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den der Heiratssaison macht sie Bräute hübsch. „Das ist eine komplett an- dere Welt. Hochzeiten sind immer positiv. Ich ha- be da nur mit glücklichen Menschen zu tun. Das gibt viel Energie!“ Ein willkom- mener Ausgleich zur Be- triebsratsarbeit. „Hier beschäftige ich mich ja meistens mit eher negativen Themen, mit Problemen, und muss mir schon mal anhören, was wir alles falsch gemacht haben.“ Als Betriebsrat sei man „oft der Buhmann“, sowohl für den Arbeitge- ber als auch für die Kollegen, die nicht einsehen wollen, dass man sich nicht immer auf ganzer Linie durchsetzen kann. „Man muss in Verhandlungen auch mal Kröten schlucken. Das ist so. Leider schimpfen dann Kollegen oft: Der doofe Betriebsrat hat nicht genug getan.“ Auf Betriebsversammlungen gibt es einen speziellen SMS-Service, der das Versenden anonymer Kritik erlaubt. „Da habe ich mich schon das ein oder andere Mal gewundert, mit welcher Res- pektlo- sigkeit gewisse Kommentare abgegeben werden. Ich sage mir allerdings: Das darfst du nicht persönlich nehmen. Man muss sich wirklich ein dickes Fell zulegen!“ Trotz ihrer Begeisterung fürs Make- up hat sie nach der Schule eine Ausbil- dung als Kauffrau für Bürokommunika- tion gemacht, und zwar bei Airbus. Das schien ihr der bessere Weg zu einem si- cheren Einkommen. Das Abi hat sie nicht geschafft. „Schule hieß immer nur dasitzen und zuhören. Irgendwann habe ich festgestellt, dass die Welt auch funktioniert, ohne dass ich Mathe und Physik begreife.“ Studieren wollte sie eigentlich nie, hat dann aber doch ei- nen Bachelor in Wirtschaftsrecht er- worben, und zwar parallel zu ihrem Job, durch Pauken am Abend und am Wochenende. 2010 wird sie in den Betriebsrat ge- wählt und zwei Jahre später schon zur Stellvertreterin. „Das musste ich mir gut überlegen, nach nur drei, vier Jah- ren Berufserfahrung schon zu hundert Prozent in die Betriebsratsarbeit zu ge- hen.“ Denn es bedeutet, die fachliche Entwicklung im eigentlichen Beruf auf Wichtiger sind ihr andere Fragen. Sie möchte gern mehr Frauen gewinnen für Airbus, zur Zeit ein sehr männlich dominierter Betrieb mit einem Frau- enanteil von nur rund 15 Prozent. Im Aufsichtsrat und im Vorstand wünscht sie sich 50 Prozent Frau- en, wenn es nicht anders geht, per Quote. Selbst im Betriebsrat ist ei- ne Frau in Führung keine Selbst- verständlichkeit, das hat sie bei ih- rer eigenen Wahl zur Vorsitzen- den erfahren. Da wurde argumen- tiert, sie sei eine Frau, noch jung und wolle sicher noch Kinder be- kommen. Das ließe sich mit so ei- nem Job doch nicht vereinbaren. Bei diesem Thema gerät Sophia Kielhorn so richtig in Fahrt: „Ent- schuldigung, ich kriege nicht alleine Kinder! Würden Sie das einem jungen Mann, der noch eine Familie gründen möchte, genauso sagen? Ich finde es schlimm, dass wir Frauen dafür best- raft werden, dass wir Kinder kriegen können. Obwohl wir dafür eigentlich mal gefeiert werden müssten, denn das ist ja nicht gerade ein Spaziergang.“ Auch für die Männer findet sie das schlimm. „Bei einem Mann, der sich um die Kinder kümmern will, heißt es nämlich: Hast du dafür keine Frau oder was?“ Kinder seien doch kein Problem, stellt sie kategorisch fest. „Die Gesell- schaft macht sie zum Problem, wenn sie nicht das passende Drumherum schafft.“ Ihre Mutter hat immer Voll- zeit gearbeitet, als Sekretärin, Sophia ging in die Kita. Das war in der DDR üblich und anders kennt sie das gar nicht. Sie ist in Mecklenburg-Vorpom- mern aufgewachsen, bis der Vater, Schiffbauer von Beruf, nach dem Fall der Mauer dort keine Perspektive mehr sah und mit der Familie nach Hamburg übersiedelte. „Ich zeige es euch“, denkt Sophia Kielhorn heute. „Wenn es so weit ist, werdet ihr sehen, dass es geht, Mutter zu sein und einen Führungsjob zu ha- ben.“ Kurz stutzt sie: „Hoffentlich habe ich den Mund nicht zu voll genom- men.“ Sie wird das schaffen, da bin ich sicher. Eis zu le- gen. Sie ist zufrieden mit ihrer Entschei- dung und eigentlich auch ausgelastet. Ihre Nebenbeschäftigung ist ihr trotzdem sehr wichtig. Die Hei- ratskandidatinnen sind immer dankbar. „Ich schminke eine Braut und style sie, damit habe ich am Ende einen glücklichen Menschen.“ Hochzeiten mag sie so sehr, dass sie selbst nun mit 33 bereits zum zweiten Mal verheiratet ist. Nein, natürlich ist das nicht der Grund. Es ist einfach schiefgegangen beim ersten Mal. „Aber jetzt muss es halten!“ Sie schmunzelt. Zweimal hat sie ihren Na- men geändert, zuletzt von Jacobsen zu Kielhorn. Eigentlich sieht sie sich als Feministin. Warum nimmt sie dann den Namen des Mannes an? „Wenn ich mich an den zweiten Namen gewöhnt habe, kann ich mich auch an den drit- ten gewöhnen“, antwortet sie mit ei- ner wegwerfenden Handbewegung. „Es ist mir egal, darüber definiere ich mich nicht.“ DIE WELT SAMSTAG, 7. JANUAR 2017 Gewinnbe- teiligung der Kollegen in Gefahr ist, findet sie un- gerecht, und Ungerechtigkei- ten hasst sie. In blauem Mini- rock und schwarzen Nylons sitzt sie char- mant in ihrem gänzlich uncharmanten Büro in Finkenwerder. Wer sie we- gen ihres Alters oder ihres Aus- sehens unterschätze, irre sich, warnt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Ja, da ist auch die- se mädchenhafte Seite, sie hat ein Faible für Styling und Hochzeiten. Ich schiele auf die Büroutensilien auf ihrem Schreibtisch: pinkfar- bener Rechner und Locher sowie Klebestreifen zum Abrollen in pinkfarbenen High Heels. „Jetzt, wo wir ein Mädchen hier haben, brauchen wir auch Mäd- chenfarben, hat meine Se- kretärin festgestellt“, er- klärt sie mir lachend. Sie redet gern und viel und immer so, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. „Ich bin echt eine kleine Quasselstrippe.“ Auf Facebook scheut sie sich nicht, politisch zu provozieren, zeigt sich im T-Shirt mit der Aufschrift „I could be a refugee“ und postet Fotos mit Parolen wie: „Bombing for peace is like fucking for virginity“. Dazwischen ganz viele Fotos mit ihrem Mann Alexander, ei- nem Polizisten. Frisch verheiratet ist das Paar, erst seit ein paar Monaten, sehr verliebt – und Sophia meist wun- derschön geschminkt. Im Teenageralter wollte sie unbe- dingt Visagistin werden. Und sie ist es auch geworden, nebenberuflich. Als Make-up-Artist übernimmt sie das Sty- ling für Fotografen; an den Wochenen- A ls sie bei Airbus anfing, hat- te sie noch nie in einem Flugzeug gesessen. „Das ist schon merkwürdig, hier zu arbeiten und jeden Tag die Flugzeuge zu sehen, wenn du selber noch nie geflogen bist.“ Doch wohl- weislich gehörte ein Kurs in Motorse- gelfliegen zur Ausbildung, und so konn- te Sophia Kielhorn mit 21 zum ersten Mal abheben. Schon zehn Jahre später wird sie Be- triebsratsvorsitzende bei der Airbus Operations GmbH Hamburg, vertritt heute rund 14.000 Mitarbeiter. Sie ist das Sprachrohr des Betriebsrats, erste Ansprechpartnerin des Managements. Eine ihrer Lieblingsaufgaben: auf der Betriebsversammlung die Rede halten, den Bericht des Betriebsrates abgeben. „Denn da darf man schon mal ein biss- chen böse sein dem Arbeitgeber gegen- über. Es ist das Privileg des Betriebsra- tes, Dinge auszusprechen, die ein Mit- arbeiter so vielleicht lieber nicht sagen sollte.“ VON SABINE STAMER Schon ihre Mutter hat ihr beige- bracht, für die Schwächeren einzutre- ten und sie gegen Benachteiligungen zu verteidigen. „Damit sind mein Bruder und ich groß geworden und deswegen bin ich jetzt auch im richtigen Job.“ Auf der letzten Versammlung hat sie sich „massiv aufgeregt“ über die Ausliefe- rungszahlen des Unternehmens. Viel zu hoch, ihrer Meinung nach. 690 Flugzeuge auszuliefern, hatte sich Airbus für 2016 zum Ziel gesetzt. Deswegen bangten die Kollegen um ih- re Gewinnbeteiligung, die sie nur be- kommen, wenn dieses Ziel erreicht wird. Im Jahr davor hatte Airbus Pro- bleme, die deutlich niedrigere Zahl von 635 Flugzeugen fertigzustellen. „Mei- nes Erachtens hat die Unternehmens- leitung nicht genug getan, um Störun- gen in der Produktion zu beheben“, kri- tisiert Sophia Kielhorn. Dass jetzt die Sabine Stamer, Autorin und Journalistin (www.sabinestamer.de), porträtiert Hamburger Frauen. Dies ist die letzte Folge der Serie Sophia Kielhorn in einer der Airbus- Hallen auf Finkenwerder BERTOLD FABRICIUS Zwischen Klartext und Lidstrich Als Betriebsratsvorsitzende bei Airbus vertritt Sophia Kielhorn rund 14.000 Mitarbeiter. Am Wochenende macht sie als Make-up-Artist Bräute hübsch Sophia Kielhorn STAMERS FRAUEN HAMBURG 35 ANZEIGE

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Page 1: BERTOLD FABRICIUS Zwischen Klartext und Lidstrichsabinestamer.de/sites/default/files/Sophia–Kielhorn.pdf · style sie, damit habe ich am Ende einen glücklichen Menschen.“ Hochzeiten

den derHeiratssaisonmacht sie Bräute hübsch.„Das ist eine komplett an-dere Welt. Hochzeitensind immer positiv. Ich ha-be da nur mit glücklichenMenschen zu tun. Das gibtviel Energie!“ Ein willkom-mener Ausgleich zur Be-

triebsratsarbeit. „Hier beschäftige ichmich ja meistens mit eher negativenThemen, mit Problemen, und muss mirschon mal anhören, was wir alles falschgemacht haben.“

Als Betriebsrat sei man „oft derBuhmann“, sowohl für den Arbeitge-ber als auch für die Kollegen, die nichteinsehen wollen, dass man sich nichtimmer auf ganzer Linie durchsetzenkann. „Man muss in Verhandlungenauch mal Kröten schlucken. Das ist so.Leider schimpfen dann Kollegen oft:Der doofe Betriebsrat hat nicht genuggetan.“

Auf Betriebsversammlungen gibt eseinen speziellen SMS-Service, der dasVersenden anonymer Kritik erlaubt.„Da habe ich mich schon das ein oderandere Mal gewundert, mit welcher

Res-pektlo-

sigkeit gewisseKommentare abgegeben werden. Ichsage mir allerdings: Das darfst du nichtpersönlich nehmen. Man muss sichwirklich ein dickes Fell zulegen!“

Trotz ihrer Begeisterung fürs Make-up hat sie nach der Schule eine Ausbil-dung als Kauffrau für Bürokommunika-tion gemacht, und zwar bei Airbus. Dasschien ihr der bessere Weg zu einem si-cheren Einkommen. Das Abi hat sienicht geschafft. „Schule hieß immernur dasitzen und zuhören. Irgendwannhabe ich festgestellt, dass die Welt auchfunktioniert, ohne dass ich Mathe undPhysik begreife.“ Studieren wollte sieeigentlich nie, hat dann aber doch ei-nen Bachelor in Wirtschaftsrecht er-worben, und zwar parallel zu ihremJob, durch Pauken am Abend und amWochenende.

2010 wird sie in den Betriebsrat ge-wählt und zwei Jahre später schon zurStellvertreterin. „Das musste ich mirgut überlegen, nach nur drei, vier Jah-ren Berufserfahrung schon zu hundertProzent in die Betriebsratsarbeit zu ge-hen.“ Denn es bedeutet, die fachlicheEntwicklung im eigentlichen Beruf auf

Wichtiger sind ihr andere Fragen. Siemöchte gern mehr Frauen gewinnenfür Airbus, zur Zeit ein sehr männlichdominierter Betrieb mit einem Frau-enanteil von nur rund 15 Prozent. ImAufsichtsrat und im Vorstandwünscht sie sich 50 Prozent Frau-en, wenn es nicht anders geht, perQuote. Selbst im Betriebsrat ist ei-ne Frau in Führung keine Selbst-verständlichkeit, das hat sie bei ih-rer eigenen Wahl zur Vorsitzen-den erfahren. Da wurde argumen-tiert, sie sei eine Frau, noch jungund wolle sicher noch Kinder be-kommen. Das ließe sich mit so ei-nem Job doch nicht vereinbaren.

Bei diesem Thema gerät SophiaKielhorn so richtig in Fahrt: „Ent-

schuldigung, ich kriege nicht alleineKinder! Würden Sie das einem jungen

Mann, der noch eine Familie gründenmöchte, genauso sagen? Ich finde esschlimm, dass wir Frauen dafür best-raft werden, dass wir Kinder kriegenkönnen. Obwohl wir dafür eigentlichmal gefeiert werden müssten, denn dasist ja nicht gerade ein Spaziergang.“Auch für die Männer findet sie dasschlimm. „Bei einem Mann, der sichum die Kinder kümmern will, heißt esnämlich: Hast du dafür keine Frau oderwas?“

Kinder seien doch kein Problem,stellt sie kategorisch fest. „Die Gesell-schaft macht sie zum Problem, wennsie nicht das passende Drumherumschafft.“ Ihre Mutter hat immer Voll-zeit gearbeitet, als Sekretärin, Sophiaging in die Kita. Das war in der DDRüblich und anders kennt sie das garnicht. Sie ist in Mecklenburg-Vorpom-mern aufgewachsen, bis der Vater,Schiffbauer von Beruf, nach dem Fallder Mauer dort keine Perspektive mehrsah und mit der Familie nach Hamburgübersiedelte.

„Ich zeige es euch“, denkt SophiaKielhorn heute. „Wenn es so weit ist,werdet ihr sehen, dass es geht, Mutterzu sein und einen Führungsjob zu ha-ben.“ Kurz stutzt sie: „Hoffentlich habeich den Mund nicht zu voll genom-men.“ Sie wird das schaffen, da bin ichsicher.

Eis zu le-gen. Sie ist

zufrieden mitihrer Entschei-

dung und eigentlichauch ausgelastet. Ihre

Nebenbeschäftigung ist ihrtrotzdem sehr wichtig. Die Hei-

ratskandidatinnen sind immerdankbar. „Ich schminke eine Braut undstyle sie, damit habe ich am Ende einenglücklichen Menschen.“

Hochzeiten mag sie so sehr, dass sieselbst nun mit 33 bereits zum zweitenMal verheiratet ist. Nein, natürlich istdas nicht der Grund. Es ist einfachschiefgegangen beim ersten Mal.„Aber jetzt muss es halten!“ Sieschmunzelt. Zweimal hat sie ihren Na-men geändert, zuletzt von Jacobsen zuKielhorn. Eigentlich sieht sie sich alsFeministin. Warum nimmt sie dannden Namen des Mannes an? „Wenn ichmich an den zweiten Namen gewöhnthabe, kann ich mich auch an den drit-ten gewöhnen“, antwortet sie mit ei-ner wegwerfenden Handbewegung.„Es ist mir egal, darüber definiere ichmich nicht.“

35 07.01.17 Samstag, 7. Januar 2017 DWHH-REGBelichterfreigabe: --Zeit:::Belichter: Farbe:

DW_Dir/DW/DWHH-REG07.01.17/1/Ham3 WLENDL 5% 25% 50% 75% 95%

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DIE WELT SAMSTAG, 7. JANUAR 2017

Gewinnbe-teiligungder Kollegenin Gefahr ist,findet sie un-gerecht, undUngerechtigkei-ten hasst sie.

In blauem Mini-rock und schwarzenNylons sitzt sie char-mant in ihrem gänzlichuncharmanten Büro inFinkenwerder. Wer sie we-gen ihres Alters oder ihres Aus-sehens unterschätze, irre sich,warnt sie mit einem verschmitztenLächeln. Ja, da ist auch die-se mädchenhafte Seite, siehat ein Faible für Stylingund Hochzeiten. Ich schieleauf die Büroutensilien aufihrem Schreibtisch: pinkfar-bener Rechner und Lochersowie Klebestreifen zumAbrollen in pinkfarbenenHigh Heels. „Jetzt, wo wirein Mädchen hier haben,brauchen wir auch Mäd-chenfarben, hat meine Se-kretärin festgestellt“, er-klärt sie mir lachend. Sie redet gernund viel und immer so, wie ihr derSchnabel gewachsen ist. „Ich bin echteine kleine Quasselstrippe.“

Auf Facebook scheut sie sich nicht,politisch zu provozieren, zeigt sich imT-Shirt mit der Aufschrift „I could be arefugee“ und postet Fotos mit Parolenwie: „Bombing for peace is like fuckingfor virginity“. Dazwischen ganz vieleFotos mit ihrem Mann Alexander, ei-nem Polizisten. Frisch verheiratet istdas Paar, erst seit ein paar Monaten,sehr verliebt – und Sophia meist wun-derschön geschminkt.

Im Teenageralter wollte sie unbe-dingt Visagistin werden. Und sie ist esauch geworden, nebenberuflich. AlsMake-up-Artist übernimmt sie das Sty-ling für Fotografen; an den Wochenen-

Als sie bei Airbus anfing, hat-te sie noch nie in einemFlugzeug gesessen. „Das istschon merkwürdig, hier zuarbeiten und jeden Tag die

Flugzeuge zu sehen, wenn du selbernoch nie geflogen bist.“ Doch wohl-weislich gehörte ein Kurs in Motorse-gelfliegen zur Ausbildung, und so konn-te Sophia Kielhorn mit 21 zum erstenMal abheben.

Schon zehn Jahre später wird sie Be-triebsratsvorsitzende bei der AirbusOperations GmbH Hamburg, vertrittheute rund 14.000 Mitarbeiter. Sie istdas Sprachrohr des Betriebsrats, ersteAnsprechpartnerin des Managements.Eine ihrer Lieblingsaufgaben: auf derBetriebsversammlung die Rede halten,den Bericht des Betriebsrates abgeben.„Denn da darf man schon mal ein biss-chen böse sein dem Arbeitgeber gegen-über. Es ist das Privileg des Betriebsra-tes, Dinge auszusprechen, die ein Mit-arbeiter so vielleicht lieber nicht sagensollte.“

VON SABINE STAMER

Schon ihre Mutter hat ihr beige-bracht, für die Schwächeren einzutre-ten und sie gegen Benachteiligungen zuverteidigen. „Damit sind mein Bruderund ich groß geworden und deswegenbin ich jetzt auch im richtigen Job.“ Aufder letzten Versammlung hat sie sich„massiv aufgeregt“ über die Ausliefe-rungszahlen des Unternehmens. Vielzu hoch, ihrer Meinung nach.

690 Flugzeuge auszuliefern, hattesich Airbus für 2016 zum Ziel gesetzt.Deswegen bangten die Kollegen um ih-re Gewinnbeteiligung, die sie nur be-kommen, wenn dieses Ziel erreichtwird. Im Jahr davor hatte Airbus Pro-bleme, die deutlich niedrigere Zahl von635 Flugzeugen fertigzustellen. „Mei-nes Erachtens hat die Unternehmens-leitung nicht genug getan, um Störun-gen in der Produktion zu beheben“, kri-tisiert Sophia Kielhorn. Dass jetzt die

Sabine Stamer, Autorin und Journalistin (www.sabinestamer.de),porträtiert HamburgerFrauen. Dies ist die letzte Folge der Serie

Sophia Kielhorn in einer der Airbus-Hallen auf FinkenwerderBERTOLD FABRICIUS

ZwischenKlartext undLidstrichAls Betriebsratsvorsitzende beiAirbus vertritt Sophia Kielhornrund 14.000 Mitarbeiter. AmWochenende macht sie alsMake-up-Artist Bräute hübsch

Sophia Kielhorn

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H amburgs Bürgermeister OlafScholz befürwortet ein härteresVorgehen gegen ausländische

Straftäter. „Wir müssen es möglich ma-chen, dass abgelehnte Asylbewerber, dieals Gefährder eingestuft sind, in Ab-schiebehaft genommen werden können– auch sehr lange, falls es mit den Papie-ren nicht so einfach ist“, sagte Scholz,der auch stellvertretender SPD-Bundes-vorsitzender ist, am Freitag dem Radio-sender NDR 90,3. Außerdem müsse sichdie Bundesregierung stärker dafür ein-setzen, dass die nordafrikanischen Staa-ten ihre Bürger, die als Asylbewerberabgelehnt wurden, wieder aufnehmen.

Zudem kündigte Scholz eine Auswei-tung der Videoüberwachung an. „Wirwerden das, was im Rahmen der Geset-ze und der Rechtsprechung möglich ist,in Hamburg machen. Es wird sicherlichmehr werden.“ Eine Verlagerung derZuständigkeiten der Länder auf dieBundesebene lehnte Scholz ab. Eine Zu-sammenlegung der Landesämter fürVerfassungsschutz, wie von Bundesin-nenminister Thomas de Maizière(CDU) gefordert, sei der falsche Weg.

Optimistisch äußerte sich Scholz mitBlick auf das Verfahren am Bundesver-waltungsgericht in Leipzig, das am 9.

Februar mit einem Urteil enden soll.Scholz rechnet aber auch damit, dasszusätzliche Auflagen im Bereich derAusgleichsmaßnahmen nötig sein wer-den. Ähnlich hatte sich am Vortag auchWirtschaftssenator Frank Horch (par-teilos) geäußert. Dennoch: „Ich bin zu-versichtlich, auch weil ich es gerne seinmöchte. Aber es ist auch sehr gut gear-beitet worden.“

Sollte es zu Auflagen kommen, sei dasnicht verwunderlich, denn schließlichwürde bei der Rechtsprechung zur Elb-vertiefung juristisches Neuland betre-ten. In Richtung der Kritiker sagteScholz: „Da äußern sich ja manchmalwelche, die nicht eine einzige Zeile derSchriftsätze der Gerichtsverfahren ge-lesen haben, die von den verantwortli-chen Behörden geschickt worden sind.“Er selbst habe das jedoch getan und lob-te auch die Vorbereitungen durch dieWirtschaftsbehörde.

Als wichtige innerstädtische Heraus-forderungen für das neue Jahr nannteScholz den weiteren Bau von bezahlba-rem Wohnraum, 3000 Sozialwohnun-gen sollten 2017 entstehen. Und auchfür den wachsenden Autoverkehr müss-ten angesichts der Zuzüge neue Lösun-gen gefunden werden. DW

Scholz für härteres Vorgehengegen ausländische Straftäter Bürgermeister optimistisch für Elbvertiefung

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