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Brennpunkt Bildung: Von der Frühförderung bis zur Erwach- senenbildung. Wie ist es um die Teilhabe der Menschen mit Beeinträchtigung am Bildungssektor bestellt? BILDUNG für ALLE Österreichische Post AG / Sponsoring.Post 02Z033483 S Jahrgang 23, Nr. 2/2012

BILDUNG für ALLE - Lebenshilfe Steiermark: … · Seite 9 Felix auf dem Weg ins Glück Im heilpädagogischen Kindergarten setzen Kinder mit Ent ... mit Behinderung gibt den Weg zur

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Brennpunkt Bildung: Von der Frühförderung bis zur Erwach-senenbildung. Wie ist es um die Teilhabe der Menschen mitBeeinträchtigung am Bildungssektor bestellt?

BILDUNG für ALLE

Österreichische Post AG / Sponsoring.Post 02Z033483 S Jahrgang 23, Nr. 2/2012

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Lebenshilfe Steiermark | Thema

Kunst & Literatur

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Lebenshilfe Steiermark | Thema

Kunst & Literatur

Liebe Leserin,lieber Leser!

Das Leben verän-dert sich, alles gehtschneller und unserDurst nach Wissenwird größer; waseinmal gelerntwurde, muss nicht

für immer Gültigkeit haben. „Updates“ sind ge-fragt ... hier ein Seminar, da eine Fortbildung fürden Berufsalltag – und dann noch das privateInteresse an einem Malkurs oder einer Stimm-ausbildung. Das Leben ist Lernen – und das tunwir ein Leben lang.„Bildung für alle“ ist ein Thema, das die Gesell-schaft fordert, alte Denkweisen zu brechen undin ein neues Zeitalter zu gehen. Immer mehrMenschen mit Beeinträchtigungen fassen Fußim Berufsleben – somit ist Weiterbildung füralle ein „Muss“ geworden. Auch hierfür heißtdas Zauberwort „Inklusion“. Menschen mit Be-hinderung sind selbstverständlicher Teil unse-rer Gesellschaft und dürfen nicht längerausgeschlossen werden!

In dieser Ausgabe dreht sich alles um die Inklu-sive Bildung. Schulexperten und Interessenver-treter sind sich einig, dass die Zukunftausschließlich in der „Schule für alle“ liegt. Ganzeindeutig setzen sie ein Statement und pro-phezeien den Sonderschulen das „Aus“. LangeZeit wehrte sich Lehrer- und Elternschaftgegen den gemeinsamen Unterricht von Kin-dern mit und ohne Behinderung. Es hieß, dieeinen hielten die anderen vom Lernen ab ... ZuUnrecht, wie zahlreiche Studien und die Erfah-rung engagierter Experten beweisen. KarinMuch, ist eine unserer Gastautorinnen. AufSeite 14 gibt sie uns einen Einblick in ihre 20-jährige Arbeit als Sonderschullehrerin. Sie er-zählt die Geschichte eines schwersbehindertenJungen, der mit seiner besonderen Art für Aus-gewogenheit und Fröhlichkeit an der ganzenSchule sorgte. Auch Bernd Schilcher, der ehe-malige Landesschulratspräsident spricht sich füreinen Paradigmenwechsel im Bildungsbereichaus. Ja, und dann haben wir noch Geschichtengesammelt – von Menschen, die es geschaffthaben, sich in einem nicht immer für alle fairenSchulsystem zu bilden ...

Herzlichst,Nicole Rubisch

Lebenshilfe Steiermark | Foyer

Editorial

Thema

Seite 4 Bildung für alle?Menschen mit Beeinträchtigung wollen leben und arbeiten „wie andere auch“. – Dazu braucht es Bildung. Wir habenuns umgehört, wie es um die Teilhabe am Bildungssektor bestellt ist.

Seite 6 Inklusion: Von der „Gnade“ zum MenschenrechtDr. Bernd Schilcher macht mit seinem Buch „Bildung nervt“ auf das Geschehen am Bildungssektor aufmerksam.

Seite 9 Felix auf dem Weg ins GlückIm heilpädagogischen Kindergarten setzen Kinder mit Ent- wicklungsverzögerungen Schritte in ein inklusives Leben.

Seite 10 Mit den richtigen Zutaten in’s LebenKatharina ist 20 Jahre alt und absolviert eine Teilqualifizierungslehre zur Köchin bei der Lebenshilfe.

Seite 12 Die Inklusive SchuleBildungsexperte Bernhard Schmid sieht die Sonderschule alsAuslaufmodell und befürwortet die Schule für alle.

Seite 14 Es braucht GleichgewichtKarin Much ist Sonderschullehrerin; seit 20 Jahren erlebt siesoziale Integration „live” an einer Grazer Schule.

Seite 16 Zwei famose SchwesternDie Schwestern Sabrina und Barbara Giessauf haben trotz intellektueller Beeinträchtigung Jobs als Restaurant-fachfrauen gefunden und die Ausbildung gemeistert.

Seite 17 Gemeinsam lernenMenschen mit Behinderung lernen an der Volkshochschule.

BILDUNG

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Thema

Seite 18 Am Ziel der TräumeBianca Margreitner arbeitet seit Anfang Mai als Fachsozialhelferin bei der Lebenshilfe.

Seite 19 „Auch wir Lehrer haben viel gelernt”Integrative Behindertenbildung: Eine Grazer Schule bildet Menschen mit Behinderung zu FachsozialhelferInnen aus.

Seite 20 Bildung für alle – ein Leben langDie Lebenshilfe fordert freie Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung am Bildungssektor.

Seite 22 Bildung erweitert den Horizont„Allgemeine Bildung“ und „Lebenslanges Lernen“ sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtige Schlagwörter.

Aktuell

Seite 24 Auf Goldenen FlügelnThomas Trummer über seinen Ausflug mit einer Bikerrunde.

Seite 25 Stockerlplatz für’s SchulbuffetDie Arbeiterkammer nahm steirische Schulbuffets genauer unter die Lupe: die Lebenshilfe ist vorn.

Seite 27 Partnersuche

Beratung

Seite 28 Inklusion im BildungsbereichSeite 29 Sprechtage der Rechtsberatung Seite 30 Tipps & News aus der Rechtberatung, Impressum

VorwortDie UN-Konvention über die Rechte von Menschen

mit Behinderung gibt den Weg zur Inklusion vor.

Dieses wegweisende Bestreben kommt auch im

Artikel 24, der das Recht auf gemeinsames Lernen

bzw. den Zugang zu einem integrativen Unterricht

festschreibt, zum Ausdruck. Die Möglichkeit des

Lebenslangen Lernens – beginnend im Kindergar-

ten bis zur Erwachsenenbildung – soll keinem Men-

schen vorenthalten werden. Mit der Ratifizierung

der UN-Charta hat sich Österreich verpflichtet, ein

inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen zu in-

stallieren, das Menschen mit Behinderung die not-

wendige Unterstützung und Begleitung im

schulischen Alltag bieten kann. Eine zugegebener-

maßen noch „papierene“ Vision, da die Rahmenbe-

dingungen für Inklusive Bildung, die insbesondere

über die 8. Schulstufe hinausgeht, zum Teil erst ent-

sprechend verankert werden müssen. Der Entfal-

tungsspielraum für Menschen mit Behinderung ist –

trotz diesbezüglich richtungsweisender Beschlüsse

und Anträge im Nationalrat – nach wie vor sehr eng

gesteckt. „Lernen wie andere auch“ darf aber nicht

als bloß zeitlich begrenzter und routinierter Bil-

dungsauftrag verstanden werden, sondern vielmehr

– im inklusiven Sinne – als individuell unterstützter

Prozess, der soziale Kompetenzen schult und die

persönliche Entwicklung fördert. Die Lebenshilfe

wird, wie Sie in dieser Ausgabe nachlesen können,

diesen Weg des miteinander und voneinander Ler-

nens konsequent weiterverfolgen.

Wilfried Schindler,

Präsident des Landesverbandes

der Lebenshilfe Steiermark.

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Bernhard Schmid: „Mein 20-jährigerSohn Alexander hat Down-Syndrom mithöherem Unterstützungsbedarf. Er hat inWien bis zur 8. Schulstufe Integrations-klassen besucht, dann einen Berufsorien-tierungslehrgang. Obwohl der Unterrichtin den Hauptfächern für die ‚I-Kinder’ unddie Sonderpädagoginnen oft getrenntvom Regelschulbetrieb ablief, hat AlexSchreiben und Lesen gelernt und vomUmgang mit den MitschülerInnen ohneBeeinträchtigung viel profitiert! Wie gutwäre es ihm erst in der ‚Inklusiven Schulefür alle Kinder’ gegangen?“Bildungsexperte, Generalsekretär der Le-benshilfe Wien

Franz-Joseph Huainigg: „Die Son-derschule hat ausgedient! In Österreichgibt es derzeit rund 27.000 Schülerin-nen und Schüler mit sonderpädagogi-schem Förderbedarf. Die Hälfte dieserKinder besucht eine Sonderschule, dieandere Hälfte eine Integrationsklasse ineiner Regelschule. Das ist seit zehn Jah-ren unverändert. Durch die Schulinte-gration Anfang der 1990er Jahre hatsich die Zahl der Sonderschulen nichtwie erwartet verringert, sondern essind verhaltensauffällige Kinder oderKinder mit Migrationshintergrund zu

behinderten Kindern gemacht worden.Das doppelgleisige System ist das teuers-te überhaupt, aber im Sinne der Schüle-rInnen nicht das sinnvollste. Daherplädiere ich für die Schließung der Son-derschule zugunsten eines qualitätsvoll in-klusiven Unterrichts. Von den neuenRahmenbedingungen – wie zum Beispielzwei LehrerInnen, offener Unterricht, in-dividualisierte Lehrpläne etc. – würdennicht nur die behinderten, sondern auchdie nichtbehinderten Kinder profitieren.”Nationalratsabgeordneter und Behinder-tensprecher

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Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

Bildung für alle!Menschen mit Beeinträchtigung wollen leben und arbeiten „wie andere auch“. Dazu gehört auch Bildung.Diese beginnt mit der Förderung im Kindesalter und endet in der Erwachsenenbildung. Doch sind unsereSchulen und Ausbildungsstätten an die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung angepasst? Artikel 24der UN-Behindertenrechtskonvention schreibt es gesetzlich fest. Wir haben nachgefragt, wie die Realitätrund um das Bildungswesen aussieht.

BrennpunktBildung:

Wie ist es um die Teilhabe amBildungssektor bestellt? SindKindergärten, Schulen, Ausbil -dungsstätten für Menschen mitBehinderung offen?

Die 24-jährige Bianca Margreiter unterstützt Menschen mit Beeinträchtigungim Lebenshilfe-Seniorenzentrum am Rosenhain in Graz. Die Qualifikation dafürhat sie in einer zweijährigen Ausbildung an der Caritas-Schule erworben.

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Bianca Margreitner: „Wegen einer Ge-hirnblutung bei meiner Geburt ist meinräumliches Vorstellungsvermögen starkeingeschränkt. Meine Mama wollte nicht,dass ich in eine integrative Schule gehe.Mit ihrer Hilfe habe ich die normaleVolks- und Hauptschule bei uns daheimgeschafft. Sie hat viel mit mir gelernt. Vorallem Mathematik war sehr schwer fürmich. Nach dem Polytechnikum war mirklar, dass ich in den Sozialbereich möchte.Ich habe ja schon in der 4. Klasse Haupt-schule bei der Lebenshilfe in Feldbach einPraktikum gemacht; dort hat es mir sehrgut gefallen. Zuerst habe ich die Vollaus-bildung probiert, das hat aber nicht funk-tioniert. Gott sei Dank habe ich noch eineChance gekriegt, die Ausbildung bei derCaritas im Rahmen des Projektes IBB zumachen!“Fachsozialhelferin im Lebenshilfe-Senioren-zentrum am Rosenhain

Ute Gudera: „Wir bilden an unsererSchule Menschen mit Lernschwierigkei-ten im Rahmen eines integrativen Unter-richts zu FachsozialhelferInnen aus.Soziale Fähigkeiten sind nicht angeboren,sie werden im Austausch miteinander er-worben. Unsere Kultur prägt unser Mit-einander und gibt vor, was erwünschtund erstrebenswert ist. Im Laufe ihrerSozialisation haben Frauen und Männermit Lernschwierigkeiten ihre Identitätauch als ‚Mensch mit Lernschwierigkei-

ten’ entwickelt. Vieles davon wird imRahmen der integrativen Ausbildung inFrage gestellt und sehr mutig stellen siesich Fragen wie: ‚Was bin ich wert?’ ‚Zuwelcher Gruppe gehöre ich?’ ‚Was istmeine Behinderung?’ ‚Wer bin ich eigent-lich?’ Dass dies zu einer enormen Erwei-terung der persönlichen Kompetenzenund einer Neukonstruktion ihrer Wirk-lichkeit führt, erleben wir Tag für Tag.“Lehrerin am Ausbildungszentrum für Sozi-alberufe der Caritas

Andrea Schröttner: „Da gerade beiMenschen mit Lernschwierigkeiten ihrpersönliches Portfolio sehr unterschied-lich ist, sind auch ihre Lernchancen undMöglichkeiten verschieden. So versuchenwir im Rahmen der Ausbildung an unse-rer Schule einen individuellen Kompe-tenzkatalog für jede und jedenFachsozialhelferIn zu erstellen, damit dieberufliche Eingliederung erleichtert wird.“Lehrerin am Ausbildungszentrum für Sozi-alberufe der Caritas

Ursula Vennemann: „Ausgehend vonder Idee des gemeinsamen Unterrichtsfür Kinder mit und ohne Behinderung vorbeinahe 30 Jahren, kam es vor allem inder Steiermark zu einer Entwicklung, diefür die Wegbereiter nicht zu erwartenwar. Viele engagierte LehrerInnen, Elternund Behörden trugen dazu bei, dass dergemeinsame Unterricht heute ein fester

Bestandteil in der Bildungslandschaft ist.Nun ist es vor allem wichtig, auf die Qua-lität der inklusiven Ausbildung zu achtenund die berufsbildenden Schulen weiterzu erschließen. Viele positive Beispieleermutigen uns dazu.”Ehemalige Behindertenbeauftragte und Eh-renpräsidentin der Lebenshilfe Steiermark

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Lernen fällt vielen Menschen schwer. Egal, ob jemand nun eine Behinderung hat oder nicht: Es braucht die richtigenRahmenbedingungen und das richtige Maß an Unterstützung, damit das Lernen Freude bereitet.

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Am Anfang war es eine „Grass-roots-Bewegung“, wie auseinem Lehrbuch der Politikwis-

senschaft. Eltern behinderter Kinder undeine Reihe von beherzten Lehrerinnenhaben sich im Burgenland, in Tirol und inder Steiermark zusammengetan und umSchulversuche zum integrativen Unter-richt angesucht. Das war zu Beginn der1980er-Jahre. Und siehe da: Nach hun-dertdreißig Jahren der Absonderung aller„Abnormen“, wie sie ursprünglich hießen(Erste Anstalt für solche Kinder war die„Levana“ in Baden/Wien 1857), leiteteder damalige Unterrichtsminister Moritz1986 eine Gegenbewegung ein. „Ich binüberzeugt“, sagte er nach der Genehmi-gung der ersten Schulversuche zur Inte-gration, „dass eines Tages in Österreichnicht nur in der Volksschule, sondernauch in der Hauptschule behinderte Kin-der ganz selbstverständlich mit gesundenKindern unterrichtet werden.“

Sieben Jahre später: Der zuständigeMinister Scholten war zutiefst überzeugt,dass es keine vernünftigen Gründe für dieAussonderung von Kindern mit besonde-ren Bedürfnissen gäbe. Also setzte er mitden SchOG-Novellen 1993 für Volks-schulen und 1996 für die Sekundarstufe Idurch, dass alle Eltern von behindertenKindern ein Wahlrecht zwischen „nor-malen“ und Sonderschulen hatten.

Das klingt einfacher als es in der Praxiswar. Zunächst reagierten einzelne Lehre-rInnen, DirektorInnen und Schulinspek-torInnen höchst unterschiedlich auf dieneue Rechtslage. Vielezogen von Anfang anbegeistert oder zumin-dest tapfer mit, andereblockierten, wo siekonnten. Immer wie-der mussten Elternvon behinderten Kindern um die Auf-nahme in integrative Schulen betteln.Dabei kam es ganz auf die jeweiligen Lan-desfürstinnen und ihre amtsführendenLandesschulrats-Präsidenten an. Warendie überzeugt, dass die Integration falsch

war, galt weniger das Gesetz als die„Gnade“ und umgekehrt. Das lässt sichleicht von den Ergebnissen ablesen. Sosind in der Steiermark 84 Prozent aller

PflichtschülerInnen in-tegriert, während Vor-arlberg mit mageren35 Prozent dasSchlusslicht bildet. Da-zwischen liegen diesieben anderen Län-

der. Das überrascht nicht. Denn in derSteiermark waren alle Landeshauptmän-ner, ob männlich oder weiblich, stets fürdie Integration. Am nachhaltigsten Her-mann Schützenhöfer. Stark unterstütztwurden sie von Dr. Gitti Petritsch, Mag.

Inklusion: Von der „Gnade“zum MenschenrechtDr. Bernd Schilcher macht mit seinem Buch „Bildung nervt“ auf das Geschehen am Bildungssektoraufmerksam: Eltern, deren Nerven blank liegen, Kinder, die die Schule satt haben, überforderte Lehrerund ein Klassenkampf um die Bildung. Für „Lebenshilfe” macht der Bildungsexperte eine Bestandsaufnahme.

Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

Vielfalt und Buntheitwerden künftig alsChance gesehen.

„Es gibt kein Kind, das nicht irgendetwas besser kann als ich. Diese Begabung zu entdecken und zu fördern gibt jedem Kind seine Würde und der Erziehung ihren tieferen Sinn.“ Pater Ziegler, SJ

Mit der richtigen Förderung und Unterstützung steht dem Lernerfolgnichts im Wege. Doch ist das Bildungssystem gut genug?

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Theresa Rosenkranz, Dr. Walter Eigner,Volker Rutte, Ursula Vennemann und vie-len anderen.

Wieso jedes Bundesland in entschei-denden Fragen der Schule seine ganz eigene Politik machen kann, gehört zuden Geheimnissen der österreichischenSchulstruktur. Denn an sich sind die zuständigen Landesschulräte Bundesbe-hörden, welche die Bundes-Integrations-gesetze völlig gleichmäßig durchführen

müssen – besser gesagt „müssten“. Dennnach der Realverfassung machen die Lan-deshauptleute und ihre Präsidenten inden Landesschulräten, was sie wollen.Also haben wir im österreichischenDurchschnitt bloß 50 Prozent Integrationund 50 Prozent Sonderschulen. Das istschulpolitisch wie pädagogisch schlechtund finanziell eine Katastrophe. Dennnichts ist teurer als die Addition der Kos-ten aus zwei völlig unterschiedlichen Sys-temen.

In der Steiermark wird das Wahlrechtder Eltern allerdings recht eindeutig be-nützt. Man entscheidet sich für eine Son-derschule meist dann, wenn sie ganztägiggeführt wird. Wohnortnahe Regelschulenbieten das immer noch nicht. Doch sindandererseits sinnesbehinderte Kinderdort bestens aufgehoben. Laptops undspezielle Lesegeräte können auf jedemSchülerinnen-Platz aufgestellt werden.Dazu unterrichten die Speziallehrerinnenaus dem SPZ (SonderpädagogischenZentrum, Anm. der Red.), die dann meistauch für den nötigen „Kompetenztrans-fer“ sorgen. Kommen z.B. „SpezialistIn-nen“ zu einem blinden Kind in die Klasse,so lernen Lehrerinnen wie Schülerinnensehr oft die Braille-Schrift. HörbehinderteKinder haben heute meist ein Chochlea-Implantat und können so dem allgemei-nen Unterricht problemlos folgen. Aberauch die gebärdeunterstützte Kommuni-kation ist für alle erlernbar. Solche solida-rischen Akte fördern den Gemeinschafts-sinn und das heute so wichtige Zusam-mengehörigkeitsgefühl: Wir lernen, mit-einander zu leben.

Schlüsselwort Inklusion. Das meintnun auch der schon berühmte Artikel 24der UN-Konvention für Menschen mit

Behinderung. Er untersagt den weiterenAusbau von Sonderschulen und verlangt,das Wahlrecht der Eltern Schritt fürSchritt durch den Besuch von inklusivenSchulen zu ersetzen. Da Österreich dieseKonvention 2008 ratifiziert hat, ist sie be-reits geltendes Recht. Das heißt, wir sindzu den erwähnten Maßnahmen jedenfallsvölkerrechtlich verpflichtet. Auch wennwir die dazu notwendigen österreichi-schen Gesetze noch immer nicht erlas-sen haben.Dieser Paradigmenwechsel von der Inte-gration zur Inklusiven Schule ist die logi-sche Konsequenz des gemeinsamenLernens als Menschenrecht. Es lässt sichnicht auf behinderte Kinder beschränken,sondern umfasst alle: Die Angehörigensämtlicher sozialer Schichten, aller Kultu-ren und Religionen. Vielfalt und Buntheitwerden künftig als Chance gesehen. >>

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Wir lernen, miteinander zu leben.

DerAutorDr. Bernd Schilcher istOrdinarius für BürgerlichesRecht an der Universität Graz.Von 1976 bis 1993 war er VP-Abgeordneter zumSteiermärkischen Landtag; von1974 bis 1991 Vertreter derSteiermark im ORF-Kuratorium; von 1989 bis 1996übte er das Amt desPräsidenten desLandesschulrates fürSteiermark aus und war bisJuni 2001 Vorstand desInstituts für BürgerlichesRecht an der Universität Graz.Seit 2003 ist Bernd Schilcherim Ruhestand. Zuletztveröffentlichte er das Buch„Bildung nervt“.

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Lesen Sie weiter auf Seite 8

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Lebenslanges LernenDie Lebenshilfe fordert ein durchlässiges Schulsystem von der Pflichtschule biszur Oberstufe, an dem Schüler und Schülerinnen mit Beeinträchtigungen teil-nehmen können.

„Kinder mit Beeinträchtigungen und ihre Eltern sollten in erster Linie das Angebot erhal-ten, eine inklusive Schule zu besuchen. Das gegenseitige Lernen von Kindern mit undohne Behinderungen befähigt zu einer solidarischen Grundeinstellung und stellt einen un-schätzbaren Wert für unsere Gesellschaft dar”, sagt Lebenshilfe-Präsident Univ.-Prof. Dr.Germain Weber. Die Umsetzung der Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskon-vention erfordert eine Umwandlung der Sonderschulen in Inklusive Schulen. Diesen Re-formprozess hat die Lebenshilfe bereits vor zwei Jahren mit ihrem Stufenplan zurInklusiven Schule angeregt, der bis 2016 einen schrittweisen Umbau des Schulsystemssowie eine Umverteilung der Ressourcen der Sonderschulen in Inklusive Schulen vor-sieht. Auch die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) ortet Lück-en in der inklusiven Kinderbetreuung. Erfahren Sie mehr darüber auf Seite 28.

„Die Ängste der Eltern sind oft sehrgroß“, sagt die Leiterin des Heilpädago-gischen Kindergartens Angelika Vogler.Immer wieder stellen ihr besorgte Müt-ter die Frage: „Mein Kind spricht nicht.Wird es trotzdem verstanden undkommt es in der Gruppe zurecht?“Neben der therapeutischen Förderung –

wie Sprachförderung, Mototherapie,Entwicklungsförderung und psychologi-scher Betreuung – ist das soziale Lernenein Themenschwerpunkt. „Alle Kinderlernen aufeinander Rücksicht zu nehmenund die Bedürfnisse anderer besserwahrzunehmen“, unterstreicht AngelikaVogler.

Lernen & LachenIm Heilpädagogischen Kindergarten der Lebenshilfe Trofaiach treffensich Kinder mit und ohne Behinderung. Es ist ein Ort der Förderungund der Begegnung. Hier öffnet die Lebenshilfe das Tor zur Schuleund ins weitere Leben.

Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

In Trofaiach gibt es einen Kindergarten für Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen. Denn alle haben besondere Bedürfnisse.

Vorausgesetzt, man lernt damit umzu-gehen. Entscheidend ist die individuelleFörderung aller Begabungen jedes ein-zelnen Kindes so wie die Umstellung aufdas schon längst bekannte „Peer-Lear-ning“. Kinder lernen am besten vonGleichaltrigen oder älteren. Je unter-schiedlicher die einzelnen Begabungen,desto besser. Vor allem profitieren diebesonders Leistungsstarken. Man ver-steht für sich selbst bekanntlich viel ra-scher als man in der Lage ist, dasVerstandene so weiterzugeben, dass esauch andere begreifen. Da muss alleswirklich „sitzen“. Nur dann kann man esklar und deutlich vermitteln. Das heißt,die Resultate müssen zu einem „Volks-lied“ werden, wenn sie wirklich Bestandund Verbreitung haben sollen. Das weißjeder Student, der jemals Nachhilfe er-teilt hat.

Was wir noch vor dreißig Jahren als „aus-nahmsweises Glück“ oder eine beson-dere „Gnade“ empfunden haben,nämlich dass ein behindertes Kind mitnicht behinderten Kindern gemeinsam,sprich: integrativ lernen darf, ist heuteein weltweit gültiges Menschenrecht ge-worden. Nämlich möglichst lange ineiner inklusiven Schule für alle unter-richtet und auf das Leben vorbereitet zuwerden. Und zwar als selbständiges In-dividuum, nicht als anonymer Teil einerSchulklasse oder gar einer ganzen„Kompanie“, wie das noch bis tief ins 19.Jahrhundert hinein der Fall war.

Fortsetzung von Seite 7

Es steht und fällt mit derindividuellen Förderung.

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Felix war ein unsicheres Kind undlitt an großen Ängsten. Der Bubwar vier, als er zu uns kam. Trotz

seiner kognitiven Fähigkeiten war es fürihn beinahe unmöglich, sich für einigeStunden von seinen Eltern zu trennen.Fremde Umgebung und neue Bezugs-personen erlebte er als bedrohlich unddas verstärkte seine Ängste. In der „ko-operativen Stammgruppe“ des Kinder-gartens, in der maximal sieben Kinder mitBehinderung betreut werden, berück-sichtigten wir seineBedürfnisse in beson-derer Weise. Wir bau-ten den Kindergarten-besuch schrittweiseauf; schufen positive Verknüpfungen mitVerabschiedungsritualen und natürlichbegleiteten und unterstützten wir die El-tern intensiv. Es war für alle Familienmit-glieder ein schwieriger Prozess.

Große Fortschritte. Langsam lernteFelix, Vertrauen zu anderen Erwachse-nen aufzubauen, sich an einen struktu-rierten Tagesablauf zu gewöhnen und Teilder Gruppe zu werden. Die gewonneneSicherheit ermöglichte ihm große Ent-wicklungsfortschritte. So begann er sichimmer mehr – wenn auch leise undschwer verständlich – mitzuteilen. Durchdie Übernahme kleiner Aufgaben im Ta-gesablauf gewann er Selbstsicherheit undfühlte sich im Kindergarten immer woh-ler. Er begann sich für die anderen Kinderzu interessieren.Nach einem Jahr intensiver Begleitungund zusätzlicher sprachlicher und psy-chologischer Betreuung, wechselte Felixin eine unserer drei Integrationsgruppen.Anfangs war er überfordert und nervös,sehr bald aber machte er sich mit denneuen Bedingungen vertraut und nahm

Kontakt mit den anderen Kindern auf. Erlernte wahrzunehmen, was die anderenvon ihm wollten und reagierte angemes-sen. Auch die Vermittlung seiner Bedürf-nisse fiel ihm langsam leichter. Wir warenglücklich, als Felix sich traute, manche Re-geln nicht einzuhalten bzw. zu über-schreiten. Diese neugewonneneSicherheit stellte einen wichtigen Ent-wicklungsschritt dar. Damit war gesi-chert, dass Felix sich in einer Schulklassezurechtfinden und seinen Platz im Leben

einnehmen würde.

Die Förderung dergrundsätzlichen Berei-che ist Voraussetzung

dafür, dass die schulischen Anforderun-gen von den Kindern positiv bewältigtwerden können. Wie bei allen Kindern,

die unseren Kindergarten besuchen,wurde auch bei Felix der Übergang in dieSchule wohl überlegt. Die Erhebung desEntwicklungsstandes und eine beglei-tende Elternberatung sind Voraussetzungdafür, dass der Wechsel in die Schule gutvorbereitet wird. Auf Wunsch der Elternwird der Kontakt zur Schule und der zu-künftigen Lehrperson hergestellt, um dievielen Informationen und gewonnen Er-fahrungen weiterzugeben.So war das Lehrpersonal auf die Stärkenund Schwächen des Kindes vorbereitetund der Schulbeginn verlief ohne größereSchwierigkeiten. In den ersten Jahren be-nötigte Felix noch eine zusätzliche son-derpädagogische Förderung; mittlerweilebesucht er die Hauptschule und ist eindurchschnittlich begabter und gut inte-grierter Schüler.

Felix auf dem Weg ins GlückDer 13-jährige Felix hat viel gelernt in seinem Leben. Heute geht er in die Hauptschule und ist ein gutintegrierter Schüler. Das war nicht immer so. Als er vor zehn Jahren in den Kindergarten der LebenshilfeTrofaiach kam, hatte er große Ängste und isolierte sich. Wie die Integration doch geklappt hat, schildertAngelika Vogler, die Leiterin des Heilpädagogischen Kindergartens.

Vielen Kindern fällt der Loslösungsprozess schwer. Lehrer können helfen, dasVertrauen ins Leben und in andere Menschen zu stärken.

Vom Kindergarten in die Schule.

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K atharina ist lebenslustig undoffen; sie spricht gern über ihrLeben, die Familie, ihre Freunde

und die Arbeit. „Ihre Art macht es ihrleicht, sich in jeder Umgebung zurecht-zufinden; außerdem gibt ihr ihre Mutterstarken Halt und Katharina hat wirklichviele Talente“, sagt ihre Ausbildnerin MariaKröll. Sie begleitet die 20-Jährige imzweiten Lehrjahr in der Werkstätte BadRadkersburg. Katharina möchte Köchinwerden. Auch in der Berufsschule ist diejunge Frau beliebt: „Ich habe mich schnellmit den MitschülerInnen angefreundetund auch die LehrerInnen sind sehr nett.Das Lernen macht mir sehr viel Spaß. Ichhabe immer versucht, die Aufgaben zuHause alleine zu erledigen. Wenn es not-

wendig war, hat mir meine Mutter gehol-fen. Die Mama ist immer für mich da“,sagt Katharina und fügt hinzu: „Auchwenn es mir mal nicht so gut geht.“ Dannerzählt sie von einer Auseinandersetzungmit einer Schulkollegin, die sie gestoßenhatte. „Das war nicht fair, aber wir habenuns das wieder ausgemacht ... Ja, ich binganz gut in die Klassengemeinschaft inte-griert – manche sagen sogar, ich bin eineStreberin“, lacht sie.

Katharinas Bildungsweg begann imBad Radkersburger Kindergarten, dannfolgte die Volksschulzeit und nach derPflichtschule absolvierte sie die Fach-schule für Land- und Ernährungswirt-schaft Halbenrain – St. Martin. Als sie mitder Schule fertig war, stellte sich dieFrage: „Was nun?“ Und dann hörte Ka-tharina von der Möglichkeit, die Teilqua-lifizierungslehre bei der Lebenshilfe inBad Radkersburg zu machen. Sie ergriffdie Chance, obwohl heute wie damalsnicht immer alles leicht von der Handgeht: „Die Schneidetechniken waren amAnfang sehr schwierig für mich; ich habedas Messer ganz steif gehalten. Aber dieArbeit ist mir wichtig, sie macht Spaß.Das Kochen ist schwerer als das Lernen,ich brauche viele Erklärungen und ichmuss es oft ausprobieren“, sagt sie.

Theorie & Praxis. Bei der Umsetzungbegleitet sie Ausbildnerin Maria Kröll:„Katharina braucht eine genaue Anleitungund die Arbeitsschritte müssen wir ihreinzeln erklären. Aber dafür sind wir daund Katharina hat gute Chancen, dass siesich auch ohne die Lebenshilfe in ihremspäteren Leben gut zurechtfinden wird.Katharinas Traum von Arbeit und Familie,so wie andere ihn auch haben, wird in Er-füllung gehen. Es wird nicht leicht sein ...Aber sie ist in kleinen Schritten auf demWeg dorthin.“ Katharina: „Jetzt kommterstmal meine Abschlussprüfung, für dieich noch viel lernen muss!“

Mit den richtigenZutaten in’s LebenKatharina ist 20 Jahre alt und absolviert eine Teilqualifizierungslehre zur Köchin bei der LebenshilfeRadkersburg. Von Marlene Pirkheim

Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

Katharina: „Ich binschon sehr stolz

auf mich!“

Katharina möchte Köchin werden; bei ihrer Ausbildung begleitet siedie Lebenshilfe.

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Lebenshilfe: Thomas, was waren deine Er-wartungen an die erste Berufsschulklasseund das Lehrlingsheim?Thomas Koitz: Ich war anfangs schonnervös, weil ich nicht genau wusste, wasauf mich zukommen wird. Es ist aufre-gend, wenn man in eine neue Schulekommt, seine MitschülerInnen noch nichtkennt und nicht genau weiß, wie umfang-reich der Lernstoff wirklich sein wird.

Wie war dein erster Schultag?Am ersten Tag haben sich die Lehrergleich einmal vorgestellt, wir haben danneine Schulführung gemacht und uns dasSchulgebäude, die Gärtnerei und dasLehrlingsheim angeschaut. So konnteman sich untereinander gleich einmaletwas kennenlernen, das hat mir sehr ge-holfen.

Wenn du heute an die erste Klasse zurück-denkst, welche Erfolge gab es?Ich habe viel Fachliches dazugelernt, zumBeispiel kenne ich nun die botanischenBegriffe von vielen Pflanzen und Bäumen.Ich habe auch viele neue Fachbegriffe ge-

lernt und auch der praktische Unterrichthat mir sehr gefallen. Wir hatten auch Re-ferate zu halten und da ich etwas schüch-tern bin, ist es nicht ganz so leicht fürmich, vor vielen Menschen zu reden.Aber ich wurde gut unterstützt und habemich sehr gesteigert, darauf bin ich stolz.Und natürlich freut es mich, dass ich dieKlasse geschafft habe.

Du sprichst die Unterstützung in der Be-rufsschule an, wie hat diese genau ausgese-hen?Ich muss sagen, dass meine LehrerInnenmich immer gut unterstützt haben. Esgibt aber auch eine Studierstunde; hierkönnen sich die SchülerInnen auf Prüfun-gen vorbereiten. Während den Studier-stunden ist auch immer ein Lehreranwesend, der oder die beim Lernenhilft. Das Tolle ist, dass man genau das ler-nen kann, wo man noch Probleme hatund ganz gezielt nachfragen kann. Aberauch die MitschülerInnen helfen sich ge-genseitig beim Lernen. Das hat mir dochsehr geholfen.

Du hast auch am Wochenende Lernbetreu-ung über die Berufsausbildungsassistenz inAnspruch genommen. – Warst du damit zu-frieden?Ja, sehr. Ich bin mit meiner Lernbetreue-rin den Stoff noch einmal durchgegangenund habe mich so auf die Prüfungen inder nächsten Woche vorbereitet.

Wenn du an die zweite Berufsschulklassedenkst, was geht dir dann durch den Kopf?Also ehrlich gesagt, freue ich mich schonwieder auf die Berufsschule. Jetzt, da ichweiss, wie der Ablauf ist und was micherwartet, bin ich überhaupt nicht mehrnervös.

Wie würdest du deine Zeit in der Berufs-schule abschließend zusammenfassen?Es war insgesamt eine sehr schöne undauch lustige Zeit. Natürlich war auchmanchmal viel zu tun, aber ich habe vielgelernt und das freut mich, weil ich mei-nen Beruf sehr gerne ausübe. Ich hoffeauch, dass ich in der zweiten Klasse einigeSchulkollegInnen wiedertreffen werde,das würde mich besonders freuen.

„Ich mag meinen Beruf“Der 20-Jährige Thomas Koitz hat sich für eine integrative Lehre zum Gärtner entschieden. In derGartenbau-Firma Horvat in Murfeld und bei der Ausbildung lernt er viel fürs Leben. – Natürlich gehört daauch die Berufsschule dazu. Ein Interview.

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Thomas Koitz besuchte von September bis Oktober 2011 die erste Klasse der Berufsschule in Großwilfersdorfund wohnte im Lehrlingswohnheim.

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Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

D ie Lebenshilfe als österreichi-scher Dachverband und die Lebenshilfen in den Bundeslän-

dern sind den Menschen mit Behinde-rung, insbesondere den Menschen mitintellektuellen und mehrfachen Beein-trächtigungen, verpflichtet. Die Lebens-hilfen begleiten mit rund 4.000MitarbeiterInnen 10.000 Menschen mitBeeinträchtigungen und vertreten derenInteressen in der Öffentlichkeit. Im Ok-tober 2008 hat die österreichische Bun-desregierung die UN-Konvention für dieRechte von Menschen mit Behinderun-gen in Kraft gesetzt. Damit hat sichÖsterreich verpflichtet, Menschen mitBehinderung zu ihrem Recht auf Barrie-refreiheit, selbstbestimmtem Leben undTeilhabe an der Gemeinschaft aller zuverhelfen.

Die UN-Konvention fordert für alle Le-bensbereiche „inklusive“ Lösungen, alsoRegelungen, die Menschen mit Behinde-rung einschließen und nicht ausschließen,Produkte und Dienstleistungen, die auchMenschen mit Behinderung prinzipiell zu-gänglich sind – und zwar dort, wo sieauch allen anderen zur Verfügung stehen.Auf den Bereich Bildung umgelegt, istdiese Lösung die „Inklusive Schule füralle“, in der Kinder mit und ohne Beein-trächtigung in der gemeinsamen Klasseunterrichtet werden; jede und jeder nachihren und seinen Fähigkeiten.Das ist keine Zukunftsmusik, sondernwird in ganz Österreich praktiziert undist bis zur 8. Schulstufe seit 1997 im Ge-setz verankert. Im Schuljahr 2009/10 hat-ten 28.468 Schülerinnen und Schüler biszur 9. Schulstufe einen sonderpädagogi-schen Förderbedarf. Davon sind knappüber der Hälfte in Integrationsklassen un-terrichtet worden; 46,4 Prozent in Son-derschulen. Das große Problem: Viele

Kinder sind in Sonderschulen, obwohl siedas gar nicht müssten oder sogar nichteinmal wollten. Oft mangelt es am Wil-len des Schulpersonals oder der Behördeoder es fehlen die Ressourcen und dasKnow-how; zum Teil selbst an Schulen, indenen Integration bereits praktiziert wird– aber eben nur halbherzig.

Stolperstein. Die Lebenshilfe ist zumklaren Schluss gekommen: Das größteHindernis auf dem Weg zur InklusivenSchule gemäß UN-Konvention ist dieSonderschule! Österreich kann es sichnicht leisten, ein teures Sonderschulsys-tem aufrechtzuerhalten und gleichzeitigdie Inklusive Schule für alle einzurichten.Die Lebenshilfe schlägt daher einen Stu-fenplan zur schrittweisen Umwandlungder Sonderschulen bis zum Jahr 2020 vor.

Was dieser Plan vorsieht:

1. ist ein sofortiger Stopp für jeden Neubau von Sonderschulen wichtig! Ist einmal eine Schule gebaut, sind Mil-lionen Euro in das Gebäude und den Schulbetrieb investiert, die wieder hereinkommen müssen. Sowohl Schul erhalter als Schulbehörde, Schul-personal und Eltern sind höchst inter-essiert daran, den Betrieb so gut wie möglich zu führen und die Investition rentabel zu machen. – Diese Millionen gehen schmerzlich für Inklusionsmaß-nahmen in der Region ab.

2. ist ganz wesentlich, bei den Sonderpädagogischen Zentren (SPZ) die beiden Funktionen Beratung und Kompetenzzentrum einerseits und Sonderschulbetrieb andererseits zu trennen! Der Grund: Sonderschulen können gar nicht ausreichend ihrem Auftrag nach Unterstützung der Inte-grationsschulen nachkommen, denn das würde dazu führen, dass SPF-

Die Inklusive SchuleBernhard Schmid ist Experte in Bildungsfragen. Als Generalsekretär der Lebenshilfe Wien und alsPräsidiumsmitglied der Lebenshilfe Österreich sieht er Sonderschulen als Auslaufmodell. Die Zukunft liegtin der Inklusiven Schule, sagt er. Ein Gastkommentar.

In der Inklusiven Schule bekommen alle Kinder eine Chance.

Nur die Inklusive Schulehat Zukunft.

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Kinder und sonderpädagogische Ressourcen sukzessive aus der Son-derschule wandern, bis sich die Schule selbst auflösen würde! Damit das nicht geschieht, werden durch teilweise ein-seitige Beratung, wie uns Eltern immer wieder berichten, Kinder in die Son-derschule gedrängt, darunter vor allem die schwerer beeinträchtigten und älteren Kinder, aber auch sehr viele Kinder mit Migrationshinter-grund. Darin, dass SPZ und Sonder-schulen nicht entkoppelt sind, ortet die Lebenshilfe einen Hauptgrund dafür, dass die Integrationsquote seit rund zehn Jahren bei knapp über 50 Prozent stagniert.

3. ist eine gute Ausbildung für die Lehrerinnen und Lehrer entscheidend.Sonderpädagoginnen und -pädagogenbrauchen die Möglichkeit für vertie-fende Schwerpunktsetzungen. Alle Lehrkräfte, sowohl der Sonder- als auch der Allgemeinpädagogik, brau-chen Methodenwissen für den Unter-richt unterschiedlicher Kinder mit in-dividuellen Lehrplänen im gemeinsa-men Klassenverbund sowie Kennt-nisse im Team-Teaching und in der potentialorientierten Lernfortschritts-kontrolle.

4. brauchen die Lehrerinnen und Lehrer SchulassistentInnen zur Seite gestellt, die sie rund um den eigentli-chen Unterricht unterstützen: z.B. bei pflegerischen Verrichtungen, beim Kontrollieren schwieriger Schüler- Innen oder bei der Motivation und Anleitung von in sich gekehrten oder intellektuell beeinträchtigten Kindern. Auch diese Kräfte müssen geschult werden, müssen aber keine pädagogi-schen Kräfte sein.

Diese vier grundsätzlichen Maßnahmensollten spätestens bis zum Jahr 2015deutliche Auswirkungen zeigen.

Durch entsprechende Gesetze aufBundes- und Landesebene öffnen 2015die ersten Sonderschulen ihre Tore fürSchülerinnen und Schüler ohne Beein-trächtigungen und für allgemeine Lehre-rinnen und Lehrer. Der sonderpädagogi-sche Ressourcentransfer in die allgemei-nen Schulen wird verstärkt.In den Jahren 2016 bis 2019 werdenimmer mehr Schulen in Inklusive Schulenfür alle umgewandelt. Dadurch wird nichtnur die Inklusionsquote in Volksschulenund neuen Mittelschulen erhöht. Immermehr Kinder mit Beeinträchtigungenwerden auch in der AHS-Unterstufe undan den mittleren und höheren Schulenunterrichtet. Das Know-how der Päda-gogischen Zentren, die nicht mehr son-derpädagogische Zentren heißen, wirdzunehmend von allen Schulen und Leh-rern genutzt.

Umsetzung bis 2020. Die Binnendiffe-renzierung, also der Unterricht am sel-ben Gegenstand im gemeinsamenKlassenverbund – aber mit unterschiedli-chen Lehrplänen –, wird zum Standardder neuen Schule für alle. Nicht nur dieLebenshilfe, sondern auch das Unter-richtsministerium in einem Strategieent-wurf und das Sozialministerium imvorläufigen Nationalen Aktionsplan sehenvor, dass bis zum Jahr 2020 die InklusiveSchule für alle Kinder in ganz ÖsterreichWirklichkeit geworden sein wird. DieUmsetzung der UN-Konvention für denBereich Bildung wird aber nicht nur denKindern mit Beeinträchtigungen zu ihremRecht zur sozialen Eingliederung verhel-fen, sondern allgemein die Qualität desUnterrichts für alle Kinder verbessernund somit einen wertvollen Beitrag zurallgemeinen Schulreform leisten.

Ein „Stopp” dem Neubauvon Sonderschulen.

Die Lebenshilfe wünscht sich mehrQualität in der Ausbildung.

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Es braucht GleichgewichtKarin Much ist Sonderschullehrerin an einer Grazer Schule. Seit 20 Jahren erlebt sie Soziale Integration „live“–im Klassenzimmer, am Pausenhof, von Seiten der Kinder, der Eltern und der Lehrerschaft. Ein Einblick.

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Vor ein paar Tagen war er hier.Seine Mutter hatte am Vortagtelefonisch angefragt, ob er uns

besuchen dürfe. Er wolle es so gerne ...Da war er nun, schon wieder etwas grö-ßer als noch vor neun Monaten, als er dievierte Klasse der Neuen Mittelschule An-dritz (NMS) verlassen hatte. Als die großePause beginnt, begleitet er mich in denPausenhof. Aus allen Klassen strömen dieSchülerinnen und Schüler. „Hallo, A.! Wiegeht es dir? Was machst du jetzt?“ Vonallen Seiten wird er begrüßt, „Klatschein!“. Ob LehrerInnen, ob SchülerInnen... die Freude, ihn wiederzusehen ist bei

allen echt. Herzlich begrüßen sie ihn.„Faszinierend“, denke ich wieder einmal.Nie hat er sich um die anderen bemüht,er war einfach da mit seinem sonnigenWesen und hat in den vier Jahren an un-serer Schule die Herzen so vieler er-obert. Gelungene Integration? – Nein, daswar es für mich nie. A. musste nicht „in-tegriert“ werden, er war da und gehörteselbstverständlich dazu. In Mathematikkamen wir nie über den „Zahlenraum 3“hinaus, das Lesen hat er nie erlernt. Seitden Anfängen der schulischen Integrationhält sich beständig die Angst bei Elternaber auch bei manchen LehrerInnen, dassdas Leistungsniveau einer Klasse durchdas Mitlernen von behinderten Kindernsinken würde. Zu Unrecht, wie sich im

Laufe der Zeit immer wieder zeigte undauch durch zahlreiche Studien belegt ist.

Beeindruckendes. Ein schwerstbehin-derter Schüler, der zwei Jahre lang mitgrößter Ernsthaftigkeit als Konfliktmana-ger in den Pausen arbeitete, ist wohl un-gewöhnlich. Aber es hat funktioniert.Wenn er sich zwei Streitenden entgegen-stellte, war er so empört und ernsthaftbei der Sache, dass die Kinder meist la-chen mussten und auseinander gingen. Mir A. in einer Schule für schwerstbehin-derte Kinder vorzustellen, gelingt nicht.Vieles hätte er im sozialen und kognitivenBereich nie kennengelernt und auch sei-nen MitschülerInnen und LehrerInnen inder NMS wären viele überraschende undbeeindruckende Erlebnisse mit ihm ent-gangen. Doch ist A. ein Beispiel dafür, dass sozialeIntegration immer gelingt? Ich lasse dievielen SchülerInnen, die ich in den über20 Jahren in der Integration in der Se-kundarstufe begleiten durfte, vor meinenAugen Revue passieren. Nein, nichtimmer ist Soziale Integration geglückt,aber um ehrlich zu sein, es gab auch ei-nige „nicht behinderte“ Kinder, die Pro-bleme hatten, dazuzugehören.

Die Soziale Integration von SchülerIn-nen mit sonderpädagogischem Förder-bedarf hat an unserer Schule Tradition.Was vor über 20 Jahren mit einem Ver-such begann, ist heute ein Teil unseresschulischen Selbstverständnisses. Vonacht Klassen sind zurzeit sieben Klassen

integrativ geführt. Das Einbinden von Kin-dern in eine Klassengemeinschaft, die an-dere Lerninhalte zu bearbeiten haben,verlangt allerdings eine Umstellung desUnterrichts. Frontalunterricht mussteimmer weiter zurückgedrängt werden;Situationen, in der Gemeinschaft und Ge-meinsamkeit bewusst erlebt werdenkonnten, brauchten mehr Raum.

Langsam lernten wir gemeinsam denSchulalltag zu ändern. Team-Teaching, of-fenes Lernen oder Projektunterrichtwaren damals noch keine Selbstver-ständlichkeit. Individualisierung und Dif-ferenzierung mussten auch von unserer

Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

Karin Much hat sich den Herausfor-derungen als Lehrerin gestellt.

Jede Klasse ist wie ein Biotop –

es kann leicht kippen.

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Seite erst mühsam erarbeitet und umge-setzt werden. Gerade in Grazer Haupt-schulen wurde ein differenziertes undindividualisierendes Unterrichtsangebotimmer unerlässlicher, da der Anteil anKindern mit Migrationshintergrundimmer größer wurde. Wer die Unter-schiedlichkeit der Kinder bewusst wahr-nimmt, fragt nicht, ob eine Schülerin oderein Schüler talentiert und erfolgreich ist,schlecht Deutsch kann, eine diagnosti-zierte Lernbehinderung hat, in Mathema-tik den Anforderungen kaum entspricht,phantastisch zeichnen kann, beim Turnennur mithüpft oder ein toller Ballspieler ist.Wer akzeptiert, dass jede und jeder eineindividuelle Persönlichkeit ist, mit allenSchwächen und Stärken, kann nicht mehrwie vor 20 Jahren unterrichten. Dann istes auch kein Thema, ob das Kind eine Be-hinderung hat oder nicht.

Auf dem Weg. Natürlich braucht es Be-dingungen, um Soziale Integration gelin-gen zu lassen. Niemals sollte eine Klassemit Sozialer Integration zum Auffangbeck-en von schwierigen SchülerInnen wer-den. Für mich ist jede Klasse wie einBiotop, herrscht Ungleichgewicht, kannes leicht kippen. Das StützlehrerInnen-System, wie es im ländlichen Gebiet vor-herrscht, ist sicher problematischer undschwieriger, als Integrationsklassen, indenen ein oder eine SonderschullehrerInbei den häufig wechselnden Fachlehre-rInnen eine wichtige Bezugsperson für

alle darstellt. Bereitschaft zu Team-Tea-ching und gemeinsame Vorbereitung sindunerlässlich für das Gelingen von SozialerIntegration.

Ob Schule gelingt, hängt von LehrerIn-nen, von SchülerInnen aber auch von El-tern ab. Nach wie vor müssen auch wiran unserer Schule Hindernisse und Vor-urteile überwinden. Schulentwicklung istaus meiner Sicht kein abgeschlossenerProzess, sondern ein stetiges Bemühenund Voranschreiten.

Viel zu tun. An der Einstellung und demSozialverhalten mancher SchülerInnenmuss intensiv gearbeitet werden. Aus-grenzung und Mobbing sind immer wie-der brennende Themen, aber nicht nurgegenüber behinderten, sondern auchnicht behinderten MitschülerInnen.Nicht wegzuschauen, darüber zu reden,zu reagieren und zu handeln – das istunser Auftrag im Schulalltag und zwartäglich!

Damit kommen wir dem Ziel, eine inklu-sive Gesellschaft zu entwickeln, einenSchritt näher. So wird Soziale Integrationein Anliegen für alle; nicht nur für behin-derte Kinder.

Ein schwerstbehinderter Schüler als Konfliktmanager.

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Jeder Mensch hat seineeigene Persönlichkeit.

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Text? Redaktion? Magazin? Zeitung? Public Relations?

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“E s war die schönste Zeit inmeinem Leben“, schwärmtSabrina Giessauf von ihren

Lehrjahren im Café faMoos in der GrazerSchererstraße. „Die Stammgäste warensehr nett, das Arbeitsklima hat gepasstund die Arbeit selbst war super.“ Übereinen Arbeitsassistenten von alpha novahat die heute 23-Jährige den Weg in dieKonditorei der Lebenshilfe Graz undUmgebung – Voitsberg gefunden. EinGlücksfall: Sie und ihre drei Jahre jüngereSchwester Barbara waren die erstenLehrlinge dort. Erika Szalai-Lendl, Leite-rin von Café und Konditorei faMoos, hatdie Giessauf-Schwestern in guter Erinne-rung: „Wenn die beiden da waren, konn-ten wir sicher sein, dass der Laden läuft.“

Gesucht und gefunden. Gleichzeitighaben sie im Februar 2011 die IntegrativeBerufsausbildung positiv abgeschlossen.„Die dritte Klasse Berufsschule hätte ichfast ohne Vierer geschafft“, erzählt Sa-brina Giessauf stolz. „Einer ist es dann lei-der doch geworden.“ Danach begann mitder Jobsuche eine harte Zeit. Ein Jahr langhat sie gesucht – und ist Anfang Aprilschließlich fündig geworden. Im Restau-rant „Das Lorenz“ am atempo-Standortin der Grazer Heinrichstraße ist sie seit-her im Service beschäftigt. Rascher ging es bei ihrer jüngeren Schwe-ster. Die 20-jährige Barbara Giessauf hatschon während der Lehrzeit ihre heutigeChefin kennengelernt. Thea Klug vom„Lendplatzl“ ist einmal in der Woche mitihrer Mutter im faMoos eingekehrt undwar von der eloquenten und engagierten

jungen Frau begeistert. „Sie hat mir ge-sagt, dass sie wen für ihr Gasthausbraucht und ich habe gleich nach derLehre dort begonnen“, erzählt BarbaraGiessauf. Der gute Draht zu einander hältbis heute an. Wenn die junge KellnerinGäste, die ihr als schikanös bekannt sind,nicht bedienen will, ist das kein Problem.„Die Chefin sagt: Man muss ja nur reden.Dann geht sie selber oder schickt wenanderen“, so die Jüngere der Schwestern.Die Anfangszweifel, ob sie den stressigenJob durchhält, sind mittlerweile beseitigt.„Ich hab erst reinkommen müssen, aberjetzt gefällt es mir.“

Eis mit Schlag. Was sie im Café faMoosgelernt hat, kann sie hier gut brauchen.Vor allem im Kaffeeservice ist sie top.Und: „Bei der neuen Schlagmaschinekennt sich außer mir fast keiner aus.“Schließlich ist sie die Eis-Expertin imTeam. Kein Wunder, gibt es beim faMoosdoch mittlerweile 45 verschiedene Sor-ten, von Aperol über Kürbiskern bis zuZimt-Pflaume. So viel Auswahl hat das„Lendplatzl“ freilich nicht, doch für Eis-becher und Eiskaffee wird Barbara Gies-sauf gerne herangezogen. In der kleinenWohnung in Kalsdorf, in der die zwei jun-gen Frauen mit den Eltern leben, treffenwir auf einen glückseligen Vater. Kopf-schüttelnd sagt er: „Zuerst die Lehre,dann der Job. Wir sind schon stolz auf un-sere Mädels.“ Und lächelt.

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Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

Bei der Arbeit gibt es immer viel zu tun.

Sabrina und Barbara halten zusammen.

Mitten im Leben –Bildung macht’s möglich.

Zwei famose SchwesternIhre Eltern sind zurecht stolz: Die beiden Schwestern Sabrina und Barbara Giessauf haben trotzintellektueller Beeinträchtigung Jobs als Restaurantfachfrauen gefunden. Begonnen hat alles mit einerLehre im Café faMoos. Von Eva Reithofer-Haidacher

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W ir machen uns seit Jahrenstark, um Frauen und Män-nern mit Beeinträchtigungen

den Besuch regulärer Bildungseinrichtun-gen zu ermöglichen. Im Sinne von Chan-cengleichheit, Inklusion und sozialerGerechtigkeit ist das gemeinsame Lernenvon Menschen mit und ohne Beeinträch-tigungen eine wunderbare Möglichkeit,mit Freude und Engagement die eigenenGrenzen zu erweitern, sich weiterzuent-wickeln und Neues kennenzulernen.

Bildung macht’s möglich. In Koope-ration mit der Volkshochschule Graz ste-hen eine Fülle an Kursangeboten zuinteressanten Themen zur Verfügung:Sprachen, Sport, EDV, Handwerkliches,Gesundheit, Musik, Tanz, Malen, Selbst-verteidigung, Exkursionen und vielesmehr. Pro Halbjahr gibt es das Kursange-bot in leicht verständlicher Form als Pro-grammheft. Wer Hilfe beim Aussuchenund Anmelden der Kurse haben möchte,kann diese bei der Akademie anfordern.Wer sich Begleitung und Unterstützungwährend des Kurses und beim Lernen

wünscht, kann den kostenlosen Serviceder Lernassistenz nutzen.Die LernassistentInnen sind engagierteund freundliche BegleiterInnen, die sichan den Wünschen und Vorstellungen derKursteilnehmerInnen orientieren. Sie sinddie Brücke zur Integration und förderndie Kommunikation zwischen unserenKundInnen, anderen KursteilnehmerIn-nen und den ReferentInnen.

Lebenslanges Lernen für alle ist selbst-verständlich für uns! Die gemeinsameTeilnahme von Menschen mit und ohneBeeinträchtigung bringt eine Vielfalt undhohe Qualität in das gemeinsame Tun, andem alle Beteiligten – die ReferentInnen,alle KursteilnehmerInnen und die Lernas-sistentInnen – Freude, Begeisterung undpersönlichen Gewinn erfahren.

www.akademie.alphanova.at

Gemeinsam lernenMenschen mit Behinderung lernen an der Volkshochschule. Die Lernassistenz ist mit von der Partie und hilft.Die Integrative Erwachsenenbildung ist ein wichtiges Thema für die Lebenshilfe und die alpha nova-Akademie. Von Caroline Knüpper

Menschen mitBehinderung lernen inder Volkshochschule.

Ich begleite einen Kunden, der sich zueinem EDV-Kurs angemeldet hat; Thema„Fotobuch“. Ob mich der Kunde als

Lernassistentin akzeptieren wird oder lie-ber jemand anderen gehabt hätte? ImKursraum herrscht fröhliche Stimmung,der Kursleiter begrüßt uns herzlich, wirfinden einen Platz. Hürde eins wäre über-wunden!

Der Unterricht richtet sich direkt an denEinzelnen und beinhaltet alle Fragen derKursteilnehmer. Ich sehe, dass meinKunde eifrig in die Arbeit am Computervertieft ist, um seine mitgebrachten Fotosin ein einmaliges Fotobuch zu verwan-

deln. Hier eine technische Frage, da eineErklärung meinerseits. Plötzlich wendetsich die Sitznachbarin links von meinemKunden an ihn und fragt ihn, ob er ihr dasnochmals erklären könnte, sie wäre nichtganz mitgekommen und hätte das nichtverstanden. Ich sehe ein strahlendes Lächeln über seinGesicht huschen und wie selbstverständ-lich erklärt er ihr das Ganze noch einmal.Mich ertappe ich dabei, dass ich ebenfallslächle. Ich glaube, wir sind im Kurs ange-kommen!

Lernen istschönEine Momentaufnahme derLern assistentin Birgit Schumann-Jenko.

Lernassistenz: Die Brücke zur Integration.Auf dem Programm stehen Sprachen,Computer, Handwerk, Musik, Tanz,Kunst, Sport, Selbstverteidigung ...

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B ianca Margreitner ist eine offenejunge Frau. Fragen beantwortetsie ohne Scheu, klar und wort-

gewandt. Ja, Kindheit und Jugend warennicht leicht. Eine Gehirnblutung bei derGeburt hatte zur Folge, dass sie aufeinem Auge 80 Prozent, auf dem ande-ren 40 Prozent eingeschränkt sieht. Au-ßerdem ist ihr räumliches Vorstellungs-vermögen schwach. Wege könne sie sichsehr, sehr schwer merken. Und die Ma-thematik in der Schule sei ein Albtraumgewesen sagt sie, „aber die Mama hat vielmit mir gelernt.“ Mit ihrer Hilfe hat dieSüdoststeirerin Volks- und Hauptschulegeschafft.

Dann der große Bruch in ihrem Leben:Sie kam nach Graz ins Internat, denn inder Nähe ihres Heimatortes Studenzengab es nach dem Polytechnikum keinenAusbildungsplaz. Am Odilien-Institut be-gann sie eine EDV-Ausbildung, die sie ab-brechen musste. „Gott sei Dank habe ichdann noch eine Chance gekriegt“, erzähltdie junge Frau. Damals startete unter Fe-derführung der Lebenshilfe Graz undUmgebung – Voitsberg das Leonardo daVinci-Projekt „Integrative Berufsausbil-dung zum/zur Behindertenbetreuer/in –pädagogischen Assistentin“ (IBB) am Aus-bildungszentrum für Sozialberufe in Graz.Drei Menschen mit Lernschwierigkeitenwaren unter den 24 SchülerInnen, darun-ter Bianca Margreitner. Alle drei haben im Juli 2011 die zweijäh-rige Ausbildung positiv abgeschlossen undwaren damit die ersten Menschen mitBehinderung österreichweit, die eine be-rufsbildende mittlere Schule absolvierthaben. Bianca Margreitner kann sich nochgut an ihre Gedanken erinnern, als sie ihr

Zeugnis in Händen hielt: „Juchu, ich habees endlich geschafft, ich bin am Ziel mei-ner Träume!“

Doch es war die Zeit, in der das steiri-sche Sparpaket voll eingeschlagen hatte,Jobs im Behindertenbereich waren rargeworden. Die Arbeitssuche gestaltetesich schwierig. Mithilfe des Nachfolge-projekts IBB2 ist es Bianca Margreitnergelungen, einen Arbeitsplatz in der Se-niorengruppe der Lebenshilfe am Rosen-hain zu bekommen. Vier Tage in derWoche arbeitet sie nun als Fachsozialhel-

ferin. Sie kümmert sich um die Wäsche,hilft in der Küche und beschäftigt sich mitden KundInnen. „Sie hat einen sehr gutenUmgang mit ihnen“, sagt ihre KolleginInge Pregartner. Bianca Margreitner hatvieles geschafft, wovon sie lange nur träu-men konnte. Nach fünf Jahren im Inter-nat hat sie nun eine eigene Wohnung inAndritz. Zwei Wohnassistenten unter-stützen sie im Alltag. Und mit dem Job amRosenhain ist ihr der Sprung in die Ar-beitswelt geglückt. Ihr Leben hat eindeu-tig an Kontur gewonnen.

Am Ziel der TräumeBianca Margreitner arbeitet seit Anfang Mai als Fachsozialhelferin in der Seniorengruppe der Lebenshilfeam Rosenhain. Das Besondere daran: Sie hat Ausbildung und Jobsuche trotz Lernschwierigkeitengemeistert. Von Eva Reithofer-Haidacher

Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

„Ich habe eine Chance gekriegt!“, freut sich Bianca Margreiter.

Vier Tage in der Wochearbeitet sie als

Fachsozialhelferin.

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Ist es eine besondere Herausforderung,Menschen mit Beeinträchtigung zu unter-richten? Gudera: Im inklusiven Unterricht bemü-hen wir uns, die Unterrichtsinhalte inleichtverständlicher Sprache und mög-lichst anschaulich zu vermitteln. Aberimmer wieder bemerken wir, dass un-sere Texte immer noch zu kompliziertsind. Wir Lehrende müssen lernen, dieUnterlagen noch besser zu strukturieren.Schröttner: Im Unterricht und in denPraktika ist es für die IBB-Studierendenoft eine große Herausforderung, ihreRolle zu finden. Da in unserer Gesell-schaft „behindert-sein“ noch immer miteiner negativen Zuschreibung behaftetist, ist es für sie sehr schwer, als „Behin-derte“ in einem Klassenverband zu be-stehen. Sie kommen, sozialisiert durchEinrichtungen der Behindertenhilfe, alsMann und Frau mit einer Lernschwierig-keit zu uns und müssen sich auf die Suchenach einer neuen Identität machen. ImLaufe ihres Lebens haben sie gelernt, dasssie von anderen Menschen abhängig sind.Jetzt verlangen wir von ihnen selbst tätigzu sein, über sich selbst zu reden, zu re-flektieren und auch sich selbst zu organi-sieren ... – eine große Herausforderung.

Und wie geht es den StudentInnen ohne Be-hinderung dabei?Gudera: Für die BB-Studierenden ver-ändert sich die Rolle in der Begleitung. Sielernen mit Menschen mit Lernschwierig-keiten im Team gleichwertig zu arbeiten.BB-Studierende müssen lernen, mehr aufRahmenbedingungen und Struktur zuachten. IBB-Studierende müssen lernen,Fragen zu stellen und sich und ihre Erfah-rungen als Frau und Mann mit Behinde-rung vermehrt einzubringen.

Was freut Sie besonders?Gudera: Gerade heute habe ich in derZeitung das Bild einer Fachsozialhelferingesehen und gelesen, was es für sie be-deutet, jetzt eine Anstellung im Sozialbe-reich zu haben. Dies ist wohl der größteErfolg, dass es gelingen konnte, dieseFrau mit Lernschwierigkeiten im Rahmender Ausbildung dafür zu qualifizieren. Sieist aus ihrem „Behindert sein“ ausgestie-gen und kann jetzt ihre Stärken undSchwächen besser annehmen. Wir warenin Europa die erste Ausbildungsstätte imSozialbereich, die Menschen mit Lern-schwierigkeiten eine integrative Ausbil-dung ermöglichte und sie dafürqualifizierte, mit anderen Menschen mitBehinderung zu arbeiten.

Was hat sich an der Schule verändert, seit-dem es IBB-SchülerInnen gibt? Schröttner: Es ist normaler geworden,Menschen mit Lernschwierigkeiten zubegegnen. Auch die Kommunikation hatsich verändert. Die IBB-Studierendensprechen offener über ihre Beeinträchti-gungen und über ihr Erfahrungen, die sieals KlientInnen in Einrichtungen gemachthaben. Das macht Unterricht „lebendi-ger“. Die BB-Studierenden haben ge-lernt, offener ihre Schwächen und Ängstezu verbalisieren und schneller aus der„Helferrolle“ auszusteigen.Gudera: Auch wir Lehrende sind klarergeworden, was die Erfordernisse im Un-terricht, die Lehrzielkontrolle und die Tei-lung in Basis und Vertiefungseinheitenbetrifft. Wir bieten integrativen Unter-richt an, aber BB Studierende und IBBStudierende haben unterschiedliche Ab-schlüsse: Behindertenbegleiter/in undFachsozialhelfer/in.

Andere Bundesländer ziehen nach. Sind siestolz darauf, Pioniere gewesen zu sein? Gudera: Natürlich sind wir sehr stolzdarauf, Pionierarbeit geleistet zu haben!Wir freuen uns, dass nun auch in anderenBundesländern an der Implementierungdes integrativen Unterrichts in Berufsbil-denden Höheren Schulen gearbeitetwird. Wir haben wertvolle Erfahrungenmachen dürfen.Schröttner: Ja, der gemeinsame Unter-richt von zwei Lehrpersonen in einerKlasse ist auch für uns Lehrende sehr be-reichernd.

„Auch wir Lehrerhaben viel gelernt!“Eine Grazer Schule bildet Menschen mit Behinderung zuFachsozialhelferInnen aus. Jetzt haben die ersten SchülerInnen ihreAusbildung beendet: Sie arbeiten im Sozialbereich. Ein Gespräch mitden Lehrerinnen Ute Gudera und Andrea Schröttner über dieIntegrative Behindertenbetreuung.

Vorreiter inEuropa2009 begannen vier Personenmit Lernschwierigkeiten eineintegrative Ausbildung imAusbildungszentrum für

Sozialberufe der CaritasSteiermark. Nun sind sie fürdie Betreuung und Begleitungvon Menschen mitBehinderung qualifiziert.Demnächst wird der Einstiegins Berufsleben erfolgen. Die Lebenshilfe Graz und Umgebung –

Voitsberg begann 2003 das inklusive Trai-ningsmodell IBB zu koordinieren.

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D aher fordert die Lebenshilfeeine Bildung für alle mit glei-chen Zugangsmöglichkeiten,

mit einem auf die Bedarfe und Fähigkei-ten jeder einzelnen Person zugeschnitte-nen Lehrplan, der nötigen Unterstützung,einer barrierefreien Lernumgebung undeiner angepassten Leistungserfassung.

Lernen mit der Vielfalt der Begabun-gen und Bedarfe, das ist das Zauberwort.Die Angst derer, die eine Vereinheitli-chung und Verflachung und dadurch eineVerschlechterung unseres traditionellenSchulsystems fürchten, ist unbegründet.Das zeigen alle internationalen Verglei-che. Gerade Länder mit einem besondersinklusiven Schulsystem wie Finnland oderNeuseeland schneiden bei den PISA-Testshervorragend ab. Finnland ist dabeiimmer unter den ersten drei, Neuseelandzwischen Rang 5 (2006) und 7 (2009).Und Österreich: „unter ferner liefen…“Brauchen wir dafür Sonderschulen? Nein!Aber die Erfahrungen, die die Lehrer undLehrerinnen der Sonderschule in denletzten Jahrzehnten aufgebaut haben,sollten in allen Schulen oder in Pädagogi-schen Zentren, die von allen SchülerIn-nen oder LehrerInnen genutzt werdenkönnen, abrufbar sein.

Zu allererst haben wir eine Vision: Diegibt uns Artikel 24 der UN-Behinderten-rechtskonvention vor, der die Teilhabe aneinem inklusiven Schulsystem für alleSchüler und Schülerinnen fordert. Das istein Menschenrecht und somit ein Gestal-tungsauftrag an die Bildungspolitik.Es braucht einen klaren Bildungsplan fürdie Sozialräume: In jedem Bezirk, in jeder

kleinräumigen Nachbarschaft sollte eseine Schule geben, die gemischte Grup-pen und eventuell auch besondere Kom-petenzen anbietet. Und es braucht

Ressourcen – gut ausgebildete LehrerIn-nen sind das wichtigste: Bis 2020 solltejeder Lehrer, jede Lehrerin bei uns eineGrundausbildung in inklusiver Pädagogikhaben. Zusätzlich sollte es aber auch Per-sonal mit besonderen Fähigkeiten geben,die ihre Kollegen dabei unterstützen, mitSchülerInnen mit besonderem Unter-stützungsbedarf oder mit herausfordern-dem Verhalten richtig umzugehen.

Ressourcen heißt aber auch: die nötigeAusstattung der Schulen, barrierefreieArchitektur, eine Infrastruktur zur Unter-stützung …Der neuseeländische Experte David Mit-chell meint, die Unterstützung und dieRessourcen sollten mit dem Kind gehen,wie ein Schulrucksack, den es sich um-hängt und in die Schule seiner Wahl mit-nimmt. Jetzt muss man die Schule nachder Unterstützung aussuchen, in Zukunftsollte völlig egal sein, wo das Kind hingeht– die entsprechende Unterstützung mussihm sicher sein.

Mag. Albert Brandstätter ist Generalsekretärder Lebenshilfe Österreich.

Bildung für alle – ein Leben langRecht auf Teilhabe, Bürgerpflichten, Fähigkeiten erkennen und einsetzen: Wo lernen wir das? – In derSchule, in der Gemeinde, in der Berufsausbildung, in der Erwachsenenbildung oder auf der Universität.Von Albert Brandstätter

Lebenshilfe Steiermark | Thema

Bildung für alle

Es braucht einen klarenBildungsplan.

Das Recht auf Teilhabe soll für alle gelten, egal wie ihre Begabungen oderFähigkeiten sind, egal aus welcher Kultur sie oder ihre Eltern stammen,egal wie ihre religiöse oder weltanschauliche Überzeugung aussieht oderwie ihre sexuelle Orientierung ist.

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Albert Brandstätter formuliertein „Triple-A“ für die Bildung:

A wie Anerkennung von Verschie-denheit aller SchülerInnen. Diese Haltungzeigt ganz praktische Konsequenzen ...

A wie Aufnahme aller SchülerInnen:Dazu benötigen wir den Zugang in bar-rierefreie Schulgebäude, in barriere-freie Erwachsenenbildungseinrichtungen,LehrerInnen mit besonderen pädagogi-

schen Kompetenzen, Unterstützungs-personal für Schüler mit Beeinträchtigun-gen ...

A wie Anpassung der bestehendenLerninhalte, Anpassung der Leistungsbe-urteilung und Anpassung der Lehrmetho-den an die unterschiedlichen Bedarfe derSchülerInnen.Inklusive Bildung braucht eine entspre-chende Führung durch Politik und Ver-waltung und die entsprechende Haltung

der Schulleitungen und der Klassenlehre-rInnen. Das Schöne dabei: Inklusive Bil-dung führt automatisch zu Ganztags- undGesamtschulen, da alles andere schlichtunlogisch ist.Und es wird die ganze Bildungslandschaftverändern, da behinderte SchülerInnenbis zum Ende der Sekundarstufe 2 dabeisein werden und danach sicher auch uni-versitäre Bildungsmöglichkeiten oder diedes Lebenslangen Lernens in Anspruchnehmen wollen.

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Start mit HindernissenKinder mit Behinderung können sich gut entwickeln. Bis zum sechsten Lebensjahr hilft die Frühförderung dabei,danach die Entwicklungsförderung. Diese ist jedoch dem Sparkurs des Landes Steiermark zum Opfer gefallen.

Die Geburt eines behinderten Kindesstellt für Eltern ein einschneidendes Er-lebnis dar. Viele Fragen tun sich auf; dasKind soll bestmögliche För-derung erhalten. Hier setzendie FrühförderInnen an: Siekommen in die Familie undgeben Unterstützung.

Wie hilfreich die Frühförde-rung ist, hat Frau S. erfahren.Ihr Sohn hat seine ersten 14Lebensmonate im Spital ver-bracht und wurde oft ope-riert. Mit einem Jahr hatte ernur sechs Kilo. „Aber seinKampfgeist war stark“, er-zählt die Mutter. „Mir warklar, dass er in seiner Ent-wicklung sehr weit hintenwar, aber ich wusste nicht,wie ich ihm hätte helfen kön-nen.“ Die Wende kam mitder Frühförderung: „Endlichhatte ich jemanden, mit demich reden konnte, jemanden,der mir Zusammenhänge er-klärte. Ich konnte alles Mög-liche hinterfragen und somitbesser verstehen“, so Frau S.

Wenn das Kind in die Schule kommt, istes mit dieser Form der Unterstützungjetzt vorbei. Bis vor kurzem gab es die

Möglichkeit, die „Individu-elle Entwicklungsförderungund Familienbegleitung“ fürKinder und Jugendliche zwi-schen 6 und 16 Jahren in An-spruch zu nehmen. DasModell wurde 2003 von derLebenshilfe Graz und Um-gebung – Voitsberg entwick-elt und vom LandSteiermark finanziert. DasZiel war, wichtige Phasenwie den Schuleintritt odersoziale-emotionale und ko-gnitive Entwicklungsschrittezu begleiten. Trotz messba-rer Erfolge wurde die Son-dervereinbarung für die„Individuelle Entwicklungs-förderung und Familienbe-gleitung” vom Land nichtverlängert. Leidtragendesind die betroffenen Kinderund deren Eltern, denendamit eine wichtige Stützefür das Leben genommenwurde.

Kinder brauchen dierichtige Förderung.

Inklusion bedeutet, von Anfang an dabei zu sein, mit allenMöglichkeiten aber auch allen Pflichten. – Der Grundsteinfür die Bildungschancen wird im Kindesalter mit der rich-tigen Förderung gelegt.

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B ildung erweitert unsere geisti-gen, seelischen, kulturellen undsozialen Fähigkeiten. Empower-

ment, Emanzipation, Partizipation undSelbstbestimmung sind entscheidendeAspekte der Erwachsenenbildung. In dervielzitierten UN-Konvention wird festge-halten, dass Menschen mit Beeinträchti-gung ein Recht auf eine chancengleicheund diskriminierungsfreie Bildung haben.Es wird gefordert, dass auf allen EbenenInklusive Bildung angeboten wird und soder Zugang zum Lebenslangen Lernengegeben ist. Auch im österreichischenBehindertengleichstellungsgesetz ist defi-niert, dass niemand auf Grund einer Be-hinderung benachteiligt sein darf.

Segel setzen. Eine integrative Erwach-senenbildung kann einen wichtigen Bei-trag zu diesen Forderungen leisten. Siefördert aber auch internationale und na-tionale Bestrebungen der Integrationbzw. Inklusion. Integration muss auf allenEbenen stattfinden können und eine in-tegrative Erwachsenenbildung eröffnetnicht nur Menschen mit Behinderungneue Wege, sondern auch jenen ohneBehinderung. Beispielsweise ist es not-wendig, auf die Bedürfnisse der einzelnenTeilnehmerInnen einzugehen und ihnendie Möglichkeit zu geben, den Kursselbstbestimmt mitzugestalten.

Gewusst wie. Ein wesentlicher Aspektder integrativen Erwachsenenbildungsind die Didaktik und Methodik. In Dis-kussionen mit Menschen mit Beeinträch-tigung zu diesem Thema ist klargeworden, dass KursleiterInnen keineAngst vor immensem Mehraufwand oderEinschränkungen in integrativen Gruppenzu befürchten haben. Einige didaktische

und methodische Punktesind für alle Behinderungs-gruppen ähnlich relevant.Ein gemeinsam besuchterKurs kann weiters den ge-genseitigen Respekt und dieOffenheit aller Kursteilneh-merInnen füreinander posi-tiv fördern. WichtigeAspekte sind jedoch, dassein gewisses Grundwissenüber die Behinderungsartder KursteilnehmerInnenvorhanden ist. VertreterInnen des öster-reichweiten Netzwerkes„Netweb.In – NetzwerkErwachsenenbildung inte-grativ“ beschäftigen sich mitden Fragen, welche Her-ausforderungen einebarrierefreie Erwachsenen-bildung mitsichbringt undentwickeln gemeinsameAnsätze, die eine integrativeErwachsenenbildung ermöglichen kön-nen. Dazu wurde die Broschüre „Bil-dungsveranstaltungen barrierefrei –Leitfaden für methodisches Arbeiten inder Erwachsenenbildung“ mit prakti-schen Beispielen erstellt. (Nähere Infor-mationen und Bestellmöglichkeit gibt esunter www.biv-integrativ.at)

Auf Kurs. Interessant wird in Zukunftsein, ob einzelne Bildungsinstitutionen in-tegrative Angebote in ihr Kursprogrammaufnehmen und wie Menschen mit Be-hinderung in die Kurse eingebunden wer-den. Ein gutes Beispiel ist dazu dieVolkshochschule Graz, die Menschen mitintellektueller Beeinträchtigung die Teil-nahme an öffentlichen Kursen ermöglicht.

Zurzeit wird dies über die Freizeit- undBildungsassistenz der Lebenshilfe Grazund Umgebung – Voitsberg und über diealpha nova-Akademie organisiert. Auchdas Bildungshaus Schloss Retzhof beiLeibnitz führte 2009 das Motto „Bildungganz barrierefrei“ als Schwerpunkt ein.Nach den baulichen Maßnahmen zumThema „Barrierefreiheit“, bei denen analle Behinderungsgruppen gedachtwurde, folgen nun konzeptionelle undprogrammatische Überlegungen, wieMenschen mit Beeinträchtigung integra-tiv an den Kursen teilnehmen können.

Mag. Christina Landgraf ist Leiterin bei der Le-benshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg.

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Bildung erweitert den Horizont„Allgemeine Bildung“ und „Lebenslanges Lernen“ sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtigeSchlagwörter. Immer mehr Personen mit und ohne Behinderung nehmen an Bildungsangeboten teil.Von Christina Landgraf

Die Kundinnen und Kunden der MedienwerkstattLieboch nutzen gern Bildungsangebote.

Lebenshilfe Steiermark | Thema

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Wie lernen Menschen mit schweren Be-hinderungen?Bettina Reiterer: Frau Fößl hatkeine verbale Sprache. Sie brauchtsehr lange und viele Wiederholungen,um etwas zu erlernen. Deshalb istkontinuierliches Arbeiten immer mitdem gleichen Betreuer bzw. einerkleinen Gruppe von immer gleichenBetreuern sehr wichtig. Aber wennsie sich von selbst sehr häufig dasMalen aussucht, dann glaube ich, dassihr diese Tätigkeit Spaß macht unddass sie froh ist, es gelernt zu haben.

Ist Kathrin Flößl stolz auf ihre Kunst-werke?Bettina Reiterer: Das Malen stelltfür Frau Fößl meiner Meinung nacheine sinnvolle Beschäftigung dar, aufwelche sie stolz sein kann. DiesenEntschluss fasse ich aus der Beobach-tung, wie sie mit ihren „Kunstwerken“umgeht. Sie mag es nämlich sehrgerne, wenn man die fertigen Bilderaufhängt. Sie betrachtet sie selbstdann auch häufig.

K athrin Fößl ist eine junge Fraumit einer Begabung für Kreati-ves und Künstlerisches. Die Le-

benshilfe Hartberg begleitet die23-Jährige seit fünf Jahren in der Tages-struktur in Vorau. Von 2009 bis 2011 ar-beitete Kathrin Flößl intensiv imKreativbereich. Ihre BezugsbetreuerinBettina Reiterer stand ihr dabei hilfreichzur Seite: „Wir haben hier besonderesPotential und Interesse erkannt und Ka-thrin Flößl hat uns alle von ihrer Arbeitüberzeugt. Schön war zu sehen, welchgroße Fortschritte sie innerhalb von ein-einhalb Jahren mit Pinsel und Buntstiftenmachte.“ – Gezielte Förderung, regelmä-ßiges Üben und Wiederholen machten esmöglich. „Und der damals hohe Perso-nalschlüssel in der Tagesstruktur warauch sehr förderlich dafür“, deutet dieBetreuerin die nunmehrigen Einsparun-

gen des Landes Steiermark im Sozialbe-reich an.

Lernen in kleinen Schritten. Zu Be-ginn benötigte Kathrin Flößl viel Unter-stützung durch Handführung und klareAnweisungen. „Mit der Zeit begeistertesie sich dafür, „Spuren“ auf dem Blatt Pa-pier hinterlassen zu können und begannvon sich aus zu „kritzeln“. Sie bemalte an-fangs nur gewisse Bereiche des Blattesund wollte dann ein neues Kunstwerk be-ginnen. „Heute malt sie auf allen Berei-chen des Bildes“, freut sich BettinaReiterer. Bei dieser Tätigkeit zeigt KathrinFößl eine längere Ausdauer und Auf-merksamkeitsspanne als bei allen ande-ren Arbeiten. Besondere Freude an derneu erlernten Tätigkeit hat Kathrins Mut-ter, die regelmäßig um neue Kunstwerkebittet, die sie dann zu Hause aufhängt.

Lernen trotzschwerer BehinderungFür Menschen mit schwerer, oft mehrfacher Behinderung ist Lerneneine große Herausforderung. Kathrin Flößl hat durch intensiveZuwendung der Lebenshilfe Hartberg das Malen erlernt.

Menschen mit hohem Hilfebedarf brauchen viel Unterstützung und Ein-fühlungsvermögen. Auch sie lernen gern. Seite 23

Nachgefragt

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Auf Goldenen FlügelnThomas Trummer ist Kunde der Lebenshilfe Feldbach. Die Bikerrunde Trautmannsdorf ließ seinen großenTraum in Erfüllung gehen: eine Motorrad-Tour auf einer Honda Gold Wing.

Mein Wunschtraum: Einmal imLeben auf einer „Honda GoldWing“ mitfahren. Im Mai ging

er in Erfüllung – und das kam so: DerGrabner Toni wohnt nicht weit weg vonuns. Er weiß, dass ich gerne mit dem Mo-torrad unterwegs bin. Kurz nach Osternstand er plötzlich in der Tür und fragtemich: „Möchtest du einmal mit meinerGold Wing mitfahren?“ Ich war begeistertund sagte zu. Mein Vorschlag war gleichder 1. Mai. Noch zehn Tage bis zur Ab-fahrt ... Ich konnte kaum mehr schlafen!Die Zeit zog sich wie Kaugummi.

1800 Kubik & 140 PS. Am Reisetagwurde ich schon um halb vier Uhr mun-ter. Die Aufregung war groß. Schließlichbekommt man nicht alle Tage die Gele-genheit, ein so teures Motorrad zu erle-ben; mit 1800 ccm und 140 PS. Wennman den Fahrtwind spürt, fühlt man sichwie auf Goldenen Flügeln. Also passt derName Gold Wing sehr gut.

Um acht Uhr trafen sich 40 Biker auf 23Motorrädern in Trautmannsdorf. Nacheinem gemeinsamen Frühstück ging dieAusfahrt los und es begann einer derschönsten Tage in meinem Leben. ÜberLeibnitz, Ehrenhausen und Gamlitz fuh-ren wir auf der „Route 69“ der Soboth

entgegen. Die vielen Kurven machten mirnichts aus. Wir fuhren insgesamt 300 Ki-lometer. Es war ein tolles Gefühl. Als letz-ter gestartet und wie ein Blitz waren wirwieder an erster Stelle. „Mir hot des vultaugt“, sagte ich dem Grabner Toni gleichmehrmals. Über Lavamünd und Wolfs-berg fuhren wir in der Kolonne weiter aufdie Weinebene. Dort tranken wir Kaffeeund genossen die Aussicht. Bis zum ab-schließenden „Hendlessen“ ließen wir dieMaschinen ausrollen. Was für ein unver-gesslicher Tag!

Seit vielen Jahren tankt die LebenshilfeRadkersburg umweltfreundlichen SEEG-Biodiesel in den Kleinbus der WerkstätteMureck. „Damit fahren wir unsere Kun-dinnen und Kunden zu Veranstaltungen,zu sozialen Einrichtungen und zu ihrenArbeitsstätten“, sagt GeschäftsführerinHelene Kager. Ursprünglich waren der

Umweltgedanke und der regionale Be-triebsstandort der Grund, sich für SEEG-Biodiesel zu entscheiden. Bis heute dientdieser als zuverlässiger Treibstoff vor Ort.Alljährlich sponsert die SEEG-Mureckeinen Betrag an eine soziale Einrichtungin der Region, um soziale Verantwortungzu zeigen. Diesmal erging die Spende an

die Lebenshilfe, diefür ihre Tank-Treuebelohnt wurde:Obmann Josef Rei-ter-Haas und seinTeam überreichten500 Liter Biodieselin Form eines über-großen Schecks anHelene Kager undan die Standortlei-terin der Werk-stätte Mureck, Ka-tharina Kaufmann.

Eine unvergessliche Tourauf einer Gold-Wing.

500 Liter SEEG-Biodiesel

Lebenshilfe Steiermark | Aktuell

Obfrauwechsel bei der LebenshilfeRadkersburg: Nach zehnjähriger Ver-einstätigkeit verabschiedete sich die Ob-frau Marianne Schröttner von ihrenAufgaben und übergab das Zepter an An-gela Scherr aus Straden. Bei der diesjäh-rigen Mitgliederversammlung wurdeAndreas Kaucic als Beirat gewählt, derder ausscheidenden Silvia Gödl nachfolgt.

Die neuen Vorstandsmitglieder derLebenshilfe Radkersburg freuen sichauf ihre Tätigkeit.

Geschäftsführerin der Lebenshilfe Helene Kager und Obmannder SEEG Josef Reiter-Haas gemeinsam mit Standortleiterinder Werkstätte Mureck, Katharina Kaufmann und ihren Kun-den bei der Scheckübergabe vor der Biodieseltankstelle.

Thomas Trummer: Am Socius mit dabei.

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Stockerlplatz für’s SchulbuffetDie Arbeiterkammer nahm steirische Schulbuffets genauer unter die Lupe. Jetzt liegt das Testergebnisvor: Die Lebenshilfe Radkersburg gehört zu den besten Buffet-Betreibern.

Seit Anfang des Jahres erstrahlt dasvon der Lebenshilfe Radkersburggeführte Schulbuffet im Bundes-

oberstufenrealgymnasium Bad Radkers-burg (BORG) in neuem Glanz. Mit demUmbau zog auch die gesunde Jause in dieVitrine ein. Auch die Arbeiterkammer-Marktforschung hat das Angebot getestetund das Ergebnis lässt sich sehen: Unter17 bewerteten steirischen Schulbuffetserlangte das BORG einen Stockerlplatz.Nachdem die alte Einrichtung den mo-dernen Richtlinien nicht mehr entsprach,begann im Herbst 2011 der Umbau. ImMärz präsentierten Direktor Eduard Fa-sching und Günther Haiden von der Le-benshilfe das neue Schulbuffet – mit mehrregionalen Produkten und gesunden Lek-

kereien: „Wir setzen vermehrt auf heimi-sche Säfte und Bioprodukte aus der Re-gion und sind natürlich stolz auf unserePlatzierung!“ so Anna Gollenz, Mitarbei-terin im Buffet. „Noch mehr freut uns al-lerdings die Tatsache, dass unseregesunde Jause auch immer öfter ange-nommen wird!“ Die AK-Bewertung hattenämlich auch die Zufriedenheit der Schü-lerinnen und Schüler getestet und dieUmfrage ergab, dass der Großteil sehrzufrieden sei. „Das Schulbuffet ist ein Teil-bereich unseres Qualifizierungsprojektesund wir sind froh, unseren TeilnehmerIn-nen eine moderne Infrastruktur bieten zukönnen. Außerdem können wir seit demUmbau zwei zusätzliche Arbeitsplätzegewährleisten “, freut sich Haiden.

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AufgetischtEin Kochtag mit den SchülerInnender Fachschule für Land- undErnährungswirtschaft Halbenrain– St. Martin. Von Maria Kröll

Die Teilqualifizierungslehrlinge der WerkstätteBad Radkersburg kochten einen Tag lang ge-meinsamen mit SchülerInnen der FachschuleSchloss Halbenrain à la Cuisine Francaise.Für die französische Küche wurde fleißig ge-schnitten, gemixt und gerührt. Dabei kommu-nizierten alle intensiv miteinander undtauschten Erfahrungen aus. Alle Beteiligtenwaren mit vollem Einsatz dabei und zeigtenauch großes Interesse an der Arbeit. Das Er-gebnis konnte sich wahrlich sehen und essenlassen! Die Lehrlinge der Lebenshilfe Radkers-burg haben die gemeinsamen Stunden sehr ge-nossen und freuen sich schon auf weitereProjekte mit den Jugendlichen der Fachschule.

TanzenverbindetIntegratives Volkstanzen. Es begannals Projekt: Volkstänze aus Österreichbegeisterten Schülerinnen der Fach-schule Stockschloss und KlientInnen derLebenshilfe Trofaiach bei einem gemein-samen Tanzkurs. „Die Jugendlichenwaren umsichtig, einfühlsam und allewaren mit großem Spaß bei der Sache“,so Organisatorin Helga Zisler. Der Inte-grative Tanzkurs nimmt als förderungs-würdiges Projekt am Sozialfestival 2012an der Steirischen Eisenstraße teil. Alseines von 22 Konzepten zeigt es, wie dasZusammenleben der Generationen unddas Überwinden sprachlicher Barrierenklappen kann. Lesen Sie mehr darüber in der nächstenAusgabe.

Musik inder Volks-schuleLebenshilfe Radkersburg, Mu-reck: Bei einer Vernissage derVolksschule gestalteten fünfKundInnen der Werkstätte Mu-reck das Musikprogramm. Nachintensiven Proben mit Unter-stützung von drei BetreuerIn-nen und einem erfolgreichenAuftritt wird es eine Weiterfüh-rung der Band geben. WeitereAuftritte sind geplant.Katharina Kaufmann

Direktor Fasching freut sich gemeinsammit dem Buffet-Team über die großartigePlatzierung und den abgeschlossenenUmbau.

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Lebenshilfe Steiermark | Aktuell

Partnersuche

Österreichische KinderhilfeP.S.K. 1.111.235

W i r d a n k e n d e n ö s t e r r e i c h i s c h e n L o t t o s p i e l e r I n n e n .

Mach dein Bild von InklusionDie Lebenshilfe feierte am 5. Mai den „Tag der Inklusion“ zur Gleichstellung vonMenschen mit Behinderungen.

Vielfalt als Ressource – das machte dieLebenshilfe am 5. Mai zum Thema undsetzte neben mehreren Veranstaltungenden Startschuss zu einem österreichwei-ten Fotowettbewerb, der Inklusion alsMenschenrecht und als sozialen Gestal-tungsauftrag für alle ins Bild setzen will.„Wir wollen eine Gesellschaft, in derMenschen mit Behinderung willkommensind und mit allen Rechten und Pflichtenteilhaben. Freude an der Vielfalt, Teilhabealler Menschen, Selbstbestimmung,Wahlfreiheit und individuelle Unterstüt-zung – das bedeutet Inklusion und diesewollen wir in Bildern festhalten“, betontPräsident Schindler.

Wir suchen die besten Fotos unter

dem Motto „Mach dein Bild von

Inklusion“. Mitmachen kann jeder

und jede: Schülerinnen und

Schüler, Angehörige, FreundInnen

von behinderten Menschen,

Interessierte, MitarbeiterInnen in

Behindertenorganisationen,

Menschen mit Behinderungen.

In der Steiermark werden drei

Landessieger prämiert, die in

weiterer Folge auch am

Bundeswettbewerb teilnehmen

werden. Als Hauptgewinn winkt,

neben der Preisverleihung in

Wien, ein inklusiver Urlaub im

barrierefreien Hotel Viktor in

Vorarlberg. Teilnahmeschluss: 15.

September 2012

www.lebenshilfe.at/machdeinbild

www.raiffeisen.at/steiermark

Wenn ’s um die Finanzierung meiner Wünsche

geht, ist nur eine Bank meine Bank.

Ein guter Kauf fängt mit der Finanzierung an.

Mach mit!

Freude an der Vielfaltund Selbstbestimmung.

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Ahoi! Mein Name ist Thomas und ich befinde mich zurzeit auf Schatzsuche! Neben meinerTätigkeit als Künstler in einer Malwerkstatt spiele ich auch noch Klavier, gehe viel ins Kino,fahre Skateboard und tanze für mein Leben gerne. Über einen Brief von dir würde ich michsehr freuen! Thomas Ulrych, Andersengasse 31a, 8042 Graz

Hallo, mein Name ist Michael Schutting. Ich bin 23 Jahre alt. Meine Hobbys sind Rad fahren,spazierengehen, Thermen- und Discobesuche. Falls dir diese Dinge auch Spaß machen, duzwischen 20 und 30 Jahre alt bist und Interesse hast, würde ich mich sehr freuen, von dir zuhören. Meine Telefonnummer ist: 0664 / 585 36 44

Hallo, ich heiße Alfred und bin 44 Jahre alt. Ich suche auf diese Art und Weise eine nette Frauaus Graz. Wünsche mir eine Nichtraucherin zwischen 35 und 45 Jahren. Meine Hobbys: Bingerne in der Natur, gehe gern ins Kino und habe auch ein Auto, um Ausflüge zu machen.Würde auch sehr gerne mit dir Billard spielen gehen! Bitte melde dich unter 0664 / 14 74 688.Ich freue mich!

Hallo! Ich heiße Michael Moik, bin 29 Jahre alt komme aus dem schönen Weiz. Meine Hob-bys sind Fußball, Playstation spielen, Autos und Fortgehen (Granitzer, BabyO, LAHÜ und Luis).Ich bin SK Sturm Graz-Fan, bin humorvoll und immer gut drauf. Ich arbeite in der Tages-werkstätte Leib&Söl in Passail. Du solltest ca. zwischen 18 und 30 Jahre alt sein. Du kannstmich auf meinem Handy anrufen: 0664 / 57 50 507. Ich freue mich darauf!

Ich heiße Andreas Rossegger, komme aus Krieglach und bin 37 Jahre alt. Meine Hobbyssind: Radfahren, schwimmen, wandern und hin und wieder Fortgehen. Weil ich nicht alles al-leine machen möchte, suche ich eine Freundin. Sie sollte unternehmungslustig sein und al-tersmäßig zu mir passen. Meine Telefonnummer ist 0664 / 557 24 88. Es würde mich freuen,wenn Du Dich meldest!

Hallo, mein Name ist Jürgen Trummer! Ich bin 35 Jahre alt und ich lebe in Graz. Ich arbeitein der Tagesstätte Wienerstraße Mosaik. Meine Hobbys sind: ins Cafehaus gehen, Discobe-suche, malen und Münzen sammeln. Ich bin sehr unternehmungslustig und zielstrebig, außer-dem koche ich sehr gerne (mit Hilfe). Ich suche eine nette Frau um die 30 fürUnternehmungen zu zweit und eine eventuelle Beziehung. Ich würde mich sehr über ein Fotovon dir freuen. Ganz liebe Grüße! Wenn du Interesse hast, bitte sende mir ein E-Mail an:[email protected]

Hallo! Mein Name ist Florian, ich bin 25 Jahre, lebe in Fernitz und suche eine Freizeit-Part-nerin, die zwischen 18 und 30 Jahre jung sein sollte. Es wäre schön, wenn eine umfangrei-chere Beziehung entstünde. Ich höre klassische und alte Musik, auch Schlager, Volkstümlichesund Austropop. Meine Hobbys sind malen, singen, Gitarre spielen, dichten, radeln und trom-meln. Ich fahre in der Fremde mit dem Rolli, daheim bin ich auch ohne mobil. Auf dem Fotosieht man die Folge meiner angeborenen Grunderkrankung, Ichthyosis. Ich fühle mich starkund bin fast immer fröhlich und sehr einfallsreich. Maile bitte mit Foto an: [email protected]

PARTNERSUCHE

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Lebenshilfe Steiermark | Beratung

Inklusion im Bildungsbereich?Inklusion im Bildungsbereich sollte vom Prinzip einer Wertschätzung der Vielfalt getragen sein. WasEltern von Kindern mit Körper-, Sinnes- und intellektuellen Beeinträchtigungen in der Realität begegnet,ist von diesem Ziel oft weit entfernt. Von Dr. Wolfgang Sellitsch

D as bestätigt nicht nur unser Be-ratungsalltag, sondern auch dasBundesministerium für Arbeit,

Soziales und Konsumentenschutz. Diejüngst veröffentlichte „Evaluierung desBehindertengleichstellungsrechts“ be-mängelt fehlende inklusive Kinderbetreu-ungseinrichtungen. Ich möchte imFolgenden einige Feststellungen dieserStudie wiedergeben, die die Österreichi-sche Arbeitsgemeinschaft für Rehabilita-tion (ÖAR) durchgeführt hat.

• Seite 166 stellt der österreichischen Gesellschaft ein schlechtes Zeugnis aus: „Kinder mit Behinderung werden in Österreich von Beginn an in ver-schiedenen gesellschaftlichen Berei-chen gar nicht oder nicht ausreichendinkludiert.“

• Seite 133 erörtert massive Barrieren: „Gleichstellung war und ist teilweise auch heute noch bei vielen Ausbildun-gen nicht gegeben. Zudem behindern Barrieren im schulischen Bereich und bei Ausbildungen, nicht zuletzt auch im universitären Bereich, das Voran-kommen von Menschen mit Behinde-rung. Schlechtere Qualifikation führt

aber zu schlechteren Chancen am Ar-beitsmarkt und einem schlechterenImage bei Arbeitgeberinnen.“

• Seite 132 ortet Ungleichbehandlung: „Nicht zuletzt muss allerdings auch

bedacht werden, dass bereits vor dem Einstieg in die Arbeitswelt Schritte in Richtung einer besseren schulischen und beruflichen Ausbildung von Kin-dern und Jugendlichen mit Behinde-

rung gesetzt werden müssen. Sofern dies nicht geschieht, wird eine Un-gleichbehandlung schlicht auf Basis der Minderqualifizierung strukturell fort-gesetzt.“

Unserer Erfahrung nach liegen dieKnackpunkte an fehlender Koordinationder verantwortlichen Stellen und an denfehlenden Mitteln. So ist für Betroffeneeine freie Kindergartenwahl überhauptnur dann möglich, wenn der Besuch einesKindergartens gesetzlich vorgeschriebenist und eine integrative Zusatzbetreuungausreicht. Das Fehlen einer zusätzlichenKindergartenassistenz reduziert das in-klusive Angebot rasch auf einen Heilpäd-agogische Kindergarten, der für vielekaum erreichbar ist, weil es ihn im sozia-len Nahraum sehr oft nicht gibt.

Dieselbe Situation finden wir auch imSchulbereich vor: Öffentliche Pflicht-schulen stellen zwar pädagogische undkörperliche Unterstützung in Form vonStützlehrern und Pflege- bzw. Hilfsperso-

nen zur Verfügung, die aber in vielen Fäl-len nicht ausreicht. Allein in der Steier-mark benötigen 180 Betroffene eineschulische Assistenzbegleitung, die aberweder der Schulerhalter, noch das LandSteiermark als Träger der Behinderten-hilfe zu finanzieren bereit sind. Dadurchwird Kindern mit autistischer Beeinträch-tigung die dringend benötigte Inklusion imvertrauten Umfeld verwehrt. Inklusionaußerhalb des Pflichtschulbereichs exi-stiert praktisch überhaupt nicht.Inklusion kann aber nur dann im Beschäf-tigungsbereich zum Selbstverständniswerden, wenn sie bereits im Bildungsbe-reich gelebt wird.

Fehlende Koordination.Fehlende finanzielle

Mittel.

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SprechtagsverzeichnisZur Vermeidung von Wartezeiten ersuchen wir um telefonische Voranmeldung.

RECHTSBERATUNG DER LEBENSHILFE STEIERMARK

Lebenshilfen der Regionen BeraterIn Zeit und Ort der Sprechtage

Graz, Graz-UmgebungKontakt: 0316 / 71 55 06-801

Dr. Wolfgang SellitschMag. Ulrike Straka Mag. Petra Uitz-ZundlMag. Elke Mori

jeden Montag von 14 – 16 Uhr sowie Mittwoch und Freitag von 9 – 12 Uhr, in der Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg, C.-v.-Hötzendorf-Str. 37a, 8010 Graz

DeutschlandsbergKontakt: 03462 / 39 950

Mag. Elke MoriMag. Ulrike Straka

jeden 3. Donnerstag im Monat von 8.30 – 11.30 Uhr beider Lebenshilfe in Deutschlandsberg, Bahnhofstraße 6,8530 Deutschlandsberg

VoitsbergKontakt: 0676 / 84 71 55-816

Mag. Elke MoriMag. Ulrike Straka

jeden 1. Dienstag im Monat von 8.30 – 11.30 Uhr bei der Lebenshilfe in Voitsberg, Hauptplatz 47, 8570 Voitsberg

WeizKontakt: 0316 / 71 55 06-801

Dr. Wolfgang SellitschMag. Ulrike Straka Termine nach persönlicher Vereinbarung.

Feldbach Kontakt: 03152 / 42 35 Mag. Oliver Tekautz-Gärber jeden 1. Mittwoch des Monats ab 17 Uhr in der

Lebenshilfe Feldbach, Grazerstraße 22, 8330 Feldbach

FürstenfeldKontakt: 03382 / 54 013 Mag. Oliver Tekautz-Gärber jeden 3. Dienstag im Monat ab 8 Uhr im Wohnhaus

Fürstenfeld, Buchwaldstraße 14, 8280 Fürstenfeld

HartbergKontakt: 03332 / 64 555 Mag. Oliver Tekautz-Gärber jeden 3. Donnerstag im Monat ab 14.30 Uhr in der

Bezirksverwaltung in 8295 St .Johann i.d. Haide 249

LeibnitzKontakt: 03456 / 24 94 Mag. Oliver Tekautz-Gärber jeden 2. Donnerstag im Monat ab 17 Uhr in der

Tageswerkstätte Leibnitz, Grazer Gasse 57

Bad RadkersburgKontakt: 03476 / 20 29 Mag. Oliver Tekautz-Gärber

jeden 3. Mittwoch im geraden Monat ab 18.30 Uhr in der Tageswerkstätte der Lebenshilfe in Mureck, Bauhofplatz 1

Bruck/MurKontakt: 03862 / 98 205 oder 0676 / 84 81 76-650

Mag. Maximiliane Morijeder 2. Freitag im geraden Monat von 8:15 – 11:15 in der Lebenshilfe Bezirk Bruck/Mur, Erzherzog- Johann-Gasse 2, 8600 Bruck/Mur

LeobenKontakt: 03842/ 24683 Mag. Maximiliane Mori

jeden ersten Mittwoch im ungeraden Monat8:00 – 10:00; in der Lebenshilfe Leoben, Timmersdorfergasse 3, 8700 Leoben

MürzzuschlagKontakt: 03865 / 24 77 10 Mag. Maximiliane Mori

jeden 3. Montag im Monat von 8:30 - 11:30 in der Lebenshilfe Mürzzuschlag. Jeden geraden Monat (Februar, April, etc.) findet der Sprechtag in der Teichgasse 2, in Kindberg statt. Jeden ungeraden Monat (Januar, März, etc.) findet der Sprechtag in der Mariazellerstraße 47, in 8680 Mürzzuschlag statt.

TrofaiachKontakt: 03847 / 37 70 Mag. Maximiliane Mori jeden 2. Montag im Monat von 8:00 – 12:00 in der

Lebenshilfe Trofaiach, Hauptstr. 26, 8793 Trofaiach

Judenburg Kontakt: 03573 / 20 752 Mag. Maximiliane Mori

jeden 1. Montag im Monat von 8:00 – 12:00 in der Lebenshilfe Judenburg, Sankt- Christophorus-Weg 15, 8750 Judenburg

KnittelfeldKontakt: 03512 / 74 184 Mag. Maximiliane Mori nach persönlicher Vereinbarung in der

Dr. Hans-Klöpfer-Straße 38, 8720 Knittelfeld

MurauKontakt: 03532 / 27 78 Mag. Maximiliane Mori jeden 3.Mittwoch im Monat von 9:00 –11:00 Uhr, in

der Lebenshilfe Murau, Am Hammer 5, 8850 Murau

Ennstal Kontakt: 03612 / 23000 Mag. Udo Strallhofer

jeden 2. Dienstag im Monat von 9 – 11 Uhr in der Lebenshilfe Ennstal, Tagesheim Vabene, Salzstraße 24, 8940 Liezen

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I) Volljährigkeit und Vertretung

Wenn ein Mensch mit einer intellektuel-len Beeinträchtigung oder psychischenKrankheit nicht in der Lage ist, ohne dieGefahr eines Nachteiles bestimmte An-gelegenheiten selbst oder im Rahmeneiner anderen Hilfe zu erledigen, brauchter eine gesetzliche Vertretung. Bis zum18. Lebensjahr sind die Eltern aufgrunddes Gesetzes vertretungsbefugt. Ab dem18. Lebensjahr – dem Beginn der Volljäh-rigkeit – bedarf es einer rechtlich ver-bindlichen Vertretungsform wie z.B.einer Angehörigenvertretung oder einerSachwalterschaft, wenn der Betroffenenicht in der Familie, in Pflegeeinrichtun-gen oder durch (psycho)soziale Dienstedie erforderliche Unterstützung erhält.

Zuerst ist zu klären, ob es eine Al-ternative zur Sachwalterschaft gibt.

1) Die Angehörigenvertretung:Grundvoraussetzung ist, dass eine voll-

jährige Person aufgrund einer psychi-schen Krankheit oder intellektuellen Be-einträchtigung nicht fähig ist,Rechtsgeschäfte des täglichen Lebensselbst zu besorgen, für sie kein Sachwal-ter bestellt ist und sie auch keinen ge-setzlichen oder bevollmächtigtenVertreter hat.

Als Angehörigenvertreter können sichbeim Notar die Eltern, die volljährigenKinder, Ehegatten und eingetragenenPartner (bei Haushaltsgemeinschaft) undLebensgefährten (bei zumindest dreijäh-riger Haushaltsgemeinschaft, gerechnetab Vertretungsfall) registrieren lassen.

Die Vertretungsbefugnis des Ange-hörigenvertreters bezieht sich auf:1. Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens

wie z.B. die Eröffnung eines Girokon-tos, Kauf von Kleidung, Lebensmitteln, Bezahlung der Miete. Bei Verfügungen über ein Konto des Vertretenen wirddas Vertrauen der Bank insoweit ge-

schützt, als die Verfügungen den Betrag von € 950,- (erhöhter allge-meiner Grundbetrag des Existenzmi-nimums für 2012) nicht überschreiten

2. Rechtsgeschäfte zur Deckung des Pflegebedarfs wie z.B. Kauf von Pflege-utensilien oder Abschluss von Ver-trägen über den pflegebedingten Mehraufwand

3. Geltendmachung von Ansprüchen, die sich durch Alter, Krankheit oder Be-einträchtigung ergeben (z.B. Antrag nach dem StBHG, Pflegegeldantrag, Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungs-antrag)

4. Einwilligung in geringfügige medizi-nische Behandlungen

Keine Vertretungsbefugnis bestehtallerdings bei:1. Schwerwiegenden Heilbehandlungen

(PEG-Sonde, risikoreiche OP, Ampu-tationen)

2. Wohnortwechsel (Haushaltsauflösung und Umzug in ein Pflegeheim)

3. Auflösung des Haushalts4. Verkauf von Liegenschaften5. Allgemein schwierigen oder um-

fangreichen finanziellen Angelegenhei-ten

2) Die Sachwalterschaft:

Die Sachwalterschaft ist anzuregen, wennes keine Angehörigenvertretung oderVorsorgevollmacht gibt oder der Betrof-fene vor Benachteiligung nicht anders ge-schützt werden kann. Die Anregung kann von jedermannschriftlich oder mündlich beim Bezirks-gericht erfolgen, das für den Wohnortdes Betroffenen zuständig ist. Auch derBetroffene selbst ist antragsberechtigt.Sachwalter können nahestehende Perso-nen, Sachwaltervereine, Rechtsanwälte,Notare oder andere geeignete Personensein. Für welche konkreten Angelegen-

Volljährig – was nun?Das Team der Rechtsberatung gibt Auskunft, welche Rechtsansprüche Menschen mit Behinderung ab derVolljährigkeit haben. Von Mag. Petra Uitz- Zundl

Lebenshilfe Steiermark | Beratung

Bis zum 18. Lebensjahr sind Eltern die gesetzlichen Vertreter.

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heiten der Sachwalter bestelltwird, legt der Richter dann auf-grund eines Sachverständigengut-achtens im Sachwalterbestel-lungsbeschluss fest.

Aufgaben des Sachwalters kön-nen sein:1. Gesetzliche Vertretung des Be-

troffenen vor Ämtern, Behör-den (wie Anträge nach dem Be-hinderten- oder Pflegegeldge-setz) und privaten Vertrags-partnern

2. Geltendmachung finanzieller Ansprüche, Verwaltung von Vermögen und Einkommen

3. Zustimmung zu medizinischen Behandlungen

II) Die Wehrpflicht

Jeder männliche österreichischeStaatsbürger ist grundsätzlich abdem 17. Geburtstag stellungs-pflichtig. Im Wehrgesetz ist dieStellungspflicht geregelt. Gem. §18(1b) Abs. 1 Zi.1b Wehrgesetz kannbei Personen, die eine dauerndeschwere körperliche oder geistigeBehinderung aufweisen auf Grundeines amtsärztlichen Zeugnissesüber ihren Gesundheitszustandvom persönlichen Erscheinen vorder Stellungskommission Abstandgenommen werden.

>> Lesen Sie mehr darüber in dernächsten Ausgabe.

Mit Ihrer Spende unterstützen Sie Menschen mit Behinderung in ihrem „Leben wie andere auch!“ Spendenkonto: 1-07.104.730 BLZ: 38.000 Raiffeisen-Landesbank Steiermark

Die Lebenshilfe-Rechtsberatung bietet für Menschen mit Behinde-rung, deren Angehörige und Sachwalter in der ganzen SteiermarkUnterstützung an:

>> Information über Rechtsansprüche nach dem steiermärkischen

Behindertengesetz und Unterstützung bei der Durchsetzung

>> Überprüfung von Behördenentscheidungen

>> Beratung in behinderungsspezifischen Rechtsfragen

>> Beratung und Unterstützung in Pflegegeldangelegenheiten

Dr. Wolfgang Sellitsch steht mit einem Team kompetenter ExpertInnen unter

der Rufnummer 0650 / 81 25 754 in allen steirischen Bezirken zur Verfügung.

RechtsberatungDurch das neue Behindertengesetz ergeben sich viele Verbesserungen, Chancen und Möglichkeiten. – Aber nicht immer kommen Betroffene zu ihrem Recht.

I M P R E S S U M„Lebenshilfe“ ist eine Mitgliederzeitung des Landesverbandes der Lebenshilfe Steiermark und unabhängig von politischen Parteien und Kirchen. Namentlich gekennzeichnete Textegeben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für den Inhalt der Texte sind die jeweiligen AutorInnen verantwortlich. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Zeich-nungen und Fotos wird keine Haftung übernommen. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge aus Platzgründen zu kürzen. Medieninhaber und Herausgeber:Landesverband der Lebenshilfe Steiermark, Präsident Wilfried Schindler, Schießstattgasse 6, 8010 Graz, Tel.: 0316 / 81 25 75, Fax: Dw 4, [email protected], www.lebenshilfe-stmk.at · Chefredaktion: Pure Ruby, Nicole Rubisch Public Relations, Eißlgasse 19, 8047 Graz, [email protected] ·Redakteure & AutorInnen: Mag. Albert Brandstätter, Mag. Christine Kaiser, Caroline Knüpper, Mag. Christina Landgraf, Karin Much, Marlene Pirkheim, Dr.Bernd Schilcher, Mag. Bernhard Schmid, Thomas Trummer, Dr. Wolfgang Sellitsch, Angelika Vogler · Fotos: Harry Schiffer (kleine Fotos, Cover), HelmutDirnberger (Seite 2, Editorial), Pure Ruby, Lebenshilfe · Gestaltung: JeneweinDesign, Lendkai 95, 8020 Graz, www. jeneweindesign.com · Druck & Anzeigen:Steurer-Medienhaus, Wels · Redaktionsschluss: 6. Juni 2012

Mag. Udo Strallhofer, Mag. Maximiliane Mori,

Dr. Wolfgang Sellitsch, Mag. Oliver Tekautz-Gärber,

Mag. Petra Uitz-Zundl,Mag. Ulrike Straka,

Mag. Elke Mori