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(Aus der Uni~rersitits-Augenklinik K61n. -- Stellvertretender Leiter: Prof. Cords.) Bewegungsnaehbild und optokinetisches Augenrucken. Von Richard Cords. In einer jiingst in diesem Archiv ersehienenen Arbeit stellt Leiri i die Theorie auf, die Ursaehe des Bewegungsnaehbildes SGi ,,ein opto- kinetisch hervorgerufener Nystagmus der AugGn, der naeh der opto- kinetisehen I~eizung" der Netzhaut ,,in einem sozusagen tatGnten Zustand vorhandGn sei" (S. 726). Diese Theorie ist aus folgenden Griinden abzutehnen: I. Das Bewegungsnaehbild ist ein rein lokaler Proze[3. Es spielt sich nut in den Teilen des Gesiehtsfeldes ab, die den optokinetiseh ge- reizten Netzhautstellen entspreehen. Es l&Bt sieh dies dutch Abblendung der bewegten Objekte odes dutch Anderung der Fixationsriehtung leieht naehpriifen. 2. Die AbhgngigkGit der Seheinbewegungen yon der Strei]enbreite ist, ganz anders Ms beim optokinetisehen Nystagmus. So verdoppelte sigh in den yon Cords und yon. Briicke ~ angestellten Versuehen dig Sehnelligkeit des BewegungsnaehbitdGs beinahe, wenn sie 0,3 em breite Streifen nahmen start 0,5 em breiter. Der optokinetisehe Nystagmus wird hingGgen yon der Streifenbreite nur sehr wenig beeinflugt (Cords und Nolzen) 3. Cords und von Bri~cke erkli~ren die bedeutend gr6gere Gesehwindigkeit bei lgeizung mit sehmalen Streifen dureh die l)istanz- verringerung der glGiehzeitig gereiztGn Netzhautliingssehnitte und die Zunahme tier Zahl der gleiehzeitig siehtbaren bewegten Konturen. 3. Beim Bewegungsnachbild besteht eine sehr groge Abhingigkeit yon der Lage der gereizten Netzhautstelle. Zweifellos is~ die Peripherie der Netzhaut gegen die optokinetisehen t~eize viel empfindlieher, da sich ein auf ihr erzeug~es Bewegungsnaehbild viel sehneller bewegt, als ein foveales (Cords und yon Bri~clce, S. 71). Auch dieses liiBt sieh 1Gieht naehprtifen, indem man eine kleine bewegte FliGhe einmal foveal und dann peripher einwirken tiigt. Fixiert man die Mitte einer groften Dreh- sehleife, so sieht man naeh dem Anhalten im Zentrum eine wesentliGh 1 Leiri, v. Graefes Arch. f. Ophth. !19, 719. 1928. Cords und von Bri~cke, Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 119, 54. 1907. "~ Cords und Nolzen, ¥. Graefes Arch. f. Ophth. 12@, 506. 1928. 11"

Bewegungsnachbild und optokinetisches Augenrucken

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(Aus der Uni~rersitits-Augenklinik K61n. - - Stellvertretender Leiter: Prof. Cords.)

Bewegungsnaehbild und optokinetisches Augenrucken. Von

Richard Cords.

In einer jiingst in diesem Archiv ersehienenen Arbeit stellt Leiri i

die Theorie auf, die Ursaehe des Bewegungsnaehbildes SGi ,,ein opto- kinetisch hervorgerufener Nystagmus der AugGn, der naeh der opto- kinetisehen I~eizung" der Netzhaut ,,in einem sozusagen tatGnten Zustand vorhandGn sei" (S. 726).

Diese Theorie ist aus folgenden Griinden abzutehnen: I. Das Bewegungsnaehbild ist ein rein lokaler Proze[3. Es spielt

sich nut in den Teilen des Gesiehtsfeldes ab, die den optokinetiseh ge- reizten Netzhautstellen entspreehen. Es l&Bt sieh dies dutch Abblendung der bewegten Objekte odes dutch Anderung der Fixationsriehtung leieht naehpriifen.

2. Die AbhgngigkGit der Seheinbewegungen yon der Strei]enbreite ist, ganz anders Ms beim optokinetisehen Nystagmus. So verdoppelte sigh in den yon Cords und yon. Briicke ~ angestellten Versuehen dig Sehnelligkeit des BewegungsnaehbitdGs beinahe, wenn sie 0,3 em breite Streifen nahmen start 0,5 em breiter. Der optokinetisehe Nystagmus wird hingGgen yon der Streifenbreite nur sehr wenig beeinflugt (Cords und Nolzen) 3. Cords und von Bri~cke erkli~ren die bedeutend gr6gere Gesehwindigkeit bei lgeizung mit sehmalen Streifen dureh die l)istanz- verringerung der glGiehzeitig gereiztGn Netzhautliingssehnitte und die Zunahme tier Zahl der gleiehzeitig siehtbaren bewegten Konturen.

3. Beim Bewegungsnachbild besteht eine sehr groge Abhingigkeit yon der Lage der gereizten Netzhautstelle. Zweifellos is~ die Peripherie der Netzhaut gegen die optokinetisehen t~eize viel empfindlieher, da sich ein auf ihr erzeug~es Bewegungsnaehbild viel sehneller bewegt, als ein foveales (Cords und yon Bri~clce, S. 71). Auch dieses liiBt sieh 1Gieht naehprtifen, indem man eine kleine bewegte FliGhe einmal foveal und dann peripher einwirken tiigt. Fixiert man die Mitte einer groften Dreh- sehleife, so sieht man naeh dem Anhalten im Zentrum eine wesentliGh

1 Leiri, v. Graefes Arch. f. Ophth. !19, 719. 1928. Cords und von Bri~cke, Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 119, 54. 1907.

"~ Cords und Nolzen, ¥. Graefes Arch. f. Ophth. 12@, 506. 1928.

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schwgchere Gegenbewegung als in der Peripherie. Dies lgBt sich mit Leiris Theorie in keiner Weise in Einklang bringen.

Dasselbe gilt vom Ergebnis des Sl0iegelversuehs yon Leiri (8. 724). Der fixierte feststehende Spiegelrand kann natiirlich kein Bewegungs- nachbild machen, wghrend sich die peripheren Teile im umgekehrten Sinne wie die Reizbewegungen zu verschieben scheinen.

Leiri selbst muB zugeben, dab fiir die Peripherie seine Theorie nicht s t immt, h~Jt sie aber ftir die fovealen Gesichtsfeldteile merkwiirdiger- weise aufrecht. Er sueht den Unterschied darin, dab bei fovean~hen Objeliten immer der Trieb der Einstellbewegung hinzukomme.

Aueh in dem Versuehe yon Granit vermag ieh keine Stiitze der Leiri- schen Theorie zu sehen.

4. Eine Abschw~chung der Kont~eren und des Kontrastes der Seh- objekte verringert die Gesehwindigkeit des Bewegungsnachbildes un- gemein (Cords und von Briic/~e, S. 73). So ist aueh die Beobachtung yon Helmholtz zu erkl~ren, dab die Scheinbewegung nicht auftritt , wenn er beim fahrenden Zuge ein Pfinktchen am Fenster fixiert. Die Konturen der alsdann vorbeirasenden Objekte verwisehen sich namlich vSllig.

Beim optokinetischen Nystagmus spielen hingegen die Konturen kaum eine Rolle; er l£Bt sich auch yon einer konturlosen Fl~che fast in gleicher Weise auslSsen ( Borries 1, Kestenbaum und Cemach•).

5. Beim Bewegungsnachbild steigt die Geschwindig]ceit der Schein- bewegung mit der Dauer der Beobaehtung an. Sie n~ihert sieh nach einer Beobachtung yon 120 Sek. einem Maximum (BorscMce und Hescheles~, Cords und yon Bri~cke, S. 74).

Beim optokinetischen Nystagmus ist die Zahl der Rucke yon der Dauer der Beobachtung hingegen vollkommen unabh~ingig.

6. Die Abhgngigkeit yon der Geschwindigkeit des Vorbildes ist bei beiden Bewegungsvorg~ngen versehieden.

Der einzige Punkt , wo der optokinetische Nystagmus mit dem Problem des Bewegungsnachbildes in Beziehung tri t t , ist meines Er- achtens der sogenannte optokinetisehe Naehnystagmus yon Ohm 4. Dutch dessen Beobachtung ist Leiri, wie er angibt, auch wohl allein zur Ausarbeitung seiner Theorie gekommen. Nach Ohm h6ren die Augen- rueke mi t dem Verdecken der bewegten Sehgegenstgnde nicht suf, sondern es treten noeh 1- -2 kleine Zuckungen auf. Er bildet diese zuerst 1922 (S. 330, Abb. 5) ab. Noch 1923 driickt sieh Ohm indes recht vor- sichtig aus: ,,Der optisehe Naehnystagmus ist, wenn er i iberhaupt vor-

1 Bottles, Arch. f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilk. l l0 , 135. 1922. 2 Ke~tenbaum und Cemach, Zeitschr. f. ttals-, Nasen- u. Ohrenheilk. 2, 442. 1922.

Borschke und Hescheles, Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorg. 2~. 1902. 4 Ohm, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 63, 323. 1922; 71, 158. 1923; v. Graefes

Arch. f. Ophth. ll~, 189. 1926; ll8, 103. 1927.

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kommt, ganz schw~ch und besehrgnkt sich auf 1--2 Zuckungen." 1926 aber glaubt er den Nachnyst~gmus in einem FMle yon Pigment- atrophie wider nachweisen zu k5nnen, indem er pl6tzlich den Raum verdunkelte. Es traten naeh der Reehtsdrehung der Trommel noch 2--3 gleichgerichtete, naeh der Linksdrehung bis zu 4 entgegengesetzt gerichtete Rucke auL Welter finder er bei Untersuchungen im ver- dunkelten Raum reeht versehiedene Verhgltnisse. In manchen Fgllen liel~ sieh gar kein Naehnystagmus nachweisen. Manehmal sehlug er in derselben Richtung wie der optokinctisehe Nystagmus, manehma,1 aueh entgegengesetzt. In einigen Fgllen wurden auch kleine Rueke bei Stillstand des Rades aufgezeiehnet. Einige der Kurven sind nicht rein, da, gleiehzeitig Nystagmus tier Bergleute bestand.

Sehon 1926 zog ich ~ d~s Bewegungsnachbild zur Erklgrung der ent- gegengesetzten Rueke heran. Auch ieh glaube mit Leiri, dal3 die dureh die optokinetisehe Reizung der Netzh~ut erzeugte Seheinbewegung naeh der anderen Seite unter gtinstigen Bedingungen (Dunkelheit) eine gleitende Augenbewegung entgegen der Bewegungsriehtung der Seh- objekte hervorzurufen vermag, die einige regulierende Augenrueke be- dingt. ~Tie andere Nachbilder, so ist auch das Bewegungsnachbild bei plStzlieher Verdunkelung nieht, wie Ohm anzunehmen seheint, vSllig versehwanden, sondern wird, wie man sieh leieht fiberzeugen kann, als bewegter Liehtnebel gesehen. Da, g dasselbe aueh bei gesehlossenen Augen zu beobaehten ist, darauf weisen schon Dvorak, Zeh/uss und vor~ Szily sen. him

1 Cords, Klin. 5{onatsbl. f. Augenheilk. It, 785. t926.