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Bert Hellinger Liebes-Geschichten

Bert Hellinger Liebes-Geschichten · Bert Hellinger 12. DIE LIEBE VON MANN UND FRAU Vorbemerkung Diese Betrachtungen über die Liebe zwischen Mann und Frau und wie diese Liebe auch

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Bert HellingerLiebes-Geschichten

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Bert Hel l inger

L I EBES-GESCHICHTEN

zwischen Mann und Frau,El tern und Kindern,uns und der Welt

Kösel

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Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte PapierEOS liefert Salzer, St. Pölten.

Copyright © 2006 Kösel-Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlag: Kaselow Design, MünchenUmschlagmotiv: U. Kawai / Getty ImagesDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in GermanyISBN-10: 3-466-30724-4ISBN-13: 978-3-466-30724-1

www.koesel.de

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INHALT

. . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

13 D IE L I E B E V O N M A N N U N D F R A UVorbemerkung 13

. . . . . . . . Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Was Paare aneinander wachsen lässt 15Erfüllte Liebe 15Die erste und die zweite Liebe 16Liebe und Schicksal 18Bewegungen der Liebe 19Das eigene Schicksal 20Mit dem Schicksal gehen 20Die gewöhnliche Liebe 21Die Vollkommenheit 23Das weite Herz 24Liebe, die über uns hinausführt 25Die große Liebe 29Beispiel: Entlastung mit Liebe 30Bindung und Freiheit 31Lösung durch Verzicht 33

. . . . . . . . Ordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Ordnungen der Liebe 34Die Liebe folgt der Ordnung 35Mutters Sohn und Vaters Tochter 37Die Rangordnung in Beziehungen 38Die Ursprungsordnung 38Die früheren Partner 39

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Die Unordnung und ihre Folgen 40Die Rangordnung in gemischten Familien 41Die Rangordnung zwischen der früheren und

der späteren Familie 42Andere Ordnungen zwischen Mann

und Frau 43Wer gehört zur Familie? 44Die größere Liebe 45Liebe, die krank macht, und Liebe,

die heilt 47Liebe, die bindet, und Liebe, die löst 49Frühere Partner oder Kinder werden

später vertreten 51

. . . . . . . . Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Sühne und Ausgleich 51Abtreibung 53Rache mit Liebe 54Der Ernst 55Die Hinbewegung 56Der Fluss des Lebens 56Der Lauf des Lebens 57Vergebung, Barmherzigkeit, Liebe 58Wissentlich blind 60Liebe und Angst 61Allmachtsphantasien 61Auf die Liebe schauen 61Die Unterscheidung der Gefühle 63Die doppelte Verschiebung 64Die übergeordneten Gefühle 65Dimensionen der Liebe 66Der Himmel auf Erden 68Die Abwesenheit 70Prüfungen der Liebe 73In der Liebe bleiben 75Der reine Bezug 76Die Zauberworte 77Erinnern, was gelang 77

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Warum? 78Verschmelzung und Grenzen 78Wieder zueinander finden 79Der Verzicht 80Gehen mit der Liebe des Geistes 80Der Abschied 81

83 A L LE K I N D E R S I N D G U T –UND IHRE ELT E R N A U C HVorbemerkung 83

. . . . . . . . Jeder ist gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Die andere Liebe 85Das geistige Feld 86Alles 88Die Größe 89Auf wen schaut unsere Krankheit? 90Auf wen haben wir als Kinder geschaut? 91Auf wen haben unsere Eltern als Kinder

geschaut? 92Auf wen hat unser Partner als Kind

geschaut? 93Auf wen schauen unsere eigenen Kinder? 93Die Allesliebe 94Die Liebe in wachsenden Ringen 94Das reine Herz 95Gehen mit dem Geist 96Der Wesenskern 98Die Freude des Geistes 99Gehen mit dem Geist, wenn es Probleme

gibt 100Gehen mit dem Geist, wenn wir krank sind 101Gehen mit dem Geist, wenn wir böse sind 101Die wahre Liebe 101Beispiel: »Ich bleibe bei dir« 102Der Anfang der Liebe 102

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. . . . . . . . Wachse und gedeihe, liebes Kind . . . . . . 105Beispiel: Die Zustimmung 105Glückliche Kinder 106Beispiel: »Mama, bitte bleib« 107Die Unruhe 109Das Leben 109Behinderte Kinder 111Das Glück 112

. . . . . . . . Kinder, Eltern und Lehrer . . . . . . . . . . . 114Die Achtung vor den Eltern,

wie sie sind 114Beispiel: »Liebe Mama, ich sterbe an

deiner Stelle« 115Helfen im Einklang mit dem Schicksal

eines Kindes 120Ohne Sorge 121Piercing 122Schwierige Kinder 122Beispiel: »Du hast mir sehr gefehlt« 123Das vollkommene Glück 130Meditation 131Beispiel: »Bitte bleib« 132Allmacht und Ohnmacht 140Die Verstrickung 140Beispiel: »Ich habe deinen Vater sehr

geliebt« 141Beide Eltern 143

. . . . . . . . Straßenkinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144Das wirkliche Leben 144Beispiel: »Bitte« 145Beispiel: Die Liebe 151

. . . . . . . . Autistische Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157Beispiel: Autistischer Junge 157Die Nachsicht 162Nachtrag 163

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Beispiel: Familie mit zwei autistischenKindern und einem lernbehinderten Kind 163

Nachtrag 170Beispiel: Autistisches Mädchen 171Grundmuster des Helfens 172Nachtrag 178

185 WEGE D ER L I EBEVorbemerkung 185

. . . . . . . . Wohin? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187Die Größe 187Nur die Liebe hat Zukunft 188Liebe und Leben 189Die Zustimmung 190Die Liebe zwischen Mann und Frau 191Ja, Danke, Bitte 192Verstrickungen 193Beispiel: Zwillingsbrüder 194Erläuterungen 200Das Familien-Stellen 202Resonanz und Dissonanz 203Die Vollendung des Glücks 205Die Freude des Herzens 206

. . . . . . . . Wie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206Der Erkenntnisweg 206Der Ursprung 207Die Leere 208Das Wesentliche 209Die Sammlung 209Die Schritte 210Das Handeln 210Wachsen durch Handeln 211Die Seele 211

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. . . . . . . . Was? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212Beispiel: Helfen bei Psychosen 212Das andere Feld 213Achtung mit Liebe 213Die Lösung 214Erläuterungen 217Nachbetrachtung 218Die Versöhnung 219Die Täter 220

. . . . . . . . Gottesgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222Die Gottesliebe 222Das Gebet 223Das Leben 224Der Anfang der Gotteserfahrung 224Die Eltern und Gott 225Danke, liebe Mutter, danke, lieber Vater 226Der gerechte Gott 228Jenseits der Gerechtigkeit 228Gerechtigkeit durch Sühne 229Das Schicksal 229Die andere Liebe 230Mann und Frau 231Fragen 232Der unvollkommene Gott 232Der freie Wille 233Die Verantwortung 233Die Religion 234

. . . . . . . . Nachbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237Durch Mitleid wissend 237

. . . . . . . . Leitfaden durch die Veröffentlichungenvon Bert Hellinger . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

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E INFÜHRUNG

Diese Liebes-Geschichten erzählen, wie die Liebe gelingt– und wie auch der Abschied mit Liebe gelingt. Sie erzäh-len von den Prüfungen der Liebe und was der Liebemanchmal entgegensteht. Oft ist dabei niemand schuld,sondern einer der Partner – und manchmal auch beide –wollen unter dem Einfluss von Ereignissen in ihrer Her-kunftsfamilie einem Schicksal folgen, das sie gefangennimmt und dem sie treu sind.

Diese Geschichten erzählen auch, wie sich die Partneraus diesen Schicksalen lösen können, wenn ans Lichtkommt, dass es nicht ihr eigenes Schicksal ist, dem siefolgen, sondern das Schicksal einer anderen Person, mitder sie sich verbunden fühlten, ohne dass es ihnen bewusstwar.

Solche Geschichten sind besonders bewegend, dennwenn wir sie lesen oder hören, können wir innerlich nach-fühlen, dass Ähnliches auch bei uns oder bei unserem Part-ner oder bei unseren Kindern Leben und Schicksal mit-bestimmt. Umso größer ist die Erleichterung, wenn wirerfahren, wie solche Schicksale sich zum Besseren wenden.

Neben den Liebes-Geschichten von Mann und Frau er-zählt dieses Buch auch Liebes-Geschichten von Kindern.Es erzählt von der tiefen Liebe der Kinder für ihre Elternund ihre Geschwister und andere aus der Familie. In die-sen Geschichten zeigt sich, dass niemand so tief und mitletzter Hingabe liebt wie die Kinder.

Mit ihrer Liebe wollen sie anderen in der Familie hel-fen. Das geht so weit, dass sie bereit sind, alles für an-

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dere in der Familie zu opfern, selbst ihre Gesundheit undihr Leben.

Diese Liebe ist oft verborgen. Sie versteckt sich manch-mal hinter seltsamem Verhalten oder hinter einer tiefenTraurigkeit, aber auch hinter Sucht und Versagen. Umsotiefer werden wir berührt, wenn wir in diesen GeschichtenZeugen werden, wie Kinder sich auf einmal verändern, wieihre Gesichter zu leuchten beginnen und ihre verborgeneLiebe ans Licht kommt. Alle in der Familie, die Kinder undihre Eltern, können endlich aufatmen. Ihrem Glück stehtnichts mehr im Weg.

Aber auch die Liebe der Eltern zu ihren Kindern istmanchmal verborgen. Die Kinder haben es schwer, dieseLiebe zu erkennen, und die Eltern haben es schwer, dieseLiebe zu zeigen. Oft, weil die Eltern in die Muster und inEreignisse ihrer Herkunftsfamilie verstrickt sind. Auchdazu erzählt dieses Buch Geschichten.

Sind damit die Themen für diese Liebes-Geschichtenerschöpft? Keineswegs. Denn neben der Liebe, die inner-halb der eigenen Familie bleibt, gibt es auch eine weiteLiebe, die andere Familien und andere Menschen mit ein-bezieht, die von uns völlig verschieden sind. Die weiteLiebe öffnet uns auch für sie. Sie bringt zusammen, wassich vorher entgegenstand, und stiftet Frieden mit gegen-seitiger Achtung und Liebe.

Liebe und Leben gehören zusammen, denn leben kön-nen wir nur, wenn wir lieben. Diese Liebes-Geschichtensind daher vor allem Lebens-Geschichten, Geschichten,wie mit der Liebe auch das Leben gelingt.

Bert Hellinger

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DI E L I EBE V ON MANNUND FRAU

VorbemerkungDiese Betrachtungen über die Liebe zwischenMann und Frau und wie diese Liebe auch ge-gen Widerstände gelingt, hatten jeweils einenkonkreten Anlass. Sie sind Zwischenbetrach-tungen, in denen ich Hintergründe und Zu-sammenhänge beschreibe, die Antwort gebenauf brennende Fragen, die in meinen Kursenvon Teilnehmern gestellt wurden. Daher stehtjede Betrachtung in gewisser Weise für sich.Doch sie ergänzen sich auch gegenseitig undergeben am Ende wie ein Mosaik aus vielenunterschiedlichen Steinen ein rundes Bild. Dasmachte es manchmal notwendig, das Gleichein einem anderen Zusammenhang noch einmalaufzugreifen, es weiterzuführen und zu ver-tiefen.

Jedes Kapitel vermittelt Einsichten, die un-mittelbar auf die Paarbeziehung übertragenwerden können. Daher kann jedes Kapitel für

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sich gelesen werden. Oft braucht es auch dasInnehalten und eine Zwischenzeit, um et-was, was zuerst ungewohnt und vielleicht auchanstößig erscheinen mag, an der eigenen Er-fahrung und vielleicht auch an neuem undanderem Handeln zu überprüfen. Denn jedesdieser Kapitel erzählt eine besondere Liebes-Geschichte.

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L IEBE

Was Paare aneinander wachsen lässtWann und wo erfahren wir uns am lebendigsten? In derPaarbeziehung, wenn Mann und Frau auf jeder Ebene einsmiteinander werden. Das ist auch der Vorgang, in dem siedas Leben weitergeben.

Der wesentliche Vorgang, in dem sich das Leben sowohlvollendet als auch von vorn beginnt, ist der sexuelle Voll-zug. Er ist die Erfüllung des Lebens und die Erfüllung derLiebe. Was immer daher der Paarbeziehung vorausgehtund folgt, kreist um diese Mitte.

Natürlich weiß ich, dass dieser Bezug manchmal aus demBlick entschwindet und ausgeklammert und vereitelt wird,weil anderes im Vordergrund steht. Zum Beispiel der Be-ruf, oder weil die Umstände es nahe legen und verlangen.Dennoch, das Leben geht weiter nur in diesem Vollzug.Nichts anderes kommt ihm an Wirkung gleich. Daher gibtes zu ihm auch keine Alternative, die ihm nahe kommenoder ihn sogar ersetzen könnte. Selbst dort, wo er in die-sem vollen Sinne dem Einzelnen verwehrt sein sollte,bleibt er die Mitte des Lebens und die Mitte der Liebe.

Wie wachsen Paare aneinander? Indem sie im Dienst desLebens aneinander wachsen.

Erfül l te L iebeDie Paarbeziehung liegt uns am nächsten. In der Paar-beziehung, vor allem wenn das Paar in Liebe miteinandereins wird, verdichtet sich das Leben auf das Wesentliche.

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Die Vereinigung in Liebe zwischen Mann und Frau ist derPunkt, an dem sich das Leben am meisten verdichtet, undzugleich die Liebe. Auf diesen Punkt wachsen wir hin. Erist die Erfüllung des Lebens bis dahin. Was danach folgt,ist ein Schicksal, das beide auf besondere Weise für langeund vielleicht für ein ganzes Leben verbindet. In diesemVollzug und dieser Verbindung werden Mann und Fraunicht nur körperlich eins, sondern sie werden auch in derSeele auf eine Weise eins, bei der sie sich auf einmal ganzfühlen, wo sie sich vorher nur als halb und getrennt er-fahren konnten. Denn der Mann für sich ist einsam. Erbraucht etwas anderes, damit er zur Fülle kommt. Erkommt zu seiner Fülle durch die Frau, mit der er sich ver-bindet. Das Gleiche gilt natürlich für die Frau. Allein istsie einsam und unerfüllt. Erst durch den Mann kommt siezu ihrer Fülle. Aber nicht von selbst. Diese Verbindung isteine Herausforderung, an der sie beide ein Leben langwachsen.

Doch dem steht manchmal etwas entgegen. Dann wirdin der Paarbeziehung das, was fehlt, als besonders schmerz-lich erfahren. Daher ist mit dem höchsten Glück zugleichsehr oft der tiefste Schmerz verbunden. Deswegen müssenwir wissen, was dieser Liebe in ihrer Erfüllung entgegen-steht und was wir tun können, damit die Liebe wieder ge-lingt.

Die erste und die zweite L iebeWenn ein Mann und eine Frau sich begegnen und sich indie Augen schauen, werden sie voneinander angezogen undsind verliebt. Sie lieben sich als Mann und Frau und wol-len sich miteinander verbinden, vielleicht ein Leben lang.Doch Verliebt-Sein heißt genau genommen: Ich sehe den

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anderen nicht. Ich bin angezogen von einem Bild, voneiner Sehnsucht in meiner Seele.

Dieses Bild und diese Sehnsucht gelten zutiefst der Mut-ter. Sie ist unsere erste Liebe, der Anfang der Liebe. Daherist die Liebe auf den ersten Blick im Grunde die Sehnsuchtnach Verschmelzung mit der Mutter. Das gilt sowohl fürden Mann als auch für die Frau. In dieser Verschmelzunggibt man sich auf, aber mit dem Gefühl, aufgefangen zuwerden von einer gewaltigen Kraft, in der man vergeht.Das ist die Mutter und was wir im Bild und in unserem Ge-fühl mit der Mutter verbinden.

Diese Sehnsucht ist zugleich Sehnsucht nach dem Tod.In der Sehnsucht nach Verschmelzung geben wir etwas aufvon unserem Leben. Deswegen ist es auch nicht verwun-derlich, dass manche, die so ineinander verliebt sind, zu-sammen sterben wollen. Das gehört hier dazu.

Doch die wahre Liebe, die am Leben bleibt und die dasLeben will, ist anders. Diese Liebe sieht den anderen, wieer oder sie ist, völlig anders als die eigene Mutter. DieseLiebe sieht, dass der andere unverwechselbar ist und dassman ihn nicht ändern kann oder darf.

Indem ich dem anderen so gegenübertrete und ihn sosehe, erkenne ich auch mich als unverwechselbar und ein-zigartig. Und auch ich lasse mich vom anderen als andersanblicken. Wenn wir uns so anblicken, bleiben wir, wie wirsind. Wir anerkennen, dass wir verschieden sind, dass wiraus verschiedenen Familien kommen und ein verschiede-nes Schicksal haben. So einander zuzustimmen, machtstark. Und doch ist es zugleich ein Verzicht. Aus diesemVerzicht entsteht zwischen den beiden Frieden.

Was heißt hier Frieden? Frieden heißt, dass etwas, wassich entgegenstand, sich im Hinblick auf etwas Größeresverbindet. Dennoch bleiben die Unterschiede erhalten. Siewerden nicht vermischt oder eingeebnet. Das, was sich ent-

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gegensteht, wird anerkannt als unterschiedlich und den-noch vor etwas Größerem als von gleichem Wert und glei-chem Recht.

Wenn dies anerkannt wird, gibt es im Grunde keine Aus-einandersetzungen mehr, keinen Ehekrach. Die Ausein-andersetzungen in der Ehe und in einer Partnerschaft er-geben sich fast immer im Prozess des Loslassens von derursprünglichen Sehnsucht nach der Mutter. Deswegenwerden wir in einer solchen Auseinandersetzung beschei-dener, auch größer, und am Ende milde.

Liebe und SchicksalDas Schicksal begegnet uns in jedem Menschen, mit demwir in Beziehung treten. Jeder wird für uns zum Schicksal– und wir für ihn. Schicksalsliebe heißt daher, dass ich so-wohl jenes Schicksal liebe, das mir in ihm begegnet undmich durch ihn bereichert, herausfordert und auch trifft,als auch jenes Schicksal, das den anderen durch mich be-reichert, ihn herausfordert und oft auch trifft. Dadurchwird jede Begegnung mit einem anderen Menschen eineBegegnung von Schicksalen, die hinter ihm und hinter mirwirken. Sie können beglückend sein oder schmerzlich, imDienst des Wachstums oder der Begrenzung, Leben ge-bend oder Leben nehmend.

Schicksalsliebe ist daher letzte Liebe, Letztes fordernd,Letztes gebend und Letztes nehmend. In ihr wachsen wirüber uns hinaus.

Was heißt das im Einzelnen? Wenn ich auf den anderenschaue, als seinem Schicksal ausgeliefert, was immer mirdadurch auch wehtut, und wenn ich anerkenne, dass diesesSchicksal unausweichlich auch mein Schicksal wird, stelleich mich dem anderen nicht mehr nur als einem Menschen.

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Ich stelle mich seinem und meinem Schicksal – und liebees. In diesem Augenblick füge ich mich einer schicksalhaf-ten Macht und lasse mich von ihr berühren. Ich werde vonVordergründigem und Kleinlichem gereinigt und bleibe inallem in der Liebe.

Umgekehrt, wenn ich für den anderen in einer Weisezum Schicksal werde, die ihm wehtut, die ihn begrenzt undihn vielleicht zum Abschied und zur Trennung zwingt,widerstehe ich dem Gefühl der Schuld, als würde ich ausEigennutz und bösem Wünschen oder Wollen handeln,und nicht, weil ich einem Schicksal ausgeliefert bin, demseinen sowohl als dem meinen. Auch dieses Schicksal mussich lieben, wie es ist. Ich werde durch dieses Schicksal reinund dem anderen ebenbürtig.

Wer das Schicksal so liebt, das eigene und das andere,wie immer es für ihn auch zum eigenen Schicksal wird, derist im Einklang mit allem, wie es ist. Er ist sowohl einge-bunden als auch zugewandt. Seine Liebe hat, weil sieSchicksalsliebe ist, sowohl Größe als auch Kraft.

Bewegungen der L iebeSehr oft ist einer der Partner an etwas gebunden, was inseiner Herkunftsfamilie unerledigt ist. Dann sagt er viel-leicht zu jemandem aus seiner Familie innerlich als Kind:»Ich für dich.« Das zieht ihn weg von seinem Partner undvon seiner jetzigen Familie.

Beim Familien-Stellen kommt oft ans Licht, wohin einergezogen wird. Vorher weiß er es ja nicht. Wenn das in Ord-nung gebracht wird und die Personen, die es ursprünglichangeht, die entscheidende Bewegung selbst vollziehen, istdas Kind frei.

Oft auch gibt es in der Herkunftsfamilie die Bewegung,

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dass ein Kind jemandem sagt: »Ich folge dir nach.« ZumBeispiel seiner toten Mutter oder dem toten Vater. Dannbeginnt es später in der Paarbeziehung vielleicht auch eineWegbewegung. Sein Partner kann dann nichts dagegenmachen. Denn es sind andere Kräfte, Schicksalskräfte, diehier wirken. Sie bringen ein Paar auseinander.

Wenn man um diese Gesetze weiß und wenn man weiß,was in einer Paarbeziehung zwischen die Liebe der Partnertreten kann, wie zum Beispiel diese Sätze »Ich folge dirnach« und »Ich an deiner Stelle«, kann man es in Ordnungbringen. Dann kann das Paar zusammenbleiben.

Das heißt aber auch, was immer in einer Paarbeziehungaufgrund dieser Dynamiken geschieht, es ist niemand böse.Es ist auch niemand schuldig. Die Partner sind verstrickt.

Das eigene SchicksalWenn wir auf unsere Familie und auf die Ahnen schauen,sehen wir, hinter jedem von ihnen steht mächtig seinSchicksal. Wir wenden uns jedem zu und sehen hinter ihmoder ihr deren Schicksal. Wir schauen über sie hinaus aufihr Schicksal. Wir verneigen uns vor diesem Schicksal undziehen uns zurück, sodass jeder bei seinem eigenen Schick-sal bleibt. Dann wenden wir uns um und sehen vor uns un-ser Schicksal. Wir verneigen uns vor unserem Schicksal,kommen in Einklang mit ihm und stimmen ihm zu, wie esist. Wir erfahren uns in der Zustimmung zu unseremSchicksal sowohl gebunden als auch frei.

Mit dem Schicksal gehenManchmal erwarten andere von uns eine besondere Hilfe.Oft würden wir ihnen gerne helfen, doch es ergibt sich da-bei die Frage: Werden wir dadurch vielleicht zu ihrem

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Schicksal? Zum Beispiel, wenn wir ihnen einen bestimm-ten Rat geben. Wenn jemand diesem Rat folgt, macht ermich auf gewisse Weise zu seinem Schicksal. Wenn abereine solche Person sich ihrem Schicksal zuwendet und sichvor ihrem Schicksal verneigt, übernimmt ihr Schicksal dieFührung. Es kann sein, dass ihr Schicksal diese Person zumir führt. Wenn ich ihr im Einklang mit ihrem Schicksalhelfe, bin ich sicher. Aber nicht ohne ihr Schicksal oder gargegen ihr Schicksal.

Wenn Eltern auf ihre Kinder schauen, verhalten sie sichmanchmal, als seien sie ihr Schicksal, oder als müssten sieihr Schicksal sein. Hier ist die gleiche Bewegung hilfreich.Sie schauen über das Kind hinaus auf sein Schicksal. Die-ses Schicksal ist einzigartig. Sie blinzeln dem Schicksalihres Kindes zu und kommen ins Einverständnis mit demSchicksal des Kindes. Dann atmet ein solches Kind auf. Esdarf bei seinem Schicksal bleiben.

Die gewöhnl iche L iebeLiebe, die gelingt, ist menschlich. Es gibt viele große Idealeüber die Liebe. Ich denke zum Beispiel an die Oper Tristanund Isolde von Richard Wagner. Die Liebe dieser beidenwar für das Leben zu groß. Sie endete mit dem Tod. DieseLiebe ist also nicht gelungen.

Liebe, die gelingt, ist menschlich, nah am Gewöhn-lichen. Sie anerkennt, dass wir andere Menschen brauchen,dass wir ohne die anderen verkümmern. Wenn wir dasgegenseitig anerkennen, geben wir dem anderen etwas undnehmen etwas von ihm. Wir freuen uns darüber, dass wiretwas bekommen, und wir freuen uns, dass wir etwas ge-ben können. Indem wir fortfahren mit dem Geben undNehmen in gegenseitiger Achtung, mit Wohlwollen und

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dem Wunsch, dass es sowohl dem anderen als auch uns gutgeht, haben wir erfasst, was es heißt, menschlich zu lieben.

Diese Liebe beginnt mit der Beziehung zwischen Mannund Frau. Alle anderen Beziehungen später erwachsen ausdieser Liebe. Sie ist die Grundlage aller menschlichen Be-ziehungen. Wir werden zu ihr getrieben, unwiderstehlich,denn der Mann braucht, um ganz zu sein, die Frau, und dieFrau braucht, um ganz zu sein, den Mann. Es ist ein star-kes Begehren, das sie zueinander führt. Dieses Begehren,manchmal von einigen abfällig als Trieb bezeichnet, ist diemächtigste Bewegung des Lebens. Sie bringt das Lebenvoran. Daher sind dieses Begehren und diese Sehnsucht amtiefsten mit dem Urgrund des Lebens verbunden. Indemwir das anerkennen, sind wir in dieser Liebe mit dem Ur-grund des Lebens eins. Diese Liebe und dieses Begehrenverbinden uns mit der Fülle des Lebens. Wer sich auf dieseLiebe einlässt, ist gefordert. Sowohl das höchste Glück wiedas tiefste Leid folgen aus dieser Sehnsucht und dieserLiebe. In ihr wachsen wir.

Wer sich auf diese Liebe eingelassen hat, fließt nacheiniger Zeit über. Diese Liebe geht über die Paarbeziehungweit hinaus, zum Beispiel wenn diese Liebe Kinder her-vorbringt. Dann geht diese Liebe weiter in der Liebe derEltern zu ihren Kindern. Und die Liebe, die die Kinder er-fahren, fließt auf die Eltern zurück. So wachsen die Kinderheran, bis sie selbst einen Mann suchen oder eine Frau undder Fluss des Lebens durch sie weiterfließt.

Also, wo die Liebe beginnt, schließt sie im Laufe der Zeitimmer mehr ein. Sie erfasst auch andere. Aber erst, wennwir sie in uns als menschlich erfahren und bejaht haben. Indieser Hinsicht ist die ganz große Liebe gewöhnlich. DieseLiebe hat Kraft, und sie dauert.

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