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Z. anorg. allg. Chem. 616 (1992) 39-45
Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie 0 Johann Ambrosius Barth 1992
Bildung siliciumorganischer Verbindungen. 108 [I]
Thermisch induzierte Reaktionen aminosubstituierter Disilane G. Fritz* und H. Amann Karlsruhe, Institut fur Anorganische Chemie der Universit2t
Bei der Redaktion eingegangen am 13. April 1992.
Professor Rudolf Hoppe zum 70. Geburtstage gewidmet
Inhaltsiibersicht. Thermisch induzierte Reaktionen ami- no-substituierter Disilane fiihren zur Bildung Si-reicherer Silane. Aus Me,Si-%Me,-NMeH 1 bilden sich bei 300 "C Me,Si-NMeH 2, Me,Si-(%Me,),-NMeH 3 im Verhaltnis 1 : 2 : 3 = 1,6 : 1 : 1, aus Me,Si-SiMe,-N(iPr)H 4 bei 350 "C Me,Si-N(iPr)H 5 , Me,Si-(%Me,),-N(iPr)H 6, Me&-(SiMe,),-N(iPr)H 7 im Verhaltnis 4 : 6 : 7 =
0,8 : 1,0 : 0,6, aus Me,Si-SiMe,-NMe, 8 bei 300 "C (72 h), Me,Si-NMe, 9 und Me,Si(SiMe,),-NMe, 10 im Verhaltnis 9 : 8 : 10 = 1 : 0,22 : 0,44. Die thermische Stabi- litat der Disilane wird durch den Raumbedarf der Amino- substituenten beeinflufit, NMeH < NMe, < N(iPr)H. Die Einfuhrung einer zweiten NMe,-Gruppe fuhrt zu ei- nem Stabilitatsverlust und begiinstigt die Bildung Si-rei- cherer Silane. So reagiert Me,N-(SiMe,),-NMe, 11 be-
reits bei 250 "C (2 h) zu Me,N-SiMe,-NMe, 12, Me,N-@Me,),-NMe, 13 und Me,N-(SiMe,),-NMe, 14 im Verhaltnis 11 : 13 : 14 = 0,3 : 0,9 : l,O.
Die Reaktionen lassen sich durch die thermische Bil- dung von Dimethylsilylen deuten, das unter Einschub in die Si-N-Bindung des Disilans weiterreagiert. Dieser Vorgang ist gegeniiber Abfangreaktionen mit Ph-C=C-Ph und Et,SiH stark begiinstigt. Die be- schriebenen Reaktionen entsprechen dem Verhalten der Methoxydisilane [2].
Das (MeN-SiMe,-SiMe,), 15 (gebildet aus HMeN(SiMe,),NMeH durch Kondensation [3]) reagiert bei 400 "C unter Ringverengung zum Octame- thyl-l,3-diaza-2,4,5-trisilacyclopentan 17 (69 Gew.Yo) und Bildung eines Riickstandes der Zusammensetzung Si,C,NH,, .
Formation of Organosilicon Compounds. 108 [I]. Thermally Induced Reactions of Amino-Substituted Disilanes Abstract. Thermally induced reactions of amino-substi- tuted disilanes yield Si rich silanes. At 300°C, Me,%-SiMe,-NMeH 1 yields Me,Si-NMeH 2 and Me,Si-(SiMe,),-NMeH 3 in a ratio 1 : 2 : 3 = 1,6 : 1 : 1, whereas Me,Si-SiMe,-N(iPr)H 4 at 350 "C yields Me,Si-N(iPr)H 5, Me,%-(%Me,),-N(iPr)H 6 and Me,Si-(%Me,),-N(iPr)H 7 in a ratio of 4 : 6 : 7 = 0.8 : 1 .O : 0.6. Me,Si-SiMe,-NMe, 8 at 300 "C (72 h) yields Me,Si-NMe, 9 and Me,Si-(SiMe,),-NMe, 10 in a ratio of 9 : 8 : 10 = 1 : 0.22 : 0.44 The thermal stabi- lity of these disilanes is determined by the sterical requirements of the amino substituents NMeH < NMe, < N(iPr)H. The introduction of a se- cond NMe, group decreases the stability and favours the formation of Si rich silanes. Such, Me,N-(%Me,),-NMe, 11 already at 250 "C (2 h) yields Me,N-SiMe,-NMe, 12, Me,N-(SiMe,),-NMe, 13
and Me,N-(SiMe,),-NMe, 14 in a ratio of 11 : 13 : 14 = 0.3 : 0.9 : 1.0.
The reactions can be understood as insertions of ther- mally produced dimethylsilylene into the Si-N bond of the disilanes. This process is strongly favoured as com- pared to the trapping reactions with Ph-CE C-Ph or Et,SiH. The mentioned reactions correspond closely to those of the methoxy-disilanes[2].
However (MeN--SiMe,-SiMe,), 15, obtained from HMeN-(%Me,),-NMeH by condensation [3], at 400°C suffers a ring contraction to octyme- thyl- 1,3 -diaza-2,4,5-trisilacyclopentane (69 weight Yo), and yields also some solid residue, the composition of which corresponds to Si,C,NH,, .
Key words: Organosilicon compounds; amino-substituted disilanes; thermally induced reaction mechanisms
40 Z . anorg. allg. Chem. 616 (1992)
Mit dem Einsatz von Carbosilanen als Precursor fur die Sic-Bildung hat sich das Interesse an dieser Verbindungs- gruppe erhoht. Dabei ist der Einschub der CH,-Gruppe in die Si-Si-Bindung in methylierten Silanen entschei- dend, wenn die Carbosilanbildung von einem Polysilan ausgeht [4]. Bei arninosubstituierten Di- und Trisilanen, wie Me,Si-SiMe,-NHMe, stellt sich die Frage, wieweit bei erhohter Temperatur ein NMe- oder CH,-Einschub in die Si-Si-Bindung eintritt, eine Kondensation unter Abspaltung von MeNH, ablauft bzw. welche Vorgange reaktionsbestirnmend werden. Die vorliegende Untersu- chung ermoglicht eine eindeutige Aussage.
Ergebnisse der Untersuchung
1 Reaktionen amino-substituierter Disilane bei erhoh- ter Temperatur Zur Untersuchung der thermisch bedingten Veranderun- gen wurden die zu untersuchenden flussigen Verbindun- gen im Vakuurn in kleine Ampullen kondensiert, diese abgeschmolzen, der thermischen Behandlung unterzogen und anschliefiend an der Vakuumapparatur wieder geoff- net.
1. I Das Me,Si-SiMe,-NMeH I Nach orientierenden Versuchen treten zwischen 300 "C - 400 " C Veranderungen an Verbindung 1 auf (300"C, 24h; 350°C, 2h; 400°C, 2h), aber es kommt noch nicht zu einer Verfarbung der Fliissigkeit bzw. zur Abscheidung von festen Produkten. Nach der eingehen- den Untersuchung (NMR, Massenspektren) der 24 h bei 300 "C getemperten Probe haben sich Me,Si-NMeH 2 und Me,Si-(SiMe,),-NMeH 3 gebildet; die Zusam- mensetzung des Reaktionsgemisches betragt: 1 : 2 : 3 = 1,6 : 1 : 1 (aus der Integration des 'H- NMR-Spektrums).
Alle in dieser Arbeit genannten Verbindungen besitzen 'H-NMR-Spektren rnit gut getrennten Signalen, die auch in Gemischen zweifelsfrei zuzuordnen und sauber zu inte- grieren sind.
Durch fraktionierte Destillation konnte 2 als erste Fraktion (48 "C/650 Torr) abgetrennt werden, anschlie- fiend das Edukt 1 und schliefilich rnit der vierten Fraktion Verbindung 3 neben Anteilen von 1. Weitere Verbindun- gen werden nicht gebildet. Die unter diesen Bedingungen erfolgte Reaktion ist iiber einen bisher nicht beschriebe- nen Silylen-Einschub in die Si-N-Bindung zu deuten nach G1. (1).
Me3Si-SiMez-NMeH 4 Me3Si-NMeH + SiMez (1) SiMe2 + Me,Si-SiMez-NMeH + Me,Si-(SiMez)2-NMeH
Es ist jedoch bekannt, dafi bei der Thermolyse des 1,2-Dimethoxytetramethyldisilans a,oDimethyloxypoly- silane entstehen, deren Bildung iiber eine unimolekulare Reaktion erfolgt; als geschwindigkeitsbestimmender Schritt wird dort die a-Eliminierung von Dimethylsilylen angegeben [2].
Im 'H-NMR-Spektrum der Reaktionsprodukte von Verbindung 1 liegen die Signale der Si-Methylprotonen bei 0,09 - 0,28 pprn, die der N-gebundenen bei 2,39 - 2,48 pprn (Dublett rnit J,,,, = 6,5 Hz). Aufgrund des hohen Kernquadrupolmomentes des Stickstoffs hat das NH-Signal eine so grolje Breite, dalj es durch Entkopplungsexperimente bei - 0,12 ppm zu identifizie- ren ist. Mit steigender Kettenlange erfolgt eine Tieffeld- verschiebung der Signale aller Si- und N-gebundenen Methylprotonen (Tab. 1). Das "Si-NMR-Spektrum der Verbindungen 1, 2 und 3 zeigt die fur in 1-Position ami- nosubstituierten Mono-, Di- und Trisilane typische Ver- schiebung, die auf die zunehmende Entschirrnung der Si- Kerne rnit steigender Kettenlange zuruckgeht.
Die rnit dern CH,-Einschub in die Si-Si-Bindung vom Me,Si-SiMe,-NMeH 1 verbundene Ausbildung ei- ner SiH-Gruppe (= Si-Si-CH, -, - Si-CH,-Si-H) deutet sich im Produktgemisch erst nach neunstiindiger Reaktion bei 475 "C rnit der SiH-Frequenz im 'H-NMR- und IR-Spektrum neben weiteren Reaktionsprodukten an.
Es wurde versucht, den Silylenrnechanismus uber be- schriebene Abfangreaktionen thermisch erzeugter Silyle- ne rnit Diphenylethin [5] zu belegen. Dazu wurde die Thermolyse von 1 in Gegenwart von Ph-CEC-Ph (Molverhaltnis 1 : 2 bzw. 1 : 1) durchgefuhrt. In beiden Fallen gelang nicht die Isolierung des Additionsproduk- tes. Das Diphenylethin kristallisiert aus dem Reaktions- gemisch mit den Verbindungen 1 ,2 und 3. Einen Hinweis auf die erfolgte Addition des SiMe, liefert das 'H- NMR-Spektrum der abgetrennten Kristallfraktion. Neben den Signalen der Phenylgruppen bei 7, 14 und 7,45 ppm erscheint bei 0,14 ppm ein Singulett im typi- schen Verschiebungsbereich von Si-Methylprotonen. Nach der niedrigen Signalintensitat liegt die zugehorige Verbindung nur in geringer Konzentration vor. Auner der Addition an ein Olefin eignet sich zurn Nachweis eines in- termediar gebildeten Silylens auch die Insertion in die Si-H-Bindung [6]. Deshalb wurde Verbindung 1 in Ce- genwart von Et,SiH (Molverhaltnis 1 : 2) thermolysiert in der Erwartung einer Umsetzung nach Et,SiH + SiMe, + Et,Si-SiMe,H. Die Bildung von Et,Si-SiMe,H sollte am Auftreten eines zusatzlichen Multipletts im 'H-NMR-Spektrurn bei etwa 3 3 pprn zu erkennen sein. Verstarkt man diesen Bereich im Uber- sichtsspektrum des Pyrolyseproduktes von 1 rnit Et,SiH, so beobachtet man ein neues Septett geringer Intensitat neben dem des Eduktes. Fur die Alkylprotonen des Et,Si-SiMe,H erwartet man Signale im Bereich derer des Et,SiH.
Danach ergeben sich zwar Anzeichen fur diese Abfang- reaktion des SiMe,, jedoch sind die Konzentrationen der gebildeten Verbindungen sehr gering. Dies kann darauf zuruckgefiihrt werden, dafi die Insertion des gebildeten SiMe, in die Si-N-Bindung von 1 zu Me,Si-(SiMe,),-NMeH 3 sehr vie1 schneller erfolgt.
G. Fritz, H. Amann. Bildung. siliciumorganischer Verbindunaen. 108 41
Tabelle 1
Verbindung ‘H-NMR ZySi-NMR
‘H- und 29Si-NMR-Spektren der Verbindungen 1 - 17 in ppm
a b C
1 Me&-SiMe,-NMeH 2 1
a b 2 Me3Si-NMeH
a b C d 3 Me,Si-SiMe,-SiMe,-NMeH
3 2 1
d /Me a b C
4 MeSi-%Me,-N-CH 2 1 I \ Me
H
C
/Me
I Me H
a 5 Me3Si-N-CH \
e /Me
3 2 1 I \ Me
a b C
6 Me3Si-SiMe,-SiMe2-N-CH
H
a: 0,12 b: 0,17 c: 2,44g
a: 0,09 b: 2,41
a: 0,22 b: 0,23 c: 0,26 d: 2,46d
a: 0,04 b: 0,08 c: 1,oo d: 3,OOd von Sept.
a: 0,14 b: 1,04d c: 3,OOdvon Sept.
a, b, c: 0,i -0,36 d: 1,03d e: 3,OOd von Sept.
f
Me
d . /Me a, b, c, d: 0,l-0,36 a b C
7 Me3Si-SiMez-SiMe2-SiMe2-N-CH \ e: 1,05d f: 3,OOd von Sept. 4 3 2 1 I
H
a b C 8 Me3Si-SiMe2-NMe2
2 1
a b 9 Me,Si-NMe2
a b C d 10 Me3Si-SiMe2-SiMe2-NMe2
3 2 1
a b 11 Me,N-SiMe,-SiMe,-NMe,
12 Me,N-SiMe,NMe,
13 Me,N-SiMe,-SiMe,-SiMez-NMe2
14 Me,N-SiMe,-SiMe,-SiMe,-SiMe,-NMe,
a b
a b C
a b .C
2 1 bMe
“Me,Si ’ \ SiMe, 15 I I
a: 0,18 b: 0,21 c: 2,49
a: 0,18 b: 2,46
a: 0,18 b: 0,25 c: 0,27 d: 2,51
a: 0,26 b: 231
a: 0,14 b: 2,51
c: 2,54
c: 2,54
a, b: 0,28-0,39
a, b: 0,28-0,39
a: 0,26 b: 2,45
1: -4,8 2: -22,2
+ 3,9
1: -1,5 2: -16,6 3: -50,7
1: -9,O 2: -22,4
+0.1
1: -9,0 2: -22,4 3: -45,5
1: -5,6 2: -15,3 3: -43,6 4: -51,O
1: -0,5 2: -21,3
1: +1,9 2 -16,4 3: - 5 9 1
- 3,5
+2,60
1: -5,l 2: -44,l
1: -5,l 2: -46,6
1: -5,2 2: -7,6“)
Me
42 2. anorg. allg. Chern. 616 (1992)
Tabelle 1 (Fortsetzung)
Verbindung 'H-NMR Z9Si-NMR
"Me, s1 'Me" 2 ' NMe
bMe,Si- SiMe, 17 I I
a: 0,14 1: +5,1
c: 2,41 b: 0,25 2: -8,3
1
a) Sessel- und Wannenkonformere
1.2 Dus Me,Si-SiMe,-NHiPr 4
Eine thermisch induzierte Reaktion von 4 ist erst bei 350 "C festzustellen, was auf Erhohung der Stabilitat durch die iPr-Gruppe zuruckzufuhren ist. Das 'H- NMR-Spektrum von 4 zeigt die Signale der SiCH,-Pro- tonen bei 0,04 und 0,08 ppm als Singuletts im Verhaltnis 2 : 3, die der Methylprotonen der Isopropylgruppe bei 1 ,O ppm als Dublett und das des tertiaren Protons als Du- blett von Septetts bei 3,0 ppm. Das Produktspektrum nach der Thermolyse bei 350 "C (24 h) enthalt die Verbin- dungen Me,%-N(iPr)H 5, Me,Si-SiMe,-N(iPr)H 4, Me,%-(%Me,),-N(iPr)H 6 und Me,%-(%Me,),-N(iPr)H 7. Wahrend im 'H-NMR- Spektrum fur die Methylprotonen am Silicium keine Zu- ordnung moglich erscheint, lassen sich im Bereich der Methylprotonen des iPr-Restes mindestens vier Dubletts mit einer Kopplung von jeweils 3,2 Hz erkennen. Bei 3,O ppm erscheinen iiberlagerte Dubletts von Septetts, de- ren Kopplung ebenfalls 3,2 Hz betragt (Tab. 1). Die Ver- bindungen liegen im Verhaltnis 4 : 6 : 7 = 0,8 : I ,O : O,6 vor, wie sich aus dem Vergleich der Signalintensitaten der Methylprotonen im 'H-NMR-Spektrum am Isopropyl- rest ergibt. Mit steigender Kettenlange des Silanrestes ist eine Tieffeldverschiebung der Signallagen verbunden.
Durch Destillation konnte aus dem Reaktionsgemisch das Me&-N(iPr)H 5 abgetrennt werden. Eine Tren- nung der Verbindungen 4, 6 und 7 lie13 sich weder durch Destillation noch auf chromatographischem Wege errei- chen. Die massenspektrometrische Untersuchung (Tab. 2) belegt das Vorliegen der Verbindungen 6 und 7. Das ther- mische Verhalten von 4 ist mit dem von 1 vergleichbar und ermoglicht daruber hinaus den Nachweis des Tetrasi- lans 7.
1. 3 Dus Me$--SiMe,-NMe, 8
Zum Studiuin des Einflusses von NMe,-Substituenten in Disilanen wurde zunachst das thermische Verhalten von Verbindung 8 untersucht. Die Umsetzung setzt bei 300°C ein, aber es ist dann eine Reaktionszeit von 72 h erforder- lich, um einen ausreichenden Umsatz zu erreichen. Das Verhaltnis der gebildeten Verbindungen Me,Si-NMe, 9, Me,Si--SiMe,-NMe, 8, Me,Si-(SiMe,),-NMe, 10 be-
tragt dann 9 : 8 : 10 = 1 : O,22 : 0,44 ('H-NMR, Integra- tion der am Stickstoff gebundenen Methylprotonen). Der hohe Anteil von 9 zeigt an, dalj bereits eine weitergehende Reaktion unter Abbau des Trisilans 10 eingesetzt hat. Das ergibt sich auch daraus, da8 die Erwarmung auf 350°C bereits zu einem uniibersichtlichen Produktspektrum fuhrt. Das Vorliegen der Verbindungen 8 , 9 und 10 ist mit den NMK-Daten (Tab. 1) und den Massenspektren (Tab. 2) belegt.
1.4 Dus Mefl-(SiMeJ,--NMe, I1
Mit der Einfiihrung einer zweiten Me,N-Gruppe erhoht sich die Reaktivitat des Disilans. Bereits bei 250 "C er- folgt die Bildung von Me,N-SiMe,-NMe, 12, Me,N-(SiMe,),-NMe, 13, Me,N-(%Me,),-NMe, 14, wobei bereits eine Farbanderung von farblos nach hell- braun auftritt. Nach der 1H-NMR-Untersuchung ist Ver- bindung 12 Hauptprodukt (Singuletts bei 0,14 ppm und 2,51 ppm im Intensitatsverhaltnis 1 : 2). Nach Abkonden- sieren des leichtfluchtigen Silans 12 aus dem Rektionsge- misch (Kuhlfalle - 78 "C) ist eine Zuordnung der Signale im Si-CH,-Bereich (0,28 - 0,41 ppm) und im N-CH,- Bereich (2,51 ppm) moglich (Tab. l), ebenso die massen- spektrometrische Untersuchung der Verbindungen 13 und 14 (Tab. 2). Aus der Integration der Signale der N-CH,-Gruppen im 'H-NMR-Spektrum des Reak- tionsgemisches ergibt sich das Verhaltnis der Verbindun- gen 11 : 13 : 14 = 0,3 : 0,9 : 1 ,O. Gegenuber dem Me,Si-SiMe,-NMe, 8 und 11 eine deutliche Erniedri- gung der Reaktionstemperatur sowie eine Verschiebung der Reaktionsprodukte zugunsten des Tri- und Tetrasi- lans. Dieses Verhalten entspricht dern OMe-substituierter Disilane [2].
I . 5 Dus (MeN-SiMe,-SiMeJ, 15
Zwischen dem HMeN-(SiMe,),-NMeH 16 und dem Me&-%Me,-NMeH 1 bestehen beziiglich des Reak- tionsverhaltens erhebliche Unterschiede. Die Neigung von 16 zur Kondensation ist so erheblich, darJ bei der de- stillativen Aufarbeitung des Synthesegemisches bereits das Kondensationsprodukt (MeN--SiMe,-%Me,), 15 entsteht [3]. Bisher beschriebene Untersuchungen zur Er-
G. Fritz, H. Amann, Bildung siliciumorganischer Verbindungen. 108 43
Tabelle 2 Exakte Massenbestimmung
1 Me3Si-SiMe2-NMeH; 3 MeSi-(SiMe2),-NMeH; 4 Me3Si-SiMe2-N(iPr)H; 6 Me,Si-(SiMe,),-N(iPr)H; 7 Me3Si-(SiMe,)3-N(iPr)H; 8 Me3Si-SiMe2-NMe2; 11 Me2N-(SiMe2),-NMe2; 13 MezN-(SiMe2)s-NMe2; 14 MezN-(SiMe2)4-NMe2;
15 (NMe--SiMe2-SiMe2),; 17 MeN Me2 , Si \ NMe
\ /
Me,Si- SiMe,
Verbindung exakte Masse gemessen Diff. zur Intensitat ber. in 7 0
1 3
4
6
7
8
11
13
14
15
17
M'
M+ M+-CH, M+-3CH, + H M' M+-CH3 M+-SiMe, M + M+-CH3 M'-SiMe,
M+ M+-H M'-CHs
M+ M+-CH, M+-2CH3 + H M'
M + M+-CH, M+-2CHs-H M+-NMe2 M+-4CH, + H M+ M+-CH, M+-2CH, M+-3CH, M+-2 CH3-NMe2
M+ M+-H M+-CH, M+-NMe
M' M+-H M+-CH, M+-NMe
161,1055
219, I294 204,1059 175,0672
189,1370 1 74,1133 116,0477
247,1625 232,1368 174,1174
305 304 291,1642
175,1215 160,0972 146,0834
204,1424
262 247 23 1 ,I 172 21 8,1204 203,0845
320 305,1683 290,1487 275,1262 246,1002
290,1493 289,1433 275,1260 246, I004
232,1248 231,i 174 217,1015 188,9736
75,2
10,45 41,93 20,26
1,61 11,73 79,6
733
63,82 100
- -
12 60,35 39,48
1,96
20,69 - - 12,81
4,28
0,21 0,37 5,74 9,4 3,71
52,96 1,21
62,72 3,95
20,41 0,74
1,67
100
100
weiterung des Si-N-Ceriistes eines solchen 1 ,4-Diaza- SiMe,-Gruppe zum Octamethyl- 1,3-diaza-2,4,5-trisiI- 2,3,5,6-tetrasilacyclohexans zu polymeren Strukturen ver- acyclopentan 17. Aus dem Pyrolysegemisch IiiiDt sich 17 laufen uber metallorganische Synthesen [7]. Uber das abdestillieren (69 Cew.%, bezogen auf die eingesetzte Ver- thermische Verhalten von 15 liegen jedoch bisher keine bindung 15). Die Elementaranalyse des Destillations- Angaben vor. Nach den jetzt durchgefuhrten Untersu- ruckstandes ergibt das Verhaltnis Si : C : ti : N = chungen ist Verbindung 15 thermisch relativ bestandig. 1 : 2,4 : 7,O : 0,36 und damit die Formel Si,C,H,,N. Ver- Bei 400°C reagiert der Sechsring 15 unter Verlust einer gleicht man die Element-Zusammensetzung der Aus-
44 Z . anorg. allg. Chem. 616 (1992)
gangsverbindung 15 (Si4C,,H,,,N,! rnit der des daraus thermisch erzeugten Hauptproduktes 17 (Si,C,H,N,) und der des Destillationsruckstandes (Si,C,H,,N), so er- rechnet sich das Si : N-Verhaltnis fur 15 mit, 2 : 1, fur 17 rnit 3 : 2, fur den Ruckstand rnit 3 : 1. Im 'H-NMR- Spektrum des Riickstandes ist eine starke Signalhaufung im Si-CH,-Bereich (Schwerpunkt 0,25 ppm) und im N-CH,-Bereich (Schwerpunkt 2,45 ppm) zu beobach- ten. Bei 3,91 ppm erscheint ein Multiplett geringer Inten- sitat, das auf eine Si-H-Funktion hinweist, die sich uber das IR-Spektrum durch die v(SiH)-Schwingung bei 2 0o0 cm-' bestatigt. Durch Verlangerung der Reaktions- zeit (1 Woche) bzw. durch Temperaturerhohung laljt sich der SiH-Anteil nicht erhohen.
2 Diskussion der Ergebnisse
Aus der Untersuchung folgt, daI3 einfach aminosubstitu- ierte Disilane, wie 1 und 4, beim Erwamen nicht durch Kondensation an den Aminogruppen dimerisieren. Bei Temperaturen oberhalb 300 "C kommt es zum Aufbau Si- reicherer aminosubstituierter Silane unter gleichzeitiger Bildung des aminosubstituierten Monosilans. Die so ab- laufenden Reaktionen werden verstandlich rnit der An- nahme, dalj ein aminosubstituiertes Disilan, wie 1, unter Bildung des Monosilans zur Me,Si-Quelle wird und an- schlieljend die Einlagerung des Silylens in eine Si-N- Bindung erfolgt. Dieser Bildungsweg entspricht dem OR- substituierter Disilane, der durch mechanistische Studien gesichert erscheint [2]. Abfangreaktionen des aus Verbin- dung 1 entstehenden Silylens rnit Ph-CEC-Ph und Et,SiH geben zwar einen Hinweis auf die zu erwartenden Verbindungen, jedoch waren ausreichende Konzentratio- nen fur einen eindeutigen Beleg nicht zu erreichen. Dies kann darauf zuruckgefuhrt werden, dal3 die Insertion des SiMe, in die Si-N-Bindung gegenuber einer Umsetzung rnit den angebotenen Reagenzien begunstigt ist.
Die thermische Stabilitat der Si-methylierten amino- substituierten Disilane ist abhangig vom Raumbedarf und der Anzahl der Aminosubstituenten. Es besteht eine Stabilitatszunahme in der Reihe NMeH < NMe, < N(iPr)H. Die Einfuhrung einer zwei- ten NMe,-Gruppe in 2-Position bedingt einen Stabilitats- verlust und begunstigt die Bildung Si-reicherer Silane.
Im Gegensatz zu den Disilanen rnit einer NRH-Gruppe (1,4) und denen rnit einer bzw. zwei NMe,-Gruppen (8, 11) kondensiert das HMeN-SiMe,-SiMe,-NMeH bereits bei der Destillation zum 1,4-Diaza-2,3,5,6-tetra- silacyclohexcan 15 131. 15 reagiert bei 400°C zum Octa- methyl-l ,3-diaza-2,4,5-trisilacyclopentan 17 (69%). Die Bildung von Dimethylsilylen als reaktive Zwischenstufe erscheint dabei unwahrscheinlich. Aus dem Verhaltnis Si : N in Verbindung 15, 17 und in dem dabei mitent- stehenden Ruckstand lafit sich kein Nachweis fur ein In- sertionsprodukt ableiten, zumal Abfangreaktionen kei- nen positiven Hinweis auf SiMe, ergaben.
Die beim Hexamethyldisilan und 1,i ,2,2,4,4-Hexa-
methyl-1,2,4-trisilacyclopentan belegte Insertion der CH,-Gruppe in die Si-Si-Bindung [4] tritt beim Me,Si-SiMe,-NMeH und der cyclischen Verbindung 15 als Nebenreaktion oberhalb 450°C auf.
3 Experimentelle Einzelheiten
Wegen der Hydrolyse- bzw. Oxidationsempfindlichkeit der Ver- bindungen wurden alle Reaktionen an einer Vakuumapparatur unter Stickstoff als Schutzgas (mit BTS-Katalysator gereinigt und getrocknet) ausgefuhrt.
3. I Synthese der Verbindungen 1, 15, 4 (Umsetzungen der Chlorsilane mit Methylamin) Alle Aminolysen wurden in einem 1 000 ml Dreihalskolben mit Magnetriihrer, RiickfluDkiihler, Gaseinleitungsrohr und Ab- gang durchgefiihrt. Das bendtigte Methylamin wurde zur Ab- trennung von Feuchtigkeitsspuren uber KOH-Platzchen geleitet und in ein rnit fl. Nz gekuhltes VorratsgefaD kondensiert. Das chlorierte Disilan wurde in n-Hexan vorgelegt, auf 0 "C gekuhlt, dann das Methylamin auf 0°C aufgetaut und langsam in die Reaktionslosung eingeleitet. Nach kurzer Zeit ist die Bildung des voluminosen Ammoniumsalzes zu beobachten. Nach been- detem Einleiten des Gases wurde die Reaktionsmischung noch 12 h bei 20 "C geriihrt, anschlieaend die Ammoniumsalze uber eine G3-Fritte abgetrennt, die Niederschlage mehrmals mit n- Hexan gewaschen und das Liisungsmittel abkondensiert.
Darstellung von Me3Si-SiMe2--NHMe 1: Ansatz: Me3Si-SiMe2C1 20 ml (0,l mol), MeNH, 13,2 ml (0,34 mol), n-Hexan 800 ml, Ausbeute von 1 nach fraktionierter Destillation 13,2 g (80%).
Darstellung von (MezSi-SiMe2-NMe)z 15: Ansatz: C1Me,Si-SiMe2Cl 25 ml (0,13 rnol), MeNH, 29 ml (0,s mol), n-Hexan 800 ml. Ausbeute an 15 nach fraktionierter Destillation 13,07 g (72,3%).
Darstellung von Me3Si-SiMezN(iPr)H 4
Das bei 20 "C flussige N(iPr)H2 wurde in 400 ml n-Hexan vor- gelegt. Diese Liisung wurde auf 0°C gekuhlt und das Me3Si-SiMe2C1, gelost in 400 ml n-Hexan, langsam zuge- tropft. Nach beendeter Zugabe wurde 15 h bei 20°C geriihrt, anschlieBend aufgearbeitet. Ansatz: Me3Si-SiMe2C1 20 ml (0,11 mol), iPrNH, 22 ml (0,33 rnol), n-Hexan 800 ml. Aus- beute an 4 nach fraktionierter Destillation 14,6 g (70,3%).
3.2 Synthese der Verbindungen 8, II (Umsetzungen der Chlorsilane mit Dimethylamin) Die Umsetzungen wurden ahnlich wie in 3.1 durchgefiihrt. Das MezNH wurde bei 20°C in das auf 0°C gekiihlte Reaktionsge- fa8 geleitet, da so der Gasstrom gut zu regulieren war. Nach Einleiten des Me,NH wurde das Reaktionsgemisch 12h bei 20°C geruhrt und noch 3 h am RiickfluD gekocht.
Darstellung von Me3Si-SiMe2-NMe, 8: Ansatz: Me3Si-SiMezC1 10 ml (0,053 mol), Me,NH 22 ml (0,2l rnol), n - H e m 250 ml. Ausbeute an 8 6,72 g (72,5%).
Darstellung von Me2N-SiMe2-SiMe2-NMe, 11:
Ansatz: C1Me2Si-SiMe2C1 10 ml (0,042 rnol), Me,NH 13 ml (0,23 rnol), THF 500 ml. Ausbeute an 11 6,4 g (74,7%).
G. Fritz, H. Amann, Bildung siliciumorganischer Verbindungen. 108 45
Dem Fonds der Chemie und der Deutschen Forschungsgemein- schaft danken wir fur die FiTrderung, Herrn Dr. E. Matern fur Diskussionen und Herrn H. Domnick fur die Aufnahme der NMR-Spektren.
Literatur
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Korrespondenzanschrift:
Prof. Dr. Dr. h.c. G. Fritz Institut fur Anorganische Chemie der Universitat EngesserstraDe, Geb.-Nr. 30.45 W-7500 Karlsruhe, Bundesrepublik Deutschland