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1 „Er schleppt II/1 in seiner Mappe herum wie eine Katze ihr Junges“ Ein biographisches Panorama zu Hans Urs von Balthasars Barthbuch 1 Thomas Krenski „Anekdotentheologie“ oder „Sitz im Leben“? Nicht erst die in unseren Tagen populäre Biographieforschung, sondern schon die Formkritik forderte, das Erfahrungsfeld eines Autors im Rahmen der Interpretation seines Werkes in Rechnung zu stellen. Dieser Forderung kommen heutige Interpreten historischer oder literaturwissenschaftlich relevanter Texte durch die Bank nach. Anders verhält es sich im Blick auf zeitgenössische wissenschaftliche Publikationen. Nun scheint sich im Rahmen einer im Entstehen begriffenen „Theologiegeschichte des 20.Jahrhunderts“ 2 in jüngster Zeit ein vermehrtes Interesse an den textexternen Umständen einzustellen, unter denen ein Werk entstand. Es erschienen nicht nur vermehrt Einführungen in das Werk epochal bedeutender Theologen, die sich zur Aufgabe machten, den Zusammenhang zwischen Biographie und Theologie ausdrücklich zu berücksichtigen. 3 Die Rezeption der Protagonisten der Theologie des vergangenen Jahrhunderts scheint insofern in eine neue Phase einzutreten, dass man nach ihrem Tod ihr Werk deutlicher als zu ihren Lebzeiten als Elaborat des 20. Jahrhunderts und ihres im Verlaufe dieses Jahrhunderts gelebten Lebens und Erfahrens verstehen will. 4 Wenn ich in diesem Zusammenhang den „Sitz im Leben“ des Balthasarschen Barthbuches auszumachen versuche, geht es mir nicht um „Anekdotentheologie“ 5 , sondern um einen hermeneutischen Beitrag, der den ein oder anderen inhaltlichen Aspekt in einem etwas anderen Licht erscheinen lässt, als er das täte, wüssten wir nicht um das biografische 1 Dem Mainzer Neustadtkneipier und Seelsorger Herbert Koch (*1958 + 2005) zum Gedenken. 2 Dazu: Delgado (Hg.): Das Christentum der Theologen im 20. Jahrhundert. Neuner / Wenz (Hgg.): Theologen des 20. Jahrhundert; Graf: Klassiker der Theologie. Auch die bei De Gruyter von Richard Crouter und Friedrich Wilhelm Graf herausgegebene Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte (ZNThG) und die in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig von Wolfram Kinzig, Volker Leppin und Günther Wartenberg herausgegebene Reihe Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte (AKThG). 3 So etwa die Reihen: Theologische Profile (Grünewald/Mainz), .. .begegnen (St.Ulrich/Augsburg). Für Balthasar und Barth: Guerierro: Balthasar; Krenski: Balthasar: Das Gottesdrama; Schulz: Balthasar begegnen; Löser: Kleine Hinführung zu Hans Urs von Balthasar; Lochbrunner: Balthasar und seine Philosophiefreunde. Busch: Karl Barths Lebenlauf; Frey: Theologie und Lebensgeschichte; Busch: Gelebte theologische Existenz bei Karl Barth 170-174 (Eine Vorüberlegung zum Problem von Theologie und Biographie); Drewes: Basler Zwiegespräch; Selinger: Charlotte von Kirschbaum und Karl Barth. 4 Als Beleg dürfen die zahlreichen Veröffentlichungen anläßlich des 100. Geburtstages Karl Rahners und Balthasar dienen. Pars pro toto: Striet / Tück (Hgg.): Die Kunst Gottes verstehen; Batlogg u.a. (Hgg.): Der Denkweg Karl Rahners; Vorgrimler: Karl Rahner - Gotteserfahrung in Leben und Denken. 5 Davor warnt: Tück: Balthasar – oder die Zukunft der Tradition 100.

Biographisches Panorama · PDF filehin zu seinem Karl-Barth-Buch nahm, deutet an: Bouillard, Karl Barth I 94. 7 Dazu: Krenski, Intransitive Kirchenkritik. 8 Balthasar: Das Herz der

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„Er schleppt II/1 in seiner Mappe herum wie eine Katze ihr Junges“ Ein biographisches Panorama zu Hans Urs von Balthasars Barthbuch1

Thomas Krenski

„Anekdotentheologie“ oder „Sitz im Leben“?

Nicht erst die in unseren Tagen populäre Biographieforschung, sondern schon die

Formkritik forderte, das Erfahrungsfeld eines Autors im Rahmen der Interpretation seines

Werkes in Rechnung zu stellen. Dieser Forderung kommen heutige Interpreten

historischer oder literaturwissenschaftlich relevanter Texte durch die Bank nach. Anders

verhält es sich im Blick auf zeitgenössische wissenschaftliche Publikationen. Nun scheint

sich im Rahmen einer im Entstehen begriffenen „Theologiegeschichte des

20.Jahrhunderts“2 in jüngster Zeit ein vermehrtes Interesse an den textexternen

Umständen einzustellen, unter denen ein Werk entstand. Es erschienen nicht nur vermehrt

Einführungen in das Werk epochal bedeutender Theologen, die sich zur Aufgabe machten,

den Zusammenhang zwischen Biographie und Theologie ausdrücklich zu

berücksichtigen.3 Die Rezeption der Protagonisten der Theologie des vergangenen

Jahrhunderts scheint insofern in eine neue Phase einzutreten, dass man nach ihrem Tod ihr

Werk deutlicher als zu ihren Lebzeiten als Elaborat des 20. Jahrhunderts und ihres im

Verlaufe dieses Jahrhunderts gelebten Lebens und Erfahrens verstehen will.4 Wenn ich in

diesem Zusammenhang den „Sitz im Leben“ des Balthasarschen Barthbuches

auszumachen versuche, geht es mir nicht um „Anekdotentheologie“5, sondern um einen

hermeneutischen Beitrag, der den ein oder anderen inhaltlichen Aspekt in einem etwas

anderen Licht erscheinen lässt, als er das täte, wüssten wir nicht um das biografische

1 Dem Mainzer Neustadtkneipier und Seelsorger Herbert Koch (*1958 + 2005) zum Gedenken. 2 Dazu: Delgado (Hg.): Das Christentum der Theologen im 20. Jahrhundert. Neuner / Wenz (Hgg.): Theologen des 20. Jahrhundert; Graf: Klassiker der Theologie. Auch die bei De Gruyter von Richard Crouter und Friedrich Wilhelm Graf herausgegebene Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte (ZNThG) und die in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig von Wolfram Kinzig, Volker Leppin und Günther Wartenberg herausgegebene Reihe Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte (AKThG). 3 So etwa die Reihen: Theologische Profile (Grünewald/Mainz), .. .begegnen (St.Ulrich/Augsburg). Für Balthasar und Barth: Guerierro: Balthasar; Krenski: Balthasar: Das Gottesdrama; Schulz: Balthasar begegnen; Löser: Kleine Hinführung zu Hans Urs von Balthasar; Lochbrunner: Balthasar und seine Philosophiefreunde. Busch: Karl Barths Lebenlauf; Frey: Theologie und Lebensgeschichte; Busch: Gelebte theologische Existenz bei Karl Barth 170-174 (Eine Vorüberlegung zum Problem von Theologie und Biographie); Drewes: Basler Zwiegespräch; Selinger: Charlotte von Kirschbaum und Karl Barth. 4 Als Beleg dürfen die zahlreichen Veröffentlichungen anläßlich des 100. Geburtstages Karl Rahners und Balthasar dienen. Pars pro toto: Striet / Tück (Hgg.): Die Kunst Gottes verstehen; Batlogg u.a. (Hgg.): Der Denkweg Karl Rahners; Vorgrimler: Karl Rahner - Gotteserfahrung in Leben und Denken. 5 Davor warnt: Tück: Balthasar – oder die Zukunft der Tradition 100.

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Panorama, vor dem dieses Werk entstand. Ich biete Ihnen also ausdrücklich keine

Entstehungsgeschichte6, sondern einen ersten Einblick in das Beziehungsmilieu, in dem

das Epoche machende Buch sich entwickelte und in dem es fortzuwirken begann.

Wenn man nun nach dem „Sitz im Leben“ des Balthasarschen Gesamtwerkes früge,

müsste man ohne Zweifel hier in Luzern beginnen. Da wäre die Familie in Anschlag zu

bringen. Seine ungarische Großmutter unterhielt oberhalb der Hofkirche eine renommierte

Pension, in der Hans Urs aufwuchs und mit höchsten Gesellschaftskreisen in Kontakt

kam. Er erlebte dort englische Reisende, französische Offiziere und als 13Jähriger die

habsburgische Kaiserfamilie. Da wäre die Mutter, von der er immer wieder erzählte, dass

sie sich schon schwerkrank Morgen für Morgen von der von hier aus bergan liegenden

Villa Gibraltar in die Franziskanerkirche schleppte, um für ihre Kinder zu beten, so dass

für ihn kein Zweifel daran bestehe, dass er ihr seine jesuitische Berufung verdanke7. Da

wäre „mein heimatlicher See“8 von dem er wenige Tage vor seinem Tod erklärte, dass er

dort „an Sommertagen“ vor über 50 Jahren sein „Herz der Welt“ geschrieben habe. Er

spielt dabei auf Goethes Dictum vom „Orginaleindruck“ an, den der Mensch durch die

Erstanschauung der konkreten Welt gewinne. Da wäre für unser Unternehmen die

Tatsache, dass sowohl sein Großvater mütterlicherseits als auch drei der Urgroßeltern

mütterlicherseits protestantischer Konfession waren. Er selbst weist zwar auf diesen

Umstand hin, billigt ihm aber keinen Einfluss auf seine Theologie zu. Nun, wer weiß?

Soviel nur nebenbei als Tribut an Balthasars Geburtsstadt, die wir nun mit seinem

Barthbuch im Gepäck imaginär in Richtung Basel verlassen.

Dass Hans Urs von Balthasar 1940 vor die Wahl gestellt wurde, eine Professur an der

Gregoriana oder den Posten eines Studentenpfarrers in Basel zu übernehmen, betrachtete

er als „Fügung“9. Schon im Rahmen seiner Lektüre des Barthschen

Römerbriefkommentares überkam ihn „eine solche Lust, Sie [Barth] zu kennen“.10

6 Neben den bekannten Fundorten der dem Barthbuch vorangegangenen Barth-Studien Balthasars (Balthasar: Apokalypse der deutschen Seele III 316-391; ders.: Karl Barth und der Katholizismus; ders.: Analogie und Dialektik; ders.: Analogie und Natur; ders.: Deux Notes sur Karl Barth) kann Hans-Anton Drewes auf ein auf 1941/42 zu datierendes Manuskript verweisen, das Balthasar wohl unter dem Titel „Analogia. Gespräch mit Karl Barth“ zu veröffentlichen beabsichtigte. Teile dieses Manuskriptes sind in die zuvor zitierten Arbeiten und in das Barthbuch eingeflossen (Drewes: Karl Barth und Balthasar 371). Die Entwicklung, die Balthasar von seinen oben zitierten Arbeiten bis hin zu seinem Karl-Barth-Buch nahm, deutet an: Bouillard, Karl Barth I 94. 7 Dazu: Krenski, Intransitive Kirchenkritik. 8 Balthasar: Das Herz der Welt 5. 9 Balthasar an Karl Barth 30.8.1942. 10 Balthasar an Karl Barth 30.8.1942.

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Wenige Tage nach seiner Ankunft in Basel wandte sich Balthasar mit der Bitte an Barth,

ihn besuchen und mit ihm ins Gespräch kommen zu dürfen. Von da an ergab sich eine

jahrzehntelange Nachbarschaft und diskrete Freundschaft zwischen zweien, die man

getrost zur „theologischen Avantgarde“ ihrer Kirchen rechnen darf und die in ihrem

Briefwechsel11 sich in der Lage zeigten, sich sowohl scharf mit der Position des anderen

auseinander zu setzen als auch in humoriger Art12 und Weise miteinander zu plaudern.

Ein und dasselbe Bild im Arbeitszimmer

Das erste Gespräch fand am 29. April 1940 in Barths Haus am St. Albanring 186 statt. Es

ging um die Frage aller Fragen, um Barths Kritik der Analogia entis, von der Balthasar

glaubte, dass sie ihrerseits insofern zu kritisieren sei, dass sie statt sich auf die „Vollgestalt

der Analogie“13 auf katholischerseits defizitären Modelle beziehe. Einen ganz und gar

unvermuteten Hinweis auf die Entwicklung ihres Gespräches findet man auf einem Bild,

das damals bereits in Barths, möglicherweise auch schon, spätestens aber seit den 1960er

Jahren in Balthasars Arbeitszimmer hing: eine Reproduktion des von Matthias Grünewald

geschaffenen Isenheimer Altares. Dabei spielte der Deutefinger des Johannes eine Rolle,

der auf das Zentralgeheimnis der christlichen Theologie - den gekreuzigten Christus

hinweist. So solle nach Barths Auffassung, Theologie „im ganzen und in allen ihren Teilen

christologisch bestimmt sein“14 Balthasar spricht später von einer „Nuance“, einer

„Färbung“, einer „Überspitzung“ oder „Überspannung“ des „christologischen Ansatzes,

der als solcher wohl mitvollzogen werden kann, ja, wenn man die biblischen Zeugnisse

ernst nimmt, unbedingt mitvollzogen werden muß“. Aber von da „bis zu der von Barth

vorgenommenen Engführung ist mehr als nur ein Schritt.“15 Die Retourkutsche Barths

darzustellen überlasse ich den Kollegen bzw. der Kollegin, deren Ausführungen einen

stärker systematischen Akzent erwarten lassen, als Sie ihn von mir im Rahmen dieser

„biographischen Panoramas“ erwarten dürfen. Wie dem auch sei, sowohl Barth als auch

11 Der Briefwechsel zwischen Karl Barth und Balthasar wurde im Balthasar-Archiv Basel eingesehen. Weitere Briefe geben wieder: Busch: Karl Barths Lebenslauf und Drewes: Karl Barth und Hans Urs von Balthasar. 12 Pars pro toto eine Kostprobe aus der Feder Balthasars: „Lieber Herr Professor, ich weiß gar nicht warum (und es beängstigt mich fast ein wenig, ich Ihnen gegenüber immer so voller Schabernack und Eulenspiegeleien bin: (...) Vielleicht gar einmal einen künstlichen Heiligenschein um Ihren reformierten und feierlichen Zylinderhut aufleuchten lassen! (...) Warum auch setzen Sie immer, wenn Sie Dogmatik schreiben, den reformierten Zylinder auf, den Sie doch sonst so gar nicht zu tragen pflegen?“ (Balthasar an Karl Barth 30.8.1942). 13 Balthasar: Karl Barth. Darstellung und Deutung seiner Theologie. Olten/Köln 1951 (zitiert nach 41976) 124. 14 Barth, Kirchliche Dogmatik I,2/2, 135. 15 Balthasar: Karl Barth 253.

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Balthasar entwickelten ihre Theologie nicht zufällig im Angesicht des Zentralbildes des

Isenheimer Altars. Barth sprach im Alter immer wieder von jenem Altarbild, das „zur

optischen Nachhilfe seit 50 Jahren vor ihm hinge“16. Balthasar betrachtete seine Theologie

„als eine Art Johannesfinger auf die Fülle der Offenbarung in Jesus Christus“17. Nahezu

gleichlautend zeigt sich Barth immer und immer wieder fasziniert von „Johannes dem

Täufer auf Grünewalds Kreuzigungsbild mit seiner in fast unmöglicher Weise zeigenden

Hand“18. Das ein und gleiche Bild im Studierzimmer bringt bei allen bleibenden

Differenzen die wachsende Übereinstimmung zum Ausdruck, die sich im Laufe der Jahre

in Sachen Christologie ergab. Man war sich einig, dass christliche Theologie sich

„grundsätzlicher Christozentrik“19 zu bedienen habe.

Der Feind hört mit

Im Sommersemester 1941 kann Professor Barth den Jesuiten und Studentenpfarrer Hans

Urs von Balthasar als Teilnehmer seines Seminars über die Sakramententheologie des

Tridentinums begrüßen20. Die Atmosphäre des Seminargespräches erhellt sich aus einem

Brief Karl Barths an seinen Sohn Christoph. Er habe - so Barth - Balthasar „willkommen

[ge]heißen – mit den Worten: ‚Der Feind hört mit!’ natürlich“. Barth gibt seiner

Verwunderung darüber Ausdruck, dass Balthasar ihm keine „eindrucksvolle Gegenwehr“

entgegensetzte. Seine Erklärung: „Vielleicht hat er dazu etwas zu viel in meiner Dogmatik

gelesen (er schleppt insbesondere II/1 in seiner Mappe herum wie eine Katze ihr

Junges).“21 Barth wird sich an Balthasars philosophischen Mentor Erich Przywara22erinnert

haben, den er im Februar 1929 eingeladen hatte, an einer Sitzung seines Münsteraner

Seminars über das erste Buch der Summa des Thomas von Aquin teilzunehmen. Barth

hatte dieses Zusammentreffen inszeniert. Er postierte hinter dem Katheder zwei Sessel,

erklärte „dass seit Jahrhunderten wieder der evangelische und katholische Theologe an

einem Tisch säßen zu streng sachlich dynamischem Gespräch, bei dem es nicht um billige

Kompromisse ging, sondern um letzte Klarheit über die entgegenstehenden

16 Barth, Brief vom 30.9.1968 an Frau N.N. in Württemberg. In: Barth: Briefe 1961-1968, 503. So auch gegenüber Hans Küng (Küng, Erkämpfte Freiheit 178). Zur Bedeutung des Grünewaldschen Passionsbildes in Karl Barths Theologie: Marquard: Karl Barth und der Isenheimer Altar. 17 Balthasar: Zu seinem Werk 105. 18 Barth, Das Wort Gottes und die Theologie 79. 19 Balthasar: Karl Barth, 391, 389. 20 Speyr: Erde und Himmel I Einübungen 88 (Nr.117). 21 Barth an Christoph Barth 31.5.1941 (zitiert nach Busch: Karl Barths Lebenslauf 316). 22 Balthasar lernte Przywara während seines Philosophiestudiums in München kennen. Er erklärt immer wieder, wie viel er ihm verdanke (Balthasar: Zu seinem Werk 10, 19f., 36, 43, 56, 76.), verlegt seine Werke (Przywara: Schriften I – III; ders.: Augustinisch) und kümmert sich in den 1960er Jahren um den erkrankten Freund.

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Standpunkte.“23 Przywara gab Barth „in vieler Hinsicht zu denken und zu fragen.“24 Hans

Urs von Balthasar hatte Przywara während seines philosophischen Studiums an der

Jesuitenhochschule in Pullach kennen gelernt, zeigte sich von seiner Analogielehre

fasziniert25 und war schon damals „eifersüchtig auf Przywara“26, der bereits Jahre zuvor

persönlichen Zugang zu Barth erlangt hatte. Nun brachte er Przywara erneut ins Gespräch.

In einem Brief vom 4.5.1940 ließ er ihn wissen:

„Es ist innerhalb der von Ihnen bekämpften Positionen scharf zu trennen zwischen dem, was echt und unabdingbar katholisch ist und dem, was der Ohnmacht und Gedankenlosigkeit der neueren Theologen zuzuschreiben ist. Wer ist schon Bartmann? Wer ist schon Diekamp? Es ist sehr schade, dass Sie diese zu Gegnern erwählt haben und dass Sie sich nicht noch einmal mit der einzig hellsichtigen Analogielehre Przywaras näher auseinandergesetzt haben. Ich glaube es wären dann doch die Hauptbedenken zerstreut worden. Denn gerade dort wird sichtbar, dass es auf keinen Fall um einen über Gott und Geschöpf übergeordneten Begriff gehen kann.“27

23 Busch: Karl Barths Lebenslauf 196-197; Neuser: Karl Barth in Münster 37-45.74-75. 24 Busch: Karl Barths Lebenslauf 197. 25 Dazu: Faber, Künder der lebendigen Nähe; Löser: Kleine Hinführung zu Hans Urs von Balthasar 70-73. 26 Balthasar an Karl Barth 30.8.1942: „Dass ich in München schrecklich eifersüchtig auf Przywara war, das will ich Ihnen gleich auch noch verraten, denn als ich den „Römerbrief“ und dann den Rest gelesen habe, erfasste mich eine solche Lust, Sie zu kennen, ich hatte Sie so lieb gewonnen (ich wusste, dass hier etwas Definitives passiert war) und zugleich hatte ich solche Lust mit Ihnen zu zanken, dass ichs als Fügung begrüßte, als Basel in Sicht kam.“ 27 Balthasar an Karl Barth 4.5.1940. Noch einmal erwog Balthasar an einem Barthschen Seminar teilzunehmen. Im Wintersemester 1942/43 bot Karl Barth eine Anselm-Societät an. Balthasar zögerte, weil er wohl eigentlich nur Interesse an der Teilnahme hatte, wenn kontroverstheologisch diskutiert werden würde: „Was Anselm betrifft, so weiss ich noch nicht, was daraus werden soll, weil ich für das Seminar eigentlich nie Pläne mache, sondern mich fast von Stunde zu Stunde durch den Stoff dahin und dorthin leiten lasse. So kann ich Ihnen freilich keine Garantie gegen die Möglichkeit bieten, dass das von Ihnen Befürchtete eintreten könnte. Wiederum habe ich aber auch keine besondere Absichten in dieser Richtung. Wiederum kann ich mir aber auch nicht vornehmen, der Sache die Richtung auf ein „konfessionelles“ Gespräch zu geben. Je argloser Sie sich entscheiden, ob Sie dabei oder nicht dabei sein mögen, umso besser. Ich werde Ihre Entscheidung so oder so respektieren“ (Barth an Balthasar 22.10.1942). Balthasar scheint letzten Endes nicht teilgenommen zu haben, da Karl Barth ihm genüsslich mitteilt, dass er ihn in der letzten Seminarsitzung hätte können sagen hören, dass er an Anselms Stelle hätte katholisch sein wollen, er aber wohlgemerkt nicht Anselm sei. Was Anselm betrifft wird Barth später erklären: „Verhältnismäßig Wenige, zu denen z. B. Balthasar gehört, haben bemerkt, dass jene Beschäftigung mit Anselm für mich alles Andere als ein Parergon war, wie viel ich mir dabei vielmehr – ob ich nun den Heiligen historisch mehr oder weniger richtig verstand! – angeeignet oder, meinem eigenen Stern folgend, zum Bewusstsein gebracht habe. Den Meisten ist wohl entgangen, dass man es in diesem Anselmbuch wenn nicht mit dem, so doch mit einem sehr wichtigen Schlüssel zum Verständnis der Denkbewegung zu tun hat, die sich mir dann eben in der ‚Kirchlichen Dogmatik’ mehr und mehr als die der Theologie allein angemessene nahegelegt hat.“ (Barth, Fides quaerens intellectum 10).

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Lieber Herr Ratzinger, ich frage nur

Balthasar stellte überdies den Kontakt zwischen Joseph Ratzinger und Karl Barth her.

Schon 1966 sollte eine erste Begnung in Basel stattfinden. Balthasar musste Barth unter

dem Datum des 14.10.1966 allerdings mitteilen:

„Lieber Herr Professor, Ratzinger scheint so überlastet, dass er nun doch nicht nach Basel kommt, bzw. später kommt, eventuell mit einigen Schülern.“28

Ratzinger nahm am 25.2.1967 an Barths Seminar zur Kirchenlehre des Zweiten

Vatikanums teil. Eberhard Busch lässt uns wissen, dass Barth nachdem Ratzinger „unter

Zurückstellung des papalistischen Denkens ... so Wunderbares von der Kirche erzählt

habe“29, ihn folgendermaßen anging:

„Warum ist bis jetzt noch nicht explizit, nicht entscheidend die Rede vom Heiligen Geist gewesen? Und warum spielt die Tradition, auch wenn sie jetzt neu verstanden ist, immer noch so tragende Rolle für die katholische Kirche? Kommt das etwa aus der Angst vor dem Heiligen Geist? Lieber Herr Ratzinger, ich frage nur, aber ich frage Sie: Ist nicht im Grunde Ihre ganze Kirche aufgebaut auf der Angst und Flucht vor dem Heiligen Geist?“30

Ratzinger suchte während seines Baselbesuches mit einer Studentengruppe, zu der übrigens

der Freiburger Fundamentaltheologe Hansjürgen Verweyen gehörte, Hans Urs von

Balthasar auf, der Barth sogleich berichtete:

„Lieber Herr Professor, der griechische Schüler Ratzingers hinterließ mir Beiliegendes für Sie. Die jungen Leute haben mir tüchtig zugesetzt, und Ratzinger hat dabei seine Rolle sehr überlegen und scharfsichtig durchgeführt. Ich hoffe, Sie hatten auch eine nette Stunde mit ihm.“31

Der Briefwechsel zwischen Balthasar und Barth endet mit einer Karte von seinem

Ferienhaus auf der Rigi:

„Lieber Herr Professor, ich hoffe, die Ohren haben Ihnen geklungen, da Ihr Name – über den Nebeln der heutigen Theologie sich bewegenden Gesprächen oft genug fiel. Herzlich Ihr H.v.Balthasar / Herzliche und verehrungsvolle Grüße von Ihrem Joseph Ratzinger“32

Der Basler Zirkel

Balthasars Begegnung mit Karl Barth vollzog sich aber keineswegs nur im persönlichen

oder universitären, sondern vermehrt im gesellschaftlichen Kontext Basels. Auch wenn

28 Balthasar an Karl Barth 14.10.1966. 29 Busch: Gelebte theologische Existenz 180. 30 Busch: Gelebte theologische Existenz 180-181. 31 Balthasar an Karl Barth 27.2.1967. 32 Balthasar an Karl Barth 31.7.1968.

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Balthasar später vom „widerborstige[n] abweisenden[n] Basel“33 sprechen wird, gelang es

ihm neben seiner sehr erfolgreichen Arbeit als Studentenseelsorger zunächst einen höchst

illustren Zirkel zu institutionalisieren. Kurz nach der ersten Begegnung mit Barth lernte

Hans Urs von Balthasar im Mai 1940 die Basler Ärztin und Professorengattin Adrienne

Kaegi-von Speyr kennen34, die für sein Leben und Werk von großer Bedeutung werden

sollte. Balthasar nahm die ihr geschenkten Ein-Sichten auf und transkribierte sie.35 Später

wird er die Herausgabe ihres theologischen Werkes als sein eigentliches Lebenswerk

bezeichnen.36 Sie war in zweiter Ehe mit dem Historiker Werner Kaegi (1901-1979)37

verheiratet, der zur gleichen Zeit wie Barth einen Ruf nach Basel erhalten hatte, aber im

Rahmen einer universitätsinternen Finanzkrise mit der Ernennung zum Ordinarius hinter

Karl Barth zunächst zurückstehen musste, so dass es zwischen Barth und ihm zu nicht

unerheblichen Animositäten gekommen zu sein schien38. Adrienne von Speyr war seit ihrer

Schulzeit mit Karl Barths Bruder Heinrich befreundet.39 Heinrich Barth entwickelte später

eine „Philosophie des Ästhetischen“40. Man weiß nicht, ob und inwiefern sich Heinrich

Barth und Hans Urs von Balthasar austauschten. Heinrich Barth stand Balthasar im Blick

auf sein Verhältnis zu Adrienne von Speyr wohl eher skeptisch gegenüber. Wie auch

immer: eine synchrone Lektüre der Barthschen Ästhetik und der Balthasarschen Theo-

Ästhetik wäre sicher lohnenswert. Nun darf man nicht vergessen, dass sich gerade in den

1930/1940er Jahren das Verhältnis zwischen den Brüdern Barth spürbar verschlechterte.

Der seit 1920 als Privatdozent an der Basler Universität Philosophie lehrende41 Heinrich

hatte seinem Bruder und künftigen Kollegen geraten, bevor er von Bonn nach Basel

33 Balthasar an Gustav Siewerth 29.6.1961 (zitiert nach: Wierciński: Between Friends 106). 34 Eine Schilderung ihres Kennenlernens findet sich in: Speyr: Erde und Himmel III 275 (Nr. 2279). Auch: Balthasar: Erster Blick auf Adrienne von Speyr. 35 Zu den sogenannten „Diktaten“: Balthasar: Unser Auftrag. Bericht und Entwurf. Einsiedeln 1984, 47-53. 36 Balthasar: Zu seinem Werk 104. 37 Werner Kaegi heiratete 1936 die Witwe seiner Lehrers Emil Dürr. Er schuf eine monumentale Burckhardt-Biographie, die zwischen 1947 und 1982 erschien: Kaegi: Jacob Burckhardt. Eine Biographie. Basel (Schwabe) 1947-1982. Weitere Arbeiten findet man gesammelt in Kaegi: Historische Meditationen. Zur Biographie Kaegis: Teuteberg, Werner Kaegi 9-22. 38 So: Welti: Ohne Frauen geht es nicht 140. 39 Speyr, Aus meinem Leben 212-213; dies.: Geheimnis der Jugend 61-63; dies.: Erde und Himmel II 334. 40 Heinrich Barth: Philosophie der Erscheinung; ders., Erkenntnis der Existenz.; ders.: Erscheinenlassen. Auch: Hauff; Schweizer; Wildermuth (Hgg).: In Erscheinung treten. Heinrich Barths Philosophie des Ästhetischen. Weitere Hinweise bei: Gürtler: Der philosophische Weg Heinrich Barths : transzendental begründete Existenzialphilosophie als Basis für das ökumenische Gespräch. 41 Heinrich Barth hielt 1920 seine Antrittsvorlesung, wurde aber erst 1950 auf den vakanten Lehrstuhl für Philosophie berufen. Sein Kollege auf dem zweiten Lehrstuhl war bis 1961 Karl Jaspers. Dazu: Heinrich Barth: Das Problem des Ursprungs in der Platonischen Philosophie.

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umsiedle, seine Lebensverhältnisse in Ordnung zu bringen.42 Seit 1927 führte Barth eine

„Ehe“ 43 zu dritt. Seine Mitarbeiterin und Lebensgefährtin Charlotte von Kirschbaum lebte

mit ihm, seiner Frau und seinen Kindern unter einem Dach. Diese Situation, so Heinrich

und seine Schwester Gertrud, werde man zwar im rheinischen Bonn, nicht aber im

protestantischen Basel akzeptieren44. In eine vergleichbare Situation wird Hans Urs von

Balthasar einige Jahre später im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit Adrienne von Speyr

geraten. Er wusste sich berufen ihren Ein-Sichten zu dienen45, sie unterstütze seine

Arbeit46. Balthasar lebte seit 1956, von der Basler Stadtöffentlichkeit beargwöhnt, mit ihr,

ihrem Mann und den Kindern ihres ersten Mannes über 20 Jahre unter einem Dach. Zurück

zum Zirkel: Man traf sich seit den frühen 1940er Jahren im Hause Kaegi, bei Vorträgen, zu

Ausflügen und öffentlichen Anlässen. Zu den Genannten gesellten sich hin und wieder

weitere Persönlichkeiten des universitären Lebens. So etwa der Ordinarius für französische

Literaturgeschichte Albert Béguin (1901-1957)47 , der Mediziner Franz Merke (1893-

1975)48, der Kirchengeschichtler Oscar Cullmann (1902-1999)49 und viele andere mehr.

42 Barth / Thurneysen, Briefwechsel III 1933-1935, 827 Anm. 1. 43 „Dass Karl, Nelly und ich in dieses von uns nicht aufzuhebende Dreieck gestellt sind und dass wir dieses Dreieck anerkennen, das ist für uns nicht ein willkürlicher Beschluß, sondern dazu bekennen wir uns, wie man sich zu einer Entscheidung bekennt, mit der man steht und fällt. Das ist für mich Karls, das ist für mich Nellys und das ist für mich durchaus auch meine ‚Ehe’“ (Kirschbaum an Gertrud Lindt 27.2.1935. In: Barth / Thurneysen, Briefwechsel III 837). Zum Ganzen: Selinger: Charlotte von Kirschbaum und Karl Barth. 44 In einem Brief vom 17.2.1935 erklärte Barth, er glaube „speziell seinem Bruder Heinrich keinen Anlaß geboten zu haben, sein Kommen nach Basel als eine dessen Arbeit bedrohende Störung aufzufassen.“ (Barth / Thurneysen: Briefwechsel III 834 Anm. 1). Auch Charlotte von Kirschbaum kommt auf das Gebaren Heinrichs zu sprechen: „Sieht nicht gerade euer Bruder Heiner Karl darum falsch, weil er ihm eine triumphierende Haltung zutraut, von der er so weit entfernt ist, wie ein Mensch es nur sein kann? Karl ist ein ganz schwer beladener Mann, der seinerseits viel zu viel von der Not des Lebens gesehen hat, als dass er es wie sein Bruder noch wagen würde, so sicher und direkt Eingriffe in die Not der Anderen zu machen.“ (Barth / Thurneysen: Briefwechsel III 840). 45 Balthasar: Erster Blick auf Adrienne von Speyr; ders.: Unser Auftrag.. 46 Dazu: Balthasar: Unser Auftrag 61-69. 47 Albert Béguin war von 1929-1937 Dozent für moderne französische Literatur in Halle/Saale, 1937-1946 Professor für französische Literaturgeschichte in Basel, seit 1946 freier Mitarbeiter mehrerer Zeitschriften und Verlage in Paris. Béguin war mit George Bernanos befreundet, dessen Nachlass er verwaltete. Er darf als Vermittler zwischen der deutschen und französischen Zwischenkriegskultur gelten. 48 Franz Merke war während Adrienne von Speyrs Studium Assistenzarzt, sie bei ihm Unterassistentin. Zwischen ihnen bahnte sich eine Beziehung an, die jedoch seitens Adrienne von Speyrs einer stets gleich bleibenden Verehrung und Freundschaft wich. Merke war später Professor für Chirurgie und 1940 Taufpate Adrienne von Speyrs. Seine Forschungen fasste er zusammen in: Merke: Geschichte und Ikonographie des edemischen Kropfes und Kretinismus. Auch: Speyr: Geheimnis der Jugend. Einsiedeln 1966, 171,196,198-201; dies.: Aus meinem Leben 327, 331. 49 Balthasar an Karl Barth: „Wann hören wir den Don Giovanni zusammen? Ich habe ihn schon einmal neulich vor lauter Ungeduld sausen lassen, vor ein paar Studenten. Wollen Sie mit Cullmann etwas ausmachen und dann berichten? Vielleicht käme auch Dr. Fraefel dazu.“ (28.10.1942). Zu Cullmann: Brändle; Stegemann (Hgg.), Bibelauslegung und ökumenische Leidenschaft. 242-248.

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Freilich rümpfte man die Nase. Man hielt diesen lockeren Zirkel für elitär und gefährdet,

sich in eine Richtung zu bewegen, die man im protestantischen Basel beargwöhnte.

Balthasar notiert folgende Episode:

„Vor einigen Tagen war A. zum 60. Geburtstag von Pauline Müller, ihrer Freundin eingeladen. Es waren viele Gäste da, ihr Tischnachbar war Professor Heinrich Barth (...) Sie fürchtete sich vor dem Abend, weil sie eine Tischrede halten sollte. Kurz bevor sie ausging kamen ihr ein paar Einfälle, sie hielt eine Rede, die allgemeine Heiterkeit auslöste, weil sie so originell und humorvoll war. Sie trieb eine heitere Zahlenmystik mit den Daten in Paulines Leben. Nachher sagte ihr Barth, sie müsste eigentlich die Apokalypse auslegen. (...) Jemand sagte, es sei doch schade, dass eine so gescheite Frau katholisch geworden sei. Barth erwiderte: Vielleicht wurde sie gerade deswegen katholisch.“50

Der Konvertitenmacher

Womit wir beim Thema wären. Balthasar galt nach den Konversionen der

Professorengattin und Ärztin Adrienne Kaegi-von Speyr51 und des angesehenen

Romanistikprofessors Albert Béguin52 im Basel der 40er-Jahre als „Konvertitenmacher“.

So hoffte er nachdrücklich auf die Konversion des von ihm geschätzten Karl Barth. Sein

Tagebuch erzählt von nächtlichen Gesprächen53, die er mit Barth bezüglich einer etwaigen

Konversion führte. Darüber hinaus besprach sich Barth mit Adrienne von Speyr, die er

nach ihren Erfahrungen fragte. Ich zitiere aus Balthasars Tagebuch:

„Abends hat sie ein Gespräch mit K. B.; er fragt sie, ob sie glücklich sei, warum und wie sie zur Konversion gekommen sei? Sie antwortet kurz und klar; B. ist sehr nachdenklich. Sie fragt ihn dann auch, ob er glücklich sei, worauf er meint, dies sei nicht so mit einem Worte zu beantworten.“54

Barth selbst hatte im Vorwort zum ersten Band der Kirchlichen Dogmatik erklärt, dass es

neben der Analogia entis keinen ernst zu nehmenden Grund gäbe, nicht katholisch zu

werden.55 Diese sei allerdings „die Erfindung des Antichrist“, die bedauerlicherweise das

katholische Prinzip schlechthin darstelle. Dagegen stehe das reformatorische

Grundbekenntnis zur unbedingten Gnadenhaftigkeit von Schöpfung und Offenbarung.

Genau dieses Bekenntnis stelle die katholische Analogielehre im Blick auf ein über Gott

50 Speyr: Erde und Himmel II 334 (Nr. 1780). 51 Konversion am 1.11.1940. 52 Konversion am 25.11.1940. 53 Speyr: Erde und Himmel I 151 (Nr. 213): „Heimweg mit K. B., Gespräch über seine Konversion. Viel Gutes, aber auch viel Halbes. A. erblickte ihn nachher in einer Schau, wie er sich zu Bett legte, angstvoll ringend. Dann: ‚A, ba!’“ 54 Speyr: Erde und Himmel I 170 (Nr. 255). 55 „Ich halte die analogia entis für die Erfindung des Antichrist. Wobei ich mir zugleich erlaube, alle andern Gründe, die man haben kann nicht katholisch zu werden, für kurzsichtig und unernsthaft zu halten“ (Barth: Kirchliche Dogmatik I/1,1, VIII-IX). Dazu Balthasar schon in: Apokalypse der deutschen Seele III 380.

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und Mensch stehendes analogatum princeps in Frage. Es gehe reformatorischerseits

darum, die grundsätzliche „Hoheit Gottes in seiner Gemeinschaft mit dem Menschen“56

zu wahren. Balthasar war dem gegenüber der Auffassung, dass Barth einer Zerrform der

Analogia entis und damit einem Missverständnis aufgesessen sei, das er gesprächsweise

auszuräumen vorschlage. Nochmals kommt er auf Przywara zu sprechen:

„Ich sehe außer Przywara niemand, der auf katholischer Seite überhaupt einen Blick dafür hätte, worum es Ihnen geht. Aber gerade weil ich es zu sehen glaube, möchte ich das Gespräch aufnehmen und Ihnen versichern, dass das, wogegen Sie im Katholizismus kämpfen und zum Teil mit größtem Recht kämpfen, eben doch nicht das Wesentliche ist.“57

Ende 1945 schien die Frage einer Konversion Barths abschlägig entschieden. Barth ließ

aber keinen Zweifel daran, dass der Katholizismus die eigentliche Herausforderung

darstelle, der er sich zeitlebens ausgesetzt sah. Noch 1966 befürchteten seine Verwandten

angesichts der bevorstehenden Begegnung mit Paul VI., er werde konvertieren. Er schloss

eine Konversion gegenüber seinem Assistenten Eberhard Busch zwar aus, erklärte aber:

„Wäre ich heute ein Katholik, so würde ich es bleiben und nicht Protestant werden. Es ist heute interessant – nicht katholisch zu werden, aber katholisch zu sein.“58

So spricht er noch 1968 von „dem uns viel dringlicher als die Gott-ist-tot-Theologie

angehenden und objektiv viel wichtigeren Problem des römischen Katholizismus“, das ihn

„von jeher interessiert“ habe.59 Barth wusste sich seitens seiner protestantischen

Kollegen60 immer wieder dem Vorwurf des „Kryptokatholizismus“61 ausgesetzt. Barth

nahm nichts desto trotz in Sachen Analogia entis gegenüber den ersten Bänden der KD

unter dem Einfluss Balthasars in KD IV deutliche Korrekturen vor. Er mildert seine

Kritik, ohne sie allerdings grundsätzlich aufzugeben.62 Was Konversionen betrifft, erklärt

er in konsequent christozentrischer Manier:

„‚Konversionen’ von uns hinüber zur römisch-katholischen Kirche, oder umgekehrt: von dort herüber zu einer unserer Kirchen haben als solche keinen Sinn (peccatur intra muros et extra!). Sie können einen Sinn nur haben, wo sie die gewissensmäßig notwendige Gestalt von ‚Konversion’ – nicht zu einer anderen Kirche, sondern zu Jesus Christus, dem Herrn der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche sind. Grundsätzlich kann es hüben und drüben nur

56 Küng: Rechtfertigung 17. 57 Balthasar an Karl Barth 4.5.1940. 58 Busch: Gelebte theologische Existenz 181. 59 Barth: Ad Limina Apostolorum 9. 60 Pars pro toto: Pannenberg, Grundzüge der Christologie 143. 61 Barth, Kirchliche Dogmatik I/1,1, IX. Die Bedenken protestantischer Kollegen und Freunde benennt: Busch: Gelebte theologische Existenz 181. 62 Dazu: Riesenhuber, Maria im theologischen Verständnis von Karl Barth und Karl Rahner 32.

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darum gehen, dass ein jeder sich an seinem Ort in seiner Kirche zum Glauben an den einen Herrn und in seinen Dienst rufen lasse.“63

Die nicht stattgefundene Romreise

Was Barth am Katholizismus insbesondere herausforderte und interessierte, war

erstaunlicher oder auch - wie man sehen wird - nicht erstaunlicher Weise die Mariologie.

Er hält mit seinem Interesse an der Mariologie nicht hinterm Berg und bekennt, dass „mich

die Mariologie immer ganz besonders interessiert hat, indem ich in ihr so etwas wie das

methodische Prinzip des ganzen römischen Katholizismus erblicken zu müssen meinte“64.

Es ist hier nicht der Ort, auf die Entwicklung von einer noch in KD I konsequent

geäußerten scharfen Kritik der Mariologie bis hin zu den späten Äußerungen einzugehen,

dennoch darf unumwunden festgehalten werden, dass die Analogiefrage sich für Barth in

der Marienfrage zuspitzt und gewissermaßen personalisiert. Das macht verstehen, warum

sich Barth zeitlebens an der katholischen Mariologie abmühte bzw. sich angesichts ihrer in

seiner Kritik bestätigt fand. Wir schreiben das Jahr 1950. Papst Pius XII. hatte auf den 1.

November die feierliche Verkündung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens

in den Himmel angesetzt. Kommentar Barth:

63 Barth: Ad Limina Apostolorum. Zürich 1967, 18. Anlässlich eines Vortrages, den Karl Barth 1954 in Stuttgart hielt und in dem er die Konversion als „Verrat am Evangelium“ bezeichnete, kam es aufgrund entsprechender Presseberichte zu einer Auseinandersetzung mit Balthasar. Balthasar ging Barth unter dem Datum des 28.3.1954 scharf an: „Lieber Herr Professor, ich kann nicht umhin, Ihnen diesen unerfreulichen Schrieb zu schicken, weil ich im Grunde meine, dass der Mann (Redakteur Deutsches Volksblatt) recht hat. Warum müssen Sie immer so giftig über uns reden? Halten Sie z. B. Frau Kaegi nicht für einen ‚anständigen Menschen’? Ich meine, dass Sie sich in Deutschland so gewaltig schaden, wenn Sie dort unsere rückständige, ja hinterwäldlerischen Schweizerverhältnisse, was Umgang der Konfessionen betrifft, vordemonstrieren. Sie haben es doch weiß Gott nicht nötig. In aller Offenheit und christlicher Brüderlichkeit, die Sie mir ja nicht versagen werden!“ Barth antwortet unverzüglich: „Ich unterschied wohl zuerst zwischen autochenen Katholiken, von denen ich (und hier fiel Ihr Name und ich habe Sie meinen Freund genannt) Positives gesagt habe und dann eben den Konvertiten als den Repräsentanten der ‚unmöglichen Möglichkeit’. Die Gesprächssituation, Alles, was in der Luft lag, verlangte nach einem energischen Wort. Es lautete wohl in der Tat: ‚Ein anständiger Mensch tut das nicht!’ wobei ich sofort hinzufügte (dem Mann vom DVbl. Ist das entgangen), dass das natürlich nicht moralisch zu verstehen sei, sondern als Kennzeichnung des objektiven Greuels, der da begangen werde: ‚Verrat am Evangelium’ habe ich auch tatsächlich gesagt (....) Was ich damit wollte? Angesichts der etwas weichen Kniee einiger Protestanten, die ich dort wahrnahm, ein bisschen zur Ordnung zu rufen, darauf aufmerksam machen, dass mit dieser Sache nicht zu spielen sei, sondern dass es um letzte Erscheinungen gehe. (...) Ich konnte meinen, zu unseren Leuten von dem zu reden, was sie zu tun hätten. Seelsorgerlich, wenn Sie wollen und also nicht kontroverstheologisch. (....) Damit meine ich ihnen ‚die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, die ganze Wahrheit’ über das was in dieser Seitenallee jenes Stuttgarter Gesprächs vorgefallen ist, mitgeteilt zu haben. Gelt, ich darf meinerseits annehmen, dass auch Sie mir diese Sache wenigstens nicht auf die Dauer ‚verargen’ und wieder zu mir kommen. (Gewiss hätte ich ja auch das, was ich gegen die Konvertiten auf dem Herzen habe, ein bißchen anders sagen können. Kurzum: Jakobus 3,2-12!“ (Barth an Balthasar 29.3.1954). 64 Barth an H. Weber 15.10.1950 (zitiert nach Busch: Karl Barths Lebenslauf 385).

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„Wenn die römische Kirche vermutlich in absehbarer Zeit zur Dogmatisierung der Himmelfahrt der Maria schreiten wird, so wird sie damit (...) einen weiteren Beweis für ihr tiefes Unverständnis für den grundsätzlichen Unterschied der neutestamentlichen Situation und Ordnung gegenüber der des Alten Testamentes liefern. In der neutestamentlichen Ordnung gibt es nach der Erhöhung des einen Jesus Christus, in der verborgen auch die Erhöhung all der Seinen schon vollzogen ist, nur eine ‚Entrückung’, von der darum nichts zu erzählen ist, weil sie sich noch nicht ereignet hat; die Entrückung der Gemeinde dem in seiner Endoffenbarung wiederkommenden Herrn entgegen, in der doch nur ihre in Jesus Christus schon geschehene Erhöhung sichtbar werden wird.“65

Trotz dieser kritischen Haltung äußert Barth den Wunsch an der Verkündigung des

Dogmas in Rom teilzunehmen. Kauzig wie immer bemerkt er, dass es ihm eine Freude sei

„einmal dabei gewesen [zu] sein, wenn Einer etwas Unfehlbares sagt“66. Keine Frage, dass

Balthasar Barths Vorschlag begeistert aufnahm. Er bittet seinen Bruder Dieter, seines

Zeichens Offizier der Schweizergarde, für Barth und ihn eine Platzkarte zu besorgen67. Es

kam anders. Balthasar war Anfang 1950 aus dem Jesuitenorden ausgetreten, galt als Ex-

Jesuit und „kirchliches Freiwild“, so dass er glaubte sich ein öffentliches Auftreten mit

Barth nicht leisten zu können: „Wenn ich die Deckung verlasse, bin ich zum Abschuß

frei.“68 Balthasar sagt dem enttäuschten Barth ab.69 Nun lässt aber bereits der Plan,

gemeinsam der Zeremonie beizuwohnen, auf die rege Diskussion schließen, die in dem

genannten Zirkel um Fragen der Mariologie geführt wurde. Dass das Thema Mariologie

zwischen Karl Barth, Hans Urs von Balthasar, Adrienne von Speyr70 und Charlotte von

Kirschbaum eine erhebliche Rolle spielte, lassen nicht nur die zwischen Barth und

65 Barth: Kirchliche Dogmatik III/2, 777-778. 66 Barth an H. Weber 15.10.1950 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 385). 67 „Barth möchte um jeden Preis dabei sein. Barth nimmt leidenschaftlich Anteil an der dogmatischen Entwicklung der Mariologie. Ich möchte ihm um jeden Preis den Gefallen tun. Wenn ich irgend kann, fahre ich mit ihm hinunter.“ (Balthasar an Dieter von Balthasar. In: Guerrerio: Balthasar 42). 68 Balthasar: Über Amt und Liebe in der Kirche 164. 69 „Lieber Herr Professor, ich kann mich zur Romfahrt nun doch nicht entschließen – ich konnte es von Anfang an nicht recht und sehe immer neue Bedenken dagegen auftauchen. Und wenn auch die Aussicht, mit Ihnen diese Reise zu machen, eine lockende ist, so seh ich vor mir die überfüllten Züge, das überfüllte Rom, die überfüllte Peterskirche, die Hast und den Lärm, und plötzlich kommt mir vor, ich könnte fern von all dem am 1. November die Mutter des Herrn viel besser in Zürich oder in Basel feiern, in aller Stille, als in Rom, wo sie vielleicht, inmitten von soviel Offizialität, nie besonders heimisch war.“ (Balthasar an Karl Barth 23.11.1950). 70 Ohne auf das Problem der Visionen Adrienne von Speyrs eingehen zu wollen, zitiere ich unvermittelt aus Balthasars Tagebuch: „Ignatius gibt Anweisungen, wie K. B. zu behandeln sei. Man solle nicht mehr auf seine Konversion warten, er habe so viel Gnade gehabt und habe sie immer wieder verscherzt. Ich frage, was man dennoch tun könne. Er sagt: mit der Mariologie einsetzen. Dort hat er eine ‚curiosité’. Ich frage weiter, wie. SPN sagt: ihm zeigen, dass Maria als Magd die reine Demut ist, dass sie auf ihre Würde als Königin verzichtete, dass ihr Magdtum keine Selbstverständlichkeit ist, wie die Protestanten es darstellen. Ich sage, das hätte ich ihm schon gesagt. SPN macht ein Sternlein in die Luft: das Repetierungszeichen im Brevier.“ (Speyr: Erde und Himmel II 140 [Nr. 1437]).

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Balthasar gewechselten Briefe, sondern eine Szene erkennen, die sich zwischen Charlotte

von Kirschbaum und Hans Urs von Balthasar im Basler Weinkeller Charon abspielte.

Kirschbaum gehörte zu den schärfsten Kritikern der katholischen Mariologie.71 Karl Barth

gibt den Wortwechsel genüsslich wieder:

„Balthasar: ‚Wenn ich in den Himmel komme, so werde ich auf Maria zutreten, ihr auf die Schulter klopfen und sagen: Schwester, das hast du gut gemacht!’ Lollo [von Kirschbaum]: ‚Und dann wird sie Ihnen antworten: ‚Bruder, du hast mich missverstanden.’“72

Die nicht stattgefundene Romreise holte Barth 1966 nach. Er bat in Rom, sich mit

entsprechenden Persönlichkeiten über die Dekrete des Konzils austauschen zu dürfen. Man

hieß ihn nicht nur im Einheitssekretariat willkommen, sondern im „innersten Sanktuarium

der römisch-katholischen Kirche, (...) wo uns ‚Sa Sainteté’ unter der Türe buchstäblich mit

ausgebreiteten Armen empfing.“73 Freilich darf man nicht vergessen, dass Barth trotz der

nicht stattgefundenen Romreise nach Rom gelangt war. Unter dem Datum des 17.5.1952

berichtet Hans Urs von Balthasar nach Basel:

„Lieber Herr Professor, habe heute sua santità persönlich ein Exemplar meines „K.B.“ überreicht, er hat es interessiert angesehen.“74

Barth war also im Vatikan längst kein Unbekannter mehr. Paul VI. zeigte sich

ausgezeichnet informiert:

„der Papst hatte davon gehört, dass ich Joseph, den Nährvater Jesu, als Urbild des Wesens und der Funktion der Kirche der nachträglich zur Himmelskönigin erhobenen ancilla Domini vorziehen möchte, und versicherte mir, er werde für mich beten, dass mir in meinem hohen Alter in dieser Sache noch tiefere Einsicht geschenkt werden möchte.“75

Balthasar hatte 1951 darauf hingewiesen, dass in den Augen Barths trotz ausgeräumter

Missverständnisse und nicht kirchentrennender Meinungsverschiedenheiten immer noch

Gründe dafür bestehen könnten, die eine Trennung rechtfertigten bzw. unumgänglich

machten. Neben dem „unfehlbaren Lehramt“76, der „Zahl und Praxis der Sakramente“77

nennt Balthasar insbesondere „die Verehrung der Heiligen und vor allem der Mutter des

Herrn“78. Am Ende seines Lebens veröffentlicht Barth in seinem „Ad Liminia

71 Kirschbaum: Der Dienst der Frau in der Wortverkündigung. Dazu: Selinger: Charlotte von Kirschbaum und Karl Barth 131. 72 Barth an Christoph Barth 30.12.1948 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 375). 73 Barth: Ad Limina Apostolorum 15. 74 Balthasar an Karl Barth 17.5.1952. 75 Barth, Ad Limina Apostolorum 16. 76 Balthasar: Karl Barth 393. 77 Balthasar: Karl Barth 394. 78 Balthasar: Karl Barth 394.

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Apostolorum“ einen „Brief in Sachen Mariologie“79. Sein später Freund Carl Zuckmayer

ließ ihn daraufhin wissen:

„Dieser Brief in Sachen Mariologie hat mich besonders gefesselt. Für mich war von historischen und theologischen Aspekten unbeeinflußt – immer ein, ich möchte sagen, festlicher, freudiger Gedanke, dass die ancilla Domini zur regina Coeli erhoben wurde.“80

Kurios, dass Barth, wie sein letzter Assistent Eberhard Busch berichtet, zwei Tage vor

seinem Tod ausgerechnet „dankbar eine katholische Rundfunkpredigt aus Anlass von

Mariä Empfängnis [hörte]“. Jahre später sprach Hans Urs von Balthasar anlässlich dieses

Festes die entsprechende Rundfunkpredigt. Ganz im Sinne Barths erklärte er:

„Gott also schafft sich ein offenes Menschenherz, in das er mit seiner Grenzenlosigkeit eingehen kann“81.

Einsiedler Quartett

1948 treffen wir Hans Urs von Balthasar, Karl Barth, Adrienne von Speyr und Charlotte

von Kirschbaum bei Joseph Fraefel, mit dem Balthasar 1947 den Johannesverlag gegründet

hatte, in Einsiedeln: „wo wir nicht nur fast 24 Stunden lang Mozartplatten gehört, sondern

bei einer Messe in der Gnadenkapelle unseren seltsamen Freund auch in pontificalibus zu

bewundern die Gelegenheit hatten“82. Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich daran

erinnere, dass sowohl Barth als auch Balthasar im Laufe ihres Lebens immer wieder neue

Bekenntnisse zu Mozart ablegten.83 Balthasar 1944:

„Zuerst der Anstieg: nichts ist uns rein genug, wir ertragen das Zweideutige, das Erleichterte nicht mehr (Wagner, dann Beethoven), wir brauchen, um atmen zu können, die kristalline Atmosphäre ohne Miasmen der Erde (Kunst der Fuge), tauchen für eine Sekunde durch die oberste Sphäre ins Empyreum (Mozart), begegnen dem göttlichen Kind, der Weisheit, die uns leise bei der Hand fasst und die Treppen wieder hinabführt und uns (auch im Gekrächz der Grammophone und aller schlechten Musik) den Nachhall seiner ewigen Melodie vernehmbar werden lässt.“84

79 Barth: Ad Limina Apostolorum 63-66. 80 Zuckmayer an Karl Barth 10.7.1967 (zitiert aus: Barth; Zuckmayer: Späte Freundschaft 14). 81 Balthasar: Radiopredigten 238. 82 Barth an Christoph Barth 15.2.1949 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 376). Auch: Selinger: Charlotte von Kirschbaum 71. Bereits am 20.3.1942 fragte Balthasar Barth an: „(...) Wäre Ihnen vielleicht der Ostermontag zu einer Mozartfahrt genehm? Der Gastgeber in Einsiedeln lässt Ihnen sagen, dass er sich gewaltig auf Ihren Besuch freue.“ 83 Balthasar: Bekenntnis zu Mozart. In: NZZ 176 (1955) Nr. 381, 13; ders.: Zu seinem Werk 10, 37; ders.: Das Abschieds-Terzett. Dazu: Krenski, Balthasar 14-33; Barth: Bekenntnis zu Mozart; ders.: Dankbrief an Mozart; ders.: Wolfgang Amadeus Mozart; ders.: Mozarts Freiheit. In: ders., Wolfgang Amadeus Mozart 13-46. 84 Balthasar: Das Weizenkorn 42.

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Barth 1949:

„Ich habe mich, entsprechend einer Neigung, die ich schon als kleines Büblein hatte, nunmehr ganz auf diesen Mozart konzentriert und festgelegt, im Verhältnis zu dem doch auch Bach nur als Johannes der Täufer, Beethoven aber nur als Origenes, wenn nicht gar als Hirte des Hermas zu verstehen ist.“85

Immer wieder trafen Barth und Balthasar sich, um auf dem 1949 neu erworbenen

„Centralmöbel“86 des Barthschen Hauses neu erschienene und erworbene Mozartplatten87

zu hören. Nachlesen solcher Stunden lauteten wie folgt:

“Ich bin entschieden dafür, dass wir die Frage der Apostolizität dieses Fagottkonzertes einer Klärung und Entscheidung entgegenführen, was nach Lage der übrigen Umstände offenbar nur in der Weise geschehen kann, dass es von solchen Sachverständigen wie Sie und ich noch einmal in ernster Besinnung angehört wird, worauf dann durch Akklamation ein Urteil zu vollziehen sein würde, für dessen Proklamation sei es im Osservatore Romanum, sei es im Luzerner ‚Löschhorn’ Sie nachher zu sorgen hätten.“ 88

Nun weiß man von Balthasars fulminanten Fähigkeiten als Pianist.89 Er war in der Lage

auswendig den Don Giovanni auf dem Piano zu geben.90 Immer wieder notierte er in sein

Tagebuch, dass er mit Gästen des Hauses Kaegi „Mozart gespielt“91 habe. Barth fungierte

als Zuhörer. Hinter dieser heiteren Mozarterei hegten beide die Überzeugung, dass die

Musik Mozarts in ihrer dem verkündigenden Bach gegenüber reinen Absichtslosigkeit das

absichtslose Spiel der göttlichen Weisheit vor Gottes Thron (Spr 8,30) zu Gehör bringe.

Mozart sei frei gewesen „von dem Krampfe, selbst durchaus etwas sagen zu müssen und

zu wollen“: „Er war selbst nur Ohr für jenes Klingen und sein Vermittler für andere

Ohren.“92 Mozarts Weisen seien „Gleichnisse des im Evangelium von Gottes freier Gnade

85 Barth an Christoph Barth 15.2.1949 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 376). Barth spielt auf eine Erfahrung seiner Kindheit an. Er hörte seinen Vater etwas von Mozart auf dem Klavier spielen: Es handelte sich – ich sehe die Situation noch heute vor mir – um ein paar Takte aus der Zauberflöte (‚Tamino mein, o welch ein Glück ...’), von meinem Vater auf dem Klavier angeschlagen. Sie gingen mir ‚durch und durch’ und in mich hinein, ich weiß nicht wie, und ich habe gemerkt: Der ist’s!“ (Barth: Wolfgang Amadeus Mozart 7). Auch: Schildmann: Karl Barths Träume 157-167. 86 Barth an Christoph Barth 23.6.1949 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 376). 87 Darunter: sein „Fagottkonzert“ B-Dur / KV 191 (Balthasar an Karl Barth 31.12.1948), die „Entführung aus dem Serail“ KV 384 (Barth an Balthasar 28.11.1950), zwei Messen des jungen Mozart C-Dur KV 167 / G-Dur KV 140 (Barth an Balthasar 24.7.1953). 88 Barth an Balthasar 31.12.1948. 89 Balthasar: Unser Auftrag 31; Pieper: Noch nicht aller Tage Abend 50: „Ich hatte damals, zugleich fasziniert und ein wenig ärgerlich, den Klavierspieler begrüßt, der mich, auf höchst sinnlich-raffinierte Weise einen Wiener Walzer intonierend, daran hinderte, ein hochphilosophisches Gespräch zu Ende zu bringen, und der sich dann als Balthasar vorstellte.“ Zum Ganzen: Dumont: Ein musikalisches Genie. 90 Henrici: Erster Blick auf Balthasar 29. 91 Speyr: Erde und Himmel I 210 (Nr. 358), I 170 (Nr. 255). 92 Barth: Kirchliche Dogmatik III/3, 338.

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geoffenbarten Reiches“93, so dass man mit diesen Klängen „dem immer neuen,

schrecklichen Erlebnis“ ausgeliefert ist, „dass es Dinge gibt, die zu schön sind für unsere

Welt“94. Es handelte sich bei diesen Überlegungen um mehr als nur um eine Liebhaberei.

Das wurde spätestens nach der Veröffentlichung der Barthschen Schöpfungslehre im Jahre

1950 offenbar, in der er als Frucht des mit Balthasar geführten Gespräches95 „auf

Wolfgang Amadeus Mozart zu sprechen“96 kommt. Balthasar zitiert diese Passage nahezu

vollständig in seinem Barthbuch:

„Er [Mozart] hatte eben das gehört und lässt den, der Ohren hat zu hören, bis auf diesen Tag eben das hören, was wir am Ende der Tage einmal sehen werden: die Schickung im Zusammenhang. Er hat wie von diesem Ende her den Einklang der Schöpfung gehört, zu der auch das Dunkel gehört, in welchem aber auch das Dunkel keine Finsternis ist, (...) auch das Düstere, das doch nicht zur Tragik entartet (....) Mozart sah das Licht so wenig wie wir alle, aber er hörte die ganze von diesem Licht umgebene Geschöpfwelt.“97

Eine Anekdote im Blick auf unser ökumenisches Anliegen sei erlaubt. Barth notiert in

Rückblende auf das letzte öffentliche Zusammentreffen mit Hans Urs von Balthasar, das

am 28.2.1968 im Rahmen einer hochkarätig besetzten ökumenischen Tagung in Leuenberg

stattfand:

„Dass zweimal auch Mozart gespielt und gehört wurde, könnte ein Hinweis in diese Richtung sein. Ich empfahl den Herren Bischöfen, etwas für seine – nicht Heilig- aber Seligsprechung in Rom in Bewegung zu setzen.“98

Zurück nach Einsiedeln. Wir sollten dem Umstand, dass Balthasar und Barth mit Adrienne

von Speyr und Charlotte von Kirschbaum reisten, wenigstens für einen Augenblick unsere

Aufmerksamkeit schenken. Es scheint mir bemerkenswert und andererseits nahe liegend,

dass beide ihre jeweils außergewöhnliche Beziehung zum Anlass nahmen, sich im Rahmen

der theologischen Anthropologie mit dem Phänomen der Geschlechterpolarität auseinander

zu setzen. Sowohl bei Barth als auch bei Balthasar ist der Einfluss der jeweiligen

93 Ebd. 94 Balthasar: Zu seinem Werk 37. 95 Busch ist der Meinung, dass Barths Liebe zu Mozart durch die in Einsiedeln „neu belebte und vertiefte Beziehung zu von Balthasar ... neuen Schwung“ (Busch: Karl Barths Lebenslauf 376) bekam. Barth selbst erklärt, dass er sich nach diesem Ausflug „zu einem Sonderexkurs über Mozart [habe] hinreißen lassen“ (Barth: Brief an Christoph Barth 15.2.1949, zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 376). 96 Karl Barth, Kirchliche Dogmatik III/3, 337. 97 Karl Barth, Kirchliche Dogmatik III/3, 338. Ähnlich Balthasar: Bekenntnis zu Mozart. In: ders.: Die Entwicklung der musikalischen Idee / Bekenntnis zu Mozart 63 (ursprünglich: NZZ Jg. 176 Nr.381 13.2.1955 Blatt 4). 98 Barth an K.P. Gertz 29.2.1968 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 511). Die Referate Barths und Balthasars sind dokumentiert in: Balthasar; Barth: Einheit und Erneuerung der Kirche. Balthasars Beitrag ist heute zugänglich in: Balthasar: Einfaltungen 69-104.

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Gesprächspartnerin nicht von der Hand zu weisen. Unter dem Einfluss Charlotte von

Kirschbaums variiert Karl Barth seine Auslegung von Gen 2.99 Unter Adrienne von Speyrs

Einfluss entwickelt Balthasar seine Geschlechtertypologie, die sowohl für seine

Ekklesiologie als auch für das Dramatis Personae seiner Theodramatik von Bedeutung

werden sollte.100 Dass beide Frauen auf die Theologie der Männer massiven Einfluss

genommen haben, steht außer Frage. Barth erklärt für Charlotte von Kischbaum:

„Und nun möchte ich dieses Vorwort nicht schließen, ohne die Leser dieser nun schon sieben Bände einmal ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, was mit mir selbst auch sie der zwanzigjährigen Arbeit zu danken haben, die Charlotte von Kirschbaum in aller Stille an meiner Seite geleistet hat. Sie hat im Dienst der laufenden Entstehung dieses Werkes ihr Leben und ihre Kraft nicht weniger eingesetzt als ich selber. Ohne ihre Mitwirkung könnte es nicht Tag für Tag gefördert werden und wüsste ich nicht, wie ich mir die Zukunft, die es noch haben mag, vorstellten sollte. Ich weiß, was es heißt eine Hilfe zu haben.“101

Balthasar für Adrienne von Speyr:

„Adrienne von Speyr war es, die ... den Grund zum meisten legte, was seit 1940 von mir veröffentlicht wurde. Ihr Werk und das meine sind weder psychologisch noch philologisch zu trennen.“102

Eschatologischer Übermut

Während des Wintersemesters 1948/49 hielt Hans Urs von Balthasar in der Basler

„Gesellschaft für christliche Kultur“ 10 Vorträge unter dem Titel „Karl Barth und der

Katholizismus“. Karl Barth besuchte die Vorträge, um, wie er hin und wieder sagte, „mich

von ihm über mich selbst unterrichten“103 zu lassen. Im Anschluss traf man sich „jeweilen

im kleinsten Kreis mit Balthasar zusammen [zu] einer Manöverkritik bei ‚Charon’“104.

Balthasar hatte in einem seiner Vorträge über Barths Universalismus, seine Nähe zur

Apokatastasislehre und seine Überwindung der doppelten Prädestination gesprochen. Er

zeigt sich fasziniert von der Barthschen Erwählungslehre, die davon ausgehe, dass „Jesus

99 Die Entwicklung stellt dar: Selinger: Charlotte von Kirschbaum 113-154. 164-197. Auch: Janowski: Zur paradigmatischen Bedeutung der Geschlechterdifferenz in K. Barths ‚Kirchlicher Dogmatik’. Auch: Pfäfflin: Mann und Frau 34-52 (Mann und Frau in der Anthropologie und Theologie Karl Barths). 100 Entscheidenden Einfluss hatte: Speyr: Theologie der Geschlechter. Dazu: Steinhauer: Maria als dramatische Person bei Hans Urs von Balthasar 271. Balthasar: Christlicher Stand; ders.: Theodramatik II/1 289-305. 334-350; ders.: Theodramatik II/2 260-330; ders.: Herrlichkeit. III/2,1 85. Zum Einfluss Barths auf Balthasar: Leahy: The Marian Principle in the Church According to Hans Urs von Balthasar 82-83. 101 Barth: Kirchliche Dogmatik III/3, VII. Auch: Selinger: Charlotte von Kirschbaum 97: „Sie verschaffte ihm darüber hinaus ein anderes ‚horizontales’ Leben neben jenem stets dominierenden ‚vertikalen von oben.’“ 102 Balthasar: Zu seinem Werk 76. 103 Barth an F. Gehrig 5.12.1948 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 375). 104 Ebd.

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Christus für uns Sünder als der einzige von Gott Verworfene gestorben [sei], um uns alle in

ihm zu Erwählten zu machen“105. Freilich bestehe die Gefahr, dass mit dieser

universalistischen Erwählungslehre ein „eschatologischer Übermut“106 in Richtung

Apokatastasis einhergehe. Auch wenn Barth ausdrücklich erkläre, dass die „positive Lehre

von der Apokatastasis nicht ins Credo gehöre“, und gar der Auffassung sei, dass „die

Dogmatik an dieser Stelle logisch inkonsequent“107 sein müsse, entgehe er wohl nicht der

Gefahr einer Systembildung, die „der Apokatastasis zu nahe“108 komme. Er warnt vor einer

konsequenten Systematisierung und votiert dafür, eschatologische Aussagen grundsätzlich

als eine „interprétation prophétique et non systématique“109 zu begreifen. Diese Kritik hält

ihn allerdings nicht davon ab euphorisch zu erklären:

„Barths Erwählungslehre, diese geniale Überwindung Calvins, zog mich mächtig und bleibend an.“110

Es ist zu vermuten, dass man angesichts dieser Materie heftig diskutierte und zugleich

vorsichtig sein musste, was man sagte, um nicht eine „ungebremste“ oder

„unabgestützte“111 Apokatastasis-Lehre zu vertreten. Nachdem nahezu alle

Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegangen waren, meinte Balthasar nachher ganz

seelenruhig:

„‚Ganz gut so, zuletzt sind wir dann ganz allein, dann kann man endlich sagen, was man denkt!’ Über die Hölle (natürlich auch erst im Charon): es sei zwar Dogma, dass es eine solche gebe, nicht aber, dass jemand darinnen sei!“112

105 Balthasar: Kleiner Diskurs über die Hölle – Apokatastasis 45. 106 Balthasar: Karl Barth, 199. 107 Barth: Credo. Die Hauptprobleme der Dogmatik, dargestellt im Anschluß an das Apostolische Glaubensbekenntnis. 16 Vorlesungen. Zürich 1935, 36. 108 Balthasar: Kleiner Diskurs 45. Grundsätzlicher: Balthasar: Karl Barth 230. 256. Dazu: Greiner: Für alle hoffen? Systematische Überlegungen zu Hans Urs von Balthasars Vorstoß 240-242. 109 Bouillard: Karl Barth. Parole de Dieu et Existence Humaine 286. Balthasar: Karl Barth 70. 110 Balthasar: Unser Auftrag 85. 111 Balthasar: Theodramatik IV 244. 112 Barth an Christoph Barth 30.12.1948 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 375f). Ohne den Einfluss Karl Barths auf Balthasars universalistische Eschatologie zu schmälern, darf man daran erinnern, dass Balthasar von „Längstgesuchtem“, also längst Vermutetem sprach, das er bei Barth bestätigt gefunden habe (Balthasar: Zu seinem Werk 43.) Bereits in der Auseinandersetzung mit dem Ethiker Scheler (Balthasar: Geschichte des eschatologischen Problems 224), den Kommunisten Lukács und Bloch (ebd.), dem Sozialisten Péguy (Balthasar: Kleiner Diskurs über die Hölle. Apokatastasis 14; ders.: Zu seinem Werk 67; ders.: Eschatologie in unserer Zeit 72. Zur Rolle des Sozialismus bei der Wiederentdeckung einer universalen Eschatologie: Balthasar: Geschichte des eschatologischen Problems 225; ders.: Eschatologie in unserer Zeit 72), mit den Russen Berdjajew (Balthasar: Geschichte des eschatologischen Problem 225-231; ders.: Apokalypse der deutschen Seele III 425-430) und Dostojewski (Balthasar: Theodramatik IV 285-286; Krenski: Spekulativer Karsamstag 151-153) entwickelte Balthasar einen Universalismus, der von den Vätern in der Weise vorbereitet war, dass sie – wie etwa Maximus Confessor in dem verlorenen und wieder gefundenen Schaf „die eine, vollständige Menschennatur“ (Maximus Confessor: Scholia in S. Dionysios 14 [PG 4, 104A]) erkennen zu dürfen glaubten, die der Hirte

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Wie dem auch sei: Beider Ziel ist es, sich „in Richtung auf ein größeres Vertrauen auf die

Gnade, auf eine Tilgung jener dunklen Schatten [hin zu bewegen], die die Lehre von der

‚doppelten Prädestination’ (zum Himmel und zur Hölle) über die abendländische

Theologie gelegt hat.“113 Ihre eschatologische Offensive kulminiert in einer Theologie der

Hölle:

„Tatsächlich wissen wir nur von einem sicheren Triumph der Hölle – und das ist die Überlieferung Jesu – und dass es eben zu diesem Triumph der Hölle kam, damit sie nie mehr triumphieren dürfe und könne. Man darf auch das nicht leugnen, dass Jesus sich nicht nur mit vielen Anderen, sondern auch für viele Andere, an der Stelle vieler Anderer, an der Stelle aller derer, die an ihn glauben werden, in die Tiefe der Hölle überlieferte. [...]. Dieser war verloren, damit außer ihm keiner verloren ging.“114

Scheinbar ist Karl Barth seine steile Eschatologie bzw. sein „Widerwille“115 und

„Abscheu“116 gegen die Hölle nicht nur gut bekommen. Es scheint als melde sich diese

Wirklichkeit, der Barth „den Rücken zukehrt“117 im Traum, in dem sie sich nicht nur zu

Wort meldet, sondern nach Kompensation verlangt. Durchaus bemerkenswert versucht

Wolfgang Schildemann Barths Träume im Kontext von Leben und Lehre zu interpretieren.

In Sachen Eschatologie gibt er einen von Eberhard Busch überlieferten Traumbericht des

alten Barth wieder:

„Eines Morgens traf ich Karl Barth niedergeschlagen an. ‚Aber was ist Ihnen denn zugestoßen?’ fragte ich. Er sagte: ‚Denken Sie, ich hatte heute nacht einen argen Traum. Mir träumte, dass mich eine Stimme ansprach: ‚Willst du einmal die Hölle sehen?’ und ich antwortete noch wohlgelaunt: ‚Doch, das möchte ich gern einmal sehen; das hat mich schon lang interessiert.’ Da öffnete sich vor mir ein Fenster, und ich sah hinaus in eine endlose Wüste, deren Anblick Mark und Bein erschütterte; und mittendrin saß steineinsam ein einziger Mensch. Da schloß ich das Fenster, und die Stimme sprach: ‚Und das droht dir!’ Ich sagte etwas leichthin: ‚Ein Traum ...’. Er wehrte dem heftig: ‚O nein, Träume sind in der Regel ernst zu nehmen.’ Er schwieg eine geraume Weile und fuhr dann zögernd

Christus heimzuführen gewillt sei und aus der sich der Himmel runde. In diesem Zusammenhang kann Balthasar schon in seiner Dissertation von einer „universalen“ oder „allgemeinen Eschatologie“ (Balthasar: Geschichte des eschatologischen Problems 224) sprechen, die, statt das Heil aller zu lehren, aufgrund des universalen Heilswillens Gottes Anlass gebe bzw. verpflichte, auf die Erlösung aller zu hoffen. (Balthasar: Was dürfen wir hoffen? Einsiedeln 1989). 113 Balthasar: Homo creatus est 314-315.320. 114 Barth: Kirchliche Dogmatik II/1/2 551. Barth hatte sich bereits in seiner Examensarbeit mit dem Descensus Christi beschäftigt: Barth: Der Descensus Christi in den ersten drei Jahrhunderten. Balthasar entwickelte im Anschluß an seine patristischen Studien und seine Zusammenarbeit mit Adrienne von Speyr eine Theologie des Karsamtags. Fundorte: Balthasar: Theologie der drei Tage. 141-176; ders.: Theodramatik IV 223-293; Speyr: Kreuz und Hölle I - II. Auch: Maas: Das Geheimnis des Karsamstags; Balthasar: Theologie des Abstiegs zur Hölle; Krenski: Spekulativer Karsamstag 155-156. 115 Barth: Kirchliche Dogmatik III/3, 611. 116 Barth: Kirchliche Dogmatik III/3, 612. 117 Barth: Kirchliche Dogmatik III/3, 612; Kirchliche Dogmatik IV/3, 300.

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fort: ‚Und da gibt es noch Leute, die mir vorwerfen, bei mir fehle das Wissen um solche abgründige Bedrohung. Ich weiß nur zu gut davon. Aber was bleibt mir gerade darum anderes übrig, als alles darauf zu setzen: ‚Gott schwört bei seinem Leben, dass er dich nicht verlässt?“118

Das Wunder des Malachias

Ein Apercu gilt der Bedeutung der Literatur, die im Werk des „Germanisten“119 Balthasar

eine entscheidende, bei dem Theologen Barth eine eher untergeordnete Rolle spielt120.

Interessanterweise finden sich in der Kirchlichen Dogmatik Autoren wie Paul Claudel121,

und Georges Bernanos122, Charles Péguy123, Bruce Marshall124 und Gertrud von Le Fort125.

Es liegt auf der Hand, dass sich hier Balthasars Einfluss unmittelbar bemerkbar machte. Er

übersetzte nicht nur Paul Claudels „Seidenen Schuh“126 und Teilhard de Chardins „Hymne

an das Ewig-Weibliche“127, hatte über Béguin unmittelbaren Kontakt zu Bernanos128

gefunden, Charles Péguy als den Dichter der Hoffnung entdeckt und war durch seine

verlegerische Arbeit zu einem Brückenbauer zwischen der deutschen und französischen

Zwischenkriegsliteratur geworden. Auch mit der erwähnten Gertrud von Le Fort stand er

in ummittelbarem Kontakt.129 Was Bruce Marshall betrifft, hatte Balthasar im Februar

1953 seinen Verleger Jakob Hegner130 auf Barths positives Urteil aufmerksam gemacht.

Insbesondere die Romane „Das Wunder des Malachias“ und „Keiner kommt zu kurz oder

der Stundenlohn Gottes“ hatte Barth mit Gewinn gelesen. Daraufhin wandte sich Hegner

prompt an Barth:

Lieber und verehrter Herr Professor Barth, gestern Mittag war ich in Basel mit Dr. von Balthasar zusammen, und er erzählte mir, dass Ihnen die beiden von mir übersetzten Romane von Bruce Marshall tiefen Eindruck gemacht hätten. Ich

118 Schildmann: Was sind das für Zeichen 168. Zur Auslegung des Traumes: ebd. 168-183. 119 Balthasar: Zu seinem Werk 103. 120 Dazu: Kucharz: Theologen und ihre Dichter 43. 121 Barth: Kirchliche Dogmatik III/4, 246; ders.: Kirchliche Dogmatik IV/3, 35. 122 Barth: Kirchliche Dogmatik IV/3, 35. 123 Barth: Kirchliche Dogmatik IV/3, 35. 124 Barth: Kirchliche Dogmatik IV/2, 244. 125 Barth: Kirchliche Dogmatik I/2, 159; ders.: Kirchliche Dogmatik IV/1, 427. 126 Salzburg 1939; Luzern 1944; Freiburg 1965; Freiburg 1987. 127 Teilhard de Chardin: Hymne an das Ewig Weibliche. 128 Balthasar: Gelebte Kirche. Bernanos. 129 Der Briefwechsel findet sich auszugsweise dokumentiert in: Eschbach: Glauben heißt der Liebe lauschen 175-232. 130 In Balthasar gewann Hegner einen wichtigen Autor, von dem er in den fünfziger Jahren insgesamt sechs Bücher verlegte. Der renommierte Schweizer Theologe – engagiert in der Ökumene – hat sich besonders verständnisvoll mit der dialektischen Theologie seines Landsmannes Karl Barth auseinander gesetzt. Unter anderen Titeln sind Studien zu den Hegner-Autoren Reinhold Schneider, Martin Buber und Georges Bernanos erschienen. Am gewichtigsten ist wohl seine Monographie über Karl Barth von 1951, in der 2.Auflage 1962, die zu den grundlegenden Werken des evangelisch-katholischen Dialogs wurde (Decke-Cornill: Jakob Hegner als Verleger. Auch: Balthasar: Zum theologischen Gespräch um Karl Barth).

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kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich das freut, mehr als sämtliche gute Kritiken in sämtlichen deutschen Zeitschriften. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir einige Zeilen über die beiden Bücher schreiben und mir gestatten wollten, Ihre Äußerung in Prospekten zu verwenden. Ich glaube, dass dann auch viele Protestanten auf Marshall aufmerksam würden. In größter Hochachtung Ihr Ihnen sehr ergebener Jakob Hegner“131

Im Alter setzte Barth sich allerdings intensiv mit Goethe, Molière und Balzac auseinander.

Eine besondere Rolle nahm Shakespeare ein. 1967 sieht man den inzwischen über

80 Jährigen mit „ausgedehnter Shakespeare-Lektüre“132 beschäftigt. Er erstellt eine Liste,

in der er menschliche Grundsituationen entsprechenden Dramen zuordnet.133 Ob der

glühende Shakespeareverehrer- und zitator Balthasar Pate gestanden hatte? Die Wurzeln

seiner späteren Theodramatik reichen in seine frühen Basler Jahre zurück. Dabei er setzte

er Barth regelmäßig in Kenntnis von Kursen und Vorträgen, die er im Rahmen seiner

Tätigkeit als Studentenpfarrer hielt134. Schon im WS 1946/47 ging es um die „Dramatik

des Christlichen“135. Dass dabei Shakespeare eine entscheidende Rolle spielte, wird sich in

programmatischen Einzelbeiträgen136, vollends aber im Verlauf der Entstehung der

Theodramatik137 zeigen. Auch Balthasars Reinhold Schneider-Buch, das er Barth

zukommen ließ und von dem wir wissen, dass Barth zumindest in es hineinlas138, dürfte

den vermeintlichen Literaturmuffel zu eifriger Lektüre dramatischer Literatur inspiriert

haben139. Werner Löser wies kürzlich140 in Rückgriff auf Hans-Wilhelm Pietz141darauf hin,

dass Barths Dogmatik, in der Christus als Sieger beschrieben werde, eine dramatische

Denkform voraussetze.

131 Barth: Offene Briefe 1945-1968, 330. Barths Antwort: 330-332. 132 Busch: Gelebte theologische Existenz 185. 133 „Julius Cäsar – Tragödie der Unsicherheit; Hamlet – Tragödie der Vieldeutigkeit; Coriolan – Tragödie des Zwiespalts; Macbeth – Tragödie des Chaos; King Lear – Tragödie des Identitäts-verlustes; Othello – Tragödie des Missverständnisses“ (Busch: Gelebte theologische Existenz 186). 134 Balthasar an Barth 4.11.1941: „Verehrter Herr Professor, damit Sie wissen, was bei uns geht, erlaube ich mir, Ihnen das Programm unserer Kurse zu senden. Ich lege die kleine Einladung bei; vielleicht interessiert sich der eine oder andere Ihrer Studenten für ein Thema.“ 135 Balthasar: Unser Auftrag 62: „1946/47: Dramatik des Christlichen (6 Vorträge über Dramen der Gnade. Nach einer Einleitung: Calderons Auto: ‚Der Maler seiner Schande’, Shakespeares ‚Maß für Maß’, Goethes ‚Faust’, Strindbergs ‚Nach Damaskus’, Claudels ‚Verkündigung’. Das Ganze als erste Skizze der späteren ‚Theodramatik’)“. 136 Balthasar: Die Tragödie und der christliche Glaube; ders.: Christ und Theater; ders.: Reinhold Schneider und der tragische Christ. 137 Balthasar: Theodramatik I 375-382. 434. 436-449. 138 Barth an Balthasar 25.5.1953: „Herzlichen Dank für die Ueberreichung Ihres Buches über Reinhold Schneider, in das wir hier mit vereinten Kräften schon hineingelesen haben..“ 139 Dazu nötigt geradezu: Balthasar: Nochmals Reinhold Schneider 186-192. 140 Siehe den Beitrag in diesem Band: Löser: Von Balthasars Karl-Barth-Buch – eine theologische Würdigung. 141 Pietz: Das Drama des Bundes. Auch: Krötke: Gott und Mensch als ‚Partner’.

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Die ausgezeichnete Dissertation von Hermann Volk

Am 6. Oktober 1968 schrieb Carl Zuckmayer an seinen „lieben Freund“ Barth: „Ein

unerwarteter Besuch war sehr anregend und erfreulich: der Bischof meiner Vaterstadt

Mainz, Dr. Hermann Volk – vielleicht kennen Sie seine Schriften. Ein Mann von großem

Wissen und weitem geistigem Horizont“142. Wie sollte Barth ihn nicht kennen, hatte er

doch 1938 eine „ausgezeichnete“ in Fribourg eingereichte und angenommene Dissertation

zur „Kreaturauffassung Karl Barths“ veröffentlicht, die Balthasar ausdrücklich im Vorwort

zur ersten Auflage seines Barthbuchs erwähnt.143 Ich erinnere mich, daß einige

Kommilitonen Mitte der 1980er Jahre den gerade emeritierten Kardinal Volk baten, mit

uns Studierenden Barth zu lesen. Er wählte die im Nachkriegs-Bonn gehaltene Vorlesung

„Dogmatik im Grundriß“144. Es war ein Erlebnis ihn Barth auslegen zu hören. Warum

erwähne ich ihn? Nicht nur um seine Barthstudie zum Anlass zu nehmen, mich der

katholischen Barthrezeption zuzuwenden. Etwa der Arbeit Henri Bouillards, deren

Verteidigung Barth und Balthasar in Paris beiwohnten145, oder der Hans Küngs146, die

Hans Urs von Balthasar nicht nur einfädelte147, sondern auch publizierte148. Vielmehr gibt

142 Zuckmayer an Karl Barth 6.10.1968. (zitiert nach Barth / Zuckmayer: Späte Freundschaft 75). 143 Balthasar: Karl Barth 9. Auch 35. 144 Barth: Dogmatik im Grundriss. 145 Bouillard, Karl Barth I – III. „Auch er ist in aufsehenerregender Weise d’accord mit mir, auch er möchte mich als eine Art trojanisches Pferd in die römische Theologie einführen, aber auch er hängt mir ein kritisch-verbesserndes Schwänzlein an, nur dass es bei ihm im Unterschied zu Hans Urs nicht im Leben irgendeiner Heiligen kleinen Therese oder Elisabeth, sondern in einer transzendentalen Ontologie de la foi besteht, zugestandener Maßen kantischen Charakters. Es weist doch Vieles darauf hin, dass ich die Chance habe, noch einmal eine Art katholischer Kirchenvater in partibus infidelium zu werden.“ (Barth an seine Söhne 14.9.53 [zitiert nach Busch: Karl Barths Lebenslauf 437). 146 Küng: Rechtfertigung. Küng gesteht, dass „ohne das Barth-Buch Balthasars (...) meine eigene Arbeit kaum denkbar gewesen wäre“ (Küng: Erkämpfte Freiheit 166). 147 So Balthasar an Barth am 1.7.1953: „Ein junger Theologe aus Rom (Küng, Sursee), geweckt, will auch über Sie dissertieren; ich wies ihn zur Abwechslung auf die Ethik (ev. auf ‚Wort Gottes’ und ‚Jesus Christus’)“. Wieder am 14.7.1955: „Hier ist eine Arbeit eines jungen Freundes vor mir, aus Sursee, Weltpriester, der in Rom an der Gregoriana und als Germaniker einen rechten Aufruhr entfachte als „Barthianer“ und schließlich doch mit Auszeichnung laufen gelassen wurde. Er geht jetzt nach Paris, um die Sache weiter zu betreiben und abzurunden. Ich finde die Arbeit recht gut, möchte sie eventuell später drucken. Küng scheint mir eine kleine Audienz bei Ihnen verdient zu haben, er ist bis Ende Oktober im Land. Er hat sich tapfer für Sie geschlagen und der Freiheit eine Gasse gehauhen, im finstersten Pfaffenwinkel.“ Die spätere Auseinandersetzung Küngs mit seinem „Konkurrenten Henri Bouillard spricht Balthasar an, indem er Barth unter dem Datum des 23.12.56 mitteilt: „Küng hat von de Lubac aufs Dach bekommen (wohl ein Pseudonym für Bouillard selber). Weiter am 30.12.56: „Haben Sie Küngs Malheur gehört, Lubac hat ihn angegriffen, weil er so taktlos war Bouillard anzugreifen, nun hat er leider beide Fronten gegen sich, was vorauszusehen war. Wer von den beiden Parteien der Barth-Exegese hat recht? Das wissen wohl nur Sie.“ Und wieder am 9.10.57: „Küng hat einen tüchtigen Deckel in der Freiburger Zft. (Schweiz) erhalten, er ist konsterniert und ratlos ... es war höchste Zeit, dass sein Kamm ein wenig abschwoll. So spaziert man nicht in das Paradies der ökumenischen Versöhnungen, und Protektionen sind sogar bei uns

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Volks Arbeit Anlass, sich abschließend des kirchenpolitischen Klimas zu vergewissern, in

dem Balthasars Barthbuch entstand und sich der Dialog zwischen den Basler Nachbarn

zutrug. Ich will gar nicht von der 1950 erschienenen Enzyklika „Humani generis“ reden,

von der Barth im Rahmen der „kopfschüttelnden Beratungen“ mit Balthasar149 der

Auffassung war, dass durch die entsprechenden Erklärungen „allen meinen katholischen

Freunden das Lebenslicht wenn nicht ganz, so doch fast ausgeblasen worden“150 ist. Jahre

zuvor verfasste der Freiburger Erzbischof Konrad Gröber ein Memorandum151, in dem er

seiner Sorge über einige fragwürdige Tendenzen im Bereich der Theologie Ausdruck

verlieh und das er im Januar 1948 kommentarlos an den deutschen Episkopat versandte. Er

wandte sich u. a. gegen den „wachsenden Einfluß der protestantischen Dogmatik auf die

katholische Glaubensdarstellung“152. Volk und Balthasar waren betroffen153: Volk ob

seiner Barth– und Brunnerstudien. Balthasar ob seiner zahlreichen bereits in der 1940er

Jahren erschienen Arbeiten zur Theologie Karl Barths. Im gleichen Jahr veröffentlichte der

Luzerner Fundamentaltheologe und Mitarbeiter der Schweizerischen Kirchenzeitung

Viktor von Ernst unter dem Titel „Karl Barth und kein Ende“ eine Polemik, in der er zum

Frontalangriff auf „katholische Theologen“ pfiff, „die Barth ihre Komplimente machen

und ihn als großen Theologen feierten und immer noch feiern“154. Balthasar reagiert mit

der bescheidenen Frage: „ob es nicht vielleicht am Platze wäre, statt ‚Karl Barth und kein

Ende’ zu rufen, nun vielleicht einmal einen kleinen, allerersten Anfang zu machen, und

jenseits aller persönlich ägrierten Kurzschlüsse hüben und drüben damit zu beginnen,

sachlich von der Sache selbst zu reden.“155 Balthasar war angesichts dieser Angriffe der

nicht alles.“ Dazu: Küng: Erkämpfte Freiheit 163-189; Becker: Hans Küng und die Ökumene 29-31; Lubac: Meine Schriften im Rückblick. Freiburg 1996, 204. 290. 148 Küng: Erkämpfte Freiheit 190: „Mein Verleger Balthasar hat mich 1957 in allen Fragen der Veröffentlichung glänzend beraten: vom kurzen Titel ‚Rechtfertigung’ (ohne ‚des Sünders’!), auf dem Umschlag groß in Versalien gedruckt, über die charaktervolle Schrift und das leicht lesbare Layout, bis hin zu den großzügig verschickten Rezensionsexemplaren.“ 149 Busch: Karl Barths Lebenslauf 384. 150 Barth an D. Schellong 12.10.1950 (zitiert nach: Busch: Karl Barths Lebenslauf 384). 151 Memorandum des Freiburger Erzbischofs Conrad Gröber vom 18.1.1943. Abgedruckt in: Maas-Ewerd: Die Krise der Liturgischen Bewegung 540-569. Dazu: Rahner: Theologische und philosophische Zeitfragen im katholischen deutschen Raum. 152 Maas-Ewert: Die Krise der Liturgischen Bewegung 546. 153 Volk führte in seiner philosophischen Dissertation den Dialog mit Barth (Volk: Die Kreaturauffassung bei Karl Barth. Eine philosophische Untersuchung. Diss. Freiburg/Schweiz 1937. Würzburg 1938) und in seiner theologischen Dissertation das Gespräch mit Brunner (Volk: Emil Brunners Lehre von der ursprünglichen Gottebenbildlichkeit des Menschen. Diss. Münster 1939). Balthasar hatte nach dem Barth-Kapitel seiner Apokalypse weitere Barth-Studien veröffentlicht. 154 Ernst: Karl Barth und kein Ende. 155 Balthasar: Beschäftigung mit Karl Barth.

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Auffassung, dass es nun um „Sein oder Nichtsein der ganzen Auseinandersetzung“156gehe.

Der Mainzer Diözesanbischof Albert Stohr157, der dem modernen Protestantismus Interesse

entgegen brachte, nahm mittels des so genannten „Mainzer Gutachtens“158 Theologen vom

Schlage Hermann Volks und Hans Urs von Balthasars in Schutz. Stohr glaubte nicht nur

im neu erwachten Interesse an biblischer und patristischer Theologie deutliche Zeichen des

Aufschwungs wahrnehmen zu können159, er begrüßt nicht nur einen „gesunden

Supranaturalismus“160, sondern geht ausdrücklich auf Barths und Brunners systematische

Entwürfe ein161, mit denen man sich auseinandersetzen müsse. Dabei gehe es nicht um

„‚Grenzöffnungen’“162, sondern „lediglich um den Versuch, andere zu verstehen, der nicht

von vornherein Verdächtigungen ausgesetzt werden darf.“163 In diesem Sinne wussten sich

Hans Urs von Balthasar und Karl Barth verpflichtet, „in ein dogmatisch ernstes

ökumenisches Gespräch [einzutreten], ohne das der ganzen Bewegung das Fundament

fehlen würde“164. Deshalb - so Hermann Volk in seiner durchaus kritischen Besprechung165

des Balthasarschen Barthbuchs – gebührt

156 Balthasar an Karl Barth 14.12.1948. 157 Albert Stohr war von 1935-1961 Bischof von Mainz. Zur Biographie: Berg, Hermann: Bischof Dr. Albert Stohr. Mainz: Öffentlichkeitsarbeit Bischöfliches Ordinariat, 21990. Werke: Stohr, Albert: Die Trinitätslehre des hl. Bonaventura (Diss. Freiburg), 1923; ders.: Die Trinitätslehre Ulrichs von Straßburg (Habil. München), 1928; ders.: Randbemerkungen zu Solowjews Sophialehre, in: ZKTh 52, 1928, 532-540; ders.: Augustinus als Mensch und Denker, Frankfurt 1930; ders.: St. Augustinus als Herold der göttlichen Gnade, in: Divus Thomas (9) 1931, 117-145; ders.: Evangelische Katholizität, in: Pastor Bonus 43 (1932), 32-64; ders.: Streiflichter in den modernen Protestantismus, in: Pastor Bonus 43 (1932), 167-176. 158 Diözesanarchiv Mainz, Nachlass Stohr. Verz. Nr. 269. 159 Stohrs Thesen fasst zusammen: Wolf (Hg.): Karl Rahner, Theologische und philosophische Zeitfragen im katholischen deutschen Raum 50-54. 160 Ebd. 52. 161 Ebd. 162 Ebd. 163 Ebd. 164 Balthasar: Zu seinem Werk 76-77. Dazu: Lehmann: Balthasar und die Ökumene. 165 Volk: Rezension zu: Balthasar: Karl Barth. Volk kritisiert insbesondere Balthasars pointierten Ansatz bei der Denkform Barths, mit dem Balthasar sich in die Gefahr begebe „dogmatische Einzelpositionen zu entwerten und sie als nur relative Erscheinungsformen eines dahinter liegenden Eigentlichen zur Geltung zu bringen“ (26). Des Weiteren kritisiert Volk Balthasars patristische Schlagseite, die übersehe, dass es „unpatristische Fragestellungen“ gebe, die „man nicht mehr rein patristisch beantworten“ könne (25). Außerdem sei es nicht ausgemacht, ob die Lyoner Theologen nicht doch einen Schritt zu weit gegangen seien in der Betonung der Eigenständigkeit kreatürlichen Seins (25). Theologische Konvergenzen im Blick auf „dogmatische Einzelpositionen“ ergeben sich im Laufe des Entstehens der Hauptwerke beider Autoren. Dabei ist insbesondere auf Konvergenzen im Blick auf eine dramatische Theologie (Krötke: Gott und Mensch als ‚Partner’; Pietz: Das Drama des Bundes. Die dramatische Denkform in Karl Barths Kirchlicher Dogmatik), in deren Mitte sich eine Theologie göttlichen Schmerzes (Krause: Leiden Gottes – Leiden des Menschen; Krenski: Passio Caritatis) zu entwickeln begann. Des weiteren darf sowohl an die trinitarische Signatur sämtlicher Traktate als auch an den jeweiligen Versuch der Überwindung des Deutschen Idealismus erinnert werden. Es lohnte sich im Blick auf die Einzeltraktate den Barths Kirchliche

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„dem Verfasser besonderer Dank, dass er dadurch dem interkonfessionellen Gespräch einen neuen Impuls gegeben [und] die unvermeidliche Differenziertheit der theologischen Aufgabe erneut aufgewiesen [...] hat.“166

Dogmatik und Balthasar Balthasars Theodramatik synchron zu lesen und sich der Frage zu stellen, inwieweit sich die konkreten Einzeltraktate einer grundsätzlichen Denkform verdanken. 166 Volk: Rezension zu: Balthasar: Karl Barth 26-27.

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Thomas Krenski, Dr. theol., Hochschulpfarrer an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Gemeindepfarrer an der Katholischen Hochschulgemeinde St. Albertus / Mainz.