2
Musikalische Grenzgänge in den Orient (© Mannheimer Morgen, Freitag, 23.08.2013 ) Beyond Borders Band (v.l.): Jakob Deimel (Piano) Fadhel Boubaker (Oud), Jonathan Sell (Bass), Niko Seibold (Saxofon), Christine Hübner (Percussion). LebiDerya, das famose Mannheimer Oriental-Jazz-Quartett, hat Zuwachs erhalten. Beyond Borders Band nennt sich eine neue Gruppe, die Jazz mit Elementen orientalischer Musik verbindet. Auf ihre ganz eigene Weise, denn anders als bei LebiDerya stammen diese Einflüsse nicht aus der Türkei, sondern dem arabischen Raum. Und die Neuankömmlinge haben auch nicht in der rührigen Orientalischen Musikakademie Mannheim zueinandergefunden, obwohl sie dort zwei ihrer bislang erst sechs Konzerte gegeben haben. Geburtsstätte der Grenzgänger-Truppe war vor zwei Jahren ein dem kulturellen Ost-West- Austausch gewidmeter Workshop in Bayreuth. Hier begegneten die Mannheimer Jazz- Studenten Niko Seibold (Alt- und Sopransaxofon) und Jonathan Sell (Bass) dem nur wenig älteren tunesischen Oud-Spieler Fadhel Boubaker. Hinzu kam der ebenfalls noch junge Pianist Jakob Deiml aus Hamburg, und mit Dominik Fürstberger ein Schlagzeuger, der ebenfalls im Jazz-Studiengang der Musikhochschule Mannheim eingeschrieben ist. In der Beyond Borders Band spielen die Fünf ausschließlich Eigenkompositionen, überwiegend aus der Feder von Fadhel Boubaker. Wobei dessen Themen dem westlichen Musikverständnis bereits ein gutes Stück entgegenkommen; manche weisen eine dem Arabischen fremde üppige harmonische Struktur auf, und auch in seinem Spiel auf der Knickhalslaute Oud erinnert Boubaker manchmal, dem Flamenco nahe, an die Spezialisten der akustischen Gitarre im Jazz.

Beyond Borders Band (v.l.): Jakob Deimel (Piano) Fadhel ... · PDF file"Er hört im Prinzip ähnliche Musik wie wir, kennt Michael Brecker und Pat Metheny ebenso wie Sting und Michael

  • Upload
    dodien

  • View
    215

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Beyond Borders Band (v.l.): Jakob Deimel (Piano) Fadhel ... · PDF file"Er hört im Prinzip ähnliche Musik wie wir, kennt Michael Brecker und Pat Metheny ebenso wie Sting und Michael

Musikalische Grenzgänge in den Orient

(© Mannheimer Morgen, Freitag, 23.08.2013 )

Beyond Borders Band (v.l.): Jakob Deimel (Piano) Fadhel Boubaker (Oud), Jonathan Sell (Bass), Niko Seibold (Saxofon), Christine Hübner (Percussion).

LebiDerya, das famose Mannheimer Oriental-Jazz-Quartett, hat Zuwachs erhalten. Beyond

Borders Band nennt sich eine neue Gruppe, die Jazz mit Elementen orientalischer Musik

verbindet. Auf ihre ganz eigene Weise, denn anders als bei LebiDerya stammen diese

Einflüsse nicht aus der Türkei, sondern dem arabischen Raum. Und die Neuankömmlinge

haben auch nicht in der rührigen Orientalischen Musikakademie Mannheim

zueinandergefunden, obwohl sie dort zwei ihrer bislang erst sechs Konzerte gegeben haben.

Geburtsstätte der Grenzgänger-Truppe war vor zwei Jahren ein dem kulturellen Ost-West-

Austausch gewidmeter Workshop in Bayreuth. Hier begegneten die Mannheimer Jazz-

Studenten Niko Seibold (Alt- und Sopransaxofon) und Jonathan Sell (Bass) dem nur wenig

älteren tunesischen Oud-Spieler Fadhel Boubaker. Hinzu kam der ebenfalls noch junge

Pianist Jakob Deiml aus Hamburg, und mit Dominik Fürstberger ein Schlagzeuger, der

ebenfalls im Jazz-Studiengang der Musikhochschule Mannheim eingeschrieben ist.

In der Beyond Borders Band spielen die Fünf ausschließlich Eigenkompositionen,

überwiegend aus der Feder von Fadhel Boubaker. Wobei dessen Themen dem westlichen

Musikverständnis bereits ein gutes Stück entgegenkommen; manche weisen eine dem

Arabischen fremde üppige harmonische Struktur auf, und auch in seinem Spiel auf der

Knickhalslaute Oud erinnert Boubaker manchmal, dem Flamenco nahe, an die Spezialisten

der akustischen Gitarre im Jazz.

Page 2: Beyond Borders Band (v.l.): Jakob Deimel (Piano) Fadhel ... · PDF file"Er hört im Prinzip ähnliche Musik wie wir, kennt Michael Brecker und Pat Metheny ebenso wie Sting und Michael

"Er hört im Prinzip ähnliche Musik wie wir, kennt Michael Brecker und Pat Metheny ebenso

wie Sting und Michael Jackson", erklärt Niko Seibold. "Nur hat er auch diesen traditionellen

Background." Und der prägt Boubakers Melodien, die Seibold in Verbindung mit den

bisweilen "krummen" arabischen Rhythmen als "wahnsinnig schön" empfindet. Der

Saxofonist kostet sie genüsslich aus in seinen improvisierten Soli, wie die seiner Mitmusiker

trotz harmoniegesättigter Vorlagen oft in modalem orientalischem Gleichmaß gehalten.

Das Übersteigen der Grenzen des eigenen Kulturkreises ist für Niko Seibold angesichts einer

zunehmend international vernetzten Welt ein "ganz normaler Prozess". Allerdings erlauben

die nach wie vor bestehenden Entfernungen zwischen Hamburg, Mannheim und Tunis dieser

interkulturellen Band nur eine sporadische Zusammenarbeit. Zweimal bis jetzt auch in

Tunesien, einschließlich dreier Konzertauftritte dort.

"Man hat schon gemerkt", erinnert sich der Mannheimer Saxofonist, "dass die Leute

manchmal nicht so recht wussten, was sie damit anfangen sollten. Es war sehr unüblich für

ihre Ohren, aber gleichzeitig waren sie sehr interessiert." Unterstützt vom deutschen Goethe-

Institut, wurde eine der beiden Reisen von einem befreundeten Team auch auf einem Film

dokumentiert, der aber noch nicht fertiggestellt ist.

Bereits erhältlich ist dafür die erste CD der Band: "Un coup du destin", eingespielt im Januar

2013 im Tonstudio der Mannheimer Popakademie unter Mitwirkung der Heidelberger

Perkussionistin Christine Hübner.

Text: Matthias Spindler