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1 Bildung und Ausbildung für junge Menschen ohne langfristig gesicherten Aufenthalt Caritasverband für die Diözese Osnabrück Dr. Barbara Weiser Stand: 04.06.2014 Hinweis Der Inhalt des Vortrags gibt die Rechtsauffassung der Verfasserin wieder.

Bildung und Ausbildung für junge Menschen ohne ... · Junge Menschen ohne gesichertes Aufenthaltsrecht können ... Fahrtkosten zur nächstgelegenen Schule ... ESF-BAMF-Kurse:

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Bildung und Ausbildung für junge Menschen

ohne langfristig gesicherten Aufenthalt

Caritasverband für die Diözese OsnabrückDr. Barbara Weiser

Stand: 04.06.2014

Hinweis Der Inhalt des Vortrags gibt die Rechtsauffassung der Verfasserin wieder.

Übersicht

1. Junge Menschen im schulpflichtigen Alter� Regelung der Schulpflicht� Zugang zu Deutschförderung� Zugang zum Bildungs –und Teilhabepaket2. Junge Menschen im nicht mehr schulpflichtigen Altera. Ausbildung� Beschäftigungserlaubnis etc. � Fördermöglichkeiten b. Bildung� Sprachkurse� Nachholung von Schulabschlüssen� Studiumc. Qualifizierung

Zielgruppe

Junge Menschen ohne gesichertes Aufenthaltsrecht kö nnen haben:

� Aufenthaltsgestattung: Asylsuchende im laufenden Asylverfahren

� Duldung: Migrant/-innen, die - vollziehbar ausreisepflichtig sind und- aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschobenwerden können

� Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oderpolitischen Gründen (§§ 22- 25a AufenthG), wenn die Verlängerung nicht gesichert ist

� Kein „Aufenthaltspapier“:Migrant/-innen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität.

Junge Menschen im schulpflichtigen Alter:Regelungen zur Schulpflicht

1. Schulpflicht ist landesrechtlich geregelt. Sie besteht

� Bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem Bundesland unabhängig von der Staatsangehörigkeit

� Bei Asylsuchenden teilweise erst nach dem Wegfall der Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, damit spätestens nach drei Monaten nach der Asylantragstellung.

2. Schulpflicht bei Kindern in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität:� Nach höherrangigem Recht (Art. 28 UN-Kinderrechtskonvention etc.):

besteht jedenfalls ein Recht zum Schulbesuch .� Schulen sind nicht verpflichtet , die Ausländerbehörde über die

aufenthaltsrechtliche Illegalität zu informieren (§ 87 Abs. 1 AufenthG).

Junge Menschen im schulpflichtigen Alter:Sprachförderung

Deutschförderung vor und während der Einschulung ist landesrechtlich geregelt, mögliche Angebote

� Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung� Sprachlernklassen� Förderunterricht� Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) – A� Flüchtlingsklassen .

Junge Menschen im schulpflichtigen Alter:Bildungs- und Teilhabepaket

1. Inhalt der Leistung� Mittagessen in Kitas, Schulen oder Horten (Eigenanteil)� Persönlicher Schulbedarf (100 € pro Schuljahr)� Teilnahme an Ausflügen und Klassen-/Kitafahrten (tatsächliche

Kosten)� Mitmachen in Kultur, Sport, Freizeit (bis 10 € mtl.)� Fahrtkosten zur nächstgelegenen Schule (ab 3 km).� Lernförderung

- muss erforderlich sein, um die nach den schulrechtlichenBestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zuerreichen.

- muss schulische Angebote ergänzen und angemessen sein- problematisch bei Sprachlernklassen und Förderschulen.

Junge Menschen im schulpflichtigen Alter:Bildungs- und Teilhabepaket

2. Zugang: Ausländerrechtliche Voraussetzungena) Bezug von Leistungen nach� SGB II� SGB XII� § 2 AsylblG i.V.m SGB XII

b) Bezug von Leistungen nach § 3 AsylblGErmessensentscheidung nach § 6 AsylblG: Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden,wenn sie (….) zur Deckung besonderer Bedürfnisse vonKindern geboten sind.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Betriebliche BerufsausbildungBeschäftigungserlaubnis notwendig

Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22 - 25a AufenthG:Beschäftigungserlaubnis vorhanden (§ 31 BeschV)

Aufenthaltsgestattung � Bislang: Erteilung der Beschäftigungserlaubnis nach 9 Monaten

Aufenthalt in Deutschland möglich (§ 32 Abs. 4, 2 Nr. 1; § 61 AsylblG) � Gesetzesentwurf der Bundesregierung: Senkung auf 3 Monate

Duldung� Erteilung der Beschäftigungserlaubnis sofort möglich� Versagungsgrund: Arbeitsverbot nach § 33 BeschV.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Arbeitsverbot (§ 33 BeschV)

1. Der Duldungsinhaber ist eingereist, um Leistungen nach demAsylbewerberleistungsgesetz zu erhalten.

� Einreise muss vorrangig wegen des Bezugs von Sozialleistungenerfolgt sein (Leistungsbezug als prägendes Motiv).

2. Der Duldungsinhaber kann aus von ihm zu vertretenden Gründennicht abgeschoben werden, insbesondere bei

� eigener Angabe einer falschen Identität oder Staatsangehörigkeitoder

� keinem Nachkommen der Mitwirkungspflichten.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Schulische Berufsausbildung� Beschäftigungserlaubnis bei hohem Praxisanteil notwendig, z.B.

Altenpflege� Beschäftigungserlaubnis für Praktika ggf. notwendig

Außerbetriebliche BerufsausbildungBeschäftigungserlaubnis für Praktikumsphasen ggf. notwendig.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Sonstige für den Arbeitsmarkt relevante Nebenbestim mungen etc.� Wohnsitzauflage� räumliche Beschränkung� Laufzeit der Duldung, Aufenthaltsgestattung oder

Aufenthaltserlaubnis� Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften� Verpflichtung zur Wahrnehmung von Arbeitsgelegenheiten

(§ 5 AsylblG).� Fehlender Pass/Reiseausweis für Ausländer

- Eröffnung eines Girokontos kann problematisch sein- Erwerb der Fahrerlaubnis kann problematisch sein

� Häufige Schulwechsel, Beschulung in verschiedenen Sprachen, längere Zeiten ohne Schulbesuch

� Bestehende Traumatisierung aufgrund der Verfolgungs- und Fluchterfahrungen.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Förderinstrumente1. Für alle Personen, die Leistungen nach SGB II (Arbeitslosengeld II) beziehen:

Zugang zu allen Förderinstrumenten des SGB II (JobCenter).

2. Für alle Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) beziehen:Zugang zu den meisten Förderinstrumenten des SGB III (Agentur für Arbeit).

� Beratung (§§ 29 ff SGB III)� Vermittlung (§§ 35 ff SGB III)� Förderung aus dem Vermittlungsbudget (§ 44 SGB III) etc.

3. Ein Teil der Personen im AsylblG-Bezug hat Zugang zu � Ausbildungsbegleitenden Hilfen (§ 75 SGB III� Außerbetrieblicher Berufsausbildung (§ 76 SGB III) � Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (§ 51 SGB III).

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Zugang zu diesen Förderinstrumenten (§§ 52 Abs. 2; 78 Abs. 3; 59 SGB III)insbesondere bei:a) Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23 Abs. 1; 23a; 25 Abs. 1, 2 AufenthG etc.

b) Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 3; 4 S. 2; 5 AufenthG und vier Jahre Voraufenthalt.

c) 5 Jahre Voraufenthalt und rechtmäßige Erwerbstätigkeit im Inland.

d) Zumindest ein Elternteil hat sich während der letzten 6 Jahre� insgesamt 3 Jahre im Inland aufgehalten und � ist 3 Jahre rechtmäßig erwerbstätig gewesen.

Ausnahmen hiervon sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich, vgl. § 59 Abs. 3 Nr. 2 SGB III; u.U. sind Zeiten der Haushaltsführung undKinderbetreuung der Erwerbstätigkeit gleichgestellt.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung

Finanzierung des LebensunterhaltsBerufsausbildungsbeihilfe oder BAföG für schulische Berufsausbildunginsbesondere bei (§ 59 SGB III, § 8 BAföG): a) Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23 Abs. 1; 23a; 25 Abs. 1, 2 AufenthGb) Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 3; 4 Satz 2; 5 AufenthG und

vier Jahre Voraufenthaltc) Duldung und vier Jahre Voraufenthaltd) 5 Jahre Voraufenthalt und rechtmäßige Erwerbstätigkeit im Inland e) Zumindest ein Elternteil hat sich während der letzten 6 Jahre

insgesamt 3 Jahre im Inland aufgehalten und ist 3 Jahre rechtmäßigerwerbstätig gewesen.Ausnahmen hiervon sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich, vgl. § 59 Abs. 3 Nr. 2 SGB III; u.U. sind Zeiten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung der Erwerbstätigkeit gleichgestellt.

Nach der Schulpflicht:Ausbildung Änderungsbedarfe

� Abschaffung der Wartefrist für die Erteilung einerBeschäftigungserlaubnis

� Abschaffung des Arbeitsverbots nach § 33 BeschV� Einräumung eines Anspruchs auf die Erteilung einer Beschäftigungs-

erlaubnis, wenn die Erteilungsvoraussetzungen vorliegen.� Vollständiger Zugang zu allen Förderinstrumenten des SGB III

und des BAföG, unabhängig vom Aufenthaltsstatus � Verbesserung der ausländer- und sozialrechtlichen Rahmen-

bedingungen, die die Arbeitsmarktintegration faktischerschweren, insbesondere:- Aufhebung der räumlichen Beschränkungen- Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und

Einbeziehung dieses Personenkreises in das SGB II.

Nach der Schulpflicht:Bildung

Sprachkurse1. Integrationskurse � Aufenthaltsgestattung, Duldung: kein Zugang� Aufenthaltserlaubnis: (§ 44 Abs. 1, 4 AufenthG)

- Anspruch bei bestimmten Aufenthaltserlaubnissen- Zulassung möglich bei bestimmter Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis

2. ESF-BAMF-Kurse: berufsbezogene Sprachkurse:� Zugang auch für Teilnehmende des ESF-Bundesprogramms zur

arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte undFlüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt II etc.

Nach der Schulpflicht:Bildung

Vorbereitung auf die Nachholung von Schulabschüssen

� Berufsbildende Schulenmöglich auch nach Erfüllung der Schulpflicht

� Studienkollegs � Angebote der Jugendberufshilfe� Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen

Zugang für einen Teil der Zielgruppe� Berufliche Weiterbildung

Zugang, wenn die Voraussetzungen für eine beruflicheWeiterbildung erfüllt sind.

Nach der Schulpflicht:Bildung

Studium� Kein Ausschluss durch Auflage zur Duldung oder

Aufenthaltsgestattung� Zulassung durch Hochschule� Vereinbarkeit mit Wohnsitzauflage/räumlicher Beschränkung� Keine entgegenstehende Arbeitsverpflichtung nach § 5 AsylblG� Anspruch auf BAföG unter bestimmten ausländerrechtlichen

Voraussetzungen; entspricht dem Zugang zu Berufsausbildungs-beihilfe (§ 8 BAföG).

� Praktika im Rahmen eines Studiums (oder einer schulischen Ausbildung)Ggf. Beschäftigungserlaubnis ohne Zustimmung der BA notwendig(§ 15 Nr. 2 BeschV).

Nach der Schulpflicht:Bildung

Finanzierung des Lebensunterhalts

Ggf. Berufsausbildungsbeihilfe oder BAföG:Zugang zu BAföG wie zu Berufsausbildungsbeihilfe (§ 8 BAföG).

Nach der Schulpflicht:BildungÄnderungsbedarfe

� Zugang zu kostenfreien Sprachkursen / Integrationskursenfür alle Migrant/-innen ohne Voraufenthaltszeit

� Erweiterung des Zugangs zu schulischen Bildungsangebotenzur Nachholung von Schulabschlüssen auch nach dem Endeder Schulpflicht.

� Zugang zu außerschulischen Angeboten zur Nachholung vonSchulanschlüssen unabhängig vom Aufenthaltsstatus.

� Zugang zu Leistungen nach dem BAföG unabhängig vomAufenthaltsstatus.

� Verbesserung der ausländer- und sozialrechtlichen Rahmen-bedingungen, die Bildungszugang faktisch erschweren, insbesondere:- Aufhebung der räumlichen Beschränkungen- Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und

Einbeziehung dieses Personenkreises in das SGB II.

Nach der Schulpflicht:Qualifizierung

1. Förderinstrumentea. Für alle Personen im SGB II-Bezug:

Zugang zu allen Förderinstrumenten des SGB II (JobCenter)

b. Für alle Personen im AsylblG-Bezug:� Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung

(§ 45 SGB III)� Berufliche Weiterbildung (§ 81 SGB III)� Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III)� Qualifizierungsangebote im Rahmen der Jugendberufshilfe

(SGB VIII).

2. Sonstige Möglichkeiten� Praktikum� Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Ökologisches Jahr,

Bundesfreiwilligendienst.

Kontakt

Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V.Norbert Grehl-Schmitt Tel: +49(0)541/34978-161Mobil: +49(0)173/3909258E-Mail: [email protected]

Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V. Dr. jur. Barbara Weiser Tel: +49(0)541/34969819E-Mail: [email protected]

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