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LÖBF- Mitteilungen Nr. 3/2004 Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen Bestand: Zur Situation von Biber und Quappe Konzept: Gewässerauen an Ems und Rur Indikator: Fischfauna und Gewässergüte Auswirkung: Gewässerdurchlässe und Wärmeeinleitung Bewertung: Erhaltungszustand von FFH-Lebensraumtypen Lebensraum: Gewässer in Nordrhein-Westfalen

Bestand: Konzept: Indikator: Auswirkung · LÖBF-Mitteilungen 3/04 3 Editorial Thomas Hübner, Andreas Pardey, Michael Röös, Thomas Schiffgens und Georg Verbücheln Bewertung der

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Page 1: Bestand: Konzept: Indikator: Auswirkung · LÖBF-Mitteilungen 3/04 3 Editorial Thomas Hübner, Andreas Pardey, Michael Röös, Thomas Schiffgens und Georg Verbücheln Bewertung der

LÖBF-Mitteilungen Nr. 3/2004

Landesanstalt für Ökologie,Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen

Bestand:Zur Situation von Biber und Quappe

Konzept:Gewässerauen an Ems und Rur

Indikator:Fischfauna und Gewässergüte

Auswirkung:Gewässerdurchlässe und Wärmeeinleitung

Bewertung:Erhaltungszustand von FFH-Lebensraumtypen

Lebensraum:Gewässer in Nordrhein-Westfalen

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Impressum Aus dem Inhalt

Herausgeber und Verlag:Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung undForsten NRW (LÖBF)Castroper Straße 30D-45665 Recklinghausen, Telefon: 0 23 61/3 [email protected]:Marlies Graner, Bernd Stracke (verantwortlich)

Redaktionsbeirat: Dr. Jürgen Eylert, Horst Frese, Dr. Heiner Klinger, Dr. Bertram Leder, Dr. Joachim Weiss

Vertriebsleitung: Michael Bachem

Vertriebsverwaltung, Abo.-/Leserservice:Druck- und Verlagshaus Bitter GmbH & CoWilhelm-Bitter-Platz 145659 Recklinghausen, Telefon 0 23 61/5 82 88-36

Erscheinungsweise:vierteljährlich März, Juni, September, Dezember.Einzelheft: 1,50 A zuzügl. Porto.Jahresabonnement: 5,– A einschl.Porto.Bestellungen, Anschriftänderungen, Abonne-mentfragen mit Angabe der Abonummer, Abbe-stellungen (drei Monate vor Ende des Kalender-jahres) siehe Vertriebsverwaltung.

Satz und Druck:Druck- und Verlagshaus Bitter GmbH & CoPostfach 10 02 5345602 Recklinghausen, Telefon 0 23 61/60 06-0

Für unverlangt eingesandte Manuskripte sowieBücher für Buchbesprechungen wird keine Haf-tung übernommen. Durch das Einsenden von Fo-tografien und Zeichnungen stellt der Absender denVerlag von Ansprüchen Dritter frei. Die Redakti-on behält sich die Kürzung und Bearbeitung vonBeiträgen vor. Veröffentlichungen, die nicht aus-drücklich als Stellungnahme der Landesanstalt fürÖkologie, Bodenordnung und Forsten NRW(LÖBF) gekennzeichnet sind, stellen die persönli-che Meinung des Verfassers dar.

ISSN 0947-7578

100% Umweltpapier

LÖBF-Mitteilungen Nr. 3/2004

Landesanstalt für Ökologie,Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen

Quappe (Lota lota). Foto: R. BergComposing: Bitter-Verlag

Bestand:Zur Situation von Biber und Quappe

Konzept:Gewässer anEms und Rur

Indikator:Fischfauna undGewässergüte

Auswirkung:Gewässerdurchlässeund Wärmeeinleitung

Bewertung:Erhaltungszustand von FFH-Lebensraumtypen

Lebensraum:

Gewässer in Nordrhein-Westfalen

Heiner Klinger, Andreas Hoffmann und Carsten NoltingFischfaunistische Referenzen für Fließgewässertypen 30

Ulrich Schwevers, Karin Schindehütte, Beate Adam und Ludwig SteinbergZur Passierbarkeit von Durchlässen für Fische 37

Antje Goedeking, Uwe Koenzen und Andreas PardeyGewässerauenkonzept Rur 2002 24

Renaturierte Lippe in der „Klostermersch“ bei Lippstadt-Eickelborn. Foto: M. Bunzel-Drüke

Margret Bunzel-Drüke, Matthias Scharf und Olaf ZimballDie Quappe in Nordrhein-Westfalen 12

Andreas Neitzke, Andreas Hoffmann und Carsten NoltingWas die Fische zum Ems-Auenkonzept sagen 18

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Editorial

Thomas Hübner, Andreas Pardey, Michael Röös, Thomas Schiffgens und Georg VerbüchelnBewertung der Erhaltungszustände von FFH-Lebensraumtypen 59

Margret Bunzel-Drüke und Matthias ScharfWärmeeinleitung in die Lippe: Auswirkungen auf die Fischfauna 44

Ingo Bünning, Rolf Bräsecke und Dietlind Geiger-RosworaBiber (Castor fiber) in Nordrhein-Westfalen 52

Editorial 3

Informationsmaterial 66

Journal 4

Buchbesprechungen 63

Veranstaltungshinweise 10

LebensraumGewässer in NRWDie vorliegende Ausgabe der LÖBF-Mitteilungen befasst sich mit der Gewäs-serökologie und der Fischbiologie. Denn die EG-Richtlinien „Flora-Fauna-Habitat (FFH)“ und Wasserrahmenrichtli-nie (WRRL) sind in Zielrichtung und Umfang bedeutend. Sie sind nicht zuletztdie Auswirkungen eines auf breiter Basisgewachsenen Engagements von Wasser-wirtschaftlern und Biologen für den Le-bensraum Wasser. Auch Naturschutz undAngelfischerei finden sich in den Richtli-nien bestätigt. Die verschiedenen Beiträgedieses Heftes machen deutlich, dass inNordrhein-Westfalen die Zusammen-führung von Grundlagenforschung und diePraxis von Verwaltungsentscheidungensehr gut funktioniertIn unserer Kulturlandschaft ist das Land-schaftsbild der Fließgewässer stark verän-dert, so dass deren eigentliche Struktur undBesiedlung weitgehend nachkonstruiertwerden muss, wenn man entsprechend derWasserrahmenrichtlinie Leitbilder und Re-ferenzen für ein biologisches Gütemess-system entwickeln will. Dazu muss dasWissen um die Biologie einzelner Fischar-ten wie zum Beispiel der Quappe erweitertwerden. Mit einem Beitrag zur Quappe inNordrhein-Westfalen wird die Bestandssi-tuation und der Schutz eines vom Ausster-ben bedrohten Auenfisches beschrieben.Die Gewässerauenprogramme zeigen denuntrennbaren Zusammenhang des Fluss-hauptgerinnes mit der Aue auf. Die Funk-tionsfähigkeit der Aue und die longitudina-le Durchgängigkeit der Fließgewässer sindzwei wesentliche Grundelemente für dieBeschaffenheit eines Fischbestandes. Indieser Ausgabe der LÖBF-Mitteilungenwerden zum einen die Ergebnisse aus derErfolgskontrolle des Gewässerauenpro-gramms an der Ems zwischen Warendorfund Greven vorgestellt, wo seit über 10Jahren das Staatliche Umweltamt MünsterMaßnahmen im Rahmen des Gewässerau-enprogramms umsetzt. Ferner wird in einem weiteren Beitrag das Gewässerauen-konzept Ruhr 2002 vorgestellt.Darüber hinaus wird am Beispiel der Wärmeeinleitung in die Lippe und derenAuswirkungen auf die Fischfauna aufge-zeigt, wie sich typische Einflüsse der In-dustriegesellschaft auf Fischbestände in einem Abschnitt eines bestimmten Flußty-pes auswirken können.Den Abschluss bildet ein Bericht zum Biber in Nordrhein-Westfalen, dessen Ausbreitung sich in Nordrhein-Westfalenallmählich abzeichnet. Mit der Rückkehrdes Bibers ergeben sich nicht nur neue Perspektiven für einen umfassenden Auen-und Gewässerschutz, sondern auch spezi-elle Anforderungen an ein zukünftiges Bi-bermanagement für Nordrhein-Westfalen.

Rolf KalkkuhlPräsident der Landesanstalt für Ökologie,Bodenordnung und Forsten NRW

Zu den Fischarten, die von erwärmten Lippeabschnitten profitieren, gehört der Güster(Abramis bjoerkna). Foto: M. Bunzel-Drüke

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Biogrün für die StädteIn den nordrhein-westfälischen Kommu-nen sollen vermehrt Bäume aus ökologi-schem Gartenbau gepflanzt werden. Dafürwirbt die Landwirtschaftskammer Nord-rhein-Westfalen gemeinsam mit dem Mi-nisterium für Umwelt und Naturschutz,Landwirtschaft und VerbraucherschutzNRW (MUNLV). Mit dem Projekt „Biogrün“ sollen die Ver-waltungen und Bürger der Kommunen fürden umweltfreundlichen Gartenbau sensi-bilisiert werden. Denn nach einer landes-weiten Umfrage der Regionalvermark-tungsagentur NRW bei Städten und Ge-meinden erklärten 25 Prozent der Kommu-nen, dass sie Interesse hätten, Biopflanzeneinzusetzen.In Deutschland gibt es zurzeit etwa 40 öko-logische Baumschulen, neun davon inNordrhein-Westfalen. Auf etwa 4400 Hek-tar produzieren 500 Betriebe die gesamtePalette an Baumschulware, von Alleebäu-men bis zur Containerware. Mit mehr als

Erfolgreiche Titelverteidigung „Die Motorsäge ist immer noch das wich-tigste Hilfsmittel bei der Waldarbeit. Exak-te Schnittführung und sichere Handhabungder Säge sind die Grundvoraussetzungennicht nur beim Berufswettkampf, sondernauch bei der täglichen Arbeit im Walde“,erläuterte Herr Dr. Thomas Griese, Staats-sekretär im Ministerium für Umwelt undNaturschutz, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz des Landes Nordrhein-Westfa-len bei der Eröffnung der 5. nordrhein-westfälischen Waldarbeitsmeisterschaftam Sonntag, dem 6. Juni, in Arnsberg-Neheim. Die dortige zur LÖBF gehörendeWaldarbeitsschule trug den Wettkampf inVerbindung mit einem Tag der offenen Türbereits zum fünften Mal aus. 1500 Zuschauer erlebten bei sonnigemWetter einen spannenden Wettkampf, dererst mit der letzten Disziplin, dem Enta-sten, entschieden wurde. In dieser Wett-kampfdisziplin standen sich dabei die bisdato die drei Bestplatzierten des Gesamt-

Journal

MUNLV-Staatssekretär Dr. Thomas Griese und Kammerdirektor Ludwig Hanebrinkpflanzen den ersten Apfelbaum der neuen Obstplantage. Foto: U. Spangenberg

StadtökologischerFachbeitrag Herdecke NRW-Umweltministerin Bärbel Höhnüberreichte im Juni den ersten von der Lan-desanstalt für Ökologie, Bodenordnungund Forsten des Landes NRW erarbeitetenStadtökologischen Fachbeitrag (STÖB) anden Bürgermeister der Stadt Herdecke,Hans-Werner Koch.Als im Jahr 2000 der StadtökologischeFachbeitrag im Landschaftsgesetz veran-kert wurde, sei Herdecke eine der erstenKommunen, die von dem Angebot Ge-brauch gemacht habe, sich einen solchenBeitrag erarbeiten zu lassen, erläuterteHöhn. Der Stadtökologische Fachbeitragbietet den Kommunen die Grundlage füreine nachhaltige Stadtentwicklung. Auf-bauend auf einer Bestandsaufnahme undeiner Beurteilung von Natur und Land-schaft werden Leitbilder und Empfehlun-gen für eine ökologische Stadtentwicklungabgeleitet, die dann von der Stadt in derBauleitplanung oder im Rahmen städti-scher Konzepte und Programme umgesetztwerden können. So wird die Lebensqua-lität der Menschen in der Stadt erhöht undgleichzeitig der Biotop- und Artenschutzgefördert.In Herdecke zeigte sich die Umweltmini-sterin besonders erfreut darüber, dass dieStadt bereits erste Maßnahmen des Stadt-ökologischen Fachbeitrags umgesetzt hat.So wurde parallel zur Erarbeitung desSTÖB mit dem Ausbau der innerstädti-schen Grünstrukturen begonnen.Derzeit befinden sich 15 StadtökologischeFachbeiträge bei der Landesanstalt fürÖkologie in Bearbeitung. Sie sei sicher,dass weitere Kommunen die Bedeutungund die Hilfe, die ihnen ein solcher Beitragfür ihre tägliche Arbeit bietet, erkennenwerden, um damit die Qualität ihrer Bau-leitplanung zu erhöhen, erklärte Höhn ab-schließend.

Internationale ZusammenarbeitDas Internationale Institut für Wald undHolz NRW, der Fachbereich für Geowis-senschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie die Forstwis-senschaftliche Fakultät der Universidad deChile schließen eine strategische Partner-schaft. Ziel der Kooperation ist die akade-mische, wissenschaftliche und technischeZusammenarbeit. Ab Oktober startet daserste gemeinsame Forschungsprojekt zumKohlenstoffhaushalt von Nothofagus-Wäl-dern in Patagonien, Chile.Basis für das Projekt sind die über zweiJahrzehnte gesammelten Erfahrungen undMaterialen der waldökologischen undwaldbaulichen Grundlagenforschung imLengawald durch die Universidad de Chile

sowie die Erfahrungen der Mitglieder desInternationalen Instituts für Wald und HolzNRW im Bereich der Erforschung desKohlenstoffhaushaltes von Waldökosyste-men.In Anbetracht der in den letzten Jahrzehn-ten weltweit gestiegenen CO2-Konzentrati-on in der Atmosphäre interessiert das For-scherteam vor allem die Frage, wie vielKohlenstoff in den Naturwäldern gebun-den ist und wie sich unterschiedliche Be-wirtschaftungsmethoden auf den Kohlen-stoffhaushalt der Waldökosysteme auswir-ken.

3800 Arbeitskräften ist die Sparte auch einwichtiger Arbeitgeber im Gartenbau. Die Landwirtschaftskammer unterstütztden ökologischen Gartenbau durch die Be-ratung, die Ausbildung und das Versuchs-wesen. Die Berater vermitteln ihre Erfah-rung, sind Gesprächspartner und gebenEntscheidungshilfen für Planungen. Derökologische Landbau profitiert auch vomVersuchswesen. Im Rahmen des Versuchs-konzeptes für den ökologischen Gartenbauist die Baumschulsparte mit mehrjährigenVersuchsreihen vertreten.

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Unsere Leserinnen und Leser haben gutaufgepasst. Auf dem Foto im Inhaltsver-zeichnis von Heft 2/2004 ist keineSchlingnatter, sondern eine Ringelnatterzu sehen. Im „Eifer der Gefechtes“ wurdedie Bildunterschrift vertauscht.Wir bitten das Versehen zu entschuldigen.

So ist ein lärmbelasteter Ort – aber mit hin-reichend Nahrung – zur Eiablage fürAmeisenjungfern (Myrmeleon formicari-us) interessant. Nahrungstiere der dort le-benden Ameisenlöwen sind überwiegendjunge Asseln (Procellio scaber), da mehre-re Exoskelette dieser Krebsart außerhalbder Trichter liegen (Bild), daneben aberauch Ameisen sowie kleinere Fluginsek-ten. (K. Kriesten)

Journal

Der jüngste Teilnehmer der Motorsägen-meisterschaft „startete“ außer Konkur-renz. Foto: M. Wengelinski

klassements in einem echten Wimpern-schlagfinale gegenüber. Dabei konnte sichTitelverteidiger Wilhelm Klompenhaueraus Rees am Niederrhein knapp mit 1357Punkten vor seinem jungen HerausfordererRene Brands aus Krefeld (1345 Punkte)durchsetzen. Einen hervorragenden drittenPlatz belegte der Sauerländer Lokalmata-dor Achim Fischer aus Bad Berleburg.

Extremer Lebensraumdes AmeisenlöwenAmeisenlöwen nutzen den Schutz einerAutobahnbrücke am Rande der WahnerHeide. Der von der Autobahnböschung un-ter die Brücke geschwemmte Sand dientden Tieren zum Trichterbau. Auf einer einbis zwei Quadratmeter großen Fläche sindetwa 40 bis 80 Fangtrichter des Ameisen-löwen vorhanden.

Neben dem Autobahnbrückenpfeiler befin-den sich kleine bis mittelgroße Trichter desAmeisenlöwen sowie Exoskelette von As-seln. Foto: K. Kriesten

Gewässer in NRW sind onlineDer Zustand aller NRW-Gewässer kannseit Mitte Mai im Internet abgefragt wer-den. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie haben die Staatli-chen Umweltämter und das Landesum-weltamt im Auftrag des Umweltministeri-ums eine Bestandsaufnahme der Flüsse inNRW erstellt. Neben dem aktuellen Zu-stand sind auch die Hauptbelastungsquel-len erfasst. Die Bestandsaufnahme dientals Basis für die Erstellung entsprechenderÜberwachungsprogramme und spätererMaßnahmepläne. Die bereits jetzt erfolgteVeröffentlichung soll der Bevölkerungmöglichst frühzeitig eine Beteiligung er-möglichen und so zu einer Datenoptimie-rung führen.Die Bestandsaufnahmen können im Inter-net unter den folgenden Adressen eingese-hen werden:www.ems.nrw.de, www.emscher.nrw.de, www.erft.nrw.de, www.ijssel.nrw.de, www.lippe.nrw.de, www.niers.nrw.de, www.schwalm.nrw.de, www.rheingraben-nord.nrw.de,www.ruhr.nrw.de, www.rur.nrw.de, www.sieg.nrw.de, www.weser.nrw.de, www.wupper.nrw.de.Zusätzlich liegt die Bestandsaufnahme alsPapierversion bei allen örtlich zuständigenStaatlichen Umweltämtern sowie beimLandesumweltamt NRW aus. Informatio-nen zur Umsetzung der Wasserrahmen-richtlinie in ganz NRW sind unterwww.flussgebiete.nrw.de zu finden.

drei unterschiedlichen Planspielvariantenstattfinden. Das im Januar 2004 gestarteteForschungsvorhaben hat eine Laufzeit voninsgesamt drei Jahren und wird vom Difuin Kooperation mit der ProjektgruppeStadt + Entwicklung, Leipzig, und derSonderforschungsgruppe Institutionen-analyse (sofia), Darmstadt, durchgeführt.Die kommunalen Spitzenverbände Deut-scher Städtetag, Deutscher Landkreistagund Deutscher Städte- und Gemeindebundunterstützen die Durchführung des For-schungsvorhabens.

Fläche im KreisDas Deutsche Institut für Urbanistik (Difu)führt im Auftrag des Bundesamtes für Bau-wesen und Raumordnung (BBR) und desBundesministeriums für Verkehr, Bau- undWohnungswesen (BMVBW) das For-schungsvorhaben des ExperimentellenWohnungs- und Städtebaus (ExWoSt)„Fläche im Kreis – Kreislaufwirtschaft inder städtischen/stadtregionalen Flächen-nutzung“ durch. Im Mittelpunkt des Vor-habens stehen Planspiele, in denen in fünfStädten/Stadtregionen verschiedene Ak-teure gemeinsam Strategien einer Flächen-kreislaufwirtschaft entwickeln. Nach der öffentlichen Ausschreibung, dieim Juli 2004 endete, werden fünf Stadtre-gionen ausgewählt, in denen Planspiele in

Auch in der Juniorenklasse für Teilnehmerunter 21 Jahren wurden in den fünf Diszi-plinen des Berufswettkampfes der Forst-wirte gute Leistungen geboten, Es gewannBjörn Susewind aus Olsberg vor demKempener Christian Philipzig. In der Gästeklasse waren unter anderemmit dem amtierenden Weltmeister Gott-fried Schädlich aus Thüringen nationaleund internationale Spitzenkönner am Start.Die Meisterschaft bot die Chance zur Qua-lifikation zur nächsten deutschen Meister-schaft 2005 in Sachsen. Es siegte GotthardSchwender aus Bayern mit der Bestleis-tung von 1580 Punkten vor JoachimStrauch aus Schleswig-Holstein (1564Punkte). Dritter wurde ein Mitglied desniederländischen Nationalteams, AdrianEssenstam.Das informative und unterhaltsame Rah-menprogramm bot viel Abwechslungsrei-ches für kleine und große Waldbesucher.Unter anderem waren Rückepferde, mo-derne High-Tech-Forstmaschinen, Baum-pflegearbeiten in schwindelnder Höhe,computergestützte Forstmaschinensimula-toren und eine Ausstellung zum Thema„Holz – Energie der Zukunft“ zu sehen.

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Moose als MessinstrumenteDer Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hatin einer neuen Bestimmung festgelegt, aufwelche Weise das Vorkommen baumbesie-delnder Moose zu erfassen ist. Derartige„Epiphyten“ gelten neben Flechten als her-vorragende Indikatoren für das Ausmaßder Luftverschmutzung. Die Grundlagenzur neuen Moosrichtlinie legten Wissen-schaftler der Universität Bonn.

erarbeitete die Kommission eine „Moos-richtlinie“. Damit werden diese Pflanzenpraktisch als Messinstrumente für Um-weltparameter anerkannt. Nachdem sichder Schwefeldioxidausstoß auf ein Fünftelder früheren Werte reduziert hat, hat dieErfassung von epiphytischen Moosenheutzutage andere Schwerpunkte. Mit ih-nen lassen sich heute die Belastung aus derLandwirtschaft, der Grad der Bodenversie-gelung, die Temperatur- und Luftfeucht-verhältnisse feststellen.

Region kontra globaleStrukturen Am 3. Oktober 2004 findet in ganzDeutschland der „Tag der Regionen“ statt.Im letzten Jahr haben bundesweit über 700Veranstaltungen im Sinne der Regionalent-wicklung gezeigt, dass die Menschen in ei-ner globalisierten Welt ihre Wurzeln su-chen und sich auf die Vorteile der eigenenRegion stützen möchten. Regionale Pro-dukte zu kaufen, heißt sowohl auf langeTransportwege zu verzichten als auchlangfristig Arbeitsplätze vor Ort zu erhal-ten. Region bedeutet Überschaubarkeit,Nähe und Nachbarschaft. Das diesjährigeMotto lautet „Nachbar, wir brauchenUNS“. Bunt, vielfältig und öffentlichkeits-wirksam wird gezeigt, dass die Regionen„in Bewegung sind“.Der „Tag der Regionen“ ist der Werbetagfür regionale Produkte, Betriebe undDienstleistungen.Er soll Gegengewichte zum Globalisie-rungstrend schaffen: Regional abgesetztwerden heute (nach Schätzung der Enque-te Kommission zum Schutz der Erdatmo-sphäre) gerade mal fünf Prozent aller Pro-dukte.Das heißt, es werden völlig gleichartigeProdukte auf dem Weltmarkt hin und hertransportiert: zum Beispiel spanische To-maten nach Holland, holländische Butternach Spanien oder Ziegel aus China nachDeutschland. Die langen Transportwegefür Lebensmittel und Gebrauchsgüter ausfernen Ländern belasten die Umwelt, undFrischwaren verlieren dabei an Qualität.Dagegen setzen viele, vor allem klein- undmittelständischen Betriebe, auf den Ein-satz beziehungsweise das Angebot vonRohstoffen und Produkten aus der näherenUmgebung und erhalten somit Arbeitsplät-ze in der Region.Veranstalter des Tags der Regionen ist einbundesweites Aktionsbündnis, dem über30 Institutionen und Verbände aus demUmfeld von Landwirtschaft, Ernährung,Forst, Hotel- und Gastgewerbe, Kirchen

Journal

Für die Erfassung der Luftqualität hattensich in den sechziger und siebziger Jahrenbesonders baumbesiedelnde Flechten alsgeeignet erwiesen. Ihre Artenzahl undHäufigkeit am Baumstamm erlaubt Rück-schlüsse auf den Schwefeldioxidgehalt derLuft. Um vergleichbare Ergebnisse zu er-halten, werden derartige biologischeMessverfahren von der VDI-KommissionReinhaltung der Luft (KRdL) standardi-siert. Deswegen veröffentlichte die KRdLbereits vor zehn Jahren eine entsprechendeRichtlinie, die festlegte, auf welche Weisedie Flechten zu erfassen sind. Schon seit Ende der neunziger Jahre kar-tiert der Bonner Biologe Professor Dr. Jan-Peter Frahm und sein Team vom Nees-In-stitut für Biodiversität der Pflanzen nebenFlechten auch Moose, die ihm ebenfalls alsIndikator-Organismen geeignet erschie-nen. Nach kleineren Vorarbeiten erfasstendie Wissenschaftler zuletzt mit Förderungdes Umweltministeriums NRW ganzNordrhein-Westfalen. Diese Arbeiten mo-tivierten die KRdL, auch die Erfassung vonMoosen in einer Richtlinie festzulegen.Neben der Anpassung der Flechtenrichtli-nie an die gewandelte Emissionssituation,die maßgeblich auf den praktischen Erfah-rungen der Bonner Arbeitsgruppe beruhte,

Mooskartierung. Foto: Uni Bonn

Inventur bei Deutschlands TierweltSie leben unter uns, und doch kennt kaumjemand unsere tierischen Nachbarn mitden geheimnisvollen Namen: Bärtierchen,Kratzer, Bauchharlinge und Kranzfühler.Zusammen mit Insekten, Spinnentieren,Faden- und Plattwürmer stellen sie den-noch den weitaus größten, gleichwohl we-nig beachteten Teil unserer Tierwelt. Ins-gesamt gibt es im Jahr 2004 rund 48 000Tierarten in Deutschland. Dies ist das Er-gebnis einer aktuellen Studie, die das Bun-desamt für Naturschutz (BfN) heute inBonn vorstellt.Die artenreichste Gruppe in DeutschlandsFauna mit über 33 300 Arten sind die In-sekten, während nur knapp über 700 Wir-beltierarten bei uns leben. Igelwürmer oderEichelwürmer sind sogar nur mit einer Artvertreten. Verglichen mit den „hot spots“der biologischen Vielfalt in den tropischenRegionen der Erde zählt Deutschland aufGrund seiner erdgeschichtlichen Entwick-lung und der geographischen Lage abereher zu den Gebieten mit einer geringerenArtenvielfalt. Beispielsweise leben nur 91von weltweit 4500 beschriebenen Säuge-tierarten in Deutschland, in Indonesienaber über 500.Die ausführliche Studie ist auf der BfN-Homepage unter http://www.bfn.de/08/in-dex.htm zu finden.

Mit dem Ranger aufNationalparktourSeit dem 16. Juni 2004 bietet das Natio-nalparkforstamt Eifel den Besucherinnenund Besuchern die Möglichkeit, die Ran-gerinnen und Ranger bei ihren Tourendurch den Nationalpark zu begleiten. Im-mer mittwochs und samstags können sichInteressierte den Rangerinnen und Ran-gern anschließen und so alles über die Ge-heimnisse der Natur erfahren – kostenlosund ohne Anmeldung. Was verbirgt sich hinter der Philosophie„Natur Natur sein lassen“, warum schütztder Nationalpark Eifel ausgerechnet Bu-chenwälder, wer lebt in der Höhle des

Schwarzspechtes und wie wird man ei-gentlich Ranger und was sind ihre Aufga-ben: All diese Fragen möchten Ihnen dieRangerinnen und Ranger bei ihren Tourenvor Ort erläutern.Mittwochs ist um 14 Uhr am Parkplatz ander Abtei Mariawald in Heimbach Treff-punkt. Von hier aus bieten sich Tourendurch den nahen Kermeter, eins der größ-ten zusammenhängenden Laubwaldgebie-te Nordrhein-Westfalens an. An der Kapel-le in Erkensruhr ist jeden Samstag um 11Uhr Treffpunkt. Hier kann man natürlicheBachläufe im Süden des Nationalparks er-leben und alles über die Entwicklung zumUrwald von Morgen erfahren. Länge undDauer der Touren sind individuell planbar.

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sowie Natur- und Umweltschutzorganisa-tionen angehören. Nähere Informationengibt es beim Koordinationsbuero NRW„Tag der Regionen“, Zur Specke 4, 34434Borgentreich, Tel.: 0 56 43-94 92 71, Fax:0 56 43-94 88 03, E-Mail: [email protected], Internet: www.tag-der-re-gionen.de.

fona.de ist eine Initiative des Bundesmini-steriums für Bildung und Forschung(BMBF) und als offene Plattform für alleAkteure im Bereich Forschung für Nach-haltigkeit konzipiert. Mit neuen Inhalten,verbesserten Strukturen und attraktiverenServiceangeboten ist fona.de jetzt noch in-teressanter für Informationssuchende undbietet Akteuren der Nachhaltigkeit neueKommunikations- und Interaktionsmög-lichkeiten.Ziele von fona.de sind eine breitere Nut-zung der Forschung für Nachhaltigkeitdurch die Bündelung und umfassende Dar-stellung der Forschungsaktivitäten sowieder Aufbau eines Akteursnetzwerks durchdie thematische Verknüpfung von Akteu-ren mit Forschungsinhalten und aktuellenInformationen.Akteure können ihr Leistungsspektrum auffona.de präsentieren fona.de lebt von deraktiven Beteiligung der Akteure, die ab so-fort Ihr Leistungsspektrum und Ihre kon-kreten Aktivitäten in Forschung, Entwick-lung und Bildung Interessenten aus Gesell-schaft, Wirtschaft und Aus- und Weiterbil-dung präsentieren können.Zusätzlich haben Akteure auch die Mög-lichkeit, aktuelle Informationen zu Akti-vitäten wie Termine, Veranstaltungen,Messen, Workshops etc. oder Pressemel-dungen zu veröffentlichen, aber auch aufPublikationen und interessante Links hin-zuweisen.Erste Ergebnisse des Rahmenprogramms„Forschung für die Nachhaltigkeit“ wer-den am 30. November 2004 auf dem neu-en BMBF-Nachhaltigkeitsforum vorge-stellt. Weitere Informationen zu dieser Ver-anstaltung finden Sie in Weitere Informa-tionen unter www.fona.de.

Lebensraum Brache „Lebensraum Brache“ heißt ein Projekt,das auf den diesjährigen DLG Feldtagenvorgestellt wurde. Auf kleinen Parzellenerblühten verschiedene mehrjährige An-saatmischungen, die auf Stilllegungs-flächen ausgesät werden könnten.Solche Flächen bilden einen wichtigen Le-bensraum für viele Wildtiere in der offenen

Journal

NABU-Stadtverbandin GelsenkirchenGelsenkirchen hat nun auch seinen NA-BU-Stadtverband. Der neue NABU-Stadt-verband mit Christian Jeschke als gewähl-tem Vorsitzenden ist Ansprechpartner fürFragen rund um den Natur- und Umwelt-schutz. Neben Arbeiten im praktischen Na-turschutz stehen insbesondere Serviceleis-tungen für die Bürger auf dem Programm:So wird der Stadtverband unter anderemDiavorträge zu Naturthemen und lehrrei-che Ausflüge wie vogelkundliche Wande-rungen und Fledermausexkursionen anbie-ten. Daneben leistet der NABU Gelsenkir-chen wichtige Aufklärungsarbeit, etwaüber das „Unkraut“ Brennnessel, das fürviele Schmetterlingsraupen unentbehrli-che Nahrungsgrundlage ist, oder über Wes-pen und Hornissen. Weiterer Schwerpunktist die Kinder- und Jugendarbeit. Die Na-turschutzjugend Gelsenkirchen, kurz NA-JU genannt, organisiert für Kinder ver-schiedensten Alters Spiele mit Natur-schutzhintergrund und Lehrveranstaltun-gen.

Internetplattform zurNachhaltigkeitMit dem Start des BMBF-Rahmenpro-gramms „Forschung für die Nachhaltig-keit“ am 30. Juni. 2004 wurde auch die In-ternetplattform fona.de in neuem Design,mit erweitertem Angebot und verbesser-tem Service für die Nutzer freigeschaltet.

Folgeschäden des Sommers 2003Der Wald in Deutschland leidet unter denFolgen der Trockenheit des Sommers2003. Das Schadensniveau sei erheblich,beschreibt Hartmut Kenneweg von derTechnischen Universität Berlin die Lage.Für den Wald sei die bisher kühle Witte-rung günstig. Sie könnte die Auswirkun-gen des heißen Sommers im vergangenJahr abmildern. Kenneweg gehört zu einerGruppe von Luftbildexperten, die im letz-ten Jahr ein flächiges Absterben von Be-ständen, eine starke Vermehrung vonSchädlingen und weitere Symptome prog-nostiziert hatte. Diese Vorhersagen be-stätigten sich nun.Gravierend seien die Folgeschäden inRheinland-Pfalz, Hessen und Niedersach-sen, so Kenneweg weiter. Fichten litten un-ter extremem Nadelverlust, und die ver-bliebenen Nadeln seien vergilbt. Zudemseien die Bäume von Borkenkäfern befal-len. Buchen hätten dagegen sehr spät und

Interessierte Besucher besichtigen die Par-zelle des Projektes.

Foto: Lebensraum Brache

auch nur spärlich Blätter ausgetrieben undzeigten an den Stämmen Überhitzungs-schäden. Wo die Rinde absterbe, öffnetensich zudem Einfallspforten für Pilze.

Agrarlandschaft. Auf der Veranstaltungwurden innovative Wege und Möglichkei-ten aufgezeigt, wie die heutige Landwirt-schaft trotz der ökonomischen Zwänge aufStilllegungsflächen neue Lebensräume fürWildtiere schaffen könnten. Diese Hinwei-se sind in einem kürzlich erschienen Rat-geber „Wildtiergerechte Gestaltung vonFlächenstilllegung – Hinweisen für diePraxis“ zusammengefasst, der zusammenmit Saatgutmustern der präsentiertenBuntbrachemischungen auf den Feldtagenverteilt wurde.Die Gespräche mit den Landwirten zeigtendeutlich, dass hier großes Interesse besteht,Stilllegungsflächen mit mehrjährigen An-saaten erblühen zu lassen. „Es gilt, dieseBereitschaft im Sinne einer Win-Win-Stra-tegie zwischen dem Arten- und Natur-schutz und der Landwirtschaft durch ent-sprechende Agrarumweltprogramme zufördern. Nur so können wir langfristig dieArtenvielfalt in der Agrarlandschaft erhal-ten und fördern“, erläuterte Hilmar Frei-herr von Münchhausen, Geschäftsführerder Deutschen Wildtier Stiftung.

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Vogelzug beobachtenDer 8. European BirdWatch 2004, das Be-obachten, Zählen und Kartieren von Zug-vögeln, wird am 2. und 3. Oktober grenz-überschreitend stattfinden. Der BirdLife-Partner in Bulgarien, die Bulgarian Societyfor the Protection of Birds (BSPB), wirdden BirdWatch europaweit koordinieren.Ansprechpartner und Koordinator fürDeutschland ist erneut die NABU-Bundes-geschäftsstelle Bonn. Hier werden die Be-obachtungsergebnisse gesammelt, ausge-wertet und an die europäische Zentralenach Sofia geschickt. Infos und Materialien zum BirdWatch inDeutschland bietet die Homepage des NA-BU-Bundesverbandes. In der NABU-Ter-mindatenbank sind die BirdWatch-Veran-staltungen nach Termin, Ort oder Bundes-land sowie über eine Karte auffindbar. Dortkönnen Termine auch selbst eingetragenwerden.Kontakte für die bundesweite Koordinati-on: [email protected] sowie [email protected].

und Sandrasenlebensräume in einer Kul-turlandschaft durch die Entwicklungneuartiger Beweidungskonzepte nachhal-tig zu sichern. Hierzu werden die Schafeeines ortsansässigen Betriebs gezielt ein-gesetzt. Unter dem Stichwort „doppelteVernetzung“ sollen einerseits verschieden-artige Lebensraumtypen wiederhergestelltwerden und durch die „geborgte Beweg-lichkeit“ der Schafe Ried- und Sand-flächen jeweils lebensraumbezogen durchdie Übertragung von Pflanzensamen undkleinen Tieren wie z.B. Heuschrecken mit-einander vernetzt werden. Andererseits giltes, naturschutzfachliche und ökonomischeStrategien zu kombinieren. Die Kombination von nährstoffarmenSandrasen und ertragreichen Riedflächenermöglicht auch eine Optimierung derErnährung der Schafe. Die Sandrasen-flächen bieten zwar eine reichhaltige Kräu-ter- und Gräserpalette, die aber speziell beiheranwachsenden Tieren nicht für die al-leinige Ernährung ausreicht.

Erster Spatenstich für NUA-Neubau Den ersten Spatenstich für das neue Veran-staltungs- und Bürogebäude der Natur-und Umweltschutzakademie NRW (NUA)vollzogen im Juli Umweltministerin Bär-bel Höhn und NUA-Kuratoriumsvorsit-zender Klaus Brunsmeier. Am bisherigenStandort auf dem Gelände der LÖBF sollbis zum Sommer 2005 ein nach modernenUmweltstandards gebautes Akademiege-bäude entstehen. Der NUA-Neubau stehtin Zusammenhang mit Baumaßnahmen für

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Ziehende Wildgänse. Foto: P. Schütz

Wanderschäferei sichert LebensräumeIm Juli ist ein vom Bundesamt für Natur-schutz (BfN) geförderdetes Modellvorha-ben zum Erhalt wertvoller Lebensräumeim Kreis Darmstadt-Dieburg und auf demGebiet der Stadt Darmstadt gestartet. DasBfN stellt dafür in den nächsten vier Jah-ren mit Mitteln des Bundesumweltministe-riums insgesamt 1,16 Mio. Euro bereit.Der Landkreis Darmstadt-Dieburg ist Trä-ger des Hauptvorhabens und koordiniertdas Projekt. Die wissenschaftliche Beglei-tung erfolgt durch die Technische Univer-sität Darmstadt. Insgesamt soll sich dasVorhaben auf ca. 900 Hektar erstrecken.Ziel des Erprobungs- und Entwicklungs-vorhabens (E+E) ist es, wertvolle Ried-

die LÖBF. Am Standort Leibnizstraße inRecklinghausen werden künftig die bis-lang auf verschiedene Stadtteile und Ge-bäude verteilten Arbeitsbereiche derLÖBF konzentriert. Bei der Planung desneuen Akademiegebäudes konnten, ganz

Umwelt im InternetWas macht Umweltkommunikation im In-ternet erfolgreich? Die Deutsche Bundes-stiftung Umwelt (DBU) wollte es genauerwissen. In ihrem Auftrag hat das Zentrumfür Umweltkommunikation (ZUK) Inter-netanwendungen im Natur- und Umwelt-schutz untersucht. Für die Studie wurdennach einer Vorauswahl von über 300 Inter-netangeboten 150 Seiten untersucht, davon34 detailliert analysiert. Ergänzend wurdeeine Online-Zielgruppenbefragung bei sie-ben Webseitenbetreibern durchgeführt, ander über 1500 Internet-User teilgenommenhabenDie Studie untersuchte Internetseiten, diesich mit Energie, Naturschutz, produkt-und produktionsintegriertem Umwelt-schutz, Umweltmanagement und Umwelt-bildung befassen. Die Anbieter reichtenvon Behörden und Firmen über Stiftungenbis zu wissenschaftlichen Einrichtungen.34 Internetseiten wurden intensiv analy-siert, weil sie beispielhaft für gute Um-weltkommunikation sind. Sie wurden qua-litativ ausgewertet, jedoch nicht hierar-chisch im Sinne eines Rankings bewertetoder verglichen. Gemäß dem Motto der Studie „Von vor-bildlichen Beispielen lernen“ wurden ausden Untersuchungen praktische Erfolgs-kriterien abgeleitet, die in einer Empfeh-lungsliste in sechs zentralen Punkten zu-sammengefasst sind. Neben Organisationund Technik sind eine durchdachte Kom-munikationsstrategie, die gezielte Einbin-dung interaktiver Angebote sowie ein pass-genaues inhaltliches Konzept entschei-dend für ihren Erfolg . Impulse für die Wei-terentwicklung eines Internetangebots ge-ben Befragungen der Nutzer und Inhalts-analysen, die eine unabhängige Bewertungder Seite liefern könnten.Um Webseitenbetreibern aus Umwelt- undNaturschutz ein objektives Instrument zurPrüfung und Verbesserung ihres Angebotsan die Hand zu geben, sind die wichtigstenKriterien in einer knappen Checkliste zu-sammengefasst. Sie ist unter www.dbu.de/internetstudie.html abrufbar. Ansprechpartner für weitere Informatio-nen: Stefan Rümmele, Zentrum für Um-weltkommunikation (ZUK), Tel.: 05 41/96 33-9 65, E-Mail: [email protected].

im Einklang mit dem Bildungsauftrag derNUA, zahlreiche ökologische Standardsberücksichtigt werden. So ist zum BeispielHolz aus heimischen Wäldern der domi-nierende Baustoff: Das Gebäude wird alsHolzständerwerk errichtet und erhält eineFassade aus Lärchenholz. NichttragendeInnenwände werden z. B. aus gepressten,mit Lehm verputzten Strohplatten gefer-tigt. Zudem sind ein Gründach, eine Re-genwassernutzung und eine Photovoltaik-Anlage vorgesehen.

Erster Spatenstich (v. l.): Klaus Brunsmei-er, Bärbel Höhn, Landrat Hans-JürgenSchnipper und Dr. Uwe Günther, BLB-Ge-schäftsführer. Fotos: M. Wengelinski

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Neuseeland ist einer von 25 Biodiver-sitäts-brennpunkten (hotspots) der Erde.Besonders bemerkenswert ist die hoheAnzahl endemischer Arten (über 80 Pro-zent aller Pflanzen; 50 Prozent aller Vö-gel; 100 Prozent aller Reptilien, Amphi-bien und Säugetiere).

Biodiversität als größtes UmweltproblemNeuseelands dar. Im Jahre 2003 bekamendaraufhin auch regionale und lokale Re-gierungen die Aufgabe, einheimischeBio-diversität zusammen mit Privatwald-besitzern zu erhalten.Privatwälder sind meist Überreste einstausgedehnter Tieflandwälder (in der Re-gel unterhalb 400 Meter über NormalNull), die sich durch hohe symbiotischeVerknüpfungen zwischen einheimischenPflanzen- und Tierarten auszeichnen.Die Funktionsfähigkeit einheimischerWaldökosysteme ist bedroht durch Habi-tatsverluste von über 80 Prozent, vieler-lei eingeführte Tier- und Pflanzenartenund durch die Isolation zunehmend klei-ner werdender einheimischer Populatio-nen. Um isolierte Habitate und Popula-tionen auf lange Sicht widerstandsfähigerzu machen, müssen neue Wälder undWaldverbindungskorridore angepflanztwerden.Fast jedes dichter besiedelte Gebiet un-terhält Interessensgruppen, die einheimi-sche Bäume anpflanzen. Es wird zuneh-mend Wert darauf gelegt, lokales Saatgutzu verwenden. Pflanzungen einheimi-scher Bäume sind jedoch oft ästhetischerNatur und kleinflächig. Sie fehlen zu-meist dort, wo sie am dringendstenbenötigt werden, im Hinterland.Eine Möglichkeit, dies großflächig zu er-reichen, ist zu demonstrieren, dass kom-

merzielle und Biodiversitätserhaltungs-ziele miteinander verbindbar sind. Umdie Erfahrungen in NRW auf diesem Ge-biet kennen zu lernen, wurde im Jahr1999 und im Frühjahr 2004 die LÖBF –Dezernat Ökologischer Waldbau – inArnsberg besucht. Besichtigt und disku-tiert wurden insbesondere die Methodikder Erstaufforstung, die Begründung vonMischbeständen sowie Sukzessionsab-folgen in NRW. In Neuseeland eignensich schattenertragende einheimischeBäume durchaus als Sukzessionsfolgervon Laubbäumen aus der nördlichen He-misphäre. Ökologische Waldbautechni-ken, die von der LÖBF in Nordrhein-Westfalen praktiziert und auf Versuchs-flächen dokumentiert werden, werden anneuseeländische Verhältnisse angepasstund dort im nächsten Jahr zunächst aufDauerbeobachtungsflächen umgesetzt.Die Integration von notwendigen Natur-schutzmaßnahmen durch Waldbiotop-verbundsysteme und nachhaltigem öko-logischem Waldbau hat Zukunft in Neu-seeland und in Deutschland.

H. Janssen

Helmut Janssen arbeitet als Umweltwissenschaftlerbei einer regionalen Regierung. Es ist seine Aufgabe,Biodiversitäts-Informationen zu erstellen über Bio-diversitätsinventuren, Monitoring und wissenschaft-liche Untersuchungen. Diese Informationen sindzum einen an die Öffentlichkeit gerichtet, aber die-nen in erster Linie der Entwicklung von Strategienund Gesetzen und dem Ausfindigmachen von Prio-ritätsbiotopen und Biotopverbundsystemen in derManawatu-Wanganui-Region (Neuseeland).

Kontaktadresse:Helmut Janssen, Horizons Regional Council, 132 Atawhai road, Palmerston North, New ZealandE-Mail: [email protected]

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Biotopverbundsysteme tragen zum Erhaltder Lebensvielfalt bei. (Manawatu gorge[Schlucht des Manawatu-Flusses], Nord-insel, Neuseeland). Foto: H. Janssen

Südbuchenwald (Nothofagus truncata)mit Baumfarnen (Cyathea medullaris)(Marlborough Sounds, Südinsel, Neusee-land). Foto: H. Janssen

Artenreicher „podocarp-broadleaf“ Tief-landwald (Bushy Park, WanganuiDistrict, Nordinsel, Neuseeland).

Foto: H. Janssen

Die Neuseeländische Regierung unter-zeichnete das Abkommen zur Erhaltungder Biodiversität in Rio de Janeiro. Seit-her hat sich ein markanter Bewusstseins-wandel vollzogen. Bis Mitte der 1980erJahre wurden noch großflächig einheimi-sche Wälder als Holzschnitzel exportiertund regenerierender Busch verbrannt, umWeideflächen zu schaffen. Ende der 80erJahre wurden alle staatlichen einheimi-schen Wälder unter den Schutz des neugegründeten Umweltschutzamtes gestellt(insgesamt 70 Prozent der einheimischenWaldfläche; zumeist oberhalb 400 Meterüber Normal Null gelegen). Die Holzpro-duktion konzentriert sich seither fast aus-schließlich auf die Monterey-Kiefer (Pi-nus radiata) und seit 1992 auf nachhalti-gen Holzeinschlag aus im Privatbesitzbefindlichen Urwäldern, die jedoch oft-mals zusätzlich Substanz verlieren durchVieheintrieb und Holznutzung für denPrivatverbrauch. Der von der Regierung im Jahre 1987 be-auftragte „State of the Environment Re-port“ stellt den Verlust der einheimischen

Die Erhaltung neuseeländischer LebensvielfaltErfahrungen aus Nordrhein-Westfalen sollen in der Manawatu-Wanganui-Region umgesetzt werden.

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NRW-Obstwiesentag 2004 Mit Apfeltagen und Obstwiesenfesten istes in vielen Regionen sehr erfolgreich ge-lungen, Menschen für den Erhalt vonStreuobstwiesen zu gewinnen. Erstmalswird in diesem Jahr vom 2. bis 3. Oktober

FFH-Verträglichkeits-prüfungDie naturschutzfachlichen und verfahrens-technischen Anforderungen an die Prüfun-gen nach §§ 34, 35 Bundesnaturschutzge-setz sind bei Verkehrsplanungen von hoherBedeutung. Vor diesem Hintergrund be-steht erheblicher Bedarf, eine rechtssiche-re gute fachliche Praxis der FFH-Verträg-lichkeitsprüfung zu etablieren. Die Tagung „Gute fachliche Praxis derFFH-Verträglichkeitsprüfung“, die am 5.Oktober 2004 in Hannover stattfindet, in-formiert über den „Leitfaden zur FFH-Ver-träglichkeitsprüfung von Bundesfern-straßen (Leitfaden FFH-VP)“ sowie überdie „Musterkarten zur einheitlichen Dar-stellung von FFH-Verträglichkeitsprüfun-gen im Bundesfernstraßenbau (Musterkar-ten FFH-VP)“ des BMVBW. Die hierfürbeauftragten Gutachter und Vertreter desBMVBW werden die Ergebnisse erläuternund zur Diskussion stellen. Experten ausder Planungspraxis informieren ergänzendzu Themen und Fragen rund um die Aus-gestaltung der Verträglichkeits- und Aus-nahmeprüfung am Beispiel aktueller Pla-nungsvorhaben. Anmeldung unter http://www.bdla.de/ffh/oder beim Bund Deutscher Landschaftsar-chitekten, Köpenicker Straße 48/49, 10179Berlin, Tel.: 0 30/27 87 15-0, Fax: 0 30/2787 15-55, [email protected], www.bdla.de.

3667, E-Mail: [email protected]é und Josef Wegge, Biologische Sta-tion im Kreis Aachen, Zweifaller Str. 162,52224 Stolberg, Tel.: 0 24 02/ 1 26 17-0,Fax: 0 24 02/1 26 17 -29, E-Mail: [email protected].

Veranstaltungshinweise

ein solcher Obstwiesentag für das ganzeLand angeboten. In enger Zusammenarbeitmit zahlreichen Verbänden und Institutio-nen wird die Veranstaltung von den dreianerkannten NRW-Naturschutzverbändensowie dem Landschaftsverband Rheinlandgemeinsam getragen. Auf dem Geländedes Bergischen Freilichtmuseums in Lind-lar erwartet die Besucher an zwei Tagenein geschmackvolles und informativesProgramm. Neben den leckeren Obstpro-dukten geht es dabei besonders um dievielfältigen Initiativen und Projekte zumSchutz von Obstwiesen. Besonders inno-vative und erfolgreiche Ansätze im Obst-wiesenschutz sollen anschaulich gemachtwerden.Ziel ist es, in der breiten Öffentlichkeit aufdie Bedeutung dieser Arbeit aufmerksamzu machen. Zudem soll der Erfahrungs-und Informationsaustausch unter den Ak-teuren gefördert werden. Die Veranstaltererhoffen sich vom NRW-Obstwiesentagein landesweites Signal, dass der Einsatzfür Obstwiesen als gesellschaftlich bedeut-same Aufgabe erkannt und noch stärkervon Entscheidungsträgern in Politik undVerwaltungen unterstützt wird.Ausrichter: Modellprojekt Obstwiesen-schutz der anerkannten Naturschutzver-bände BUND, LNU und NABU, LVR/Ber-gisches Freilichtmuseum. In Kooperationmit NUA, Berg. Freilichtmuseum Lindlar,Naturpark Bergisches Land u. a. Eine An-meldung ist nicht erforderlich.

Obstwiese. Foto: G. Hellmann

Moorschutz und Naturerlebnis „Moorschutz und Naturerlebnis – ein Ge-gensatz?“ ist das Theman einer Fachta-gung, die vom 7. bis zum 9. Oktober 2004in Monschau (Eifel, NRW) stattfindet. Ver-anstalter sind die Deutsche Gesellschaftfür Moor- und Torfkunde sowie die Biolo-gischen Stationen im Kreis Aachen undDüren. Fachvorträge und Exkursionen indie deutsch-belgischen Moorgebiete desHohen Venns stehen auf dem Programm.Inhalt der Tagung wird zunächst eine na-turräumliche, botanische und zoologischeCharakterisierung des Hohen Venns sein.Danach werden moorkundliche For-schungsarbeiten vorgestellt. Die prakti-sche Umsetzung von Moorschutzarbeitenwird ebenfalls einen wichtigen Aspekt ins-besondere auf den Exkursionen darstellen.Vorträge zur nachhaltigen touristischenNutzung von Mooren runden die Vorträgeab und werden ein zentraler Diskussions-punkt für die Fachtagung sein. Anmeldung für die Tagung bitte an dieDGMT (Deutsche Gesellschaft für Moor-und Torfkunde). Ansprechpartner für die Tagung: Dr. Ger-fried Caspers, Deutsche Gesellschaft fürMoor- und Torfkunde, Stilleweg 2, 30655Hannover, Tel.: 05 11/6 43-36 12, Fax:

Instrumente der UmweltprüfungZum 7. UVP-Kongress lädt die UVP-Ge-sellschaft e.V. vom 6. bis 9. Oktober 2004nach Potsdam ein. Angesprochen sind An-gehörige der Öffentlichen Verwaltung,Vertreter der Politik, Fachleute aus Univer-sitäten und Fachhochschulen, Fachverbän-den sowie Ingenieurbüros, die in Deutsch-land, Österreich und den Beitrittsländernauf den verschiedenen Ebenen mit denThemen Umwelt und Planung befasst sind.Kernthema ist die hochaktuelle Umset-zung der SUP-Richtlinie. Insbesonderesollen Möglichkeiten und Wege zur Ver-knüpfung und Abstimmung der bereits be-stehenden nationalen (z. B. Landschafts-planung in Deutschland) sowie auch inter-nationalen (z. B. UVP und FFH-Verträg-lichkeitsprüfung) Instrumente der Um-weltprüfung mit den neuen Bestimmungenzur SUP aufgezeigt werden. Diese Zusam-menführung wirft viele Fragen auf: Welche

LänderübergreifenderBiotopverbund Artenschutz braucht Biotopverbund, dieszeigt die Bestandsentwicklung vieler Artenin mehr oder weniger isolierten Vorkom-men deutlich. Nicht erst durch die Diskus-sion um Biodiversität ist die Thematik Bio-topverbund in den Fokus des Natur-schutzes gerückt. Das 2002 geänderteBundesnaturschutzgesetz hat den Bundes-ländern auferlegt, auf mindestens zehnProzent der Landesfläche einen länderü-bergreifenden Biotopverbund zu realisie-ren. Die Ergebnisse des Bund-Länder-Ar-beitskreises „Länderübergreifender Bio-topverbund“ zeigen mögliche Instrumentezur praktischen Umsetzung auf. Ein er-folgreicher Testlauf der vorgeschlagenenVerfahren in NRW und Bayern belegt de-ren Praktikabilität! Zum Thema Länderü-bergreifender Biotopverbund bieten NUAund LÖBF-Dezernat Biotopschutz, Bio-topverbund am 12. Oktober 2004 eineFortbildung in Recklinghausen unter derLeitung von Dr. Andreas Pardey und Man-fred Kebbel an. Teilnehmerkreis: (60) Na-tur- und Landschaftsschutz. Teilnahmebei-trag: 10 Euro. Anmeldung: Natur- undUmweltschutz-Akademie NRW (NUA),Siemensstr. 5, 45659 Recklinghausen,Tel.: 0 23 61/ 3 05-0, Fax: 0 23 61/3 05-3 40, Email: [email protected].

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Inhalte sind auf welcher Planungsebene zuprüfen (Abschichtung)? Wie müssen dieunterschiedlichen Rechtsfolgen beachtetwerden? Wie steht die Landschaftsplanungzur SUP? Übernimmt der Planer selbst dieSUP zu seinen Planungsinhalten? WelcheKontrollinstanzen sollten entstehen? Wiesoll die Öffentlichkeit beteiligt werden?Ein zweiter Schwerpunkt im Jahr der EU-Erweiterung liegt im Blick über die altenGrenzen nach Osten. Der diesjährigenKongress wird die Möglichkeit eröffnen,Informationsaustausch und Zusammenar-beit mit neuen Mitgliedstaaten zu intensi-vieren und auszubauen. Gegenseitiger In-formationsaustausch ist besonders zur lau-fenden Umsetzung der SUP sowie den in-ternationalen Konventionen im Umweltbe-reich wie Biodiversitäts-Konvention, Eu-ropäischer Landschafts-Konvention undAarhus-Konvention von Interesse. Dabeistellt sich auch die Frage, wo Entwicklun-gen und Diskussionen in den Beitrittslän-dern, z. B. zur Öffentlichkeitsbeteiligung,auch neue Blickwinkel in den alten EU-Staaten Deutschland und Österreich eröff-nen können.Ein Forum bietet Möglichkeiten sich überAktivitäten zum Thema Umweltprüfungzu informieren.Informationen: UVP-Gesellschaft e.V., Al-fred-Fischer-Weg 4, 59073 Hamm, Tel.:0 23 81/5 21 29, Fax: 0 23 81/5 21 95, E-Mail: [email protected], Internet: www.uvp.de/conf04/.

Verschandelung derLandschaftDas Schutzgut „Landschaftsbild“ spielte inder Anfangszeit des Naturschutzes einegroße Rolle. In der heutigen Praxis des Na-turschutzes stehen die naturwissenschaftli-chen Kriterien im Vordergrund. Dennochmuss z. B. bei der Eingriffs- und Aus-gleichsbilanz von Planungsvorhaben dasLandschaftsbild bewertet werden. VieleNaturschützer tun sich damit schwer. Esgibt aber durchaus einen gesellschaftlichenKonsens über die Schönheit von Land-schaft. Wo dieser Konsens liegt und nachwelchen Verfahren und Kriterien das Land-schaftsbild im Rahmen der Eingriffsrege-lung und der Landschaftsplanung behan-delt werden kann, darauf will die Veran-staltung „Die Verschandelung der Land-schaft – wo fängt sie an, wo hört sie auf“,die am 4. November in Arnsberg stattfin-det, Antworten geben. Ausrichter: LNU.Leitung: Mark vom Hofe. Teilnehmer-kreis: (30) Naturschutz, Heimatvereine,Planungsbüros, Interessierte. Teilnahme-beitrag: 12 Euro. Anmeldung: Landesge-meinschaft Naturschutz und Umwelt NRWe.V. (LNU), Heinrich-Lübke-Str. 16,59759 Arnsberg-Hüsten, Tel.: 0 29 32/42 01. Fax: 0 29 32/5 44 91. E-Mail:[email protected].

Waldnaturschutz in NRW In Nordrhein-Westfalen gibt es zahlreicheBeispiele von Naturschutzprojekten imWald, die von unterschiedlichster Seitedurchgeführt werden. Sie reichen von klas-sischer Niederwaldbewirtschaftung überden Erhalt von Alt- und Totholz bis hinzum völligen Nutzungsverzicht in Natur-schutzgebieten oder Naturwaldzellen.Durch den hohen Privatwaldanteil kommthierbei dem Vertragsnaturschutz eine be-sondere Bedeutung zu. Das Forum „Wald-naturschutz in NRW – Projekte aus Wis-senschaft und Praxis“, das am 19. Novem-ber in Iserlohn stattfindet, bietet die Gele-genheit, diese unterschiedlichen Projektedarzustellen und sich fachlich darüber aus-zutauschen.Ausrichter: NABU NRW, BDF NRW,BUND NRW, IG-Biostation, LNU, NUA.Leitung: Frank Herhaus und Manfred Keb-bel. Teilnehmerkreis: Naturschutz, Interes-sierte, Multiplikatoren. Teilnahmebeitrag:16 Euro. Anmeldung : NABU NRW, Me-rowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf-Bilk,Tel.: 02 11/1 59 25 10, Fax: 02 11/15 925115, E-Mail: [email protected].

Veranstaltungshinweise

Ökosponsoring als Projektfinanzierung Im Zuge knapper werdender Mittel für Na-turschutz und Umweltbildungsinitiativenmüssen zusätzliche Förderquellen für dieEinrichtungen und deren Kampagnen er-schlossen werden. Neben dem Mäzenaten-tum stellen mehr und mehr als „Ökospon-soring“ bezeichnete Vertragsbeziehungenzwischen der jeweiligen Non-Profit-Orga-nisation und Unternehmen eine Teilfinan-zierungsmöglichkeit dar. Von der systema-tischen Sponsorensuche bis zur Darstel-lung typischer Vertragsbedingungen undder Konzepterstellung werden Erfahrun-gen, Informationen und Handlungsansätzevermittelt. Die Landeslehrstätte für Naturschutz undLandschaftspflege (LLN) in Brandenburgbietet vom 27. bis 28. Oktober 2004 einenWorkshop zum Thema Ökosponsoring –Möglichkeit der Projektfinanzierung an.Workshopleitung: Martina Schmidt-Jodinund Ottmar Hartwig. Teilnehmerkreis:(25) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vonNROs aus dem Bereich Naturschutz undInteressierte. Anmeldung: Landeslehrstät-te für Naturschutz und Landschaftspflege(LLN), 15326 Oderberge Lebus, Tel.: 0 33/6 04-55 00, Fax: 0 33/6 04-55 01.

Schutzgebiete für UhuWer die einzigartigen Lebensräume im Na-tionalpark kennen lernen möchte, dem bie-tet der NABU vor Ort kostenfreie Exkur-sionen, Wanderungen und Vorträge für je-den Geschmack an. Am 18. November2004 findet in der Zeit von 19.30 Uhr bis

In den ungestörten Wäldern des National-parks Eifel findet auch der gefährdete Uhu(Bubo Bubo) ein Schutzgebiet.

Foto: P. Schütz

21.30 Uhr ein Vortrag über Schutzgebietefür den Uhu im Nationalpark statt. Die Lei-tung hat Dr. Lutz Dalbeck. Treffpunkt istdas Restaurant Mariaweiler Hof, An GutNazareth 45, 52353 Düren-Mariaweiler. Weitere Informationen zu lokalen An-sprechpartnern erteilt der NABU NRW,Merowingerstraße 88, 40225 Düsseldorf,Telefon: 02 11/1 59 25 10.

Amphibien und Reptilien in NRWAm 14. November findet in Bonn das Jah-restreffen des Arbeitskreises Amphibienund Reptilien Nordrhein-Westfalen statt.Naturschutz und Wissenschaft berichtenvon ihren Projekten und Forschungsarbei-ten. Ein Schwerpunkt der diesjährigen Ta-gung wird das Erprobungs- und Entwick-lungsvorhaben „Entwicklung von Amphi-bienlebensräumen in der Zivilisationsland-schaft“ des Zoologischen Forschungsinsti-tutes und Museums Alexander König unddes Bundesamtes für Naturschutz sein.Ausrichter: LNU (Akademie für ökologi-sche Landesforschung e.V.). Leitung: Mar-tin Schlüpmann. Teilnehmerkreis: (150)Naturschutz, Feldherpetologen, Biologi-sche Stationen, Wissenschaft. Teilnahme-beitrag: 5 Euro. Anmeldung: Landesge-meinschaft Naturschutz und Umwelt NRWe.V. (LNU), Heinrich-Lübke-Str. 16,59759 Arnsberg-Hüsten, Tel.:0 29 32/42 01. Fax: 0 29 32/5 44 91. E-Mail:[email protected].

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Quappe in NRW

Eine zentrale, aber bisher offenbar inihrer Bedeutung nicht berücksich-tigte Phase in der Biologie der

Quappe ist das Larvenstadium. Es scheintder Flaschenhals im Lebenszyklus dermeisten Populationen zu sein. Die pelagi-schen Larven brauchen ruhige, flache, nah-rungsreiche und räuberarme Gewässer, dieim Frühjahr (im nördlichen Mitteleuropaetwa Mitte Februar bis Ende April) er-reichbar sind. In Lebensräumen des Pota-mals sind dies lang anhaltend über-schwemmte Auen beziehungsweise nur imWinterhalbjahr gefüllte Stillgewässer inden Auen wie Blänken, Tümpel, Flutrin-nensysteme oder Randsümpfe (BUNZEL-DRÜKE et al. 2004).

Ehemalige und rezente Vorkommen Abbildung 1 zeigt Quappennachweise inNordrhein-Westfalen und einigen benach-barten Regionen. Basis sind die in der Lan-desdatenbank „LAFKAT“ gespeicherten

Daten, ergänzt um wei-tere Nachweise. Insge-samt liegen 198 Da-tensätze vor, von denen42 Wiederfänge siche-rer oder wahrscheinli-cher Besatzfische be-treffen. Die ursprüngliche Ver-breitung und Bestands-dichte der Quappe inNordrhein-Westfalenlässt sich nicht mehr re-konstruieren, da ver-lässliche Aufzeichnun-gen erst aus einer Zeitexistieren, zu der dieGewässer und Fischbe-stände bereits anthro-pogen verändert waren. So melden LAN-DOIS et al. (1892): „Sie fehlt nach den unszugegangenen Mitteilungen in den Ge-birgsflüssen fast gänzlich, nur in der unte-ren Ruhr trifft man sie noch einzeln an,kommt aber schon bei Arnsberg, dann in

der Lenne und anderenFlüssen des Sauerlan-des nicht mehr vor. Inder Ebene bevölkert siealle größeren Gewässermehr oder minder zahl-reich, war jedochfrüher häufiger, alsheute.“Aus den Angaben vonLANDOIS et al. (1892)über das weitgehendeFehlen der Quappe imSauerland ist nicht er-sichtlich, ob mit„kommt … nicht mehrvor“ eine geographi-sche oder eine zeitlicheEinschränkung ge-meint ist. Es muss da-her offen bleiben, obdie Quappe vor 1892die nordrhein-westfäli-schen Mittelgebirge be-siedelt hat. Ältere Quel-len nennen die Quappe

für manche Gewässer, zum Beispiel dieLenne (FRENZ 2000).Im 19. Jahrhundert kam die Quappe inNordrhein-Westfalen im Mittelgebirge of-fenbar nur in den Unterläufen der Flüssevor, während sie im Flachland im Rhein, inden kleineren Flüssen und auch in vielenBächen verbreitet, wenn auch wohl nichtbesonders häufig war. Heute sind in Nord-rhein-Westfalen maximal vier autochtho-ne, sich selbst erhaltende Quappenpopula-tionen bekannt (Abb. 2):

● Rhein und Unterläufe seiner Zuflüsse:Aus dem Rhein liegen mehrere aktuelleNachweise vor (NZO 2001), die aller-dings im Raum Bonn zum Teil Besatz-fische betreffen (STAAS 2002, 2003mdl.). SCHLÖSSER (2003 mdl.) be-richtet aus der Rheinaue bei Wesel, dassbeim Abfischen von Resttümpeln nachHochwässern regelmäßig Quappen ge-funden werden.Im Garather Mühlenbach, in der Dhünnund in der Wupper wurden in den Jah-ren 1999 bis 2002 einzelne Individuengefangen (BODE, SPÄH, NOLTING,WUTTKE, alle 2003 mdl.).Die Quappe ist in der Sieg offenbarnicht durchgängig vorgekommen. 1992bis 1997 wurde nur ein Exemplar naheder Mündung nachgewiesen (FREY-

Margret Bunzel-Drüke, Matthias Scharf und Olaf Zimball

Die Quappe in Nordrhein-WestfalenBestandssituation und Schutz eines vom Aussterben bedrohten Auenfisches

Die Quappe (Lota lota) gehört zu den landesweit am stärksten gefährdeten Fischarten. Hilfsmaßnahmenkonnten bisher nicht entwickelt werden, weil die Gefährdungsursachen nur unzureichend bekannt waren.Im Auftrag der Landesanstalt für Ökologie sollte Material zur Verbreitung und Biologie der Quappe inNordrhein-Westfalen zusammengetragen und ausgewertet werden, um die Grundlage für ein Artenhilfs-programm zu schaffen. Dazu wurden die Daten des landesweiten Fischkatasters durch Literaturdaten er-gänzt, außerdem erfolgten Befragungen von Anglern und Naturkundlern.

Quappe (Lota lota), oben, und Groppe (Cottus gobio), unten.Quelle: LANDOIS et al. 1892.

50 km0

1992 bis 2003

1972 bis 1991

vor 1972

(wahrscheinlich) Besatz

Abb. 1: Quappennachweise in Nordrhein-Westfalen.

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Quappe in NRWHOF 1998). Die seitdem erbrachtenNachweise im Unterlauf (NZO 2001)dürften aus dem Rhein eingewanderteTiere sein.Es ist unklar, ob der Quappenbestandam Niederrhein sich selbst erhält oderauf Zuwanderung aus dem Oberrheinangewiesen ist. Die Bestandsdichtescheint derzeit sehr gering zu sein. LautIKSR (2002) deutet sich von 1995 zu2000 ein leichter Aufwärtstrend an. Ei-ne kontinuierliche Besiedlung des Nie-derrheins ist unsicher, da der Fluss bis1969 stark verschmutzt war.

● Auesee: Die um 1960 entstandene Ab-grabung „Auesee“ bei Wesel liegt in derRheinaue nahe der Mündung der Lippeund stand bis etwa 1983/84 über Rohremit dem Rhein in Verbindung (HORST-MANN 2003 mdl.). Um 1980 wurdeder Angelsportverein Wesel auf dasVorkommen von Quappen aufmerk-sam. In den letzten 30 Jahren wurde si-cher kein Besatz durchgeführt(SCHLÖSSER 2003 mdl.); andereQuellen weisen auf einen Besatz um1970 mit Fischen aus der Aller hin.Heute pflanzt sich die Quappe im Seeerfolgreich fort (JÄGER 2003 mdl.). Ei-ne genetische Untersuchung der Aue-see-Quappen zur Klärung der Frage, obsie aus der Rhein-Population stammen,lieferte noch keine abschließenden Er-gebnisse (SCHREIBER 2003).

● Lippe: In der mittleren Lippeaue zwi-schen Mantinghausen und Lippborg istdie Quappe seit dem 19. Jahrhundertdurchgehend belegt. Seit den 1960erJahren ist der Bestand klein und starkgefährdet.

● Ems: Das Aussterben der Quappe in derEms wurde mehrfach vermutet (KAI-SER 1993, NZO 2001); ein kontinuier-liches autochthones Vorkommen ist je-doch möglich. Bis 1991 gelangen im-mer wieder Nachweise (GÜNNIG-MANN 1983, SPÄH & BEISENHERZ1990, STEINBERG & NZO 1991).Außerdem nennt KAISER (1993) einenFang aus der Bever aus den 1980er Jah-ren, möglicherweise identisch mit demvon NIEPAGENKEMPER (2003 mdl.)für etwa 1974 datierten Nachweis vonzwei bis drei großen Quappen bei HausLangen.2001/2002 wurden bei der Überprüfungdes Fischaufstiegs bei Telgte überra-schend elf Quappen gefangen (NIEPA-GENKEMPER 2002). Im Jahr 2002fing ein Angler eine Quappe in der Wer-se bei Havichhorst. Bei den neuenNachweisen lässt sich allerdings dieHerkunft aus Besatzmaßnahmen nichtausschließen (siehe Tab. 1).

BesatzmaßnahmenIm Laufe der Jahre wurden einzelne Be-satzmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen

durchgeführt, von denen aber nur wenigepubliziert sind (Tab. 1). Mehrfach wurdefestgestellt, dass Besatzfische „gut ab-wachsen“. Der Aufbau einer sich selbstfortpflanzenden Population oder die Ver-größerung eines bestehenden Bestandsdurch Besatz ist bisher in Nordrhein-West-falen nicht gelungen. Selbst ein Reproduk-tionsnachweis von Besatzfischen stehtnoch aus.

SCHREIBER & VAN HOUDT (2002)warnen vor dem unkontrollierten Transfervon Quappen, der „selbst innerhalb Mittel-europas zu einer Verwischung der geneti-schen Differenzierungsmuster führen kannund möglicherweise im Rheingebiet schongeführt hat.“Im Jahr 2002 wurden in das Verbreitungs-gebiet der mittleren Lippe Jungfische ein-gebracht, die Nachwuchs aus einer Mi-schung von Elterntieren der Lippe und desAuesees darstellen, obwohl noch nicht ge-klärt ist, ob die Quappen des Auesees über-haupt zur Rhein-Population gehören.

Mögliche RückgangsursachenKlimaänderungDer Rückgang der Quappe in Englandwurde unter anderem mit der Klimaerwär-mung in Verbindung gebracht (COOPER1964). Vermutlich ist ein wesentlicher Fak-tor nicht die leichte Erhöhung der Wasser-temperatur, sondern eine Häufung warmerWinter, in denen Niederschläge nicht alsSchnee „gespeichert“ werden. Im Haupt-teil des Verbreitungsgebietes der Quappesind kalte Winter typisch. Bei der Schnee-schmelze im Frühjahr entsteht ein großes,für Quappenlarven geeignetes Hochwas-ser. Im milden westlichen Europa fallenauch im Winter viele Niederschläge als Re-gen, so dass Frühjahrshochwässer nicht soverlässlich auftreten wie im Norden undOsten. Möglicherweise ist damit die Situa-tion am Westrand des Verbreitungsgebietesauch natürlicherweise nicht optimal für dieQuappe, und sie reagiert hier empfindli-cher auf Veränderungen.Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist weltweitein Temperaturanstieg feststellbar, wobeidie Temperaturen jedoch zwischen 1940und 1970 in etwa gleich blieben (BERNER& STREIF 2001). Der Rückgang derQuappe in verschiedenen nordrhein-west-fälischen Gewässern trat zu verschiedenenZeiten auf, so in der Lenne wahrscheinlichim 19. Jahrhundert, in der Ems nach 1920,in der unteren Lippe vor 1965, in der Issel1960 bis 1970 und in der mittleren Lippeum 1970. Eine Korrelation mit dem Tem-peraturanstieg ist nicht offensichtlich, den-noch ist nicht völlig auszuschließen, dasswarme Winter ohne Schneeschmelze imFrühjahr zahlenmäßig zugenommen ha-ben, was ungünstig für Quappen wäre.

FischereiAuch heute wird die Quappe mitunter nochals „Laichräuber“ bezeichnet. Bekämp-fungsaktionen wie in einigen RegionenSüddeutschlands hat es jedoch in Nord-rhein-Westfalen nie gegeben, ebenso we-nig wie eine Überfischung.SCHWEVERS & ADAM (1993) nennenals mögliche Ursache für das Erlöschender Quappenpopulation des Lahnsystemsneben schlechter Wasserqualität auch

Gewässer mit Quappenvorkommen(ohne Besatz)

in der Literatur um 1900 als Gewässerohne Quappen aufgeführte Flüsse

Abb. 2: Verbreitung der Quappe in Nord-rhein-Westfalen im 19. Jahrhundert undheute (zusammengestellt aus den rezentenQuappennachweisen und Quellen histori-scher Daten (V.D. BORNE 1882, BÜRGER1926, BUSCH & KREYMANN 1992,DÖRR 1935, FRENZ 2000, GIERS 1932,1967, GÜNNIGMANN 1983, HÄPKE1876, 1880, HAUBOLD 1978, HERWIG1878, KAISER 1993, KEMPER 1930,LANDOIS et al. 1892, LELEK & BUHSE1992, NZO 2001, PREYWISCH 1983, RU-TEMÖLLER 1974, SCHMIDT et al. 1985,SPÄH & BEISENHERZ 1983, VONNE-GUT 1938, WUNDSCH 1915) sowie ausLiteratur über Quappenvorkommen in denNachbarländern (GAUMERT & KÄMME-REIT 1993, HMLFN 1987, IKSR 2002, DENIE 1996, SCHWEVERS & ADAM 1993);ohne sichere Besatzfische).

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Quappe in NRW

überhöhte Aalbestände (Anguilla anguilla)sowie die Einbürgerung des Welses (Silu-rus glanis). Eine Konkurrenz zwischen Aalund Quappe wurde schon oft vermutet,aber anscheinend nie wirklich belegt. 1993 und 1994 waren die Aaldichten in dermittleren Lippe mit durchschnittlich 120bis 160 bei zwei Elektrofischereidurchgän-gen gefangenen Tieren pro 100 MeterFluss sehr hoch (ABU 2003). 1994 und1995 führte die FischereigenossenschaftAbfischungsaktionen zur Verringerung desAalbestandes durch. In den letzten Jahrenliegt die Dichte mit 30 bis 40 gefangenenTieren pro 100 Meter Fluss zwar niedrigerals 1993/94, aber im Vergleich zu anderenGewässern immer noch hoch. Ein Zusam-menhang der Bestandsentwicklung vonQuappe und Aal ist nicht erkennbar. Ob dieQuappe von einer weiteren Senkung derAaldichte in der Lippe profitieren würde,muss offen bleiben. „Natürliche“ Dichtender beiden Arten sind unbekannt.

WasserverschmutzungViele Gewässer Nordrhein-Westfalens wa-ren zeitweise so stark belastet, dass Quap-pen nicht darin leben konnten (Abb. 3).Der Höhepunkt der Belastung lag zumeistin den 1960er Jahren. Der Beginn der mas-siven Verschmutzung war sehr unter-schiedlich. Nachfolgend sei als Beispieldie Situation der Lippe geschildert.Nach GIERS (1967) kamen in der Lippe1966 oberhalb von Hamm Quappen vor,im Flussabschnitt unterhalb jedoch nicht;die Lippe war hier abwasserbelastet. Nach1970 setzte im Unterlauf eine allmählicheVerbesserung der Wassergüte von III–IV(sehr stark verschmutzt) und IV (über-mäßig verschmutzt) ein, bis 1999 durchge-hend II-III (kritisch belastet) erreicht war.Von der Quelle bis Lippborg, wo die Quap-

pe überlebte, wies die Lippe seit den erstenMessungen 1970 überwiegend und von1978 bis 1999 ausschließlich die Güteklas-sen II (mäßig belastet) und II–III auf(MUNLV & LUA 2000).Zusätzlich zu der Wasserverschmutzungwar (und ist) die Lippe durch Warmwas-sereinleitungen mehrerer Kraftwerke be-lastet. Das östlichste bei Hamm-Uentropnahm seinen Betrieb 1963 auf. Nach einerErweiterung wurde ab 1969 die Kühlwas-sereinleitung auf 28 Kubikmeter pro Se-kunde verdoppelt (WERKMÜLLER 2003schriftl.). Bald danach verschwand die bis1967 von GIERS bei Hamm noch als „häu-fig“ bezeichnete Quappe; sie fehlt bis heu-te (BUNZEL-DRÜKE & SCHARF 2004).

Wasserbauliche MaßnahmenAusbau und Unterhaltung umfassen vieleverschiedene Maßnahmen von der Uferbe-festigung über Laufverkürzung bis zumBau von Stauanlagen. MÜLLER (1961)nennt den „Wegfall länger dauernder Früh-jahrsüberschwemmungen durch wasser-bauliche Maßnahmen“ als den neben derAbwasserbelastung wesentlichen Grundfür das Zurückgehen der Quappenbestän-de.An den Flüssen Issel, Ems und Lippe, andenen sowohl Angaben zu Quappenvor-kommen als auch zur Ausbaugeschichtevorliegen, sollen die Auswirkungen was-serbaulicher Maßnahmen auf die Quappebeispielhaft geprüft werden.

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Tab. 1: Quappenbesatz in Nordrhein-Westfalen. Z = Zwischenvermehrung in Fischzucht.

Abb. 3: Während die Wasserverschmutzung in vielen Fällen nach dem 2. Weltkrieg ein-setzte, lag sie in einigen Flüssen wie Rhein und Wupper wesentlich früher: der Rhein beiDuisburg Ende der 1920er Jahre (Schul-Wandkarte, Justus-Perthes-Verlag Gotha [Klett-Perthes]).

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Quappe in NRW

IsselDie wichtigste Ausbauperiode am deut-schen Abschnitt der Issel (Abb. 4) umfasstdie Zeit von 1949 bis 1959. 1966/67 wur-den schließlich die quellnahen sechs Kilo-meter ausgebaut. Der Rückgang der Quap-pe kann „ab den Jahren 1960–1970 ange-nommen werden“; heute scheint die Art zufehlen (BUSCH & KREYMANN 1992).Bei der Issel kann eine Verschlechterungder Wassergüte als Ursache für das Ver-schwinden der Quappe weitgehend ausge-schlossen werden, da sich die Wasserqua-lität in den letzten 30 Jahren stets zwischenII und II–III bewegte (THIEL & BROG-GIATO 2000).

EmsKELLER (zitiert in KAISER 1993)schreibt über die Emsaue 1901: „Von denQuellen der Ems bis in die Gegend zwi-schen Rietberg und Wiedenbrück ist ein ei-gentliches Flußthal nicht vorhanden. Bishierher besteht das ganze umliegendeGelände aus einer schwach geneigten Ebe-ne, die zumeist niedriger liegt als der ge-wöhnliche Wasserspiegel der Ems. DieHochfluthen der Ems breiten sich meilen-weit überall hin aus, …“ Aufgrund desüberwiegend geringen Gefälles von untereinem Promille floss das Wasser nachHochwasserereignissen nur sehr träge wie-der ab, in tieferen Lagen, Senken und Mul-den der Aue blieb es oft wochenlang stehenund versumpfte den Boden (KAISER1993).Noch bis 1920 wurde die Quappe an derEms häufig gefangen (KAISER 1993). Dergroße Ausbau der Ems fand in den 1930erJahren statt. Er änderte die Situationgrundlegend durch Laufverkürzung ummehr als 50 Prozent, Vergrößerung desProfils, Sohlvertiefung, Uferbefestigung,Bau von Verwallungen und wesentlicherVerbesserung der Talentwässerung. DieTrockenlegung erwies sich als so weitge-hend, dass Stauwehre zur Hebung desGrundwasserspiegels gebaut werden

mussten. Heute sind Fluss und Aue nahezuvollständig voneinander getrennt (KAI-SER 1993, SCHIMMER & SCHINDLER2000). Einzelne Quappennachweise wur-den in den vergangenen Jahrzehnten im-mer noch erbracht, die Bestandsdichtescheint jedoch sehr niedrig zu sein.

LippeBeginnend mit der Schiffbarmachung1815 fanden mehrere Ausbaumaßnahmenan der Lippe statt, die unter anderem Pro-filverengungen, Laufverkürzungen und dieAnlage von Uferverwallungen umfassten(STUA LIPPSTADT 2002). HERWIGzählt die Quappe 1878 in der Lippe zu denArten, die nicht zu den häufigsten gehören.

Trotz verschiedener Talentwässerungs-maßnahmen blieben die Auen bis etwa1960 im Frühjahr stellenweise sehr nass. Inden 1960er und 1970er Jahren wurdenschließlich die letzten offenen Ufer befes-tigt, und fast alle der Lippe zufließendenGräben und kleinen Bäche erhielten Rück-stauklappen an ihren Mündungen (RUP-PERT 2003 mdl.) (Abb. 5).Nach den Angaben verschiedener Anglerwar die Quappe in der mittleren Lippe biszu den Ausbaumaßnahmen in den 1960erJahren häufig. S. KUSS aus Hamm (2002mdl.), der seit 1948 angelt, erzielte bis zumEnde der 1960er Jahre regelmäßig Quap-penfänge in Ahse und Lippe. Als möglicheUrsachen für das Verschwinden der Art imRaum Hamm nennt er den Ausbau derFlüsse sowie den Bau des Kraftwerkes beiHamm-Uentrop. Die Maßnahmen erfolg-ten fast zeitgleich; die Abwärmebelastungbetrifft jedoch nur die Lippe in Hamm,nicht die Ahse, wo die Quappe ebenfallsverschwand. Die Ausbaumaßnahmen ander Lippe fanden auch oberhalb der Kühl-wassereinleitung des Kraftwerkes statt,und hier wurden die Quappen seltener, sodass der Zusammenhang zwischen demBestandsrückgang und den wasserbauli-chen Maßnahmen sehr wahrscheinlich ist.Das Hauptproblem des Gewässerausbausfür die Quappe sind nicht die Steinschüt-tungen an den Ufern. Elektrobefischungenzeigen, dass Uferbefestigungen unter be-stimmten Bedingungen sogar Unterständefür Quappen bieten. Problematisch ist da-gegen die Trennung von Fluss und Aue.Rückstauklappen und andere Hindernisseerschweren den Aufstieg zu möglichenLaichplätzen. Fast alle als Laichhabitate inFrage kommenden Bäche sind grabenartigausgebaut. Noch schwerer wiegt aber dieeffektive Entwässerung der Auen. Durchdie Trockenlegung auch der letzten sump-figen Bereiche wurden Larvenhabitate fastvollständig vernichtet.

Fazit zu den Ursachen des RückgangsWasserverschmutzung war ein wesentli-cher Grund für den Niedergang der Quap-pe in Nordrhein-Westfalen. GüteklasseII–III (kritisch belastet) scheint – soferndie Sauerstoffversorgung gut ist – für dieArt die untere Grenze darzustellen.Das größte Problem für die Quappe, das imGegensatz zur Wasserverschmutzung heu-te noch unverändert weiterwirkt, ist derGewässerausbau, und zwar vor allem dieTrennung von Fluss und Aue. Durch Redu-zierung von Häufigkeit und Dauer derÜberschwemmungen, Entwässerungs-maßnahmen in der Aue und Beseitigungvon Auengewässern wurden die Larvenha-bitate fast vollständig zerstört. Zusätzlichbehindern Rückstauklappen und andereVerbauungen den Zugang zu potenziellenLaichplätzen in kleinen Zuflüssen.

Abb. 4: Issel vor dem Ausbau bei Loikum 1950 und ausgebaut bei Werth 1999 (aus THIEL& BROGGIATO 2000): Der ausgebaute Fluss ist durch deichartige Verwallungen vonseiner Aue getrennt.

Abb. 5: Rückstau- oder Rückschlagklappe:Bei niedrigem Wasserstand des Flussesdrückt der Bach die Klappe auf und ent-wässert die Aue. Steigt der Wasserspiegeldes Flusses, wird die Klappe dadurch ge-schlossen und verhindert die Flutung derAue, gleichzeitig aber auch den Fischauf-stieg. Foto: J. Drüke

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Quappe in NRWVorschläge für ein Artenhilfsprogramm FlussauenrenaturierungenVordringlich für den Erhalt der Quappe inNordrhein-Westfalen sind der Schutz unddie Verbesserung der Lebensräume derletzten Populationen. Dabei dürfte dasSchaffen von Überflutungsflächen entlangder Fließgewässer als Aufwuchsgebiete fürdie Larven die wichtigste Maßnahme sein.Der Schutz der Quappe ist damit eine sehranspruchsvolle Aufgabe, verlangt er dochdie Wiederherstellung der Einheit vonFluss und Aue inklusive einer naturnahenÜberschwemmungsdynamik (Abb. 6). Wiedas Beispiel der mittleren Lippe zeigt,kann eine Quappenpopulation auch vonabschnittsweisen Auenrenaturierungenprofitieren (BUNZEL-DRÜKE et al.2004).In den Auen sollten potenzielle Larvenha-bitate geschützt beziehungsweise wieder-hergestellt werden, zum Beispiel Flutrin-nensysteme, Blänken und Tümpel,Randsümpfe und flache Buchten des Flus-ses. Einmündende Bäche und Gräben, alsopotenzielle Laichplätze, sind ohne Hinder-nisse an den Fluss anzuschließen und na-turnah zu gestalten.

Verbesserung der WasserqualitätZur Förderung einer Ausbreitung oderWiederansiedlung der Quappe sollte Was-sergüteklasse II angestrebt werden. Sicherist es kein Zufall, dass die sich heute inNordrhein-Westfalen wahrscheinlich fort-pflanzenden Populationen alle in Gewäs-sern der Güteklasse II leben. Wärmebelas-tung von Flüssen scheint für die Quappeein Ausschlussfaktor zu sein und sollte da-her soweit wie möglich reduziert werden.

Beseitigung von WanderungshindernissenEs gibt keine Hinweise darauf, dass dieQuappe in Nordrhein-Westfalen einst aus-geprägte Wanderungen durchgeführt hat.Hindernisse dürfen jedoch den genetischenAustausch nicht beeinträchtigen, außer-dem müssen die Zugänge zu potenziellenLaichgewässern offen sein.

BesatzmaßnahmenDie einsetzende kommerzielle Quappen-zucht und der Wunsch vieler Angler, einerbedrohten Art zu helfen, kann durchaus ne-gative Folgen haben. Es ist noch nicht be-kannt, ob verschiedene Quappenpopulatio-nen auch genetisch an bestimmte Habitat-typen angepasst sind, zum Beispiel hin-sichtlich Laichzeit, Laichwanderung oderAuswahl des Laichhabitats. Eine Vermi-schung von Quappen verschiedener Her-künfte würde Anpassungen vernichten.Keinesfalls dürfen in die autochthonen Be-stände fremde Tiere zur „Bestandsstüt-

zung“ eingebracht werden, um jedes Risi-ko der genetischen Veränderung und auchdes Einschleppens von Krankheiten undParasiten auszuschließen.

Sonstige MaßnahmenUntersuchungen zur Biologie der Quappesind dringend zu empfehlen, unter ande-rem zur optimalen Gestaltung von Laich-und Larvalhabitaten sowie zur Größe undgenetischen Identität von Populationen.Vor allem im Mittelgebirge könnte dieQuappe eventuell von der Wiederansied-lung des Bibers profitieren, da Biberteichegeeignete Habitate für Quappenlarven seinkönnten.

Literatur(ABU) ARBEITSGEMEINSCHAFT BIOLO-GISCHER UMWELTSCHUTZ im Kreis Soeste.V. (2003): Jahresbericht über Betreuung undMonitoring in der Klostermersch 2002 im Auf-trag von Kreis Soest und Staatlichem Umwelt-amt Lippstadt. – ABU, Bad Sassendorf-Lohne,125 S.BEISENHERZ, W. & SPÄH, H. (1990): Die Fi-sche Ostwestfalens. – Ilex Bücher Natur I, Gie-seking, Bielefeld, 132 S.BERNER, U. & STREIF, H. (Hrsg.) (2001):Klimafakten: Der Rückblick – Ein Schlüssel fürdie Zukunft, 3. Auflage. – Bundesanstalt fürGeowissenschaften und Rohstoffe, Institut fürGeowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben& Niedersächsisches Landesamt für Bodenfor-schung; Schweizerbart, Stuttgart. 238 S.BORCHARD, B., BRENNER T. & STEIN-BERG, L. (1986): Fische in Nordrhein-Westfa-len. – DER MINISTER FÜR UMWELT,RAUMORDNUNG UND LANDWIRT-SCHAFT des Landes Nordrhein-Westfalen(Hrsg.), Düsseldorf, 127 S.

BORNE, M. V. D. (1882): Die Fischereiverhält-nisse des Deutschen Reichs, Oesterreich-Un-garns, der Schweiz und Luxemburgs. – Moeser,Berlin, 306 S.BUNZEL-DRÜKE, M. & SCHARF, M. (2004):Wärmeeinleitung in die Lippe: Auswirkungenauf die Fischfauna. – LÖBF-Mitteilungen3/2004: 44–51.BUNZEL-DRÜKE, M., SCHARF, M. & ZIM-BALL, O. (2004): Zur Biologie der Quappe –Ein Literaturüberblick und Feldstudien aus derLippeaue. – Naturschutz und Landschaftspla-nung 36, im Druck.BÜRGER, F. (1926): Die Fischereiverhältnisseim Rhein im Bereich der Preußischen Rhein-provinz. – Zeitschrift für Fischerei 24: 217–399.BUSCH, W. & KREYMANN, H. (1992): DieIssel und ihre Fischfauna. – Boss, Kleve, 162 S.COOPER, A. (1964): Burbot, creatures of thenight. – Fishing 64: 16–18.DÖRR, E. (1935): Beiträge zur Kenntnis derHydrobiologie der Gewässer zwischen Nieder-rhein und Maas sowie ihrer Beziehungen zu die-sen beiden Flüssen. – Archiv für Hydrobiologie28: 492–513.FREDE, M. (2002): Die Neunaugen und Fische(Cyclostomata & Pisces) des Kreises Siegen-Wittgenstein – eine kommentierte Artenliste. –Beitr. z. Tier- u. Pflanzenwelt des Kreises Sie-gen-Wittgenstein 7: 29–58.FRENZ, C. (2000): Leitbilder der Fischfaunader Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen. –Studie im Auftrag des MURL Nordrhein-West-falen. FREYHOF, J. (1998): Die Fische und Rund-mäuler der Sieg in den Grenzen von Nordrhein-Westfalen. – Decheniana 151: 183–194.GAUMERT, D. & KÄMMEREIT, M. (1993):Süßwasserfische in Niedersachsen. – Nieder-sächsisches Landesamt für Ökologie, DezernatBinnenfischerei (Hrsg.), Hildesheim, 161 S.GIERS, R. (1932): Unsere Fischgewässer, ihreWasserverhältnisse, Flora, Fauna, Fischarten. –

Abb. 6: Hochwasser in der Lippeaue: Auen, die im Frühjahr lange überschwemmt sind,stellen in Nordrhein-Westfalen offenbar die typischen Larvenlebensräume der Quappedar. Wichtigste Schutzmaßnahme ist daher die Wiederherstellung der Einheit von Flussund Aue. Foto: M. Bunzel-Drüke

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Anschrift der VerfasserDr. Margret Bunzel-Drüke, Matthias Scharf, Olaf ZimballArbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e. V. (ABU)Teichstr. 1959505 Bad Sassendorf-LohneE-Mail: [email protected]: www.abu-naturschutz.de

ZusammenfassungIm 19. Jahrhundert kam die Quappe imMittelgebirge wohl nur in den Unterläu-fen der Flüsse vor, während sie imFlachland weit verbreitet, wenn auchnicht besonders häufig war. Heute sindlandesweit maximal vier autochthoneBestände bekannt. In den letzten Jahrenfanden an verschiedenen Stellen Besatz-maßnahmen statt.Wasserverschmutzung war ein wesentli-cher Grund für den Niedergang derQuappe in Nordrhein-Westfalen. Güte-klasse II–III (kritisch belastet) scheint,sofern die Sauerstoffversorgung gut ist,für die Quappe die untere Grenze darzu-stellen. Auf Wärmebelastung reagiertdie Art sehr empfindlich.Das größte Problem für die Quappe istder Gewässerausbau, und zwar vor al-lem die Trennung von Fluss und Aue.Durch Reduzierung von Häufigkeit undDauer der Überschwemmungen, Ent-wässerungsmaßnahmen in der Aue undBeseitigung von Auengewässern wur-den die Larvenhabitate der Quappe fastvollständig zerstört. Zusätzlich behin-dern Rückstauklappen und andere Ver-bauungen den Zugang zu potenziellenLaichplätzen in kleinen Zuflüssen.Die mit Abstand wichtigste Hilfsmaß-nahme ist die Wiederherstellung derEinheit von Fluss und Aue inklusive ei-ner naturnahen Überschwemmungsdy-namik.

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Ems-Auenkonzept

Leitbild für die Ems ist der sandge-prägte Fluss des Tieflandes (LUA-NRW 2001 a, LUA-NRW 2001 b,

LUA-NRW 2002). Typisch ist demnachein meist gewundener bis mäandrierender,von Durchbrüchen und Altgewässern ge-gliederter Lauf. Mit überwiegend langsa-mer Strömung sollte sie in einem flachenoder deutlich – maximal 2,5 Meter – ein-geschnittenem Kastenprofil fließen. Dochvon diesem Zustand war sie zu Beginn desGewässerauenprogramms weit entfernt.Wichtige Maßnahmenschwerpunkte indem Ems-Auenkonzept sind daher die Ent-fesselung, die Laufverlängerung und dieVerhinderung weiterer Sohlerosion(BRAUTLECHT 2000, LOHEIDE 2002).Neben aktiven Rückbaumaßnahmen undAltarmanbindungen, deren Planung undUmsetzung sich über mehrere Jahre hin-zieht, versuchte man bereits ab Durch-führungsbeginn eine Verbesserung derUferstrukturen auf der gesamten Ufer-strecke dadurch zu erreichen, dass man aufdie Uferunterhaltungsmaßnahmen ver-zichtete. Hier setzt ein Erfolgskontrollpro-jekt der LÖBF ein, das die Auswirkungendieser Maßnahme auf die Uferstrukturen,die Vegetation und Fauna dokumentiert(CONZE 2002, KETTRUP 1996, KETT-RUP & WEISS 2000, KETTRUP, NEITZ-KE & WEISS 2003). Die Untersuchungenzur Fischfauna wurden in den Jahren 1995,1998 und 2003 durchgeführt, so dass eineZwischenbilanz möglich ist (LÖBF 1995,1998 a, 2003).

Die Ems zwischen Greffen und GrevenDie Ems als sandgeprägter Fluss des Tief-landes findet sich in den GroßlandschaftenWestfälisches Tiefland und WestfälischeBucht nördlich des Teutoburger Waldes(LUA-NRW 2002). Die Einzugsgebieteliegen vollständig im Tiefland, lediglichdie Oberläufe reichen bis in das Mittelge-

birge. Die Sohle besteht größtenteils ausSand und Totholz, lokal kommen nochKiese, Lehm und organisches Material vor.Die Aue wird häufig langanhaltendflächendeckend überflutet (NZO-GmbH2003).Die Fischzönose ist leitbildspezifisch sehrartenreich (Tab. 1) (NZO-GmbH 2003). Jenach Gewässergröße und hydrogeologi-schem Typ kommen Arten des Rhithralsund/oder Arten des Potamals vor. Die un-tersuchten Probestrecken der Ems befin-den sich im metapotamalen Abschnitt. Leitfischarten für diesen Bereich sindHecht und Barbe. Als Begleitarten geltenQuappe, Brassen, Koppe, Schmerle, Zähr-te und Steinbeißer. Für die Nebengerinneund Altwässer sind Rotfeder, Schleie, Ka-rausche, Bitterling, Moderlieschen, Neun-stachliger Stichling und Schlammpeitzgertypisch.

Viele Langdistanzwanderer nutzen densandgeprägten Fluss des Tieflandes zur Er-reichung ihrer Laichhabitate. Damit kön-nen zu bestimmten Zeiten bestandsprägen-de Anteile dieser Arten angetroffen wer-den. Wanderfische, die den metapotamalenAbschnitt der Ems als Wanderschienebenötigen, sind Aal, Lachs, Meerforelle,Fluss- und Meerneunauge. Der Aal nutztdiesen Abschnitt ebenso stetig als Teille-bensraum.Neben Fischarten, die in der Ems natürli-cherweise nicht vorkommen und deren Be-stand durch Besatzmaßnahmen gestütztwird, sowie Fischarten, die nur geringe An-sprüche an die Lebensraumstrukturen stel-len, kommen in der Ems aktuell auchFischarten vor, die eine hohe Aussagekraftfür eine positive Entwicklung des aquati-schen und amphibischen Lebensbereichesder Ems besitzen.Hierzu gehören die Arten

Andreas Neitzke, Andreas Hoffmann und Carsten Nolting

Was die Fische zum Ems-Auenkonzept sagen Veränderungen der Fischzönose in der Ems zwischen Warendorf und Greven –Ergebnisse aus der Erfolgskontrolle des Gewässerauenprogramms

Seit über zehn Jahren setzt das Staatliche Umweltamt Münster Maßnahmen im Rahmen des Gewäs-serauenprogramms um. Die Auswirkungen auf die Fischzönose als wichtige Zielgröße werden von derLÖBF im Rahmen der Erfolgskontrolle untersucht. Aufgabe ist es mit wenigen aussagekräftigen Para-metern die Veränderungen zu quantifizieren und zu bewerten. Wichtige Grundlage hierfür sind Leitbildersowie die Auswertung vorhandener Daten und historischer Aufzeichnungen.

Foto 1: Probestrecke 5 (P5), Altarmanbindung „Große Lembeck“. Foto: A. Neitzke

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Ems-Auenkonzept

Barbe, Bitterling, Hecht, Koppe, Moder-lieschen, Neunauge und Steinbeißer, vondenen viele auf der Roten Liste stehen.

Was, wie, wo gemacht wurdeZur Dokumentation der Entwicklung wur-den 1995 fünf je 100 Meter lange Probe-

strecken zwischen Greffen und Greveneingerichtet (s. KETTRUP 1996) (Karte 1u. 2). Die Strecken repräsentieren das typi-sche Trapezprofil (siehe Foto 2). Vier Pro-bestrecken (P1–P4) wurden in einen Ab-schnitt gelegt, in dem keine aktuellen Maß-nahmen geplant waren. Hier können daherdie Auswirkungen der Maßnahme „Ein-stellung der Uferunterhaltung“ über einenlängeren Zeitraum beobachtet werden.Zur Dokumentation der aktiven Rückbau-maßnahmen, speziell der Altarmanbin-dung mit Uferentfesselung, erfolgte dieAuswahl einer Probestrecke (P5) im Be-reich der geplanten Maßnahme „AltarmGroße Lembeck“ (Foto 1).Im Zuge der Realisation weiterer Projektewurden zusätzliche Probestrecken einge-richtet. So können Zeitreihen untersucht,aber auch „space for time“ Analysendurchgeführt werden. Die Strecke P7 ist der beidseitig angebun-dene Altarm „Handorf II“. P6 ist ein durchdiese Anbindung neu entstandener unter-stromig angebundener Altarm, der denRest des ausgebauten, begradigten Ems-verlaufs darstellt.Der Flussabschnitt unterhalb des neu um-gestalteten Mündungsbereichs der Beverwurde als Befischungsstrecke P8 mit in dasProgramm aufgenommen. Die Probe-strecke P9 liegt im wieder angeschlosse-nen Altarm „Ringemanns Hals“ (Foto 3).Da hier zum Teil erst Ergebnisse aus einerBefischung vorliegen, erfolgt die Zusam-menfassung dieser Befischungsdatenzunächst zum Block „aktiver Rückbau“.Bei Vorliegen eines ausreichenden Daten-materials wird eine Aufschlüsselung nachMaßnahmen durchgeführt. Da in den 2003hinzugenommenen Probestrecken keineneuen Arten auftraten, kann die Summen-bildung für die einzelnen Befischungs-durchgänge trotz einer unterschiedlichenAnzahl von Probestrecken durchgeführtwerden. Die festgestellten Veränderungenin den Artenzahlen beruhen nicht auf einerErhöhung der Anzahl der Probestrecken,sondern auf Veränderungen im Zuge derOptimierungsmaßnahmen.Die Daten aller Probestrecken P1–P9 zu-sammen genommen geben einen Eindruck

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NRW gesamt

Aal + + + + + + + + + + * *Aland + . . . . . . + . . * *Äsche + . . . . . . . . . * *Bachforelle + . . . . . . + . . * *Bachneunauge . . . . . . + . . * *Barbe + . + . . . + + + 3 3Barsch + + + + + + + + + + * *Bitterling . . . . . - . + + 1 1Brassen + + + + + + - + + + * *Döbel + . + + + + + + + + * *Dreistachliger Stichling + . . . + . . + + + * *

Flussneunauge + . . . . . . . + + * *Giebel + . . . . . . + . . * *Gründling + + + + + + + + + + * *Güster + + + + + + + + + . * *Hasel + . + + + + + + + + * *Hecht + + + + + + + + + + * *Karausche + . . . . . . . + * *Karpfen + + + + + + + + + . * *Kaulbarsch + + + + + + + + + . * *Koppe . . . . . . - + + + 3 *Lachs + . . . . . . . . + * *Meerforelle . . . . . . . . . + * *Meerneunauge . . . . . . . . . + * *Moderlieschen . . . . . . + . . + 3 3Neunstachliger Stichling . . . . + . . . + * *

Quappe + . . . . . . + . + * *Rapfen . . . . . . . . + . D DRotauge + + + + + + + + + + * *Rotfeder + + + + + + . + + + 3 3Schlammpeitzger + . . . . . . . . + * *Schleie + + . + + . + + + + V VSchmerle + . . . + . . + + + * *Sonnenbarsch . . . . . . . . + . * *Steinbeißer + . . . . . . + + + 2 DUkelei + + + + + + + + + . * *Wels + . . . . . . . . . * *Zander + + + . + . + + . * *Zährte . . . . . +Zwergwels + . . . . . . . . . * *

Anzahl der nachgewiesenen Arten 30 13 15 11 17 14 13 25 24 26

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999)

GL III = Großlandschaft Westfälische Bucht; Gefährdungskategorien nach Rote Liste NRW (LÖBF 1999): D = Daten nicht ausreichend, V = Vorwarnliste (zurückgehend), 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, * = nicht gefährdet; + = Nachweis der Art, - = kein Nachweis der Art, Fettdruck= Art des Leitbildes

Tab. 1: Übersicht über die Fische der Ems aus der Zeit vor 1900 bis hin zum Jahr 2003sowie Leitbild und Rote Liste-Status.

Karte 1: Übersichtskarte zur Lage der Probestrecken P1–P3. Karte 2: Übersichtskarte zur Lage der Probestrecken P4–P9.

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Ems-Auenkonzept

von der gesamten Fischzönose in diesemEmsabschnitt und deren Entwicklung alsFolge der durchgeführten Maßnahmen.

Draußen die FeldarbeitenDie Untersuchung der Fischfauna erfolgtemittels Elektrobefischung (BANKSTAHL,1991, MEYER-WARDEN et al. 1975). Bei den hier durchgeführten Befischungenkam ein stationär vom Boot aus betriebe-nes Elektrofischgerät des Typs DEKA7000 zum Einsatz.Nach Bestimmung der Art, der Anzahl so-wie der Köperlängen und Protokollierungder Daten wurden die Fische wieder anihrem Fangort ausgesetzt.

Foto 2: Probestrecke 2 (P2), Ems bei Einen. Foto: A. Neitzke

Foto 3: Probestrecke 9 (P9), Altarm „Ringemanns Hals“. Foto: A. Neitzke

Die Befischungen der ufernahen Bereicheder Probenstrecken fanden am 28.Juli1995, 2. September 1998 und 28. August2003 statt.

Drinnen die DatenauswertungZur Auswertung wurden aus den gewonne-nen Felddaten verschiedene Kennzahlenermittelt. Ein einfaches Maß zur Beurtei-lung der Diversität ist die Artenzahl.Die Quantifizierung des Zielerreichungs-grades geschieht über die Berechnung desSörensen-Ähnlichkeitsquotienten Is (Is =2c/ (a+b), a = Anzahl der Arten in Probe-strecke 1, b = Anzahl der Arten in Probe-strecke 2, c = Anzahl der in Probestrecke 1

und 2 gemeinsam vorkommenden Arten)zwischen Befischungsergebnis und Leit-bild (MÜHLENBERG 1995).

In die Ufer kommt BewegungDer Beurteilung der Uferstrukturen in denProbestrecken liegen die Ergebnisse geo-morphologischer Kartierungen zugrunde(Kettrup, Neitzke, Weiss 2003, LÖBF1995, 1998, 2000, 2002). Als relativ zu in-terpretierendes Maß für die Dynamik kanndie Summe der in den Probestrecken fest-gestellten Veränderungen herangezogenwerden. Unter Berücksichtigung der Be-lange der Fische ist ein wichtiges Ziel derMaßnahme „Einstellung der Uferunterhal-tung“ die Übersandung beziehungsweiseAuflösung der Steinschüttungen und ande-rer Uferbefestigungen sowie die Akkumu-lation von Material im Fluss. Die entste-henden Laichplätze und Kinderstuben so-wie die sich entwickelnden Wuchsorte fürUnterwasservegetation und Röhrichte stel-len wichtige Habitatstrukturen dar. In derersten Phase der Entwicklung sind die An-landungen und Sandbänke wichtige Pio-nierstandorte und werden zum Beispielvom Steinbeißer und Flussneunaugebenötigt. Mit zunehmender Ansiedlungvon aquatischen Makrophyten nutzenHechte als Lauerjäger die entstandenenStrukturen. Diesem ständigen Wechsel derAuf- und Abbauvorgänge sowie der „pat-chiness“ dieser Erscheinungen wird mitBetrachtung von „Indikatorgrößen“, wiehier der „Summe aller akkumulierenderVorgänge“, Rechnung getragen (Tab. 2).Durch aktive Entfesselungen mit Entfer-nung der Uferbefestigungen lässt sich dieDynamisierung sofort erreichen. Wodurchdie Maßnahme „aktiver Rückbau“ in die-ser Hinsicht der „Einstellung der Uferun-terhaltung“ a priori überlegen ist.

Was heraus kam Artenzahlen als Ausdruck der BiodiversitätDie wichtige Frage bei der Beurteilung desErfolges von Maßnahmen ist, ob Entwick-lungen in Richtung vorgegebener Ziel-größen festzustellen sind. Bezugsgrößenkönnen Angaben aus früheren Zeiten so-wie von Experten entwickelte, anerkannteLeitbilder sein (Tab. 1.)Für die seit Beginn der Erfolgskontrollebeobachteten Probestrecken P1–P4, diedie Maßnahme „Einstellung der Uferunter-haltung“ repräsentieren, liegen die Arten-zahlen zwischen sieben und 14. Schwan-kungen im Umfang von vier Arten treten inallen Probestrecken auf (Abb. 1).Eine kontinuierliche Entwicklung deutetsich nur in Probestrecke P3 an. Die Arten-zahl erhöhte sich von zehn auf 14, ein Ein-zelwert, der in keiner anderen Probestreckeerreicht wurde. Da die Veränderungen derUferstrukturen in dieser Strecke deutlich

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Ems-Auenkonzept

über denen der anderen lagen, ist ein Zu-sammenhang wahrscheinlich (Tab. 2.)Auch bei Betrachtung der in allen drei Be-fischungen nachgewiesenen Artenzahlentreten hier die höchsten Werte auf. Nur inProbestrecke P2, in der ebenfalls starkeUferveränderungen stattfanden, wurdengleich viele Arten gefangen, wobei die

Einzelwerte jedoch unter denen von P3 lie-gen.Die Ergebnisse aus den Probestrecken, diein den Bereichen der aktiv durchgeführtenMaßnahmen liegen, zeigen ein vergleich-bares Bild. Starke Veränderungen in denArtenzahlen traten auch dort auf, wo dieumfangreichsten Veränderungen im Fluss-

verlauf und in den Uferstrukturen zu beob-achten sind. So wird in der ProbestreckeP5, die die Altarmanbindung mit Uferent-fesselung repräsentiert, eine Zunahme umvier Arten beobachtet. Liegt an diesemPionierstandort die in 2003 erreichte Ar-tenzahl mit 13 in einer auch in anderenrückgebauten Strecken festgestelltenGrößenordnung, so ist die Gesamtarten-zahl mit 17 die höchste, die für einen ein-zelnen Streckenabschnitt beobachtet wur-de. Dies belegt die für Pionierstandorte ty-pische dynamische Entwicklung der Ar-tenzusammensetzung, die sich auch in demneu entstandenen Altarm, in dem die Befi-schungsstrecke P6 liegt, mit einer Ver-dopplung der Artenzahl widerspiegelt. ImVergleich zu den Strecken im Bereich derMaßnahme „Einstellung der Uferunterhal-tung“ liegen die festgestellten Artenzahlen

P 1 P 2 P 3 P 4 P 5UA 96 - - 89 - -UA 98 32 49 186 - 44US 98 - - - - -AL 98 - 71 - 34 65SE 98 - 89 - - 30UA 00 131 27 210 42 215US 00 91 - 35 - -AL 00 - - - - 83SE 00 - 87 - - -UA 02 52 18 64 31 -US 02 - - 36 - -AL 02 - 67 - - 74SE 02 - - - 62 -SF 02 - - - - -

1 306 408 620 169 5112 215 232 549 107 481

Tab. 2: Geomorphologische Veränderun-gen in den Probestrecken (Angaben in Me-ter). UA: Uferabbrüche (UA 96: Uferab-brüche im Jahr 1996); US: Unterspülun-gen; AL: Anlandungen; SE: Seitenerosio-nen; SF: Schwemmfächer; P 1: Probestel-le 1; 1: Summe aller Veränderungen; 2:Summe der akkumulierenden Veränderun-gen. Quelle: LÖBF 1995, LÖBF 1998,LÖBF 2000, LÖBF 2002.

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Abb. 1: Artenzahlen in den Probestrecken für die einzelnen Probejahre und die Anzahlaller in den Probestrecken nachgewiesener Arten (P1:95 = Beprobung der Probestrecke1 im Jahr 95 usw., P1:95–03 = Anzahl aller in der Probestrecke 1 in den Jahren 1995,1998 und 2003 nachgewiesener Arten).

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Abb. 2: Artenzahlsummen für die Probestrecken der Maßnahme „Einstellung der Ufer-unterhaltung“ (blau), für alle Probestrecken der Maßnahme „aktiver Rückbau“ (oliv)und für alle Probestrecken zusammen (rot) in den einzelnen Untersuchungsjahren sowieAnzahl aller nachgewiesener Arten (grün) und Artenzahl des Leitbildes (braun)(P1–P4:95 = Anzahl der in den Probestrecken P1 bis P4 im Jahr 1995 nachgewiesenenArten).

der einzelnen Befischungen in P5–P8 in ei-ner ähnlichen Größenordnung. Eine Aus-nahme bildet der wieder angeschlosseneAltarm „Ringelmanns Hals“, der wegenseiner auwaldartigen Strukturen und feh-lender Uferaufweitung mit den anderenAbschnitten nicht vergleichbar ist. Hierließen sich nur sieben Arten nachweisen. Insgesamt wurden in den aktiv umgestalte-ten Bereichen mehr Arten gefangen als inden Probestrecken der Maßnahme „Ein-stellung der Uferunterhaltung“ (Abb. 2). Antwort auf die Frage, ob die Maßnahmenzusammengenommen zu positiven Ent-wicklungen geführt haben, gibt die Be-trachtung der Gesamtzahl der in allen Pro-bestrecken gefangenen Arten auch im Ver-

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Ems-Auenkonzeptgleich mit den aus anderen Untersuchun-gen vorliegenden Daten. Die Artenzahlstieg in dem Beobachtungszeitraum 1995bis 2003 von 14 auf 24. Insgesamt wurdenin allen Probestrecken über alle Proben-nahmetermine 25 Arten nachgewiesen(Abb. 2). Erstmalig in 2003 gelang im Rah-men dieser Erfolgskontrolle der Fang vonBitterling, Dreistachligem Stichling, Bar-be, Flussneunauge, Koppe und Schmerlesowie der nicht einheimischen Arten Rap-fen und Sonnenbarsch.Zieht man die aus dem 19. Jahrhundert be-richtete Artenzahl von 30 zum Vergleichheran (Tab.1), ist diese Diversität wiederzu 83 Prozent erreicht worden. Damit ist die festgestellte Artenvielfalt einhervorragendes Ergebnis, zumal die Arten-zahlen aus den Jahren 1988 bis 1993 nurzwischen elf und 15 liegen (Tab 1). DasLeitbild der Fischgemeinschaft umfasst 26Arten, eine Größenordnung, die mit dertatsächlich nachgewiesenen vergleichbarist. Die Maßnahmen haben somit zu einerartenreicheren Fischgemeinschaft geführt.Die reinen Artenzahlen sagen jedoch nochnichts über die Vergleichbarkeit mit demLeitbild aus, wie das Auftreten von nichtheimischen Arten deutlich macht. Umhierzu Aussagen treffen zu können, sindBerechnungen von Ähnlichkeitsindicesnotwendig.

Ähnlichkeit, ein messbarer ErfolgDie ermittelten Ähnlichkeiten belegen fürdie einzelnen Probestrecken zu Beginn derBeobachtungen im Jahr 1995 noch geringeÜbereinstimmungen mit dem Leitbild(Abb. 3). Mit zunehmenden Veränderun-gen der Uferstrukturen (Tab. 3) erfolgt je-doch eine Entwicklung der Artenzusam-mensetzung in Richtung Zielgröße. Ähn-lichkeitswerte um 50 Prozent im Jahr 2003belegen für die Maßnahme „eingestellteUferunterhaltung“ eine Verbesserung vonrund zehn Prozent.Deutlichere Entwicklungen sind in denumgebauten Flussabschnitten zu beobach-ten. In der die Altarmanbindung mit Ufer-entfesselung repräsentierenden Befi-schungsstrecke P5 kam es zu Verbesserun-gen von 33 Prozent. Auch die erreichteÄhnlichkeit mit 62 Prozent ist der höchstefestgestellte Einzelwert. Für alle rückge-bauten Flussabschnitte sind Werte über 50Prozent zu beobachten. Eine Ausnahmestellt wiederum der Altarm „RingelmannsHals“ (P9) wegen seiner strukturellen Son-derstellung (s. o.) dar.Die Zusammenfassung der Ergebnisse derProbestrecken P1–P4, P5–P9 und P1–P9aus den einzelnen Untersuchungsjahrelässt für die beiden Maßnahmenpakete„Einstellung der Uferunterhaltung“ und„aktiver Rückbau“ eine kontinuierlicheVerbesserung erkennen (Abb. 4). Die akti-

ven Rückbauten zeigen jedoch einen um16 Prozent deutlicheren Effekt. BeideMaßnahmen zusammen haben zu einer Er-höhung der Ähnlichkeit auf 68 Prozent ge-führt, wobei der Anteil der aktiven Eingrif-fe am positiven Ergebnis überwiegt (Abb.4 ). Die Umsetzung des Gewässerauenpro-gramms führte somit zu einer Verbesse-rung um 23 Prozent, was als deutlicher Er-folg gewertet werden kann.Alle Befischungen zusammen betrachtetzeigen, dass die in diesem Emsabschnittwieder nachgewiesenen Arten eine Fisch-

gemeinschaft bilden, die zu 71 Prozent mitdem Leitbild übereinstimmt.

Gut oder schlechtEine Bewertung der Auswirkungen der un-terlassenen Unterhaltungsmaßnahmen imVergleich zu den aktiv durchgeführtenMaßnahmen zeigt, dass gleichgerichtetepositive Veränderungen abgelaufen sind.Sie vollziehen sich jedoch verschiedenschnell und erreichen einen unterschiedli-chen Vollkommenheitsgrad auch in Bezug

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Abb. 3: Sörensen-Ähnlichkeitsquotient zwischen jeder Probennahme und dem Leitbild(P1:95 = Befischungsergebnis für die Probestrecke 1 im Jahr 95 usw.).

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Abb. 4: Sörensen-Ähnlichkeitsquotient zwischen den Probestrecken der verschiedenenMaßnahmen, allen Probestrecken zusammen sowie dem Gesamtarteninventar und demLeitbild (gelb: „Einstellung der Uferunterhaltung“; grün: „aktiver Rückbau“; blau: al-le Probestrecken zusammen genommen, jeweils die Daten für die einzelnen Probejahrezusammengefasst; rot: Gesamtarteninventar).

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Ems-Auenkonzept

auf das geomorphologische Leitbild(KETTRUP et al. 2003).Unter Berücksichtigung des Teilaspektes„Fischfauna“ sind einige Gesichtspunktefür den sandgeprägten Fluss in Tabelle 3

zusammengestellt. Es wird deutlich, dassdie Maßnahme „Einstellung der Uferunter-haltung“ nur dort eingesetzt werden sollte,wo Rückbaumaßnahmen nicht möglichsind. Langfristig sind dann im Bereich dessandgeprägten Tieflandflusses positiveEntwicklungen für die Fischfauna zu er-warten.

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Anschrift der VerfasserDr. Andreas NeitzkeLÖBF NRWDezernat: Biomonitoring und ErfolgskontrolleCastroper Straper 3045665 ReckklinghausenE-Mail: [email protected]: www.loebf.nrw.de

Dr. Andreas HofmannCarsten NoltingNZO-GmbH Gesellschaft fürlandschaftsökologische Planung,Bewertung und DokumentationPiderits Bleiche 733689 Bielefeld

Tab. 3: Gegenüberstellung von Vor- undNachteilen der Maßnahmen „Einstellungder Uferunterhaltung“ und „aktiver Rück-bau“.

ZusammenfassungDie Auswirkungen der Maßnahmen„Einstellung der Uferunterhaltung“ und„aktiver Rückbau“ des Gewässerauen-programms NRW auf die Fischgemein-schaft in einem Abschnitt der Ems wer-den gegenübergestellt sowie in ihrer ge-meinsamen Wirkung betrachtet. Die für beide Maßnahmen in den einzel-nen Befischungen nachgewiesenen Ar-tenzahlen liegen in vergleichbarenGrößenordnungen. In Abschnitten mitdeutlichen Uferveränderungen lassensich unabhängig von der Maßnahme diehöchsten Artenzahlen beobachten. Ins-gesamt kommen in den aktiv rückgebau-ten Abschnitten jedoch mehr Arten vor.Im Jahr 2003 konnten in allen Probeab-schnitten zusammen 24 Fischarten nach-gewiesen werden. Dies bedeutet in Be-zug auf die Ausgangssituation eine Zu-nahme um zehn Spezies.Die Übereinstimmung der in den Ems-abschnitten festgestellten Artenzusam-mensetzung mit dem Leitbild wird durchdie Berechnung des Sörensen-Ähnlich-keitsquotienten ermittelt. Mit diesenWerten lässt sich zeigen, dass beideMaßnahmen eine Entwicklung in Rich-tung Leitbild in Gang setzen., wobei dieaktiven Rückbaumaßnahmen zu einembesseren Ergebnis führen. Dies wirddurch einen um 16 Prozent höherenÄhnlichkeitswert, der im Jahr 2003 rund70 Prozent beträgt, belegt.Das Ergebnis aller Befischungen, nachJahrgängen zusammengefasst, doku-mentiert eine Verbesserung der Überein-stimmung mit dem Leitbild von rund 23Prozent.Die Entwicklungen belegen den Erfolgder von dem StUA Münster durchge-führten Maßnahmen des Gewässerauen-programms.

Einstellung der aktiverUferunterhaltung Rückbau

Kosten niedrig hochZielerreich-ungsgrad mittel sehr hochZeithorizont sehr langfristig kurzfrist.-

Wirkung

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24 LÖBF-Mitteilungen 3/04

Rur-Auenkozept

Damit liegt neben den bereits in Um-setzung befindlichen Konzeptenfür die Berkel (Westfalen) und die

Niers (Niederrhein) das dritte Renaturie-rungskonzept für ein landesweit bedeutsa-mes Fließgewässer und seine Auen vor,welches nach den 1995 vereinbarten Ko-operationsgrundsätzen zwischen Natur-schutz und Landwirtschaft in einer sog.Kernarbeitsgruppe gemeinsam abge-stimmt wurde (vgl. HÜBNER et. al. 2000,MUNLV 2002). Die Mitglieder diesesKernarbeitskreises, bestehend aus demWasserverband Eifel-Rur, der Bezirksre-gierung Köln, dem Staatlichen UmweltamtAachen, der LandwirtschaftskammerRheinland und der Landesanstalt für Öko-logie, Bodenordnung und Forsten Nord-rhein-Westfalen, sowie die mit der Erstel-lung der Planunterlagen beauftragten Pla-nungsbüros der ARGE Wasser stellen imFolgenden die Vorgehensweise bei der Pla-nung und die wesentlichen Aussagen desRurauenkonzeptes vor.

EinführungFließgewässer durchziehen mit ihren fluss-begleitenden Auen als wichtige linienför-mige Korridore wie Lebensadern dieLandschaft und verbinden Biotope von derQuelle bis zu ihrer Mündung ins Meer. Au-en sind hierbei wichtige Lebensräume fürviele Tier- und Pflanzenarten nasser undwechselnasser bis feuchter Standorte. DieSpeicherkapazität der Auen in Zeiten ho-her Wasserstände kommt aber auch demMenschen zugute, denn als Rückhalteräu-me können sie die Hochwasserintensitätvermindern. Viele Auen sind durch dieFlussbegradigungen in den letzten Jahr-hunderten heute trockengelegt und von denFlüssen durch Deiche regelrecht abge-schnitten. Das Land Nordrhein-Westfalenhat daher 1990 das Gewässerauenpro-gramm aufgelegt, um die wichtigstenFließgewässerlandschaften in Nordrhein-Westfalen zu erhalten bzw. in einen mög-lichst naturnahen Zustand zurückzuverset-zen.Im letzten Jahrhundert wurde auch derMittel- und Unterlauf der Rur fast voll-ständig ausgebaut. Gleichzeitig rückten

die Siedlungen immer näher an den Flussheran. Die selten überfluteten Auenflächenwerden heute überwiegend landwirtschaft-lich genutzt. Ein Renaturierungskonzeptfür die Rur muss somit als für die Zukunfttragfähiger Rahmen neben den ökologi-schen und wasserwirtschaftlichen auch dieanderen gesellschaftlichen Belange, insbe-sondere die der am stärksten betroffenenLandwirtschaft, berücksichtigen. Die Erar-beitung des Konzepts erforderte daher dieEinbindung vieler verschiedener Institu-tionen und eine intensive Abstimmung(vgl. Abb. 2).Gemäß den Vorgaben des Landes Nord-rhein-Westfalen begannen die Arbeitenzum Gewässerauenkonzept Rur bereits1991 mit der Erstellung des wasserwirt-schaftlich-ökologischen Fachbeitrags(STUA 1995) und dem später nachfolgen-den landwirtschaftlichen Beitrag (LWK1998). Beplant wurde die am stärksten an-thropogen überformte, 45 Kilometer langeFlussstrecke zwischen Düren und derdeutsch-niederländischen Grenze. Unver-

einbar scheinende Gegensätze zwischenden Vorstellungen der Wasserwirtschaftund des Naturschutzes einerseits und derLandwirtschaft andererseits verzögertenzunächst den Fortgang der Planungen. DieWiederaufnahme des Abstimmungspro-zesses im Jahr 2000 gemäß den zwischendem nordrhein-westfälischen Umweltmi-nisterium und den Landwirtschaftsverbän-den und -kammern vereinbarten„Grundsätzen zu Kooperationslösungenbeim Gewässerauenprogramm“ führteschließlich zur Abstimmung und zum Ab-schluss des Konzepts im Jahr 2003. Zur Abstimmung wurde zunächst die sogenannte Kernarbeitsgruppe beauftragt,die vorhandenen Fachbeiträge in einenEntwurf für ein Gewässerauenkonzept Rurzusammenzuführen. Dieser Entwurf wur-de den betroffenen Gebietskörperschaftensowie den anerkannten Naturschutz- undNutzerverbänden in der Erweiterten Ar-beitsgruppe zur Stellungnahme vorgelegt.Nach einer Überarbeitung des Entwurfessowie der Prüfung und Freigabe durch das

Antje Goedeking, Uwe Koenzen und Andreas Pardey

Gewässerauenkonzept Rur 2002Eine konzeptionelle Renaturierungsplanung im Rahmen des Gewässerauenprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen

Im Jahr 2003 gab das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutzdes Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV) das im Rahmen des Gewässerauenprogramms Nordrhein-Westfalen erarbeitete Gewässerauenkonzept Rur 2002 zur Veröffentlichung frei.

Abb. 1: Abgetrennter Flusslauf mit umgebendem Auenwald im NSG und FFH-Gebiet„Kellenberg und Rur zwischen Floßdorf und Broich“ (Kreis Düren).

Foto: A. Pardey

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Rur-Auenkozept(Stellario-Carpinetum) sowie der in Rand-bereichen der Aue vorkommende grund-wasserabhängige, z. T. quellbeeinflussteErlen-Bruchwald (Carici elongatae-Al-netum). Solche Wälder findet man in guterAusprägung aktuell fast nur noch in denangesprochenen Naturschutzgebieten. Zieldes Gewässerauenkonzeptes ist es, im Pla-nungsraum über den gesamten Lauf regel-mäßig verteilt Auenwald-Zentren von 10bis 50 Hektar Größe zu erhalten bezie-hungsweise neu zu schaffen. Eine Ent-wicklung solcher Wälder über freie Suk-zession gegebenenfalls unterstützt durchInitialpflanzungen kann nur auf Standortennaturnaher Hydrodynamik mit regelmäßi-gen Überschwemmungen erfolgen. Des-halb konzentrieren sich solche Maßnah-men besonders auf die unter wasserbauli-chen Gesichtspunkten neu zu trassierendenRurstrecken, welche eine grundsätzlichneue Gestaltung des Rur-Laufes zum Bei-spiel durch die Einbindung von Altarmenerfahren sollen (s. Abb. 5 und 6).Des Weiteren sollen entlang der Ufer Ga-leriewälder unterschiedlicher Breite erhal-ten beziehungsweise entwickelt werden,die die funktionale Verknüpfung dieserWälder verbessern helfen. Insgesamt sindim Rahmen des Konzeptes ca. 1030 HektarAuenwald vorgesehen. Ihre Verwirkli-

chung wird allerdings nochviele Jahrzehnte in Anspruchnehmen.Selbstverständlich müssenauch die anderen für naturna-he Flussauen charakteristi-schen Lebensraumtypen wieStillgewässer, unterschiedli-che extensiv genutzte, arten-reiche Grünlandgesellschaf-ten oder die aus kulturhistori-scher Sicht wichtigen als

Pappeldriesch bezeichneten beweidetenPappelbestände bei der Planung Berück-sichtigung finden (vgl. Tab. 1 und das fol-gende Kapitel).

Wasserwirtschaft und LandschaftsplanungDie wasserwirtschaftlichen und die land-schaftsplanerischen Arbeiten sind bei derErstellung eines Gewässerauenkonzeptessehr eng verwoben, so dass hier ein iterati-ver und gemeinschaftlicher Ansatz gewähltwurde. Wesentliche Grundlage für diefachliche Ausrichtung der Gewässer- undAuengestaltung war die Formulierung desabschnittsspezifischen Leitbildes, somitdes potenziell natürlichen Zustandes be-ziehungsweise des morphologischen Refe-renzzustandes im Sinne der Wasserrah-menrichtlinie der Europäischen Union(WRRL).Bedeutsam für die Planungen war in dieserHinsicht die Zweiteilung der Rur im Aus-trittsbereich aus der Eifel und im Tiefland(s. Abb. 3). Im Planungsraum wird die Rur

FB Wasserw.FB Wasserw. FB Landw.FB Landw.

Abstimmung mit MUNLVAbstimmung mit MUNLV

Genehmigungspläne/AusführungspläneGenehmigungspläne/Ausführungspläne

Öffentliche PräsentationÖffentliche Präsentation

Entwurf Abgestimmtes AuenkonzeptEntwurf Abgestimmtes Auenkonzept

FB ÖkologieFB Ökologie

Verhandlungen ü. Ausgleich u. Entschädigung

GenehmigungenGenehmigungen

Vereinbarungen mit Eigentümernund Bewirtschaftern

Vereinbarungen mit Eigentümernund Bewirtschaftern

Ausführung von MaßnahmenAusführung von Maßnahmen

KernarbeitsgruppeK

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Erstellung Gewässerauenkonzept

Umsetzung Gewässerauenkonzept durch WVER

Abgrenzung PlanungsraumAbgrenzung Planungsraum

Fertigstellung abgestimmtes AuenkonzeptFertigstellung abgestimmtes Auenkonzept

Diskussion in Erweiterter ArbeitsgruppeDiskussion in Erweiterter Arbeitsgruppe

Prüfung / Berücksichtigung v. Stellungnahmen

Ende der Arbeit der Kern-Arbeitsgruppe

Vereinbarung WVER – Rhein. Landw.-VerbandVereinbarung WVER – Rhein. Landw.-Verband

UmsetzungsfahrplanUmsetzungsfahrplan

BegleitendeProjektgruppe

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Inf. v.Kreisstellend. LWK

Inf. Betroff.Landwirte

Inf. v. ULB

Stellungn.erw.Arbeitsgr.

Umweltministerium (MUNLV) wurde dasKonzept noch einmal mit den betroffenenBewirtschaftern rückgekoppelt und als fer-tiges Gewässerauenkonzept Rur im Okto-ber 2003 veröffentlicht. Als abgestimmteAngebotsplanung ist das Gewässerauen-konzept Rur eine naturschutzfachlich fun-dierte Grundlage für zukünftige Renaturie-rungsaktivitäten, deren Umsetzung aus-schließlich auf Freiwilligkeit beruht.

Inhalt des Gewässerauen-konzepts RurNaturschutzaspekte und Biotopverbund Der Rur und ihrer Aue kommt aus natur-schutzfachlicher Sicht eine besondere Be-deutung im landesweiten und länderüber-greifenden Biotopverbund zu. Mit Ur-sprung im Hohen Venn in Belgien durch-fließt sie zunächst die Mittelgebirgsland-schaft der Eifel, tritt dann bei Düren in dieNiederrheinische Bucht ein und mündetschließlich nach etwa 160 KilometernFließstrecke und 650 Metern Höhendiffe-renz in den Niederlanden bei Roermond indie Maas. Sie bildet damit einen staaten-wie naturraumübergreifenden Verbin-dungskorridor. Nachweise des ausgehendvon den Wehebächen (Kreis Düren) inAusbreitung befindlichen Bibers (Castorfiber) sowie gelegentliche Hinweise aufwandernde Fischotter (Lutra lutra) bele-gen diese Verbundfunktion der Ruraue aufanschauliche Weise. Trotz des hohen Anteils naturferner, ver-bauter Flussabschnitte sind insbesondereim Oberlauf sowie stellenweise im Über-gangsbereich vom Mittelgebirge ins Flach-land zwischen den Städten Düren und Lin-nich naturnahe Flussstrecken erhalten. Siesind Lebensraum beispielsweise für Eisvo-gel (Alcedo atthis), Pirol (Oriolus oriolus),Wasseramsel (Cinclus cinclus) und Fluss-regenpfeifer (Charadrius dubius), Fischar-ten wie Äsche (Thymallus thymallus),Groppe (Cottus gobio) und Bachneunauge(Lampetra planeri), den bereits genanntenBiber und zahllose wirbellose Tierartenund Pflanzen. Die Rur und zahlreiche ihrerMittelgebirgszuflüsse zählen ferner zu denpotenziell hochwertigsten Lachslaichge-wässern Nordrhein-Westfalens. Zumeistsind solche Bereiche, die sich auch in derGewässerstrukturgütekarte deutlich posi-tiv herausheben, als Naturschutzgebiet ad-ministrativ gesichert worden und Bestand-teil des europäischen Schutzgebietssy-stems Natura 2000 gemäß FFH-Richtlinieder Europäischen Union. „Diese natur-schutzfachlich hochgradig wertvollen Au-enbereiche sind ein Grundgerüst der Na-turschutzfachplanung des Gewässerauen-konzepts, da sie als relikte LebensräumeAusbreitungsquellen für die Tier- undPflanzenwelt in zu renaturierende Fließ-strecken sind.“ Als solche anzusprechensind besonders die Naturschutz- und FFH-

Gebiete „Rurauenwald Indemündung“,„Kellenberg und Rur zwischen Floßdorfund Broich“ (s. Abb. 1), sowie der „PiererWald“ als Teilfläche des FFH-Gebietes„Ruraue zwischen Obermaubach und Lin-nich“ (alle Flächen im Kreis Düren). Siekönnen durchaus als Referenzflächen fürdie Entwicklung weiterer naturnaherFlussbereiche dienen.Da der Aspekt des „Biotopverbundes“ alsein wesentliches naturschutzfachlichesZiel der Gewässerrenaturierung gilt, wurdedie longitudinale Durchgängigkeit desFließgewässers in beiderlei Richtungenund die „Durchwanderbarkeit“ der Aue fürterrestrisch gebundene Arten in die Maß-nahmenplanung einbezogen. Dies betrifftDetails wie die Entfernung barrierebilden-der Querbauwerke wie (z. B. Wehre) oderdie gezielte Förderung eines Mosaiks au-entypischer Biotoptypen in ausreichenderFlächengröße und -dichte. Dies lässt sich am Beispiel der Auenwälderverdeutlichen. Charakteristische Auen-waldgesellschaften sind der Silberweiden-Auenwald (Salicetum albae), der Trauben-kirschen-Erlen-Eschenwald (Pruno-Fra-xinetum), der Stieleichen-Hainbuchenwald

Abb. 2: An der Erarbeitung eines Gewäs-serauenkonzepts sind zahlreiche Institutio-nen in einer festgelegten Vorgehensweisebeteiligt.

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Rur-Auenkozept

deshalb zwei unterschiedlichen Flusstypenzugeordnet:● schottergeprägter Fluss des Grundge-

birges im Übergangsbereich zum Tief-land (Düren bis Linnich),

● kiesgeprägter Fluss des Tieflandes(Linnich bis Grenze zu den Niederlan-den).

Der Mittelgebirgscharakter der Rur wirdaus hydrologischer, morphologischer undbiozönotischer Sicht weit in das Tieflandhineingetragen, so dass auch die Tieflands-laufabschnitte der Rur zwischen Dürenund Linnich typologisch dem schotterge-prägten Fluss zugeordnet werden. Dieseschottergeprägten Flüsse weisen eine star-ke Tendenz zur Ausbildung von Nebenge-

rinnen auf, so dass sie sich hinsichtlich ih-rer Gerinnebettform und des Formenschat-zes der Aue deutlich von den mäandrieren-den Einbettgerinnen des Unterlaufes unter-scheiden. Kleinräumig können in beson-ders gefällereichen Abschnitten der schot-tergeprägten Flüsse im Tiefland verfloch-tene Gewässerabschnitte auftreten. Kartenaus der Mitte des 19. Jahrhunderts weisenderartige Laufformen noch für den Lauf-abschnitt zwischen Kreuzau und Düren(außerhalb des Planungsraumes) aus. Diefür den kiesgeprägten Flusstypus unterhalbvon Linnich charakteristischen mäandrie-renden Verläufe waren bis in die Mitte des20. Jahrhunderts auf langen Laufstreckennoch vorhanden. Die großen Talbodenbrei-ten von mehreren Kilometern würden un-

ter potenziell natürlichen Bedingungen dieAusbildung stark ausgeprägter Fluss-schlingen mit langanhaltenden Überflu-tungen der flachen Auen begünstigen.Auf Grundlage dieser naturräumlich deter-minierten Vorgaben wurden Laufabschnit-te abgegrenzt, die zum einen aus Leitbild-sicht, zum anderen hinsichtlich ihrer pla-nerischen Rahmenbedingungen – im We-sentlichen Nutzung und Hochwasser-schutzaspekte – vergleichsweise homogenerschienen.Für diese Abschnitte wurden Beschreibun-gen des Ist-Zustandes sowie der lokalenEntwicklungsziele erstellt (s. Tab. 1). DieHerleitung der Entwicklungsziele erfolgteunmittelbar in der Kernarbeitsgruppe unterständiger Nutzung eines GeographischenInformationssystems, welches die pla-nungsrelevanten Daten vorhielt.Auf dieser Basis wurden im folgenden Pla-nungsschritt die jeweils lokal notwendigenMaßnahmen erarbeitet, um die Differenzvon Ist-Zustand zum Entwicklungsziel zuüberwinden.Aus landschaftsplanerischer Sicht war dieräumliche Verteilung der so genanntenZielnutzungen die vorrangig zu leistendeAufgabe. Diese Zuordnung erfolgte in sehrenger Abstimmung mit den Vertretern derLandwirtschaft. So war es letztlich mög-lich, für das Zielszenario einen erheblichenTeil des Planungsraumes der Auenwald-entwicklung zu widmen sowie weitere ausNatur- wie Kulturschutzsicht essentielleBiotoptypen wie Extensivgrünland, Pap-peldriesch und gewässernahe Sukzessions-flächen zu berücksichtigen.Die wasserwirtschaftlichen Maßnahmenumfassen ein sehr breites Spektrum vonder leitbildkonformen Neutrassierung überdie Einbindung von Altarmen bis hin zurReduzierung der Profilleistungsfähigkeitder zumeist anzutreffenden Regelprofile.Vorrangiges Ziel aller Maßnahmen ist dieWiederherstellung einer intensiven mor-phologischen und hydraulischen Verknüp-fung von Gewässerlauf und Aue in derLänge als auch in der Breite des Flusssys-tems. Ob dies in allen Fällen die Reakti-vierung der historischen Aue, der so ge-nannten Primäraue, sein kann, werden dienachfolgenden wasserrechtlichen Geneh-migungsverfahren klären müssen. Häufigwerden die lokalen Grundwasser- undÜberflutungsverhältnisse ausschließlichdie Entwicklung einer tiefer gelegenen Se-kundäraue ermöglichen (s. u.).

Einbeziehung der Landwirtschaft Im 2280 ha großen Planungsraum werdenetwa die Hälfte der Flächen als Acker undGrünland landwirtschaftlich genutzt. Ne-ben direktem Eigentum wird mit 60 Pro-zent der überwiegende Teil dieser Flächenin Pacht bewirtschaftet. Die Umsetzung

Abb. 3: Übersicht der morphologischen Flusstypen im Rurverlauf (aus: WVER 2002,verändert, auf der Grundlage von LUA 2001).

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Rur-Auenkozept

des Gewässerauenkonzepts Rur betrifft al-so nicht nur die Eigentümer, sondern istinsbesondere dort sensibel, wo die Interes-sen des Eigentümers nicht unbedingt mitdenen des Bewirtschafters übereinstim-men. Der Verkauf durch den Eigentümervor Umsetzung einer Maßnahme kann fürden Bewirtschafter bei kurzfristigen Pacht-verträgen unter Umständen wirtschaftlichruinös sein. Vom Land Nordrhein-Westfalen wurde da-her als Grundprinzip für das gesamte Ge-wässerauenprogramm die Kooperationfestgelegt. Kooperation bedeutet, dass ne-ben der aktiven Einbindung beispielsweiseder Landwirtschaft in den Abstimmungs-prozess – die LandwirtschaftskammerRheinland war mit ihren lokalen An-sprechpartnern maßgeblich in die Detail-planung einbezogen - fertige Auenkonzep-te grundsätzlich Angebotsplanungen sind.Ihre Umsetzung beruht ausschließlich aufFreiwilligkeit. Die praktische Anwen-dung des Begriffs der Freiwilligkeit wur-de für das Gewässerauenkonzept Rur in ei-nem Grundsatzpapier konkretisiert. Fürdie Landwirtschaft im Planungsraum desAuenkonzepts bedeutet dies eine wichtigeSicherheit, denn der Anteil der Haupter-werbsbetriebe liegt an der Rur deutlichhöher als im gesamten Rheinland.Was aber passiert im Fall des freiwilligenVerkaufs mit dem Bewirtschafter einerFläche? Um auch ihm die nötige Sicherheitzu garantieren, wurde ergänzend zu denVorgaben des Landes eine Vereinbarungzwischen dem für die Umsetzung zustän-digen Wasserverband und dem Rheini-schen Landwirtschafts-Verband unter Mit-wirkung der LandwirtschaftskammerRheinland getroffen. Man orientierte sichhierbei an einer bereits erfolgreich umge-setzten Vereinbarung für die Niers, die demPächter bei Verkauf der Flächen einenzehnjährigen Bewirtschaftungsschutz odereinen entsprechenden Ausgleich garan-tiert. Zusätzlich wurden für den Fall einerunvorhersehbaren Schädigung des land-wirtschaftlichen Eigentums durch eine

Maßnahme des Auenkonzepts Regeln zurBeweissicherung und zum Ausgleich ver-einbart.

Für die vom Naturschutz präferierte exten-sive Grünlandnutzung werden vom LandNordrhein-Westfalen und den Kreisen

Abb. 4: Vergleich schottergeprägter und kiesgeprägter Fluss. Quelle: LUA 2001

°

0 250 500 Meter

0 250 500 Meter

Ist-Zustand:

Gewässer:Gestreckter Laufabschnitt mit zumeist tief eingeschnittenem und befestigtem Regel-profil; unmittelbar südlich der niederländischen Grenze eigendynamische Profilent-wicklung mit Ausbildung hoher und vegetationsloser Steilufer, Sohle kaum struktu-riert, ein hohes Wehr mit ausgeprägtem Rückstau;Böschungen und Ufer größtenteils gehölzfrei oder mit nicht standortgerechten Einzel-gehölzen und Baumreihen bestanden, innerhalb der Rückstaubereiche strukturlos undmonoton; dichte Altgrasbestände.

Aue:Strukturreich, zahlreiche ausbaubedingte Altwässer und Rinnensysteme mit eingela-gerten Stillgewässern (zumeist mit intensiver Angelnutzung), die von lückigen Ufer-gehölzen gesäumt werden; grünlandgeprägte Aue mit randlich gelegenen Ackerpar-zellen; einzelne, zumeist von Pappeln dominierte Feldgehölze.

Schutz und Entwicklung:Erhaltenswert sind vorrangig die überflutungsgeprägten und gut strukturierten Grün-landbereiche unmittelbar an der niederländischen Grenze. Zudem finden sich eingela-gert in das Grünland westlich von Ophoven gut erhaltene Rinnensysteme, die vor Ni-vellierung zu schützen sind. Vereinzelt werden die Altwässer von schutzwürdigen Alt-gehölzen gesäumt.Der Laufabschnitt bietet bei entsprechender Flächenverfügbarkeit ein sehr hohes Po-tenzial für die Entwicklung eines mäandrierenden, begrenzt migrierenden Rurlaufs inreich strukturierter, extensivgrünlandgeprägter Aue mit ausgedehnten gewässerbeglei-tenden Auenwaldzonen und Rinnensystemen mit eingelagerten Stillgewässern.Die Entwicklung durch eine Verbindung mit dem in den Niederlanden anschließendennaturnahen Laufabschnitt ist prioritär.Unter Aspekten der Durchgängkeit ist die Umgestaltung der Wehranlage von großerBedeutung.

Tab. 1: Beispiel für die abschnittsbezogene Leitbild- und Entwicklungszielformulierung(Planungsabschnitt 1 Niederländische Grenze bis Wurmmündung).

Quelle: WVER 2002, Fotos: Planungsbüro Koenzen

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Rur-AuenkozeptHeinsberg und Düren mit Kofinanzierungder Europäischen Union im Rahmen derjeweiligen Kreiskulturlandschaftspro-gramme Zahlungen nach Regeln des Ver-tragsnaturschutzes angeboten.Das Gewässerauenkonzept Rur bildet mitdieser Kombination aus naturschutzfachli-cher Planung und verbindlichen Umset-zungsregeln auf der Grundlage des Frei-willigkeitsprinzips langfristig ein für alleBeteiligten bzw. Betroffenen tragfähigesKonzept.

Erste UmsetzungsaktivitätenIm Vorlauf und während der Aufstellungdes Gewässerauenkonzepts wurden ersteUmgestaltungen der Rur realisiert. Wichti-ger Baustein war hierbei das durch dasLand Nordrhein-Westfalen und die Eu-ropäische Union mitfinanzierte RIPARIA-Projekt. RIPARIA steht neben dem offizi-ellen Titel „Retentionsoptimierung in prio-risierten Abschnitten der Rur-Inde-Auenim deutsch-niederländischen Grenzraum“stellvertretend für den wissenschaftlichenNamen der Uferschwalbe (Riparia ripa-ria), die früher eine typische Bewohnerin

der Steilufer der unteren Rur war und mitdem Ausbau auf deutscher Seite ver-schwand. Das Projekt bestand aus insge-samt neun Planungen, von denen drei im

Zuge des Projektes auch baulich umgesetztwurden.Die erste RIPARIA-Maßnahme war dieEntwicklung einer überflutungsgeprägtenSekundäraue mit einem Altarmanschlussbei Linnich-Körrenzig. Zu Beginn der Pla-nung bot sich vor Ort das typische Bild ei-nes ausgebauten Flusses. Die Rur hatte einbegradigtes Profil, die Vorländer warenteilweise mit Fremdboden und Bauschuttverfüllt und wurden intensiv landwirt-schaftlich genutzt. Nur ein links der Rurgelegener Altarm erinnerte an den ehema-ligen Flusslauf. Durch den Rückbau erhieltdie Rur wieder ein dynamisches Kiesbett.Hierzu wurde der beim früheren Ausbauaufgeschüttete Boden abgetragen und derehemalige Altarm in den Flusslauf inte-griert. Empfindliche Tier- und Pflanzenbe-stände wurden während der Baumaßnah-me geschützt und erhalten. So ist ein wert-voller Weiden-Eschenbestand heute Teilder neugestalteten Aue, die bis zu 60 Tageim Jahr überflutet wird. Die aktuelle Vege-tationsentwicklung wird von spontanemWeidenaufwuchs geprägt.Um die Auswirkungen der Renaturie-rungsmaßnahme zu erfassen, wurde schonvor Beginn der Baumaßnahme mit einemMonitoring in Form einer mehrjährigenSystemanalyse begonnen. Sie beinhaltetsowohl die Untersuchung der Rahmenbe-dingungen, das heißt der geomorphologi-schen Veränderungen in Flussbett und Aue,als auch die Untersuchung biologischer In-dikatoren, die sensibel auf die morphologi-schen Veränderungen reagieren. Eine wichtige Organismengruppe sind dieFische. In der ausgebauten Rur dominier-ten im Projektgebiet neben dem Döbel(Leuciscus cephalus) rithrale Fischartenwie die Äsche (Thymallus thymallus). Beider Untersuchung des status quo wurdenausschließlich subadulte und adulteAbb. 5: Maßnahmenkartenausschnitt für den Planungsabschnitt 1 (aus: WVER 2002).

Abb. 6: Äsche-Jungfisch. Foto: S. Staas

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Rur-AuenkozeptÄschen nachgewiesen. Diese Fischartschien sich also im ausgebauten Abschnittnicht fortpflanzen zu können. Die Tierewaren wahrscheinlich aus nahegelegenennaturnahen Abschnitten, wie dem NSG„Kellenberg und Rur zwischen Floßdorfund Broich“, eingewandert. Nach der Re-naturierung des Flusslaufs wurde ein star-kes Jungfischaufkommen der diesjährigenÄschen registriert. Die Tiere fanden sichfast ausschließlich in einer neugestaltetenflachen Rifflestrecke im Flusslauf. DerFang einiger juveniler Hechte (Esox luci-us) zeigte zusätzlich, dass sich nicht nurdie Struktur im Flusslauf selbst verbesserthatte, sondern sich auch obligat phytophi-le, d. h. auf das Vorhandensein von Was-serpflanzen angewiesene Arten in den beiFrühjahrshochwasser überfluteten flachenAuebereichen fortpflanzen können.Ergänzend zum Monitoring des überflu-tungsgeprägten Ökosystems wird auch derGrundwasserstand im Projektgebiet regel-mäßig untersucht und mit der in der Pla-nung erstellten Prognose verglichen, umsicherzustellen, dass mit der Renaturie-rung der Auenlandschaft keine negativenAuswirkungen auf benachbarte landwirt-schaftliche Flächen oder die Bebauungeinhergehen.Insgesamt wurden bis heute in fünf Einzel-maßnahmen schon 5 Kilometer Gewässer-lauf der rund 45 km Flussstrecke aus demPlanungskorridor des Gewässerauenkon-zepts Rur naturnah umgestaltet.

AusblickNaturnahe Rückbaumaßnahmen dienennicht nur der Auenentwicklung vor Ort,sondern sie tragen in ihrer Gesamtheitauch zum überregionalen Hochwasser-schutz bei, was die Europäische Union unddas Land Nordrhein-Westfalen durch ihreFörderung des RIPARIA-Projektes hono-rierten. Der Rückbau von drei Wehren ander Inde – dem wichtigsten Zufluss der Rur– ist ein weiterer durch RIPARIA geplan-ter Baustein, um die Aue und den Hoch-wasserschutz im Flussgebiet zu verbes-sern. Als Teil des JAF-Projekts (Joint Ap-proach for managing Flooding) wird derUmbau in Zusammenarbeit mit drei nie-derländischen Wasserverbänden und demenglischen Somerset County Council indiesem Jahr realisiert, so dass die Rur nichtnur finanziell, sondern auch fachlich vonder europäischen Gemeinschaft profitiert.Zukünftig werden zudem gezielt Aus-gleichs- und Ersatzmaßnahmen in der Rur-aue konzentriert und so Mittel und Maß-nahmen konzeptkonform umgesetzt.Letztlich wird auch die Umsetzung derEU-Wasserrahmenrichtlinie einen wesent-lichen Beitrag zur naturnahen Entwicklungder Gewässer und ihrer Auen beitragen.Die in diesem Jahr beginnende Erarbeitungdes Bewirtschaftungsplans für das Rursys-tem stützt sich im Wesentlichen auf die

gleichen Leitbilder und wird deshalb dieAussagen des GewässerauenkonzeptesRur aufgreifen.

LiteraturHÜBNER, T., PARDEY, A., SCHIFFGENS, T.& TARA, K. (2000): Das Gewässerauenpro-gramm Nordrhein-Westfalen. – AngewandteLandschaftsökologie 37: 287–290. Bonn.LUA (LANDESUMWELTAMT Nordrhein-Westfalen) (2001): Leitbilder für die mittel-großen bis großen Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen – Flusstypen.- LUA-Merkblatt 34.127 S. Essen.

LWK (LANDWIRTSCHAFTSKAMMERRHEINLAND) (1998): Landwirtschaftli-

cher Fachbeitrag zum Rurauenkonzept.Teilgebiete Düren und Heinsberg. Bonn.MUNLV (MINISTERIUM FÜR UMWELTUND NATURSCHUTZ, LANDWIRT-SCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZNordrhein-Westfalen, Hrsg.) (2002): HandbuchGewässerauenprogramm Nordrhein-Westfalen.Band 1. Düsseldorf.STUA (STAATLICHES UMWELTAMT AA-CHEN Hrsg.) (1995): GewässerauenprogrammNordrhein-Westfalen – Rur – Teile A, B und C.– Aachen. WVER (WASSERVERBAND EIFEL-RUR,Hrsg.) (2002): Gewässerauenkonzept Rur 2002.– 125 S. Düren.

Anschrift der VerfasserDr. Antje GoedekingWasserverband Eifel-RurEisenbahnstraße 552353 DürenE-Mail: [email protected]

Uwe KoenzenARGE Wasser/Planungsbüro KoenzenBenrather Straße 4240721 HildenE-Mail:[email protected]

Dr. Andreas PardeyLÖBF NRWDezernat: Biotopschutz und BiotopverbundCastroper Straße 3045665 RecklinghausenE-Mail: [email protected]: www.loebf.nrw.de

Abb. 6: Luftbild vor und nach der Umgestaltung der Rur bei Körrenzig. Fotos: Planungsbüro Koenzen

1999 2001

ZusammenfassungDer vorliegende Beitrag gibt einenÜberblick über die wesentlichen Inhaltedes im Jahres 2003 veröffentlichten„Gewässerauenkonzepts Rur“, einerFließgewässer-Renaturierungsplanungim Rahmen des Gewässerauenpro-gramms NRW. Nach einer Darstellungdes Planungsvorgehens werden die spe-ziellen Naturschutzaspekte unterBerücksichtigung des Biotopverbundesund die wasserwirtschaftlichen Leitbil-der und Planungsaussagen beschrieben.Einen weiteren Schwerpunkt stellt dieEinbindung der Landwirtschaft in diePlanerstellung dar. Abschließend wer-den aktuelle und zukünftige Umset-zungsaktivitäten vorgestellt.

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30 LÖBF-Mitteilungen 3/04

In NRW wurde erstmalig geprüft, inwelchem Rahmen fischfaunistische Re-ferenzen gewässertypbezogen be-

schrieben werden können. Die Ergebnissedieser Arbeit sind auch eine Handlungs-grundlage für die Erstellung von Zielfest-setzungen, zum Beispiel im Rahmen vonRenaturierungsplanungen oder wasser-wirtschaftlichen Genehmigungsverfahren.Die fischfaunistischen Referenzen stellendamit eine Beurteilungsgrundlage für dieErgebnisse von Monitoringuntersuchun-gen und den Erfolg von Maßnahmen imRahmen von Effizienzkontrollen dar. Die WRRL dient dem europaweitenSchutz von Oberflächengewässern, Küs-tengewässern und des Grundwassers. Sieist seit Dezember 2000 in Kraft. Ziele sinddie Ressourcensicherung für die kommen-den Generationen und eine allgemein guteWasserqualität innerhalb der nächsten 15Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie.Einen wesentlichen Beitrag zur Bestim-mung der Fließgewässerqualität sollen diebiologischen Komponenten aquatischeFlora, Wirbellosenfauna und Fischfaunaleisten. Bisher fiel der Fischfauna bei derBewertung von Fließgewässern nur eineuntergeordnete Rolle zu. Dies lag unter an-derem daran, dass Beurteilungen der Fließ-gewässer anhand der Fischfauna häufig un-ter Nutzungsaspekten durchgeführt wur-den. Doch gerade die Fischfauna bietetsich zur Bewertung des Zustandes vonFließgewässern an, da sie in hohem Maßeauf die verschiedensten anthropogenenBeeinflussungen reagiert (vgl. MUNLV2002).

Gewässertypen als referenz-bezogene BewertungsgrundlageFließgewässer werden unter anderem inAbhängigkeit von ihrer geografischen La-ge und damit verbunden von der geomor-phologischen Ausprägung, der Größe desGewässers und den Gefälleverhältnissenvon unterschiedlichen Fischartengesell-

schaften besiedelt. Daher ist es notwendig,über ein entsprechend differenziertes Be-wertungssystem zu verfügen. Ein solchesSystem ist in einem vom Bundesministeri-um für Bildung und Forschung (BMBF)geförderten Verbundprojekt mit dem Titel„Erforderliche Probenahmen und Ent-wicklung eines Bewertungsschemas zurökologischen Klassifizierung von Fließge-wässern anhand ihrer Fischbestände“ ent-wickelt worden. Die Ergebnisse des Pro-jektes werden in Kürze veröffentlicht.Eine wesentliche Grundlage für die Beur-teilung von aktuellen Gewässerzuständenist der Abgleich mit einem natürlichenoder naturnahen beziehungsweise weitge-hend unbeeinflussten Zustand. Aus diesemGrund werden so genannte Referenzzu-stände für die Gewässer beschrieben. Re-ferenzgewässer sind in Bezug auf ihre Ge-wässermorphologie, Wasserqualität, Was-serführung und Besiedlung, zumindest auf

Teilstrecken, weitestgehend naturnaheBäche und Flüsse, die als Grundlage fürdie Ableitung von Gewässertypen und dieAufstellung von typspezifischen Leitbil-dern herangezogen werden (LUA 2001).Neben der bundesweiten Typisierung, diezurzeit noch nicht abgeschlossen ist (UM-WELTBÜRO ESSEN 2004), wurden auchfür NRW Fließgewässertypen beschrieben(LUA 2002). Im Unterschied zur bundes-weiten Typisierung sind die NRW-Typenin einigen Fällen deutlich kleinräumigerabgegrenzt.Um typbezogene Bewertungen von Ge-wässern anhand gewässerökologischerQualitätskomponenten durchführen zukönnen, ist es notwendig, über eine Be-schreibung des Arteninventars zu verfü-gen, das den sehr guten ökologischen Zu-stand darstellt. Eine Beschreibung derFischfauna anhand von Gewässertypenwurde bislang noch nicht durchgeführt.

Fischfaunistische ReferenzenHeiner Klinger, Andreas Hoffmann und Carsten Nolting

Fischfaunistische Referenzen fürFließgewässertypenEine Grundlage zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in NRW und Planungsinstrument im Rahmen des Gewässerschutzes

Entsprechend den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) hat die Fischfauna beider Bewertung von Fließgewässern einen hohen Stellenwert. Grundlage für ein entsprechendes Bewer-tungssystem ist die Erarbeitung von Referenzzuständen, die den sehr guten ökologischen Zustand dar-stellen und als Messlatte zur Einstufung des zu beurteilenden Gewässers dienen.

Im Rahmen der Umsetzung der WRRL werden Fließgewässer anhand der Fischfauna be-wertet. Foto: A. Hoffmann

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31LÖBF-Mitteilungen 3/04

Vor diesem Hintergrund wurde anhand derNRW-Typologie geprüft, ob es Zusam-menhänge zwischen dem Vorkommen vonbestimmten Fischartengesellschaften undGewässertypen gibt. Dies ist aufgrund dervergleichsweise kleinräumigen Differen-zierung sinnvoll, da sich unter anderem diestrukturelle Ausprägung eines Gewässersin Abhängigkeit von der Entfernung zurQuelle verändert. Verbunden mit diesenLebensraumveränderungen ist auch eineVeränderung der Fischartenzusammenset-zungen.Die nachfolgenden Ausführungen stelleneine Zusammenfassung der unter Feder-führung der LÖBF und des MUNLV fürNRW durchgeführten Grundlagenarbeitendar. Im Einzelnen wird dargestellt,● welche Grundlagen zur Referenzerstel-

lung genutzt wurden,● wie methodisch vorgegangen wurde,● welche Ergebnisse erzielt wurden und● welcher Anwendungsbezug daraus re-

sultiert.

Fließgewässer im ReferenzzustandGrundlage für ein Bewertungssystem zurBeurteilung von Fließgewässern anhandder Fischfauna ist die Erarbeitung von Re-ferenzzuständen, die den sehr guten ökolo-gischen Zustand darstellen und als Mess-latte zur Einstufung des zu beurteilendenGewässers dienen.Nach Anhang V WRRL ist der sehr guteökologische Zustand von Fließgewässernin Bezug auf die Fischfauna wie folgt defi-niert:● Zusammensetzung und Abundanz der

Arten entsprechen vollständig oder na-hezu vollständig den Bedingungen beiAbwesenheit störender Einflüsse.

● Alle typspezifischen strömungsemp-findlichen Arten sind vorhanden.

● Die Altersstrukturen der Fischgemein-schaften zeigen kaum Anzeichen an-thropogener Störungen und deuten nichtauf Störungen bei der Fortpflanzungoder Entwicklung irgendeiner besonde-ren Art hin.

Anhand der Definition wird deutlich, dassdie WRRL für den Referenzzustand eineweitgehend anthropogen unbeeinflussteEntwicklung der typspezifischen Fischfau-na fordert. Dies bedeutet auch, dass ge-wässertypische Lebensräume entwickeltwerden müssen. Unter natürlichen bezie-hungsweise naturnahen Bedingungen sindFließgewässer hoch dynamische Systeme.Die Lebensbedingungen sind – abgesehenvon biotischen Wechselwirkungen – ge-kennzeichnet durch Faktoren wie Strö-mung, wechselnde Abflussverhältnisse,dynamische Substratverlagerungen undbestimmte physikalisch-chemische Para-meter. Die meisten bundesdeutschen Fließ-

gewässer sind mehr oder weniger stark an-thropogen überformt. Durch Begradigun-gen, Ausbau unter technischen Gesichts-punkten und Querbauwerke sind dynami-sche Prozesse innerhalb der Gewässerweitgehend unterbunden.

Der sehr gute ökologische Zustand, den dieWRRL als höchstes zu erreichendes Zieldefiniert, setzt voraus, dass die Eigendyna-mik der Gewässer gefördert wird. Dies istauch Voraussetzung dafür, dass sich dieLebensräume der qualitätsanzeigenden

Fischfaunistische Referenzen

Abb. 1: Übersicht zur Lage der Probestrecken aus dem Landesfischartenkataster (Stand:8. 1. 2003; Die Probestrecken sind rot dargestellt, die Hauptgewässerläufe blau und dieLandesgrenze NRW schwarz).

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100

Bach

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Bach

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Stetigkeit

Dominanz

N = 938

N = 705, n = 77.222

Abb. 2: Dominanz und Stetigkeit der im Kleinen Talauebach im Grundgebirge nachge-wiesenen Fischarten, (N = Anz. untersuchter Probestrecken, n = Anz. der Individuen).

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32 LÖBF-Mitteilungen 3/04

Organismen entwickeln können und so zueiner guten oder sogar sehr guten Bewer-tung der Fließgewässer führen. Vor diesemHintergrund wird deutlich, dass in Refe-renzbeschreibungen dem Zustand und derEntwicklungsdynamik der FischfaunaRechnung getragen werden muss. Dies sollan folgendem Beispiel kurz erläutert wer-den.Die nordrhein-westfälische Lippe wirdentsprechend der NRW-Typologie ab Pa-derborn bis zur Mündung in den Rhein alsSandgeprägter Fluss im Tiefland klassifi-ziert. Im Rahmen der hier durchgeführtenReferenzbeschreibungen wurde die Lippein einen hyporhithrahlen und einen epipo-tamalen Abschnitt mit gewässertypischen

Fischfaunistische Referenzen

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100

Bachforelle Koppe

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min

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z n = 102

N = 2

Abb. 3: Dominanzverteilung der im Jahr1998 in einem Kleinen Talauebach imGrundgebirge im Siegeinzugsgebiet nach-gewiesenen Fischarten, (N = Anzahl unter-suchter Probestrecken, n = Anzahl der In-dividuen).

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100

Bachforelle Bachneunauge Koppe

Do

min

an

z N = 3

n = 116

Abb. 4: Dominanzverteilung der im Jahr1996 in einem Kleinen Talauebach imGrundgebirge im Ruhreinzugsgebiet nach-gewiesenen Fischarten, (N = Anzahl unter-suchter Probestrecken, n = Anzahl der In-dividuen).

Abb. 6 a: Fischfaunistische Referenzen für den Sandgeprägten Fluss im Tiefland.

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Bachforelle Koppe Bachneunauge

Do

min

an

z

Abb. 5: Dominanzverteilung im Referenz-zustand für den Kleinen Talauebach imGrundgebirge.

Fischartengesellschaften unterteilt. Im Re-ferenzzustand ist die Lippe im hyporhi-thralen Abschnitt ein breiter Fluss mit kie-siger Sohle. Das Fließverhalten ist gekenn-zeichnet durch den Wechsel von ausge-prägten, flach überströmten Riffel-Ab-schnitten mit angrenzenden Pools. Fernerhandelt es sich um ein ausgeprägtes Mäan-dersystem mit Nebenrinnen und kleinerenAltwässern. In Bezug auf das Hauptfließ-gewässer sind Rhithralarten wie Äsche,Bachforelle, Bachneunauge und KoppeSpezies mit Leitartencharakter. Aber auchFischarten, die in mehr oder weniger star-kem Umfang die Auengewässer besiedeln,sind charakteristisch für diesen Gewässer-abschnitt. Beispiele hierfür sind Hecht und

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33LÖBF-Mitteilungen 3/04

Schleie. Als Langdistanzwanderfischekommen im Referenzzustand Aal, Lachs,Meerforelle und Flussneunauge vor.Unter anderem in Abhängigkeit von derJahreszeit und von Hochwasserereignissenwerden Flussabschnitte von z. T. unter-schiedlichen Referenzarten besiedelt.Auch die Individuenhäufigkeiten schwan-ken sehr stark innerhalb eines Jahres. Überdie Betrachtung der Jahresrhythmik hinaussind auch Populationsveränderungen übermehrere Jahre hinweg als natürlich anzu-sehen.Änderungen in Bezug auf die Fischarten-zusammensetzung ergeben sich schon da-durch, dass adulte Tiere der Wander-fischarten Lachs, Meerforelle und Fluss-neunauge nicht ganzjährig im Gewässeranwesend sind. Neben den zyklischen Ver-änderungen der Artenzusammensetzungenverändern sich die Individuenhäufigkeitenebenfalls im Laufe eines Jahres. NachHochwässern kommt es in einer naturnahausgeprägten Lippe in Abhängigkeit vonder Stärke des Hochwassers zu mehr oderweniger ausgeprägten räumlichen Sedi-mentverlagerungen, Gerinneveränderun-gen und Auenneubildungen. Bei extremenHochwässern kann es auch zu Verlagerun-gen des Gesamtgerinnes kommen. Für dieFischfauna bedeutet dies, dass Teillebens-räume im Zuge des Hochwassers vernich-tet werden und räumlich gesehen an ande-rer Stelle im Flusslauf wieder entstehen.Eine ständige Neubesiedlung von sich dy-namisch verändernden Lebensräumen istalso charakteristisch für ein Fließgewässerwie die Lippe. Das heißt auch, dass in ei-nem vergleichsweise naturnahen Gewässerzeitlich begrenzt auch niedrige Bestands-zahlen oder Antreffwahrscheinlichkeitengewässertypischer Arten nicht unbedingtals negativ anzusehen sind.Die geschilderte Dynamik besitzt im Refe-renzzustand nicht nur für den vorab alsBeispiel gewählten Gewässertyp Gültig-keit. Für alle Gewässertypen ist ein mehroder weniger hohes Maß an dynamischenLebensraumveränderungen charakteris-tisch.Fischfaunistische Referenzbeschreibun-gen für Fließgewässer müssen also in derLage sein, verschiedene Gewässerzustän-de und Fischbestandsausprägungen zu er-fassen. Ein Merkmal einer intakten Fisch-biozönose ist, dass ihre Entwicklung nichtstatisch, sondern in Abhängigkeit von dy-namischen Gewässerprozessen stark varia-bel ist.

DatengrundlagenFür die fischfaunistische Referenzfindungstellt das nordrhein-westfälische Landes-fischartenkataster LAFKAT 2000 die we-sentliche Datengrundlage dar. Diese Da-tenbank verwaltet die umfangreichen Da-tenbestände der Fischfauna in NRW und

bietet durch gezielte Abfragen eine großeSpannbreite von Auswertungsmöglichkei-ten.Im Rahmen der Referenzerstellungen wur-de auf den Datenbestand der DatenbankLAFKAT 2000 zurückgegriffen, der bisAnfang 2003 vorhanden war. Der Daten-stand lag an diesem Termin bei 4774 be-wertbaren Probestrecken (Abb. 1). Ein Teilder Probestrecken wurde auch mehrfachuntersucht. Bei mehr als 99 Prozent dieserDatensätze handelt es sich um Ergebnisseaus Elektrobefischungen; weniger als 0,05Prozent der Daten beziehen sich auf Netz-oder Reusenbefischungen.Ein Großteil der Ergebnisse der LAFKAT2000-Abfragen wurde im GeografischenInformationssystem ArcView 3.2a ausge-wertet. Unter anderem wurden Abfragenzur geografischen Verteilung von Fischar-ten, Selektionen bestimmter Gewässerty-pen und Gewässerlandschaften sowie dif-

ferenzierte Auswertungen von Daten desLandesfischartenkatasters durchgeführt(siehe unten). Diese hatten zum Ziel, dieverfügbare Datengrundlage hinsichtlichihrer Eignung und Aussagekraft für die Er-stellung der Referenzen zu überprüfen.Zu der historischen Verbreitung der nord-rhein-westfälischen Fischarten existiert ei-ne umfangreiche Quellenstudie der Uni-versität-Geamthochschule Essen, die imAuftrag des MUNLV erstellt wurde (UNI-VERSITÄT ESSEN 2000). Die dort aufge-zeigten Verbreitungen der Fischarten wur-den in der Mehrzahl übernommen. Überdiese Informationen hinaus wurden spezi-fische Angaben zur Verbreitung von Wan-derfischarten von Experten einbezogen,die im Rahmen der Bearbeitung der 1. Ge-fährdungsabschätzung für die nordrhein-westfälischen Fließgewässer anhand derFischfauna eingeholt wurden (NZO-GMBH 2003).

Fischfaunistische Referenzen

Abb. 6 b: Fischfaunistische Referenzen für den Sandgeprägten Fluss im Tiefland.

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Ferner wurde, soweit verfügbar, regional-spezifische Literatur gesichtet. Dies be-trifft zum Beispiel die Auswertung vonUnterlagen zu älteren Fischereirechten.Ebenfalls berücksichtigt wurden Fangauf-zeichnungen der Berufsfischerei.

ReferenzfindungDie Referenzfindung erfolgte ausschließ-lich auf der Grundlage der für NRW abge-grenzten Fließgewässertypen (LUA 1999,2001a, b und 2002). Neben den verfügbaren Daten in der LAF-KAT 2000-Datenbank wurden historischeInformationen zur Fischartenverbreitungin NRW sowie Gewässergüte- und Struk-turgütedaten der Fließgewässer einbezo-gen, um geeignete Referenzgewässer (-ab-schnitte) bestimmen zu können. Fernerwurden, entsprechend der gewässertypspe-zifischen Referenzbeschreibungen des

Landesumweltamtes NRW, die Gewässer-morphologie, die Strömungscharakteris-tik, das Längsprofil, die Laufentwicklung,das Querprofil und die Sohlstruktur im Re-ferenzzustand berücksichtigt, da die Habi-tatausprägung mit ausschlaggebend für dieBesiedlung durch Fische ist. Über die Einzelbetrachtung der Gewässer-typen hinaus wurde die räumliche Lage derGewässerabschnitte eines Typs in die Aus-wertung einbezogen. Dies ist zum Beispielbei der Referenzfindung für solche Gewäs-sertypen von großer Bedeutung, die in denÜbergangsbereichen vom Mittelgebirgezum Tiefland fließen.Eine weitere ergebnisbeeinflussende In-formationsquelle, zum historischen Vor-kommen von Wanderfischen, waren dieErfahrungen, die im Rahmen der Arbeitzur Betreuung der Gefährdungsabschät-zungen der einzelnen Flussgebiete in NRWgewonnen wurden (NZO-GMBH 2003).

Unter Berücksichtigung der verschiedenenParameter wurde die Zusammensetzungder aktuellen Fischfauna analysiert undhinsichtlich der im Referenzzustand derGewässer zu erwartenden Fischartenge-sellschaften bewertet. Die bisher skizzierte Vorgehensweise sollam Beispiel des Kleinen Talauebaches imGrundgebirge detailliert dargestellt wer-den.Der Fließgewässertyp Kleiner Talauebachim Grundgebirge beschreibt überwiegendkleinere Mittelgebirgsbäche mit Gewäs-serbreiten zwischen 1 bis 5 Meter. DieQuellentfernung beträgt 2 bis 10 Kilome-ter (LUA 1999). Bedingt durch die Gewäs-sergröße, mit teils sehr hohen Fließge-schwindigkeiten, können sich in diesenGewässern nur strömungsliebende (rheo-phile) Arten dauerhaft ansiedeln. Meistsind dies Bachforelle und Koppe.Wie sich die Fischartenzusammensetzun-gen für diesen Gewässertyp insgesamt an-hand der verfügbaren Daten, die in der Da-tenbank LAFKAT 2000 gespeichert sind,darstellten, zeigt die Abbildung 2.Die weite Verbreitung der beiden gewäs-sertypischen Arten Bachforelle und Koppeund deren hohe Dominanzanteile sind einHinweis darauf, dass sich viele Kleine Tal-auebäche, trotz zahlreicher anthropogenerBeeinflussungen, in einem guten ökologi-schen Zustand befinden. Dieses Ergebnisdarf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen,dass eine nicht unerhebliche Anzahl dieserGewässerabschnitte aufgrund anthropoge-ner Beeinflussungen von typunspezifi-schen Arten besiedelt werden kann. DasErgebnis ist ein Beleg dafür, dass die sehrkleinen Fließgewässer in den Mittelgebir-gen durch den Menschen schon sehr frühund stark verändert wurden. Dies wird an-hand der insgesamt hohen Artenzahl (33)deutlich. Durch die Verlegung der Gewäs-ser in die Randlage der schmalen Täler unddie Festlegung durch Uferverbau undWehranlagen wurde eine Grünlandnut-zung mittels Flößbewirtschaftung ermög-licht. Eine weitere Beeinträchtigung erfuh-ren viele Gewässer in späterer Zeit durchdie Nutzung als Vorfluter für Kleinkläran-lagen, was punktuell zu erheblichen Ein-brüchen in der biologischen Gewässergüteführte. All diese Veränderungen haben un-ter anderem dazu beigetragen, dass gewäs-seruntypische Arten wie Barsch und Rot-auge teilweise gute Entwicklungsmöglich-keiten vorfinden.Vor diesem Hintergrund wurden in einemweiteren Schritt die Artenzusammenset-zungen und die Dominanzverhältnisse fürsolche Gewässer ermittelt, die sich aktuellin einem vergleichbar naturnahen Zustandbefinden und die eine gute Gewässergüteaufweisen. In den Abbildungen 3 und 4sind die Ergebnisse der Dominanzermitt-lungen zweier solcher Gewässer darge-stellt. Bei den Verteilungen ist zu berück-

Fischfaunistische Referenzen

Abb. 7a: Fischfaunistische Referenzen für den Kleinen Talauebach im Grundgebirge.

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sichtigen, dass es sich um beispielhafteDarstellungen von Einzelergebnissen han-delt. Für die Ableitung des Referenzzu-standes wurden, in Bezug auf den KleinenTalauebach im Grundgebirge 24 Gewässerbeziehungsweise Gewässerabschnitte mitca. 50 Probestrecken ausgewertet. Es ist je-doch zu berücksichtigen, dass für andereGewässertypen, vor allem für Tiefland-bäche und Flüsse, deutlich weniger natur-nahe Abschnitte mit aussagekräftiger Da-tengrundlage zur Verfügung stehen.In Bezug auf den Kleinen Talauebach imGrundgebirge wurde aus den vorhandenenDaten der in der Abbildung 5 dargestelltefischfaunistische Referenzzustand in Be-zug auf die Artenzusammensetzung unddie Dominanzverhältnisse abgeleitet. Beidiesen Referenzarten handelt es sich umsolche, deren Vorkommen intakte Verhält-nisse des Lebensraumes Kleiner Talaue-bach im Grundgebirge anzeigen. Da Fließ-gewässer einen Teil eines Längskontinu-ums darstellen, können weitere Arten auf-treten. Im Vergleich zu den gewässertypi-schen Spezies weisen diese in natürlichenoder naturnahen Gewässern vergleichs-weise geringe Dominanzanteile auf. Für weitere vornehmlich anadrome Wan-derfischarten, wie zum Beispiel Lachs,Meerforelle und Flussneunauge, stellendiese Bäche keinen Verbreitungsschwer-punkt dar. Wenn überhaupt, sind sie imVergleich zu tiefer liegenden Gewässerab-schnitten im Mittelgebirge nur selten undin geringen Individuendichten im KleinenTalauebach im Grundgebirge anzutreffen.

ErgebnisDas Ergebnis sind 23 fischfaunistische Re-ferenzsteckbriefe für die in NRW abge-grenzten Fließgewässertypen. Jeder Steck-brief enthält Darstellungen zur fischfaunis-tischen Zusammensetzung, getrennt nachLeit-, Begleit- und Grundarten sowie denim Referenzzustand zu erwartenden Wan-derfischen. Folgende Definitionen liegenden Begriffen Leit-, Begleit- und Grundartzugrunde:Leitart ist eine Art, die für das Vorkom-men einer Artengemeinschaft charakteris-tisch ist und deren Vorkommen intakteVerhältnisse eines bestimmten Lebensrau-mes anzeigt. Eine Leitart muss nicht diehöchste Individuenzahl aller vorkommen-den Arten aufweisen, sondern sie repräsen-tiert in ihrer Zugehörigkeit zu ökologi-schen Gilden (Strömung, Mobilität, Re-produktion, Trophie) die Hauptsumme derHabitateigenschaften des jeweiligen Fluss-typs.Begleitarten sind Arten, die zusammenmit einer Leitart vorhanden sind und eben-falls typspezifisch intakte Lebensraumver-hältnisse kennzeichnen. Begleitartengehören zum typspezifischen Arteninven-tar.

Grundarten sind solche Spezies, die auf-grund ihrer geringen Lebensrauman-sprüche eine Vielzahl unterschiedlicherGewässertypen besiedeln können. Sie ha-ben nur einen geringen Indikatorwert inBezug auf die Ausprägung bestimmter Ge-wässerlebensräume.Exemplarisch sind in den Abbildungen 6und 7 Auszüge aus den Steckbriefen für dieFließgewässertypen Sandgeprägter Flussim Tiefland und Kleiner Talauebach imGrundgebirge dargestellt. Es wird deut-lich, dass in jedem Steckbrief Informatio-nen zu dem jeweiligen Gewässertyp darge-stellt sind. Neben einer Verbreitungskartedes Gewässertyps sind entsprechend den

Darstellungen in LUA (1999a, 2002),Kurzbeschreibungen zur Gewässermor-phologie, Strömungscharakteristik, zumLängsprofil, zur Laufentwicklung, zumQuerprofil und zur Sohlstruktur vorhan-den. Soweit vorhanden, werden Gewässerbenannt, die in Bezug auf die FischfaunaReferenzzustände repräsentieren, bezie-hungsweise diesen nahe kommen.Die Fischarten, die im Referenzzustandgetrennt nach Leit-, Begleit- und Grundar-ten in einem Gewässer zu erwarten sind,sind anhand von Piktogrammen visuali-siert. Über die Angaben zum Artvorkom-men hinaus sind referenzbezogen Stetig-keitsverteilungen erarbeitet worden. Die

Fischfaunistische Referenzen

Abb. 7b: Fischfaunistische Referenzen für den Kleinen Talauebach im Grundgebirge.

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Stetigkeit ist ein Maß für die Verbreitungeiner Art innerhalb eines Gewässertyps.Die inhaltliche Darstellung der Steckbrie-fe kann hier nur exemplarisch erfolgen.Neben den vorab kurz beschriebenen In-halten (vgl. Abb. 6 u. 7) sind für jeden Ge-wässertyp folgende weitere Angaben vor-handen:

● FischregionsindexDer Fischregionsindex (FRI) wurde vonSCHMUTZ et al. (2000) für österreichi-sche Fließgewässer entwickelt. VonDUSSLING et al. (im Druck) wurde eineAnpassung an die bundesdeutschen Ge-wässer und eine Weiterentwicklung desFRI durchgeführt. Er ist das Ergebnis einerspezifischen Charakterisierung jederFischart gemäß ihrer Auftritts- oder Vor-kommenswahrscheinlichkeit in der Abfol-ge der Fließgewässerabschnitte. Zur Be-rechnung wurden referenzbezogene Ein-zelerhebungen von naturnahen Gewässer-abschnitten zugrunde gelegt, die in ersterNäherung die Fischartenzusammensetzun-gen des Referenzzustandes für jeden Ge-wässertyp widerspiegeln.

● Ökologische GildenEntsprechend ihres Wanderverhaltens so-wie ihrer Ansprüche an Reproduktionsha-bitate, Strömungspräferenzen und Nah-rungsverhältnisse wurden die typspezifi-schen Fischarten sowie die Wanderfischebestimmten Gilden zugeordnet. Die Gil-denzusammensetzungen sind referenzbe-zogen dargestellt.

● LebensraumbeschreibungIm Rahmen einer typbezogenen Lebens-raumbeschreibung werden die entspre-chenden Fischbiozönosen habitatbezogenvorgestellt.

● DatengrundlageDie verwendeten Datengrundlagen werdenbeispielhaft dargestellt und hinsichtlich ih-rer Aussagekraft zur Referenzfindung be-wertet.Anhand der in NRW gewonnenen Ergeb-nisse ist deutlich geworden, dass eine typ-bezogene Darstellung von fischfaunisti-schen Referenzen möglich und aussage-kräftig ist. Eine Gesamtveröffentlichungder gewonnenen Ergebnisse ist geplant.Nähere Informationen können bei derLÖBF erfragt werden.

AnwendungMit der Erstellung der Referenzen ist einewesentliche Grundlage für die Bewertungvon Fließgewässern anhand der Fischfaunaerarbeitet worden. Die Ergebnisse des Pro-jektes sind bewertungsrelevant aufgearbei-tet und durch die für die Umsetzung derWRRL in NRW zuständigen Behörden di-rekt nutzbar. Über den Anwendungsbezug WRRL hin-aus stellen die Ergebnisse eine wichtigeGrundlage bei allen Planungen, die Fließ-gewässer betreffen, dar. Sie sind eine Be-urteilungsgrundlage bei wasserrechtlichenVerfahren, zum Beispiel im Falle von Ein-leitungsgenehmigungen oder Wassermen-gen- und Strukturveränderungen. Über denAbgleich der in einem Gewässer vorhan-denen Fischfauna mit dem typbezogenenfischfaunistischen Referenzzustand sind –in Abhängigkeit von der Eingriffsschwere– Entwicklungsprognosen möglich. Diesestellen letztendlich die Beurteilungsgrund-lage im Rahmen von Genehmigungsver-fahren dar.Die fischfaunistischen Referenzen sindauch bei der Frage nach der Notwendigkeitvon Fischbesatz von Bedeutung. Dies be-trifft sowohl Besatzmaßnahmen im Rah-men der Wiederansiedlung ausgestorbenerArten als auch das Aussetzen von Fischenunter fischereilichen Gesichtspunkten. InErgänzung zur „Leitlinie zum Fischbesatzin NRW“ (MUNLV 2003) geben die fisch-faunistischen Referenzdarstellungen Hin-weise, im welchem Rahmen zoogeografi-sche Aspekte bei geplanten Besatz- oderWiederansiedlungsmaßnahmen berück-sichtigt werden müssen.

LiteraturDUßLING, U., BISCHOFF, A., HABER-BOSCH, R., HOFFMANN, A., KLINGER, H.,WOLTER, CH., WYSUJACK, K. & BERG, R.(im Druck): Der Fischregionsindex (FRI) – einInstrument zur Fließgewässerbewertung gemäßEG-Wasserrahmenrichtlinie. – Wasserwirt-schaft.

LUA – Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen(1999 a): Leitbilder für kleine bis mittelgroßeFließgewässer in Nordrhein-Westfalen. Gewäs-serlandschaften und Fließgewässertypen. –Merkblätter Nr. 17, 87 S.

LUA – Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen(1999 b): Referenzgewässer der Fließgewässer-typen Nordrhein-Westfalens. – Merkblätter Nr.16, 237 S.

LUA – Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen(2001 a): Leitbilder für die mittelgroßen bisgroßen Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen.Flusstypen. Merkblätter Nr. 34, 130 S.

LUA – Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen(2001 b): Referenzgewässer der Fließgewässer-typen Nordrhein-Westfalens. – Merkblätter Nr.29, 247 S.

LUA – Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen(2002): Fließgewässertypenatlas Nordrhein-Westfalen. – Merkblätter Nr. 36, 60 S.

MUNLV – Ministerium für Umwelt und Natur-schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz(2002): Fische unserer Bäche und Flüsse. – In-fo-Broschüre 200 S., Düsseldorf.

MUNLV – Ministerium für Umwelt und Natur-schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz(2003): Leitlinie zum Fischbesatz in NRW. – In-fo-Broschüre 59 S., Düsseldorf.

NZO-GmbH (2003): Gefährdungsabschätzungdes ökologischen Zustandes der nordrhein-westfälischen Teileinzugsgebiete anhand derFischfauna. – unveröffentlichte Studie im Auf-trag des Ministeriums für Umwelt und Natur-schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz(MUNLV).

SCHMUTZ, S., KAUFMANN, M., VOGEL, B.& JUNGWIRTH, M. (2000): MethodischeGrundlagen und Beispiele zur Bewertung derfischökologischen Funktionsfähigkeit öster-reichischer Fließgewässer. Universität für Bo-denkultur, Wien.

UMWELTBÜRO ESSEN (2004): Abschließen-de Arbeiten zur Fließgewässertypisierung ent-sprechend den Anforderungen der EU-WRRL,Teil 1. – Info-Broschüre im Auftrag der Länder-arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), 27 S.

UNIVERSITÄT ESSEN (2000): Leitbilder derFischfauna der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen. Teilaspekt: Historie – Ergebnisse ei-ner Quellen- und Literaturrecherche. 48 S.

Anschrift der VerfasserDr. Heiner KlingerLÖBF NRWAbteilung:Fischerei und GewässerökologieHeinsberger Straße 5357399 KirchhundemE-Mail: [email protected]: www.loebf.nrw.de

Dr. Andreas HoffmannDipl.-Biol. Carsten NoltingNZO-GmbHPiderits Bleiche 733689 BielefeldE-Mail: [email protected]: www.nzo.de

Fischfaunistische Referenzen

ZusammenfassungIm Rahmen der Umsetzung der Europäi-schen Wasserrahmenrichtlinie kommtder Fischfauna bei der Bewertung desökologischen Zustandes von Fließge-wässern eine zentrale Bedeutung zu. Ei-ne wesentliche Grundlage für die Beur-teilung von Gewässerzuständen ist derAbgleich mit einem natürlichen oder na-turnahen Zustand. Aus diesem Grundwurde geprüft, ob und in welchem Rah-men für die nordrhein-westfälischen Ge-wässertypen fischfaunistische Referen-zen beschrieben werden können. An-hand der in NRW gewonnenen Ergeb-nisse ist deutlich geworden, dass einetypbezogene Darstellung von fischfau-nistischen Referenzen möglich und aus-sagekräftig ist.Mit der Erstellung der Referenzen ist ei-ne wesentliche Grundlage für die Beur-teilung von Fließgewässern anhand derFischfauna erarbeitet worden. Über denWRRL-relevanten Bezug hinaus stellendie fischfaunistischen Referenzen einwichtiges Planungsinstrument im Rah-men der verschiedenen nordrhein-west-fälischen Gewässerschutzkonzepte undbei Eingriffen in Fließgewässer dar.

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Fließgewässer müssen vielfach unterlinearen oder flächenhaften Bauwer-ken hindurchgeführt werden.

Während es sich bei linearen Hindernissenin der Regel um Bahnlinien, Straßen sowieforst- und landwirtschaftliche Wege etc.handelt, sind unter flächenhaften Hinder-nissen Siedlungen, Bau- und Gewerbege-biete, zum Teil aber auch landwirtschaftli-che Nutzflächen zu verstehen. Kreuzungs-bauwerke, die der Querung solcher Hin-dernisse dienen, werden in verschiedeneTypen unterteilt (LANGE & LECHER1989; Tab. 1), wobei jedoch lediglich dieFunktion, nicht aber grundsätzliche kons-truktive und hydraulische Merkmale aus-schlaggebend sind. Deshalb werden Kreu-zungsbauwerke nachfolgend gemäß derArt des Querschnitts vereinfacht in Rohr-und Rahmendurchlässe differenziert.Seit langem ist unbestritten, dass Kreu-zungsbauwerke als Wanderhindernisse füraufwandernde aquatische Organismenwirksam werden können. Entsprechendwurden Vorgaben erarbeitet, wie u. a.Rohr- und Rahmendurchlässe zu gestaltensind, um die Passierbarkeit für aufsteigen-de Fische und/oder aquatische Wirbellosesicherzustellen (SELLHEIM 1996, VOR-DERMEIER & BOHL 2000, HÜTTE2000 et al.). Diese Empfehlungen sind je-doch bislang nur unzureichend durch Frei-landuntersuchungen abgesichert. Vor die-sem Hintergrund wurde das Institut für an-gewandte Ökologie in Kirtof-Wahlen vonder Abteilung Fischerei und Gewässeröko-logie der LÖBF mit vergleichenden Frei-landuntersuchungen zur Passierbarkeit vonKreuzungsbauwerken in der Forellenregi-on beauftragt, um die Anforderungen derFischfauna an deren Gestaltung zu präzi-sieren (SCHWEVERS et al. 2001).

MethodikIm Sinne der Vergleichbarkeit wurden 32Standorte in annähernd gleich großen undgeomorphologisch ähnlichen Fließgewäs-sern der Forellenregion in den Oberläufen

von Sieg, Lahn, Dill und Eder sowie derenZuflüssen im Naturraum des Rothaargebir-ges ausgewählt (Abb. 1). Beprobt wurdenRohr- und Rahmendurchlässe unterschied-licher Typen und Konstruktion, die wederoffensichtlich passierbar noch augen-scheinlich unpassierbar waren (Tab. 2,Abb. 2).

Zur Charakterisierung der Durchlässe undder Abflussbedingungen während der Be-probung wurden folgende Parameter erho-ben: Länge, Querschnitt, Tiefen- und Strö-mungsprofil, Sohlensubstrat sowie unter-wasserseitige Abstürze (vgl. Tab 2). ZumNachweis aufsteigender Fische kamenFlügelreusen zum Einsatz (Abb. 3). Diese

FischdurchlässeUlrich Schwevers, Karin Schindehütte, Beate Adam und Ludwig Steinberg

Zur Passierbarkeit von Durchlässen für Fische Untersuchungen in Forellenbächen

Fließgewässer queren durch Rohr- und Rahmendurchlässe vielfach Verkehrswege, Siedlungen oder land-wirtschaftliche Nutzflächen. Im Auftrag der LÖBF, Abteilung 5 – Fischerei und Gewässerökologie –,wurden in Bächen des Rothaargebirges 32 Durchlässe dahingehend untersucht, unter welchen Bedingun-gen die Aufwanderung von Bachforellen behindert wird und welche Anforderungen an die Gestaltungvon Durchlässen zu stellen sind, damit sie nicht als Wanderbarrieren wirken.

Abb. 1: Lage der untersuchten Durchlässe.

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bestehen aus einem sich verjüngendenNetzsack, dessen Lumen durch drei Me-tallringe offen gehalten wird. In die Reu-senöffnung ist eine Kehle mit engemDurchlass eingearbeitet, die verhindert,dass in den Netzsack eingeschwommeneFische wieder entweichen. Seitlich derReuse wurden zwei 1,5 Meter lange

Netzwände („Flügel“) zu den Ufern hin ab-gespannt, um aufsteigende Fische über dengesamten Gewässerquerschnitt in die Reu-se zu leiten. In Anpassung an das jahres-zeitlich bedingt hohe Geschwemmsel-auf-kommen waren die Reusen mit knotenlo-sem Netzmaterial mit einer gestrecktenMaschenweite von 15 Milimeter gefertigt.

Dies erwies sich in Kombination mit einemvorgeschalteten Grobrechen aus Maschen-draht als gerade noch handhabbar und er-laubte den Nachweis von Bachforellen(Salmo trutta f. fario) ab einer Größe von12,0 Zentimeter. Kleinere Entwicklungs-stadien sowie insbesondere Groppen (Cot-tus gobio) entzogen sich allerdings demFang, so dass über deren Ansprüche anDurchlässe keine Aussagen getroffen wer-den können. Andere Fischarten kommen inden Untersuchungsgewässern nicht odernur in Einzelexemplaren vor.Jeder Standort wurde im Oktober/Novem-ber 2001 über einen Zeitraum von zehn Ta-gen kontinuierlich beprobt. Die Reusen-kontrollen erfolgten täglich in gleicherReihenfolge, so dass ein 24-stündiger Ex-positionsrhythmus gewährleistet war. Diegefangenen Fische wurden nach Art be-stimmt und nach einer auf 0,5 Zentimetergenauen Vermessung oberhalb der Reusefreigelassen (Abb. 4).

Ergebnisse● ReusenfängeIm Rahmen der Untersuchung wurden ins-gesamt 185 Fische in den Reusen gefan-gen, wobei es sich hauptsächlich um Bach-forellen (Salmo trutta f. fario) sowie um ei-nige wenige Döbel (Leuciscus cephalus)handelte. Die Charakteristik der jeweiligenDurchlässe sowie die Verteilung der Reu-senfänge auf die einzelnen Standorte istTabelle 3 zu entnehmen.

● SohlenstrukturVon den beprobten Durchlässen waren ins-gesamt 3 Rohr- und 11 Rahmendurchlässemit durchgehendem Substrat ausgestattet,während die Sohle der übrigen Durchlässeaus Beton oder Sohlenpflaster bestand. Beider Darstellung der durchschnittlichen An-zahl der Reusenfänge pro Standort zeigtsich, dass selbst Durchlässe mit fehlenderSubstratauflage passiert werden (Abb. 5).Allerdings wurden deutlich höhere Auf-stiegszahlen in Rohr- und vor allem inRahmendurchlässen mit substratbedeckterSohle registriert. Demnach wird die Durchwanderbarkeitvon Durchlässen für Fische von einerdurchgehenden Substratschicht begüns-tigt. Es ist begründet davon auszugehen,dass eine durchgehende Substratschichtfür die Aufwanderung bodenorientierter(Klein-) Fischarten und benthaler Wirbel-loser eine noch bedeutendere Rolle spieltals für leistungsstarke Schwimmer. Damitunterstützen die vorliegenden Befunde dieForderung von SELLHEIM (1996), VOR-DERMEIER & BOHL (2000) und HÜT-TE (2000) nach einem durchgehendenSubstrat innerhalb von Rahmen- und Rohr-durchlässen.Vor allem bei Rahmendurchlässen ausrei-chender Dimensionierung ist eine Sub-

FischdurchlässeTyp Definition

Brücke

lineares Kreuzungsbauwerk, zur Überleitung vonVerkehrswegen, das eine eigene Tragekonstruktion besitztund den Abflußquerschnitt nicht wesentlich einschränkt

Durchlaß

lineares Kreuzungsbauwerk ohne eigeneTragekonstruktion, das den Abflußquerschnitt u.U.erheblich einengt. Hierbei wird je nach Querschnittzwischen Rohr- und Rahmendurchlässen unterschieden

linienhafte

Hindernisse

Düker

Sonderform des Durchlasses, bei dem ein Gewässer untereinem Geländeeinschnitt oder einem tiefliegendenHindernis unter Druck hindurchgeführt wird

VerrohrungÜberdeckte Durchleitung mit kreisförmigem Querschnittunter flächenhaften Hindernissen oder in freier Feldlageflächenhafte

HindernisseVerdohlung

Überdeckte Durchleitung mit rechteckigem Querschnittunter flächenhaften Hindernissen oder in freier Feldlage

Tab. 1: Typen von Kreuzungsbauwerken.

a) b) c)

d) e) f)

Abb. 2: Beispiele untersuchter Durchlässe: a) großlumiger Rahmendurchlass mit ge-pflasterter Sohle und unterwasserseitigem Absturz (Weisenbach Probestelle 10); b) Rah-mendurchlass mit gepflasterter Sohle, Trapezprofil und unterwasserseitigem Absturz(Hesselbach, Probest. 12); c) Rahmendurchlass mit durchgehendem natürlichem Sub-strat (Banfe, Probest. 13); d) großlumiger Rohrdurchlass ohne Sedimentauflage(Heckebach, Probest. 28); e) Rohrdurchlass mit Substratauflage (Kütschen-Langenbach,Probest. 16); f) Rohrdurchlass mit unterwasserseitigem Absturz (Sieg, Probest. 15).

Fotos: U. Schwevers

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stratschicht realisierbar, indem die Sohleunbefestigt bleibt, künstlich Substrat ein-gebracht oder eine natürliche Sedimentati-on zugelassen wird. Auch Rohrdurchlässelassen sich entsprechend gestalten, in demzum Beispiel großlumige Rohre bis unterdas Niveau der Gewässersohle verlegt wer-den oder die Ablagerung von Sedimentendurch ein geringes Rohrgefälle begünstigtwird.

● Länge der DurchlässeDie Länge der beprobten Durchlässe reich-te von 6,0 bis 60,0 Meter (Abb. 6). DieReusenfänge zeigen, dass Rohr- und Rah-

durchlässen in einem potamalen Gewässeruntersuchten. Während dabei ein 44,0 Me-ter langer Rohrdurchlass noch vom über-wiegenden Teil der Fischarten durch-schwommen wurde, ließ sich bei einem50,0 Meter langen Rohrdurchlass eine star-ke Barrierewirkung nachweisen. Insge-samt verdichten sich damit die Erkenntnis-se, dass Durchlässe bis etwa 40,0 MeterLänge keine längenbedingte Barrierewir-kung für Bachforellen entfalten. Aller-dings sind mehr als 50,0 Meter langeDurchlässe, unabhängig von der Qualitätihrer Sohlenbeschaffenheit, nicht mehr un-eingeschränkt durchwanderbar.

● StrömungsgeschwindigkeitDie Strömungsgeschwindigkeiten inner-halb der durch die maximale Wassertiefegekennzeichneten Hauptwanderkorridorein den beprobten Durchlässen erreichtenbei mittlerem Abfluss 0,1 Meter pro Se-

kunde (m/s) bis maximal 1,7 m/s, wobei ei-ne deutliche Abhängigkeit der Fließge-schwindigkeit von der Bauart des Durch-lasses festzustellen ist: Während in Rohr-durchlässen ohne Substratauflage die Strö-mungsgeschwindigkeit mit 0,6 m/s bis 1,7m/s durchweg höher als in Rohrdurchläs-sen mit Sohlensubstrat war, erreichte dieFließgeschwindigkeit in Rahmendurchläs-sen unabhängig von der Sohlenbeschaffen-heit maximal 0,8 m/s. Generell wurden auch bei Durchlässen mitmaximalen Fließgeschwindigkeiten er-folgreiche Passagen von Bachforellennachgewiesen, doch waren die meistenFischpassagen bei Fließgeschwindigkeitenunter 1,0 m/s festzustellen. Diesen Effektverdeutlicht die Zuordnung der durch-schnittlichen Anzahl von Fängen pro Reu-se zu den Fließgeschwindigkeiten in denbeprobten Durchlässen (Abb. 9). Es zeigtsich, dass die Passierbarkeit der Durchläs-

Fischdurchlässe

Tab. 2: Parameter zur Beschreibung der Durchlässe.

Abb. 3: Flügelreuse zum Nachweis auf-wandernder Fische. Foto: K. Schindehütte

Abb. 4: Bachforelle mit 43,0 Zentimeter Gesamtlänge (Wähbach, Probestelle 4).Foto: K. Schindehütte

mendurchlässe von 30,0 Meter bis 40,0Meter Länge vergleichsweise hohe Passa-geraten aufweisen und somit zumindestkeinen längenbedingten Barriereeffekt ent-falten. Bei den mehr als 50,0 Meter langenDurchlässen nahm allerdings die Anzahlder erfolgreichen Passagen deutlich ab. Eszeigte sich ferner, dass selbst Rahmen-durchlässe mit einem durchgehenden Soh-lensubstrat, größeren Wassertiefen und ge-ringen Fließgeschwindigkeiten bei großerLänge eine Wirkung als Wanderhindernis-se entfalten. Dabei scheint diese Barrier-ewirkung weitgehend unabhängig von derLeistungsfähigkeit der Fische zu sein,denn es wurden sowohl juvenile Bachfo-rellen mit 12,0 bis 16,0 Zentimeter Ge-samtlänge als auch 2-sömmrige und ältereExemplare oberhalb der sehr langenDurchlässe nachgewiesen.Diese Befunde der vorliegenden Untersu-chung fügen sich in die Erkenntnisse vonLIEBSCH et al. (1995) ein, die die Pas-sierbarkeit von je zwei Rahmen- und Rohr-

Parameter Methode Meßgenauigkeit

Durchlaßlänge Maßband 0,1 mDurchlaßquerschnitt• Rohrdurchlaß• Rahmendurchlaß

Maßband• Durchmesser• Höhe x Breite

0,1 m

Tiefenprofil• Durchlaßeinlauf• Durchlaßauslauf

Meßlatte• Meßpunktabstand: 0,1 m 0,01 m

Strömungsprofil• Durchlasseinlauf• Durchlassauslauf

Messflügel(HÖNTZSCH, Typ _P-TAD)• Meßtiefe: 1/3 Wassertiefe

0,01 m/s

Substratbeschaffenheit• Durchlaß• Gewässersohle

Deskriptiv• Struktur, Material• Struktur, Körnung

Unterwasserseitige Abstürze• Gefällesprung _h• Neigung• Beschaffenheit/Rauhigkeit

MaßbandVerhältnis Höhe : Länge• Deskriptiv

0,1 m�h

��

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40 LÖBF-Mitteilungen 3/04

se mit zunehmender Fließgeschwindigkeit(über 0,5 m/s) deutlich abnimmt. Bei höheren Abflüssen herrschten in den

beprobten Durchlässen z. T. Strömungsge-schwindigkeiten von mehr als 2,0 m/s, diezumindest noch von den Bachforellen pas-

siert wurden. Dieser Befund belegt zwardie Leistungsfähigkeit von Salmoniden,doch darf er nicht als Bemessungsgrundla-ge für die zulässige Fließgeschwindigkeitin Durchlässen herangezogen werden, dadie Passierbarkeit von Kreuzungsbauwer-ken auch für leistungsschwächere Arten zugewährleisten ist. So stellte BLESS (1985)fest, dass eine Verrohrung schon bei 0,3m/s Fließgeschwindigkeit von Schmerlen(Barbatula barbatula) nicht passiert wur-de. VORDERMEIER & BOHL (2000) er-mittelten für Groppe, Schmerle und Elritze(Phoxinus phoxinus) maximal zulässigeStrömungsgeschwindigkeiten von 0,5 m/s. Nach allen vorliegenden Erkenntnissen,einschließlich den Bemessungskriterienfür Fischaufstiegsanlagen (DVWK 1996)darf die Fließgeschwindigkeit in Gerinnenund Durchlässen lediglich über geringeDistanzen und bei großer Rauhigkeit derSohle maximale Werte von 1,0 m/s anneh-men.

● WassertiefeDie Wassertiefe in einem Durchlass istzweifellos ein Faktor, der seine Durchwan-derbarkeit beeinflusst. Die Probestellender vorliegenden Untersuchung lagen inBachoberläufen, die natürlicherweise ei-nen geringen Abfluss aufweisen, so dassim Gewässerverlauf neben tiefen Kolkenimmer wieder ausgeprägte Flachwasserbe-reiche mit nur wenigen Zentimetern Was-sertiefe vorhanden sind. Innerhalb derHauptwanderkorridore in den beprobtenDurchlässen schwankten die Wassertiefenbei mittleren Abflüssen zwischen 0,04 und0,15 Meter. Lediglich in einem Durchlasswurde eine Wassertiefe von annähernd0,20 Meter verzeichnet. Die Reusenfängebelegten, dass Durchlässe mit Wassertie-fen von weniger als 0,07 Meter unpassier-bar sind (Abb. 7). Sobald diese Minimal-tiefe jedoch geringfügig überschrittenwird, läßt sich anhand der vorliegendenDaten keine Behinderung des Fischauf-stiegs mehr nachweisen: Die meisten Pas-sagen wurden in Durchlässen mit 0,07 bis0,12 Meter Wassertiefe verzeichnet. Auch eine größenselektive Wirksamkeitwurde nicht vorgefunden, denn selbstBachforellen von 40,0 bis über 50,0 Zenti-meter Gesamtlänge passierten Durchlässemit weniger als 0,10 Meter Fließtiefe. Indiesem Fall hatten die Fische direkten Bo-denkontakt, während ihr Rücken deutlichüber die Wasseroberfläche hinaus ragte, sodass sie sich mit kurzen Sprints, über dieDurchlasssohle rutschend, stromaufwärtsbewegten. Bei dieser Verhaltensweise ver-hindert eine möglichst große Rauhigkeitder Sohle das Abdriften der Fische in denRuhepausen zwischen den Sprints.Um Bachforellen die Passage von Durch-lässen zu ermöglichen, ist somit eine Min-destwassertiefe von 0,07 bis 0,15 Meterausreichend.

FischdurchlässeN

r. Gewässer Typ SohleSub-

strat

Quer-

schnitt

(m)

Län-

ge

(m)

Absturz

-höhe

(m)

Reu-

sen-

fänge

1 Elberndorfer Bach Rohr Beton ohne 0,9 7,0 0,50 12 Elberndorfer Bach Rohr Beton ohne 0,8 9,0 0,40 153 Elberndorfer Bach Rohr Beton ohne 1,6 9,0 - 34 Wähbach Rahmen natürlich mit 1,6 x 1,3 8,0 - 105 Wähbach Rahmen Pflaster mit 3,7 x 3,5 32,0 - 186 Eder Rahmen Pflaster ohne 1,2 x 0,9 6,0 - 57 Benfe Rohr Beton mit 0,6 12,0 - 138 Ahbach Rohr Beton ohne 1,2 15,0 0,15 89 Weisenbach Rahmen natürlich mit 0,9 x 1,0 12,0 - 0

10 Weisenbach Rahmen Pflaster ohne 2,0 x 2,0 6,0 0,20 811 Laasphe Rahmen Pflaster ohne 1,4 x 1,4 8,0 0,15 012 Hesselbach Rahmen Beton ohne 2,7 x 1,4 20,0 0,15 413 Banfe Rahmen Pflaster mit 4,5 x 2,0 20,0 - 314 Sieg Rohr Beton ohne 0,5 8,0 0,30 015 Sieg Rohr Beton ohne 1,0 9,0 0,45 016 Kü.-Langenbach Rohr Beton mit 0,8 9,0 - 317 Geiersgrundbach Rohr Beton mit 1,2 15,0 0,13 218 Demmbach Rohr Beton ohne 1,0 60,0 0,13 019 Wüste Beienbach Rahmen Pflaster mit 2,7 x 1,9 15,0 - 2220 Feuersbach Rohr Beton ohne 1,2 12,0 0,50 621 Bichelbach Rahmen Beton mit 2,0 x 6,0 20.0 - 1722 Wahlbach Rahmen Pflaster mit 2,8 x 2,4 55,0 0,20 223 Wahlbach Rahmen Pflaster mit 3.0 x 1,8 60,0 - 224 Weißbach Rahmen Pflaster ohne 5,0 x 2,0 40,0 - 1725 Weißbach Rahmen Pflaster ohne 1,4 x 1,5 19,0 0,30 126 Weißbachzufluß Rohr Beton ohne 1,0 7,0 0,30 027 Heckebach Rohr Beton ohne 1,6 30,0 - 028 Heckebach Rohr Beton ohne 2,6 30,0 0,05 229 Wildenbach Rahmen Beton mit 2,5 x 1,8 12,0 - 730 Heller Rahmen Beton mit 5,0 x 2,0 25,0 - 731 Lützelnbach Rahmen Pflaster mit 3,7 x 2,6 55,0 1,60 132 Buchheller Rahmen Beton ohne 2,5 x 1,5 20,0 0,40 8

Tab. 3: Charakteristik der beprobten Durchlässe und Anzahl der Reusenfänge.

0

1

2

3

4

5

6

7

8

Rohrdurchlaß ohne

Sediment

Rohrdurchlaß mit

Sediment

Rahmendurchlaß

ohne Sediment

Rahmendurchlaß mit

Sediment

Du

rch

sch

nit

tlic

he A

nzah

l d

er

Reu

sen

fän

ge

Abb. 5: Vergleich der durchschnittlichen Anzahl von Reusenfängen in Rohr- und Rah-mendurchlässen mit und ohne Substrat.

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41LÖBF-Mitteilungen 3/04

● AbsturzhöheGelegentlich werden Durchlässe unter-wasserseitig mit einem Tosbecken ausge-stattet, wobei entweder das Ende desDurchlasses selbst oder die Tosbeckenend-schwelle einen Sohlenabsturz bildet. Viel-fach kommt es im Unterwasser von Durch-lässen auch zu erosionsbedingten Auskol-kungen, wodurch sich im Laufe der Zeitmehr oder weniger hohe Abstürze ent-wickeln. Wenngleich im Rahmen der vor-liegenden Untersuchung einzelne Bachfo-rellen aller Größen in der Lage waren, auchAbstürze bis 0,5 Meter Höhe zu überwin-den (Abb. 8), wurden die meisten Passagendoch an Durchlässen ohne beziehungswei-se mit kleineren Abstürzen unter 0,3 Meterregistriert. Dabei ist die Überwindbarkeitvon Abstürzen maßgeblich davon abhän-gig, ob unterwasserseitig ein ausreichendtiefer Kolk vorhanden ist, in dem die Fi-sche die notwendige Schwimmgeschwin-digkeit entwickeln können, um das Hin-dernis zu überspringen. Sofern also derAbfluss als abgelöster Strahl auf eine be-festigte Sohle im Unterwasser auftrifft,können auch Abstürze geringer Höhe un-passierbar sein (THOMPSON & RAHEL1998). In jedem Fall sind Sohlenabstürzemit abgelöstem Überfallstrahl bereits ab0,20 Meter Höhe für Klein- und Jungfischeleistungsschwächerer Arten sowie fürbenthale Wirbellose unüberwindbar(BLESS 1985). Um also die Passierbarkeitsolcher Bauwerke für alle Arten zu ge-währleisten, ist der Grenzwert von 0,20Meter für die maximal zulässige Wasser-spiegeldifferenz bei Abstürzen einzuhalten(DVWK 1996).

● LichtverhältnisseMit der vorliegenden Untersuchung sollteauch die Frage beantwortet werden, ob be-ziehungsweise inwiefern Dunkelheit inDurchlässen die Wanderungen von Fi-schen behindert oder gar unterbindet.Während des Untersuchungszeitraumes imOktober/November 2001, als eine düstere,regnerische Wetterlage herrschte, konntekein Barriereeffekt infolge der Dunkelheitin Durchlässen nachgewiesen werden. Sowiesen Durchlässe mit geringem Quer-schnitt und entsprechend geringem Licht-einfall hohe Passageraten auf, während angroßlumigen und besser beleuchteten Bau-werken keinesfalls höhere Aufstiegszahlenzu verzeichnen waren (Abb. 10). Ob die Beleuchtung innerhalb von Durch-lässen tatsächlich die Wanderung der Fi-sche beeinflusst, ist nicht zuletzt vor demHintergrund der Befunde der vorliegendenStudie fraglich. Andere Untersuchungenan längeren Durchlässen zeigten, dass zu-mindest Salmoniden selbst völlig unbe-leuchtete Rohre durchschwimmen (SLA-TICK 1970, ROGERS & CANE 1979),wobei einige Arten sogar dunkle gegen-über hellen Durchlässen bevorzugen.

Fischdurchlässe

0

5

10

15

20

25

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65

Durchlaßlänge [m]

ab

so

lute

An

zah

l d

er

Reu

sen

fän

ge

Rohrdurchlaß ohne Sediment

Rohrdurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß ohne Sediment

Abb. 6: Abhängigkeit der Anzahl der Reusenfänge von der Länge der Durchlässe.

0

5

10

15

20

25

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25

Mindestwassertiefe im Hauptwanderkorridor [m]

ab

so

lute

An

zah

l d

er

Reu

sen

fän

ge

Rohrdurchlaß ohne Sediment

Rohrdurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß ohne Sediment

Abb. 7: Anzahl der Reusenfänge pro Standort in Abhängigkeit von der Mindestwasser-tiefe im Hauptwanderkorridor.

0

5

10

15

20

25

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8

Absturzhöhe [m]

ab

so

lute

An

zah

l d

er

Reu

sen

fän

ge

Rohrdurchlaß ohne Sediment

Rohrdurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß ohne Sediment

Abb. 8: Anzahl der Reusenfänge pro Standort in Abhängigkeit von der Absturzhöhe.

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42 LÖBF-Mitteilungen 3/04

LONG (1959) untersuchte die Fischpassa-gen in einem Fischpass bei Dunkelheit undBeleuchtung. Zwar stellte er hinsichtlichder Aufstiegszahlen keine Unterschiedefest, doch brauchten die Fische bei Be-leuchtung wesentlich mehr Zeit für diePassage als bei Dunkelheit. Auch Gamma-riden durchwandern völlig abgedunkelteDurchlässe (HALLE 1993). Insofern ist die Durchlichtung von Kreu-zungsbauwerken offensichtlich keinezwingende Voraussetzung für deren Pas-sierbarkeit. Entsprechend scheinen die vonSELLHEIM (1996) empfohlenen Werte,wonach die lichte Weite eines Durchlassesmindestens 1,0 Meter betragen soll und das

Verhältnis der lichten Weite zur Längemindestens 1:5 bis 1:10, auf der Grundla-ge des derzeitigen Kenntnisstandes alsüberzogen. Bei den im Rahmen der vorlie-genden Untersuchung beprobten Durch-lässen ließ sich keine Abhängigkeit zwi-schen dem Verhältnis von der Länge zurlichten Weite und der Passierbarkeit fürBachforellen erkennen (Abb. 10): ● Das empfohlene Verhältnis von 1:5 wur-

de nur an zwei Durchlässen vorgefun-den, an denen aber keine auffallend ho-hen Aufstiegszahlen registriert wurden.

● Die Mehrzahl der beprobten Durchlässewies ein Verhältnis zwischen Länge undlichter Weite von 1:10 bis 1:20 auf und

unterschritt damit die empfohlenenWerte. Doch war auch in diesen Fällendie Anzahl der passierten Fische nichtgeringer als in Durchlässen mit günsti-gerem Verhältnis.

Beachtenswerter im Hinblick auf die Be-leuchtungsverhältnisse in Durchlässen er-scheint der Effekt eines abrupten Licht-wechsels, vor dem nachweislich sowohlFische als auch Wirbellose zurück-schrecken. Auf dieser Erkenntnis beruhtnicht zuletzt die Entwicklung so genannterLichtscheuchanlagen, die mittels hellerLampen oder Stroboskoplicht ein Eindrin-gen von Fischen in für sie gefährliche Was-serkraft- und Wasserentnahmebauwerkeverhindern sollen (ATV-DVWK 2004).Entsprechend kann es im Falle von Durch-lässen beim Überwechseln der Fische vomdunklen Durchlass in helles Außenlichtinsbesondere dann zu Scheureaktionenkommen, wenn das Gewässer oberwasser-seitig des Kreuzungsbauwerkes der direk-ten Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist.

Empfehlungen zur Gestaltungvon DurchlässenDie Durchgängigkeit von Gewässern istnicht nur für Bachforellen, sondern fürsämtliche Arten der potentiell natürlichenFischfauna von großer Bedeutung. Darü-ber hinaus sollten nach Möglichkeit auchder aquatischen Wirbellosenfauna Wan-derbewegungen innerhalb der Fließgewäs-ser ermöglicht werden (DVWK 1996,ADAM & SCHWEVERS 2001). Entspre-chend geben die Befunde der vorliegendenUntersuchung zwar wichtige Hinweise aufdie Gestaltung von Durchlässen, allerdingsdarf die überraschend große Leistungs-fähigkeit der Bachforelle nicht als alleini-ge Grundlage für die Bemessung vonDurchlässen herangezogen werden.Grundsätzlich sollten Durchlässe, wo im-mer möglich, durch lichte Brückenbau-werke ersetzt werden, um die ökologi-schen Funktionen und die Besiedlungsqua-lität der Fließgewässer auch im Bereichvon Kreuzungsbauwerken sicherzustellen(ELSTER et al. 1973, SELLHEIM 1996,VORDERMEIER & BOHL 2000, HALLE2000 et al.). Daraus läßt sich allerdingsnicht ableiten, dass Durchlässe grundsätz-lich immer die Wanderungen der aquati-schen Fauna beeinträchtigen. Eine deutli-che Barrierewirkung scheinen Durchlässeim Hinblick auf die rhithrale und potamaleFischfauna (LIEBSCH et al. 1995) erst abeiner Durchlasslänge von ca. 50,0 Meter zuentwickeln. In jedem Fall unterstützt ein durchgehen-des, natürliches Substrat die Passierbarkeitvon Durchlässen nicht nur für Wirbelloseund bodenorientierte Kleinfische (HALLE1993, VORDERMEIER & BOHL 2000),sondern auch für die leistungsstarke Bach-forelle.

Fischdurchlässe

0

5

10

15

20

25

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Fläche des Durchlaßquerschnitts [m_]

ab

so

lute

An

zah

l d

er

Reu

sen

fän

ge

Rohrdurchlaß ohne Sediment

Rohrdurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß mit Sediment

Rahmendurchlaß ohne Sediment

Abb. 10: Anzahl der Reusenfänge pro Standort in Abhängigkeit von der Fläche desDurchlassquerschnitts.

0

1

2

3

4

5

6

7

8

0-0,5 0,5-1,0 1,0-1,5 1,5-2,0

Fließgeschwindigkeit [m/s]

Du

rch

sch

nit

tlic

he A

nzah

l d

er

Reu

sen

fän

ge

Abb. 9: Durchschnittliche Anzahl der Reusenfänge pro Standort für Durchlässe mit un-terschiedlichen Fließgeschwindigkeiten im Hauptwanderkorridor.

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43LÖBF-Mitteilungen 3/04

Die Angaben früherer Untersuchungenhinsichtlich zulässiger Strömungsge-schwindigkeit wurden durch die Befundeder vorliegenden Untersuchung bestätigt:Um die Durchwanderbarkeit sowohl fürMakroinvertebraten als auch leistungs-schwache Fischarten beziehungsweiseEntwicklungsstadien zu gewährleisten,sollte eine maximale Fließgeschwindigkeitvon 0,5 m/s nicht überschritten werden.Dies begünstigt gleichermaßen den Auf-stieg von Bachforellen, selbst wenn bereits2-sömmrige Exemplare Strömungsge-schwindigkeiten von mehr als 2,0 m/s zuüberwinden vermögen.An die Wassertiefe von Durchlässen in derForellenregion, die für Kleinfische undaquatische Wirbellose von untergeordneterBedeutung ist, scheint auch die Bachforel-le geringe Ansprüche zu stellen. Bereits abeiner Fließtiefe von 0,07 Meter wurdenBachforellen nachgewiesen, und selbst ka-pitalen Exemplaren gelang die Passagederartiger Durchlässe. Allerdings ist nichtauszuschließen, dass z. B. in potamalenGewässern mit höherem Abfluss und ei-nem anderen Artinventar größere Mindest-wassertiefen erforderlich sein können.Auch die Fähigkeit der Bachforelle, Soh-lenabstürze bis zu 0,5 Meter Höhe unter-halb von Durchlässen zu überwinden, darfkeinesfalls als allgemein gültiger Maßstabgelten. Vielmehr ist die Einhaltung einermaximalen Absturzhöhe von 0,2 MeterVoraussetzung für die Passierbarkeit auchfür Kleinfischarten und leistungsschwacheEntwicklungsstadien.

Hingegen scheint der Lichteinfall nach denvorliegenden Befunden zumindest für dieBachforelle kein limitierender Faktor fürdie Passierbarkeit von Durchlässen zu sein.Schließlich sei darauf hingewiesen, dassnicht nur die Einhaltung eines jeden ein-zelnen Grenzwertes über die Passierbar-keit eines Durchlasses entscheidet, son-dern mehrere Einflussfaktoren, die jeweilsfür sich alleine die Passierbarkeit vonDurchlässen nicht beeinflussen, in Summeden Aufstieg von Fischen und Wirbellosenstärker behindern oder sogar vollständigunterbinden können, z. B.:● Hohe Fließgeschwindigkeiten oder ge-

ringe Wassertiefen, die über kurze Dis-tanzen überwunden werden können,können längere Durchlässe zu unpas-sierbaren Hindernissen werden lassen.

● Auch eine Kombination von hoher Strö-mungsgeschwindigkeit und geringerWassertiefe führt zu einer Verstärkungdes Barriereeffekts.

● Abstürze können auch von Bachforellennicht mehr überwunden werden, wennsich unterhalb keine ausreichende Was-sertiefe befindet, die es aufwanderndenFischen ermöglicht, die zum Sprung er-forderliche Geschwindigkeit zu errei-chen.

LiteraturADAM, B. & SCHWEVERS, U. (2001): Pla-nungshilfen für den Bau funktionsfähigerFischaufstiegsanlagen. – Solingen (Verlag Na-tur & Wissenschaft), Bibliothek Natur und Wis-senschaft 17, 65 S.

ATV-DVWK (Deutsche Vereinigung für Was-serwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.)(2004): – Fischschutz- und Abstiegsanlagen –Bemessung, Gestaltung, Funktionskontrolle. –Arbeitsbericht ATV-DVWK WW-8.1. – Hennef(GFA – Gesellschaft zur Förderung der Abwas-sertechnik e. V.) (in Druck).

BLESS, R. (1985): Zur Regeneration vonBächen in der Agrarlandschaft. – SchrR. Land-schaftspflege und Naturschutz 26, 79 S.

DVWK (Deutscher Verband für Wasserwirt-schaft und Kulturbau e. V.) (1996): Fischauf-stiegsanlagen – Bemessung, Gestaltung, Funk-tionskontrolle. – Bonn (Verlagsgesellschaft Gasund Wasser mbH), Merkblätter zur Wasserwirt-schaft 232, 120 S.

ELSTER, H. J. (1966): Über die limnologischenGrundlagen der biologischen Gewässer-Beur-teilung in Mitteleuropa. – Verh. internat. Verein.Limnol. 16, 759–785.

HALLE, M. (1993): Beeinträchtigung von Driftund Gegenstromwanderungen des Makrozoo-benthos durch wasserbauliche Anlagen – Studiezur Bewertung technischer Ein- und Ausbautenvon Fließgewässern. – Essen (Umweltbüro Es-sen), im Auftrag des LWA NRW, 106 S.

HÜTTE, M. (2000): Ökologie und Wasserbau –Ökologische Grundlagen von Gewässerverbau-

ung und Wasserkraftnutzung. – Berlin (PareyBuchverlag), 280 S..

LANGE, G. &. LECHER, K (1989): Gewässer-regulierung – Gewässerpflege. Naturnaher Aus-bau und Unterhaltung von Fließgewässern. –Hamburg (Verlag Paul Parey), 2. Auflage, 301S.

LIEBSCH, H., WEDEMEYER, A. & SCHOL-LE, J. (1995): Fischpassierbarkeit von Durch-lassbauwerken – wann fungieren Rahmen- undRohrdurchlässe als Barrieren? – Naturschutzund Landschaftsplanung 27, 165–168.

LONG, C. W. (1959): Passage of salmonidsthrough a darkened fishway. – US Fish Wildl.Serv, Spec. Sci. Rep. – Fisheries 300, 9 S.

ROGERS, A. & CANE, A. (1979): Upstreampassage of adult salmon through an unlit tunnel.– Fish. Management 10, 87–92.

SCHWEVERS, U.,. SCHINDEHÜTTE, K &ENGLER, O. (2001): Untersuchungen zur Pas-sierbarkeit von Durchlässen für Fische. – Kir-torf-Wahlen (Institut für angewandte Ökologie),im Auftrag der LÖBF NRW, 178 S.

SELLHEIM, P. (1996): Kreuzungsbauwerkebei Fließgewässern – Gestaltungsvorschläge fürDurchlässe, Brücken, Verrohrungen und Düker.– Informationsdienst Naturschutz Niedersach-sen 16, 205–208.

SLATICK, E. (1970): Passage of adult salmonand trout through pipes. – US Fish and WildlifeServ., Spec. Sci. Rep. Fisheries 92, 18 S.

THOMPSON, P. D. & RAHEL, F. J. (1998):Evaluation of artificial barriers in small RockyMountain streams for preventing the upstreammovement of brook trout. – North Am. J. Fish.Management 18, 206–210.

VORDERMEIER, T. & BOHL, E. (2000):Fischgerechte Ausgestaltung von Quer- undLängsbauwerken in kleinen Fließgewässern. –Schr.R. Landesfischereiverband Bayern 2 (Be-deutung und Wiederherstellung der Fließgewäs-servernetzung), 53–61.

Anschrift der VerfasserDr. Ulrich Schwevers, Dr. Beate Adam &Dipl.-Biol. Karin SchindehütteInstitut für angewandte ÖkologieNeustädter Weg 2536320 Kirtorf-WahlenE-Mail: [email protected]

Dipl.-Biol. Ludwig SteinbergLÖBF NRWDezernat: Aquakultur, FischereitechnikHeinsberger Straße 5357399 Kirchhundem-AlbaumE-Mail: [email protected]: www.loebf.nrw.de

Fischdurchlässe

ZusammenfassungZur Klärung der Frage, in wieweitDurchlässe (Brücken, Verrohrungen,Düker etc.) Wanderhindernisse für Fi-sche bedeuten, wurden im Herbst 2001insgesamt 32 verschiedene Durchlässein Forellenbächen des Rothaargebirgesuntersucht. Folgende Parameter wurdenauf ihre Wirkung als Wanderbarriereanalysiert: Sohlenstruktur, Länge derDurchlässe, Strömungsgeschwindigkeit,Wassertiefe, Absturzhöhe und Lichtver-hältnisse. Die gewonnenen Erkenntnissebeziehen sich im Wesentlichen aufBachforellen. Der ideale Durchlass be-steht daher aus einem lichten Brücken-bauwerk mit weniger als 50 MeterDurchlasslänge. Er weist ein durchge-hendes, natürliches Sohlensubstrat auf.Die Wassertiefe muß mindestens 0,07Meter betragen, die Strömungsge-schwindigkeit sollte 0,5 m/s nicht über-schreiten. Sohlabstürze im Unterwasserdürfen eine Höhe von 0,2 Meter nichtüberschreiten.Die Untersuchungen sollen an entspre-chenden Bauwerken in Flachlandgewäs-sern fortgesetzt werden.

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Dazu wurden im Jahr 2000 Elektro-befischungen an Probestreckenflussaufwärts und flussabwärts der

Kühlwassereinleitung durchgeführt unddie Ergebnisse einander gegenübergestellt.Unterschiede in Artenzusammensetzungund Abundanzen der Fischbestände wur-den auf ihre statistische Signifikanz hin un-tersucht.

Untersuchungsgebiet und ProbestreckenDie fast 40 Kilometer lange Lippestreckezwischen Benninghausen und Hamm(Abb. 2) ist hydrologisch und geologischrecht homogen. Das Flussbett befindet sichauf weiten Strecken auf gewachsenemMergel, der teilweise von Sand überdecktist. Überwiegend ist die Lippe ausgebautund mit Steinschüttungen entlang der Uferbefestigt. Naturnah strukturierte Bereichesind selten.Die Lippe selbst und die meisten ihrer süd-lichen Zuflüsse entspringen aus Karstquel-len. Folge davon sind zum einen eine rela-tiv gleichmäßige Wasserführung im Jah-reslauf (Mittelwasserabfluss bei Kesseler23 m3/s, mittleres Niedrigwasser 7 m3/s),zum anderen eine geringe saisonaleSchwankung der Wassertemperatur (mitt-lere Monatstemperatur bei Lippstadt zwi-schen 6 und 16 °C; STAWA LIPPSTADT1989). Seit 1969 besteht die Kühlwasser-einleitung des Kraftwerkes Westfalen beiUentrop. Eine Messreihe von 1973 bis1983 ergab eine Erhöhung der mittlerenMonatstemperatur der Lippe um 5 bis11 °C (Abb. 1); im Zeitraum danach bis1998 war das Ausmaß der Erwärmung ähn-lich. Die im Wasserrecht des Kraftwerkesfestgesetzte maximale Aufwärmspannebetrug bis 1998 15 °C. In den Jahren 1999und 2000 wurde sie auf 13 °C und in denJahren 2001 bis 2003 auf 10 °C reduziert.Seit dem 1. 1. 2004 beträgt die maximalzulässige Aufwärmspanne 7 °C (STUALIPPSTADT mdl.). Weitere Einleitungenin die Lippe und die drei Wehre im Unter-suchungsgebiet sind auf Abbildung 2 ein-gezeichnet.

Für die Untersuchung der Auswirkungender Abwärme-Einleitung wurde festgelegt,zum einen ausgebaute „Kaltwasser-Strecken“ mit ausgebauten „Warmwasser-Strecken“ zu vergleichen und zum anderennaturnahen „Kaltwasser-Strecken“ eben-falls naturnahe „Warmwasser-Strecken“gegenüberzustellen. Hintergrund dafür ist,dass die Untersuchung ausgebauter Probe-

strecken eine durchaus „typische“ Situati-on für Nordrhein-Westfalen wiedergibt.Zur Abschätzung der Auswirkungen derWarmwassereinleitung ist es jedoch unzu-reichend, lediglich ausgebaute Flussab-schnitte miteinander zu vergleichen, da de-ren Fischbestand aufgrund fehlenderStrukturvielfalt erhebliche Unterschiedezum naturnahen Zustand aufweisen kann.Daher berücksichtigt die vorliegende Un-tersuchung sowohl ausgebaute als auch na-turnahe Strecken. Aus folgenden Gründen wurden Probe-strecken nicht direkt flussaufwärts undflussabwärts der Einleitung des Kraftwer-kes gelegt:● Die Probestrecken würden im Rück-

staubereich des Wehres bei Haus Uen-trop liegen, so dass der Staueinfluss dieEffekte der Kühlwassereinleitung über-lagern könnte.

● Für eine Durchmischung des Kühlwas-sers mit dem Lippewasser ist eine ge-wisse Fließstrecke erforderlich.

Die Untersuchung der erwärmten Lippewurde daher zwischen Dolberg und Haa-ren durchgeführt. In diesem Abschnitt be-

Wärmeeinleitung und FischfaunaMargret Bunzel-Drüke und Matthias Scharf

Wärmeeinleitung in die Lippe:Auswirkungen auf die Fischfauna Für eine Kühlwassereinleitung in die Lippe bei Hamm-Uentrop sollten neue Anforderungen unter ande-rem auf Grundlage fischereibiologischer Erkenntnisse festgesetzt werden. Im Auftrag der Landesanstaltfür Ökologie sollte untersucht werden, welche Auswirkungen die Wärmeeinleitung auf die Zusammen-setzung der Fischfauna des Flusses gegenüber strukturähnlichen Vergleichsstrecken oberhalb der Einlei-tung aufwies.

Lippe flussabwärts des Kraftwerkes „Westfalen“ bei Hamm-Uentrop.Foto: M. Bunzel-Drüke

Abb. 1: Mittlere Monatstemperatur derLippe am Kraftwerk Westfalen 80 m ober-halb und 80 m unterhalb der Kühlwasser-entnahme, Jahresreihe 1973 – 1983 (Datenaus STAWA LIPPSTADT 1989).

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finden sich neben ausgebauten auch natur-nahe Strecken.Als Vergleichs- oder Referenzstrecken inder nicht erwärmten Lippe konnten Probe-strecken genutzt werden, die im Spätsom-mer 2000 aus anderen Gründen bearbeitetwurden. Es handelt sich um Befischungender folgenden Strecken:● vier renaturierte und sechs noch im Aus-

bauzustand befindliche Probestreckenzwischen Benninghausen und Lippborgim Auftrag des Staatlichen Umweltam-tes Lippstadt und des Kreises Soest(Monitoring-Untersuchung für Renatu-rierungsprojekte; ABU 1999–2001),

● sechs Probestrecken (entfesselt und aus-gebaut; teilweise nur ein Ufer befischt)flussabwärts Lippborg im Auftrag desLippeverbandes und der Landesanstaltfür Ökologie (Monitoring-Untersu-chung für Ufer-Entfesselungsmaßnah-men in der Disselmersch; LV & LÖBF2002).

Für die Abwärmeuntersuchung stehen alsounterhalb des Kraftwerkes vier Probe-strecken und oberhalb 16 Strecken zur Ver-fügung.

Material und MethodenDie Untersuchung der 16 „Kaltwasser“-Probestrecken fand zwischen dem 20. Au-gust und dem 14. September 2000 statt, dievier „Warmwasser“-Strecken wurden am6./7. Oktober befischt. Es wurde ein Gleichstrom-Elektrofische-reigerät vom Typ „DEKA 7000“ verwen-

det. Als Kathode diente ein Stahlseil,während die Anode durch den Rahmen desFangkeschers gebildet wurde (Abb. 3). Beijeder Probestrecke wurden die Flussmitteund beide Ufer mit dem Boot jeweilszunächst flussabwärts treibend und danachaufwärts mit Motor durchfahren, um mög-lichst alle Bereiche und Fischarten bzw.Altersklassen zu erfassen. Bei den renatu-rierten Lippeabschnitten E 1 – E 4 erfolg-ten wegen der gegenüber dem Ausbauzu-stand etwa dreimal so breiten Wasserflächeauf der Flussmitte jeweils zwei Befi-schungsdurchgänge. Ausgedehnte Flach-wasserzonen an sechs Strecken erfordertenzusätzliche Watbefischungen mit einemtragbaren Impulsstrom-Elektrofischereigerätvom Typ „DEKA3000“. Die geschilderteMethode eignet sichbesonders für den Fangvon Jung- und Kleinfi-schen, während größe-re Individuen gegen-über einer Befischungmit „Elektroharken-Anode“ unterrepräsen-tiert sein können.Für jede Probestreckewurden Dichten(Abundanzen) gefan-gener Fische (Catch perunit effort) berechnet,und zwar als Anzahlgefangener Individuenpro 100 m Flusslauf.Die tatsächlichen

Abundanzen liegen höher als diese „Fang-dichten“, aber die Elektrofischerei erfasstnur einen Teil der tatsächlich vorhandenenIndividuen. Bei der Prüfung der statistischen Signifi-kanzen wurden linke und rechte Hälfte je-der Probestrecke („linkes und rechtesUfer“) als unabhängige Stichproben be-handelt. Die Abundanzen an den Ufern be-ziehen sich jeweils auf die tatsächlich be-fischte Uferstrecke, deren Länge in Kurvenvon der in Flussmitte gemessenen Streckeabweicht (Tab. 1). Als statistischer Test bei der Auswertungder Abundanzen fand der U-Test von WIL-COXON, MANN und WHITNEY(SACHS 1978, DYTHAM 1999) Verwen-dung. Dieser verteilungsunabhängige Testist nicht so scharf wie beispielsweise der t-Test; da letzterer jedoch eine Normalver-teilung der Grundgesamtheit voraussetzt,die bei den vorliegenden Daten nicht unbe-dingt gegeben ist, wurde der U-Test einge-setzt.

ErgebnisseAn allen 20 untersuchten Abschnitten wur-den insgesamt 10 403 Fische und Rund-mäuler von 28 Arten festgestellt (Tab. 2).

Zusammensetzung der FischfaunaAbbildung 4 zeigt die prozentuale Zusam-mensetzung der Fischfauna in den drei Ab-schnitten „Dolberg“, „Lippborg“ und„Eickelborn“.Im naturnahen Warmwasserbereich „Dol-berg“ stellt der Ukelei etwa die Hälfte dergefangenen Fische; Döbel und Gründlingsind ebenfalls häufig. Die ausgebautenProbestrecken bei Dolberg weisen eineähnliche Artenzusammensetzung auf, al-lerdings erreicht der Döbel einen größerenAnteil als der Ukelei.

Wärmeeinleitung und Fischfauna

N

WehrHeessen

Hamm

Dolberg

Lippborg

Eickelborn

Glenne

Lippe Gieseler

Quabbe

Ahse

Ahse

Lippstadt

WehrUentrop

KühlwassereinleitungKraftwerk Westfalen

WehrBenninghausen

EinleitungKläranlageLippetal

EinleitungKläranlageLippstadt

Einleitungen KläranlageUentrop, Versand-schlachthof, Dupont

EinleitungKläranlageDolberg

A

A

Wehr

angeschlossenerAltarm

Bereich mitElektrofischerei-Probestrecken

ständigerStaueinfluss

Staueinflussbei Niedrig-wasser

A AA

A

AA A

Trotz-bach

0 1 2 3 4 5 km

Abb. 2: Überblick über das Untersuchungsgebiet: die Lippe zwischen Lippstadt undHamm mit Einleitungen, Stauhaltungen, größeren Zuflüssen und den Bereichen mit Elek-trofischerei-Probestrecken („Dolberg“, „Lippborg“ und „Eickelborn“; letzterer setztsich aus drei Teilbereichen zusammen).Die Stauwurzel des Wehres bei Haus Uentrop reicht bei Niedrigwasser bis zur Mündungder Quabbe, während es bei Mittelwasser so reguliert wird, dass der Rückstau etwa vierKilometer flussabwärts von der Quabbe endet (VOLLMER mdl.).

Abb. 3: Elektrobefischung mit Gleichstrom-Elektrofischerei-gerät und Kescher-Anode an einer Mergelbank bei Lippborg(Niedrigwasser). Foto: M. Bunzel-Drüke

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46 LÖBF-Mitteilungen 3/04

In den naturnahen Probestrecken des Ab-schnittes „Eickelborn“ sind Rotauge undGründling die häufigsten Arten; im ausge-bauten Bereich von Eickelborn dominierenAal und Gründling, das Rotauge ist selten.Der Abschnitt „Lippborg“ nimmt eineZwischenstellung zwischen den beiden an-deren ein. Die Artenzusammensetzungähnelt grundsätzlich der von Eickelborn,aber die Anteile von Döbel und Ukelei sindgrößer als bei Eickelborn, wenn auch beiweitem nicht so groß wie bei Dolberg.

Abundanz von ArtenBei welchen Arten bestehen absicherbareUnterschiede hinsichtlich der Anzahl ge-fangener Individuen pro 100 Meter Fluss-lauf beziehungsweise 100 Meter Ufer-strecke oberhalb und unterhalb der Kühl-wassereinleitung? In Tabelle 3 sind die Er-gebnisse des U-Tests für Unterschiedezwischen den Flussabschnitten „Eickel-born“ (kalt) und „Dolberg“ (warm) aufge-listet.Bei den meisten Arten steigt das Signifi-kanzniveau, wenn naturnahe und ausge-baute Probestrecken gemeinsam betrachtetwerden. Dies ist eine Folge der danngrößeren Zahl an Stichproben. Bei 15 Ar-ten lassen sich Dichte-Unterschiede zwi-

Wärmeeinleitung und Fischfauna

Lippe - Fluss- Länge in Ufer- Zeitpunkt der Exposition durchströmte Beschattung Datum der

Abschnitt km Flussmitte länge Umgestaltung des Ufers Steinschüttung des Ufers Befischung

li 150 m renaturiert Sommer 97 Prallufer 20%

re 105 m renaturiert Sommer 97 Gleitufer < 5%

li 150 m renaturiert Sommer 97 Gerade < 5% kleine Bucht

re 150 m renaturiert Sommer 97 Gerade 85%

li 150 m renaturiert Sommer 97 Gleitufer < 5% Sandbank

re 210 m renaturiert Sommer 97 Prallufer 90%

li 175 m renaturiert Sommer 97 Prall-/Gleitufer < 5% künstl. "Altarm"

re 200 m renaturiert Sommer 97 Gleit-/Prallufer X 30% Sohlrampe

li 150 m ausgebaut Gerade X 15% Mergelbank

re 150 m ausgebaut Gerade 70%

li 160 m ausgebaut Gleitufer 50%

re 180 m ausgebaut Prallufer X 10% Mergelbank

li 160 m ausgebaut Gerade/Prallufer X 65%

re 150 m ausgebaut Gerade/Gleitufer 80%

li 140 m ausgebaut Prallufer X 15%

re 115 m ausgebaut Gleitufer 90%

li 150 m ausgebaut Gerade/Prallufer X < 5%

re 140 m ausgebaut Gerade/Gleitufer 5%

li 150 m ausgebaut Gleit-/Prallufer < 5% z.T. Sandufer

re 150 m ausgebaut Prall-/Gleitufer X 5%

li 150 m ausgebaut Gerade 70%

re 150 m ausgebaut Gerade 50%

L 4 142,0 li 150 m entfesselt Jan 98, Herbst 99 Prallufer 5% 20.08.2000

li 150 m entfesselt Herbst 99 Gerade/Gleitufer 5% kleine Bucht

re 140 m ausgebaut Gerade/Prallufer 40%

L 6 141,5 li 150 m entfesselt Januar 98 Gerade < 5% 20.08.2000

L 7 141,0 li 150 m ausgebaut Gerade/Gleitufer 60% 25.08.2000

li 160 m entfesselt Herbst 95 Gleitufer 35%

re 180 m ausgebaut Prallufer X 30%

li 160 m teilw. naturnah Gerade 85% Bucht, Sandbank

re 150 m überw. naturnah Gerade 50% Sand-/Kiesbank

li 150 m ausgebaut Gerade 50%

re 150 m ausgebaut Gerade 20% z.T. Sandufer

li 100 m ausgebaut Gleitufer 80% Mergelbank

re 200 m ausgebaut Prallufer X 50%

li 260 m entfesselt Herbst 99 Prallufer < 5% kleine Bucht

re 190 m überw. naturnah Gleitufer 50% Sand-/Kiesbank

Besonderheiten NaturnäheNr.

D 4 130,5 225 m

170 m

150 m

L 5 141,5

07.10.2000

07.10.2000

150 m

13.09.2000

13.09.2000

20.08.2000

20.08.2000

25.08.2000

06.10.2000

06.10.2000

Do

lbe

rg

D 1 133,0 155 m

D 2 132,5 150 m

D 3 131,5

145 m

145 m

L 2 143,0 150 m

Lip

pb

org

L 1 144,0

L 3 142,0

L 8 140,0

E 8 150,0 130 m 14.09.2000

E 7 151,5 155 m 14.09.2000

E 6 155,0 170 m 15.09.2000

E 5 157,0 150 m 01.09.2000

02.09.2000

02./06.09.00

06.09.2000

16.09.2000

175 m

E 4 158,5 185 m

Ufe

r

Eic

kelb

orn

E 1 160,0 130 m

E 2 159,5 150 m

E 3 159,0

Tab. 1: Liste der Probestrecken und Datum der Elektrobefischungen; blau unterlegt: Lippe flussaufwärts der Abwärmeeinleitung, rotunterlegt: Lippe flussabwärts der Abwärmeeinleitung, grün unterlegt: naturnah, grau unterlegt: ausgebaut.

RL Art

Dolberg Lippborg Eickelborn Summe

3/3 Bachneunauge Lampetra planeri - 19 55 74

3/3 (Bach)Forelle Salmo trutta - 10 30 40

V/V Äsche Thymallus thymallus - 2 11 13

3/3 Hecht Esox lucius 33 24 29 86

3/3 Barbe Barbus barbus 7 127 37 171

*/* Brachsen Abramis brama - 2 1 3

*/* Döbel Leuciscus cephalus 1530 358 64 1952

- Giebel Carassius (auratus) gibelio - - 1 1

*/* Gründling Gobio gobio 450 591 657 1698

*/* Güster Abramis bjoerkna 312 1 - 313

*/* Hasel Leuciscus leuciscus 37 131 33 201

*/* Karpfen Cyprinus carpio 7 - 5 12

2/2 Nase Chondrostoma nasus 36 81 16 133

*/* Rotauge Rutilus rutilus 292 354 841 1487

3/3 Rotfeder Scardinius erythrophthalmus 22 1 1 24

V/V Schleie Tinca tinca 2 1 7 10

*/* Ukelei Alburnus alburnus 2087 156 25 2268

*/* Schmerle Barbatula barbatula - 15 503 518

2/3 Steinbeißer Cobitis taenia - - 14 14

1/1 Quappe Lota lota - 2 55 57

*/* Aal Anguilla anguilla 13 431 407 851

*/* Flussbarsch Perca fluviatilis 48 88 108 244

*/* Kaulbarsch Gymnocephalus cernuus 2 6 45 53

*/* Zander Sander lucioperca 3 3 - 6

- Gemeiner Sonnenbarsch Lepomis gibbosus 111 1 3 115

3/* Groppe Cottus gobio - 4 12 16

*/* Dreistachliger Stichling Gasterosteus aculeatus - 7 21 28

*/* Zwergstichling Pungitius pungitius - 8 7 15

4992 2423 2988 10403

Anzahl gefangener Individuen

Tab. 2: Liste der in der Lippe zwischen Benninghausen und Dolberg gefangenen Fischeund Rundmäuler. RL Gefährdungsgrad gemäß der Roten Liste (KLINGER et al. 1999):Westfälische Bucht/NRW. 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefähr-det, V = Vorwarnliste,* = ungefährdet, - = nicht einheimisch, daher keine RL-Einstufung.

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47LÖBF-Mitteilungen 3/04

schen nicht erwärmter und er-wärmter Lippe absichern. Sie-ben dieser Arten sind im war-men Wasser häufiger(Döbel, Güster, Karp-fen, Rotauge, Rotfeder,Ukelei, Sonnenbarsch)(Abb. 5), acht Arten er-reichen im kalten Was-ser höhere Dichten be-ziehungsweise kom-men ausschließlichdort vor (Bachneunau-ge, Bachforelle,Äsche, Schmerle,Quappe, Aal, Groppe,Dreistachliger Stich-ling (Abb. 6) und zu-sätzlich der knapp un-ter dem 5-Prozent-Niveau liegende Kaul-barsch). Die Gesamt-Fischdichte ist in dererwärmten Lippe höher als im kalten Fluss,wobei dieser Unterschied bei ausgebautenProbestrecken deutlicher ist als bei natur-nahen.Abbildung 7 zeigt die Mittelwerte derAbundanzen für 24 Arten in naturnahenund ausgebauten Probestrecken der dreiLippeabschnitte „Dolberg“, „Lippborg“und „Eickelborn“. Die Arten wurden ent-sprechend den in Tabelle 3 dargestelltenErgebnissen geordnet. Es wird deutlich,dass bei fast allen Arten, die signifikanteDichteunterschiede zwischen den Ab-schnitten „Eickelborn“ und „Dolberg“ auf-weisen, die wesentlichen Veränderungenzwischen „Lippborg“ und „Dolberg“ auf-treten. Die beiden Kaltwasserabschnitte„Eickelborn“ und „Lippborg“ sind sich al-so jeweils ähnlich, während sich die Fisch-dichten im Warmwasserabschnitt „Dol-berg“ von den beiden anderen stark unter-

Wärmeeinleitung und Fischfauna

Abb. 4: Artenzusammensetzung in den Lip-peabschnitten „Dolberg“, „Lippborg“und „Eickelborn“ im Spätsommer / Früh-herbst 2000.

EickelbornLippborgDolberg

kaltes Wasserwarmes Wasser

Döbel

Gründling

Rotauge

Ukelei

Aal

sonstige Arten

Fließrichtung der Lippe

natur-nah

ausge-baut

n = 3640 Individuen n = 1356 Individuen n = 2403 Individuen

n = 1352 Individuen n = 1067 Individuen n = 585 Individuen

Abb. 5: Ukelei (Alburnus alburnus) undGemeiner Sonnenbarsch (Lepomis gibbo-sus) profitieren von der Erwärmung desLippewassers. Fotos: M. Bunzel-Drüke

Abb. 6: Zu den Arten, die in der erwärmtenLippe selten sind oder völlig fehlen,gehören Aal (Anguilla anguilla) und Grop-pe (Cottus gobio). Fotos: M. Bunzel-Drüke

scheiden. Deutliche Abweichungen vondieser Beobachtung treten bei Rotauge undKaulbarsch auf: Hier unterscheidet sichder Abschnitt „Eickelborn“ von den beidennachfolgenden stärker als diese unterein-ander.Zusätzlich zu den Unterschieden zwischenwarmen und kalten Flussabschnitten las-sen sich auch Unterschiede zwischen na-turnahen und ausgebauten Abschnitten ab-sichern (Tab. 4). Zwölf Arten sind mindes-tens in einem der drei untersuchten Ab-schnitte (bzw. in dem aus „Eickelborn“

und „Lippborg“ zusammengefassten Ab-schnitt) in naturnahen Strecken signifikanthäufiger als in ausgebauten. Lediglich eineArt, der Aal, zeigt in naturnahen Probe-strecken geringere Dichten als in ausge-bauten. Die Gesamtzahl der gefangenenIndividuen liegt in naturnahen Bereichensowohl im kalten wie im warmen Wasserzumeist signifikant höher als in ausgebau-ten.

DiskussionDie Zusammensetzung der Fischfauna inden Abschnitten „Eickelborn“ und „Dol-berg“ unterscheidet sich deutlich. Im kal-ten Wasser dominieren Gründling, Rotau-ge und Aal, im warmen Wasser Döbel undUkelei. Bei acht (bis neun) Arten liegen die

Arten nur naturnah nur ausgebaut alle Strecken

Bachneunauge 0,05 n.s. 0,01

Bachforelle n.s. n.s. 0,05

Äsche n.s. n.s. 0,05

Hecht n.s. n.s. n.s.

Barbe n.s. n.s. n.s.

Döbel 0,01 0,01 0,001

Gründling n.s. n.s. n.s.

Güster 0,01 0,01 0,001

Hasel n.s. n.s. n.s.

Karpfen n.s. 0,01 0,01

Nase n.s. - n.s.

Rotauge n.s. 0,01 0,01

Rotfeder 0,05 0,05 0,01

Schleie - - n.s.

Ukelei 0,01 0,01 0,001

Schmerle 0,05 n.s. 0,01

Steinbeißer n.s. - n.s.

Quappe n.s. n.s. 0,01

Aal 0,01 0,01 0,001

Flußbarsch n.s. n.s. n.s.

Kaulbarsch n.s. n.s. n.s.

Sonnenbarsch 0,01 0,01 0,001

Groppe n.s. n.s. 0,05

Dreist. Stichling n.s. n.s. 0,05

Summe n.s. 0,01 0,01

Tab. 3: Unterschiede der Abundanz (An-zahl gefangener Individuen pro 100 mUferstrecke) von Arten in der nicht er-wärmten Lippe (Eickelborn) und in der er-wärmten Lippe (Dolberg); mit Angabe derSignifikanz bzw. des Signifikanzniveaus.nur naturnah: 4 naturnahe Probestrecken(= 8 Uferstrecken) Eickelborn gegen 2 na-turnahe Probestrecken (= 4 Uferstrecken)Dolberg, nur ausgebaut: 4 ausgebauteProbestrecken (= 8 Uferstrecken) Eickel-born gegen 2 ausgebaute Probestrecken (=4 Uferstrecken) Dolberg, alle Strecken: 4naturnahe + 4 ausgebaute Probestrecken(= 16 Uferstrecken) Eickelborn gegen 2naturnahe + 2 ausgebaute Probestrecken(= 8 Uferstrecken) Dolberg; n.s.: nicht sig-nifikant, -: keine bzw. zu wenige Fänge derArt; blau unterlegtes Feld: Art in der kal-ten Lippe (Abschnitt „Eickelborn“) häufi-ger, rot unterlegtes Feld: Art in der er-wärmten Lippe (Abschnitt „Dolberg“)häufiger.In einigen Fällen wurde das Signifikanzni-veau von p < 0,05 nur knapp verfehlt; dieunterschiedliche Dichte der Art in dernicht erwärmten und der erwärmten Lippewurde dann dennoch mit einer farblichenMarkierung des betreffenden Feldes ge-kennzeichnet.

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Wärmeeinleitung und Fischfauna

0

2

4

6 4 0,8 80

0

1

2

3

4

5

6

7

0

1

2

3

0

2

4

6

0

10

20

30

0

100

200

300

0

1

2

3

4

Arten mit höherer Abundanz im kalten Wasser

Abb. 7: Mittelwerte der Abundanz (Anzahl gefangener Individuen pro 100 m Flusslauf) in naturnahen undausgebauten Probestrecken der Lippeabschnitte „Dolberg“, „Lippborg“ und „Eickelborn“. (Die Ordi-naten der Diagramme weisen unterschiedliche Skalierungen auf, da sich die absoluten Fangzahlen derArten wesentlich unterscheiden). Anmerkung: Beim Rotauge liegt die Individuenzahl im naturnahen Be-reich „Eickelborn“ so hoch, dass das Ergebnis des U-Tests (sign. höhere Dichte in Dolberg!) intuitiv nichtverständlich ist. Der hohe Mittelwert wird jedoch im wesentlichen durch zwei Uferstrecken mit sehr ho-hen Dichten verursacht, während die anderen Strecken in Eickelborn niedrige bis sehr niedrige Dichtenaufweisen. Im Gegensatz dazu zeigen die Strecken in Dolberg gleichmäßig mittelhohe Dichten. Der U-Testberücksichtigt den Rang, nicht die absolute Größe von Werten.

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Dichten in der nicht erwärmten Lippe sig-nifikant höher, bei sieben Arten in der er-wärmten. Unter den letztgenannten befin-det sich der nicht autochthone Sonnen-barsch.Der zwischen den Abschnitten „Eickel-born“ und „Dolberg“ gelegene Abschnitt„Lippborg“ befindet sich flussaufwärts derKühlwassereinleitung, im Bereich derStauwurzel des Wehres bei Haus Uentrop.Die Fischfauna dieses Abschnittes weistwesentlich größere Ähnlichkeit zu„Eickelborn“ als zu „Dolberg“ auf. Aller-dings wandern offenbar einige Arten ausdem erwärmten Bereich vermehrt nach„Lippborg“ ein, wie die erhöhten Anteilevon Döbel und Ukelei in Abbildung 4 nahelegen. Bei Befischungen in Vorjahren wur-den wiederholt weitere „typische Warm-wasserarten“ gefangen, nämlich Sonnen-barsch und Amerikanischer Flusskrebs.Die Abwärme beeinflusst also nicht nur dieFischfauna flussabwärts der Einleitung,sondern in geringerem Umfang auch nahe-gelegene „Kaltwasserabschnitte“. Neben der Wassertemperatur ist die Na-turnähe des Flusses ein wesentlicher Fak-tor, der die Größe und Zusammensetzungdes Fischbestandes bestimmt (Abb. 8).Zum einen ist die Gesamtabundanz in na-turnahen Strecken höher, zum anderen tra-ten hier bei zwölf Arten signifikant höhereDichten auf als in ausgebauten Strecken.Vier dieser Arten waren in der nicht er-wärmten Lippe signifikant häufiger (Bach-neunauge, Bachforelle, Äsche undSchmerle), drei Arten in der erwärmtenLippe (Döbel, Rotauge und Ukelei). Beiden fünf Arten Barbe, Gründling, Hasel,Nase und Steinbeißer ließen sich keineAbundanz-Unterschiede zwischen kaltemund warmem Wasser absichern; diese Ar-ten scheinen somit stärker auf die Gewäs-serstruktur zu reagieren als auf die Wasser-temperatur.Nur eine Art – der Aal – erreichte in aus-gebauten Lippestrecken höhere Dichtenals in naturnahen, da er bevorzugt dieSteinschüttungen entlang befestigter Uferals Unterstände nutzt.Bei der Betrachtung der naturnahenStrecken wurden die verschiedenen „Ty-pen“ der Naturnähe nicht unterschieden. Inden Probestrecken vertreten sind Ufer, dienie befestigt worden waren, „entfesselte“Ufer, bei denen die Steinschüttung ent-nommen und die Wasserlinie in unter-schiedlichem Umfang modelliert wurde,und die umfassend renaturierte Lippe inder „Klostermersch“. Der Grad der Na-turnähe sowie der Zeitraum, der nach Um-gestaltungsmaßnahmen verstrichen ist, ha-ben offenbar auch einen Einfluss auf dieFischfauna. Dies könnte die bei einigenArten vorhandenen Abundanzunterschiedein naturnahen Strecken zwischen den Ab-schnitten „Eickelborn“ und „Lippborg“ er-klären (Abb. 7).

Bei der vorliegenden Untersuchung kön-nen Unterschiede in der Zusammenset-zung der Fischfauna kaum durch die Artder Probennahme verursacht worden sein,sondern nur durch Faktoren wie unter-schiedliche Befischungszeitpunkte oderUnterschiede in abiotischen Bedingungen,die das elektrische Feld oder den Fanger-folg beeinflussen können, zum BeispielLeitfähigkeit, Wassertemperatur, Abflussoder Trübung (REYNOLDS 1983). Während des gesamten, 49 Tage umfassen-den Befischungszeitraums herrschten ähn-liche Witterungsbedingungen. Die Leit-fähigkeit in der erwärmten und der nichterwärmten Lippe unterscheidet sich prak-tisch nicht (LUDWIG mdl.). Wassertiefeund Sohlsubstrat sind an den verschiede-nen Probestrecken variabel, aber zwischenden Strecken ober- und unterhalb derKühlwassereinleitung bestehen keinegrundsätzlichen Unterschiede, währenddies bei naturnahen und ausgebautenStrecken durchaus zutrifft.Ein erheblicher Unterschied besteht selbst-verständlich in der Wassertemperatur derLippe ober- und unterhalb des Kraftwer-kes. Die „Fängigkeit“ nimmt im warmenWasser etwas zu, jedoch nicht in einemsolchen Maße, das die sehr viel höherenAbundanzen zum Beispiel bei Döbel, Güs-ter und Ukelei im Abschnitt „Dolberg“ er-klären könnte. Niedrigere Dichten oder garein Fehlen von Arten in der erwärmten Lip-pe laufen dem Trend der besseren „Fängig-keit“ sogar entgegen.Die beobachteten Unterschiede in der Zu-sammensetzung der Fischfauna ober- undunterhalb der Kühlwassereinleitung sindalso mit großer Wahrscheinlichkeit nichtdurch Unterschiede in Probennahme oderProbestrecken bedingt.

Längszonierung des FlussesEs existiert keine „natürliche Grenze“ – et-wa der Übergang zwischen Barben- undBrachsenregion – in der Lippe innerhalbdes Untersuchungsgebietes. Einige Arten,die aktuell zwischen der Kühlwassereinlei-tung und Hamm nicht mehr vorzukommenscheinen, sind dort oder nicht weit flussab-wärts historisch belegt: Bachneunauge,Forelle, Äsche, Schmerle, Quappe undGroppe (HERWIG 1878, LANDOIS et al.1892, GIERS 1932). Selbst nahe der Mün-dung der Lippe in den Rhein konnten inden 1980er und 1990er Jahren Forelle,Schmerle, Quappe und Groppe nachgewie-sen werden (BUSCH & KREYMANN1998).

Strukturelle FaktorenGeologie und Hydrologie der hier betrach-teten Lippestrecke sind sehr homogen. DieUntersuchungsabschnitte „Eickelborn“und „Dolberg“ sind frei fließend, „Lipp-borg“ umfasst den Bereich der Stauwurzeldes Wehres bei Haus Uentrop. Die Fischar-tenzusammensetzung im Abschnitt „Lipp-

Wärmeeinleitung und Fischfauna Arten Eickelborn Lippborg Eick + Lipp Dolberg

Bachneunauge 0,05 n.s. n.s. -

Bachforelle n.s. 0,01 n.s. -

Äsche n.s. 0,05 n.s. -

Hecht n.s. n.s. n.s. n.s.

Barbe n.s. 0,01 0,05 n.s.

Döbel 0,05 0,05 0,05 n.s.

Gründling n.s. 0,05 0,01 n.s.

Güster - - - n.s.

Hasel 0,05 0,05 0,01 n.s.

Karpfen - - - n.s.

Nase n.s. n.s. 0,01 0,05

Rotauge 0,01 n.s. 0,01 n.s.

Rotfeder - - - n.s.

Schleie - - - n.s.

Ukelei 0,05 n.s. n.s. n.s.

Schmerle 0,01 0,01 0,001 -

Steinbeißer n.s. - 0,05 -

Quappe n.s. n.s. n.s. -

Aal n.s. n.s. 0,05 n.s.

Flußbarsch n.s. n.s. n.s. n.s.

Kaulbarsch n.s. n.s. n.s. -

Sonnenbarsch - - - n.s.

Groppe n.s. n.s. n.s. -

Dreist. Stichling n.s. n.s. n.s. -

Summe Fische 0,05 n.s. 0,01 0,05

Tab. 4: Unterschiede der Abundanz (Anz.gefangener Individuen pro 100 m Uferstr.)von Arten in naturnahen und ausgebautenLippeabschnitten; mit Angabe der Signifi-kanz bzw. des Signifikanzniveaus. Eickelborn: 4 naturnahe Probestrecken (8Uferstrecken) gegen 4 ausgebaute Probe-strecken (8 Uferstr.), Lippborg: 4 naturna-he gegen 9 ausgebaute Uferstrecken, Eick+ Lipp: 12 naturnahe Uferstrecken gegen17 ausgebaute Uferstrecken, Dolberg: 2naturnahe Probestrecken (4 Uferstrecken)gegen 2 ausgebaute Probestrecken (4 Ufer-strecken); n.s.: nicht signifikant, -: keinebzw. zu wenige Fänge der Art; grün unter-legtes Feld: Art in der naturnahen Lippehäufiger, grau unterlegtes Feld: Art in derausgebauten Lippe häufiger.In einigen Fällen wurde das Signifikanzni-veau von p < 0,05 nur knapp verfehlt; dieunterschiedliche Dichte der Art in natur-nahen und ausgebauten Lippeabschnittenwurde dann dennoch mit der entsprechen-den Markierung des betreffenden Feldesgekennzeichnet.

Ursachen für die Unterschiedein der FischfaunaWelche anderen Ursachen – außer der Ab-wärmebelastung – kommen für die beob-achteten Unterschiede in der Zusammen-setzung der Fischfauna der Lippe zwischenden Bereichen „Dolberg“ und „Eickel-born“ in Frage?

Methodenbedingte UrsachenDie Elektrofischerei ist zwar eine der bes-ten Methoden für die Untersuchung vonFisch- und Rundmaulbeständen, aber sieerfasst nur einen Teil der tatsächlich vor-handenen Individuen. Der Anteil gefange-ner Tiere ist zudem längen- und artabhän-gig, so dass das mit Hilfe der Elektrofi-scherei ermittelte Bild der Artenzusam-mensetzung und des Altersaufbaus von derGrundgesamtheit abweicht. Vergleichevon Datensätzen, die mit exakt methoden-gleichen Befischungen gewonnen wurden,erlauben jedoch Aussagen über die Unter-schiede zwischen den Datensätzen.

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borg“ ist jedoch derjenigen im Abschnitt„Eickelborn“ sehr ähnlich; Einflüsse desStaus sind nicht ersichtlich.Die Probestrecken wurden so ausgewählt,dass sie hinsichtlich Naturnähe bezie-hungsweise Ausbauzustand in den dreiFlussabschnitten „Eickelborn“, „Lipp-borg“ und „Dolberg“ vergleichbar sind.Verschiedene Kleinstrukturen kommen inProbestrecken in allen drei Lippeabschnit-ten vor (Tab. 1). Die Beschattung der Uferist unterschiedlich, aber in allen drei Ab-schnitten ist das gesamte Spektrum vomfast gehölzlosen bis zum überwiegend be-schatteten Ufer vertreten. Auch Strukturen außerhalb der untersuch-ten Probestrecken können die Zusammen-setzung der Fischfauna beeinflussen. EinBeispiel sind angeschlossene Altarme, dieeinige Cyprinidenarten als Winterlagerbenötigen. An der Lippe liegen an-geschlossene Altarme als potenziel-le Winterlager in allen drei Flussab-schnitten (Abb. 2).

Insgesamt gesehensind keine strukturel-len Unterschiede zwi-schen den untersuchtenLippeabschnitten er-sichtlich, die die fest-gestellten Unterschie-de in der Fischartenzu-sammensetzung er-klären könnten.

WasserqualitätDer Lippeabschnittzwischen Lippstadtund Hamm war – mitAusnahme einer be-grenzten Strecke imJahr 1974 – nie stärkerverschmutzt als Ge-wässergüteklasse II-III:● Im Abschnitt „Ei-

ckelborn“ wechseltedie Wassergüte inden 1970er Jahrenräumlich und zeitlich zwischen II, II–IIIund III. 1980 bis 1999 herrschte über-wiegend II vor; 1986 und 1994 wurdenTeilstrecken allerdings als II–III einge-ordnet.

● Der Abschnitt „Lippborg“ gehörte 1970zur Güteklasse II–III und wies seitdemdurchgehend die Klasse II auf. Ledig-lich 1994 erreichte die Güteklasse nurII–III.

● Die Wassergüteklasse im Abschnitt„Dolberg“ war bis 1974 konstant II–III,danach stets II. 1999 ist in diesem Be-reich auf der Gütekarte (BUITKAMP2000) allerdings nur II–III verzeichnet,was jedoch nicht in einer Änderung derWassergüte begründet ist, sondern in ei-ner Erweiterung des Bewertungsmaß-

stabes: Das durch die Kühlwassereinlei-tung verursachte Artendefizit senkt nundie Güteklasse von II auf II–III,während der Saprobienindex nach wievor Güteklasse II entspricht (LUDWIGmdl.).

Da der Abschnitt „Dolberg“ somit durch-gehend der „sauberste“ war, ist die Was-sergüte als Ursache für das Fehlen emp-findlicher Fischarten wie Forelle, Äscheund Groppe in diesem Bereich auszu-schließen.

BesatzmaßnahmenVon 1991 bis 2000 wurden folgende Artenvon der Lippe-FischereigenossenschaftLippborg, die den Flussabschnitt zwischenBenninghausen und Heessen bewirtschaf-tet, jährlich ausgesetzt (KRISCH schriftl.):

● Aal (1990: 2,5 kg Brut; 1991: 3 kg Brut;1995: 2 kg Brut; 2000: 4 kg Brut; je-weils Kesseler bis Heessen),

● Flussbarsch (1992 Lippborg bis Uen-trop),

● Zander (1991 bis 1993 Lippborg bisUentrop).

Die länger als zehn Jahre zurückliegendenBesatzmaßnahmen dürften keinen Einflussauf die im Jahr 2000 ermittelten Bestands-dichten haben; beim Besatz seit 1991 sindEinflüsse denkbar. Einige regelmäßig be-setzte Arten wurden in unterschiedlichenMengen flussauf- bzw. flussabwärts derKühlwassereinleitung eingesetzt: Bachfo-relle und Äsche nur im Kaltwasser, Karp-fen und Schleie fast ausschließlich imWarmwasser, Hecht und Aal in größererZahl im Warmwasser.Unter den 15 Arten, die signifikante Unter-schiede in den Bestandsdichten zwischen„Eickelborn“ und „Dolberg“ aufwiesen, istalso bei Bachforelle und Äsche im kaltenWasser und beim Karpfen im warmenWasser neben dem Einfluss der Kühlwas-sereinleitung auch ein Einfluss durch Be-satzmaßnahmen möglich.Der nicht jährlich eingebrachte Aal wurdeim warmen Wasser zwar in größerer Zahlals im kalten ausgesetzt; dennoch erbrach-te die Untersuchung im kalten Wasser we-sentlich höhere Abundanzen des Aals.Unter den Arten mit sporadischem Besatzist lediglich beim Rotauge ein Einfluss der1991 getätigten Besatzmaßnahmen zu dis-kutieren. In Anbetracht des langen Zeitrau-mes seit dem Besatz dürfte jedoch eineAuswirkung auf die im Jahr 2000 ermittel-ten Ergebnisse zu vernachlässigen sein.Es bleiben drei Arten, für deren unter-schiedliche Abundanzen im kalten und imwarmen Wasser im Jahr 2000 Besatzmaß-nahmen mitverantwortlich sein können.

Prädation und NutzungFischfressende terrestrische Tiere wie Kor-moran, Eisvogel und Graureiher kommenim gesamten Untersuchungsgebiet vor.Die gesamte Lippe wird – mit Ausnahmeeiniger kurzer Strecken in Naturschutzge-bieten – beangelt. Es ist nicht bekannt undauch nicht wahrscheinlich, dass die ver-schiedenen Angelvereine durch unter-schiedliche Fangmethoden oder gezieltesHegefischen die Fischbestände der bear-beiteten Lippeabschnitte unterschiedlichbeeinflussen. Einzige Ausnahme sind die1994 und 1995 von der Fischereigenossen-schaft im Raum „Eickelborn“ durchge-führten Aal-Abfischungen, bei denen derLippe mehrere 100 Kilogramm Aale ent-nommen wurden (KRISCH mdl.). In demFlussabschnitt, in dem die Abfischungsak-tionen stattfanden, waren die Aaldichtenim Jahr 2000 signifikant höher als in dererwärmten Lippe, wo keine Aale entnom-men worden waren.

Wärmeeinleitung und Fischfauna

Abb. 8: Einteilung von 24 Fisch- und Rundmaularten nach ih-rer Abundanz in Lippeabschnitten unterschiedl. Naturnähe undWassertemperatur im Spätsommer / Frühherbst 2000. (Bei ein-geklammerten Artnamen ist die Zuordnung nicht signifikant.)

höhere Dichte im keine eindeutige höhere Dichte im

naturnahen Fluss Zuordnung ausgebauten Fluss

Bachneunauge Quappe Aal

Bachforelle (Kaulbarsch)

Äsche Groppe

Schmerle Dreistachl. Stichling

Barbe Hecht

Gründling Schleie

Hasel Flussbarsch

Nase

Steinbeißer

Döbel Güster

Rotauge Karpfen

Ukelei Rotfeder

Sonnenbarsch

Naturnähe

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● Bachforelle (nur im „Kaltwasser“), ● Äsche (nur im „Kaltwasser“), ● Hecht (zwischen Lippborg und Hees-

sen),● Karpfen (nur in Altarme flussabwärts

Lippborg und in die Lippe bei Heessen), ● Schleie (bis 1997 wie Karpfen; 1992 zu-

sätzlich in die Lippe zwischen Lippborgund Uentrop).

Sporadischer Besatz fand mit folgendenArten statt:● Barbe (1992 Lippborg bis Uentrop),● Elritze (1991 flussaufwärts Lippborg),● Gründling (1991 Kesseler bis Heessen),● Nase (1992 Lippborg bis Uentrop),● Rotauge (1991 Lippborg bis Uentrop),

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Kurzfristige BestandsschwankungenIn der nicht erwärmten Lippe zwischenLippstadt und Lippborg finden seit 1993jährlich Befischungen mit standardisiertenMethoden statt (ABU 1999 bis 2001). Indiesem Zeitraum kamen zwar Veränderun-gen in der Häufigkeit verschiedener Artenvor, aber die Zusammensetzung der Fisch-fauna wies stets eine grundsätzliche Ähn-lichkeit auf. Das Jahr 2000 war nichtaußergewöhnlich. Einige Arten hatten ei-nen recht geringen Fortpflanzungserfolg(z.B. Döbel und Barbe), während von derQuappe sehr viele diesjährige (0+) Jungfi-sche registriert wurden (ABU 1999–2001).Befischungen der Landesanstalt für Fi-scherei zwischen Eickelborn und SchlossHeessen 1984 (STEINBERG 1984) erga-ben im Warmwasserbereich das Fehlenvon Bachforelle, Regenbogenforelle undÄsche. Höhere Dichten in der erwärmtenLippe wiesen wie bei der vorliegenden Un-tersuchung Döbel, Güster, Karpfen, Rotau-ge und Ukelei auf, weiterhin auch die Na-se. Bachneunauge, Quappe, Groppe undSonnenbarsch wurden überhaupt nichtnachgewiesen. Die Aaldichte schien sichzwischen Warm- und Kaltwasserabschnittnicht zu unterscheiden.Bei Befischungsergebnissen aus dem Jahr1996 in den Abschnitten „Lippborg“ und„Dolberg“ (BORCHARD 1997) zeigensich ebenfalls recht deutliche Übereinstim-mungen mit den im Jahr 2000 gewonnenenErgebnissen. In der erwärmten Lippe hat-ten 1996 Döbel, Güster, Ukelei und Son-nenbarsch höhere Dichten als in der „kal-ten“ Lippe, allerdings auch der Gründling.Die Aaldichte war im Kaltwasserbereichfast zehnmal höher als in der erwärmtenLippe. Untersuchungen durch KUSS(1999) im Warmwasserabschnitt der Lippeflussabwärts „Dolberg“ bestätigen auchhier geringe Aaldichten und außerdem dasFehlen von Bachneunauge, Forelle, Äsche,Schmerle und Groppe.Zusammenfassend bleibt festzuhalten,dass die im Jahr 2000 festgestellte unter-schiedliche Artenzusammensetzung in denAbschnitten „Eickelborn“ und „Dolberg“schon jahrelang in ähnlicher Form exis-tiert. Zwischen Mitte der 1980er und Mit-te der 1990er Jahre sind allerdings zweiwesentliche Veränderungen belegt: Deramerikanische Sonnenbarsch breitete sichin der erwärmten Lippe aus, und die Dich-te des Aals ging stark zurück.

AusblickDie Erwärmung der Lippe hat einen deut-lichen Einfluss auf die Fischfauna. Es sindjedoch keine Aussagen darüber möglich,ob die Wassererwärmung direkt auf die Ar-ten wirkt oder ob auch sekundäre Effekte,z. B. veränderte Nahrungsgrundlage oderKonkurrenzverhältnisse, eine Rolle spie-len. Beim Aal ist die Analyse der Ursachefür die Dichteunterschiede im kalten und

warmen Wasser besonders interessant, dasich die Unterschiede offenbar erst zwi-schen 1984 und 1996 manifestiert haben.

Literatur(ABU) ARBEITSGEMEINSCHAFT BIOLO-GISCHER UMWELTSCHUTZ im Kreis Soeste.V. (1999–2001): Jahresberichte über Betreu-ung und Monitoring in der Klostermersch 1998-2000 im Auftrag von Kreis Soest und Staatli-chem Umweltamt Lippstadt. – ABU, Bad Sas-sendorf-Lohne.

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Anschrift der VerfasserDr. Margret Bunzel-Drüke und Matthias ScharfArbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V. (ABU)Teichstr. 1959505 Bad Sassendorf-LohneE-Mail: [email protected]: www.abu-naturschutz.de

Wärmeeinleitung und Fischfauna

ZusammenfassungDie Untersuchung aus dem Jahr 2000weist nach, dass die Erwärmung der Lip-pe durch die Kühlwassereinleitung einendeutlichen Einfluss auf die Fischfaunahat. Dies betrifft sowohl ausgebaute alsauch naturnahe Probestrecken. Acht Arten fehlten im „Warmwasserab-schnitt“ bei Dolberg oder zeigten hiersignifikant niedrigere Dichten: Bach-neunauge, Bachforelle, Äsche, Schmer-le, Quappe, Aal, Groppe und Dreistach-liger Stichling, zusätzlich möglicher-weise auch der Kaulbarsch. Bei Bachfo-relle und Äsche können als Grund für ihrFehlen neben dem Einfluss der Erwär-mung auch Folgen von Besatzmaßnah-men nicht ausgeschlossen werden.Sieben Arten wiesen im Abschnitt „Dol-berg“ signifikant höhere Dichten auf alsin der nicht erwärmten Lippe: Döbel,Güster, Karpfen, Rotauge, Rotfeder,Ukelei und Sonnenbarsch. Lediglichbeim Karpfen ist eine Beeinflussung derbeobachteten Verteilung durch Besatz-maßnahmen wahrscheinlich. Bei den an-deren Arten dürfte allein die Kühlwas-sereinleitung Ursache für die größerenHäufigkeiten sein.Zwölf Arten waren in naturnahenStrecken signifikant häufiger als in aus-gebauten: Bachneunauge, Bachforelle,Äsche, Barbe, Döbel, Gründling, Hasel,Nase, Rotauge, Ukelei, Schmerle undSteinbeißer. Lediglich eine Art – der Aal– zeigte in naturnahen Probestrecken ge-ringere Dichten als in ausgebauten.

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Biber in NRW

Kaum eine Tierart hat die Menschenseit jeher so fasziniert wie der Bi-ber. Durch seine Fähigkeit zum

Damm- und Burgenbau und zur Gestaltungseines Lebensraumes fühlten sich die Men-schen dem Biber enger verbunden als vie-len anderen Tieren. Biber spielten einezentrale Rolle in der Mythologie der Na-turvölker und wurden bei einigen nord-amerikanischen Indianerstämmen als„kleiner Bruder“ verehrt (HINZE 1950;COLDIZ 1994).Mehr und mehr gerät der „kleine Bruder“aber auch in das öffentliche Interesse desNaturschutzes in NRW: Biber tragen durchihre Aktivitäten zu einer Entwicklung vonGewässerauen bei, die in ihrer Natürlich-keit durch keine Baumaßnahme zu erset-zen ist. In einer Zeit, in der unsere Fließge-wässer infolge von Ausbau- und Unterhal-tungsarbeiten ihre ökologische Funktions-erfüllung weitgehend verloren haben undHochwasserereignisse mit z. T. katastro-phalen Auswirkungen an der Tagesord-nung sind, kann dem Biber eine besondereBedeutung bei der Revitalisierung nord-rhein-westfälischer Fließgewässer-Biozö-nosen zukommen. Als Sympathieträger und Leitart von Ge-wässerauen bieten sich Biber zudem her-vorragend für die Öffentlichkeitsarbeit an.Jeder, der bisher das Glück hatte, die z. T.auffälligen und beeindruckenden Bauwer-ke der Tiere zu bewundern, weiß aus eige-ner Erfahrung um den hohen Natur-Erleb-niswert der Nagetiere. Die Rückkehr und die allmähliche Aus-breitung der streng geschützten Biber ma-chen es schließlich auch in NRW erforder-lich, ein funktionierendes und kreisüber-greifendes Bibermanagement zur Mini-mierung von Konflikten aufzubauen. Er-fahrungen aus dem hier beschriebenen Bi-beransiedlungsprojekt am Niederrheinkönnen dazu einen wichtigen Beitrag leis-ten.

Die Biberausrottung In historischer Zeit waren Biber in Nord-rhein-Westfalen weit verbreitet und besie-delten nachweislich die Flusssysteme vonRhein, Weser und Ems (VON LINSTOW1908, NITSCHE 1994). Ausschließlichdurch menschliche Verfolgung wurden Bi-ber hier wie fast überall in Deutschlandund Europa ausgerottet. Die Gründe für die Verfolgung des Biberswaren vielfältig: Das Fell der Tiere warsehr begehrt. Als Anpassung an seine se-miaquate Lebensweise weist es auf derOberseite ca. 12 000 Haare pro cm2 auf, ander Bauchseite wurden sogar 23 000 Haarepro cm2 gezählt (DJOSHKIN & SAVO-NOW 1972). Durch Verfilzung und Luft-einschlüsse wärmt der Biberpelz hervorra-gend und ist zudem stark wasserabwei-send.Auch das Fleisch des bis zu 30 kg schwe-ren Tieres wurde verzehrt. Viele Kno-

chenfunde von Bibern an Feuerstellen eis-zeitlicher Jäger zeugen davon, dass Castorfiber bereits während der Diluvialzeit aufdem Speiseplan des Menschen stand(LINDNER 1940). V. LINSTOW (1908)führt für die Provinz Westfalen Funde vonBiberknochen aus der Höhle von Balve,der Bilsteinhöhle bei Warstein und der Rö-senbecker Höhle östlich von Brilon an. DerJagddruck auf Castor fiber dürfte sichwährend des Mittelalters gerade in Nord-rhein-Westfalen noch verstärkt haben, alsdie katholische Kirche ihn aufgrund desgeschuppten Schwanzes sowie der aquati-schen Lebensweise kurzerhand zum„Fisch“ erklärte. Obwohl er seit eh und jeder menschlichen Ernährung diente, wirddie Deklaration seines Wildbrets zur Fas-tenspeise einen weiteren schwerwiegen-den Bestandseingriff nach sich gezogenhaben, da ihm nun verstärkt in der emp-findlichen Aufzuchtphase nachgestelltwurde.

Jungbiber. Foto: R. Bräsecke

Ingo Bünning, Rolf Bräsecke und Dietlind Geiger-Roswora

Biber (Castor fiber)in Nordrhein-Westfalen Naturnahe Gewässerauen brauchen Biber

Einst kamen Biber in allen Flusssystemen Nordrhein-Westfalens vor. Ausschließlich durch menschlicheVerfolgung wurden sie hier wie fast überall in Europa ausgerottet. Wiederansiedlungsprojekte sorgendafür, dass die semiaquaten Säugetiere zunehmend nordrhein-westfälische Gewässerauen besiedeln undgestalten. Mit der Rückkehr des Bibers ergeben sich aber nicht nur neue Perspektiven für einen umfas-senden Auen- und Gewässerschutz, sondern auch spezielle Anforderungen an ein zukünftiges Biberma-nagement für NRW.

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Neben der Nutzung von Fleisch und Felltrugen aber vor allem abergläubische Vor-stellungen um die Wirkung des sog. „Bi-bergeils“ oder Castoreums zur Ausrottungdes größten heimischen Nagetiers in NRWbei (BRÜNING 1896, ANT 1970). Das Bi-bergeil – ein Sekret der Analdrüsen – dientden Bibern u. a. zur Reviermarkierung. Inder mittelalterlichen Medizin sprach mandiesem Castoreum wundersame Heilkräftezu und man verwendete es gegen nahezualle Krankheiten. 1685 entstand eine „Cas-torologia“ mit über 200 verschiedenen Re-zepturen für Arzneien. Im Zuge der Biber-ausrottung wurde das Bibergeil schließlichso selten – und damit kostbar –, dass manes zeitweise sogar mit Gold aufwog(DJOSHKIN & SAVONOV 1972, vergl.auch BRÜNING 1896).Die erbarmungslose Jagd auf Castor fiberführte in Nordrhein-Westfalen dazu, dassdie Biberbestände etwa ab dem späten Mit-telalter einbrachen. Während Biber ausdem unmittelbaren Rheingebiet zu einemfrühen Zeitpunkt verschwanden, konntensie sich vor allem in den rechten Neben-flüssen des Rheins länger halten als in vie-len anderen Regionen Deutschlands: ● „1826 ließ die vorletzte Äbtissin des

Stiftes Cappel bei Lippstadt den Bau derletzten Biber, vielleicht als Hemmnisder Schifffahrt, zerstören, wobei zweiStück geschossen wurden“ (ALTUM,1867). An der Lippe scheinen sich Biberaber noch länger gehalten zu haben,denn BLASIUS (1857) gibt an, dass ersie „vor wenigen Jahren“ an der Lippebeobachtet habe.

● Über Bibernachweise aus dem Gewäs-sersystem von Ruhr und Möhne berich-ten u. a. ALTUM (1867), BRÜNING(1896), VON LINSTOW (1908) undANT (1970): So wurde 1821 ein Biberin Himmelpforten geschossen, 1822 einTier in Delecke gefangen, 1828 ein Ex-emplar zwischen Neheim und Hüstensowie 1831 ein Biber zwischen Günneund Himmelpforten erlegt. Zwi-schenzeitlich galt ein am 13. Mai 1840bei Stockum auf einer Wiese erschla-gener Biber als der Letzte Nordrhein-

Westfalens. Aber noch 1845 wurdenzwei Biber an der Möhne und 1847 einBiber in der Nähe von Neheim geschos-sen (BRÜNING 1896). HENNE-BÖH-LE (zit. in ANT 1970) führt noch einenBiber auf, der 1868 bei Bauarbeiten ander Möhnestraße zwischen Niederenseund Neheim erschlagen wurde. NachANT (1970) soll schließlich noch 1874ein Biber an der Möhne gesehen wordensein.

● Nach V. LINSTOW wurde der letzte Bi-ber Nordrhein-Westfalens 1877 an der

Zubereitung des Bibergeils Anwendungsweise gegen Leiden

äußerlichmit Weinauskochung Einreibung am Leib Gicht, Zittern, Lähmung, Wassersuchtmit Essig und Rosenöl Einreibung an Schläfe kalte Taubsucht, OhrensausenRauch Durch Nase einatmen fallende Siechtage, Geschwüre, Schwindelals Salbe Einreibung Schwindelals Salbe Einreibung im Nacken Gedächtnisschwäche nach Krankheitgestoßen mit Öl in das Ohr geträufelt Zahnschmerzen; zur Stärkung des Gehirnsgestoßen mit Öl über die Augen zur Stärkung des Gesichts

gestrichen

innerlichgepulvert unter die Zunge gelegt Zungenlähmungin Honigwasser eingenommen Blähungen und Leibschmerzen; Verstopfunggekocht mit Wein eingenommen „vertreibts alle Fieber, ist gut allen Krankheiten, so von Kälte

kommen, aber schädlich, was von Hitze ist“gekocht mit Wein und Rautensaft eingenommen Fallsuchtgekocht mit Wein, Raute und Salbei eingenommen Schlagflussgemischt mit Raute und Essig in die Nase gelassen Kopfschmerzenmit Pfeffer und Honigwasser eingenommen bringt Frauenzeit, treibt tote Geburt ausmit Poley getrunken eingenommen Lungenkrankheiten und Feuchtigkeit des kalten Hirnsin Essig eingenommen Gebärmutterschmerzen, Geburtsnötemit Wein, Honigwasser, Raute, Essig eingenommen Gifte (Insektenstiche, Schlangenbiss, Giftpflanzen)

Indikationen des Bibergeils nach GESSNER (1583) und LONICERUS (1578) zit. in HINZE (1950), verändert.

Biberlebensraum am Unteren Niederrhein. Foto: R. Bräsecke

Biber in NRW

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Werthauser Fähre bei Duisburg vonSchiffern erschlagen, nachdem er ausseinem Bau an der Möhne vertriebenwurde. ANT (1970) vermutet, dass essich dabei um das Tier gehandelt habenkönnte, das noch 1874 an der Möhne ge-sehen worden ist.

Heute zeugen noch viele Orts- und Ge-wässernamen von der einstmals weitenVerbreitung des Bibers in Nordrhein-West-falen (vergl. v. LINSTOW 1908). Die Aus-wertung des FließgewässertypologischenInformationssystems (LUA 2002) ergablandesweit 14 Fließgewässer, deren Na-men – u. a. „Biber“, „Bieber“ „Beber“,„Bever“, „Beverbach“ oder „BevergernerAa“ – auf eine einstige Besiedlung durchBiber hindeutet. Die Benennung von Ört-lichkeiten nach Tierarten ist dabei ein na-heliegender und oft bezeugter Vorgang,speziell, wenn es sich um Tierarten han-delte, die vom Menschen genutzt wurden

(SCHMIDT 1998). Auch eine Reihe vonOrtsnamen tragen den Biber als Namens-bestandteil. v. LINSTOW nennt für NRWu. a. „Ost- bzw. Westbevern“, „Bever-gern“, „Biewer“, „Bovert“ und „Beverun-gen“.Mit Ausnahme einer knapp 200 Tiere um-fassenden autochthonen Population desElbebibers, die im Bereich der MittlerenElbe die jahrhundertelange Verfolgungüberlebte, konnten sich Biber in NRW län-ger halten als in allen anderen RegionenDeutschlands! In diesem Sinne ist NRWein Land mit einer besonderen Bibertradi-tion.Die Kenntnis der ehemaligen Verbreitungdes Bibers, die Gründe seines Aussterbensund das Wissen um Lebensrauman-sprüche in Verbindung mit dem positivenEinfluss auf Gewässerauen-Biozönosenhaben in nahezu ganz Europa dazu geführt,Biber wieder einzubürgern.

In Nordrhein-Westfalen wurden in zweiunterschiedlichen Naturräumen Biber an-gesiedelt: Ab 1981 an Mittelgebirgsbä-chen in der Eifel und ab 2002 im Niede-rungsgebiet des Rheins im Kreis Wesel.

Biberansiedlungen in der EifelIn Nordrhein-Westfalen erfolgten Biber-ansiedlungen erstmalig 1981 im Gebiet desHürtgenwaldes in der Eifel (SCHNEIDER& SCHULTE 1985). Da die autochthonennordrhein-westfälischen Biberbestände im19. Jahrhundert vollständig vernichtetwurden, entschied man sich in Abstim-mung mit der Höheren ForstbehördeRheinland dafür, zunächst drei Biberpaareder osteuropäischen Biberrasse C. f. vistu-lanus am Mittellauf der Weißen Wehe aus-zusetzen. Dabei wurden ausschließlichdreijährige Farmbiber der Biberzuchtstati-on Popielno in Polen verwandt. Die Paar-bildung der Tiere erfolgte wenige Tage vordem Transport von Polen nach Deutsch-land, indem die Einzeltiere zusammenge-führt wurden (HEINZ 1982, HUNDT1994).Rückblickend ist die Auswilderung vonBibern der osteuropäischen Rasse C. f. vis-tulanus bedauerlich, da taxonomisch-zoo-geographische Aspekte nicht ausreichendberücksichtigt wurden (vergl. z. B. HEI-DECKE 1986, DUCROZ et al. 2003). Verluste und Abwanderungen einiger Tie-re in den ersten Jahren nach der Auswilde-rung führten dazu, dass der Erfolg der An-siedlung in der Eifel gefährdet schien, sodass im November 1985 zwei weitere Bi-bermännchen aus Popielno zugesetzt wur-

Biberlebensraum in der Eifel. Durch dieVerdämmung eines kleinen Baches kommtes zu einer drastischen Änderung der Ge-wässermorphologie. Foto: R. Bräsecke

Gegenwärtige Verbreitung des Bibers in NRW. Quelle: LÖBF

Biber in NRW

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den (FINK 2002). Weitere Verluste in denJahren 1986–1989 u. a. als Folge einerSchneidezahnanomalie und der Befürch-tung des verstärkten Auftretens dieserZahnanomalie als Folge geringer geneti-scher Variabilität durch enge verwandt-schaftliche Verhältnisse und Inzucht veran-lassten die Projektträger 1989 zu einer er-neuten Aussetzung von vier Bibern(SCHNEIDER zit. in HUNDT 1994). ImGegensatz zu den Aussetzungen von 1981und 1985 wurden 1989 keine Farmbiber,sondern Wildfänge ausgesetzt. Nach Problemen zu Beginn des Wiederan-siedlungsprojektes hat sich die Biberpopu-lation in der Eifel inzwischen konsolidiert.Die Nachkommen der Gründerpopulationbesiedeln inzwischen weite Teile der Rurund breiten sich zunehmend in angrenzen-de Regionen bis nach Belgien und in dieNiederlande aus. Der Bestand von C. f. vis-tulanus wird für NRW derzeit auf etwa 100Tiere geschätzt (FINK 2002), weitere ca.40–60 Tiere leben im Maasgebiet in denNiederlanden (NIEWOLD 2002).Die Biberansiedlung in der Eifel wurdeseit Beginn mit viel Engagement von Mit-arbeitern des Forstamtes Hürtgenwald be-gleitet.

Biberansiedlungen am Niederrhein im Kreis WeselIn Fortführung und Ergänzung eines in denNiederlanden begonnenen Wiederansied-lungsprojektes des Elbebibers (NOLET1992; NIEWOLD & MÜSKENS 2000)wurden unter Einhaltung der IUCN-Krite-rien zur Wiedereinbürgerung von Tierartenab Oktober 2002 14 Biber nördlich derStadt Wesel ausgewildert (BRÄSECKE &BÜNNING 2004). Projektträger der Biber-ansiedlung ist der Verein „Lebendiger Nie-derrhein e. V.“ Das Land NRW, die LÖBF,der Kreis Wesel und die Konrad-Krieger-Stiftung unterstützen die Biberansiedlung.Der Biberansiedlung gingen umfangreicheund langjährige Vorbereitungen voraus:Durch die Mitarbeit in der niederländi-schen Biberarbeitsgruppe war es möglich,die in einem vergleichbaren Naturraum ge-sammelten Erfahrungen auf das WeselerBiberprojekt zu übertragen. Ergänzt wur-den die Informationen der niederländi-schen Biberfachleute durch Empfehlungenund Hinweise der führenden Biberexper-ten aus Ost- und Westdeutschland. Auf der Grundlage einer breiten öffentli-chen wie fachlichen Zustimmung wurdenmit Genehmigung der zuständigen Behör-den des Landes NRW im Oktober 2002 zu-nächst zwei Biberfamilien mit insgesamt12 Tieren der Rasse C. f. albicus nördlichvon Wesel ausgewildert. Bei allen Bibernhandelte es sich um Wildfänge aus demGebiet der Mittleren Elbe. Neben den beiden Biberfamilien erhieltder Projektträger von der Biosphärenre-

servatsverwaltung Mittlere Elbe zusätzlichnoch zwei verwaiste Jungbiber für das An-siedlungsprojekt. Die Jungbiber waren in-folge des Katastrophenhochwassers an derElbe im Spätsommer 2002 verdriftet wor-den und hätten ohne ihren Familienver-band den kommenden Winter nicht über-lebt. Am Niederrhein wurde deshalb amUfer eines Auskiesungsgewässers ein Bi-bergehege errichtet, in dem die beiden klei-nen Biber von November 2002 bis Juni2003 gehalten wurden, bevor sie im Som-mer 2003 in die Freiheit entlassen werdenkonnten. Die Biberansiedlung im Kreis Wesel wirdumfassend wissenschaftlich-fachlich vomProjektträger begleitet.

● Besetzung von Biberlebensräumen mitder Unterart C. f. albicus vor der sichaus der Eifel ausbreitenden osteuropäi-schen Subspezies C. f. vistulanus,

● Information der Öffentlichkeit über Le-bensweise, Biologie und Lebens-raumansprüche des Bibers sowie übermögliche Konfliktbereiche und derenLösungsmöglichkeiten,

● Verringerung des Gefährdungspotenzi-als für Biber in der Kulturlandschaftdurch Umsetzung von Schutzmaßnah-men,

● Erhöhung der Akzeptanz gegenüberdem Biber durch einen Beitrag zumAufbau eines landesweiten Bibermana-gements.

Biber leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität von Gewäs-serauen. Von ihren Aktivitäten profitiern nicht nur zahlreiche seltene und bedrohte Tier-und Pflanzenarten, sondern letztendlich auch der Mensch. Fotos: R. Bräsecke

Ziele von Ansiedlungsvorhabenund Projektbegleitung:● Schließen einer Verbreitungslücke des

Elbebibers in Deutschland,

● Stützung der niederländischen Elbebi-berpopulation (Wiederherstellung einesgünstigen Erhaltungszustands des Bi-bers nach Art. 1 FFH-Richtlinie),

● Nationale und Internationale Zusam-menarbeit beim Schutz semiaquaterSäugetiere,

● Verbesserung der ökologischen Funkti-onserfüllung von Gewässerauen mit derLeitart Biber,

Gegenwärtige Verbreitung desBibers in NRWGegenwärtig existieren Bibervorkommender Rasse C. f. albicus in den Kreisen Kle-ve und Wesel mit einem Gesamtbestandvon maximal 15–24 Tieren. Biberansied-lungen der osteuropäischen Subspezies C.f. vistulanus kommen derzeit in den Krei-sen Aachen, Viersen und Düren vor. Nach und nach werden Biber weitere Ge-biete Nordrhein-Westfalens besiedeln.Vom Niederrhein aus kann C. f. albicusüber das Gewässersystem der Lippe nachOstwestfalen vordringen. Möglicherweiseerfolgt vom Niederrhein aus auch eineWiederbesiedlung von Teilen des Sauer-

Biber in NRW

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landes über das Flusssystem von Ruhr,Möhne und Lenne.Von der Maas aus werden Biber verstärktdie grenznahen Fließgewässer des nord-westlichen Rheinlandes besiedeln. Im Münsterland ist demnächst mit Biber-ansiedlungen über die Ems zu rechnen.Nach erfolgreichen Biberauswilderungenan der Hase im südwestlichen Niedersach-sen (SCHRÖPFER 1991) hat C. f. albicusdie Ems bei Lingen erreicht (KLENNER-FRINGES, mdl.). Da abwandernde BiberWanderstrecken von durchschnittlich 25km, in Ausnahmefällen auch bis zu 100 kmzurücklegen können (u. a. HEIDECKE &

IBE 1997), ist eine Besiedlung des Müns-terlandes in naher Zukunft möglich.

Der Einfluss von Bibern aufGewässerauenMit der allmählichen Rückkehr des Biberserhalten nordrhein-westfälische Gewässereinen wichtigen Initiator für die Herausbil-dung besonderer naturraumtypischer Ge-wässerstrukturen zurück. Den größten Ein-fluss werden Biber dabei auf Bachauen-Biozönosen ausüben können.Durch den Bau von Dämmen ist der Castorfiber in der Lage, den Wasserstand von

Bächen mit einer Wassertiefe von wenigerals 0,5 m anzuheben, damit die Eingängezu seinem Bau unterhalb des Wasserspie-gels liegen. In der Folge entstehen soge-nannte „Biberseen“ oder „Biberkolke“. InAbhängigkeit von der jeweiligen Topogra-phie und Talmorphologie kann sich derCharakter kleiner Bäche als Folge der Ver-dämmung ändern: Es kommt u. a. zu einerwesentlich längeren Verweildauer desWas-sers mit geänderten Sedimentations-verhältnissen (HARTHUN 1998, NAI-MANN 1988). Durch die Verdämmungkann der Grundwasserspiegel steigen undals Folge einer zunehmenden Vernässungder Aue eine Änderung der Vegetations-struktur bewirken (z. B. NUMMI 1989,GERKEN 1988, DJOSHKIN & SA-VONOV 1972). Mit den Biberseen treten in den Bachauenneue Wasserpflanzengesellschaften auf,Bäume können durch Überstau absterbenund es entstehen mehr oder weniger großeLichtungen. Stehendes und liegendes Tot-holz hat wiederum enorme Auswirkungenauf die gesamte Gilde der Totholz bewoh-nenden Tierarten und deren Konsumenten.In Abhängigkeit von der Größe der Biber-seen können diese u. U. sehr fischreichsein, wovon vornehmlich Säuger und Vö-gel profitieren. Auch kann Bibergewässerneine Bedeutung für Wasservögel als Nah-rungs-, Brut-, Rast- und Schlafplätze zu-kommen. Amphibien und Reptilien profi-tieren ebenso von Biberkolken wie eineenorme Anzahl von Evertebraten (vergl. z.B. HARTHUN 1998). Fallen Biberseentrocken, entstehen kurzzeitig Lebensräumefür Pionierarten, bevor als Folge von Suk-zession der Kreislauf allmählicher Wieder-bewaldung und Biberaktivität erneut be-ginnt.Fraßhölzer sowie Baumaterial von Biber-dämmen und -burgen gelangen ins Ge-wässer und bereichern dort als organischeStrukturen bzw. Ablagerungen die Vielfaltan Lebensräumen für holzfressende oderholzbewohnende Organismen. Gleichzei-tig wird durch das unterschiedlich großeTotholz die Strukturdiversität im Gewässererhöht. Organische Ansammlungen habenin Fließgewässern eine zentrale Bedeu-tung, da sie Lebensräume und Nahrungs-grundlagen für viele spezialisierte Gewäs-serorganismen darstellen.Biber können Fließgewässerauen abernicht nur in Bezug auf habitatspezifischeFaktoren positiv beeinflussen, sondern ih-nen kommt auch unter strukturellenAspekten eine besondere Rolle in Gewäs-serauen zu: Stürzen vom Biber gefällteBäume in ein Fließgewässer, kann das Tot-holz eine überragende Funktion für diemorphologische Gewässerentwicklungspielen, in dem eigendynamische Entwick-lungsprozesse initiiert werden. DiesesPrinzip wird zunehmend als Ergänzungbzw. als Alternative im naturnahen Was-Eine Wasserralle sucht am Biberfraßplatz nach Nahrung. Foto: R. Bräsecke

Verladen der Transportkisten mit den Bibern. Foto: R. Bräsecke

Biber in NRW

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Ein Haubentaucher hat zum NestbauFraßhölzer des Bibers verwandt.

Foto: R. Bräsecke

serbau zur Fließgewässerrenaturierung er-probt (vergl. hierzu z. B. HERING &REICH 1997, GERHARD & REICH2000 a, 2000 b). Hinsichtlich des langfris-tigen Ziels, die ökologische Funktionser-füllung von Fließgewässern gemäß denVorgaben der EU-Wasserrahmenrichtliniezu verbessern bzw. wiederherzustellen,können Biber eine Schlüsselrolle überneh-men.

Bibermanagement in NRWObwohl Biber lediglich einen schmalenUferstreifen von etwa 8–10 m Breite ent-lang von Gewässern nutzen, können sich inder intensiv genutzten Kulturlandschaftgelegentlich auch Interessenkonflikte er-geben. Diese treten nach Mitteilung desBAYERISCHES STAATSMINISTERI-UM FÜR LANDESENTWICKLUNGUND UMWELTFRAGEN insbesonderedort auf, wo aus heutiger Sicht natur-schutzfachliche Belange in der Landnut-zung außer Acht gelassen wurden und im-mer noch werden.Wo immer es aber zu Konflikten mit demBiber kommt, liegen die Ursachen in derVeränderung der Gewässerauen durch denMenschen und nicht im Verhalten der Na-getiere. In diesem Sinne zeigen uns dieTiere lediglich Fehler und Defizite bei derNutzung von Gewässerauen auf. Hier giltes, in enger Kooperation mit Gewässeran-liegern, der Wasserwirtschaft, behördli-chen und politischen Entscheidungsträ-gern langfristig Verbesserungen herbeizu-führen.In diesem Spannungsfeld zwischen Na-turschutz, Wasser-, Land- und Forstwirt-schaft kommt dem Bibermanagement einezentrale Rolle zur Akzeptanzerhöhung undzur Konfliktvermeidung bzw. -minimie-rung zu.Deshalb begann der Verein „LebendigerNiederrhein e. V. parallel zu den Vorberei-tungen zur Biberansiedlung im Kreis We-sel mit dem Aufbau eines Bibermanage-ments. Das Bibermanagement beinhaltetdabei folgende Schwerpunkte:Öffentlichkeitsarbeit: Zur Akzeptanzer-höhung erfolgte eine umfassende Infor-mation der Öffentlichkeit über Biologieund Lebensweise des Bibers, seiner Le-bensraumansprüche sowie der bestehen-den Möglichkeiten zur Konfliktvermei-dung bzw. Konfliktminimierung. Hierzuwurden Faltblätter erarbeitet, Vortragsver-anstaltungen abgehalten, Biber-Exkursio-nen durchgeführt, Publikationen abgefasst,Berichte in Tageszeitungen veröffentlichtund Beiträge zum Biberansiedlungsprojektim WDR-Hörfunk gesendet. Aktuell wirdeine Biberausstellung vorbereitet.Biberbetreuer (Netzwerk): Es stehen mitden Projektleitern Ansprechpartner zurVerfügung, die im Falle von Problemenund Konflikten kurzfristig Hilfestellung

leisten (z. B. Durchführung von Damm-drainagen, Einzelbaumschutz, Schutz vonObstkulturen). Analog dem Beispiel in an-deren Bundesländern (z. B. Sachsen-An-halt, Bayern) wird derzeit ein Biberbe-treuernetz aufgebaut. Ziel ist es, geradeauch Wasser- und Bodenverbände sowieJagdausübungsberechtigte und Forst-behörden mit in dieses Betreuernetz zu in-tegrieren.Biber-Monitoring: Die Kenntnis von be-stehenden Biberansiedlungen ist für dasEinschätzen potenzieller Ausbreitungswe-ge hilfreich. Nur so wird es möglich sein,Gewässeranlieger und Unterhaltungsver-bände rechtzeitig auf ggf. bevorstehendeBiberansiedlungen vorzubereiten undpräventive Maßnahmen durchzuführen.Biber-Arbeitsgruppe: Um einen Mei-nungsaustausch und Informationsfluss zugewährleisten, wurde eine projektbeglei-tende Biberarbeitsgruppe eingerichtet, inder u. a. Wasser-, Boden- und Deichver-bände, Vertreter der Landwirtschaft, Land-schafts-, Wasser- und Forstbehörden, dieLÖBF und Biologische Stationen vertretensind.Nationale und internationale Zusam-menarbeit: Das Bibermanagement um-fasst zudem eine notwendige Kooperationvorrangig mit ostdeutschen und niederlän-dischen Biberexperten. So sind bei der Fra-ge nach Bekämpfungsmethoden von Bi-sam und Nutria in Biber- und Fischotterge-bieten Erfahrungen aus anderen RegionenDeutschlands und Europas zum Schutz desstreng geschützten Bibers unverzichtbar (s.u.).Umsetzung von Schutzmaßnahmen fürden Biber: Eine besondere Gefahr für Bi-ber geht derzeit von Fallen zum Totfang

von Nutrias aus. Diesbezüglich konnte in-zwischen erreicht werden, dass die von dergesamten Jägerschaft geächteten undgemäß der Fangjagdverordnung NRW lan-desweit verbotenen Conibear-Fallen durchBisam- und Nutriafänger nicht mehr ein-gesetzt werden dürfen (nach Mitteilungdes MUNLV). Zusätzlich wird durch dieAufsichtsbehörden aktuell ein Verbot vonsog. Abzugsfallen zur Bekämpfung derNutria in Bibergebieten geprüft. Schließ-lich arbeitet der Projektträger an der Um-setzung von landesweiten Modellprojek-ten zur Optimierung von Durchlässen anStraßen, um zu verhindern, dass die ufer-gebundenen Säugetiere an den Kreuzungs-bauwerken das Gewässer verlassen (müs-sen) und bei der Überquerung von Straßenüberfahren werden.

FazitDas Bibermanagement als zentraleSchnittstelle zwischen den Interessen derWasser- und Bodenverbände, der Wasser-wirtschaft und dem Biotop- und Arten-schutz hat sich am Niederrhein durch diekooperative Haltung aller Beteiligten bes-tens bewährt. Es ist bekannt, dass sich füralle Probleme mit dem Biber Lösungs-möglichkeiten finden lassen (NITSCHE2003, DVWK 1997). Innerhalb kurzer Zeitist es zudem gelungen, auf der Grundlageeiner konstruktiven Zusammenarbeit Ge-fährdungspotenziale für Biber zu verrin-gern und die Basis für weitere Optimierun-gen zu legen. Nachdrücklich hat sich be-stätigt, dass sich mit dem SympathieträgerBiber die naturinteressierte Öffentlichkeitfür den Schutz und die Entwicklung vonAuelebensräumen begeistern lässt. Ande-rerseits bestehen seitens der Wasser- und

Vom Biber gefällter Baum. Foto: R. Bräsecke

Biber in NRW

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Bodenverbände Vorbehalte und Ängste,die sehr ernst genommen werden müssen.Die Akzeptanz gegenüber dem Biber wirdsich langfristig insbesondere dann steigernlassen, wenn biberkundige Ansprechpart-ner kreisübergreifend bzw. auf Landesebe-ne zur Verfügung stehen und potenziell Be-troffenen schnell und unbürokratisch ge-holfen werden kann. Deshalb ist es erfor-derlich, ein funktionierendes Biberma-nagement für ganz NRW aufzubauen. Hier bietet es sich an, den Biber verstärktin Naturschutz- bzw. Gewässerprogrammedes Landes NRW zu integrieren (z. B. Kul-turlandschaftsprogramm), um zusätzlichenHandlungsspielraum bei der Suche nachLösungen im Falle von Nutzungskonflik-ten zu erhalten. Um Interessenkonflikteaber dauerhaft auszuräumen, sollten Ge-wässerrandstreifen speziell in Bibergebie-ten verstärkt durch die öffentliche Handund/ oder Naturschutzstiftungen erworbenwerden, was sinnvoll durch ein Biberma-nagement unterstützt werden könnte.

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Anschrift der AutorenIngo BünningGereonstr. 2148145 MünsterE-Mail : ib.biopace@t-online .de

Dr. Rolf BräseckeAm Wäldchen 946485 Wesel

Dietlind Geiger-RosworaLÖBF NRWCastroper Str. 3045665 RecklinghausenE-Mail:[email protected]

Biber in NRW

ZusammenfassungBiber erhöhen durch ihre Aktivitäten dieBiodiversität von Gewässerauen undleisten einen wichtigen Beitrag zur Wie-derherstellung der natürlichen Auendy-namik.Nicht zuletzt aus diesen Gründen erfolg-ten nach der Ausrottung der autochtho-nen nordrhein-westfälischen Biberbe-stände ab 1981 Wiederansiedlungen derosteuropäischen Subspezies C. f. vistu-lanus in der Nordeifel und ab 2002 Aus-wilderungen des Elbebibers C. f. albicusim Kreis Wesel. Vor dem Hintergrundder sich nun abzeichnenden allmähli-chen Biberausbreitung in NRW sollteder Biber verstärkt in Programme desNatur- und Gewässerschutzes des Lan-des NRW integriert und das im KreisWesel begonnene Bibermanagementlandesweit aufgebaut werden.Schließlich erweisen sich Biber mitihren beeindruckenden Bauwerken unddem dadurch bedingten hohen Naturer-lebniswert überall als ausgesprocheneAttraktionen für naturinteressierte Nah-erholungssuchende. Als Sympathieträ-ger und Leitart von Gewässerauen för-dern sie damit wesentlich das Verständ-nis für die Natur und die ihr eigene Dy-namik.

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Die in Deutschland anfänglichstockend angelaufene Umsetzungder im Mai 1992 erlassenen Fauna-

Flora-Habitat-Richtlinie der EuropäischenUnion (Richtlinie 92/43/EWG) nähert sichim Hinblick auf die zunächst zu erfolgen-de Ausweisung von FFH-Gebieten als Be-standteil des europaweiten kohärentenNATURA 2000-Gebietsnetzes seinem vor-läufigen Ende. Bis November 2000 warenvom Land Nordrhein-Westfalen 493 Ein-zelgebiete mit einer Gesamtfläche von180 694 Hektar in zwei Tranchen benanntworden. Dies entspricht einem Anteil von5,3 Prozent der Landesfläche. Hinzu ka-men zur Komplettierung der NATURA2000-Kulisse eine Reihe von Vogelschutz-gebieten gemäß EU-Vogelschutz-Richtli-nie. Im Rahmen der Prüfung der Gebiets-vorschläge Nordrhein-Westfalens durchdie EU waren einige wenige Nachmeldun-gen (Gebietserweiterungen bzw. -neube-nennungen) erforderlich geworden. Insge-samt handelt es dabei um 24 Gebiete, sodass damit in NRW insgesamt 515 FFH-Gebiete mit einer Fläche von 183 821 Hek-tar (5,4 Prozent der Landesfläche) be-nannt wurden bzw. werden. Die gesamteNATURA 2000-Kulisse wird dann279 324 Hektar (8,2 Prozent der Landes-fläche) betragen.

Vorgaben zur Umsetzung derFFH-BerichtspflichtNeben der Ausweisung von Schutzgebie-ten zur Sicherung der in den Anhängen derRichtlinie genannten Lebensraumtypen(LRT) und Tier- und Pflanzenartenschreibt die Richtlinie auch eine regel-mäßige Zustandskontrolle fest, welche diein Artikel 2 Abs. 2 formulierte Vorgabe derGewährleistung oder Wiederherstellungeines günstigen Erhaltungszustandes vonLebensräumen und Arten überprüfen soll.So heißt es im Artikel 11 der Richtlinie:„Die Mitgliedsstaaten überwachen den Er-haltungszustand der in Artikel 3 genanntenArten und Lebensräume, wobei sie die pri-

oritären natürlichen Lebensraumtypen unddie prioritären Arten besonders berück-sichtigen.“ Laut Artikel 17 der Richtliniewird darüber hinaus festgelegt, dass in ei-nem sechsjährigen Turnus von den Mit-gliedsstaaten ein Bericht an die EU ange-fertigt wird. Dieser Bericht soll die imRahmen der Umsetzung der Richtliniedurchgeführten Erhaltungsmaßnahmenund deren Auswirkungen auf den Erhal-tungszustand von Arten und Lebensräu-men dokumentieren sowie die wesentli-chen Ergebnisse der in Artikel 11 gefor-derten Überwachung darstellen. Der Ter-min für den ersten Bericht nach Nennungder FFH-Gebiete und Übermittlung derGebietsdaten ist das Jahr 2006.

Genereller Aufbau derBewertungsmatrix1

Da die Berichte an die EU auf nationalerEbene bzw. auf der Ebene der biogeografi-

schen Regionen zusammengefasst werden,müssen die Daten vergleichbar sein und ei-ne ähnliche Struktur aufweisen.Durch einen Arbeitskreis der für Natur-schutz zuständigen Länderfachbehördenund des Bundesamtes für Naturschutz(BfN) unter dem Vorsitz der Länder Nord-rhein-Westfalen und Bayern wurde des-halb im Jahr 2001 ein aus den Anforderun-gen der FFH-Richtlinie abgeleitetes Mo-dell zur Erfassung und Bewertung des Er-haltungszustandes der Arten und Lebens-raumtypen entwickelt. Dieses Modell wur-de seitens der LANA (Länderarbeitsge-meinschaft „Naturschutz“ der Ministerien)im September 2001 als „Mindestanforde-rungen für die Erfassung und Bewertungvon Lebensräumen und Arten und dieÜberwachung“ beschlossen.Demnach wird der Erhaltungszustand an-hand von drei Parametern in die Katego-rien

FFH-BewertungThomas Hübner, Andreas Pardey, Michael Röös, Thomas Schiffgens und Georg Verbücheln

Bewertung der Erhaltungszuständevon FFH-Lebensraumtypen Ein Beitrag zur FFH-Berichtspflicht in Nordrhein-Westfalen

Das Land Nordrhein-Westfalen hat über 500 Gebiete als FFH-Gebiete vorgeschlagen. Gemäß Artikel 17und 11 der FFH-Richtlinie muss der EU alle sechs Jahre unter anderem über den Erhaltungszustand derzu schützenden Lebensraumtypen und Arten berichtet werden. Mit der hier vorgestellten Anleitung zurBewertung der Erhaltungszustände von FFH-Lebensraumtypen wurde für diese Aufabe eine wichtigeGrundlage vorgelegt.

Rheinaue bei Monheim mit natürlichem eutrophen Stillgewässer und Auenwald.Foto: T. Hübner

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60 LÖBF-Mitteilungen 3/04

A:hervorragender Erhaltungszustand,B: guter Erhaltungszustand,C: durchschnittlicher bis beschränkter Er-

haltungszustandeingestuft (vgl. Tab. 1). Die Parameter be-ruhen ebenso wie die Wertstufen A, B undC auf den von der Europäischen Gemein-schaft herausgegebenen Rechtsvorschrif-ten (97/266/EG) (Die Kommission der Eu-ropäischen Gemeinschaft 1997).Der Erhaltungszustand einer Lebensraum-typenfläche wird durch die Zusammenfas-sung der Einzelbewertungen der drei Para-meter zu einem Gesamtwert ermittelt.Hierbei werden folgende Algorithmen ver-wendet:Die Vergabe von A, B und C ergibt B. BeiDoppelnennungen wird die zweifach ver-gebene Kategorie als Gesamterhaltungszu-stand gewählt. Eine Ausnahme besteht,wenn ein Parameter mit C bewertet wird,in diesem Fall kann kein A als Gesamtbe-wertung vergeben werden. Folgende Bei-spiele sollen den Berechnungsmodus ver-deutlichen:

mata. Die vollständige Arbeit ist im Inter-net unter www.loebf.nrw.de zu finden.Die Anleitung wird seit 2002 bei allenLRT-Kartierungen in FFH-Gebieten ver-wendet. Ende 2002 und Anfang 2003 wur-den Workshops mit den kartierenden Bio-logischen Stationen und Planungsbürosdurchgeführt. Hierdurch konnten wertvol-le Präzisierungen eingearbeitet werden.

GrundsätzeDie Erfassung der Lebensraumtypen er-folgt auf der Grundlage der FFH Kartier-anleitung (LÖBF 1999).

haltungszuständen besteht. Das Bewer-tungsschema ist anzuwenden auf jede ein-zelne BT-Fläche eines FFH-Gebietes. JeLebensraumtyp in einem FFH-Gebiet kannes also zur Bewertung einer bis vielerTeilflächen kommen.In der Rubrik „Beeinträchtigungen“ wer-den alle Beeinträchtigungen genannt, dieobligatorisch zu berücksichtigen sind. (s.Tab. 2 und 3). Unter „Weitere Beeinträch-tigungen“ werden in den Bewertungsbö-gen Beispiele für Beeinträchtigungen auf-geführt, die zusätzlich bewertungsrelevantsein können.Es ist zu berücksichtigen, dass die vorlie-gende Bewertungsanleitung nicht jedentheoretisch denkbaren Einzelfall abdeckenkann. Im Rahmen der gutachterlichen Frei-heit kann in Einzelfällen durch die Kartie-rer von den Vorgaben abgewichen werden.Dies muss dann jedoch in jedem Einzelfallnachvollziehbar schriftlich begründet wer-den. Hierzu einige Beispiele:– LRT-Flächen können gegebenenfalls

aufgewertet werden, wenn sie innerhalbeines BT ein Mosaik mit anderen LRTbilden. Dies kann zum Beispiel zur Auf-wertung einer Heidefläche der Bewer-tungsstufe C führen, in die kleinflächigsehr gut ausgebildete Sandtrockenraseneingestreut sind.

– Der Teilwert „Vollständigkeit des LR-typischen Arteninventars“ in magerenFlachlandmähwiesen (LRT 6510) mitwenigen Kenn- und Trennarten aller-dings zusätzlich mit Arten der Kalk-Halbtrockenrasen (LRT 6210) kann un-ter Nennung der relevanten Arten aufge-wertet werden.

– In Einzelfällen können auch angrenzen-de BT’s bei der Bewertung eines LRTberücksichtigt werden, sofern sie be-wertungsrelevant sind, z. B. Röhrichte,Erlenwald, Großseggenrieder, die als ei-gene BT neben dem LRT 3150 (natürli-cher eutropher See) kartiert wurden.

Im Rahmen der Gebietsbewertung wird dieBewertung der einzelnen Teilflächen (BT)durch die LÖBF zur Fortschreibung derStandarddatenbögen nach einem Größen-klassenverfahren zu einer Gesamtbewer-tung je LRT und FFH-Gebiet zusammen-geführt.Eine überdurchschnittliche faunistischeBedeutung kann bei Vorliegen entspre-chender Daten zur Aufwertung des Ge-samtwertes führen.Ökologisch besonders relevante Störein-flüsse wie Entwässerung von wasserab-hängigen LRT (z. B. Feuchtwald), Zer-schneidung oder gravierende Auswirkun-gen von Freizeitaktivitäten, die sich zwarzum Kartierungszeitpunkt nicht erkennbarnegativ auf alle Bewertungsparameter aus-wirken, mittelfristig aber zu einer erhebli-chen Verschlechterung des Erhaltungszu-standes führen werden, können zu einerAbwertung des Gesamtwertes führen.

FFH-Bewertung

Habitatstrukturen A A A A A B B

Arteninventar B A B C A B C

Beeinträchtigung C B B C C C C

Gesamtwert B A B C B B C

Vollständigkeit

d. LR-typisch.

Habitatstrukt.

A

hervorrag.Ausprägung

B

guteAusprägung

C1

mittl. bis schlechteAusprägung

Vollständigkeit

d. LR-typisch.

Arteninventars

A

LR-typ.Arteninvent.

vorhand.

B

LR-typischesArteninventarweitgeh. vorh.

C1

LR-typ. Artenin-ventar nur in

Teilen vorhanden

Beeinträch-

tigung

A

geringB

mittelC1

stark

C2 irrevers.gestört; nichtregenerierbar

Tab. 1: Allgemeines Bewertungsschema zum Erhaltungszustand der LRT.

Auf der Grundlage dieser Vorgaben wirdseit 2002 in mehreren Bund-Länder-Ar-beitskreisen für die verschiedenen Lebens-raumtypen ein einheitlicher inhaltlicherMindestrahmen erstellt. U. a. für die Grün-land-LRT im weiteren Sinne liegen diesemit der Publikation von DOERPING-HAUS et al. (2003) vor.

Die NRW-AnleitungIm Mai 2002 wurde durch einen Arbeits-kreis der LÖBF* die hier vorgestellte An-leitung zur Bewertung der Erhaltungszu-stände von FFH-Lebensraumtypen auf derGrundlage des allgemeinen Bewertungs-modells fertiggestellt (LÖBF 2002). Sieenthält für alle 44 in NRW vorkommendenFFH-Lebensraumtypen Bewertungssche-

Vorkommen vom Mittelspecht können zurAufwertung des Erhaltungszustandes vonWald-Lebensraumtypen führen.

Foto H. König

Die nachstehenden Erläuterungen zur Be-wertung beziehen sich jeweils auf diegemäß Kartieranleitung definierten LRT.Danach sind als Teilflächen Biotoptypen(BT-Fläche) abzugrenzen. Eine Untertei-lung einer LRT-Fläche in mehrere BT-Flächen kann erforderlich sein, wenn dieFläche aus mehreren eindeutig abgrenzba-ren Teilflächen mit unterschiedlichen Er-

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61LÖBF-Mitteilungen 3/04

In der Rubrik Maßnahmen sollen alsGrundlage für die Erstellung einer Maß-nahmenplanung spezifisch für die jeweili-ge BT-Fläche Maßnahmen formuliert wer-den, die wesentlich zur Sicherung einesgünstigen Erhaltungszustandes (A/B) oderVerbesserung eines ungünstigen Erhal-tungszustandes (C) beitragen.

Beispiele

LRT 3260 – Fließgewässer mit Unter-wasservegetation Bei der Bewertung der Fließgewässer (s.Tab. 2) kann auf in Nordrhein-Westfalenim Auftrag des LUA entwickelte Verfahrenzurückgegriffen werden, die für die Be-wertung der Fließgewässerstrukturen, ih-res Arteninventars sowie ihrer Beeinträch-tigungen geeignet sind. Bei den Verfahrenzur Ermittlung der Gewässerstrukturgüte(LUA 1998) und zur Erfassung der aquati-schen Makrophyten (LUA 2001) wird dieBewertung anhand der Abweichung vomReferenzzustand des jeweiligen Leitbildesvorgenommen, wie dies auch in der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vorgese-hen ist. Durch die Verwendung dieser Ver-fahren ist gewährleistet, dass die im Rah-men des FFH-Monitorings erhobenen Da-ten gleichzeitig für die Datenerfassung imRahmen der Umsetzung der WRRL undumgekehrt genutzt werden können.Daten zur Biologischen Gewässergüte-klasse (relevant für die Rubrik Beeinträch-tigungen) liegen leider nur für einen Teilder FFH-Fließgewässer vor. Da weitereBeeinträchtigungen häufig schwer erkenn-bar sind, kann dieser Parameter nicht in al-len Fällen bewertet werden. In diesen Fäl-

len ergibt sich der Gesamtwert aus der Zu-sammenfassung der ersten beiden Parame-ter.

LRT 9110 – Hainsimsen-Buchenwald(Luzulo-Fagetum)Die Anzahl der Wald-LRT ist mit 10 imVergleich zu den insgesamt 44 LRT inNRW zwar vergleichsweise gering, sienehmen aber mit etwa 65 000 Hektar LRT-Fläche in den FFH-Gebieten im Vergleichzu ca. 83 000 Hektar Gesamt-LRT-Flächeden Hauptbestandteil ein. Eine besondereVerantwortung besitzt NRW für den Hain-simsen-Buchenwald (LRT 9110) mit ca.31 500 Hektar LRT-Fläche in den gemel-deten FFH-Gebieten.Zu diesem LRT gehören neben dem Luzu-lo-Fagetum im engeren Sinne auch die bu-chenreichen Ausbildungen des Periclyme-

no-Fagetum und des Maianthemo-Fage-tum (LÖBF 1999).Bei den Hainsimsen-Buchenwäldern (Tab.3) wurde wie bei anderen Wald-LRT einmöglichst einfaches Bewertungsverfahrenentwickelt. Die Moos- und Krautschichtbei Wald-LRT wurde nur dann in die Be-wertung einbezogen, wenn dies erforder-lich ist. Die Bewertungsanleitung enthältzusätzliche Erläuterungen zum Beispielzur Definition der Wuchsklassen, zum be-wertungsrelevanten Tot- und Altholz, LRTzur Entwicklung sowie LRT mit forstlichveränderter Baumartendominanz lebens-raumtypischer Gehölzarten. Danach kön-nen beispielsweise auch Stieleichenbe-stände auf Buchenwaldstandorte als LRT9110 eingestuft werden, da diese im Bu-chenwald zu den lebensraumtypischenGehölzarten zählen.

FFH-Bewertung

Naturnaher, strukturreicher Hainsimsen-Buchenwald in hervorragendem Erhal-tungszustand. Foto: T. Hübner

A –hervorragend B – gutC – durchschnittlich

bis beschränkt

Gewässerstrukturgüte-

klassen 1 und 21)

(einfacher Mittelwertder HauptparameterLaufentwicklung,

Längsprofil,Sohlenstruktur, Quer-

profil und Uferstruktur)

Gewässerstrukturgüte-

klasse 31)

(einfacher Mittelwertder HauptparameterLaufentwicklung,

Längsprofil, Sohlen-struktur, Querprofil und

Uferstruktur)

Gewässerstrukturgüte-

klasse 41)

(einfacher Mittelwertder HauptparameterLaufentwicklung,

Längsprofil, Sohlen-struktur, Querprofil und

Uferstruktur)

LR

-typ

isch

e S

tru

ktu

ren

Falls die relevanten Abschnitte in der GSGK unterschiedlichen Klassenzugeordnet sind, wird das gewichtete Mittel gebildet..

Voll

stän

dig

kei

t d

es

LR

-typ

isch

en

Art

enin

ven

tars

Die Vegetation ent-spricht vollständig in

Zusammen-setzung undVerbreitung dem

Leitbild oder weicht nurgeringfügig hiervon ab.

⇒⇒⇒⇒ sehr guter/guter

Zustand nach Wasser-

rahmenrichtlinie2)

Die Vegetation weichtin Zusammensetzungund Abundanz mäßig

vom Leitbild ab.

⇒⇒⇒⇒ mäßiger Zustand

nach Wasser-

rahmenrichtlinie2)

Die Vegetation weichtin Zusammensetzung

und Abundanz erheblichvom Leitbild ab.

⇒⇒⇒⇒ unbefriedigender

Zustand nach Wasser-

rahmenrichtlinie2)

Beein-

trächtig

-ungen

Biologische Gewässer-güteklasse I / I-II (vor-

handene Daten)

Biologische Gewässer-güteklasse II (vorhan-

dene Daten)

Biologische Gewässer-güteklasse II – III (vor-

handene Daten)

1) LUA–1998 - Merkblätter Nr. 14 Gewässerstrukturgüte in Nordrhein-Westfalen .-Kartieranleitung. Essen. 159 S.2) LUA–2001 - Merkblätter Nr. 30 Klassifikation der aquatischen Makrophyhten derFließgewässer in Nordrhein-Westfalen gemäß der Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Essen. 106 S.

Weitere Beeinträchtigungen:(nur vermerken soweit relevant)

mittel stark

DurchschneidungFreizeit- und Erholungsnutzung

Ges.bewertung der BT-Fläche (Aggregation obig. Einzelbewertungen nach Anleitung):

Maßnahmenvorschläge:

Tab. 2: Kriterien für die Bewertung des Erhaltungszustandes LRT Fließgewässer mit Un-terwasservegetation (3260).

C – mittel bis schlecht

Beein-trächti-gungen

Zusammensetzung und

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62 LÖBF-Mitteilungen 3/04

AusblickMit dem hier vorgestellten Bewertungsver-fahren wurde eine transparente Methodeentwickelt, um die Erhaltungszustände der44 in Nordrhein-Westfalen vorkommen-den FFH-Lebensraumtypen zu ermitteln.Das Verfahren bildet somit eine zentraleGrundlage für die zukünftigen Arbeitengemäß Artikel 11 (und damit auch 17) derFFH-Richtlinie. Dabei sollen laut Be-schluss der LANA alle seltenen LRT desAnhangs I sowie die seltenen Arten gemäßAnhang II der FFH-Richtlinie vollständig,die häufigen – dies betrifft v. a. diegroßflächig vorkommenden Wald-LRT –in einem geeigneten Stichprobenverfahren

in das Monitoring einbezogen werden. Fürdie Arten des Anhangs II wurden von derLÖBF ebenfalls entsprechende Bewer-tungsverfahren erarbeitet. Die Ergebnisseder Überwachung des Erhaltungszustan-des dienen auch der Fortschreibung derStandarddatenbögen.1 (s. auch DOERPINGHAUS et al. 2003)* AK-Mitglieder: M. Börth, Dr. H. Hinter-lang, T. Hübner, C. Michels, Dr. A. Neitz-ke, H. König, Dr. A. Pardey, U. Raabe, Dr.M. Röös, T. Schiffgens, Dr. G. Verbücheln,Dr. J. Weiss, Dr. R. Wolff-Straub.

LiteraturDIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHENGEMEINSCHAFT (1997): Entscheidung derKommission vom 18. Dezember 1996 über dasFormular für die Übermittlung von Informatio-nen zu den im Rahmen von NATURA 2000 vor-geschlagenen Gebieten. – Rechtsvorschriften97/266/EG: L 107/1 – L107/156.DOERPINGHAUS, A., VERBÜCHELN, G.,SCHRÖDER, E., WESTHUS, W., MAST, R. &NEUKIRCHEN, M. (2003): Empfehlungen zurBewertung des Erhaltungszustandes der FFH-Lebensraumtypen: Grünland. Natur und Land-schaft 78 (8), S. 337–342LUA (1998): Gewässerstrukturgüte in Nord-rhein-Westfalen. – Kartieranleitung. Merkblät-ter Nr. 14 Essen. 159 S. LUA (2001): Klassifikation der aquatischenMakrophyhten der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen gemäß der Vorgaben der EU-Wasser-rahmenrichtlinie. Merkblätter Nr. 30 Essen. 106S.LÖBF (1999): Kartierhilfe für die Erfassung derFFH-Gebiete in NRW. Recklinghausen, 90 S.LÖBF (2002): Anleitung zur Bewertung des Er-haltungszustandes von FFH-Lebensraumtypen.Recklinghausen, 48 S.

Anschrift der VerfasserThomas HübnerDr. Andreas Pardey Thomas SchiffgensLÖBF NRWDezernat: Biotopschutz, BiotopverbundCastroper Straße 3045665 RecklinghausenE-Mail: [email protected]@[email protected]: www.loebf.nrw.de

Dr. Georg VerbüchelnMinisterium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz desLandes Nordrhein-Westfalen (MUNLV)Schwannstraße 340476 Düsseldorf

Dr. Michael RöösNationalparkforstamt EifelUrftseestraße 34 53937 Schleiden-GemündInternet: www.nationalpark-eifel.de

FFH-Bewertung

ZusammenfassungIn diesem Beitrag wird die Methode fürdie Bewertung der Erhaltungszuständeder FFH-Lebensraumtypen in NRW an-hand der Kriterien Habitatsstrukturen,Arteninventar und Beeinträchtigungensowie das angewendete Bewertungsver-fahren vorgestellt.Sie ist eine wesentliche Grundlage zurErfassung von Daten im Rahmen derFFH-Berichtspflicht. Danach muss derEU über die Ergebnisse der Überwa-chung der Lebensraumtypen und Artenvon gemeinschaftlichem Interesse allesechs Jahre berichtet werden.

A – sehr gut B – gutC – durchschn.

bis beschränkt

LR-typische

Strukturen

hervorragende

Ausprägung

gute Ausprägung mittl.-schlechte

Ausprägung

a) WuchsklassenLR-typischer

Gehölze

Mindestens dreiWuchskl.; eine

davon muss starkesoder sehr starkesBaumholz sein.

Mindestens zwei Wuchs-klassen. Bei Vorhanden-sein von starkem o. sehr

starkem Baumholz ist eineWuchskl. ausreichend.

Eine derWuchsklassen

1 - 5

b) AltbäumeLR-typischerGehölze

≥ 6 / ha 1-5 / ha < 1 / ha

c) Starkes Totholz > 3 Stück / ha 1-3 Stück / ha < 1 Stück / ha

LR-typisches

Gehölzartenin-

ventar und spez.

wertbestimmende

Arten o. Artengr.

Gehölzarten: Fagus sylvatica, Quercus petraea, Quercus robur,Betula pendula, Sorbus aucuparia, Acer pseudoplatanus,

Sambucus racemosa, Ilex aquifolium, Carpinus betulus

fett: Dominanzbildner, unterstrichen: häufig im Vorwald und/oderPionierwald, kursiv: nur in spez. Ausb.

vollst. vorhanden weitgehend vorhanden teilweise fehlend

a) LR-typischeArten

Hauptschicht> 90% >80% >70%

LR-typische ArtenWeitere Schichten

>90% >80% >70%

Beeinträchti-

gungen

gering mittel stark

a) Eutrophierungs-/ Störzeiger

< 5 % 5 – 25 % > 25 %

Arten: Urtica dioica, Galium aparine, Rubus spec., Sambucusnigra, Rumex obtusifolius;

b) Befahrungkeine oder geringe

Schädenmittlere Schäden Starke Schäden

c) Wasserregime Keine HinweiseHinweise aufgeringfügige

Auswirkungen

Hinweise aufstarke

Auswirkungen

Weitere Beeinträchtigungen:(nur vermerken soweit relevant)

mittel stark

DurchschneidungFreizeit und ErholungsnutzungVitalität herrschende BaumschichtWild

Ges.bewertung der BT-Fläche (Aggregation obig. Einzelbewertungen nach Anleitung):

Maßnahmenvorschläge:

Tab. 3: Kriterien für die Bewertung des Erhaltungszustandes, Hainsimsen-Buchenwald(9110).

C – mittel bis schlecht

LR-typischeArten

HauptschichtLR-typische Artenweiterer Schichten

a)

b)

c)

a)

a)

b)

c)

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63LÖBF-Mitteilungen 3/04

Quellen, Sümpfe undMoore A. DOERPINGHAUS: Quellen, Sümpfeund Moore in der deutsch-belgischenHocheifel. Vegetation, Ökologie, Natur-schutz. Bundesamt für Naturschutz(Hrsg.), 2003, Angewandte Land-schaftsökologie Heft 58, 224 Seiten plus16 Vegetationskarten, ISBN 3-7843-3729-5, Preis: 16 Euro. Bezug: BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschafts-verlag Münster-Hiltrup, Tel.: 0 25 01/8 01-3 00.

reiche, die von einer Nutzung weitgehendausgespart blieben. In der vorliegenden Arbeit wird die Ökolo-gie der Quellen, Sümpfe und Moore an-hand der Vegetation, ausgewählter stand-örtlicher Parameter und indikativer Tierar-tengruppen charakterisiert. Der Zustandder Flächen wird aus naturschutzfachlicherSicht bewertet. Die gewonnenen Datenfließen ein in eine umfassende Darstellungder notwendigen Maßnahmen zum Schutzund zur Entwicklung der untersuchten,durchweg gefährdeten Biotoptypen.

stehen, sondern werden sehr konkret be-schrieben. Beispielsweise werden Min-destbreiten für Korridore zur Vernetzungisolierter Lebensräume angegeben, die jenach Ausstattung unterschiedliche Min-destbreiten aufweisen sollen. Den charak-teristischen Standortbedingungen wirdRechnung getragen, indem beispielsweiseunterschiedliche Gestaltungsvorschlägefür Nord- und Südseiten an Gebäuden vor-geschlagen werden: den hellen und war-men Standorten sollen trockene, nährstof-färmere Bedingungen und das weitgehen-de Fehlen einer räumlichen Strukturierungdurch Gehölze zugeordnet werden, denschattigeren und kühleren Standorten wie-derum feuchte, nährstoffreichere Bedin-gungen und das Vorhandensein von Gehöl-zen als räumliche Strukturen.Stadtnaturschutz ist dabei nicht nur auf dasErhalten, sondern verstärkt auch auf dasEntwickeln von Natur beschränkt. Insbe-sondere bei der Neuplanung von Wohnge-bieten sollte das Konzept stets mit in diePlanungen einfließen. Hier kann es schonheute nach bestehender Gesetzeslage ein-gesetzt werden. Ein Kapitel beschäftigtsich detailliert mit den erforderlichen Teil-planungen der Erschließung und Bebau-ung. Bei bestehenden, älteren Wohngebie-ten muss zunächst der Wert der bereits eta-blierten Biozönosen abgeschätzt werden,um eine möglicherweise nachteiligeStörung zu vermeiden. Die Umsetzung desKonzeptes ist ein Beitrag zu einer nachhal-tigen und zukunftsverträglichen Stadtent-wicklung, wie dies auf der Umweltkonfe-renz von Rio de Janeiro 1992 als Leitbildproklamiert wurde. C. Seidenstücker

Buchbesprechungen

Wo Grundwasser zu Tage tritt, können sichje nach den standörtlichen Gegebenheitenganz unterschiedliche Biotope ausbilden.So lassen sich in der Eifel sprudelndeQuellen ebenso antreffen wie sumpfigeFlächen, Moore und Nasswälder. Die Quellen wurden ehemals als Lieferantdes sauberen Trinkwassers, aber auch alsheilige Stätten verehrt und entsprechendschonend behandelt. Die Situation dergrundwassergespeisten Biotope hat sich inden letzten 50 bis 60 Jahren allerdingsdurch die Intensivierung der anthropoge-nen Nutzung grundlegend geändert. Ent-wässerungsmaßnahmen und anschließen-de landwirtschaftliche Nutzung oder dieAufforstung mit der nicht autochthonenFichte haben zur Verdrängung der Feucht-flächen geführt.Die für eine moderne landwirtschaftlicheNutzung unrentablen Flächen, zu deneninsbesondere die ortsfernen Feuchtstand-orte zählen, werden zu einem kleinen Teilallerdings noch heute extensiv bewirt-schaftet und stellen somit ökologisch be-sonders wertvolle Lebensräume dar. Zu-dem finden sich in der Hocheifel noch Re-fugien der natürlichen Quell- und Moorbe-

Naturschutzkonzeptfür WohngebieteFrank VOLG (2003): Biotopverbund inWohngebieten. Beiträge zur Umweltge-staltung A 154, 267 Seiten, ErichSchmidt Verlag GmbH & Co. Berlin.Biotopverbund ist ein Konzept, das als ei-ner der „erfolgsversprechendsten strategi-schen Ansätze“ des Naturschutzes be-zeichnet werden kann. Seine Anwendungwird von vielen Vertretern des Natur-schutzes propagiert. Trotzdem schon seitBeginn der 80er Jahre dem Arten- und Bio-topschutz im besiedelten Bereich größereAufmerksamkeit geschenkt wird, steht ei-ne praxisorientierte Übertragung des Bio-topverbundkonzeptes bis dato noch aus. Ausgehend vom allgemeinen Konzept desBiotopverbundes, das für Kulturlandschaf-ten bzw. intensiv bewirtschaftete Agrar-landschaften ausgelegt wurde, wird einspezielles Biotopverbund-Konzept fürWohngebiete entwickelt. Zu Beginn stehteine detaillierte Beschreibung der speziel-len Umweltbedingungen in Wohngebieten.Die Zersplitterung der Biotope ist sehrgroß, die menschlichen Einwirkungenführen zu schnellen und häufigen Ände-rungen der Lebensbedingungen, hohe Ver-siegelungsgrade, Absenkung des Grund-wassers, Überwärmung etc. führen häufigzu Extremstandorten. Trotz der teilweise ungünstigen Bedingun-gen findet man in Städten eine Vielzahl vonArten. Die verschiedenen Biotope derStadt sind jedoch von ganz unterschiedli-cher Bedeutung für die Artenvielfalt.Während beispielsweise die in den Städtenliegenden Bahngelände häufig wesentlichzum Artenreichtum beitragen, gelingt diesvielen Wohngebieten nur beschränkt. Eslohnt sich daher, hier Verbesserungsmög-lichkeiten zu entwickeln. In einem erstenSchritt werden nachvollziehbare Leitbilderund Ziele für den Biotopverbund in Wohn-gebieten aufgestellt. Die Ziele unterschei-den sich in solche, die die Vielfalt, die Ei-genart der Lebensräume und die speziellenAusgangsbedingungen berücksichtigen.Aus den Zielen leiten sich Maßnahmen fürdie praktische Anwendung ab. Diese blei-ben keinesfalls auf der abstrakten Ebene

Neues zum LandschaftsgesetzSTOLLMANN: LandschaftsgesetzNordrhein-Westfalen (LG). Kommen-tar, 8. Ergänzungslieferung, Stand: Juni2004. 114 Seiten, 16,40 Euro Gesamt-werk: 1010 Seiten, 79,40 Euro Kommu-nal- und Schul-Verlag GmbH & Co.KG, Postfach 36 29, 65026 Wiesbaden.Die Erläuterung des LG wird durch dieKommentierung der §§ 42 a bis 42 e wei-ter vervollständigt. Diese Paragrafen be-fassen sich u. a. mit Schutzmaßnahmen,Abgrenzung geschützter Flächen und demVeränderungsverbot. Die Texte im Anhang(OwiG, Abgrabungsgesetz, OBG, VwVGNRW) wurden auf den neuesten Stand ge-bracht. Neu aufgenommen wurden dieRichtlinien über die Gewährung von Zu-wendungen im Vertragsnaturschutz, dieRichtlinien über die Gewährung von Zu-wendungen zum Ausgleich der Interessenbei Ausweisung von Waldnaturschutzge-bieten, FFH-Gebieten und EG-Vogel-schutzgebieten und den RdErl. zu Natur-schutz und Landschaftspflege in Verfahrennach dem Flurbereinigungsgesetz.

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64 LÖBF-Mitteilungen 3/04

ArtenschutzprojektAuerhuhnNationalparkverwaltung BayerischerWald, (Hrsg.) W. SCHERZINGER(2003): Artenschutzprojekt Auerhuhnim Nationalpark Bayerischer Wald, 130Seiten, 7 Abb., 30 Tab., 119 Fotos; 1. Auf-lage Dezember 2003, 12 Euro ISBN 3-930977-27-3.Das „Artenschutzprojekt Auerhuhn im Na-tionalpark Bayerischer Wald“ war als Teileines großräumigen Stützungsprogram-mes konzipiert, das in Kooperation mitdem Bayer. Jagdverband und den Staatl.Forstämtern nahezu den gesamten InnerenBayerischen Wald sowie Teile des Böh-merwaldes umschloss. Von den ersten Ver-suchen im Lamer Winkel 1982 bis zur Be-endigung des Projektes 2000 wurden indieser Region insgesamt 1376 Auerhühnerfreigesetzt.Seit den Gründungsjahren des National-parks Bayerischer Wald wurde dem Auer-huhn Tetrao urogallus besondere Auf-merksamkeit zuteil: Zum einen gilt diesergrößte flugfähige Waldvogel als Charak-terart der naturnahen Bergwälder am Mit-telgebirgs-Kamm längs der bayerisch-böhmischen Grenze, zum anderen war esinteressant zu beobachten, wieweit sich dieEinstellung der Jagd und die der forstli-chen Nutzungen auf die Bestandsentwick-lung der hochgradig bedrohten Waldhüh-ner auswirken würden.Der Zoologe Dr. Wolfgang SCHERZIN-GER beschreibt in fünf Themenblöckenzum einen die Bestandsentwicklung desAuerhuhns auf 130 km2 Waldfläche des –älteren – Ostteils des Schutzgebietes fürden Zeitraum 1985 bis 2000, unterlegt mit11 Verbreitungskarten und Angaben zurBestandserhebung unter oftmals schwieri-gen Freilandbedingungen, und versucht ei-

ne Interpretation des örtlich sprunghaftenDichterückgangs als Reaktion auf zum Teildramatische Veränderungen im Waldgefü-ge.Mit Hilfe einer reichen Bebilderung ver-sucht der Autor einerseits die besonderenAnforderungen zu illustrieren, die der Le-bensraum im „rauen Waldgebirg“ den Au-erhühnern abverlangt. Zum anderen er-leichtern anschauliche Fotoserien das Ver-ständnis für die auffälligen Wandlungenvom Wirtschaftswald zur Waldwildnis, wiesie das Schutzgebiet infolge Nutzungsver-zicht bzw. Einwirkung von Sturm, Insek-tengradation und Pilzbefall heute namhaftprägen. In dieser breiten Zusammenschaugreift die Schrift deutlich über das ThemaAuerhuhn hinaus, unter Einbeziehunggrundsätzlicher Fragen zu Artenschutzbzw. Bestandsaustockung sowie aktuellerErkenntnisse zum Wandel des Biotopange-bots innerhalb einer naturgegebenen Dy-namik von Waldlebensräumen.

Partnership privates Kapital für Flächen-recycling mobilisiert werden kann.Weitere Informationen: www.difu.de/pu-blikationen/difu-berichte/2_03/artikel03.shtml.

Buchbesprechungen

Finanzierung vonFlächenrecyclingHrsg. von Stephan TOMERIUS, BaldurBARCZEWSKI, Judit KNOBLOCH &Volker SCHRENK 2003. 220 S., 23 Eu-ro, Difu-Materialien, Bd. 8/2003, ISBN3-88118-346-9, Dokumentation des 1.deutsch-amerikanischen Workshops„Economic Tools for SustainableBrownfield Redevelopment“.Bislang ungenutzte Flächen werden wei-terhin in großem Umfang für Siedlungs-und Verkehrszwecke in Anspruch genom-men, gleichzeitig wachsen Zahl und Größeder brachliegenden Flächen in den Städten.Vor diesem Hintergrund wurden auf sechsinternationalen Fachtagungen Chancenund Potenziale von Flächenrecycling(Brownfield Redevelopment) diskutiert.Soll dem weiteren Landschaftsverbrauchunter anderem durch die Revitalisierungvon innerstädtischen Brachflächen entge-gengetreten werden, so müssen in derkommunalen Praxis und dem wissen-schaftlichen Diskurs an erster Stelle Fra-gen der Finanzierung geklärt werden. DerBand dokumentiert die erste dieser Tagun-gen, die sich aktuellen deutschen und US-amerikanischen Strategien und Instrumen-ten der Finanzierung widmete, um unge-nutzte Flächen einer produktiven Nachnut-zung zuzuführen. Im Überblick werdenFörderinitiativen auf Bundes-, Landes-und kommunaler Ebene vorgestellt. Siebieten Entwicklungsoptionen für die Städ-te beider Länder und geben auf transatlan-tischer Ebene Impulse, brachliegende in-nerstädtische Flächen gezielt zu reaktivie-ren. Darüber hinaus werden anhand aktu-eller deutscher und US-amerikanischerFallbeispiele diverse Strategien und Finan-zierungsinstrumente vorgestellt, wie vorallem auch im Wege des Public Private

Gräser- und Kräuter-bestimmungsschlüsselErnst KLAPP, Wilhelm OPITZ VONBOBERFELD: Gräserbestimmungs-schlüssel für die häufigsten Grünland-und Rasengräser. Verlag Eugen Ulmer,Stuttgart: 2004, 5. korr. und neu bearb.Aufl., 84 S., 100 Abb., Preis: 12,90 EuroISBN 3-8001-4498-0.Ernst KLAPP, Wilhelm OPITZ VONBOBERFELD: Kräuterbestimmungs-schlüssel für die häufigsten Grünland-und Rasenkräuter. Verlag Eugen Ulmer,Stuttgart: 2004, 4. korr. und neu bearb.Aufl., 127 S., 265 Abb., Preis: 14,90 Eu-ro ISBN 3-8001-4497-2.

Der „Gräserbestimmungsschlüssel“ lieferteinleitende Informationen zur allgemeinenArtencharakteristik und stellt die speziel-len Merkmale der Süßgräser vor. Darüberhinaus werden die Unterschiede zwischenSüß- und Sauergräsern in blühendem undnichtblühendem Zustand beschrieben. An-hand des leicht verständlichen Bestim-mungsschlüssels und der Detailzeichnun-gen ist die Bestimmung unter Zuhilfenah-me des Randregisters leicht möglich.Der „Kräuterbestimmungsschlüssel“ hateinen ähnlichen Aufbau. Nach der Be-schreibung der Artencharakteristik und derspeziellen Merkmale der Kräuter werdenGruppenschlüssel unter anderem fürSchachtelhalme und Holzgewächse vorge-stellt. Die Bestimmungsschlüssel ermögli-chen die Bestimmung von Kräutern innichtblühendem Zustand. Auch diese Florabietet zahlreiche Zeichnungen und ein fürdie Bestimmung hilfreiches Randregister.Der „Gräserbestimmungsschlüssel“ undder „Kräuterbestimmungsschlüssel“, dieselangjährig bewährten und einzigartigenBestimmungshilfen, wurden korrigiert undneu bearbeitet und bilden zusammen eineunverzichtbare Einheit für alle, die Süß-gräser und Kräuter auf Grünland und Ra-sen bestimmen möchten.

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Statusbericht Flächen-und MaßnahmenpoolsC. BÖHME, A. BUNZEL, B. DEI-WICK, A. HERBERG & J. KÖPPEL(Hrsg.), 2003, 74 S., 15 Euro, Difu-Mate-rialien, Bd. 7/2003, ISBN 3-88118-345-0.Flächenpools sind ein relativ neues Instru-ment im Zusammenhang mit der Abwick-lung der Rechtsfolgen der Eingriffsrege-lung. Viele Städte haben begonnen, Kon-zepte für Kompensationsflächen und Ver-fahren zur Aktivierung dieser Flächen zuentwickeln. Auch eine Reihe von Land-kreisen greift die neuen Möglichkeiten aufund bietet den kreisangehörigen Gemein-den die Vermittlung und Entwicklung vonKompensationsflächen als Dienstleistungan. Flächenpools werden im regionalenMaßstab in Kooperation von Kommunenund zum Teil auch anderen Interessiertenaufgebaut. Landwirte entdecken die Mög-lichkeit, ihren Hof ganz oder teilweise fürAufwertungsmaßnahmen im Sinne derEingriffsregelung zu nutzen und damit po-tenziellen Kompensationspflichtigen imRahmen eines Flächenpools anzubieten.Industrieunternehmen und deren Immobi-lientöchter erwägen oder beabsichtigen,ehemals industrielle Flächen für Kompen-sationsmaßnahmen selbst oder durch ande-re nutzen zu lassen. Landgesellschaften,Bauernverbände, Naturschutzstiftungenprüfen zum Teil, ob sie eigene Flächen-pools entwickeln und Kompensations-pflichtigen als Dienstleistung anbieten,oder haben entsprechende Geschäftsfelderbereits aufgebaut. Es vermittelt sich derEindruck einer sehr vielfältigen Praxis, dersich bei genauerem Blick auf Ziele, Aufga-ben- und Organisationsstrukturen be-stätigt.Der hier vorgelegte Bericht basiert auf denErgebnissen einer im Auftrag der Deut-schen Bundesstitung Umwelt am 16. und17. September 2002 durchgeführten Sta-tuskonferenz, auf umfangreichen Vorarbei-ten sowie auf Auswertungen von Veröf-fentlichungen und sonstigen verfügbarenMaterialien.Untersucht wurde die Wirkungsweise vonFlächenpools zu folgenden Aspekten:– Ziele der Eingriffsregelung, – flächensparende und nachhaltige Sied-

lungsentwicklung,– Bodenpreise für Kompensations-

flächen,– Wirtschaftlichkeit, – kommunale und regionale Grün- und

Freiflächenentwicklung sowie Erho-lungsvorsorge,

– Landwirtschaft und Kompensationsauf-gabe,

– Akzeptanz bei den beteiligten Akteuren.Weitere Informationen über die Publikati-on unter: http://www.difu.de/publikatio-nen/difu-berichte/2_03/artikel06.shtml.

Köln und das WasserDETLEV ARENS: Das Wasser vonKöln. Streifzüge durch Natur, Kulturund Geschichte. 224 Seiten mit 120 far-bigen Abbildungen, Leinen mit Schutz-umschlag, ISBN 3-7743-0350-9, 21,90Euro.Wasser ist allgegenwärtig. So allgegenwär-tig, dass seine tragende Rolle oft kaumnoch wahrgenommen wird. Köln wurdenicht nur nah ans Wasser gebaut: SeineVerbindung zum nassen Element führtauch in die Tiefe der Kulturgeschichte. Au-tor Dr. Detlev Arens begibt sich daher inseinem neuen Buch im Greven Verlag Kölnauf die Spuren des „blauen Goldes“: An-schaulich erzählt er von der römischenWasserleitung als einer der bedeutendstenIngenieurleistungen der Antike, rücktBrunnen und Taufsteine, Bier und Wein inden Blick des Betrachters und lässt natür-lich auch den Rhein als Hauptader des köl-nischen Wirtschaftslebens nicht außerAcht. Der Leser taucht ein in schön erzähl-te Geschichten über das Hochwasser undWasserheilige, Tiere und Pflanzen und –nicht zu vergessen – über Eau de Cologne.Denn wo sonst hat sich ein ganz eigenesWässerchen mit dem Namen der Stadt ver-bunden?Arens eröffnet ein weites Panorama derBeziehungen von Stadt und Wasser: „Kölnam Rhein“ klingt wie Vor- und Familien-name. Doch es gibt mehr: Diese familiäreEinheit wird bereichert durch Bäche,Feuchtgebiete, ja sogar durch „Bagger-seen“. Die Metropole braucht große Men-gen Trink- und produziert gewaltige Men-gen Abwasser, ganz zu schweigen davon,dass Künstler aller Epochen auf die Be-deutung und Bildkraft des Elements set-zen.Das reich bebilderte Buch illustriert an-hand von vielen Beispielen, wie eng undtief Natur und Kultur ineinander greifen:

Schon das Wort „Schöpfung“ erinnert andiesen Zusammenhang. Kaum ein Bereichunseres Daseins, der nicht real oder bild-lich von ihm durchdrungen wäre. Damitbetritt Detlev Arens Neuland: Kein Buchkonnte bislang die engen Verzahnungenvon Kultur und Natur so eindrücklich undkonkret schildern, ohne dabei je der Engeund Schwere des wissenschaftlichenSprachgebrauchs zu verfallen: ein Lese-buch über Köln, ein Lesebuch über denGrundstoff des Lebens.

Buchbesprechungen

Umweltkompetenz alsKulturtechnikNikolaus FRANK (Hrsg.): Umweltkom-petenz als neue Kulturtechnik, Schrif-tenreihe des Zentralinstituts für didak-tische Forschung und Lehre, Auer Ver-lag Donauwörth 2002, 280 Seiten, ISBN3-403-03846-7, 14,90 Euro.Die lokalen Naturkatastrophen der jüngs-ten Vergangenheit haben auch den Mittel-europäern einmal unmittelbar vor Augengeführt, wie fahrlässig wir mit unserernatürlichen Umwelt umgehen. Die Stoff-kreisläufe der Erde sind weitgehend ihresnatürlichen Regulativs enthoben, sie wer-den mit zunehmender Bevölkerungsdichteimmer mehr von Menschenhand gestaltet.In Einklang mit der Natur leben zu wollen,heißt mittlerweile, die technische und dienatürliche Umwelt kontrolliert aufeinan-der abstimmen zu müssen. Dazu ist enor-mer Sachverstand in den verschiedenstenLebensbereichen nötig: beim Konsumebenso wie in der Produktion oder bei derLandschaftsplanung.Umweltkompetenz ist damit zu einer we-sentlichen Überlebensstrategie derMenschheit geworden und muss von je-dem Individuum in den unterschiedlichs-ten Lebenssituationen mitgetragen wer-den. Daher genügt es nicht, ein bestimmtesPotenzial von Umweltfachleuten auszubil-den. Umweltkompetenz muss – auf weithöherem Niveau als bislang – Allgemein-gut werden. Misst man die Bedeutung sogenannter allgemein bildender Lerninhaltean ihrer Bedeutung für Individuum oderGesellschaft, so dürfte eine umfassendeUmweltkompetenz für die gegenwärtigeund zukünftige Welt längst die Bedeutungvieler traditioneller Bildungsinhalte über-treffen.Wie Umweltkompetenz in der Schule ver-mittelt werden kann, zeigen in diesemSammelband auf 280 Seiten elf Autoren –vorwiegend Angehörige des Zentralinsti-tuts für didaktische Forschung und Lehreder Universität Augsburg – in 14 Beiträ-gen. Dabei geht es in einem ersten Teil umanthropologisch-pädagogische Aspekteder Genese von Umweltkompetenz,während sich ein zweiter Teil mit den Di-mensionen der Umweltkompetenz ausein-ander setzt.

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Borkenkäfer an Nadelbäumenaid-Heft „Borkenkäfer an Nadelbäu-men – überwachen und bekämpfen“,Bestell-Nr. 61-1015, ISBN 3-8308-0434-2, Preis: 2 Euro (Rabatte ab 10 Heften)zzgl. einer Versandkostenpauschale von3 Euro gegen Rechnung.

Thema Fledermäuse, bei vielen Menschenein mystisches Interesse. Die 2. Auflagewurde auch inhaltlich an aktuelle Erkennt-nisse angepasst.Das Faltblatt gibt zunächst einenÜberblick über die Biologie der heimi-schen Fledermäuse und nennt neben Grün-den für deren Gefährdung auch Schutzas-pekte sowie Besonderheiten im KreisCoesfeld. Mit dem Aufruf zur Meldungvon Beobachtungen an die aufgeführtenKontaktadressen sollen möglichst viele in-teressierte Bürger aktiv in den Fledermaus-schutz eingebunden werden. Der Text ist inverständlicher Form gehalten, um nicht nurFachleute anzusprechen, sondern auch beiLaien Interesse für Fledermäuse zuwecken. Allen Interessierten wird das Falt-blatt bei Zusendung eines frankiertenRückumschlages zugesandt.Bezugsadresse: Naturförderstation imKreis Coesfeld, Borkener Straße 13, 48653Coesfeld, Tel.: 0 25 41/95 25 30, E-Mail:[email protected], Internet:www.naturfoerderstation.de.

satz zur Ökologie als Wissenschaft – eingesellschaftliches Handlungsfeld, in demWertentscheidungen kulturelle Vorausset-zung für das (politische) Handeln sind. Da-her ist auch der ökologisch motivierte Na-turschutz weltanschaulich geprägt. Er ver-tritt oft unterschwellig konservative und zi-vilisationskritische Ziele, die Widerständein der Gesellschaft provozieren.Die Studie „Naturschutzbegründungen“(ISBN 3-7843-3839-9) ist ab sofort beimLandwirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup,für 14 Euro zu beziehen.

Informationsmaterial

In der Folge mehrerer Sturmwurfkatastro-phen und besonders begünstigt durch die lang anhaltende Hitzeperiode im Jahr2003 hat sich die Gefährdung der Wälderdurch Borkenkäfer sehr stark erhöht.Aktuell droht die bundesweit zu beobach-tende Massenvermehrung dieses Schäd-lings katastrophale Ausmaße anzunehmen.Umso wichtiger sind Gegenmaßnahmenzur Eindämmung der Schäden. Grundle-gende Voraussetzung ist hierbei die siche-re Bestimmung der Borkenkäferart und die Kenntnis der Bekämpfungsmöglich-keiten. Das neu aufgelegte und aktuellüberarbeitete Heft informiert den Praktikerausführlich über Befallsmerkmale und Lebensweise forstlich wichtiger Bor-kenkäferarten. Zudem werden kurz- undlangfristige Maßnahmen zur Schadensver-minderung im Rahmen einer integriertenBekämpfungsstrategie dargestellt.Bestelladresse: aid-Vertrieb DVG, Birken-maarstraße 8, 53340 Meckenheim, Tel.:0 22 25/92 61 46, Fax: 0 22 25/92 6118,Österreich: ÖAV, Achauerstr. 49 a, 2333Leopoldsdorf, E-Mail:[email protected],Internet: www.aid-medienshop.de.

Fledermäuse vor der Haustür„Heimische Fledermäuse – gefährdeteNachtjäger“, dieser Titel der neu aufgeleg-ten Broschüre der NaturförderstationCoesfeld weckt, wie auch das gesamte

Starke Argumente fürden Naturschutz Seit geraumer Zeit ist der Naturschutz mitgroßen Akzeptanzproblemen konfrontiert.Dies war der Auslöser, die vom Natur-schutz eingesetzten kulturellen, ethischen,ökonomischen und ökologischen Begrün-dungen einmal genauer unter die Lupe zunehmen. Beauftragt wurde ein interdiszi-plinär zusammengesetztes Team der TUBerlin, dessen Abschlussbericht nun vomBundesamt für Naturschutz publiziertwird. Das Autorenteam plädiert deshalb inseiner Studie für einen transparenten Um-gang des Naturschutzes mit seinen Wert-maßstäben. Die Wissenschaftler empfeh-len den Naturschützern, den Menschen indie Begründungen für den Naturschutzeinzubeziehen. Der Naturschutz ist mehrals die Summe aus Pflanzen, Tieren undLebensräumen. Es sei wichtig, sich wiedermit dem lebensweltlichen Zugang derMenschen zur Natur als Teil ihrer Heimatzu beschäftigen. Dabei könne aus politi-schen Gründen nicht einfach an die alteTradition des Heimatschutzes aus der Zeitvor dem Zweiten Weltkrieg angeknüpftwerden. Statt dessen sei dieser kulturell be-wusste, lebensweltliche Bezug im Kontextnachhaltiger Entwicklung neu formulie-ren, so die Autoren.Als Hauptgrund für das häufig negativeImage des Naturschutzes wird seine ein-seitige ökologisch wissenschaftliche Ori-entierung ausgemacht. Die Naturwissen-schaft Ökologie gilt als wertfrei. Es wirddaher davon ausgegangen, dass der ökolo-gische Naturschutz sachlich zwingend ist.Dennoch wird er in der Praxis oft nicht ak-zeptiert. Denn Naturschutz ist - im Gegen-

Naturnahes SchulgeländeSchulgelände – das war lange Zeit meistnur ein asphaltierter Schulhof. Doch vieleSchulhöfe lassen sich entsiegeln, naturnahumgestalten und durch Spielmöglichkeitenbereichern. Mit der „Beratungsmappe Na-turnahes Schulgelände“ der NUA wirdSchulen ein umfassender Leitfaden für diePlanung und Umsetzung von Projekten zurVerfügung gestellt. Auf 112 Seiten enthältdie Mappe praktische Tipps für den Pro-jektablauf und die Einbindung in den Un-terricht. Die Dokumentation erfolgreichverlaufener Praxisprojekte macht Mut, denersten Schritt zu wagen. Zahlreiche Farb-fotos veranschaulichen, mit welcher Be-geisterung Schülerinnen und Schüler na-turnahe Schulgelände gestalten und nut-zen.Die Neubearbeitung der erstmals 1990herausgegebenen Mappe trägt der gewach-senen Bedeutung dieser Arbeit Rechnung.Attraktive Schulgelände leisten einen Bei-trag zur Gewaltprävention. Praktisches Ar-beiten und Anpacken fördern die sozialeKompetenz der Schülerinnen und Schülerund ihre Bereitschaft zu verantwortlichemHandeln für die Umwelt. Viele Elemente

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dienen der Bewegungsförderung und derschulinternen Kommunikation. Freiluftun-terricht, Pausenaufenthalt, Ballspiele,Schulfeste und vieles mehr sind hier mög-lich. Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemenwie Energie, Wasser,Abfall und Ernährunglassen sich besonders praxisnah durchSchulgeländeprojekte in den Unterrichteinbeziehen. „Das Schulgelände der Zu-kunft wird im Sinne der Agenda 21 und ei-ner Bildung für Nachhaltige Entwicklunggestaltet und genutzt“, so Umweltministe-rin Bärbel Höhn und Schulministerin UteSchäfer im Vorwort zur Mappe.Bezug: Natur- und Umweltschutz-Akade-mie NRW (NUA), Siemensstr. 5, 45659Recklinghausen, Postanschrift: Postfach10 10 51, 45610 Recklinghausen, Tel.:0 23 61/3 05-0, Fax: 0 23 61/3 05-3 40, E-Mail: [email protected], Internet:www.nua.nrw.de.

lung nimmt einen zunehmenden Stellen-wert in der umweltpolitischen Diskussionein. Vorläufiger Höhepunkt dieser Ent-wicklung ist die Verabschiedung des Bun-des-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) alseigenständiges Gesetzeswerk.Zur Gewährleistung eines flächendecken-den Bodenschutzes sind in Ergänzung zurBodenschutzgesetzgebung eine Fülle be-stehender, seit längerem bewährter (fach-)gesetzlicher Bestimmungen anwendbar,zum Beispiel Bestimmungen des Natur-schutzes und des Baurechts. Wesentlicher

nur in einzelnen Teilräumen vorliegendenDatengrundlagen kein starres Schema vor-gegeben werden kann. Vielmehr ist regel-mäßig der jeweilige Einzelfall individuellzu betrachten, wobei häufig die Fachkundevon Experten erforderlich sein wird. Für die Bodenbewertung sind Methodennotwendig, mit denen Bodeninformatio-nen zu einer Wertaussage über den Bodenverknüpft werden können. Diese Arbeits-hilfe stellt die wesentlichen, derzeit zurVerfügung stehenden Methoden zur Be-wertung natürlicher Bodenfunktionen, derArchivfunktion des Bodens und der Bo-dengefährdungen in Bayern dar, erläutertdie notwendigen Eingangsparameter undbeschreibt die Vorgehensweise bei der Be-wertung. Die Einsetzbarkeit einer Metho-de hängt vor allem von der Verfügbarkeitder notwendigen Eingangsparameter ab.Für die Anwendung sachgerechter Bewer-tungsverfahren sind flächenrepräsentativeDaten zu wichtigen Bodenkennwertenwünschenswert, wie sie bei einer Boden-kartierung nach dem Standard der Boden-kundlichen Kartieranleitung KA 4 (AGBODEN, 1994) erhoben werden.

Informationsmaterial

Erfolgsmodell Vertragsnaturschutz In den letzten 20 Jahren hat sich der Ver-tragsnaturschutz von einzelnen Modell-projekten hin zu einem weithin akzeptier-ten Naturschutzinstrument entwickelt.Landwirte werden so für Leistungen in derLandschaftspflege gezielt honoriert. Überdie EU-Kofinanzierung konnte der Um-fang des Vertragsnaturschutzes in den letz-ten Jahren erheblich gesteigert werden. Allerdings hat die Unterstützung der EUdazu geführt, dass auch zahlreiche rechtli-chen Vorgaben der EU, insbesondere dasso genannte Integrierte Verwaltungs- undKontrollsystem (InVeKoS), zu überneh-men waren. In der Studie „Vertragsnaturschutz inDeutschland: Verwaltungs- und Kontroll-probleme sowie mögliche Lösungsansät-ze“ werden die Schwierigkeiten im Detailvorgestellt und konkrete Vorschläge zurVerbesserung der Situation formuliert. Die Studie ist kostenlos in gedruckterForm beim BfN, Konstantinstr. 110, 53179Bonn, erhältlich und auf der Homepagedes BfN (www.bfn.de) unter der Rubrik„Service/Veröffentlichungen“ abrufbar.

Schutzgut Boden BAYERISCHES GEOLOGISCHESLANDESAMT UND BAYERISCHESLANDESAMT FÜR UMWELT-SCHUTZ (Hrsg.) (2003): Das SchutzgutBoden in der Planung – Bewertungnatürlicher Bodenfunktionen und Um-setzung in Planungs- und Genehmi-gungsverfahren.Augsburg. 62 S., 17 Abb.,30 Tab. ISBN 3-936385-44-0, 6 Euro.Der Schutz des Bodens als weitgehendnicht erneuerbare Ressource und wesentli-ches Element einer nachhaltigen Entwick-

Ansatzpunkt sind dabei die in § 2 BBod-SchG genannten Funktionen des Bodens.Die Arbeitshilfe „Das Schutzgut Boden inder Planung“ richtet sich insbesondere anFachverwaltungen, die im Rahmen vonPlanungs- und Genehmigungsverfahrendie Belange des Bodenschutzes zu berück-sichtigen haben. Sie ist nicht als verbindli-ches Regelwerk zu verstehen, sondernvielmehr als Angebot, das an den jeweili-gen Einzelfall angepasst werden kann. DieFestlegung von Mindestanforderungenmuss weiterhin den für das jeweilige Pla-nungsinstrument beziehungsweise Verwal-tungsverfahren zuständigen Stellen vorbe-halten bleiben.Die vorliegende Arbeitshilfe besteht auszwei Teilen: Teil I stellt die gebräuchlichenPlanungs- und Genehmigungsverfahrendar, in denen neben anderen Belangen auchder Bodenschutz von Bedeutung ist. Eswird aufgezeigt, wie das Schutzgut Bodenin den einzelnen Verfahren behandelt wer-den kann, und welche Bodenfunktionenvon besonderer Bedeutung sind. Teil II erläutert die in Teil I empfohlenenMethoden. Dabei ist zu beachten, dass so-wohl hinsichtlich der verfügbaren Metho-den als auch insbesondere bezüglich der

„Aktion Grünes Band“Im Oktober 2003 fand in Kranenburg dievon der NABU-Naturschutzstation e.V. or-ganisierte deutsch-niederländische Konfe-renz „Natur ohne Grenzen“ statt. Sie standunter dem Motto „Wie funktioniert diegrenzüberschreitende Zusammenarbeit?“.Damit endete die erste Phase des durch IN-TERREG IIIA geförderten Projektes „Ak-tion Grünes Band/Aktie Groene Band“ derKooperationspartner NABU NRW und derniederländischen Vereniging Natuurmonu-menten.Auf der Veranstaltung, die NRW-Umwelt-ministerin Bärbel Höhn eröffnete, infor-mierten sich mehr als 150 Teilnehmer ausden Fachbereichen Naturschutz, Wasser-bau, Forst- und Landwirtschaft über dieChancen und Möglichkeiten des grenz-überschreitenden Schutzes von Natur undLandschaft. Diskutiert wurden auch dieAnknüpfungsmöglichkeiten des Biotop-verbundes nach § 3 BNatSchG und der„Ökologischen Hauptstrukturen“ in denNiederlanden. Ein weiteres Thema warenFinanzierungsmöglichkeiten für grenz-überschreitende Projekte. Außerdem prä-sentierten die vier im Projektverlauf vonVertretern aus Behörden und NGOs ge-gründeten regionalen Arbeitsgruppenmehr als 20 grenzüberschreitende Pilot-projekte, die in einer zweiten Projektphaseumgesetzt werden sollen.Ab sofort kann der Tagungsband zur Ver-anstaltung bei der NABU-Naturschutzsta-tion e.V., Bahnhofstr. 15, 47533 Kranen-burg, Tel.: 0 28 26/9 20 94, Fax: 0 28 26/9 20 98, oder unter [email protected] bestellt werden.

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Die LÖBF ist die Einrichtung des Lan-des Nordrhein-Westfalen für den Grünen Um-weltschutz. Ihre Kernaufgabe ist der Natur-schutz. Sie bietet neben wissenschaftlicherGrundlagenarbeit auch interdisziplinär erarbei-tete Lösungskonzepte für Landnutzungen an.

Sie gliedert sich in fünf Abteilungen:� Serviceleistungen� Mensch und Umwelt� Ökologie, Naturschutz und Landschaftspflege� Waldökologie, Forsten und Jagd � Fischerei und Gewässerökologie

Sie hat ihren Sitz in Recklinghausen mitAußenstellen in Arnsberg (Forstgenbank/Wald-arbeitsschule), Kirchhundem (Fischereidezer-nate), Bonn (Forschungsstelle für Jagdkundeund Wildschadenverhütung) und Düsseldorf(Druckerei),

untersteht dem Ministerium für Umweltund Naturschutz, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz (MUNLV) NRW,

nimmt in den Aufgabenbereichen Ökolo-gie, Naturschutz, Landschaftspflege, Forsten,Fischerei und Jagd Stabsfunktion für das Minis-terium wahr,

beschäftigt ca. 320 Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter mit speziellen Ausbildungenfür die vielfältigen Fachgebiete der einzelnenAbteilungen sowie im allgemeinen Verwal-tungsdienst und in der Datenverarbeitung.

Sie publiziert wissenschaftlicheGrundlagen in den LÖBF-Mitteilungen, in derLÖBF-Schriftenreihe und im Internet unterwww.loebf.nrw.de.

Sie informiert den Bürger über Inter-net, Infotelefon, Pressemitteilungen und Aus-stellungen.

Sie erfasst Grundlagendaten für den Bio-top- und Artenschutz, die Landschaftsplanung,den Waldbau, die Jagd und die Fischerei,

entwickelt landesweite und regionaleökologische Leitbilder und Fachkonzepte,

Landesanstalt für Ökologie,Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen

Postfach 10 10 5245610 RecklinghausenCastroper Straße 3045665 RecklinghausenTel.: 0 23 61/3 05-0Fax: 0 23 61/3 05-7 00Internet: www.loebf.nrw.deE-Mail: [email protected]

überprüft die Effizienz des Förderpro-gramms „Vertragsnaturschutz“ und der Natur-schutz- und Landschaftspflegemaßnahmen.

Sie setzt sich mit Fragen des ökologi-schen Waldbaus und moderner Waldbehand-lungsmethoden auseinander,

führt diese Arbeiten durch wissenschaftlicheBegleitung zu einem Höchstmaß an praktischerNutzanwendung,

sichert Genressourcen als Grundlage fürökologisch stabile Wälder.

Sie erarbeitet ökologisch ausgerichte-te Bewirtschaftungsmaßnahmen von Fischenund Wild sowie entsprechende Schutzmaßnah-men,

befasst sich mit der Verhütung von Wild-schäden,

untersucht Fische auf Krankheiten undFremdstoffe u. a. mit dem Ziel der Vermehrungund Wiedereinbürgerung bedrohter und ausge-storbener Arten.

Die NUA ist als Bildungseinrichtung desLandes bei der LÖBF eingerichtet und arbeitetin einem Kooperationsmodell eng mit den aner-kannten Naturschutzverbänden (BUND, LNU,NABU) zusammen,

veranstaltet Tagungen, Seminare, Lehr-gänge und Kampagnen für unterschiedlicheZielgruppen mit dem Ziel der Zusammen-führung von Interessengruppen und der nach-haltigen Entwicklung des Landes,

bildet fort durch Publikationen, Ausstel-lungen, Poster, Dia-Serien und Informations-blätter. Lumbricus – der Umweltbus – dientvor allem Schulklassen als rollendes Klassen-zimmer und mobile Umweltstation.

Nr. 3/200429. Jahrgang

LÖBF-Mitteilungen

Landesanstalt für Ökologie,Bodenordnung und ForstenNordrhein-Westfalen

K 2840 F