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668 t(LINISCHE WOCHENSCHRIFT. 17. JAHRGANG. Nr. 19 7. MAI 1938 Die MeBergebnisse bestXtigten zuallererst den Befund unse- rer frfiheren Mitteilung: das Strychnin setzt den ACh.-Gehalt des Nervengewebes herab. Des weiteren zeigte es sich, dab die Dial-Narkose in F~tllen, we die Strychninerregung aufgehoben war, auch der Herabsetzung des ACh.-Gehaltes vorbeugt. In Fgllen, we bet grogen Strychnindosen der Erregungszustand die Dial-Schranke durchbricht, findet eine Herabsetzung des ACh. start, analog wie bet den nichtnarkotisierten Tieren. Die ACh.-Werte des Nervensystems spiegeln also den pharmakologischen Antagonismus des Strychningiftes und der Dial-Narkose wider. Dies bedeutet einen Hinweis, dab auch bet physiologischen Erregungs- und Hemmungszustgnden das ACh. des zentralen Nervensystems mitbeteiligt set. Ohne auf die Frage der humoralen Reizfibertragnng im zentralen Nervengewebe einzugehen, glauben wit aus den be- stehenden Angaben bereits Anhaltspunkte fiir den Weg der Acetylcholingenese herauslesen zu k6nnen. Versuche yon STEDMAN und STEDMAN S, GAUTR:ELET und CORT]~GGIAN1 ~, yon LoEWI und Mitarbeiiern6 sprechen ein- deutig, trotz aller Divergenzen im einzelnen, daffir, dab im Nervengewebe ein ACh.-Prgkursor (Dep6t, Komplex, wasser- unl6sliche Zustandsform des ACh.) vorhanden ist, der bet seiner Zersetzung freies ACh. liefert. Dieser Pr~kursor wirkt selbst nicht auf den Blutegelmuskel, er sell nach LogwI resistent gegen Cholinesterase seth, er liefert bet t~ehandlung mit Alkohol, S~uren, Wgrme (75 % m6glicherweise auch bet enzymatischer Zersetzung freies ACh. Anderseits ergaben die Untersnchungen yon BROWN und FELDBERG an isolierten Sympathicusganglien 7 und die Ver- suche yon QU~STEL und IVfitarbeitern an fiberlebenden, atmen- den ZNS.-Schnitten seine ,,Synthese" yon ACh., die scheinbar grunds~tzlich sich in qualitativer und quantitativer Hinsicht yon der oben Ms Zersetzung des Pr~kursor gedeuteten ACh.- Genese unterscheidet. Die Ergebnisse der beiden Forschergruppen fiigen sich zu dem folgenden, wahrscheinlichen Bild der physiologischen ACh.-Genese, das hier mit allem Vorbehalt aufgezeichnet wet- den sell: lebendiges und atmendes Nervengewebe hat die F~higkeit, den ACh.-Prgkursor zu bilden. Bet der Nerven- erregung wird dieser Pr~kursor funktionell in Ansprueh ge- nommen, er liefert freies ACh. und wird dabei teilweise auf- gebraucht. Wit finden deshalb bet strychninvergifteten Tieren eine Herabsetzung des ACh.-Gehaltes, denn die Alko- holextrakte, die wit untersnchen, enthalten sowohl das freie, vorgebildete ACh. des ZNS., wie anch dasjenige ACh., welches das Extraktionsverfahren aus dem Pr~kursor ireigesetzt hat. Bet einem akut einsetzenden Erregungszustand, wie bet unseren Strychninversuehen, ist der Aufbrauch des Prgkursor er- giebiger als seine Regeneration. Bet der Dial-Narkose ist der Strychninaufbrauch des Prgkursor v611ig oder teilweise auf- gehoben. Eine Beteiligung der Cholinesterase scheint bet diesen Vorggngen insofern ausgeschlossen zu seth, als das Strychnin nach AMMON nur eine schwache hemmende Wir- kung in hohen l~onzentrationen auf die Cholinesterase aus- fibt" und desgleichen nach unserer Erfahrung die Dial-Narkose die Aktivitgt dieses Fermentes nicht beeinflu~3t. Es drgngt sich nun die Frage auf, ob bet chronisch ein- geleiteten Erregungszustgnden der l%generationsvorgang des Prgkursor seinen Aufbrauch nicht hyperkompensieren k6nnte ? In diesem Falle mfiBte das Stedmansche Verfahren eine Er- h6hung des ACh.-Gehaltes im ZNS. aufweisen. Wir herren, dutch derartige Versuche eine ErMgrung ffir die fr/dher mit- geteilte ErhShung des ACh.-Gehaltes bei Kaninchen nach Tetanus_Toxinvergiftungl, sowie ffir den Ausfall der Versuche Lo~wls an Strychnin~r6schen ~~ zu linden. Literatur: ~ J. ~FEGLER H. KOWARZYK U. Z. LELUsz-LACHO- wlez, Klin. Wschr, 1938, 24o. -- 2 H. KREITMAIR, Arch. f. exper. Path. x87, 607 (1937) (daselbst Literatur). -- ~ E. STEDMAN U. E. STEDMAN,13iochemic. J. 3 x, 817 (1937). -- ~ W. R. WITANOWSIr Pfifigers Arch. 208, 694 (1925) -- O. LoEwI, Naturwiss. 25, 461 (1937) ~ Pflfigers Arch. 239, 43~ (1937). -- ~ E. CORTEGGIANI, J, GAUTRtgLET, A. KASWIN 11. C. MENTZER, C. r. See. Biol. Paris 12S, 667 (1936) -- E. CORTEGGIANI, C. r. Soc. Biol. Paris 124, 1197; 125, 944, 949 (1937) - - E. CORXEGGXANI, A. CARAYoN-GENTIL, J. GAUTRELET U. A. KASWlN, C. r. Soc. Bid. Paris 125, 945 (1937). -- O. LoEwi u. Mitarbeiter, Pflflgers Arch. 239, 43~ (I937)- -- v G. L. BRAUN U. W. FELDBERG, J. Of Physiol. 88, 265 (1937). -- s j . H . QUASTEL, N. TENNENBAUM LI. A . H . M . WHEATLEY, Bio- chemic. J. 3o, 1668 (1936). - ~ tZ. AMMON, Erg. Enzymforseh. 4, lO8 (1935). -- 10 O. LoEwI, Naturwiss. 25, 526 (1937). BLUTDRUCK- UND BLUTZUCKERSTUDIEN AN HYPOPHYSENTRANSPLANTIERTEN KANINCHEN* Won ESKIL I(YLIN, und ANDRAS VON KORAXYI, Direktor dee KHnlk. Dozent aa der Medlzinischen Universitats- K1/nik zu Szeged. Aus der Medizinischen Klinik zu JSnkoping (Schweden). Vet etwa 15 Jahren hat KYLIN darauI hingewiesen, dab bet einer gewissen Gruppe yon Kranken mit Hypertonie hgufig Blutzuckersteigerung und Glykosurie vorkommen. Bereits 192I sprach KYLIN die Vermutung aus, dab bet diesen Kranken wahrscheinlich die gleiche inkretorische StSrnng sowohl Glykosurie wie auch Blutdrucksteigerung vernrsacht. Im Jahre 1923 folgerte KYLIN aus Minischen Beobachtungen die Notwendigkeit einer Abgrenzung der rein pankreatogenen Zuckerkrankheit yon der erwghnten Form yon Znckerkrankheit, der tIyperton4e-Diabetes-Krankheit. Diese wird durch eine paradoxe AdrenMinblutdruckkurve, eine flache Adrenalinblutzuckerknrve, eine unternormale In- snlinblutzuckersenknng (Insulinresistenz) und eine abnorm starke postalimentgre Senkung tier Blutzuckerkurve nach peroraler Zuckerbelastung gekennzeichnet. Einige Jahre spgter konnten HoussEY und Mitarbeiter sowie LUCKE und Nitarbeiter feststellen, dab in der Hypo- physe ein Hormon gebildet wird, das eine dem Insulin ent- gegengesetzte Wirkung hat, Dieses Hypophysenhormon ver- nrsaeht eine Steigerung des Blutzuckers (kontrainsulgres Her- mort nach LUCKE). Da es schon seit langer Zeit bekannt war, dab die Hypo- physe ein blutdrucksteigerndes ttormon absondert, velmutete I~2YLIN, dab die Hypertonie-Diabetes-t~rankheit dureh eine hypophysgre Uber/unktion verursacht wgre. Bet Fortsetzung der Untersuchungen fiber die ~tiologie der Blutdrucksteigerung, und zwar besonders der Krankheits- form Hypertonie-Diabetes, lenkte KYLIN seine Aufmerksam- keit ant die hypophys~re Unter/unktion. Er stellfe fest, dab die klinische Symptomatologie dieser beiden Krankheiten einen vollst~ndigen Gegensatz darstellt. Dies Verhalten geht aUS folgender Zusammenstellung hervor. I Essentielle Hypertonie: Hoher Blutdruck, Hyperglyk~mie, Hyperurikgmie, Hypocalcgmie, Hypernatrium~mie, erh6hter Grundumsatz, abgeflachte Adrenalin - Blnt- zuckerkurve, herabgesetzte Insulinempfind- lichkeit ~berempfindlichkeit f/dr W~rme, Neigung zu Darmspasmus, abnorm kri~itige Blutdruck- steigernng nach Muskelan- strengung, psychische Leistungssteige- rung. Simmondssche Krankheit : Niedriger Blutdruck, Hypoglykgmie, Hypourikgmie, Hypercalc~mie, Hyponatriumgmie verminderter Grundumsatz, fibernormal gesteigerte Adre- nalin-Blutzuckerknrve, /dbernormale Insulinempfind- lichkeit, unternormale K6rpertempera- fur mi/c abnorm groBem W~irmebedfirfnis, Neigung zu Darmatonie, Blutdrncksenkung nach ge- ringer Muskelanstrengung, psychische Leistungsunf~hig- keit. Da die eine dieser Igrankheiten, die Simmondsche Krank- heit, durch eine Unterfunktion der ttypophyse verursacht * Nach einem Vortrag an dem Kongresse der nordwestdentschen Vereimgung flit innere Medlzin Januar 1938.

Blutdruck- und Blutzuckerstudien an Hypophysentransplantierten Kaninchen

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Page 1: Blutdruck- und Blutzuckerstudien an Hypophysentransplantierten Kaninchen

668 t ( L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17. J A H R G A N G . Nr. 19 7. MAI 1938

Die MeBergebnisse bestXtigten zuallererst den Befund unse- rer frfiheren Mitteilung: das Strychnin setzt den ACh.-Gehalt des Nervengewebes herab. Des weiteren zeigte es sich, dab die Dial-Narkose in F~tllen, we die Strychninerregung aufgehoben war, auch der Herabsetzung des ACh.-Gehaltes vorbeugt. In Fgllen, we bet grogen Strychnindosen der Erregungszustand die Dial-Schranke durchbricht, findet eine Herabsetzung des ACh. start, analog wie bet den nichtnarkotisierten Tieren.

Die ACh.-Werte des Nervensystems spiegeln also den pharmakologischen Antagonismus des Strychningiftes und der Dial-Narkose wider. Dies bedeutet einen Hinweis, dab auch bet physiologischen Erregungs- und Hemmungszustgnden das ACh. des zentralen Nervensystems mitbeteiligt set.

Ohne auf die Frage der humoralen Reizfibertragnng im zentralen Nervengewebe einzugehen, glauben wit aus den be- stehenden Angaben bereits Anhaltspunkte fiir den Weg der Acetylcholingenese herauslesen zu k6nnen.

Versuche yon STEDMAN u n d STEDMAN S, GAUTR:ELET und CORT]~GGIAN1 ~, yon LoEWI und Mitarbeiiern 6 sprechen ein- deutig, trotz aller Divergenzen im einzelnen, daffir, dab im Nervengewebe ein ACh.-Prgkursor (Dep6t, Komplex, wasser- unl6sliche Zustandsform des ACh.) vorhanden ist, der bet seiner Zersetzung freies ACh. liefert. Dieser Pr~kursor wirkt selbst nicht auf den Blutegelmuskel, er sell nach LogwI resistent gegen Cholinesterase seth, er liefert bet t~ehandlung mit Alkohol, S~uren, Wgrme (75 % m6glicherweise auch bet enzymatischer Zersetzung freies ACh.

Anderseits ergaben die Untersnchungen yon BROWN und FELDBERG an isolierten Sympathicusganglien 7 und die Ver- suche yon QU~STEL und IVfitarbeitern an fiberlebenden, atmen- den ZNS.-Schnitten seine ,,Synthese" yon ACh., die scheinbar grunds~tzlich sich in qualitativer und quanti tat iver Hinsicht yon der oben Ms Zersetzung des Pr~kursor gedeuteten ACh.- Genese unterscheidet.

Die Ergebnisse der beiden Forschergruppen fiigen sich zu dem folgenden, wahrscheinlichen Bild der physiologischen ACh.-Genese, das hier mit allem Vorbehalt aufgezeichnet wet- den sell: lebendiges und atmendes Nervengewebe hat die F~higkeit, den ACh.-Prgkursor zu bilden. Bet der Nerven- erregung wird dieser Pr~kursor funktionell in Ansprueh ge- nommen, er liefert freies ACh. und wird dabei teilweise auf- gebraucht. Wit finden deshalb bet strychninvergifteten Tieren eine Herabsetzung des ACh.-Gehaltes, denn die Alko- holextrakte, die wit untersnchen, enthalten sowohl das freie, vorgebildete ACh. des ZNS., wie anch dasjenige ACh., welches das Extraktionsverfahren aus dem Pr~kursor ireigesetzt hat. Bet einem akut einsetzenden Erregungszustand, wie bet unseren Strychninversuehen, ist der Aufbrauch des Prgkursor er- giebiger als seine Regeneration. Bet der Dial-Narkose ist der Strychninaufbrauch des Prgkursor v611ig oder teilweise auf- gehoben. Eine Beteiligung der Cholinesterase scheint bet diesen Vorggngen insofern ausgeschlossen zu seth, als das Strychnin nach AMMON nur eine schwache hemmende Wir- kung in hohen l~onzentrationen auf die Cholinesterase aus- fibt" und desgleichen nach unserer Erfahrung die Dial-Narkose die Aktivitgt dieses Fermentes nicht beeinflu~3t.

Es drgngt sich nun die Frage auf, ob bet chronisch ein- geleiteten Erregungszustgnden der l%generationsvorgang des Prgkursor seinen Aufbrauch nicht hyperkompensieren k6nnte ? In diesem Falle mfiBte das Stedmansche Verfahren eine Er- h6hung des ACh.-Gehaltes im ZNS. aufweisen. Wir herren, dutch derartige Versuche eine ErMgrung ffir die fr/dher mit- geteilte ErhShung des ACh.-Gehaltes bei Kaninchen nach Tetanus_Toxinvergiftungl, sowie ffir den Ausfall der Versuche Lo~wls an Strychnin~r6schen ~~ zu linden.

L i t e r a t u r : ~ J. ~FEGLER H . KOWARZYK U. Z. LELUsz-LACHO- wlez, Klin. Wschr, 1938, 24o. -- 2 H. KREITMAIR, Arch. f. exper. Path. x87, 607 (1937) (daselbst Literatur). -- ~ E. STEDMAN U. E. STEDMAN, 13iochemic. J. 3 x, 817 (1937). -- ~ W. R. WITANOWSIr Pfifigers Arch. 208, 694 (1925) -- O. LoEwI, Naturwiss. 25, 461 (1937) ~ Pflfigers Arch. 239, 43 ~ (1937). -- ~ E. CORTEGGIANI, J , GAUTRtgLET, A . KASWIN 11. C. MENTZER, C. r . See . B i o l . P a r i s 12 S, 667 (1936) -- E. CORTEGGIANI, C. r. Soc. Biol. Paris 124, 1197; 125, 944, 949 (1937) -- E. CORXEGGXANI, A. CARAYoN-GENTIL, J. GAUTRELET U. A. KASWlN, C. r. Soc. Bid. Paris 125, 945 (1937). --

O. LoEwi u. Mitarbeiter, Pflflgers Arch. 239, 43 ~ (I937)- -- v G. L. BRAUN U. W. FELDBERG, J . Of Physiol. 88, 265 (1937). -- s j . H . QUASTEL, N. TENNENBAUM LI. A.H.M. WHEATLEY, Bio- chemic. J. 3 o, 1668 (1936). - ~ tZ. AMMON, Erg. Enzymforseh. 4, lO8 (1935). -- 10 O. LoEwI, Naturwiss. 25, 526 (1937).

BLUTDRUCK- UND BLUTZUCKERSTUDIEN AN HYPOPHYSENTRANSPLANTIERTEN

KANINCHEN* W o n

ESKIL I(YLIN, u n d ANDRAS VON KORAXYI, Direktor dee KHnlk. Dozent aa der Medlzinischen Universitats-

K1/nik zu Szeged. Aus der Medizinischen Klinik zu JSnkoping (Schweden).

Vet etwa 15 Jahren hat KYLIN darauI hingewiesen, dab bet einer gewissen Gruppe yon Kranken mit Hypertonie hgufig Blutzuckersteigerung und Glykosurie vorkommen. Bereits 192I sprach KYLIN die Vermutung aus, dab bet diesen Kranken wahrscheinlich die gleiche inkretorische StSrnng sowohl Glykosurie wie auch Blutdrucksteigerung vernrsacht. Im Jahre 1923 folgerte KYLIN aus Minischen Beobachtungen die Notwendigkeit einer Abgrenzung der rein pankreatogenen Zuckerkrankheit yon der erwghnten Form yon Znckerkrankheit, der tIyperton4e-Diabetes-Krankheit. Diese wird durch eine paradoxe AdrenMinblutdruckkurve, eine flache Adrenalinblutzuckerknrve, eine unternormale In- snlinblutzuckersenknng (Insulinresistenz) und eine abnorm starke postalimentgre Senkung tier Blutzuckerkurve nach peroraler Zuckerbelastung gekennzeichnet.

Einige Jahre spgter konnten HoussEY und Mitarbeiter sowie LUCKE und Nitarbeiter feststellen, dab in der Hypo- physe ein Hormon gebildet wird, das eine dem Insulin ent- gegengesetzte Wirkung hat, Dieses Hypophysenhormon ver- nrsaeht eine Steigerung des Blutzuckers (kontrainsulgres Her- mort nach LUCKE).

Da es schon seit langer Zeit bekannt war, dab die Hypo- physe ein blutdrucksteigerndes t tormon absondert, velmutete I~2YLIN, dab die Hypertonie-Diabetes-t~rankheit dureh eine hypophysgre Uber/unktion verursacht wgre.

Bet Fortsetzung der Untersuchungen fiber die ~tiologie der Blutdrucksteigerung, und zwar besonders der Krankheits- form Hypertonie-Diabetes, lenkte KYLIN seine Aufmerksam- keit ant die hypophys~re Unter/unktion. Er stellfe fest, dab die klinische Symptomatologie dieser beiden Krankheiten einen vollst~ndigen Gegensatz darstellt. Dies Verhalten geht aUS folgender Zusammenstellung hervor.

I Essentielle Hypertonie: Hoher Blutdruck, Hyperglyk~mie, Hyperurikgmie, Hypocalcgmie, Hypernatrium~mie, erh6hter Grundumsatz, abgeflachte Adrenalin - Blnt-

zuckerkurve, herabgesetzte Insulinempfind-

lichkeit ~berempfindlichkeit f/dr

W~rme,

Neigung zu Darmspasmus, abnorm kri~itige Blutdruck-

steigernng nach Muskelan- strengung,

psychische Leistungssteige- rung.

Simmondssche Krankheit : Niedriger Blutdruck, Hypoglykgmie, Hypourikgmie, Hypercalc~mie, Hyponatriumgmie verminderter Grundumsatz, fibernormal gesteigerte Adre-

nalin-Blutzuckerknrve, /dbernormale Insulinempfind-

lichkeit, unternormale K6rpertempera-

fur mi/c abnorm groBem W~irmebedfirfnis,

Neigung zu Darmatonie, Blutdrncksenkung nach ge-

ringer Muskelanstrengung,

psychische Leistungsunf~hig- keit.

Da die eine dieser Igrankheiten, die Simmondsche Krank- heit, durch eine Unterfunktion der ttypophyse verursacht

* Nach einem Vortrag an dem Kongresse der nordwestdentschen Vereimgung flit innere Medlzin Januar 1938.

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K L t N I S C H E W O C H E N S C H

wird, w~rde die schon erw~'hnte Vermui~ang, dab die Hyper- r auf eine ~ber Iunk t ion der t typo- physe IuBte, weiterhin erh~rtet , Um diese Auffassung noch besser zu begrfinden, versuchte NYLON die Sekretion einiger Hypophy~enhormone bet der essentiellen Hyper toniekrank- hei t auszuti tr ieren. E r stellte fest, dab die Ausscheidung yon Prolan mi t dem H a m bet Hyper tonikern des essendelIen Typus deutIich grbBer war als bet gleichattrigen Nichthyper- • Neuerdings h a t DICkeR aus Briisset diesen Befund b e s ~ t i g t , iKYL!N und I~J:ELLIN stallten weiter test, dab bet diaser Krankhe i t der ProtangehMt der Riiekenmarksflfissig- kei t grbBer ist Ms der Norm entspricht. Waiter konnten KYLIN, KJELLIN und Kn~STnNSON feststellen, dab bet diesen Hochdrucklern im Liquor ein blutzuckersteigernder Stoff in f ibernormaler Menge vorkommt, I~YLIN deutete diesen Stoff Ms alas Lnckasche kontrainsul~re Hormon, das L v c g n auch im Liquor bet Akromegalen in i ibernormaler Menge land.

Auch andere Autoren konntan eine ~'berseka-etion yon Hypophysenhormon bet den sog. assentietlen Hochdrucklern feststallen. So land JORES eine I~bersekretion des aortico- t ropen und F~IcK des adrenotropen Hypophysenhormons. Auch die Untersuchungen yon \u fiber die er bet der Tagung in Rostock im Jnni z937 berichtete, spreahen Ifir eine Hypophyseni iberfunkt ion bet diesem Typus der sog. essentielten Hypertonie . WESTP}IAL land im Blu• dieser Hochdruckler einen blutdruelcsteigernden Stoff, der, I<anin- chen injiziert , eine langanhaltende Blutdruekstaigerung her- vorzurufen imstande war. Hoahinteressant is~ der 13efund ~VEST~HALS, dab er bet Kaninchen, die lange mi t solchen Injek~ionen behandel t wurden, eine Nebennierenrindenh}~er- t rophie feststellen konnte. Dieser Befund erh/irtet den er- wghnten Befund Jog~s, dab eine l~bersekredon des cortico- t ropen Hormons bet der essentiellen Hyper tonie vorkommt.

\ u haben also eine Reihe yon Tatsachen aufgezXhlt, die Mle fi~r die Vermutung K ~ I N S spreehen, dab die Hypertonie- Diabetes-Kranl&eit auf einer {J~berJunktion der Hypophyse beruht.

W~hrand der letzten Jahre ist eine neue Therapie der Krankhai tan mi t Hypophysenunterfunkt ion ausgearbeite~ worden, und ~var die Hypophysent ransplanta t ion . Diese Behandlung ist bet Krankhai ten mi t I-Iypophysennnterfunk- t ion allen anderen t3ehandlungsmethoden fiberlegen. Sie gibt z, ]3, bet tier sp~tpubert~ren 3gagersnaht (KYLIN) sehr gate Ergebnisse.

W'ie KYLIN dutch Untersuchungen an Kaninchen fest- stellen konnte, bleiben implant ier te Hypophysentei lchen recht lange Iunktionsffihig. Er Iand noch 3 Monate nach der Im- planta t ion lebende Hypophysenzel len in dem Implan ta t .

Wit stellen Jest: I. Eine Reihe Tatsachen sprechen ffir die Richtigkei t der Vermutung KYLINS, dab die sog. Hyper- • durch eine ~ber funkt ion dar Hypo- physe verursacht ist. 2. Durah Hypophysent ransplanta t ion kann eine langdauernde Hypophysenwirkung erzielt werden.

Unsere heutigen Untersuchungen betrafen die Frage, ob man an Kaninchen durch Hypophysent ransplanta t ion eine Krankhei t hervorrufen kbnne, die der t Iypertonie-Diabetes- Krankhei t an Menschen ~ihnliah ist. 3/iit diesem Ziel warden 8 Kaninchen je eine lebende Kalbshypophyse intraperi toneat t ransplant ier t . Die Transplantat ionsteehnik war die gteiche, die NYLON friiher besahrieben hat .

Der B lu td rack ~ a r d e v o r u n d naah der Transplanta t ion tagtieh gemessen, nnd zwar an einem Ohr naeh der yon KORA~'~ frfiher beschriebenen NIethode. Der ~ lu tzucker wurde bei ni ichternem Magen jede Vr einmat best immt. Leider sind die Kurven des Blutzuckers, die eine Zeit yon un- gef/ihr 7 Monaten umfassen, so undeutl ich geworden, dab man sie nicht gut ablesen kann. Die 4 obersten t<urven beziehen sieh auf Tiere, die t ransplant ie r t sind. Die Trans- p lanta t ion gesehah bei der ersten vert ikalen Linie. Zwisehen den vert ikaIen Linien l iegt eine Zeit yon je I Monat. Das 5. Tier is t eha Kontrolt t ier . Die letzten 4 Tiere sind zu- erst kasfrier~ worden und dann bet der ersten verfikMen Linie t ransp tan t ie r t worden. Die angezogenen horizonfalan Linien bedeuten 131utdruck ( - - ) die unterbrochenen Linien ( . . . . ) Blutzucker. Ein Tier (Nr. 7) ist eingegangen.

R I F T . z7. J A H R G A N G . Nr . I9 669

An diesen Knrven sehen wir, dab nach der Transplanta t ion der Blu tdrnek sogleich dentl ich ansteigt. Einige Tage sparer s inkt der Bln tdruek wieder ab, wenn auch nicht auf normaIe Werte. Wiihrend der ngchsten Wochen ist der Blu tdruek wieder hbher nnd zeigt ungefghr 4 %Vochen nach ~ : , ...............

oo r %u yon fiber ioo m m ~ Hg. Vr der n~ch-

Blutdrnekwieder ab. Nor- N n ~ i ' [ ! ~ t malwerte werden nicht ~ . J ~ i t l l l ~it Ilti I II,~. erreieht, aber einesichere ~ ' ~ ! 1 1 1 1 1 Iil giil I IIi/ll 2 Blutdrucksteigerung liegt nicht mehr vor. W~hrend der n~chsten 2'/~ Monate schwankt der Blu tdruck zwischen ungef~hr 7 ~ his 85 mm Hg, f~ngt dann wieder an zu steigen. Wghrend dem 6. Monat nach der Transplantat ion steigt der Blntdruek immer mehr und erreicht in dem 7. Monaf wieder ~Verte von tiber IOO mm Hg. Nachdem diese Kur- yen fertiggestellt worden waren, is t der Blu tdruek noch wetter nnd zwar zu- sarmnen 9 Monate gestie- gem Der hbehste festge- stellte Wef t war zI5 mm Hg, was fiir Kaainahen, die einen normalen Blut- d rack yon ungef~hr 65 his 75 mm haben, eine hoeh- gradige Blutdrucksteige- rung bedeutat . Er ent- spricht fiir den Menschen ungef~hr 22o m m Hg.

Zu bemerken is• dab das Kontrolkiar , das in der Abbildung als Nr, 5 steht, immer einen Blut- d ruck zwischen ungef~hr 6o--75 m Hg gehabt hat .

Auch der Blutzucker steigt bet den hypo-

physentransplanf ier ten Tieren. ]3ai dem Kon- t rol l t ier tag der Blut- zucker kons tant zwischen 8O--lOO rag%. Bei den hypophysentransplant iar- ten Tieren lag der Blut- zuaker w~hrend des 6. his 7. Monats deut l ich er- hbht mit Hbchstwerten yon !46 rag%. Zuckerim Har n wurda nie nach- gaw~esen.

Es u~rde also b~i hy- pophysentransplantierten Tieren eine Krankheit er. zeugt, die der Hypertonie- Diabetes - Kranlcheit beg ~VZensehen sehr d]~nlieh ist. ~,u haben sowohl eine

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