehydlosung zusetzt, wird ein anderes Gleichgewicht ent- stehen. Dieses Gleichgewicht wird, wenn die LBsung urspriinglich im Gleichgewicht war, nach der Seite der Komponenten ver- schoben werden. Wenn man jetzt ansauert, so wird die Alkali- Konzentration z m r geringer werden, aber zugleich sehr sohnell ein neues Gleichgewicht schaffen. ID demselben Augenblick, wo die letzte Spur Alkali neutralisiert ist, wird zugleich daa zu der bestehenden Tempezatur und Konzentration gehorige Gleichgewicht zustande gekommen sein. Es ist also vollig unnotig, den Begriff ,,TUX in statu nascendi" zur Erklibrung der schnellen Addition beizubehalten, die stattfindet, wenn man von stark alkalischer zu aaurer Reaktion kommt.

In bezug auf die besprochmen Theorien will ich noch be- merken, daB aie alle die Addition als eine Ionen-Reaktion zushnde kommen lassen. Die Tatsache, daI3 man bei einer ziemlich hohen Sgure-Konzentration einer zugleich stark elektrolytisch disso- ziierten Saure (€€,SO,) dennoch Addition erhngt, steht dieser Auf- famung nicht im Wege. Der verzogernde EinfluB der H-Ionen beiuht darauf, da13 sie die Dissoziation der Blauaiiure zuriick- driingen. Ich steUe mir deshslb auch die katalytische Wirkung der OH-Ionen als opnionenbildend vor, und die schnelle Addition von HCN mit C,H,COH unter dem EinfluD der OH-Ionen als eine Cyanionen-Addition.

SchlieOlich wollte ich noch verauchen, die Grenae der Kon- zentrationen von H- und OH-Ionen zu bestimmen, welche auf die Reaktionsgeschwindigkeit EinfluB ausiiben. Ich glaubte dies durbh 'rddikatoren errbichen zu k6nnen. Ah' sauerempfindlichen Indikator wghlte ich Phenolphthalein. Mit Rosolsaure konnte ich keinen Umschlag wahrnehmen. Als alkaliempfindlichen Indikator benutzte ich Methylorange.

Man mu0 sich dies so vorstellen:

Aus meinen Versuchen ergab sich folgendes: 1. Wenn das Gleichgewicht unter dem katalytischen EinfluB

der OH-Ionen erreicht wird, ist die Reaktionsgeschwindigkeit so pro& daB sie in keinem Falle mel3bar ist.

2. Die Konzentretionen, innerhalb welcher H- und OH-Ionen sulion cinen sehr groBen EinfluB auf die Reaktionsgeschwindigkeit ausiiben, liegen innerhalb der Grenzen, welche durch die beiden

Arab. d Phnrm. OOXXXXIX. Rdn. ti Edt. 26

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402 P. H. Wirt h: Blausiiure-Benzaldehydl&ungen.

Uebergangsfarben von Phenolphthalein und Methylorange be- zeichnet werden, d. ll.

fur H-Ionen < lo4 Aeq. pro Liter fur OH-Ionen < lo5 Aeq. pro Liter

Die Folge davon ist, da13 die Bestiinmung der Geachwindig- keit, womit das Gleichgewicht

C6H5COH + HCN C6H,COH H m erreicht wird, auch eine Methode sein kann, um geringe Kon- zentrationen von H- oder OH-Ionen zu beobachten und mitein- ander zu vergleichen.

Man konnte die Methode also auf folgende Weise auefiihren: Man pipettiert von einer Benzaldehydlosung von ungefiihr

bekanntem Gehalte gleiche Volumina und setzt einem dieser Teile den zu untenuchenden Stoff gelost zu. Sodann fugt man Ton einer Blausiiurelosung, die man vorriitig halten kann, einen bekannten Teil hinzu, notiert zugleich die Zeit, fullt hierauf schnell bis zu dem Volumen an und schuttelt. Darauf macht man die be- schriebenen Serienversuche, um freien HCN zu bestimmen. Ebenso verfiihrt man bei dem Blankoversuch, der also nur dieselben Mengen Benzaldehyd- und Blausiiurelosungen enthlilt, welche bis zu demselben Volumen angefiillt werden. Wenn man nun beide Versuche in bezug suf den freien HCN und die Zeit graphkwh dar- stellt, so erhiilt man eine deutliche Uebersicht iiber die Reaktions- geachwindigkeit. Die Benzaldehydlosung brsucht nicht absolut siiurefrei zu sein. Unter UmstLnden ist es sogsr erwiinscht, dal3 sie Benzoesaure enthalt, niimlich wenn man mit OH-Ionen- Konzentrationen zu tun hat. In diesem Falle wiirde bei einer neu- tralen Lijsung die Reaktionsgeschwindigkeit; ja uumel3bar werden.

Einflufs der Temperatur und Konzentration auf das Gleiohgewioht.

Konzcntration in 1 Gebundener Milli-M. pro Liter I HCN Augegangen von Temperatur /I

- -I- 36 - 4- 31

40 37

Das Zeichen + in obiger Uebersicht besagt, daB die Mengen HCN und C,HSCOH ungefiihr iiquivalent waren.

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P. H. Wir th: BlausBure-Benzaldehydlijsungen. 40 3

Aus diesen Versnclien ergibt sicli einc Steigerung der Disso- ziation bei Erhohung der Temperatur, wic von einer exothermen Verbindung zu emarten ist.

Ausgegangen von

Folgende Versuche sollten den EinfluB der Konzentration

I

Temperatur -__-

.- + 182 __ + 9 * 3,7

40 75.8

92,9% 66,9 % 50 % 75%' 81,1%

Aus dieser Uebersicht ergibt sich also, daB bei einer Erhohung der Konzentration eine Verminderung in der Dissoziation statt- findet, wie zu erwarten war.

Auch fand ich, da13 eine Spiritus-Konzentration von 25% keinen EinfluB auf das Gleicbgewicht hatte.

HCN + C,H,COH HCN + CJ3,COH 1

C,H,COR HCN 1 C,H,COH!KCN 1 C,H,COH HCN 1

Pharmakodynamische Untersuchungen. Wie bereits oben bemerkt, betrachtet L i n d e Benzaldehyd-

cyanhydrin als den einzigen erwunschten und wirksamen Bestand- teil im. Kirachlorbeenvasser. Diese Ansicht teilten auch die Zeit- genossen von L i n d e allgemein. In K o b e r t's Lehrbuch der Intoxihtionen wird von dem Benzaldehydcyanhydrin gesagt, da13 seine Giftigkeit seinem Blausiiuregehalt entspreche. Diese Ansicht datiert von 1906, in welchem Jahre U 1 t B e diese Ver- bindung zum ersten Male rein krystallinisch herstelltel).

In den ,,Vortriigen uber Arzneimittellehre" con S t o k v h- Z e e h u i z e n (1902) heil3t es : ,,Im Kirschlorbeerwasser kommt neben freier Blawiiure und Benzaldehyd daa Benzaldehydcyan- hydrin vor, welches weniger giftig wirkt als Blausiiure. H e y m a, P s und seine Sahiiler fmden, daB Nitrile sich im Blut sehr langsam spalten. Die phyaikalische Chemie wird auch hier bestimmen konnen, wie vie1 freie Blaustiure und Benzaldehyd neben dem Cyanhydrin

250 25O 25O 25O 25O

I ) Der Chem.-Knlonder von 1909 sagt noch von Benzaldehyd- cyanhydrin: Fliissiges Oel, Cerinnpunkt 100 C.

20*

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vorkommt. Die tlierapeutische Anwrndung der Blausliure dsrf sich nicht weiter als bis zur Benutzung von Kirschlorbeer- und Bittermandelwasser erstrecken. Es ist ein vortreffliches sedans respiratorium."

In der Ausgabe vdn 1909 ist der erste Satz ohne nahere An- gabe des Grundes weggelassen. Da es mir nach meinen Unter- suchungen moglich war, ein blausaurefreies, kiinstliches Kirsch- lorbeenvasser herzustellen, hielt ich es fur zweckmlifjig, damit noch Versuche zu machen. Es ergab sich, daB die Behauptung von K o b e r t richtig war. Ich fand pro Kilo Kaninchen als letale Dosiv fur Benzalclehydcyanhydrin = 2,6 mg, d. h. 0,65 mg Blau- siiurc, fur Blauvaure = 0,65 mg.

Nacli G e p p e r tl) betrilgt dic letale Dosis fur HCN pro Kilo Kaninchen 0,39 mg. Nach D r e s e rp) liegt sie zwisohen 0,276 und 0,966 mg KCN pro Kilo Kaninchen. Mein Resultat liegt also zwischen diesen beiden Angaben.

DaB das Cyanhydrin sich im Blut ganz spalten werde, war chemisch wohl zu erwarten, weil das Blut schwach alkalisch zu reagieren scheint, die Temperatur erhoht und die Lijsung ver- diinnt w i d

Ich lassc schliefllicli noch einige praktisch-pharmazeutische Bemerkungen folgrn. F r o m 1n3) hat nachgewiesen, daB sowohl bei der Rereitung von Kirschlorbeerwasser durch Destillation als bei der Vereinigung von Blausaure und Benzaldehyd-Losungen der Gehalt an freier Blausaure allmahlich abnimmt. Die Zeit bis zur Erreichung des Gleichgewichtes betriigt, nach seiner Ansicht, in beiden FSillen 7 Tage.

Aus meinen Untersucliungen ergibt sich, daB die Reaktions- geschwindigkeit in hohem MaBe von dem Vorhandensein von H- oder OH-Ionen abhangt, und daB bei Losungen von reiner Blau- siiure und Benzaldehyd das Gleichgewiclit etwa in 15 Minuten erreicht wird.

Es ist also klar, daB in dem Destillat der Kirschlorbeer- bliitter Siiure vorkomnien kann und zwar wahrscheinlich Benzoe- saure. Wenn man die Saure in dem Destillat mit Alkali abstumpft, kann man sofort den erreiclibaren Hochstgehalt von Benzaldehyd- cyanliydrin bekommen und braucht dann nicht zur Kontrollierung

l ) Ueber das Wesen der Blausiiurevergiftung S. 32. Berlin 1889. 2, Schmiedeberg's Archiv 26 (1890). 3 , Apotheker-Zeitung 31, 266 (1 897).

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P. H. w i r th: Blau~aine-BenzaldeliydlOsung~~~. 405

dieses Gehaltes laut dcr Pharniakopoe zu n-arten bis 7 Tage ver- flossen sind.

Schon vide Forscher haben auf die ,,zerdetzende" Wirkung von Alkali hingewiesen. F r o m m hat nachgewiesen, da.13 sich bei der Bereitung von Kirschlorbeerwasser wirklich zuweilen auch NH, bildet.

I t a 1 1 i e2), der diese Zersetzungsprodukte studierte, hat ver- schiedene davon identifiziert.

Man hat schon oft Siiure als Mittel rorgeschlagen, uni ein , ,Verderben" des Kirschlorbeerwassers zu verhindern. Die Wirkung des Alkali beschrgnkt sich nicht nur auf die Bildung von Benz- aldehydcyanhydrin aus Blausaure und Benzaldehyd, sondern macht sich auch bei der Bildung anderer Produkte geltend, was man dann meistens ah eine ,,Zersetzung" aufgefaBt hat. Diese ,,sekundLre" Wirkung des Alkali habe ich auch konstatieren konnen.

Der EinfluB der Zersetzung hindernden Saure erklart sich daraus, daB eine gewisse Saurekonzentration :

1. das Vorhandensein von OH-Ionen ausschlieBt ; 2. die Dissoziation des gebildeten Cyanhydrins bei Ver-

Vorstehenden Darlegungen scliliefle icli noch einige Beispiele Oft

dunnung oder Temperaturerhohung verhindert.

aus der Rezeptur an, welche ich irrationell nennen mochte. machte ich folgende Rezepte :

Codeini Aquae Laurocerasi

1. Rp. Spir. Ammoniae anis.

Die wenigstens zweifache Verdunnung und der hohe Alkali- gehalt verursachen eine beinahe quantitative Spaltung.

2. Rp. Aq. Laur. . . . . . . . . . . . . . 2

Infus. rad. Ipecac. . . . . . . . . . 250 etc.

In diesen Rezepten kommt das Aqua Laurocerasi nicht in dem Zustande vor, wie das Arznejbuch es vorschreibt, und wie S t o k v i s es als am besten geeignet bezcichnet.

Der Vorschlag, kiinstliches Kirschlorbeerwasser statt des aus dem Naturprodukt durch Destillation gewonnenen zu benutzen, ist nicht neu, findet aber in meinen Untersuchungen neue Stiitzen. Man konnte es sehr einfach als eine konzentrierte Losung vorriitig halten. Man lost 20 g Benzaldehyd in 250 ccm Spiritus fortior.

Spirit. Ammoniae anis. . . . . . . . 2

-- 2, Tijdschrift voor Pharm. Chem. en T O ~ . 1899, S. 189.

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406 P. H. Wirth: Blausiinre-BeiizaldehydliiPmigcii~

und setzt unter Uinschutteln 500 ccm einer l%igen HCN-Losung zu. Wenn man nun verdunnte Lauge hinzutropft bis eine Probe Phenolphthalein-Losung rot fkb t , so ist das Gleichgewicht erreicht. Jetzt fugt man sofort 50 ccm N.-H,SO, allmiihlich und unter Umschiitteln und fiillt bis 1 Liter an. Wenn man sohlieMich 1 Teil dieser Losung niit 4 Teilen destilliertem Wasser mischt, so erhilt man ein kiinstliches Hirschlorboerwasser, das ein vie1 gleiclimaBigeres und haltbareres Pdparat ist als das des Arznei- buches, das aber N.-Saure enthiilt.

Resultate. Die Gleichgewichtsreaktion :

C,H,COH + HCN Z C,H,COH HCN wurde in wiisseriger Losung verifiziert. Es ergab sich, daS bei gleicher Konzentration und Temperatur dasselbe Gleichgewicht erreicht wurde, mag man von der Verbindung oder von den beiden Komponenten ausgehen. Es ergab sich ferne?, daB die Dissoziation des Benzaldehydcyanhydrins bei grol3erer Verdiinnung starker wurde, dagegen bei hoherer Konzentration der Lijsung wieder zuriickging. Dies war wohl zu erwarten, da die monomolekulare Reaktion der Spaltung in ihrer Geschwindigkeit weniger von der Konzentration abhangig ist als die bimolekulare Reaktion der Bildung von dem Cyanhydrin. Die Dissoziation nahm bei gleich bleibender Konzentration mit Erhohung der Temperatur zu, entsprechend der Tatsache, daB das Cyanhydrin cine exotherme Verbindung ist. Ferner ergab sich, daB das Vorhandensein ver- hliltnismiil3ig kleiner Mengen von Alkalien und Sauren groBen Ein- fluB auf die Gleichgewichtsreaktion haben, und zwar in der Weise, dal3 das OH-Ion die Geschwindigkeit, mit der das Gleiohgewicht erreicht wird, von beiden Sejten vergroBert, dagegen das H-Ion die beiden Reaktionen sehr stark verzogert.

Ueberdies wird der Gleichgewichtszustand, der schlieBlich crreicht wird, unter den1 EinfluB von Alkali in der Richtung einer starkeren Spaltung des Cyanhydrins verschoben. Dennoch haben selbst ziemlich hohe Konzentrationer? des Alkali noch keine vollige Spaltung des Cyanhydrins zur Folge. Allcrdings machen diesc das System so beweglich, daS unter veranderten Umstiinden der Konzentration oder Teniperatur sich sofort der neue Gleichgewichts- zustand einstellt. Aus einer alkaliachen Losung wird durch Silber- nitrat z. B. sofort der gesamte HCN gefallt, weil nach der Priizipi- tation von dem anfangs frei vorhandenen Teile der Blausiiure die Dissoziation des Cyanhydrins soforb eintritt. Wenn schliel3Iich

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1’. H. W i r t 11: I~litrisiiuro-Be~izal~e~iydl6sungei1. 401

nur diejenigen Mcngeii Alkali, welche bloll die Geschwindigkeit in der Erreichung des Gleichgewichtes, nicht das Endresultat merk- bar beeinflussen, vorhanden shd, so wird dieses Resultat erreicht. Dagegen haben etwas groBere Konzentrationen von Siiure zur Folge, dalj sie die Gleichgewichtsreaktion sehr wenig beweglich machen und Zusfinde praktisch ganz fixieren konnen, welche tatsiichlich unter den gegebenen Umstanderi der Konzentration und Temperatur keine stabilen Gleichgewichte sind.

Bei der Herstellung des Kirschlorbeerwmsers und Bitter- mandelwassers durch Destillation geht dm aus dem Glucosid ge- bildete Benzaldehydcyanhydrin nicht als solches, sondern in ge- spaltenem Zustand iiber, und das Destillat besteht anfangs aus einer Liisung von freier Blausaure und Benialdehyd. Der Gleich- gewichtszustand, welcher fur den pharmazeutischen Gebrauch in dem Priiparat verlangt wird (welcher bei O,l% Gemmt-HCN und bei gcwohnlicher Tempcratur sehr nahe y4 gebundene und 1/4 freie HCN liegt), stellt sich schneller oder langsanier ein, je mch- dem das Destillat weniger oder mehr saure Reaktion besitzt.

Nachtrag. Herr R o s e n t h a 1 e r*) gab eine Methode als abgeiindertes

A n d r e w’sches Verfahren zur Bestimmung der Blausiiure neben Benddehydcyanhydrin und der gesamten BlauGure. Es hat sich jetzt durch moine Untersuchungen herausgestellt, dalj die ge- ringsten Spuren Alkali das Gleichgewicht sofort h e r b e i f h a Demnach ist obengenttnnte Methode, welche eine acidimetrische ist, fur eine Bestimmung der freien neben der gebundenen Blau- siiure unbrauchbar. DaB die Beleganalpen des Herrn R o 8 e n- t h a l e r brauchbare Zahlen nachweisen, riihrt wohl daher, daB R o s e n t h a 1 e r seine Bestimmungen in Losungen gemacht hat, worin schon das Gleichgewicht erreicht war.

Wiirde Herr R o s e n t h a 1 e r seine Methode anwenden, um die Reaktionsgeachwindigkeit in dern System

C,H,COH + HCN =f C,H,COH HCN zu erforsohen; so w W e sich bei dern NeutraJisieren sofort das Gleichgewioht ejnstellen, und er wiirde finden, daI3 unter d e n VerhSltniSsen die Rmktionsgesohwindigkeit unmel3bar ist.

Phm.-Chem. Laboratorium der Reichs-Universitlit zu Utrecht.

l) Diem Zeitschrift 248, 639 (1910).