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1 BGH, Urt.v. 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06, GRUR 2007, 902 (Oliver Kahn) Leitsatz: Zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KunstUrhG bei Bildveröffentlichungen von Prominenten. Sachverhalt: 1 Der Kläger ist ein international bekannter Berufsfußballspieler. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "Frau im Spiegel". In der Ausgabe Nr. 30/2005 vom 21. Juli 2005 wurde eine Fotografie veröffentlicht, die den Kläger bei einem Spaziergang in Beglei- tung seiner Freundin V. K. auf der Promenade von St. Tropez zeigt. Im hierzu gehörigen Begleittext wird berichtet, dass der Kläger mit seiner Freundin verliebte Blicke tausche. Eine Woche vorher habe bei ihm der Familienurlaub auf dem Programm gestanden. Er habe sich mit seiner Noch-Ehefrau und den Kindern auf Sardinien entspannt. 2 Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, die Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver- folgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe: I. 3 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger eine sog. absolute Person der Zeitgeschichte sei und ob das Bild einen Artikel über ein zeitgeschichtliches Ereignis illustriere. Jedenfalls verletze die Veröffentlichung rechtswidrig ein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG, nämlich seine schutzwürdige Privatsphäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die das Beru- fungsgericht nach § 31 BVerfGG binde, wäre die Veröffentlichung nur zulässig, wenn die Aufnahme an einem Ort zustande gekommen wäre, an dem sich der Einzelne unter vielen Menschen befunden habe und infolgedessen die Voraussetzungen des Privatsphären-schutzes nicht erfüllt wären. Davon sei jedoch im Streitfall nicht auszugehen. Das Interesse, das bei den Lesern der von der Beklagten verlegten Zeitschrift an Bildinformationen über das Leben des Klägers bis hin zu seiner Ur- laubsgestaltung bestehe, sei reines Unterhaltungsinteresse und müsse hinter dem wirksamen Schutz des Privatlebens des Klägers zurücktreten. Gerade die Personen, die besonders häufig für eine Berichterstattung in den Medien fotografiert wür- den, hätten ein besonderes Interesse daran, im Urlaub von derartigen Belästigungen verschont zu bleiben. Die Beachtung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR) in der Entscheidung vom 24. Juni 2004 aufgestellten Kriterien führe ebenfalls zu dem Ergebnis, dass mit der Veröffentlichung des Fotos rechtswidrig in das durch die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG geschützte Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen werde. II. 4 Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. 5 1. Zwar kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Kläger mit seiner Begleiterin unter vielen Personen an einer jedermann zugänglichen Örtlichkeit fotografiert worden ist. Soweit das Berufungsgericht hier- auf abgestellt hat, hat der erkennende Senat den vom EGMR geäußerten Bedenken gegen das im Senatsurteil BGHZ 131, 332 ff. aufgestellte Kriterium erkennbarer örtlicher Abgeschiedenheit (vgl. EGMR vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) in mehreren Urteilen Rechnung getragen (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 -VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. = NJW 2007, 1981 f. und - VI ZR 52/06 - NJW 2007, 1977 ff.). Der Kläger kann jedoch auch nach den dort entwickelten Kriterien der Beklagten die Veröffentlichung der beanstandeten Fotografie untersagen. 6 2. a) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden; hier- von besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 -aaO, 1978 ff. sowie BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - BGHZ 169, 340, 345). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abge- bildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO, 698 und - VI ZR 51/06 -aaO, 1978). 7 b) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlich-

BGH, Urt.v. 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06, GRUR 2007, 902 (Oliver Kahn… · 2013. 8. 18. · Juli 2005 wurde eine Fotografie veröffentlicht, die den Kläger bei einem Spaziergang

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    BGH, Urt.v. 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06, GRUR 2007, 902 (Oliver Kahn) Leitsatz: Zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KunstUrhG bei Bildveröffentlichungen von Prominenten. Sachverhalt: 1 Der Kläger ist ein international bekannter Berufsfußballspieler. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "Frau im Spiegel". In der Ausgabe Nr. 30/2005 vom 21. Juli 2005 wurde eine Fotografie veröffentlicht, die den Kläger bei einem Spaziergang in Beglei-tung seiner Freundin V. K. auf der Promenade von St. Tropez zeigt. Im hierzu gehörigen Begleittext wird berichtet, dass der Kläger mit seiner Freundin verliebte Blicke tausche. Eine Woche vorher habe bei ihm der Familienurlaub auf dem Programm gestanden. Er habe sich mit seiner Noch-Ehefrau und den Kindern auf Sardinien entspannt. 2 Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, die Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe: I. 3 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger eine sog. absolute Person der Zeitgeschichte sei und ob das Bild einen Artikel über ein zeitgeschichtliches Ereignis illustriere. Jedenfalls verletze die Veröffentlichung rechtswidrig ein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG, nämlich seine schutzwürdige Privatsphäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die das Beru-fungsgericht nach § 31 BVerfGG binde, wäre die Veröffentlichung nur zulässig, wenn die Aufnahme an einem Ort zustande gekommen wäre, an dem sich der Einzelne unter vielen Menschen befunden habe und infolgedessen die Voraussetzungen des Privatsphären-schutzes nicht erfüllt wären. Davon sei jedoch im Streitfall nicht auszugehen. Das Interesse, das bei den Lesern der von der Beklagten verlegten Zeitschrift an Bildinformationen über das Leben des Klägers bis hin zu seiner Ur-laubsgestaltung bestehe, sei reines Unterhaltungsinteresse und müsse hinter dem wirksamen Schutz des Privatlebens des Klägers zurücktreten. Gerade die Personen, die besonders häufig für eine Berichterstattung in den Medien fotografiert wür-den, hätten ein besonderes Interesse daran, im Urlaub von derartigen Belästigungen verschont zu bleiben. Die Beachtung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR) in der Entscheidung vom 24. Juni 2004 aufgestellten Kriterien führe ebenfalls zu dem Ergebnis, dass mit der Veröffentlichung des Fotos rechtswidrig in das durch die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG geschützte Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen werde. II. 4 Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. 5 1. Zwar kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Kläger mit seiner Begleiterin unter vielen Personen an einer jedermann zugänglichen Örtlichkeit fotografiert worden ist. Soweit das Berufungsgericht hier-auf abgestellt hat, hat der erkennende Senat den vom EGMR geäußerten Bedenken gegen das im Senatsurteil BGHZ 131, 332 ff. aufgestellte Kriterium erkennbarer örtlicher Abgeschiedenheit (vgl. EGMR vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) in mehreren Urteilen Rechnung getragen (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 -VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. = NJW 2007, 1981 f. und - VI ZR 52/06 - NJW 2007, 1977 ff.). Der Kläger kann jedoch auch nach den dort entwickelten Kriterien der Beklagten die Veröffentlichung der beanstandeten Fotografie untersagen. 6 2. a) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden; hier-von besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 -aaO, 1978 ff. sowie BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - BGHZ 169, 340, 345). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abge-bildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO, 698 und - VI ZR 51/06 -aaO, 1978). 7 b) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlich-

  • 2

    keit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umstän-den sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1978; BVerfGE 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837). Auch besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtig-te Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichti-gung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden. 8 c) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Mei-nungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; EGMR NJW 2006, 591, 592 f., Rn. 38 ff.). Auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., Rn. 58, 60, 63) wird die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht. Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur in "bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649, Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersicht-lich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privat-sphäre andererseits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will. 9 d) Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informa-tionswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 30; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 m.w.N. und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desje-nigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. BVerfG 34, 269, 283; 101, 361, 392; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f. m.w.N.). Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob dies auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Frage unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu beja-hen. Auch bei den bisher sog. Personen der Zeitgeschichte kann nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Ansicht des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR, NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch die Bindungswir-kung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die eingangs zitierte Entscheidung des erkennenden Senats (BGHZ 131, 332 ff.) insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Auf-nahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, NJW 2006, 2835) eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung im Urteil des erkennenden Senats vom 15. November 2005 (- VI ZR 286/04 - aaO) gebilligt. 10 e) Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn - wie im Streit-

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    fall - die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist, bei der Beurtei-lung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223, Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO jeweils m.w.N. und vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 -aaO und - VI ZR 51/06 - aaO, 1980). 11 2. Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung: 12 Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Leute aktuell", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter zur Urlaubszeit in St. Tropez berichtet wurde. Auch wenn die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen darf, was sie für berichtenswert hält, spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öf-fentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigungswertes Informati-onsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beein-trächtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen (§ 22 KUG). 13 Vorliegend betrifft die Wortberichterstattung über den Aufenthalt des Klägers und seiner Begleiterin in St. Tropez selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR, NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) und kein zeitgeschichtliches Ereignis. Ebenso verhält es sich mit der beanstandeten Abbildung. Die Aufnahme zeigt den Kläger und seine Begleiterin unstreitig im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum regelmäßig ge-schützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Handelt es sich demzufolge bei der Veröffentlichung nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, muss die abgebildete Person - mithin der Kläger - die in der Bildveröffentlichung ohne seine Einwilligung liegende Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen. 14 3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO

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    BGH, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 , NJW 2007, 1981 Leitsatz: Zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von Personen öffentlichen Interesses (Promi-nente) (Anschluss an BVerfGE 101, 361 ff.; Senat, Urteile BGHZ 131, 332 ff.; 158, 218 ff., vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; EGMR NJW 2004, 2647 ff.). Sachevrhalt: 1 Der Kläger ist Oberhaupt des Welfenhauses und Ehemann der ältesten Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "FRAU AKTUELL". In der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass es dem Fürsten von Monaco "wieder einmal sehr schlecht gehen soll" und dass er Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, seine älteste Tochter, die Ehefrau des Klägers, aber mit ihrem Ehemann und ihrem Töchter-chen ein paar Tage zum Skiurlaub in St. Moritz weile. Illustriert war diese Berichterstattung unter anderem mit der beanstan-deten Aufnahme, welche den Kläger neben seiner Ehefrau auf der Straße in St. Moritz zeigt. 2 Der Kläger verlangt - wie seine Ehefrau im Verfahren VI ZR 14/06 - von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufge-hoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: I. 3 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe auch ohne Einwilligung des Klägers nicht rechtswidrig in dessen Recht am eigenen Bild eingegriffen. Der Kläger müsse gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als Begleiter einer Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die ihn als Begleiter die-ser Person im Rahmen eines öffentlichen Auftritts abbildeten, auch ohne seine Einwilligung verbreitet würden. Es bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit zu erfahren, mit welchen Personen sich die Ehefrau des Klägers in der Öf-fentlichkeit zeige. Dieses werde erst dann begrenzt, wenn auch seine Ehefrau die Veröffentlichung einer Aufnahme nicht hinzunehmen habe, weil ihr Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die Ver-öffentlichung rechtmäßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 EMRK bei der Abwägung zu berücksichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfassung des deutschen Staates vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemeinen Interesses betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts sei die Veröffentlichung jedoch trotzdem zulässig, weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlich-keitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG. Das beanstandete Bild zeige den Kläger mit seiner Ehefrau auf offener Straße in St. Moritz und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhielten. Wer wie die Ehefrau des Klägers als Person des öffentlichen Lebens in diesem Ort seinen Urlaub verbringe, müs-se mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Dieses berechtigte Interesse der Öffentlichkeit strahle auch auf den Kläger als Begleitperson seiner Ehefrau aus. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden. II. 4 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. 5 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätz-lich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senat, BGHZ 131, 332, 336; Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83). Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass der Kläger die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat. 6 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass Aufnahmen verbreitet werden, die ihn im Urlaub in Begleitung seiner Ehefrau in der Öffentlichkeit abbildeten, kann in dieser Allgemeinheit nicht

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    gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift aber vorliegend hinsichtlich der beanstandeten Aufnahme durch. 7 a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Der Kläger müsse als Ehemann einer Person des öffentlichen Lebens die Veröffentlichung hinnehmen. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Interesse, sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahme den Kläger als Begleiter seiner Ehefrau an einem Ort zeige, an dem sich auch andere Menschen befänden. 8 Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- VI ZR 15/95 - BGHZ 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbildungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Be-rufungsgericht nach § 31 BVerfGG gebunden fühlt. 9 b) Indessen wird diese Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des Europäi-schen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von Hannover gegen Deutsch-land (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) darge-legten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 -VersR 2006, 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen. 10 aa) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 11 Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilli-gung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitge-schichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Pri-vatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.). 12 bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitge-schichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennen-de Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274). 13 Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allge-meinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407 f.). 14 cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: EMRK) in der Fassung des Protokolls Nr. 11 vom 11. Mai 1994 (BGBl 1995 II 578 ff.; vgl. nunmehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - Bek. vom 17. Mai 2002 - BGBl 2002 II 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlich-keit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG

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    zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit be-grenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informati-onsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. 15 Soweit sich die Bedenken des EGMR gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannten Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass der Kläger unbeschadet der Frage, ob er als relative oder als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jeden-falls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und - insbesondere auch als Ehemann von Prinzessin Caroline - in beson-derem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat er sich bei der beanstandeten Abbildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt. 16 Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu verneinen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des EGMR, sondern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutzkonzept, wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 17 Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. Ebermayer in: Stengleins Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengesetzen des Deutschen Reiches, 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode II. Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und I. Lesung 25. Januar 1906, Bd. 214, S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeu-tung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfin-den; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sach-bezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). 18 Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentli-ches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentli-chem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO Rn. 24; EGMR NJW 2006, 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizisti-schen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 -VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026, und vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausge-führt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, In-formationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Beg-riff der Zeitgeschichte in Einklang steht. 19 Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffent-lichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben darge-stellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.

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    20 Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ei-nerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informati-onswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informations-belangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein gerin-geres Gewicht (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). 21 Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. 22 Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats in-soweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwi-schen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Kläger betreffenden Verfahren bereits gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005- VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfG, NJW 2006, 2835). 23 dd) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f. - jeweils m.w.N.). 24 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung: 25 Das in der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 der Zeitschrift "FRAU AKTUELL" veröffentlichte Bild zeigt den Kläger und seine Ehefrau auf öffentlicher Straße in St. Moritz im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Dennoch hat das Berufungsgericht die Veröffentlichung des Fotos im Ergebnis zutref-fend als Bebilderung eines Berichts über ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht beanstandet. 26 Zwar ist der beanstandeten Abbildung als solcher keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen. Indes ist für den Informationswert auch die zugehörige Wort-berichterstattung zu berücksichtigen. Soweit diese sich auf den Skiurlaub bezieht, kann allerdings ein zeitgeschichtliches Ereignis bzw. ein Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 60 ff.) selbst bei dem im Interesse der Informationsfreiheit gebotenen weiten Verständnis dieser Begriffe nicht angenommen werden. Gegenstand der Wortbe-richterstattung ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtli-ches Ereignis im oben dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktionellen Ge-halt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen (BVerfGE 34, 269, 283; Senat, Urteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668, bestätigt durch BVerfG, NJW 2000,

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    1026). Das gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Zulässigkeit der Wortberichterstattung von der Revision nicht in Frage gestellt wird. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert. 27 Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG), die einer Veröffentlichung der Abbildung entgegenstehen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84) nicht zu erkennen. Insbesondere ist der beanstandeten Abbildung, die den Kläger und seine Frau auf offener Straße zeigt, kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. Dass die Aufnahme etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342), macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. 8 4. Nach allem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen. 29 Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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    1. Zur Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in der Presse. 2. Bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses i.S. des § 23 I Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssen, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebilde-ten verletzt werden. 3. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits wiegt Letzteres desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. (Leitsätze 2 und 3 von der Redaktion) ----- BGH, Urteil vom 19. 6. 2007 - VI ZR 12/06 (KG) (Grönemeyer) Sachverhalt: Die Kl. ist die Lebensgefährtin des Musikers Herbert Grönemeyer. Die Bekl. verlegt die Illustrierte „BUNTE“. In deren Ausga-be Nr. 20 vom 6. 5. 2004 veröffentlichte sie ohne Einwilligung der Kl.unter anderem zwei Fotos, die die Kl. zusammen mit ihrem Lebensgefährten in legerer Freizeitkleidung in Rom in einem Café und beim Bummeln in einer Fußgängerzone zeigen. Auf dem Bild in dem Café blickt die Kl. ihren Lebensfährten an, während sie gerade ihre Kaffeetasse zum Mund hebt. Die Aufnahme ist von außerhalb des Cafés gefertigt worden, wie an unscharf im Vordergrund zu sehenden vorbeilaufenden Pas-santen zu erkennen ist. Von ihrem Lebensgefährten ist nur ein Teil seines Arms zu sehen. In der Bildnebenschrift heißt es: „DIE BLICKE DER LIEBE … Grönemeyer und seine Freundin S zeigen sich öffentlich in einem römischen Café“. Auf dem anderen Foto bummeln die Kl. und ihr Lebensgefährte in einer Fußgängerzone. Darunter heißt es: „Herbert Grönemeyer ‚Männer brauchen viel Zärtlichkeit‘ - das gilt auch für ihn ‚Das Leben geht weiter‘, hat er im Radio gesagt, ‚man kann sich nicht immer rumdrücken.‘ Jetzt hat er das Zitat in einen neu-en Frühling umgesetzt: Herbert Grönemeyer, 48, Songpoet mit der Würgestimme, flaniert mit seiner Schweizer Liebe S, 32, durch Rom. Der Krebstod seiner Ehefrau und des Bruders 1998 hatte Grönemeyer nach London in die Isolation getrieben. Aber dann hat er sich wohl an einen eigenen Text erinnert: ‚Der Mensch heißt Mensch, weil er sich anlehnt und vertraut und weil er lacht, weil er lebt.‘ Das Ergebnis ist auf diesen Seiten zu besichtigen.“ Die Kl. verlangt von der Bekl., es zu unterlassen, diese Aufnahmen erneut zu veröffentlichen. Das LG hat der Klage stattge-geben. Das KG hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen. Mit der vom BerGer. zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: [5] I. Das BerGer. hat ausgeführt, der Kl. stehe entsprechend § 1004 I 2 BGB i.V. mit §§ 22, 23 KUG, § 823 I BGB und Art. 1 I, 2 I GG ein Unterlassungsanspruch gegen die Bekl. zu. Die Veröffentlichung der Fotos habe die Kl. in ihrem Recht am eige-nen Bild und ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. [6] Zwar sei der Lebensgefährte der Kl. eine so genannte „absolute Person der Zeitgeschichte“, bei der Bildnisse des vertrau-ten Begleiters verbreitet werden dürften, wenn beide zusammen in der Öffentlichkeit aufträten. Zudem hätten sich beide nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit befunden, so dass nach der Rechtsprechung ein Privatsphärenschutz nicht besteht.

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    [7] Nach den Maßstäben des Urteils des EGMR vom 24. 6. 2004 (GRUR 2004, 1051 = NJW 2004, 247 - von Hanno-ver/Deutschland sei ein Unterlassungsanspruch aber zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sei das GG nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht entstehe. Der Text der EMRK und die Rechtsprechung des EGMR dienten als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten. Daher seien hier Art. 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und Art. 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäuße-rung) ebenso wie die Entscheidungen des BVerfG als (einfaches) Bundesrecht zu beachten und die Rechtsprechung des EGMR bei der Abwägung kollidierender Grundrechte zu berücksichtigen. Dabei sei allerdings an bestehenden verfassungs-rechtlichen Grundsätzen festzuhalten. [8] Danach könne eine bildliche Darstellung von privaten und alltäglichen Lebensvorgängen nicht nur bei Politikern und Inha-bern eines öffentlichen Amtes, sondern auch bei anderen Prominenten zulässig sein. Andererseits sei dem EGMR darin beizupflichten, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigt werde, wenn ein Betroffener in alltäglichen Lebens-situationen der Medienöffentlichkeit präsentiert werde. Daher sei es mit der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 I GG) ver-einbar, das Recht Prominenter und ihrer vertrauten Begleiter auf Achtung ihres Privatlebens im Einzelfall über Orte der Ab-geschiedenheit hinaus zu erstrecken und ihrem Recht am eigenen Bild Vorrang einzuräumen. [9] Bei der gebotenen Abwägung der beiderseitigen Belange im Rahmen von § 23 II KUG überwiege das Interesse der Kl. und ihres Lebensgefährten, unbeobachtet von der Medienöffentlichkeit miteinander Urlaub verbringen zu können. Zwar sei die Kl. seit Herbst 2003 bei offiziellen Anlässen an der Seite ihres Lebensfährten aufgetreten. Sie habe sich aber stets gegen eine Berichterstattung über ihr Privatleben gewandt und sei dagegen auch rechtlich vorgegangen. [10] Die Fotos zeigten die Kl. bei privater Gelegenheit. Die Bekl. könne sich nicht darauf berufen, dass Herr Grönemeyer den Tod seiner Ehefrau in seinem künstlerischen Schaffen und in öffentlichen Äußerungen thematisiert habe. Es trage nicht maßgeblich zur öffentlichen Diskussion bei, immer weiter Fotos zu verbreiten, welche die Kl. in privaten Alltagssituationen als Begleiterin ihres Lebensgefährten zeigen. Die Bekl. könne sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie die Fotos in Bezug zu Grönemeyers Songtexten und Äußerungen gestellt habe. Hierzu hätte sie auf verfügbare Fotos von offiziellen An-lässen zurückgreifen können. [11] II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. [12] 1. Das Berufungsurteil entspricht im Ergebnis dem abgestuften Schutzkonzept, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfGE 101, 361 = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1021 - Caroline von Monaco; NJW 2001, 1921 [1923ff.]; NJW 2006, 2835; NJW 2006, 2836; Senat, GRUR 2005, 76 = NJW 2005, 594 = VersR 2005, 84 - „Rivalin“ von Uschi Glas; GRUR 2006, 257 = NJW 2006, 599 = VersR 2006, 274 - Ernst August von Hannover; GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 = VersR 2007, 697 [698f.] - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 Rdnrn. 9ff. = NJW 2007, 1977 - Win-terurlaub). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des EGMR vom 24. 6. 2004 (GRUR 2004, 1061 = NJW 2004, 2647 - von Hannover/Deutschland) und vom 16. 11. 2004 (NJW 2006, 591 - Karhuvaara und Ilta-lehti/Finnland) dargelegten Grundsätzen. Danach gilt Folgendes: [13] a) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 I Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 II KUG). [14] Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung den abkürzenden Begriff der „Person der Zeitgeschichte“ entwickelt. Als „relative“ Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als „absolute“ Person der Zeitgeschichte eine Person, die auf Grund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie be-richtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichter-stattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 = GRUR 1996, 923 = NJW 1996, 1128 - Caroline von Monaco II, bestätigt von BVerfGE 101, 361 = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1021 - Caroline von Monaco). [15] b) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitge-schichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. 6. 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. GRUR 2005, 76 = NJW 2005, 594 = VersR 2005, 84 - „Rivalin“ von Uschi Glas; GRUR 2006, 257 = NJW 2006, 599 = VersR 2006, 274 - Ernst Au-

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    gust von Hannover; GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 = VersR 2007, 697 - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 = NJW 2007, 1977 - Winterurlaub). [16] Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 I KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Rege-lung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406 [3407f.]). [17] c) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 EMRK sowie aus Art. 1 I, 2 I GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 I 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuord-nung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, GRUR 1996, 227 = NJW 1996, 985 = VersR 1996, 341 - Wiederholungsveröffentlichung; GRUR 2004, 592 = NJW 2004, 1795 = VersR 2004, 863 - Charlotte Casiraghi; GRUR 2005, 74 = NJW 2005, 56 = VersR 2005, 83 [84] - Charlot-te Casiraghi II; GRUR 2005, 76 = NJW 2005, 594 = VersR 2005, 84 [85] = „Rivalin“ von Uschi Glas; GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 = VersR 2007, 697 [698] - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 = NJW 2007, 1977 Rdnr. 14 - Winterur-laub). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 I Nr. 1 KUG zu Gunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebilde-ten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. [18] Nach diesem Schutzkonzept ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses i.S. des § 23 I Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 II KUG (vgl. Senat, GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 [1982] = VersR 2007, 697 [698] - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 Rdnrn. 15f. = NJW 2007, 1977 - Winterur-laub). [19] Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senat, BGHZ 158, 218 [222f.] = GRUR 2004, 592 = NJW 2004, 1795 - Charlotte Casiraghi; GRUR 2005, 76 = NJW 2005, 594 = VersR 2005, 84 - „Rivalin“ von Uschi Glas; vgl. BGH, GRUR 2007, 139 Rdnr. 15 = NJW 2007, 689 - Rücktritt des Finanzministers). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitge-schichte nicht zu eng verstanden werden. Nach seiner Entstehungsgeschichte, vor allem aber im Hinblick auf den Informati-onsbedarf der Öffentlichkeit, umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öf-fentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, GRUR 2004, 438 = NJW 2004, 762 = VersR 2004, 522 [523] = Feriendomizil II, m.Anm. v. Gerlach, JZ 2004, 625; GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 = VersR 2007, 697 [698f.] - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 Rdnr. 17 = NJW 2007, 1977 - Winterurlaub; BVerfGE 101, 361 [389f.] = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1921 - Caroline von Monaco; NJW 2006, 2836 [2837f.]). [20] Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentli-ches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentli-chem Interesse ist (BVerfGE 101, 361 [392] = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1021 - Caroline von Monaco; Senat, GRUR 2006, 257 = NJW 2006, 599 = VersR 2006, 274 [275] - Ernst August von Hannover; EGMR, NJW 2006, 591 [592f.]). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361 [392] = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1021 - Caroline von Monaco; Senat, NJW-RR 1995, 789 = VersR 1995, 667 [668f.], bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026; BGH, GRUR 2006, 257 = NJW 2006, 599 - Ernst August von Hannover; GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 = VersR 2007, 697 [699] - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 Rdnr. 18 = NJW 2007, 1977 - Winterurlaub) Die Bedeutung der Presse-freiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. 6. 2004 (GRUR 2004, 1051 = NJW 2004, 2647 [2649] - von Hannover/Deutschland) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer

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    demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht. [21] d) Soweit der EGMR (GRUR 2004, 1051 = NJW 2004, 2647 [2649] - von Hannover/Deutschland) der Presse dieses Recht nur in bestimmten Grenzen zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will. [22] Deshalb muss eine Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits stattfinden. Die Bedeutung des Informations-werts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26 [31] = GRUR 2002, 690 = NJW 2002, 2317 - Marlene Dietrich; GRUR 2004, 442 = NJW 2004, 766 = VersR 2004, 525 - Feriendomizil II, m.w. Nachw.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umge-kehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361 [391] = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1021 - Caroline von Monaco; Senat, BGHZ 131, 223 [342] = GRUR 1996, 923 = NJW 1996, 1128 - Caroline von Monaco II, m.w. Nachw.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht (vgl. BVerfGE 34, 269 [283] = NJW 1973, 1221; Senat, BGHZ 131, 332 [342] = GRUR 1996, 923 = NJW 1996, 1128 - Caroline von Monaco II m.w. Nachw.). Dies hat das BVerfG im Beschluss vom 21. 8. 2006 (NJW 2006, 3406 [3407]) bestätigt. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falls für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeit-geschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. [23] Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderun-gen des EGMR (GRUR 2004, 1051 = NJW 2004, 2647 [2651] - von Hannover/Deutschland) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das BVerfG hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den im Einzelfall geringeren oder höheren Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das BVerfG eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung bereits gebilligt (BVerfG, NJW 2006, 2835). [24] e) Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da die bean-standeten Abbildungen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden sind - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR, NJW 2004, 2647 [2650]). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218 [223] = GRUR 2004, 592 = NJW 2004, 1795 - Charlotte Casiraghi; GRUR 2004, 590 = NJW 2004, 596 = VersR 2004, 205 [206] - Satirische Fotomontage; GRUR 2005, 74 = NJW 2005, 56 = VersR 2005, 83 [84] - Charlotte Casiraghi II; GRUR 2005, 76 = NJW 2005, 594 = VersR 2005, 84 [85] - „Rivalin“ von Uschi Glas; GRUR 2007, 523 = NJW 2007, 1981 = VersR 2007, 697 [699] - Abgestuftes Schutzkonzept; GRUR 2007, 527 Rdnr. 23 = NJW 2007, 1977 - Winterurlaub, jew. m.w. Nachw.). [25] 2. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung: [26] Die beanstandeten Aufnahmen zeigen die Kl. im Urlaub bzw. in der Freizeit in Rom, während sie und ihr Lebenspartner leger gekleidet in einem Café sitzen und durch eine Fußgängerzone spazieren gehen. Sie zeigen die Abgebildeten daher in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen sind. Ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse oder eine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis sind den Abbildungen nicht zu ent-nehmen. [27] Ein solches allgemeines Interesse oder zeitgeschichtliches Ereignis ergibt sich auch nicht aus der den Bildern beigefüg-ten Wortberichterstattung. Diese nimmt auf den Krebstod der Ehefrau und des Bruders des Lebensgefährten der Kl. im Jahre

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    1998 Bezug und knüpft an dessen danach folgender Isolation und Verarbeitung der Ereignisse mit Hilfe seiner Songtexte an. Selbst wenn man - was nach Lage des Falls offenbleiben kann - im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad des Lebensgefährten die Ereignisse im Jahre 1998 und deren nachfolgende Verarbeitung als Vorgang von allgemeinem Interesse und zeitge-schichtliches Ereignis ansehen wollte, zeigen die veröffentlichten Bilder die Kl. in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht. [28] Bei der erforderlichen Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Kl. ist nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung zu beachten, dass es eine entscheidende Rolle spielt, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfGE 34, 269 [283f.] = NJW 1973, 1221; BVerfGE 101, 361 [390f.] = GRUR 2000, 446 = NJW 2000, 1021 - Caroline von Monaco II; Senat, BGHZ 131, 332 [342f.] = GRUR 1996, 923 = NJW 1996, 1128 - Caroline von Monaco II; GRUR 2007, 527 Rdnr. 28 = NJW 2007, 1977 - Winterurlaub). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigungswertes Informationsinteresse der Öffentlich-keit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 I Nr. 1 KUG); die abgebildete Per-son muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen. Dies gilt umso mehr, als die Kl. sich nach den Feststel-lungen des BerGer. stets gegen eine Berichterstattung über ihr Privatleben gewandt hatte und auch ihr Lebensgefährte Bilder aus seiner Privatsphäre nicht öffentlich verbreiten ließ. Dass dieser Teile seines Privatlebens im Rahmen seiner Songtexte künstlerisch verarbeitet hat, kann nicht zur Folge haben, dass die Kl. eine Berichterstattung über ihre Privatsphäre hinneh-men müsste.

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    ZRP 2007, 173 Abschied von der absoluten Person der Zeitgeschichte?* - Die Zukunft des Persönlichkeitsrechts zwischen Karlsru-he und Straßburg Vizepräsidentin des BGH Dr. Gerda Müller, Karlsruhe Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den Abschied von der absoluten Person der Zeitgeschichte eingeläutet. Für ihn ist entscheidend, ob an der Bilddarstellung Prominenter ein besonderes Informationsinteresse der Öffent-lichkeit besteht. Auch beim Unterhaltungsinteresse (Infotainment) kommt es auf den Nachrichtenwert der Information an. Von Bedeutung ist auch der das Bild begleitende Text. Der Spielraum für die journalistische Entscheidung hat sich erweitert - zugleich allerdings auch das Risiko von Ersatzansprüchen. Neue technische Möglichkeiten haben die Gefahr von Persönlich-keitsverletzungen erhöht. Dem könnte die Rechtsprechung Rechnung tragen - zwischen Straßburg und Karlsruhe. ZRP: Frau Müller, haben Sie sich bei Ihrer letzten Caroline-Entscheidung ungefähr so gemütlich gefühlt, wie zwischen zwei Stühlen: Der eine hier in Karlsruhe und der andere beim EGMR in Straßburg? Müller: Wir sind Kummer gewöhnt und müssen auch mit ungemütlichen Situationen fertig werden. Aber jetzt im Ernst: Die Situation war für uns durchaus schwierig. Die Kriterien zum Schutz des Privatlebens von so genannten „absoluten Personen der Zeitgeschichte“ - nämlich erkennbarer Rückzug aus der Öffentlichkeit - sind vom BGH entwickelt worden. Das BVerfG hat diese Rechtsprechung in der Sache bestätigt. Es hat uns deshalb ganz unmittelbar betroffen, dass der Straßburger Gerichts-hof diese Kriterien für unzureichend gehalten hat. ZRP: Von den beiden Stühlen einmal abgesehen, ein bisschen schielen mussten Sie aber doch, zwischen den Vorgaben aus Karlsruhe und aus Straßburg. Denn die unterschiedliche Abwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz lässt sich ja nur schwer unter einen Hut bringen. Müller: Beide Schutzbereiche werden sowohl in Straßburg als auch in Karlsruhe sehr ernst genommen. Der Unterschied bei der Interessenabwägung beruht darauf, dass wir die Klägerin bisher als absolute Person der Zeitgeschichte eingestuft haben … ZRP: … Caroline … Müller: … ja, Caroline von Hannover. Sie haben wir eingestuft als eine Person, die auf Grund ihres Status´ und ihrer Bedeu-tung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb grund-sätzlich auch unabhängig von einem besonderen Ereignis - nämlich einem Ereignis der Zeitgeschichte i.S. des § 23 KUG - abgebildet werden darf. Dieser im deutschen Recht entwickelte Begriff der absoluten Person der Zeitgeschichte hat dem EGMR nicht eingeleuchtet. Er hat die Klägerin als Privatperson betrachtet und deshalb eine Abbildung ohne Einwilligung nur dann für zulässig gehalten, wenn ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe. ZRP: Haben die Straßburger Richter also die „absolute Person der Zeitgeschichte“ abgeschafft - relativiert? Müller: Sie haben sie zumindest relativiert, weil die prominente Person jetzt nicht mehr wegen ihrer herausgehobenen Stel-lung interessant ist bzw. Nachrichtenwert hat, sondern es ähnlich wie bei der relativen Person der Zeitgeschichte darauf ankommt, in welchem Zusammenhang über sie berichtet bzw. sie abgebildet wird. ZRP: Um in dieser Sprachebene zu bleiben: Haben sie die absolute Person der Zeitgeschichte zu einer „relativen“ gemacht? Müller: Das ist eine schön pointierte Formulierung, die auf der Sprachebene auch sicher richtig ist. Aus juristischer Sicht hat der EGMR aber dem deutschen Begriff einer Person der Zeitgeschichte wohl gar nichts abgewinnen können, nicht der relati-ven und erst recht nicht einer absoluten Person der Zeitgeschichte, wie wir sie bisher verstanden haben. ZRP: Die Folge davon ist, dass es jetzt auch kein „absolutes“ Interesse am Privatleben der Prominenten gibt? Müller: Die Gewichte haben sich jedenfalls verschoben. Zwar gab es auch bisher kein „absolutes“ Interesse am Privatleben von Prominenten. Vielmehr war hierüber auch nach unserer bisherigen Rechtsprechung nicht jegliche Berichterstattung in

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    Wort und/oder Bild zulässig, insbesondere dann nicht, wenn eine solche Person sich erkennbar in ihre Privatsphäre zurück-gezogen hatte. Aber in Zukunft wird noch stärker abzuwägen sein, ob an der Berichterstattung bzw. der Veröffentlichung der Abbildung ein objektives bzw. legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. ZRP: Bei dieser Abwägung spielen ja die Begriffe „Informationsinteresse“ der Öffentlichkeit, „Unterhaltung“ und „Neugier“ eine gewichtige Rolle. Die Befriedigung der Neugier hat den geringsten Stellenwert, das Informationsinteresse einen sehr hohen, und die „Unterhaltung“ - die liegt irgendwo dazwischen?! Müller: So ist es! Die bloße Befriedigung der Neugier hat in der Tat auch in der deutschen Rechtsprechung einen sehr gerin-gen Stellenwert - das haben sowohl das BVerfG als auch der BGH schon mehrfach ausgesprochen, aber diese Nuance ist bisher wohl weniger wahrgenommen worden. ZRP: Und das Unterhaltungsinteresse, dieses zweite Kriterium, ist ja vom BVerfG bisher ernst genommen worden. Sie haben das jetzt ein bisschen herabgestuft - auf den Spuren des Straßburger Gerichts? Müller: Das BVerfG hat anerkannt, dass Informationen auch durch unterhaltende Beiträge vermittelt werden können und dafür den Ausdruck Infotainment geprägt. Aber auch dabei wird man den Nachrichtenwert der Information nicht unberück-sichtigt lassen können. ZRP: Gibt es aus Ihrer Sicht so etwas wie zwei Ebenen der Unterhaltung, einmal die triviale Ebene und dann die gehobene Unterhaltung? Müller: Das wäre nicht das richtige Abgrenzungskriterium, sondern eine Niveaukontrolle, wie sie mit Rücksicht auf Art. 5 GG nicht stattfinden darf. Wichtig erscheint mir etwas anderes: Unterhaltung ist zweifellos austauschbar - im Gegensatz zur In-formation - und unter diesem Aspekt der Austauschbarkeit wird man von niemanden verlangen können, dass er gegen sei-nen Willen zur Unterhaltung des Publikums beiträgt. ZRP: Welche Rolle spielt der Nachrichtenwert, wenn es um „ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung“ geht? Müller: Ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung hat ganz sicher Nachrichtenwert. Das entsprach bereits unserer bis-herigen Rechtsprechung und dürfte auch nach der Rechtsprechung des EGMR so zu beurteilen sein. ZRP: Mit welcher Folge für die Bildberichterstattung? Müller: Es wäre dann ein Bild aus der Zeitgeschichte, das grundsätzlich verbreitet werden darf, wenn nicht berechtigte Inte-ressen des Abgebildeten entgegenstehen, so dass auch hier wieder eine Abwägung erforderlich ist. ZRP: Und wie wäre es heute mit jenem weltbewegenden „Ereignis“, als sich der Prinz August von Hannover an diesem Mes-sepavillon erleichterte: Hätte es einen „objektiven Informationswert“ für die Öffentlichkeit, oder wäre es die Erfüllung eines höchst privaten Bedürfnisses? Müller: Zu diesem konkreten Fall möchte ich mich lieber nicht äußern, zumal Sie seine Bedeutung durch den ironisierenden Zusatz „weltbewegend“ ja selbst gekennzeichnet haben. ZRP: Und wie ist es mit dem, was ich einmal den „hämischen Blick“ nennen möchte: Ist auch der erlaubt, wenn es um ein besonderes Informationsinteresse geht? Müller: Das hängt vom jeweiligen Fall ab. Deckt sich die „Pointe“ des in einer besonderen Situation entstandenen Bildes mit dem besonderen Informationsinteresse, so könnte das bei der gebotenen Abwägung zu Gunsten einer Veröffentlichung ins Gewicht fallen. Liegt hingegen das Schwergewicht auf dem, was Sie den „hämischen Blick“ nennen, könnte das nicht nur gegen die Zulässigkeit einer Veröffentlichung sprechen und damit einen Unterlassungsanspruch rechtfertigen, sondern sogar zu einer Entschädigung in Geld als Kompensation für die erlittene Beeinträchtigung führen. ZRP: In Ihrem Urteil ist von einem „ausreichenden Spielraum“ für die Redaktion die Rede. Gemeint ist damit wohl, dass die Journalisten entscheiden sollen „Bringen wir dieses Bild oder sollten wir es lieber nicht bringen?“ Ist dieser Spielraum jetzt größer geworden oder kleiner, und hat sich damit zugleich Verantwortung auf die Redaktion verlagert? Denn der Begriff „ab-gestuftes Schutzkonzept“, der sich in Ihrem Urteil findet, ist ja auslegungsbedürftig, sagen wir einmal: ziemlich unscharf?

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    Müller: Der Begriff „abgestuftes Schutzkonzept“ ist vor allem etwas kompliziert und das beruht auf dem komplizierten § 23 KUG mit seinem Regel-Ausnahmeverhältnis. Daraus ist ja die absolute Person der Zeitgeschichte hergeleitet worden. Wenn diese nicht mehr die Bedeutung hat, die ihr die deutsche Rechtsprechung bisher beigemessen hat, wird es in erster Linie darauf ankommen, ob die Abbildung inhaltlich noch dem Begriff der Zeitgeschichte zugeordnet werden kann. Für diese Frage kann - wenn das Bild einen Text illustriert - natürlich auch dessen Inhalt von Bedeutung sein. Ob dadurch der Spielraum für die Redaktion größer oder kleiner geworden ist, kann man heute noch nicht beurteilen. Wir müssen abwarten, wie das Urteil in der Praxis umgesetzt wird. ZRP: Spielraum heißt aber zugleich auch Risiko, denn wenn die Redaktion falsch entscheidet, dann können Ersatzansprüche auf sie zukommen. Müller: Das kann schon sein und es wird innerhalb dieses journalistischen Spielraums sicher in stärkerem Maß auf den Zu-sammenhang zwischen Wort- und Bildberichterstattung ankommen, und dieser Zusammenhang liegt ja im Gestaltungs- und Verantwortungsbereich der Redaktion. Von da gesehen, könnte sich der Spielraum eigentlich vergrößern. ZRP: Jetzt sprechen Sie den Text an, der das Bild begleitet und natürlich darf es dabei keine richterliche Qualitätskontrolle geben, wie Sie gesagt haben. Aber noch einmal gefragt: Kann sich durch die Textgestaltung, die das Bild begleitet, der Spiel-raum vergrößert haben? Müller: Ich würde das so sehen. ZRP: Es komme auf den Einzelfall an, sagen Sie in Ihrem Urteil. Wird das Medienrecht zunehmend zum „Case law“? Müller: Das ist auf diesem Rechtsgebiet wohl nicht zu vermeiden, weil gerade im Bereich des Persönlichkeitsrechts jeder Fall durch seine Besonderheiten geprägt wird. ZRP: Sie deuten es an in Ihrem Urteil, dass der Straßburger Gerichtshof und Ihr Senat nicht einer Meinung waren, als es um den Schutz der absoluten Person der Zeitgeschichte und deren Persönlichkeitsrecht ging. Sie haben das schon am Anfang gesagt und Sie sagen auch, Sie hätten dieser Sicht der Straßburger Richter Rechnung getragen. Deshalb die naheliegende Frage: Wer hat in Zukunft das Sagen im Medienrecht - Straßburg oder Karlsruhe? Müller: Wir haben versucht, einen Kompromiss zwischen den Maßstäben des nationalen Rechts und den europäischen Vor-gaben aus Straßburg zu finden, weil niemand einen Konflikt auf Dauer wünschen kann. In welcher Weise die von uns ent-schiedenen Verfahren einen Fortgang nehmen und wie sie endgültig ausgehen, bleibt abzuwarten. ZRP: Noch einmal das Stichwort vom „abgestuften Schutzkonzept“. Dieses Konzept hat sich durch die Straßburger Entschei-dung verändert, der Schutz des Persönlichkeitsrechts ist heraufgestuft worden? Müller: Ja. Tatsächlich wird man das auch in der Sache akzeptieren können, weil das Persönlichkeitsrecht verletzlicher ge-worden ist - man denke nur an die Steigerung der technischen Möglichkeiten zum Eingriff in fremde Persönlichkeitsrechte, etwa durch das Internet, durch das Fotografieren mit dem Handy und die Manipulation von Fotos. Dem muss auch die Rechtsprechung mit einem verstärkten Schutz dieses Rechts Rechnung tragen. ZRP: Und diese Gefahr neuer Verletzungen hat Auswirkungen - auf das Persönlichkeitsrecht und seinen Schutz? Müller: Ich denke schon, dass der Schutz des Persönlichkeitsrechts verstärkt werden sollte.

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    NJW 2007, 2517 Auswirkungen der EGMR-Rechtsprechung zum Privatsphärenschutz* - Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung des „Caroline“-Urteils im deutschen Recht Rechtsanwalt Dr. Stefan Engels und Rechtsanwalt Dr. Uwe Jürgens, Hamburg Das Caroline-Urteil des EGMR hat für heftige Diskussionen gesorgt. Der Beitrag zeigt, dass das Urteil weder vorbehaltlos noch vollumfänglich von den deutschen Zivilgerichten angewandt werden darf. Das BVerfG bleibt Herr der Auslegung des nationalen Verfassungsrechts: Soweit also Abwägungsgesichtspunkte bereits vom BVerfG berücksichtigt worden sind, kann das Caroline-Urteil des EGMR von den Zivilgerichten nicht umgesetzt werden. Anderenfalls würden sie Grundrechte über das zulässige Maß hinaus beschränken. Umzusetzen ist die Entscheidung des EGMR nur dort, wo bislang vom Verfassungsge-richt nicht berücksichtigte Abwägungsgesichtspunkte aufgezeigt wurden. Auf diesem Weg tragen die Gerichte nicht nur bei-den Verfassungsgerichten, sondern auch den Interessen der von der Berichterstattung Betroffenen Rechnung. Dies ist dem BGH mit seinen aktuellen Urteilen zum „Abgestuften Schutzkonzept“ nicht gelungen. I. Einleitung Das Urteil der III. Sektion des EGMR in Sachen Caroline1 hat in Rechtswissenschaft2 und Rechtspraxis für Aufruhr gesorgt. Dass es im Schrifttum jede Reaktion von euphorischer Zustimmung bis hin zu massiver Kritik erfahren würde, war zu erwar-ten. Weitaus schwerer - von einer Wahl zwischen Pest und Cholera spricht Helle3 - hat es die Rechtsprechung: Sieht sie das prozessual fragwürdig zu Stande gekommene4, nachlässig und lückenhaft5 begründete Urteil kritisch (etwa weil es sich, ohne auf eine gewachsene Rechtsprechung aufzusetzen6, nicht an der Einhaltung eines gesamteuropäischen Mindeststan-dards orientiert7, sondern eine nur in Frankreich anzutreffende Bewertungssituation8 zum Leitbild einer Einebnung der Ab-wägung in den Vertragstaaten nimmt9), setzt sie sich der Kritik aus, einen europäisch verbürgten Privatsphärenschutz nicht hinreichend zu achten. Will sie dem EGMR folgen, muss sie aber im Gegenzug vom BVerfG aus Art. 5 I GG entwickelte Ga-rantien jedenfalls in Teilen stutzen - was sie in einen Konflikt mit der Loyalitätspflicht gegenüber dem BVerfG bringt, weshalb sich der BGH einer Stellungnahme bislang geschickt entzieht. Wie das Verhältnis zwischen den Rechtsprechungen der Verfassungsgerichte aufzulösen ist, beschäftigt auch die gesamte Staatsrechtslehre10. Dem Grunde nach herrscht nur in einem Punkt Einigkeit: Die scheinbar naheliegende Lösung eines generellen Vorrangs der Rechtsprechung des EGMR wird nicht vertreten. Dies gilt im Übrigen auch für ausgewiesene Befür-worter des Caroline-Urteils11. Es ist nicht Anliegen dieses Beitrags, das von der Staatsrechtslehre und dem BVerfG präferier-te Kooperationsmodell in seinen Grundlagen zu deuten. Vielmehr soll aufgezeigt werden, wie die Rechtsprechung das Caro-line-Urteil im Rahmen des deutschen Verfassungsrechts berücksichtigen kann. II. Der Konflikt zwischen BVerfG und EGMR 1. Vorbemerkung Wegen der unterschiedlichen Anforderungen an die dogmatische Fundierung ihrer Urteile lässt sich der Konflikt nicht ohne Weiteres herausarbeiten. Anders als vom BVerfG gewohnt, differenziert die III. Sektion nicht durchgängig zwischen dem „Schutzbereich“ und der Rechtfertigung einer Beeinträchtigung. Zu berücksichtigen ist auch, dass Konvention und Grundge-setz für vergleichbare Schutzgüter eine divergierende, sich aber auch überschneidende Terminologie verwenden12. 2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Schutz des Privatlebens a) Allgemeines Persönlichkeitsrecht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V. mit Art. 1 I GG sichert einen auto-nomen Bereich privater Lebensgestaltung13, zu dem auch das Recht am eigenen Bild gehört. Beeinträchtigungen können durch kollidierende Rechtspositionen gerechtfertigt sein. Ob diese sich durchsetzen können, hängt von der Beeinträchti-gungsintensität ab. Diese wird über die Figuren der Intim, Privat-, Sozial- und Öffentlichkeitssphäre beschrieben. Diese Sphä-ren werden thematisch und räumlich konkretisiert14. Räumlich erfasst der Privatsphärenschutz nicht das Verhalten in der Öffentlichkeit. Nur wer erwarten darf, unbeobachtet zu sein, kann sich auf den Schutz des Privaten berufen. Wo sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet, besteht zwar der Schutz des Persönlichkeitsrechts, aber eben kein Privatsphärenschutz15. Die Privatsphäre wird auch nicht allein deshalb berührt, weil es sich um heimliche oder überrumpelnde Aufnahmen handelt16. b) Privatleben. Schnörkelloser erlaubt die EMRK den Zugriff auf den Begriff des „Privaten“. Nach Art. 8 I EMRK besteht das Recht auf Achtung des Privatlebens. Es schützt wie das Persönlichkeitsrecht die Entwicklung des Einzelnen mitsamt Recht am eigenen Bild. Auch bekannte Personen können sich auf „eine berechtigte Erwartung“ auf Schutz ihres Privatlebens beru-

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    fen17. Anders als das BVerfG hat die III. Sektion die Intensität der Beeinträchtigung im Einzelfall nicht bestimmt18. Sie setzt sich auch an keiner Stelle des Urteils damit auseinander, dass das BVerfG den Begriff der Privatsphäre zur Beschreibung der Intensität einer Beeinträchtigung nutzt19. Die III. Sektion weist lediglich darauf hin, dass die Fotos die Beschwerdeführerin im „Alltagsleben“, beim Sport, Spazieren gehen, Verlassen eines Restaurants oder im Urlaub, also bei rein privaten Tätigkeiten zeigen würde. Schon zuvor, bei der Darstellung der allgemeinen Abwägungsparameter, wurde - ohne nähere Begründung - festgestellt: „Es handelt sich hier […] um die Verbreitung […] von Bildern, die sehr persönliche oder sogar intime „Informatio-nen“ über einen Menschen enthalten“. Darüber hinaus nutzt die III. Sektion die - offenbar gerichtsbekannte - Erkenntnis, dass die Prinzessin einer „ständigen Verfolgung“ ausgesetzt sei. 3. Kommunikationsfreiheit Das BVerfG weist seit jeher darauf hin, dass Medien „in allen Lebensbereichen“ Wirkung entfalten können und entsprechend weit geschützt sind20. Sie prägen die öffentliche Meinungsbildung auch im Freizeit- und Erholungsbereich21. Auch reine Unterhaltung wirkt auf das Orientierungswissen, akzeptierte Werte und die von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenom-menen Bedürfnisse ein22, so dass auch sie von Art. 5 GG geschützt ist23. Dem Grundrechtsschutz dürfen weder Gegens-tände noch Darbietungsweisen vorgegeben oder entzogen werden. Der Kommunikationsprozess darf auch unter dem Ge-sichtspunkt der demokratischen Herrschaft nicht in relevante und irrelevante Zonen aufgespalten werden24. Die Presse muss vielmehr nach publizistischen Kriterien entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht25. Dagegen verwendet die III. Sektion Formulierungen, die vermuten lassen, dass für Veröffentlichungen der Boulevard-Presse schon gar kein Schutz nach Art. 10 EMRK besteht26. Entsprechend erörtert die III. Sektion nicht, welchen gesellschaftlichen Wert unterhaltende Berichterstattung, also auch die Erörterung von Themen der Popkultur und damit auch Royality-Berichterstattung, haben kann. Dennoch soll nach dem Urteil der III. Sektion eine Abwägung erforderlich sein. 4. Abwägung a) Maßgabe der III. Sektion. Ausführungen zur Rechtfertigung des Eingriffs in das Privatleben finden sich beim EGMR ver-streut27 und wenig systematisch: Die III. Sektion unterscheidet grundlegend (fundamental distinction) zwischen Äußerungen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten und Personen des politischen Lebens bei Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betreffen, und anderer Berichterstattung. Trage die Presse nicht dazu bei, „Ideen und Informationen zu Fragen allgemeinen Interesses zu vermitteln“ und würden die Veröffentlichungen nur die Neugier eines bestimmten Publikums befriedigen, bestehe keine Rechtfertigung für Beeinträchti-gungen des Privatlebens. Meinungs- und Pressefreiheit sind damit nur (demokratie-)funktional geschützt. Formal nur ergänzend - in der Sache für das Urteil von tragender Bedeutung - weist der Gerichtshof noch darauf hin, dass die Umstände, unter denen die Fotos erstellt wurden, und die Einschränkungen nicht außer Betracht bleiben können, denen Personen des öffentlichen Lebens ausgesetzt sind28. Dafür bezieht sich der Gerichtshof auf die - eben dies war im Zivilpro-zess erfolgreich bestritten - aus großer Distanz aufgenommenen Fotos. b) Maßgabe des BVerfG. Auch das BVerfG schließt Differenzierungen des Informationswertes bei der Abwägung nicht aus. Es darf „berücksichtigt werden, ob eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert wird und ob sie zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt“29. Auch der Methode der Informationsgewinnung darf Bedeutung beigemessen werden30. Sofern die Presse bei überragendem öffentlichen Informationsinteresse (etwa mit Blick auf die politische, demokratie-funktionale Funktion) dem Schutz der Privatsphäre vorgehen kann und sofern das Alltagsleben Prominenter dort, wo es sich in der Öffentlichkeit abspielt, der Abbildung zugänglich ist, wird die Pressefreiheit nicht übermäßig eingeengt31. 5. Zwischenergebnis Der Konflikt ist damit enorm und offensichtlich: Die III. Sektion postuliert - auf den Punkt gebracht -, dass jedwede einwilli-gungslose Bildnisveröffentlichung unzulässig sei, wenn sie nicht zum Zwecke der Berichterstattung über politische oder ge-wichtige gesellschaftliche Vorgänge erfolge. Das BVerfG dagegen verlangt, dass das Alltagsleben Prominenter jenseits des Privatsphärenschutzes, räumlich also jenseits der Abgeschiedenheit, der Bildberichterstattung grundsätzlich zugänglich sein müsse. Nicht verborgen bleiben aber auch die Möglichkeiten gegenseitiger Berücksichtigung im Sinne eines Kooperationsverhältnis-ses. Die Rechtsprechung des BVerfG zeigt sich offen für den vom EGMR betonten Gesichtspunkt der Verfolgung und Beläs-

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    tigung (über den das BVerfG bis heute voraussichtlich nur deshalb nicht geurteilt hat, weil es sich an den zivilprozessual vorgetragenen Tatsachenstoff hält), der EGMR hat bei der Präzisierung dessen, was er für reine Neugier und was für Ge-genstände öffentlichen Interesses hält, noch deutlich Spiel. III. Berücksichtigung des EGMR-Urteils durch Zivilgerichte Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte sich zunächst mit Fällen zu beschäftigen, in denen der Konflikt nicht zum Tragen kam. Im Fall „Rivalin“ hat der BGH die berechtigte Erwartung (legitimate expectation) von Schutz und Achtung des Privatle-bens konkretisiert32. Ordnen sich von der Berichterstattung Betroffene durch ihr Auftreten selbst in einen zeitgeschichtlichen Vorgang ein, können sie einer darstellenden Berichterstattung nicht ihr Recht auf Privatheit und Anonymität entgegenhal-ten33. In einem Urteil zur Berichterstattung über einen Verkehrsverstoß („Raserei“) führte der BGH aus, dass eine (identifizie-rende) Berichterstattung über erhebliche Ordnungswidrigkeiten nicht vom Verdikt des europäischen Gerichts berührt sei. Sie sei geeignet, „Ideen und Informationen zu Fragen des allgemeinen Interesses zu vermitteln und eine Diskussion hierüber in der Gesellschaft anzustoßen oder zu bereichern“34. Die „Raserei“-Entscheidung hat das BVerfG35 bereits bestätigt. 1. Rechtsprechung des KG Das KG36 hatte über die Veröffentlichung von Fotos, die die neue Lebensgefährtin von Herbert Grönemeyer mit diesem beim Besuch eines Straßencafés bzw. beim Bummel in einer Fußgängerzone in Rom zeigten, zu entscheiden. Die begleitende Textberichterstattung war eine typische Celebrity-Story. Das KG geht davon aus, dass an einer Reihe bestehender verfas-sungsrechtlicher Grundsätze festzuhalten sei, auch soweit sie im Urteil des EGMR keinen oder kaum Niederschlag gefunden haben. Der Senat sah auch keinen Anlass, den Begriff der „absoluten Person der Zeitgeschichte“ gänzlich fallen zu lassen oder auf Inhaber politischer Ämter zu beschränken. Bemerkenswert ist, dass das KG dies mit der abweichenden Meinung aus dem Urteil der III. Sektion selbst begründet. Das KG folgt der III. Sektion also deshalb nicht, weil es von seiner Begründung nicht überzeugt ist. Nach Auffassung des Senats entspräche es aber durchaus Art. 1 I und Art. 2 I GG, wenn der EGMR einen Schutz von Prominenten bei rein privaten Tätigkeiten im Alltagsleben vor einer Verfolgung durch Fotografen vorsehe. Es sei mit Art. 5 GG vereinbar, das Recht Prominenter und ihrer vertrauten Begleiter über Orte der Abgeschiedenheit hinaus zu erstrecken. Die Bindungswirkung des „Caroline II“-Urteils des BVerfG37 sei insoweit „gelockert“38. 2. Rechtsprechung des OLG Hamburg Nach Ansicht des OLG Hamburg beeinflussen die vom EGMR konturierten Gewährleistungen der EMRK die Auslegung der Grundrechte in der Weise, dass die EMRK als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrech-te und der rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes diene, sofern dies nicht zu einer Einschränkung oder Minderung des Schutzes nach dem Grundgesetz führe39. Im Konfliktfall, immer also, wenn Ausführungen und Feststellungen des BVerfG gem. § 31 BVerfGG binden, beanspruche das Grundgesetz weiter Vorrang. Dies gelte auch für die entscheidungser-heblichen Feststellungen des Gerichts zum Umfang des Privatsphärenschutzes und zum mangelnden Rückzugsbedürfnis an Plätzen, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet40. Daher war nach Auffassung des OLG Hamburg die Veröffentlichung von Bildnissen, die Ernst August Prinz von Hannover und Prinzessin Caroline im Urlaub in Kenia bei einem Spaziergang auf einer öffentlichen Straße unter Leuten zeigen, im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Vermietung deren kenianischer Villa zulässig41. Nichts anderes galt für ebenfalls im öffentlichen Raum, nicht in einer Situation der Abgeschiedenheit aufgenommene Fotos aus einem Ski-Urlaub, die im Zusammenhang mit einer Textberichterstattung über die Erkrankung des Fürsten von Monaco42 oder im Zusammen-hang mit einer Berichterstattung über den winterlichen Andrang Prominenter und vor allem Adeliger in St. Moritz43 und über den Rosenball in Monaco44 veröffentlicht wurden. 3. Rechtsprechung des BGH Der BGH hat nunmehr anhand der soeben skizzierten Fälle zu dieser divergierenden Rechtsprechung der Oberlandesgerich-te und zum Loyalitätskonflikt der Rechtsprechung zwischen EGMR und BVerfG Stellung genommen45. Im Ergebnis sah er die Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit der Wortberichterstattung über die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco als zulässig an46. Die Erkrankung des Fürsten und die Wortberichterstattung dazu, wer sich um das Staatsoberhaupt kümmere, seien als zeitgeschichtliche Ereignisse anzusehen, über das auch mit die Wort-berichterstattung dokumentierenden Bildern aus der „Privatsphäre“, zu denen nach Auffassung des BGH Urlaubsbilder stets zählen sollen, berichtet werden dürfe. Artikeln über Adelstreffen in St. Moritz, die Vermietung der Villa in Kenia oder eine neue Beziehung von Herbert Grönemeyer nach dem Krebstod seiner Ehefrau behandelten dagegen keine Gegenstände von „objektivem Informationswert“; ein Bericht über den Rosenball in Monaco (vergleichbar mit dem Bundespresseball) rechtfer-

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    tigte keine Veröffentlichung von Urlaubsbildern, weil es jedenfalls an einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem zeitge-schichtlichen Ereignis fehle47. Anders als die Oberlandesgerichte sah der BGH nicht einmal Anlass, sich näher mit der Frage der Bindungswirkung verfas-sungsgerichtlicher Urteile auseinanderzusetzen: Eine Bindungswirkung an Entscheidungen des BVerfG stehe der neuen Rechtsprechung nicht entgegen, weil die Caroline-Entscheidung des BVerfG48 nicht ausschließe, bei der Interessenabwä-gung zwischen Privatsphäre und Pressefreiheit den Informationswert einer Veröffentlichung stärker zu berücksichtigen. Der von den Vorinstanzen unterschiedlich beurteilte, seit jeher umstrittene Privatsphärenschutz wird also für die konkreten Fälle unterstellt, nicht begründet und - was angesichts der Gründe für die Zulassung der Revision zwingend gewesen wäre - nicht diskutiert49. Kein Wunder: Das BVerfG hatte einen Privatsphärenschutz für außerha