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38. Ausgabe • 15. März 2013
Fährgesellschaft Scandlines - Torsten Pörschke
Eine Fährgesellschaft wehrt sich gegen den Untergang
Im Sommer 2012 brandeten kurz Meldungen durch die Medien, die aufhorchen lie-
ßen. Auf mittlere Sicht ist der Bau einer festen Querung des Fehmarnbelts zwischen
Dänemark und Deutschland geplant. Die Verbindung soll nach ersten Schätzungen
ca. 5,5 Mrd. Euro kosten und überwiegend von Dänemark bezahlt werden. Die Refi-
nanzierung ist durch Mautgebühren in Höhe heute üblicher Gebühren für die Schiff-
fahrt vorgesehen. Eine Inbetriebnahme erscheint vor dem Jahr 2021 wenig realis-
tisch. Favorisiert wird ein Absenktunnel. Die derzeitige Verbindung über den Belt zwi-
schen Puttgarden und Rødbyhavn misst 18,6 km. Seit 1963 betreiben die deutschen
und dänischen Staatsbahnen die „Vogelfluglinie“ mit Eisenbahn- und kombinierten
Auto-/Personenfähren gemeinsam. Die Abfahrt erfolgt im 30-Minuten-Takt bei einer
Dauer der Überfahrt von 45 Minuten.
(Fortsetzung auf Seite 2)
Energie für neues Denken
Biowasserstoff-Magazin
Bio-Wasserstoff ist aus
Biomasse herstellbar und
billig! Die Energieaus-
beute beträgt 87-99 %!
Warum es ihn noch nicht
gibt? Fragen Sie das die
Politiker und Verantwort-
lichen der Energiekonzerne!
Themen in dieser Ausgabe:
Fährgesellschaft Scand-
lines (ergänzt 15.05.2016)
Null-Emissions-
Containerschiff
Brennstoffzellen-Geräte von
Viessmann
Dilemma und Bordnetz
Boeing 787
LNG-Fähre (Viking Line)
Helgoland - erstes deut-
sches Schiff mit LNG-
Antriebssystem (neu
15.05.2016)
Aktuelle Entwicklungen der
Vergasungstechnologie in
Freiberg
Reform(er)-Stau
Impressum: Seite 22
Abb. 1 - Satellitenaufnahme Vogelfluglinie Fehmarn - Dänemark (Puttgarden - Rødby) mit
Schiffsroute, Quelle: de.wikipedia.org, Benutzer: Godewind, from Nasa World Wind - Free
Satellite Image, in the public domain.
Aktualisiert 15.05.2016
Seite 2 38. Ausgabe • 15. März 2013
Die von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn nach 1945 getrennt betriebenen Trajekt-
dienste auf der Ostsee gliederte man zum 1. April 1993 jeweils aus den Bahngesellschaften aus und
vereinigte die Aktivitäten bei der Deutschen Fährgesellschaft Ostsee mbH (DFO). Gleiches geschah
auf dänischer Seite im Jahr 1995. Die neue Gesellschaft benannte sich 1997 in Scandlines A/S um.
Ein Jahr später vereinigten sich DFO GmbH und Scandlines A/S zur Scandlines AG. Die staatlichen
Eigentümer verkauften das Unternehmen am 30. August 2007 an die Finanzinvestoren 3i und Allianz
Capital (je 40 Prozent) sowie an die Deutsche Seereederei GmbH aus Rostock (20 Prozent). Am
6. November 2008 erfolgte die Umwandlung der AG in eine GmbH, die im Besitz der Tochtergesell-
schaften Scandlines Deutschland GmbH (Sitz Rostock) und Scandlines Danmark A/S (Sitz Kopenha-
gen) ist. Die DSR verkaufte wenig später ihren Anteil von 20 Prozent zu gleichen Teilen an die anderen
Eigentümer. Die Zahl der beförderten Fahrgäste und der angestellten Mitarbeiter sinkt seit Jahren
kontinuierlich, das kann auch ein positives Betriebsergebnis ab dem Jahr 2010 nicht kaschieren. Der
Abstieg der Gesellschaft ist damit vorprogrammiert. Politiker sprechen in einem solchen Fall heute von
„gelungener Privatisierung“. Seit Ende 2012 kursieren Meldungen über den geplanten Verkauf der
Reederei durch die Finanzinvestoren. Die Unsicherheit der Beschäftigten wächst.
Das Bundeskartellamt holte bereits am
27. Januar 2010 zu einem weiteren
Schlag gegen das Unternehmen mit ehe-
mals staatlichen Wurzeln aus. Die Scand-
lines Deutschland GmbH, Eigentümerin
des Fährhafens Puttgarden und noch allei-
niger Anbieter von Fährdienstleistungen
auf dieser Strecke wurde verpflichtet, an-
deren Fährunternehmen die Möglichkeit
zu gewähren, einen konkurrierenden Fähr-
betrieb auf der Strecke Puttgarden–Rødby
einzurichten. Durch Zahlung eines ange-
messenen Entgeltes sollten Wettbewer-
ber Zugang zur Infrastruktur erhalten. Je-
doch bestätigte am 10. Juni 2010 das
OLG Düsseldorf, dass „der Zugang von
Drittparteien zum Hafen unter den gege-
benen juristischen und wirtschaftlichen
Aspekten“ unmöglich sei. Das Verfahren
ist noch nicht abgeschlossen, denn das
Bundesverwaltungsgericht hat sich nun
der Sache angenommen.
Die im Frühjahr 2010 bestellten zwei neu-
en Großfähren (Auftragsvolumen 230 Mil-
lionen Euro) bei der P+S Werften GmbH
(Volkswerft Stralsund) entwickelten sich
nicht nur für die Schiffbauer, sondern
auch für die Reederei zum Desaster. Bei-
de Schiffe sollten ab dem Frühjahr 2012
zwischen Rostock und Gedser ältere Ein-
heiten ersetzen. Inzwischen ist die Werft insolvent und die Schiffe suchen einen neuen Käufer.
(Fortsetzung von Seite 1)
(Fortsetzung auf Seite 3)
Abb. 2 - Scandlines Rostock-Warnemünde,
Bild: de.wikipedia.org, Autor: Armin Emde BR 146
(www.chep87.de)
Seite 3 38. Ausgabe • 15. März 2013
Wegen eines zu hohen Gewichts und eines deshalb um 22 Zentimeter vergrößerten Tiefgangs trat
Scandlines im November 2012 vom Kauf zurück. Die Neuausschreibung des Auftrags erfolgte im Ja-
nuar 2013. Die Verluste durch bereits geleistete Vorauszahlungen an P+S sind offiziell durch Bank-
bürgschaften abgesichert.
Aktuell betreibt das Unternehmen noch folgende Linien:
Puttgarden (D) – Rødby (DK) („Vogelfluglinie“)
Rostock (D) – Gedser (DK)
Helsingør (DK) – Helsingborg (S)
Mit der Realisierung der festen Querung des Fehmarnbelts (Puttgarden – Rødby) und einer weiteren
geplanten über den Öresund (Helsingør – Helsingborg) durch die schwedische Regierung droht das
wirtschaftliche Aus. Die Erneuerung der Flotte für die Strecke Rostock – Gedser ist vorerst gescheitert.
Um sich aus der prekären Lage zu befreien, begannen entsprechende Aktivitäten der Reederei. Im
Rahmen eines normalen Werftaufenthaltes wurde im Oktober 2012 die erste der vier Fehmarnbelt-
Fähren mit einem Hybrid-System für den Antrieb und die Energieversorgung an Bord ausgerüstet. Die
„Prinsesse Benedikte“ bekam Batteriesysteme auf das oberste Deck, die überschüssige Energie der
Hauptmaschinen (Dieselmotoren) während der Überfahrt speichern. Der Strom soll dann während des
Aufenthaltes im Hafen verbraucht werden. Scandlines rechnet mit einer Einsparung von 15 bis 18
Prozent der bisher benötigten Energie. Nach erfolgreicher Erprobung sollen bis Ende 2013 die ande-
ren drei Fähren der "Vogelfluglinie" folgen.
Den eigentlichen Befreiungsschlag versuchte die Fährgesellschaft bereits im Sommer 2012. Die Ge-
schäftsleitung ging mit visionären Plänen an die Öffentlichkeit. Gemeinsam mit dem Tochterunterneh-
men Future Ship GmbH des Germanischen Lloyd entwickelte Scandlines eine Idee für einen emissi-
onsfreien Fährverkehr. Danach sollen vier neue wasserstoffbetriebene Fähren mit erhöhter Kapazität
auf der "Vogelfluglinie" fahren und der Bau der festen Querung über den Fehmarnbelt bis mindestens
2030 verschoben werden. Den erforderlichen Wasserstoff könnte man aus überschüssigem Strom
(Fortsetzung von Seite 2)
(Fortsetzung auf Seite 4)
Abb. 3 - Bildquelle: de.wikipedia.org, Urheber: Klugschnacker
Seite 4 38. Ausgabe • 15. März 2013
von Windparks rund um Fehmarn gewinnen. Brennstoffzellen könnten als Hauptantrieb dienen und
liefern gleichzeitig Strom für die Einrichtungen an Bord. Die Kosten für die Neubauten bezifferte die
Reederei mit 500 Mio. Euro.
Das vorgestellte Projekt zeigt die weitgehenden Vorstellungen in der Welt des Schiffbaus. Die neuen
Doppelendfähren haben nach den gezeichneten Plänen eine Kapazität von 1.500 Personen und
2.200 m lane Meter für Fahrzeuge. Die Wasserstofftanks auf dem Oberdeck können Energie für 48
Stunden Betrieb speichern. Die Leistung der Brennstoffzellen beträgt 8,3 MW und die Speicherkapazi-
tät der Batterien 2.400 kWh. Das reicht für 17 Knoten Fahrt im Normalbetrieb und für 18 Knoten
Höchstgeschwindigkeit bei Zuschaltung der Batterien über die vier elektrischen Pod-Antriebe mit je
3 MW Leistung. Die zusätzlich generierte Energie durch die vier Flettner-Rotoren ist in die Energiebi-
lanz der Fähren noch nicht mal eingerechnet. Durch Nutzung der Windkraft könnten so 10 Prozent
Wasserstoff gespart werden. Die Baukosten sollen nur 25 Prozent über denen von herkömmlichen
Fähren liegen!
Während die Reederei im Sommer 2012 noch glaubte, ein verbessertes Design des neuen Modells
GR 12 der P+S Werften GmbH mit dieser Technik bestellen zu können, hat sich die Lage in der Zwi-
schenzeit doch erheblich geändert. Über die wahren Ursachen wollen wir hier nicht spekulieren. Fest
steht jedoch, dass sich die Betreiber von Erdölraffinerien über diese Pläne wohl nicht sonderlich ge-
freut haben dürften.
Für die Strecke Rostock-Gedser wurde zunächst kurzfristig ein Ersatz gesucht. Im Gespräch waren
Fähren mit Verbrennungsmotoren, die Flüssiggas (LPG - Propan-/Butangas) nutzen. Im Jahr 2013 ver-
kaufte Allianz Capital seinen 50%-igen Anteil an der Reederei an den langjährigen Miteigentümer 3i.
Die finnische STX-Werft sollte nun zwei neue Doppelendfähren mit LNG-Antrieben bauen. Wegen wirt-
schaftlicher Probleme der Werft konnte das Projekt nicht realisiert werden. Ein Jahr darauf erwarb
Scandlines die beiden bestellten Fähren "Berlin" und "Copenhagen" von den insolventen P+S Werften
für 31,6 Mio. Euro. Der Umbau der Schiffe bei der Werft Blohm + Voss in Hamburg wurde angekün-
digt, aber dort nicht durchgeführt. Nach einem Aufenthalt der "Copenhagen" in Hamburg erfolgte die
Umsetzung des Vorhabens bei der Fayard-Werft in Munkebo/Dänemark. Hier erfolgte die Herausnah-
me von Deck 8 und 9 und eine Kürzung von Deck 7. Ein schmaleres Deck 8, der Einsatz von Leicht-
baumaterialien (u.a. Aluminiumlegierungen) und die Begrenzung auf maximal 1.300 Passagiere ge-
währleisten nun, dass der Tiefgang von 5,60 m nicht überschritten wird.
(Fortsetzung von Seite 3)
(Fortsetzung auf Seite 5)
Abb. 4 - Konzept. Bild: mit freundlicher Genehmigung von http://scandlines.com
Seite 5 38. Ausgabe • 15. März 2013
Das hybride Antriebssystem besteht nach dem Umbau aus zwei Dieselmotoren mit je 4.500 kW Leis-
tung, Generatoren, Elektromotoren und Speicherbatterien auf Lithium-Ionenbasis. Die Energie aus
den Akkumulatoren wird für die Abdeckung von Spitzenlasten (Hafenmanöver, Beschleunigung, Ab-
nahmespitzen im Bordnetz) verwendet. Während der Überfahrt laufen die Dieselmotoren in einem
kraftstoffsparenden Teillastbereich mit ca. 85 Prozent der Nennleistung und laden die Batterien wie-
der auf. Bisher liefen die Antriebsmotoren der Fähren nur in einem Teillastbereich von 45 bis 50 Pro-
zent bei schlechterem Wirkungsgrad. Der komplette Umbau der Fähren kostet pro Schiff über 100
Mio. Euro.
Mittlerweile sind auf allen vier Fährschiffen der Route Puttgarden–Rødby "umweltfreundliche Techno-
logien" eingerüstet worden. So erhielten die Schiffe unter anderem einen Abgaswäscher, der die
Schadstoffemissionen (Schwefel, Stickstoff, Feinstaub) der Verbrennungsmotoren um über
90 Prozent senken soll. Die bisherigen Antriebssysteme (mit 5 MaK 8M32 Dieselmotoren, gesamt
17.440 kW oder 3 MaK 8M32 Dieselmotoren und 2 MaK 6M32 Dieselmotoren, gesamt 15.840 kW)
wurden verändert. Die jeweils vier motorgetriebenen Generatorensätze mit je 3.500 kW Leistung spei-
sen nun vier Elektromotoren mit je 3.000 kW Wellenleistung. Das zusätzlich eingerüstete Akkumulato-
rensystem speichert bis zu 2,7 MWh Strom, der bei Bedarf (Spitzenlasten) dem Antriebssystem/
Bordnetz zur Verfügung gestellt werden kann. Vorgesehen ist für den Fährbetrieb die Verwendung des
gespeicherten Stromes im Hafenbereich und das Aufladen der Akkumulatoren während der Fahrt in
offenen Gewässern. Perspektivisch sollen die Dieselmotoren durch weitere Akkumulatorensysteme
ersetzt werden. Die Aufladung erfolgt nach Ausbau der entsprechenden Strominfrastruktur im Hafen.
Als Vorbild dafür sollen die Doppelendfähren "Hamlet" und " Tycho Brahe" dienen, die auf der Route
Helsingør – Helsingborg im Einsatz sind und demnächst auf reinen Akkumulatorenantrieb umgebaut
werden sollen. Sie benötigen für die ca. 20 Minuten dauernde Überfahrt nach ersten Berechnungen
zwischen 1,0 und 1,2 MWh Strom. Für das Aufladen stehen 8 bis 12 Minuten Hafenaufenthalt zur
Verfügung. Für die längere Strecke Rostock - Gedser werden weiterhin Brennstoffzellen und Wasser-
stoff benötigt, um emissionsfrei fahren zu können. Das wissen auch die Verantwortlichen bei Scand-
lines.
(Fortsetzung von Seite 4)
(Fortsetzung auf Seite 6)
Abb. 5 - Scandlines Fähre Coopenhagen bei Bau in der Werft in Munkebo;
Bild: de.wikipedia.org, Urheber: Claus Lillevang
Seite 6 38. Ausgabe • 15. März 2013
Bilder von wikipedia.org und stehen unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.
Alle Rechte an diesem Artikel liegen bei den benannten Quellen und Torsten Pörschke, Pirna.
Nutzung bzw. Veröffentlichung nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch die Autoren.
Anfragen bitte an: [email protected]
(Fortsetzung von Seite 5)
Abb. 6 - Fähre Prinsesse Benedikte vor Puttgarden;
Bild: de.wikipedia.org, Urheber: Zimaro
Abb. 7 - Scandlinesfärjan M/S Hamlet med slottet Kronborg i bakgrunden
Bild: sv.wikipedia.org, Urheber: Jsdo1980
Seite 7 38. Ausgabe • 15. März 2013
Null-Emissions-Containerschiff - Torsten Pörschke
Für den weltweit wachsenden Verkehr mit Containerschiffen muss eine zukunftsfähige Lösung gefun-
den werden. Die Ingenieure des Germanischen Lloyd stellten deshalb bereits im Jahr 2011 ein Kon-
zept für ein Feederschiff*1) mit einer Kapazität von 1.000 TEU (einschließlich 150 Kühlcontainer) der
Öffentlichkeit vor. Feederschiffe übernehmen die Verteilung der Seecontainer von den Containertermi-
nals z.B. in Rotterdam oder Hamburg hin zu kleineren Häfen. Für den Ost- und Nordseeverkehr spezi-
ell konstruiert, kann mit der Neukonstruktion eine 10-tägige Reise mit einer Geschwindigkeit von
15 Knoten bewältigen werden. Die Hafenliegezeiten werden durch komplett offene Ladeluken ge-
senkt. Als Hauptantrieb ist eine Brennstoffzellenanlage mit einer Leistung von 5 MW(el), unterteilt in
10 Einzelmodule mit je 500 kW(el), vorgesehen. Ein Batteriesystem mit einer Spitzenleistung von
3 MW ist ebenfalls mit an Bord, um das Hochfahren der Brennstoffzellen auf Maximalleistung zu un-
terstützen. Die Kraft wird über zwei elektrische Pod-Antriebe und ein Strahlruder (Manöver-/
Notantrieb) übertragen. Die Wasserstofftanks vom Typ C sind vorn und hinten im Schiffsrumpf unter-
gebracht und fassen 920 Kubikmeter LH2. Natürlich kennt der Germanische Lloyd die Probleme der
heute verkündeten Energiewende und rechnet mit Überschuss-Wasserstoff durch Offshore-Windkraft-
anlagen für den Betrieb der Schiffe.
*1) ‚Feederschiff‘ (engl.: to feed – füttern) sind für den Weitertransport und die Verteilung der Container in
die kleineren Häfen zuständig. Von Hamburg aus gehen viele Feeder durch den Nord-Ostseekanal in den
Ostseeraum.
Alle Rechte an diesem Artikel liegen bei den benannten Quellen und Torsten Pörschke, Pirna.
Nutzung bzw. Veröffentlichung nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch die Autoren.
Anfragen bitte an: [email protected]
Abb. 1 - Feederschiff Sirrah am Container-Terminal von Bremerhaven. Quelle: wikipedia.org, Autor: Garitzko
Seite 8 38. Ausgabe • 15. März 2013
Brennstoffzellen-Geräte von Viessmann - Manfred Richey
Wie einer Pressemeldung vom 17.10.2012 zu vernehmen war, hat die Viessmann Group einen Anteil
von 50 Prozent an Hexis übernommen. Die anderen 50 Prozent liegen nach wie vor bei einem schwei-
zerischen Investor, der den BZ-Hersteller Hexis Ende 2005 vor der Insolvenz gerettet hatte.
Hexis SOFC
Die SOFC (Feststoff-Oxid Brennstoffzellen) mit dem zugehörigen System sind mit vergleichsweise ge-
ringer Komplexität gebaut. Damit haben sie das Potenzial, hohe elektrische Wirkungsgrade bei lang-
fristig niedrigen Herstellkosten zu erreichen. Viessmann will diese Systeme gemeinsam mit Hexis für
den Einsatz im Gebäudebestand zur Marktreife bringen.
In den vergangenen Jahren hat Hexis sein Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungs-System für die Hausenergie-
versorgung auf SOFC- Basis bereits in mehr als einhundert Einheiten in Feldtests erprobt und opti-
miert. Dies geschah überwiegend im Rahmen des Callux-Programms.
Berichte über Hexis Galileo brachten wir in Heft Nr. 8 (16.06.2008), Heft Nr. 12 (16.02.2009) und
Heft Nr. 30 (15.01.2012). In Heft Nr. 12 (16.02.2009) berichteten wir auch über das Callux-Pro-
gramm. Sie finden alle Ausgaben unter http://biowasserstoff-magazin.richey-web.de/
(Fortsetzung auf Seite 9)
Abb. 1 - Hexis Galileo
Bild: Torsten Pörschke
Seite 9 38. Ausgabe • 15. März 2013
Kooperation Viessmann mit Panasonic
Bereits vor zehn Jahren hat Panasonic, ein weltweit führender Elektronik-Konzern, mit der Entwicklung
eines Mikro-KWK-Brennstoffzellensystems begonnen. Das System ist seit drei Jahren auf dem japani-
schen Markt erhältlich. Mit mehr als 18.000 verkauften Einheiten ist Panasonic Marktführer in die-
sem Sektor. Seit 2011 arbeiten Viessmann und Panasonic eng zusammen, um ein Mikro-KWK-
Brennstoffzellensystem für Ein- und Zweifamilienhäuser für den europäischen Markt zu entwickeln.
Viessmann konnte bereits Erfahrungen mit der Erzeugung von Strom und Wärme in Ein- und Zweifami-
lienhäusern mit seinem Mikro-KWK Vitotwin 300-W auf Stirling-Basis sammeln. Diese Geräte haben
zwar mit rund 95 Prozent einen guten Wirkungsgrad, erzeugen aber nur ca. 15 bis 25 Prozent Strom,
der Rest ist Wärme.
Die Kooperation von Viessmann mit Panasonic auf dem Gebiet der PEM-Brennstoffzellen (Polymer
Electrolyte Membran Brennstoffzellen) ist interessant und könnte zukunftsweisend sein, da diese
Brennstoffzellen aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften besonders für Einfamilienhäuser mit gerin-
gem Wärmebedarf geeignet sind. Viessmann und Panasonic führen derzeit Feldtests durch, die 2013
noch ausgeweitet werden sollen.
Fazit
Mit beiden Technologien, der Niedertemperatur-Brennstoffzelle von Panasonic und der Hochtempera-
tur-Brennstoffzelle von Hexis, sowie den eigenen Erfahrungen in der Brennstoffzellenentwicklung sieht
sich Viessmann im Bereich der stationären Strom- und Wärmeversorgung, aus der künftig starke Im-
pulse für den Heizungsmarkt erwartet werden, hervorragend positioniert.
Alle Rechte an diesem Artikel liegen bei den benannten Quellen und Manfred Richey, Nürtingen.
Nutzung bzw. Veröffentlichung nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch die Autoren.
Anfragen bitte an: [email protected]
(Fortsetzung von Seite 8)
Seite 10 38. Ausgabe • 15. März 2013
Dilemma und Bordnetz Boeing 787 - Torsten Pörschke
Ausgeträumt
Der „Dreamliner“ hat sich für Boeing zu einem Desaster entwickelt. Nach jahrelanger Verzögerung des
Beginns der Serienproduktion steht jetzt neuer Ärger ins Haus. Die neuen Lithium-Ionen-Batterien des
japanischen Herstellers GS Yuasa haben offenbar Konstruktionsschwächen und führen immer wieder
zu Zwischenfällen im Flugbetrieb. Im Moment ist ein Flugverbot für alle ausgelieferten Maschinen in
Kraft. Interessant ist die zu den Problemen führende entsprechende Vorgeschichte.
Bereits Ende 2006 wurde dem Flugzeughersteller klar, dass der in den Computern durchgerechnete
Entwurf um ca. 2,5 t schwerer sein würde und somit die gegenüber den Kunden versprochenen Leis-
tungsdaten nicht eingehalten werden können. Daraufhin mussten zusätzliche teure Entwicklungsar-
beiten in Angriff genommen und in größerem Umfang Bauelemente aus Titanlegierungen eingesetzt
werden. Dennoch konnte man die projektierten Werte nicht eingehalten. Für die Flugzeugversionen
kamen Ende 2009 folgende Zahlen für das maximale Abfluggewicht ans Licht der Öffentlichkeit:
787-3 mit 170.250 kg (plus 5.000 kg)
787-8 mit 227.900 kg (plus 8.400 kg)
787-9 mit 247.400 kg (plus 2.270 kg)
Mitte 2011 erhöhte sich die Masse der letztgenannten Version auf 251.000 kg (plus 5.800 kg). Im
Herbst 2011 war endgültig klar, dass der 787-8-Prototyp knapp 10 Tonnen zu schwer war. Aus die-
sem Grund mussten noch einmal alle Einsparmöglichkeiten auf den Prüfstand. Nach dem Bau der 6
Prototypen erfolgte die Auslieferung der 7. bis 19. Maschine an Kunden mit einem Übergewicht von
6,1 t. Während der Serienproduktion soll das Leergewicht des Flugzeugs kontinuierlich sinken. Das
Ziel wird wahrscheinlich erst mit der 90. Maschine erreicht. Das erste Exemplar der 787-9 bekommt
(Fortsetzung auf Seite 11)
Abb. 1 - Dreamliner Boeing 787. Bild: de.wikipedia.org, Urheber: Boeing_787-8_first-flight_tail.jpg: Dave
Sizer from Seattle, WA, USA, derivative work: Altair78 (talk)
Seite 11 38. Ausgabe • 15. März 2013
der Erstkunde Air New Zealand Anfang 2014, mithin 3 ½ Jahre später als geplant. Die Version 787-3
kommt erst gar nicht in die Luft, weil der Bedarf zu gering ist und die Luftfahrtunternehmen ihre Be-
stellungen zurückgezogen bzw. umgewandelt haben.
Der Einbau leichterer Batterien anstelle der herkömmlich verwendeten und bewährten Ni-Cd-Batterien
war somit von Beginn an ein Beitrag zur Senkung des Leergewichtes des Musters.
Um die Bedeutung dieser verhältnismäßig kleinen und leichten Elemente des Bordstromnetzes zu
verstehen, müssen wir uns mit der Gesamtarchitektur vertraut machen. Mit der Boeing 787 geht der
Hersteller zur neuartigen Konzeption des „more electrican aircraft“ über, d.h. wichtige Energieverbrau-
cher wie die Druckkabine (Wärme- und Druckversorgung) sowie Hydraulik- und Wassertanks werden
nicht mehr mit Druckluft betrieben, sondern direkt durch auf der Niederdruck-Turbinenwelle erzeugten
Strom. Die Triebwerke der Maschine verfügen über keine Zapfluftentnahme für diese Systeme. An
deren Stelle sind je Triebwerk zwei Starter/Generatoren getreten. Insgesamt steht dadurch nominal
1.000 kW(el) Erzeugerleistung zur Verfügung.
Nach der Umwandlungskette Gasturbine/Triebwerk-Getriebe-Generator können 918 kW in den Bus
für Wechselstrom mit 230 Volt eingespeist werden. Die Effektivität Tank – Bus beträgt 34 %. Der ge-
nerierte Wechselstrom variiert in seiner Frequenz zwischen 360 und 800 Hertz je nach Leistungsab-
gabe der Triebwerke in den unterschiedlichen Phasen des Fluges. Die Weiterverteilung des Stroms
erfolgt dann auch über drei weitere Bus-Systeme für 270 Volt Gleichstrom, 115 Volt Wechselstrom
und 28 Volt Gleichstrom. Mit den 230 Volt Wechselstrom der Generatoren werden nur das Entei-
(Fortsetzung von Seite 10)
(Fortsetzung auf Seite 12)
Abb. 2 - Bildquelle: en.wikipedia.org, File:Toothed_exhaust_duct_covers_on_a_Boeing_787.jpg
Urheber: Eric Prado
Seite 12 38. Ausgabe • 15. März 2013
sungssystem, die Bordküchen, die Kraftstoffpumpen und der vordere Frachtraum versorgt. Pro Flug-
stunde benötigt man dafür insgesamt 226 kg Kerosin. Die Elektrik ist dezentral in zwei kleineren Räu-
men verteilt. Die Verkabelung erreicht eine Länge von 113 Kilometern, gegenüber der Boeing 767
eine erhebliche Verkürzung.
Natürlich hat auch Boeing erkannt, dass die Brennstoffzelle ein effektiver Energieerzeuger ist. Daher
kursieren einige Studien zur Einrüstung von SOFC (Wirkungsgrad Umwandlung Kerosin – Strom dort
mit 65 % angegeben!) oder PEFC in das Bordnetz des Flugzeugs. Es wird z.B. in einer Untersuchung
von einer Einrüstung von 3 Brennstoffzellen ausgegangen, die zusammen eine Leistung von 821 kW
haben. Betriebsstoff dafür soll entschwefeltes Kerosin sein.
Den Bus für 230 Volt Wechselstrom will man durch ein Hauptbussystem für 270 Volt Gleichstrom er-
setzen. Die Abnehmer Enteisungssystem, Bordküchen, Kraftstoffpumpen und der vordere Frachtraum
könnten auf 270 Volt Gleichstrom ab Werk umgestellt werden. Dadurch lassen sich ca. 100 kW(el)
Leistung und 200 kg Gewicht durch nicht mehr benötigte Energieumwandler sparen. Von getanktem
Wasserstoff als Energieträger ist in dieser Studie keine Rede.
Andere Papiere vergleichen verschiedene Varianten zur Einrüstung kleinerer Brennstoffzellen, wie
folgt:
(Fortsetzung von Seite 11)
(Fortsetzung auf Seite 13)
Abb. 3 - Vereinfachte Prinzipdarstellung Bord-Stromversorgung / Bordnetz. Basis-Bild Boeing 787:
de.wikipedia.org, Urheber: Julien.scavini, Ergänzung Bordnetz/Beschriftung: Manfred Richey
Seite 13 38. Ausgabe • 15. März 2013
a) nur Bordküchen - 3 PEFC - 120 kW(el) - 60/20/40 kW(el)
b) nur Bordinformationssystem für die Kabine - 1 PEFC - 20 kW(el)
c) nur als Lastspitzen-Puffersystem - 2 PEFC - 150 kW(el) - 75/75 kW(el)
Auch der Ersatz der APU-Gasturbine bzw. die Bereitstellung von Trink- und Brauchwasser wird darin
erwogen. Ein konkreter Stufenplan zum Einsatz von Brennstoffzellen im Flugzeug scheint aber derzeit
nicht zu existieren. Für den "Dreamliner" wird konstantiert, dass bei vollständigem Ersatz der Energie-
erzeuger durch SOFC ein Mehrgewicht von ca. 2.800 kg beim Start zu berücksichtigen ist. Gleichzeitig
muss der Minderverbrauch im Flug dagegen gerechnet werden. Der wurde mit 120 kg pro Flugstunde
ermittelt.
Zur Bordelektrik der Boeing 787 gehören auch eine APU mit zwei Generatoren und einer Gesamtleis-
tung von 550 kW(el). Diese kleine Gasturbine im Heck der Boeing 787 erzeugt z.B. den Strom im Bo-
denbetrieb und zum Starten der Haupttriebwerke. Als Notstromversorgung im Flug steht auch eine
ausklappbare Staustrahlturbine mit einer Leistung von 10 kW(el) bereit. Zur Überbrückung von Span-
(Fortsetzung von Seite 12)
(Fortsetzung auf Seite 14)
Abb. 4 - Prinzip-Übersicht Bordnetz, Grafik: Manfred Richey
Seite 14 38. Ausgabe • 15. März 2013
nungsspitzen, zum Starten eines Haupttriebwerkes bzw. der APU-Gasturbine und als Sicherung bei
Totalausfall der Triebwerke befinden sich zwei Lithium-Ionen-Batterien (215 x 280 x 335 mm) von GS
Yuasa an Bord. Sie haben je ein Gewicht von 28,5 kg, eine Kapazität von 75 Ah und geben 29,6 Volt
Gleichstrom ab. Das zugehörige Ladegerät und die Ladeelektronik ist speziell für diesen Batterietyp
entwickelt und gefertigt worden. Die Batterien müssen ständig voll aufgeladen sein, um als Notfallsys-
tem einsatzbereit zu sein. Ein Umbau auf ein anderes System erfordert einen größeren Eingriff und
eine Neuzulassung durch die Luftaufsichtsbehörden. Das kann dauern.
Ein kleines Teil mit großer Wirkung! Verglichen mit der Gesamtgröße der Boeing 787 sind die Lithium-
Ionen-Batterien winzig. Und doch hat die Problematik der abgebrannten Batterien eine verheerende
Wirkung auf das gesamte System. Bereits während der Planung soll es warnenden Stimmen gegeben
haben, sowohl vom Konkurrenten Airbus als auch vom Autohersteller Tesla. Letzterer verwendet eben-
falls Lithium-Ionen-Batterien, allerdings mit anderem Aufbau und nicht so eng gepackt. Es wird vermu-
tet, dass durch den sehr kompakten Aufbau Überhitzungsprobleme im Inneren auftreten - ob das die
Ursache war, müssen die noch laufenden Untersuchungen ergeben.
Alle Rechte an diesem Artikel liegen bei den benannten Quellen und Torsten Pörschke, Pirna.
Nutzung bzw. Veröffentlichung nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch die Autoren.
Anfragen bitte an: [email protected]
(Fortsetzung von Seite 13)
Abb. 5 - Abgebrannt. Bildquelle: http://www.ntsb.gov - NTSB photos of the burned auxiliary power unit bat-
tery from a JAL Boeing 787 that caught fire on Jan. 7 at Boston's Logan International Airport. The dimensi-
ons of the battery are 19x13.2x10.2 inches and it weighs approximately 63 pounds (new).
Seite 15 38. Ausgabe • 15. März 2013
LNG-Fähre (Viking Line) - Torsten Pörschke
LNG im großen Maßstab
Mit der Ablieferung der kombinierten Auto-/Personenfähre VIKING GRACE an den Betreiber Viking Line
am 10. Januar 2011 durch die Werft STX Finland in Turku wird ein neues Kapitel des Fährverkehrs
auf der Ostsee aufgeschlagen. Die Inbetriebnahme erfolgt als eine Art Pilotprojekt zur Nutzung von
verflüssigtem Erdgas als Treibstoff für den Hauptantrieb. Noch nie wurde eine so große Auto-/
Personenfähre weltweit mit LNG als Kraftstoff in Dienst gestellt.
Bei einer Gesamtlänge von 218 m, einer Breite von 31,8 m sowie einem maximalen Tiefgang von
6,80 m misst sie 57.000 BRT. Insgesamt finden bis zu 2.890 Passagiere an Bord Platz. Für Fahrzeuge
stehen 1.275 + 550 + 550 Spurmeter (Deck 3 ,4 und 5) zur Verfügung. Die vier Wärtsilä-8L50DF-
Dual-Fuel-Motoren haben eine Leistung von je 7.600 kW. Als Kraftstoff dient ein Gemisch aus 99%
LNG und 1% Marinedieselöl. Das LNG wird in zwei 200 Kubikmeter (insgesamt ca. 160 t) fassende
Tanks bei minus 162 Grad Celsius und einem Druck von 5 bar mitgeführt. Die Höchstfahrt liegt bei
23,2 kn. Neben den beiden Festpropellern kommen zwei Bugstrahlruder mit je 2.300 kW und ein
Heckstrahlruder mit 1.500 kW Leistung zum Einsatz. Die Viking Line hat für das Schiff ca. 240 Mio.
Euro bezahlen müssen. Die Fähre ist im Dauerbetrieb eingesetzt. Mit einem Zwischenaufenthalt in
Mariehamn beträgt die Fahrzeit etwas über 12 Stunden für die einfache Strecke zwischen Stockholm
und der finnischen Hafenstadt Turku.
Die Bunkerung des LNG findet im Hafen von Stockholm durch ein spezielles Tankschiff statt. Die Be-
lieferung dieser LNG-Barge erfolgt durch große Straßentankwagen (Länge 25,25 m; Fassungsvermö-
gen 28 t LNG) vom neugebauten LNG-Terminal in Nynäshamn, 60 km südlich von Stockholm. Der dor-
tige LNG-Tank fasst 20.000 Kubikmeter, der durch größere LNG-Tankschiffe über die Ostsee versorgt
wird. Die Straßentankwagen übergeben das LNG im Stockholmer Stadtteil Loudden, von wo aus die
umgebaute ehemalige norwegische Autofähre zum Liegepunkt der Viking Grace in Stadsgarden fährt
und dort die Betankung von Schiff zu Schiff vornimmt.
Für einen Tagesverbrauch werden 60 Tonnen LNG benötigt, im Jahr sind das insgesamt 22.000 t. Zur
Übergabe steht ca. 1 Stunde zur Verfügung. Der Tank der LNG-Barge fasst 180 Kubikmeter (4,3 m
Durchmesser x 11,3 m Länge). Pro Minute können 3.000 Liter LNG umgepumpt werden. Die Type C –
Tanks an Bord der VIKING GRACE sind doppelwandig ausgeführt. Als Isolation dient ein mit Perlitkör-
nern gefülltes Vakuum. Die Tanks können Drücke von 9 bis 10 bar aushalten. Der Durchmesser vari-
iert zwischen 3,5 und 5,5 m.
Der Bau eines LNG-Terminals im Hafen von Pansio (Finnland) ist durch ein Konsortium Turku Hafen/
Gasum bis zum Jahr 2015 vorgesehen. Die Kosten sollen ca. 60 Mio. Euro betragen. Die Belieferung
von Schiffen im Hafen von Turku kann per Tankwagen, Tankschiff oder Pipeline erfolgen. Abschlie-
(Fortsetzung auf Seite 16)
Abb. 1 - Bildquelle: de.wikipedia.org, Urheber: Erätuli
Seite 16 38. Ausgabe • 15. März 2013
ßend ist darüber noch keine Entscheidung gefallen.
Der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für LNG in den Häfen der Welt ist eine große Investi-
tion, die auch entsprechende Zeit in Anspruch nimmt. Energetisch gesehen ist die Sache nicht sinn-
voll. Die VIKING GRACE hat einen diesel-elektrischen Antrieb, d.h. der Wirkungsgrad Tank – Schiffs-
schraube ist durch die Verbrennungsmotoren und Generatoren wesentlich schlechter als beim direk-
ten Einsatz von Brennstoffzellen für den Hauptantrieb (über 60 Prozent) über die installierten Elektro-
motoren. Deshalb ist Wasserstoff bei ähnlichem technischem und finanziellem Aufwand die logische
Weiterentwicklung der Idee, Schiffe mit verflüssigten energiehaltigen Gasen anzutreiben.
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(Fortsetzung von Seite 15)
Abb. 2 - MS Viking Grace mit LNG-Tanks an Bord.
Bildquelle: fi.wikipedia.org, Urheber: Markus Rantala/Commons/CC-BY-SA-3.0
Seite 17 38. Ausgabe • 15. März 2013
Helgoland - erstes deutsches Schiff mit LNG-Antriebssystem Torsten Pörschke (neu 15.05.2016)
Die Reederei Cassen Eils betreibt seit Dezember 2015 das erste in Deutschland gebaute Schiff mit
einem LNG-Antriebssystem. Die "Helgoland" ist ein kombiniertes Passagier-/Frachtschiff mit einer Län-
ge von 83,00 m, einer Breite von 12,80 m und einem maximalen Tiefgang von 3,60 m.
Als Hauptantrieb dienen zwei Verbrennungsmotoren des Typs Wärtsilä 9L20DF mit einer Gesamtleis-
tung von 5 MW. Die umkonstruierten Dieselmotoren verwenden Erdgas und Marinediesel (letzteres
als Zündöl - 1 bis 5 Prozent Anteil an der eingesetzten gesamten Energiemenge). Zusätzlich an Bord
sind drei Hilfsmotoren (umkonstruierte Ottomotoren) mit je 500 kW Nennleistung, die für die Bord-
stromversorgung zuständig sind. Die über Generatoren erzeugte elektrische Leistung der Haupt- und
Hilfsmotoren kann je nach Bedarf zum Antrieb und für das Bordnetz verwendet werden. Der 53 Kubik-
meter fassende Haupttank für verflüssigtes Erdgas befindet sich unter Deck im vorderen Teil des
Rumpfes. Entsprechende Sicherheitseinrichtungen für den Brandfall mussten dafür erst konstruiert
und hergestellt werden. Der Brennstoff wird nach Entnahme aus dem Tank verdampft und für die Ver-
brennung aufbereitet.
Das Schiff ist für 1.060 Passagiere zugelassen und verfügt über einen Laderaum im Vorderschiff, der
10 Containern Platz bietet. Die Fracht kann mit einem 10-t-Bordkran geladen werden. Die Betankung
der "Helgoland" erfolgt mittels Anlieferung von minus 162 Grad Celsius kaltem LNG aus Belgien oder
den Niederlanden per Schiff bzw. Tankfahrzeug. Das erste größere deutsche Schiff mit Antriebssyste-
men für LH2 ist mehr als überfällig. An der Nordseeküste gibt es genug überschüssigen Strom aus
Windkraftanlagen, den niemand sinnvoll nutzen kann. Worauf wartet die maritime Industrie dieses
Landes noch?
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Abb. 1 - Die Helgoland an der Fassmer-Pier; Bild: de.wikipedia.org,
Urheber Dr. Karl-Heinz Hochhaus
Seite 18 38. Ausgabe • 15. März 2013
Aktuelle Entwicklungen der Vergasungstechnologie in Freiberg Torsten Pörschke
Die Biomasse-Vergasungsanlage nach dem Carbo-V-Verfahren der Choren Industries GmbH sucht
noch einen neuen Eigentümer und Betreiber. Die Insolvenzverwaltung ist aber nach wie vor interes-
siert, Technik, Gebäude und Außenanlagen in einem sehr ordentlichen Zustand zu halten. Hier könnte
nach einer Modifikation mit einer Leistung von insgesamt 45 MW(th) grüner Wasserstoff in das Erd-
gasnetz eingespeist werden (siehe auch Biowasserstoff-Magazin Nr. 4)
(Fortsetzung auf Seite 19)
Abb. 1 - Choren
Bild: Torsten Pörschke
Abb. 2 - Choren
Bild: Torsten Pörschke
Seite 19 38. Ausgabe • 15. März 2013
Mit den Vergasungsanlagen zu Versuchszwecken für das SFGT-Verfahren gibt es in Freiberg weitere
Kapazitäten der Firma Siemens Fuel Gasification Technology Holding AG (siehe auch Biowasserstoff-
Magazin Nr. 5 und Nr. 9). Sie verfügen über eine Leistung von 3 MW(th) und 5 MW(th).
(Fortsetzung von Seite 18)
(Fortsetzung auf Seite 20)
Abb. 3
Bild: Torsten Pörschke
Abb. 4
Bild: Torsten Pörschke
Seite 20 38. Ausgabe • 15. März 2013
Auf dem Gelände der Bergakademie Freiberg steht seit dem Jahr 2003 eine Vergasungsanlage nach
dem HP-POX-Verfahren mit einer Leistung von 5 MW(th).
Darüber wurde bereits berichtet (Biowasserstoff-Magazin Nr. 8)
(Fortsetzung von Seite 19)
(Fortsetzung auf Seite 21)
Abb. 5 - Bild: Torsten Pörschke
Seite 21 38. Ausgabe • 15. März 2013
Derzeit befindet sich dort auch eine Vergasungsanlage nach dem BGL-Verfahren (British Gas Lurgi)
der Firma Envirotherm GmbH im Aufbau. Sie soll eine Leistung von 10 MW(th) haben und die Verga-
sung von Braunkohle und Biomasse erproben. Über die Technologie werden wir zu einem späteren
Zeitpunkt detaillierter berichten.
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(Fortsetzung von Seite 20)
Abb. 6 - Bild: Torsten Pörschke Abb. 7 - Bild: Torsten Pörschke
Impressum
Herausgeber/Verantwortlich
Manfred Richey
Im Wasserfall 2
D-72622 Nürtingen
Telefon: 07022 - 46210
http://www.biowasserstoff-magazin.de
Email: [email protected]
Namentlich gekennzeichnete Beiträge
stellen die Meinung des Autors dar.
Reform(er)-Stau
Wir bekommen immer wieder von interessierten Lesern und Mitstreitern Informationen über neue Technologien und
Geräte zugeschickt, über die wir uns freuen, weil es unsere Arbeit unterstützt. Ein Beispiel – wobei wir auf die Nennung
von Namen verzichten – soll hier näher betrachtet werden. Wir wollen solche Geräte nicht ‚zerreißen‘ oder ‚schlecht re-
den‘ bzw. ‚schlecht schreiben‘. Aber wir wollen zeigen, was möglich wäre, wenn – ja, wenn man wollte oder könnte.
Die technischen Daten des Mustergerätes, ein ‚Erdgasbetriebenes Mikrokraftwerk auf Brennstoffzellenbasis‘:
Anwendung: Stromerzeugung mit Wärmerückgewinnung, Einsatz in Wohngebäuden, Gewerbe, Hotels, Altenheime. Ganz-
jähriger Betrieb, 8.700 Stunden. Verwendet wird eine SOFC-Brennstoffzelle (Festoxid-Brennstoffzelle), der Wirkungsgrad
für Strom wird mit 60 %, der thermische Wirkungsgrad mit ‚bis zu 25 % (0,6 kW)‘ angegeben, Wärmerückgewinnung
erfolgt mittels Abgaswärmetauscher. Der Gesamtwirkungsgrad beträgt ‚bis zu 85 %‘. Gute Werte!
Brennstoff: Erdgas, Bioerdgas (Methan). Die gesamte elektrische Energie wird mit ca. 13.000 kWh(el) und die thermi-
sche Energie mit 5.220 kWh(th) pro Jahr angegeben. Das Gerät ist mit ca. 1,1 x 0,6 x 0,66 m (HxBxT) und 195 kg Ge-
wicht handlich, die Unterbringung dürfte keine Probleme machen. Der Lärmpegel hält sich mit < 47 dB (A) in guten Gren-
zen. Ein vollautomatischer Start-Stopp sowie Fernüberwachung / Steuerung über Internet sind ebenfalls vorhanden.
Der Anlagenpreis wird mit 29.750 Euro (inkl. 19 % MWSt.) angegeben.
Wo also liegt der Haken? Zu teuer? Das wohl auch, aber etwas anderes stört mich noch viel mehr: Die elektrische Modu-
lation wird mit 0,5 bis 2,0 kW angegeben. Modulation – laut Lexikon ‚Takt, Rhythmus‘ ist die Bandbreite, innerhalb der
das Gerät arbeitet. Die Mindestabgabe beträgt 0,5 kW und die maximale Abgabe liegt bei 2,0 kW. So weit, so gut. Oder
eben doch nicht gut. Denn die Modulationsgeschwindigkeit wird mit 37,5 W / min angegeben. Das bedeutet, für eine
Änderung der Stromerzeugung um den Wert von 37,5 Watt benötigt das Gerät eine Minute. Um die gesamte Bandbreite
von 0,5 kW bis 2,0 KW zu durchlaufen, benötigt das Gerät also 40 Minuten. Berechnung: 1.500 Watt (Differenzwert 0,5
bis 2,0 kW) : 37,5 Watt / min = 40 min.
Das bedeutet, die Anlage ist so träge, dass sie nur für eine möglichst konstante Grundlast verwendbar ist. Die Trägheit
dürfte von der Verwendung des Reformers verursacht werden – also ein ‚Reformerstau‘. Eine Brennstoffzelle benötigt
möglichst reinen Wasserstoff. Der Betrieb mit Erdgas oder Bioerdgas (Methan) erzwingt also die Vorschaltung eines Re-
formers, der daraus reinen Wasserstoff erzeugt. Und das macht solche Anlagen träge und ist das generelle Problem die-
ser Technologie, die bei Verwendung von Erdgas/Biogas einen Reformer benötigt.
Ganz anders sähe es aus, wenn man diese gute Brennstoffzelle direkt mit reinem Wasserstoff versorgen würde. Die Re-
gelzeiten (Modulation) dürften dann im Bereich von einigen Millisekunden (tausendstel Sekunden!) liegen. Dann könnte
man auch eine Brennstoffzelle mit etwas höherer Leistung – wie wäre es mit 5 kW(el)? – einsetzen und so den tatsächli-
chen Bedarf – einschließlich Spitzenwerte – abdecken. Überflüssiger Strom könnte ins Netz eingespeist oder auch in
Akkumulatoren gespeichert werden.
Doch reiner Wasserstoff ist ja derzeit noch nicht an den genannten Einsatzorten verfügbar. Und das wird wohl auch noch
viele Jahre so bleiben. Schließlich müssen die Verträge über die Erdgasabnahme aus Russland und anderen Ländern
eingehalten werden und die neue Pipeline – von Altbundeskanzler Schröder initiiert – muss sich amortisieren. Und dann
gibt es ja noch das Fracking, mit dem man neue Gasquellen erschließen kann. Warum also sich die Mühe machen, auf
Wasserstoff – dezentral erzeugt aus Biomasse (keine Lebensmittel) – umzustellen?
So zerstören wir also lieber weiter unseren Planeten. Macht ja nichts, vielleicht finden wir ja eines Jahres im weiten Welt-
all einen neuen, den wir dann besiedeln können, wenn unserer vollends zerstört ist.
Die Technologien für Wasserstoff sind vorhanden, wir könnten in wenigen Jahren voll auf (Bio-)Wasserstoff umstellen,
wenn wir das wollten. Aber hier gibt es einen Reformstau - bei der Politik und bei den Großkonzernen.
Nürtingen, im März 2013 - Manfred Richey
Seite 22
Wir müssen Druck machen - auf die Politiker und Großkonzerne. Damit (Bio-)Wasserstoff auf den Weg gebracht und nicht unser Planet weiter zerstört und unbewohnbar wird!
38. Ausgabe • 15. März 2013
Das Biowasserstoff-Magazin erscheint im Abstand von 1-3 Monaten
im PDF-Format und ausschließlich online. In den Monaten dazwischen
gibt es Aktualisierungen früherer Ausgaben. Zusätzlich gibt es The-
menhefte, die immer wieder ergänzt und/oder aktualisiert werden.
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sen und wollen die Idee des Bio-Wasserstoffs als neue umweltfreund-
liche Energie für alle verbreiten.
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