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Blickpunkt DONNERSTAG, 4. JULI 2013 SEITE 3 . . ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... . . ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Sieben Betriebe bilden Zusammenschluss, um die „geschützte geografische Angabe“ für ihre Wurst durchzusetzen / Land unterstützt die Aktivitäten mit 30 000 Euro GREIFSWALD Keine starke Majoran-Note wie die Thü- ringer: „Die Pommersche Le- berwurst hat eine kräftige Würzung, der Geschmack ist deftig, aber keines der Ge- würze dominiert“, sagt Wal- ter Kienast, Chef des Greifs- walder Wurstherstellers „Greifen-Fleisch“. Um die genaue Zusammensetzung seiner Pommerschen Wurst macht der Firmenchef aller- dings ein Geheimnis. Die Pommersche Leber- wurst oder Schlackwurst ist für Kienast ein Qualitätsbe- griff, der geschützt werden muss. „Die Pommersche ist bekannt wie Thüringer oder Schlesische Wurst.“ Doch bislang dürfe jeder sein Pro- dukt mit dem Etikett „Pom- mersche“ versehen, auch wenn die Wurst nicht aus der Region stamme. Sieben Flei- schereibetriebe aus Vorpom- mern wollen das ändern und haben sich zur Schutzge- meinschaft „Pommerscher Fleisch- und Wurstwaren“ zusammengeschlossen, um sich drei Wurstsorten als „geschützte geographische Angabe“ europaweit schüt- zen zu lassen. 2010 wurde der Antrag beim Deutschen Patentamt eingereicht. „Wir rechnen damit, dass 2014 die drei Wurstsorten geschützt sein könnten“, zeigt sich Ver- einschef Kienast optimis- tisch. Der angestrebte EU-Her- kunftsschutz attestiert den Herstellern, dass entweder Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung in der be- treffenden Region erfolgen. Durch Eintragung in ein von der Europäischen Kommissi- on geführtes Verzeichnis er- halten die Produkte einen markenähnlichen Schutz. Konkret geht es den Nord- ost-Fleischern um die Pom- mersche Leberwurst, die Pommersche Schlackwurst und die Pommersche Blut- wurst. „Mit der Markensicherung können Umsätze gesichert und erweitert werden“, sagt Kienast. Neben den mit dem Herkunftsschutz garantier- ten Qualitätsstandards sei die Sicherung von Arbeits- plätzen wichtig - allein in den sieben Betrieben in Loitz, Al- tentreptow, Pasewalk, Ank- lam, Heringsdorf und Groß Lüdershagen verdienen An- gaben der Schutzgemein- schaft zufolge rund 300 Mit- arbeiter ihre Brötchen mit der Wurst. Mögliche Konflikte mit der Firma Rügenwalder Mühle, Produzent der vielbeworbe- nen Pommerschen Gutsle- berwurst, wollen die Pom- mern im Vorfeld klären. „Rü- genwalder macht eine gute Wurst“, lobt Kienast den Klassenprimus. Das Unter- nehmen mit den markanten vier Windmühlenflügeln hat seinen Ursprung im hinter- pommerschen Rügenwalde, produziert seit 1946 in Nie- dersachsen und ist mit sei- nen rund 400 Mitarbeitern und dem Jahresumsatz von 174 Millionen Euro im Jahr 2012 größer als die sieben pommerschen Betriebe zu- sammen. Der niedersächsi- sche Wurstproduzent will sich mit Verweis auf das schwebende Verfahren nicht äußern. Man sei in Abstim- mung mit den beteiligten Un- ternehmen, sagte eine Spre- cherin von Rügenwalder Mühle. Den Anträgen der Vorpom- mern ging eine lange Vorbe- reitung voraus; begleitet wurde der Prozess von einem Patentanwalt, berichtet Dia- na Schmidt, Projektleiterin der Schutzgemeinschaft. Un- terstützung kam von den Kollegen aus Thüringen, de- ren Wurstprodukte auch dank des gesicherten Her- kunftsschutzes Kultstatus haben. Schmidt studierte alte Rezeptbücher, recherchierte in Bibliotheken und befragte alte Fleischerhandwerker. Dann wurden innerhalb der Schutzgemeinschaft Qualitätsstandards und Grundprämissen der Rezep- tur für die typisch Pommer- sche festgelegt. Für jede Sor- te verfasste die Schutzge- meinschaft einen separaten Antrag für das Patentamt. Hauptzutaten, -gewürze, das Herstellungsverfahren mussten dokumentiert wer- den. Zudem war ein Traditi- ons- und Gebietsnachweis erforderlich. Dann folgte ein langes Anhörungsverfahren, in dessen Zuge auch Fachver- bände befragt wurden. Die Schutzgemeinschaft und Agrarmarketing des Landes erhoffen sich neben Umsatzzuwächsen auch ei- nen großen Werbeeffekt für Mecklenburg-Vorpommern. Die bisher in Deutschland rund 50 geschützten Produk- te sind überregional bekann- te Spezialitäten. Das Land unterstützt die Aktivitäten mit 30 000 Euro. Die wirtschaftlichen Vor- teile nach einer Unterschutz- stellung seien erheblich, wie die Erfahrungen von Produ- zenten anderer geschützter Produkte zeigten, hieß es. Martina Rathke Frisch geräucherte Pommersche Schlackwürste gehören zu den Spezialitäten der Greifen-Fleisch GmbH Greifswald. FOTO: STEFAN SAUER . . ....................................................................................... HINTERGRUND Geschützte regionale Leckerbissen Nürnberger Rostbratwürste und Aachener Printen haben eines gemeinsam: Wie über 1000 andere kulinarische Köstlichkeiten der Europäischen Gemeinschaft sind sie geschützt. Viele weitere hoffen auf eine der drei Auszeichnungen, die von der EU-Kommis- sion verliehen wird. „Geschützte geografische Angabe“ (g. g. A.): Hier muss zumin- dest eine Verbindung zwischen der namensge- benden Region und einer der Produktions- stufen bestehen. Ob Aachener Printen, Kölsch oder Ammerländer Schinken – sie alle sind mit ihren Herkunftsbezeichnun- gen geschützt. Diese Originale werden nach traditionellen Rezepten hergestellt, die zum Teil mehrere Jahrhunderte alt sind und in der betreffenden Region entwickelt wurden. Hinzu kommt, dass Hersteller wie die Allgäuer Käsebauern oder die Nürnberger Lebku- chenbäcker über fachliches Know-how und handwerkliches Kön- nen verfügen, das vielfach von Generation zu Generation weiter- gegeben wurde. „Geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g. U.): Hier werden wie beim bayerischen Bier oder den Münchner Weißwürsten die Tradition und der Name der Originale bewahrt. Ein Beispiel ist Lübe- cker Marzipan, bei dem der Mandelanteil besonders hoch ist. Unabhängige Ein- richtungen prüfen regelmäßig, ob die Re- zeptur auch eingehalten wird. Daneben können auch klimatische oder geografi- sche Eigenarten der Region den Ge- schmack der Produkte prägen – wie beim Schwarzwälder Schinken. Die trockene Luft, verbun- den mit den klimatischen Verhältnissen im Schwarzwald, spielt bei der dreiwöchigen Schinkenreifung eine wichtige Rolle. „Garantiert traditionelle Spezialität“ (g. t. S.): Hier werden Pro- dukte nicht wegen ihrer engen Verbindung mit einer Region geschützt, sondern weil sie besondere Merkmale haben. Sie müssen entweder aus traditionellen Rohstoffen bestehen, eine traditionelle Zusammensetzung haben oder nach einer traditionellen Methode hergestellt oder verarbeitet werden. Wer sich über alle europäischen und deut- schen Köstlichkeiten informieren will, findet sie unter www.digh.org Das Regionalfenster: Knapp zwei Drittel der Deut- schen finden es wichtig, dass Lebensmittel aus einer bestimmten Region kommen. Für deutsche Produkte soll eine einheitliche Kennzeichnung mehr Klarheit bringen – erst einmal testweise. In einem „Regionalfens- ter“ auf der Packung können Kunden lesen, woher die wichtigsten Zutaten stammen und wo sie verarbeitet wurden. Dabei muss die Region kleiner als Deutschland sein – etwa ein Bundesland oder ein Landkreis. Möglich sind auch Umschrei- bungen wie„Eifel“ oder„100 Kilometer um Fulda“. Die erste Hauptzutat muss zu 100 Prozent aus der Region stammen. Zurzeit läuft eine Pilotphase in bundesweit 20 Test- märkten. Karsten Kilian ist Professor für Marketing an der Hoch- schule Würzburg. Christina Milbrandt sprach mit dem Experten über das Prozedere der Marken-Anmeldung und besonders kuriose Fälle. Warum dauert es Jahre, ein Produkt mit der „geschütz- ten geografischen Angabe“ zu versehen? Kilian: In diesem Fall tut sich die EU extrem schwer. Es wird sehr gründlich ge- prüft, viele der Anträge wer- den letztendlich auch abge- lehnt. Der Begriff „Geschütz- te geografische Angabe“ be- trifft eben Waren, die in ei- nem bestimmten begrenzten Gebiet hergestellt werden. Dabei geht es ja nicht um eine Firma. Es ist ein klassischer Sonderfall, in dem konkret um eine bestimmte Region gekämpft wird. Diese muss erst genau definiert werden. Es werden also in diesen Fäl- len immer Einzelprüfungen vorgenommen. Markenexperte Karsten Kilian über den Schutz von Produkten und besonders kuriose Fälle Als Markenexperte kennt Kars- ten Kilian auch kuriose Anmel- dungen. FOTO: KLAAS KRAMER spezielle Art von Lebensmit- teln und sind nicht an eine bestimmte Region gebun- den. Wie läuft es bei der klassi- schen Marke ab? Sobald Sie ein persönliches Interesse an einem Produkt haben, melden Sie es als Mar- ke an. Das geht vergleichs- weise schnell. Das Regionen Treviso und Vene- tien verwendet werden. Ge- tränke aus anderen Provin- zen verwenden seitdem die Bezeichnung „Secco“. Welche Produkte können überall hergestellt werden? Allgäuer Emmentaler oder Wiener Würstchen sind Beispiele. Dabei han- delt es sich um Gattungsna- men. Denn die- se Produkte ste- hen für eine Nicht wie bei der klassischen Marke. Welche konkreten Beispie- le gibt es dafür? Ein spezieller Fall ist die Ge- tränkemarke Prosecco. Seit Anfang 2010 darf die Be- zeichnung nur noch von Winzern aus den Provinzen der sind etwa 60 000 bis 70 000 Anmeldungen im Jahr in Deutschland. Generell steht hinter allen Anmeldungen dieser Art immer ein wirt- schaftliches Interesse. Welche Arten von Marken gibt es neben dem regiona- len Aspekt? In den meisten Fällen wer- den Wortmarken, Bildmar- ken oder Wort-Bild-Marken angemeldet. Es gibt auch Hörzeichen, die geschützt sind, wie zum Beispiel der Telekom-Jingle. Es gibt au- ßerdem auch Produkte, die dreidimensional geschützt sind. So ist zum Beispiel die Verpackung der Toblerone- Schokolade eine eingetrage- ne Marke für sich. Auch der I- Pod ist dreidimensional ge- schützt. Ein weiteres Beispiel sind Farben. Das Gelb der Post ist ebenfalls geschützt. Gibt es besonders kuriose Marken-Anmeldungen? Im Gedächtnis geblieben ist mir die Kampagne der Ge- tränkemarke „Underberg“. Die Firma hat sich die Blin- denschrift ihres Produktes als Tastmarke schützen las- sen. Das war schon recht ku- rios. Es wurde vor einiger Zeit auch einmal versucht, den Duft von frisch geschnit- tenem Gras EU-weit schüt- zen zu lassen. Wer macht die wahre Pommern-Wurst? Das Gelb gehört der Post

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Sieben Betriebe bilden Zusammenschluss, um die „geschützte geografische Angabe“ für ihre Wurst durchzusetzen / Land unterstützt die Aktivitäten mit 30 000 Euro

GREIFSWALD Keine starkeMajoran-Note wie die Thü-ringer: „Die Pommersche Le-berwurst hat eine kräftigeWürzung, der Geschmack istdeftig, aber keines der Ge-würze dominiert“, sagt Wal-ter Kienast, Chef des Greifs-walder Wurstherstellers„Greifen-Fleisch“. Um diegenaue Zusammensetzungseiner Pommerschen Wurstmacht der Firmenchef aller-dings ein Geheimnis.

Die Pommersche Leber-wurst oder Schlackwurst istfür Kienast ein Qualitätsbe-griff, der geschützt werdenmuss. „Die Pommersche istbekannt wie Thüringer oderSchlesische Wurst.“ Dochbislang dürfe jeder sein Pro-dukt mit dem Etikett „Pom-mersche“ versehen, auchwenn die Wurst nicht aus derRegion stamme. Sieben Flei-schereibetriebe aus Vorpom-mern wollen das ändern undhaben sich zur Schutzge-meinschaft „PommerscherFleisch- und Wurstwaren“zusammengeschlossen, umsich drei Wurstsorten als„geschützte geographischeAngabe“ europaweit schüt-zen zu lassen. 2010 wurdeder Antrag beim DeutschenPatentamt eingereicht. „Wirrechnen damit, dass 2014 diedrei Wurstsorten geschütztsein könnten“, zeigt sich Ver-einschef Kienast optimis-tisch.

Der angestrebte EU-Her-kunftsschutz attestiert denHerstellern, dass entwederErzeugung, Verarbeitungoder Herstellung in der be-treffenden Region erfolgen.Durch Eintragung in ein vonder Europäischen Kommissi-on geführtes Verzeichnis er-halten die Produkte einenmarkenähnlichen Schutz.

Konkret geht es den Nord-

ost-Fleischern um die Pom-mersche Leberwurst, diePommersche Schlackwurstund die Pommersche Blut-wurst.

„Mit der Markensicherungkönnen Umsätze gesichertund erweitert werden“, sagtKienast. Neben den mit demHerkunftsschutz garantier-ten Qualitätsstandards seidie Sicherung von Arbeits-plätzen wichtig - allein in densieben Betrieben in Loitz, Al-tentreptow, Pasewalk, Ank-lam, Heringsdorf und GroßLüdershagen verdienen An-gaben der Schutzgemein-schaft zufolge rund 300 Mit-arbeiter ihre Brötchen mitder Wurst.

Mögliche Konflikte mit derFirma Rügenwalder Mühle,Produzent der vielbeworbe-nen Pommerschen Gutsle-berwurst, wollen die Pom-mern im Vorfeld klären. „Rü-genwalder macht eine guteWurst“, lobt Kienast denKlassenprimus. Das Unter-nehmen mit den markantenvier Windmühlenflügeln hatseinen Ursprung im hinter-pommerschen Rügenwalde,produziert seit 1946 in Nie-dersachsen und ist mit sei-nen rund 400 Mitarbeiternund dem Jahresumsatz von174 Millionen Euro im Jahr2012 größer als die siebenpommerschen Betriebe zu-sammen. Der niedersächsi-sche Wurstproduzent willsich mit Verweis auf dasschwebende Verfahren nichtäußern. Man sei in Abstim-mung mit den beteiligten Un-ternehmen, sagte eine Spre-cherin von RügenwalderMühle.

Den Anträgen der Vorpom-mern ging eine lange Vorbe-reitung voraus; begleitetwurde der Prozess von einemPatentanwalt, berichtet Dia-

na Schmidt, Projektleiterinder Schutzgemeinschaft. Un-terstützung kam von denKollegen aus Thüringen, de-ren Wurstprodukte auchdank des gesicherten Her-kunftsschutzes Kultstatushaben. Schmidt studierte alteRezeptbücher, recherchiertein Bibliotheken und befragtealte Fleischerhandwerker.

Dann wurden innerhalbder SchutzgemeinschaftQualitätsstandards undGrundprämissen der Rezep-tur für die typisch Pommer-

sche festgelegt. Für jede Sor-te verfasste die Schutzge-meinschaft einen separatenAntrag für das Patentamt.Hauptzutaten, -gewürze, dasHerstellungsverfahrenmussten dokumentiert wer-den. Zudem war ein Traditi-ons- und Gebietsnachweiserforderlich. Dann folgte einlanges Anhörungsverfahren,in dessen Zuge auch Fachver-bände befragt wurden.

Die Schutzgemeinschaftund Agrarmarketing desLandes erhoffen sich neben

Umsatzzuwächsen auch ei-nen großen Werbeeffekt fürMecklenburg-Vorpommern.Die bisher in Deutschlandrund 50 geschützten Produk-te sind überregional bekann-te Spezialitäten. Das Landunterstützt die Aktivitätenmit 30 000 Euro.

Die wirtschaftlichen Vor-teile nach einer Unterschutz-stellung seien erheblich, wiedie Erfahrungen von Produ-zenten anderer geschützterProdukte zeigten, hieß es.

Martina Rathke

Frisch geräucherte Pommersche Schlackwürste gehören zu den Spezialitäten der Greifen-Fleisch GmbH Greifswald. FOTO: STEFAN SAUER

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HINTERGRUND

Geschützte regionale Leckerbissen

Nürnberger Rostbratwürste und Aachener Printen haben einesgemeinsam: Wie über 1000 andere kulinarische Köstlichkeitender Europäischen Gemeinschaft sind sie geschützt. Viele weiterehoffen auf eine der drei Auszeichnungen, die von der EU-Kommis-sion verliehen wird.

„Geschützte geografische Angabe“ (g. g. A.): Hier muss zumin-dest eine Verbindung zwischen der namensge-

benden Region und einer der Produktions-stufen bestehen. Ob Aachener Printen,Kölsch oder Ammerländer Schinken – siealle sind mit ihren Herkunftsbezeichnun-gen geschützt. Diese Originale werdennach traditionellen Rezepten hergestellt,

die zum Teil mehrere Jahrhunderte alt sindund in der betreffenden Region entwickelt

wurden. Hinzu kommt, dass Hersteller wie dieAllgäuer Käsebauern oder die Nürnberger Lebku-

chenbäcker über fachliches Know-how und handwerkliches Kön-nen verfügen, das vielfach von Generation zu Generation weiter-gegeben wurde.

„Geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g. U.): Hier werden wiebeim bayerischen Bier oder den Münchner

Weißwürsten die Tradition und der Name derOriginale bewahrt. Ein Beispiel ist Lübe-cker Marzipan, bei dem der Mandelanteilbesonders hoch ist. Unabhängige Ein-richtungen prüfen regelmäßig, ob die Re-zeptur auch eingehalten wird. Danebenkönnen auch klimatische oder geografi-

sche Eigenarten der Region den Ge-schmack der Produkte prägen – wie beim

SchwarzwälderSchinken.Die trockeneLuft, verbun-den mit den klimatischen Verhältnissen im Schwarzwald, spielt beider dreiwöchigen Schinkenreifung eine wichtige Rolle.

„Garantiert traditionelle Spezialität“ (g. t. S.): Hier werden Pro-dukte nicht wegen ihrer engen Verbindung mit einer

Region geschützt, sondern weil sie besondereMerkmale haben. Sie müssen entweder aus

traditionellen Rohstoffen bestehen, einetraditionelle Zusammensetzung habenoder nach einer traditionellen Methodehergestellt oder verarbeitet werden. Wer

sich über alle europäischen und deut-schenKöstlichkeiten informierenwill, findet

sie unter www.digh.org

Das Regionalfenster: Knapp zwei Drittel der Deut-schen finden es wichtig, dass Lebensmittel aus einer bestimmtenRegion kommen. Für deutsche Produkte soll eine einheitlicheKennzeichnungmehrKlarheitbringen–ersteinmal testweise. In einem „Regionalfens-ter“aufderPackungkönnenKunden lesen,woher die wichtigsten Zutaten stammenund wo sie verarbeitet wurden. Dabeimuss die Region kleiner als Deutschlandsein – etwa ein Bundesland oder einLandkreis. Möglich sind auch Umschrei-bungen wie„Eifel“ oder„100 Kilometer umFulda“. Die erste Hauptzutat muss zu 100Prozent aus der Region stammen. Zurzeitläuft eine Pilotphase inbundesweit 20 Test-märkten.

Karsten Kilian ist Professorfür Marketing an der Hoch-schule Würzburg. ChristinaMilbrandt sprach mit demExperten über das Prozedereder Marken-Anmeldung undbesonders kuriose Fälle.Warum dauert es Jahre, einProdukt mit der „geschütz-ten geografischen Angabe“zu versehen?Kilian: In diesem Fall tutsich die EU extrem schwer.Es wird sehr gründlich ge-prüft, viele der Anträge wer-den letztendlich auch abge-lehnt. Der Begriff „Geschütz-te geografische Angabe“ be-trifft eben Waren, die in ei-nem bestimmten begrenztenGebiet hergestellt werden.Dabei geht es ja nicht um eineFirma. Es ist ein klassischerSonderfall, in dem konkretum eine bestimmte Regiongekämpft wird. Diese musserst genau definiert werden.Es werden also in diesen Fäl-len immer Einzelprüfungenvorgenommen.

Markenexperte Karsten Kilian über den Schutz von Produkten und besonders kuriose Fälle

Als Markenexperte kennt Kars-ten Kilian auch kuriose Anmel-dungen. FOTO: KLAAS KRAMER

spezielle Art von Lebensmit-teln und sind nicht an einebestimmte Region gebun-den.Wie läuft es bei der klassi-schen Marke ab?Sobald Sie ein persönlichesInteresse an einem Produkthaben, melden Sie es als Mar-

ke an. Das geht vergleichs-weise schnell. Das

Regionen Treviso und Vene-tien verwendet werden. Ge-tränke aus anderen Provin-zen verwenden seitdem dieBezeichnung „Secco“.Welche Produkte könnenüberall hergestellt werden?Allgäuer Emmentaler oder

Wiener Würstchen sindBeispiele. Dabei han-

delt es sich umGattungsna-men. Denn die-se Produkte ste-hen für eine

Nicht wie bei der klassischenMarke.Welche konkreten Beispie-le gibt es dafür?Ein spezieller Fall ist die Ge-tränkemarke Prosecco. SeitAnfang 2010 darf die Be-zeichnung nur noch vonWinzern aus denProvinzen der

sind etwa 60 000 bis 70 000Anmeldungen im Jahr inDeutschland. Generell stehthinter allen Anmeldungendieser Art immer ein wirt-schaftliches Interesse.Welche Arten von Markengibt es neben dem regiona-len Aspekt?In den meisten Fällen wer-den Wortmarken, Bildmar-ken oder Wort-Bild-Markenangemeldet. Es gibt auchHörzeichen, die geschütztsind, wie zum Beispiel derTelekom-Jingle. Es gibt au-ßerdem auch Produkte, diedreidimensional geschütztsind. So ist zum Beispiel dieVerpackung der Toblerone-Schokolade eine eingetrage-ne Marke für sich. Auch der I-Pod ist dreidimensional ge-schützt. Ein weiteres Beispielsind Farben. Das Gelb derPost ist ebenfalls geschützt.Gibt es besonders kurioseMarken-Anmeldungen?Im Gedächtnis geblieben istmir die Kampagne der Ge-tränkemarke „Underberg“.Die Firma hat sich die Blin-denschrift ihres Produktesals Tastmarke schützen las-sen. Das war schon recht ku-rios. Es wurde vor einigerZeit auch einmal versucht,den Duft von frisch geschnit-tenem Gras EU-weit schüt-zen zu lassen.

Wer macht die wahre Pommern-Wurst?

Das Gelb gehört der Post