2
356 | Biol. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2004 | Nr. 6 TREFFPUNKT FORSCHUNG | Mittlerweile ist die technische Ent- wicklung so weit fortgeschritten, dass die gesamte Kuppel digital be- spielt werden kann. In Deutschland kam diese Technik erstmals im Sep- tember 2003 bei der Eröffnung des Mediendoms der Fachhochschule Kiel, der Nachfolge-Einrichtung des Planetariums, zum Einsatz. Sechs Videoprojektoren projizieren Daten- signale mehrerer vernetzter Hoch- leistungsrechner so an die Kuppel, dass sie ein homogenes, bewegliches Abbild einer Computervorlage lie- fern. Dieses Bild beeindruckt durch ein hohes Maß an Ästhetik und Illu- sion. Die Audio-Technik des Medien- doms basiert auf 28 Flachmembran- lautsprechern, die hinter der Kuppel verteilt sind. Die Wirkung von Bild und Musik, Video und Computerani- mation ermöglicht die multimediale Darstellung neuer komplexer Inhalte. Der Mediendom, in dem 65 Besu- cher Platz finden, kann als Forum ei- ner „Wissenschaft für alle“ die Funk- tion eines Dialoges zwischen Wissen- schaft und Gesellschaft übernehmen. Eine erste nicht-astronomische Veran- staltung unter diesem Konzept ist die multimediale Darstellung der Tier- und Pflanzenwelt Costa Ricas mit dem Titel „Faszination Regenwald“. Der Wald, der einen natürlichen „Dom“ bildet, eignet sich zur natur- getreuen Wiedergabe in einer Kuppel besonders gut. Die Überlebensstrate- gien der Tiere des Regenwaldes, die häufig auf Warnung und Tarnung be- ruhen, lassen sich hervorragend vi- sualisieren. Vögel, Insekten und Am- phibien bieten eine beeindruckende Geräuschkulisse. Die Besucher können auf diese Weise biologische Zusammenhänge plastisch erleben. Im Rahmen einer Dissertation wurde das gesamte Material für die Veranstaltung in Costa Rica erarbeitet [3]. Für die Produktion kuppelfüllen- der Waldmotive waren 360°-Aufnah- men der Landschaft mit Hilfe von Fisheye-Objektiven nötig. Die Tiere wurden per Makrofotografie abge- lichtet oder mit einem Camcorder gefilmt und ihre Geräusche mit einem digitalen Audio-Rekorder auf- genommen. MULTIMEDIA | Biologie im Planetarium Planetarien waren bislang eine Domäne der Astronomie. Nun ermögli- chen technische Innovationen die ansprechend aufbereitete Vermittlung von Erkenntnissen aus anderen Wissenschaftsdisziplinen. Mit der multi- medialen Veranstaltung „Faszination Regenwald“ ist in Kiel erstmals für den deutschsprachigen Raum ein rein biologisches Thema unter einer Sternenkuppel inszeniert worden. Seit der Eröffnung des ersten Projek- tionsplanetariums im Jahr 1925 im Deutschen Museum in München sind in vielen größeren Städten weltweit Planetarien errichtet worden, deren technische Möglichkeiten ständig erweitert werden [1]. Ursprünglich erschuf ein Sternenprojektor mit einem System aus Lichtquelle, Linsen und Blenden aus der Mitte des Kuppelraumes heraus lediglich die Illusion des klaren Sternenhimmels. Inzwischen können Planetariums- besucher virtuell nicht nur in die Welt der Sterne, sondern an fast jeden beliebigen Ort reisen. Die Vor- aussetzung dafür war die Entwick- lung der so genannten Allsky-Projek- tion: Die Projektionsflächen mehre- rer Diaprojektoren fügen sich nahtlos aneinander und füllen die gesamte Kuppel mit einem Motiv aus. Die Raumwirkung der Kuppel erzeugt den Eindruck, beispielsweise mitten in einer Kirche oder einer Landschaft zu stehen. Diese Technik fand in den 1990er Jahren weite Verbreitung, auch am Planetarium der Fachhoch- schule Kiel [2]. ABB. 1 Landschaft mit Wasserfall als kuppelfüllende Dia- Projektion („Allsky“) im Planetarium. TERMINE | „Faszination Regenwald“ wird im Mediendom der Fachhochschule Kiel (Sokratesplatz 6, 24149 Kiel) wieder am 29.12.2004 um 18.30 Uhr gezeigt. Das jeweils aktuelle Programm ist im Internet unter www.mediendom.de ein- sehbar. Sonderanmeldungen für Schul- klassen sind unter Tel. 0431/ 210-1741 möglich. „Faszination Regenwald“ soll im Winter 2005 auch im Planetarium Hamburg (Hindenburgstr. 1b, 22303 Hamburg) wieder gezeigt werden. Informationen unter www.planetarium-hamburg.de ABB. 2 Eine drohende Spitznatter (Oxybelis brevirostris, Colubridae) erscheint als Projektion über dem Schaltpult des Kieler Mediendoms.

Biologie im Planetarium

Embed Size (px)

Citation preview

356 | Biol. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2004 |Nr. 6

T R E F F P U N K T FO R SC H U N G |

Mittlerweile ist die technische Ent-wicklung so weit fortgeschritten,dass die gesamte Kuppel digital be-spielt werden kann. In Deutschlandkam diese Technik erstmals im Sep-tember 2003 bei der Eröffnung desMediendoms der FachhochschuleKiel, der Nachfolge-Einrichtung desPlanetariums, zum Einsatz. Sechs Videoprojektoren projizieren Daten-signale mehrerer vernetzter Hoch-leistungsrechner so an die Kuppel,dass sie ein homogenes, beweglichesAbbild einer Computervorlage lie-fern. Dieses Bild beeindruckt durchein hohes Maß an Ästhetik und Illu-sion.

Die Audio-Technik des Medien-doms basiert auf 28 Flachmembran-lautsprechern, die hinter der Kuppelverteilt sind. Die Wirkung von Bildund Musik, Video und Computerani-mation ermöglicht die multimedialeDarstellung neuer komplexer Inhalte.

Der Mediendom, in dem 65 Besu-cher Platz finden, kann als Forum ei-ner „Wissenschaft für alle“ die Funk-tion eines Dialoges zwischen Wissen-schaft und Gesellschaft übernehmen. Eine erste nicht-astronomische Veran-staltung unter diesem Konzept ist die multimediale Darstellung der Tier-und Pflanzenwelt Costa Ricas mitdem Titel „Faszination Regenwald“.Der Wald, der einen natürlichen„Dom“ bildet, eignet sich zur natur-getreuen Wiedergabe in einer Kuppelbesonders gut. Die Überlebensstrate-gien der Tiere des Regenwaldes, diehäufig auf Warnung und Tarnung be-ruhen, lassen sich hervorragend vi-sualisieren. Vögel, Insekten und Am-phibien bieten eine beeindruckendeGeräuschkulisse. Die Besucher

können auf diese Weise biologischeZusammenhänge plastisch erleben.

Im Rahmen einer Dissertationwurde das gesamte Material für dieVeranstaltung in Costa Rica erarbeitet[3]. Für die Produktion kuppelfüllen-der Waldmotive waren 360°-Aufnah-men der Landschaft mit Hilfe von Fisheye-Objektiven nötig. Die Tierewurden per Makrofotografie abge-lichtet oder mit einem Camcorder gefilmt und ihre Geräusche mit einem digitalen Audio-Rekorder auf-genommen.

M U LT I M E D I A |Biologie im PlanetariumPlanetarien waren bislang eine Domäne der Astronomie. Nun ermögli-chen technische Innovationen die ansprechend aufbereitete Vermittlungvon Erkenntnissen aus anderen Wissenschaftsdisziplinen. Mit der multi-medialen Veranstaltung „Faszination Regenwald“ ist in Kiel erstmals fürden deutschsprachigen Raum ein rein biologisches Thema unter einerSternenkuppel inszeniert worden.

Seit der Eröffnung des ersten Projek-tionsplanetariums im Jahr 1925 imDeutschen Museum in München sindin vielen größeren Städten weltweitPlanetarien errichtet worden, derentechnische Möglichkeiten ständig erweitert werden [1]. Ursprünglicherschuf ein Sternenprojektor mit einem System aus Lichtquelle, Linsenund Blenden aus der Mitte des Kuppelraumes heraus lediglich die Illusion des klaren Sternenhimmels.

Inzwischen können Planetariums-besucher virtuell nicht nur in dieWelt der Sterne, sondern an fast jeden beliebigen Ort reisen. Die Vor-aussetzung dafür war die Entwick-lung der so genannten Allsky-Projek-tion: Die Projektionsflächen mehre-rer Diaprojektoren fügen sich nahtlosaneinander und füllen die gesamteKuppel mit einem Motiv aus. DieRaumwirkung der Kuppel erzeugtden Eindruck, beispielsweise mittenin einer Kirche oder einer Landschaftzu stehen. Diese Technik fand in den1990er Jahren weite Verbreitung,auch am Planetarium der Fachhoch-schule Kiel [2].

A B B . 1 Landschaft mit Wasserfall als kuppelfüllende Dia-Projektion („Allsky“) im Planetarium.

T E R M I N E |„Faszination Regenwald“ wird im Mediendom der Fachhochschule Kiel(Sokratesplatz 6, 24149 Kiel) wieder am29.12.2004 um 18.30 Uhr gezeigt. Das jeweils aktuelle Programm ist im Internet unter www.mediendom.de ein-sehbar. Sonderanmeldungen für Schul-klassen sind unter Tel. 0431/ 210-1741möglich.

„Faszination Regenwald“ soll im Winter2005 auch im Planetarium Hamburg(Hindenburgstr. 1b, 22303 Hamburg)wieder gezeigt werden. Informationenunter www.planetarium-hamburg.de

A B B . 2 Eine drohende Spitznatter(Oxybelis brevirostris, Colubridae) erscheint als Projektion über dem Schaltpult des Kieler Mediendoms.

Nr. 6 | 34. Jahrgang 2004 | Biol. Unserer Zeit | 357

| T R E F F P U N K T FO R SC H U N G

Das gesamte Material wurde im Com-puter bearbeitet. Beispielsweise wur-den für die digitalen Allsky-Projektio-nen mit spezieller Software jeweilssechs mit Fisheye-Objektiven aufge-nommene Bilder zu einer kreisrun-den Vorlage zusammengefügt. Absch-ließend wurden das bearbeitete Bild-,Video- und Tonmaterial zu einer ein-stündigen Veranstaltung arrangiert.

Die Vorlagen für diese Veranstal-tung sind zum großen Teil noch mit

konventionellen Mitteln erstellt wor-den. Aber die technische Entwick-lung wird sicher in absehbarer Zeitauch den Einsatz von Fisheye-Video-kameras mit hinreichender Auflösungfinanzierbar werden lassen, so dasskuppelfüllende Motive nicht nur perAnimation bewegt, sondern unmittel-bar gefilmt werden können. Undauch die digitalen Projektionstechni-ken sind auf dem Vormarsch: Alszweites Haus in Deutschland öffnete

das Planetarium Hamburg bereits imOktober 2003 mit einem solchen System. „Faszination Regenwald“ ist auch dort bereits ins Programmaufgenommen worden.

[1] L. Meier, Der Himmel auf Erden – Die Weltder Planetarien. J. A. Barth, Leipzig, 1992.

[2] H. Petrischak, Sterne und Weltraum 11999999,38 (11), 1008-1009.

[3] H. Petrischak, Diss. Uni Kiel, 2003. http://e-diss.uni-kiel.de/diss_754/

Hannes Petrischak, Kiel

T V-T I PP S |

Illus

trat

ion:

Elis

abet

h B

rinkm

eier

V E R H A LT E N |Die Kuhfladen-FalleKaninchenkäuze (Athene cunicularia) haben eine raffinierte Methodeentwickelt, um an Beute zu gelangen: Sie nutzen Kuhfladen als Köder,um möglichst energiesparend Mistkäfer zu fangen.

Kaninchenkäuze sind relativ kleine,tagaktive Eulenvögel, die in denPrärien Nord- und Südamerikas le-ben und zum Brüten in Erdbautenziehen. Ganz oben auf ihrem Speise-plan stehen Mistkäfer – und um diesezu fangen, sammeln die Kaninchen-käuze Säugetierkot, bevorzugt Kuh-fladen, und verteilen ihn rund umihren Erdbau. Nun stehen sie stun-denlang bewegungslos vor ihren Erdbauten und warten darauf, dass sich viele Mistkäfer auf den Kuh-fladen sammeln (Abbildung).

Der Gebrauch von Werkzeugenzum Nahrungserwerb ist bei Vögelnrelativ selten. Die hier dargestelltenBeobachtungen zeigen jedoch dengezielten Einsatz eines Werkzeuges

(Köders), der den Vögeln bei gerin-gem Energieaufwand ein Maximuman Futter einbringt.

Um die Köderhypothese zu erhär-ten, hat eine Forschergruppe umDouglas J. Levey in Florida folgendeVersuche gemacht: Sie haben beizwei Kaninchenkauzpopulationensämtlichen Tierkot, Gewölle undNahrungsrückstände von den Bautender Käuze entfernt. Daraufhin wur-den vor der Hälfte der Erdbauten de-finierte Mengen an Kuhfladen ver-teilt. Nach vier Tagen wurden dieneuen Gewölle sowie Käferreste beiallen Tieren eingesammelt und ausge-wertet. Im Gegenversuch erhieltennun die Tiere Kuhfladen vor den Erd-bauten, die zuvor keine erhalten hatten. Ansonsten war der Beobach-tungsverlauf derselbe.

Die Ergebnisse zeigten, dass Ka-ninchenkäuze mit Ködern vor derHaustür zehnmal mehr Mistkäfer fressen konnten als die Vergleichs-gruppe. Zudem war die Bandbreiteder Mistkäferarten wesentlich höher.

Die Hypothese, dass der Tierkot-geruch eine Schutzfunktion ausübt,indem er den Nestgeruch überdeckt,konnte nicht bewiesen werden.

[1] D. J. Levey, Nature 22000044, 431, 39.

Silke Wendler, Erlangen

A B B . Kaninchenkauz (Athene cuni-cularia). Bild: Ronald G. Wolff

Dienstag, 7. DezemberWissen und mehrTatort Mensch Mikroben und ihre Killerhessen fernsehen, 14.15 UhrDer 2. Teil folgt am 14. („Trickreiche Erreger, 14.45 Uhr), der 3. am 21. und der 4. am 28. Dezember.

Montag, 13. DezemberWunderbare WeltSuper-Räuber der UrzeitDer australische Paläobiologe Steve Wroe versucht mit Hilfevon Computerspezialisten, den Beutellöwen und den Riesen-vogel Dromornis zum Leben zu erwecken.ZDF, 15.15 Uhr

Freitag, 17. DezemberDiscovery – Die Welt entdeckenAufbruch zu den Sternen – Traum oder Wirklichkeit?ZDF, 15.15 Uhr

Donnerstag, 23. Dezember„nano“ Visionäre (13/13)Nie wieder Müll – Produkte sollen wieder Nährstoff werden3sat, 18.30 Uhr

Mittwoch, 29. DezemberIm Focus:Ein Kind um jeden PreisDeutsche Welle, 16.30 Uhr

Montag, 13. JanuarAbenteuer WildnisKongo – Auf den Spuren des ersten Menschen ARD, 15.15 Uhr

Kurzfristige Programmänderungen der Sender sind möglich.