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bne kompass 01/10 Clever & Smart Wieviel Intelligenz braucht der Energiemarkt 2.0?

bne kompass 01/10...Jazz-Trios Tilmann Dehnhard & Friends und mit Hilfe fachmännisch zubereiteter Cocktails wurde bis spät in die Nacht ge-feiert. Die europäischen Vorgaben in der

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bne kompass 01/10

Clever & SmartWieviel Intelligenzbraucht der Energiemarkt 2.0?

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editorial / inhalt

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Editorial Inhaltsverzeichnis

Liebe Leser,

egal ob Smart Grid oder intelligenter Zähler – schlau müssen sie sein, die Lösungen für einen zukunftsfähigen Energiemarkt, darü-ber ist sich die Branche einig. In unserem aktuellen bne-kompass gehen wir der Fra-ge nach, was den Energiemarkt 2.0 aus-macht, welche Modelle den größten Nutzen versprechen und welche Maßnahmen am notwendigsten sind.

Zu Beginn liefern wir Ihnen eine kompakte Übersicht über das The-men-Spektrum, das uns in den nächsten Jahren intensiver beschäf-tigen wird. In einem Anzeiger erörtert bne-Experte Arndt Börkey das Thema lastvariable Tarife – das untrennbar mit der Forderung nach einer Entlastung der Netze zusammenhängt. Andreas Gnilka und Jonna Meyer-Spasche von der LBD-Beratungsgesellschaft mbH vertreten eine nicht unumstrittene These, die zur Diskussion ein-lädt: Ihrer Meinung nach profitieren Lieferanten stark von umfas-senden Mindeststandards im Messwesen (Seite 8 und 9). Dem kön-nen sich Marc Ehry und Thomas Radtke von der PCC Energie GmbH nur teilweise anschließen. In ihrem Artikel auf den Seiten 12 und 13 stellen die Energiemarkt-Experten die speziellen Energieef-fizienzangebote ihres Unternehmens vor und richten konkrete For-derungen an die Bundesnetzagentur. Dass zum Energiemarkt der Zukunft auch eine neue Art der Energieerzeugung gehört, erläutert Gero Lücking von der LichtBlick AG: Die Zusammenschaltung von ZuhauseKraftwerken soll, basierend auf dem Prinzip des Schwarm-Stroms, künftig ganze Kraftwerke ersetzen (Seite 10 und 11).

Die Außen-Perspektive liefern in diesem Heft zwei vollkommen un-terschiedliche Akteure: Dr. Peter Ahmels von der Deutschen Um-welthilfe (DUH) schreibt ab Seite 14 über das von der DUH initiier-te „Forum Netzintegration“, dem auch der bne angehört, und zählt Probleme, Lösungswege und Perspektiven auf. Frances Williamson von der Energy Retail Association (ERA) berichtet von der Situation auf dem britischen Energieeffizienzmarkt und den seltsamen Blü-ten, die die dortigen staatlichen Vorgaben treiben (Seite 16 und 17). Als Kopf der Energiepolitik stellen wir den neuen Koordinator für Energiepolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Ba-reiß, vor. Seine Antworten auf unsere Fragen zur Direktvermark-tungsverordnung und Novelle der Gasnetzzugangsverordnung le-sen Sie auf Seite 19.

Ich wünsche Ihnen eine interessante und anregende Lektüre

Robert BuschGeschäftsführer

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben:Eine Zwischenrunde in Sachen Energieeffizienzgesetz 03—————————————————————————

Neujahrsempfang 2010:Alpenglühen beim bne 03—————————————————————————

Herausgeber: Bundesverband Neuer Energieanbieter e.V.Vereinsregister-Nr.: 23212Nz AG CharlottenburgV.i.S.d.P.: Robert Busch (RB)Redaktion: Kerstin Maria Rippel (KR)Mitarbeit: Arndt Börkey (AB), Cornelia Nix (CN), Annette Solzin (AS)Umsetzung: FORMZO GmbH, www.formzo.deProduktion: Pinguin Druck GmbHFotos: Fotolia (S.4,6,10,12,14,16); iStockphoto (S.8); Nils Leiser (S.3); Stephanie Roth (S.18)Ausgabe: 1/2010Auflage: 1.800Redaktionsschluss: 8. April 2010

© bne (Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers)

Neue Anbieter zu Energiethemen der Zukunft:„Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt wie es ist…“ 05—————————————————————————

Lastvariable Tarife als Beitrag zur Netzentlastung 07—————————————————————————

Smart Metering:Lieferanten profitieren von umfassenden Mindeststandards 08—————————————————————————

Erzeugung:ZuhauseKraftwerke – eine Lösung für die Energiewende 10—————————————————————————

Effizienzmaßnahmen:Bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen gefordert 12—————————————————————————

Impressum

Köpfe der EnergiepolitikFolge 9: Thomas Bareiß, MdB 19—————————————————————————

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03

04bne fokus

Stromnetze:Ausbau erst nach Optimierung! 14—————————————————————————

Energieeffizienzvorgaben in Großbritannien: Lieferanten fordern verlässliche Langzeitplanung 16—————————————————————————

14bne perspektive

Der Lenkungsausschuss Energieeffizienz und Messwesen:Einsatz für einen zukunftsfähigen Energiemarkt 18—————————————————————————

Intelligent und effizient:Der bne auf der E-world 18—————————————————————————

18bne intern

bne spotlights

bne stellt vor

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bne spotlights

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Feiern und fachliche Gespräche führen – auf dem Neujahrsempfang der Neuen An-bieter am 25. Februar in Berlin war das kein Gegensatz. Rund 150 geladene Gäs-te aus Politik, Wirtschaft, Ministerien und Verbänden gingen über den roten Tep-pich der Geschäftsstelle und tummelten sich in den Räumen des bne am Hacke-schen Markt, um in lockerer Atmosphäre

über die neuesten energiepolitischen Ent-wicklungen zu plaudern. Verwöhnt von den alpinen Kochkünsten des österreichi-schen Küchenchefs Harald Höllriegl, um-rahmt von den Darbietungen des Berliner Jazz-Trios Tilmann Dehnhard & Friends und mit Hilfe fachmännisch zubereiteter Cocktails wurde bis spät in die Nacht ge-feiert.

Die europäischen Vorgaben in der Richtli-nie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen hätten bis Mai 2008 umgesetzt werden müssen. Große Teile wurden zwar bereits in deutsches Recht überführt – vor allem durch das Inte-grierte Energie- und Klimaschutzprogramm aus dem Jahr 2007. Drei zentrale nationale Regelungen aber fehlen bis heute: die ge-setzliche Grundlage für eine zentrale Effizi-enz-Kontrollstelle, die feste Einbindung der Energieeffizienzziele in den öffentlichen Sektor sowie die Förderung von Energie-dienstleistungen und anderen Effizienzmaß-nahmen. Der erste Umsetzungsversuch in Form eines Energieeffizienzgesetzes unter der Großen Koalition startete im Jahr 2008 und scheiterte nach einem hektischen Fina-le: Bundesumweltministerium und Bundes-wirtschaftsministerium vermochten nicht, sich rechtzeitig vor den Wahlen im Herbst 2009 auf einen einheitlichen Kabinettsent-wurf zu einigen. Zu unterschiedlich waren

die Positionen gerade im Hinblick auf die Schaffung eines Marktes für Energieeffizi-enzmaßnahmen. Derzeit läuft ein neues Gesetzgebungsverfahren und offenbar soll damit zunächst die im Koalitionsvertrag verabredete 1 zu 1 Umsetzung der EU-Richtlinie wahr gemacht werden. Bemer-kenswert ist dabei, dass dennoch zwei stark wettbewerbsverzerrende Regelungen aus dem alten Gesetzentwurf Eingang in die neue Fassung zu finden scheinen: Die Bevorzugung regionaler Anbieter sowie die Ausnahmevorschriften für kleinere Energie-unternehmen (de-minimis-Regelung).

Der politische Streit besteht indes weiter. Als Zeichen dessen wird bei dem neuen Re-gelwerk der Begriff Energieeffizienzgesetz vermieden. Lediglich von einem Gesetzent-wurf „zur Umsetzung der EU-Dienstleis-tungsrichtlinie“ mögen die Beteiligten noch reden. Die Verabschiedung eines weiterge-henden „wirklichen“ Effizienzgesetzes ist

nach gleichlautenden Bekundungen aus dem Kreis der Beteiligten nicht ausge-schlossen, sondern lediglich vertagt wor-den. Bei diesem Vorhaben muss es den Beteiligten allerdings gelingen, den durch die absehbaren Streitigkeiten drohenden Flurschaden zu vermeiden. Das Ziel der Ef-fizienzsteigerung ist mit den Anforderun-gen und Möglichkeiten des Wettbewerbs in Einklang zu bringen. Insbesondere dür-fen Energieversorger nicht von den sich bil-denden Märkten ausgeschlossen werden. Ein zukunftsfähiges Energieeffizienzgesetz muss Endverbrauchern Mehrwert und Ener-gieversorgern Marktchancen bieten. Bei unsachgemäßer Ausformulierung wird es hingegen zu neuen monopolistischen Strukturen bis hin zur vollständigen Markt-abschottung führen. Nichts aber wäre fata-ler für den Klimaschutz als ein förmlich ein-gerichteter Effizienzmarkt, der sich man-gels Wettbewerb nicht entwickeln kann.

AS

Aufgeschoben ist nicht aufgehobenEine Zwischenrunde in Sachen Energieeffizienzgesetz

Neujahrsempfang 2010

Alpenglühen beim bneErmöglicht haben das bne-Alpenglühen in diesem Jahr die Mitgliedsunternehmen BKW Energie GmbH, DSE Direkt-Service Energie GmbH, eprimo GmbH, GDF SUEZ Gas Supply & Sales Germany GmbH und GDF SUEZ Energie Deutschland AG, Licht-Blick AG sowie Yello Strom GmbH. Ihnen sei auch an dieser Stelle sehr herzlich ge-dankt. KR

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bne fokus

Clever & SmartWieviel Intelligenz braucht der Energiemarkt 2.0?

Es wird viel geredet über intelligente Energiesysteme und Smart Grids – Neue Energieanbieter entwickeln dar-aus bereits clevere Geschäftsgedanken: Das bne-Mit-gliedsunternehmen LichtBlick hat mit seiner Idee des ZuhauseKraftwerks in Zusammenarbeit mit Volkswa-gen eine schlaue Antwort auf die Frage nach einem fle-xiblen Ausgleich steigender volatiler Erzeugung gefun-den. Die PCC Energie GmbH stellt ihre seit Jahren be-währten Energieeffizienzkonzepte vor, die – im Bereich der Gewerbekunden angesiedelt – allesamt auf dem

Neue Anbieter zu Energiethemen der Zukunft:„Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt wie es ist…“ Seite 5

Lastvariable Tarife als Beitrag zur Netzentlastung Seite 7

Smart MeteringLieferanten profitieren von umfassenden Mindeststandards Seite 8

ErzeugungZuhauseKraftwerke – eine Lösung für die Energiewende Seite 10

EffizienzmaßnahmenBundesweit einheitliche Rahmenbedingungen gefordert Seite 12

Prinzip der genauen Lastgangmessung beruhen. Smart Metering ist dort kein Zukunftsthema, sondern gelebte Realität. Der bne mahnt in diesem Zusammenhang eine rasche Entwicklung lastvariabler Tarife an, die laut Ener-giewirtschaftsgesetz bis zum Ende des Jahres 2010 an-geboten werden müssen. Welche Forderungen Neue An-bieter im Bereich des Zähl- und Messwesens an die Bun-desnetzagentur, den Gesetz- und Verordnungsgeber richten sollten, erläutern die Autoren der LBD-Bera-tungsgesellschaft mbH.

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Diese Worte aus dem Munde des Wettbewerbs-Verfechters bne, der sich üblicherweise vehement für radikale Veränderungen auf den Energie-märkten einsetzt? Nimmt man die ausreichende und sichere Versorgung mit Energie als das unverändert zu Erhaltende, erschließt sich der Sinn: Um Verbrauchern verlässlich genügend Strom und Gas liefern zu kön-nen, müssen wir uns der gewaltigen Aufgabe annehmen, die gegenseiti-ge Anpassung von Nachfrage und Erzeugung sinnvoll auszugestalten.

Neue Anbieter zu Energiethemen der Zukunft:

„Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt wie es ist...“

Der enorme Handlungsdruck resultiert da-bei aus der politisch forcierten Verände-rung hin zur heimischen Erzeugung aus er-neuerbaren Energien – um Abhängigkeiten zu vermeiden, endende fossile Energieträ-ger zu ersetzen und das Klima zu schonen. Daraus folgt einerseits die zunehmende Veränderung der Erzeugungsarten, weg von Großanlagen hin zu einer zunehmend dezentralen Erzeugung, unter Berücksichti-gung der unterschiedlichen örtlichen Mög-lichkeiten. Das bedeutet andererseits, dass sich, soweit die fluktuierende Erzeugung nicht durch solche aus Speichern oder ähn-lichem substituiert werden kann, die Ab-nahme-Seite der Erzeugung zunehmend wird anpassen müssen. Zwingend notwen-dig dafür ist ein reibungsloses Zusammen-spiel von Netzbestandteilen und Netznut-zern – wie Kraftwerke, Umspannwerke, de-zentrale Erzeuger und Verbraucher über si-cher funktionierende Informations- und Kommunikationstechnologien. Hier findet derzeit ein ebenso zäher wie lähmender Grabenkrieg um die richtigen Konzepte statt.

Die Politik ist nun gefragt sich zu entschei-den: Will man zunächst einem wettbewerb-lichen Mess- und Kommunikationsmarkt Raum geben, dann sind zwingende Nor-men für Vertriebsprodukte wie der § 40 Abs. 3 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) noch nicht angebracht, da sich weder die notwendige Infrastruktur noch deren Stan-dards bisher ausreichend gebildet haben. Oder man entscheidet sich für den Vorrang variabler Tarife, dezentraler Erzeugung und des Demand-Side-Managements. Dann ist

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bne fokus

die flächendeckende Ausstattung mit stan-dardisierter Mess- und Kommunikationsin-frastruktur nur ein notwendiger, schneller Zwischenschritt.

Zwischenmarkt Zähl- und Messwesen

Aktuell mehren sich die Stimmen, die dem erst im Sommer/Herbst 2008 vollends libe-ralisierten, vorgelagerten Markt Messwe-sen die notwendige Zeit zur wettbewerbli-chen Entwicklung nicht mehr zubilligen.

Stattdessen wird gefordert, dass der Ziel-markt der Abpufferung der fluktuierenden Erneuerbaren durch Demand-Side-Manage-ment und variable Tarife schneller erreicht werden müsse. Der in diesem Zusammen-hang lauter werdende Ruf nach einem flä-chendeckenden Roll-out hilft da allerdings nicht ohne weiteres weiter: Zwar erscheint die Frage nach einem Zähler, der den Anfor-derungen des § 21 b EnWG genügt, indem er „[…] dem jeweiligen Anschlussnutzer den tatsächlichen Energieverbrauch und die tat-sächliche Nutzungszeit widerspiegelt […]“ profan. Die interessantere Folgefrage, wie ein derartiger Zähler den kommenden Anfor-derungen der Vertriebe, die gem. § 40 Abs. 3 EnWG einen Tarif anzubieten haben, der „[…] einen Anreiz zu Energieeinsparung oder Steuerung des Energieverbrauchs setzt […]“ genügen kann, bleibt dagegen unbeantwortet. Weder wissen die Vertriebe umfassend, welche Produkte mit welchen daraus resultierenden Datenanforderungen künftig denkbar sind, noch können die Netz-betreiber dies vorwegnehmen.

Bereits zum heutigen Zeitpunkt wird damit erkennbar, dass die Vertriebe – notgedrun-gen – auf die ebenfalls in § 40 Abs. 3 EnWG vorgesehene Ausstiegsformel der „technischen Nichtmachbarkeit“ werden verweisen müssen und damit offensichtlich ist, dass dieser notwendige Markt kurzfris-tig nicht wie gewünscht in Gang kommen kann. Stattdessen herrscht eine Art Inter-regnum, in dem sich viele für Nichtstun entscheiden (müssen), um Fehlentschei-dungen zu vermeiden.

In dieser Situation versuchen manche, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und kleine, lokale Speziallösungen für integrier-te Unternehmen zu entwickeln, die als Ne-beneffekt neue Sperren für den Wettbe-werb aufbauen. Derart rückwärtsgewandte Lösungen in nicht ausreichend unbundel-ten Unternehmen verbieten sich nicht nur deshalb, weil sie den Wettbewerb auf na-tionaler Ebene durch eine neue Kleinstaate-rei unterschiedlichster Lösungen vernich-ten würden. Sie verhindern auch ein ganz-heitliches Konzept zur Integration erneuer-barer Energien.

Aber auch wenn man dieses Stadium als überwunden ansieht und eine weitgehende Ausstattung der Kunden mit intelligenter Messtechnik und die Existenz standardisier-ter Prozesse und Formate annimmt, drän-gen sich weitere Konflikte auf.

Zielmarkt Nachfragebeeinflussung

Netzstrukturen. Die (Verteil-)Netze, die eine Zeitlang als eher unspektakuläre Dienstleister von Handel und Erzeugung wahrgenommen wurden, erhalten wieder eine zentrale Rolle: Sie zu Netzen des „Energieinternets“ zu ertüchtigen, erfor-dert einen enormen Aufwand an Technik und Geldmitteln – das Erfordernis der Neu-tralität und Transparenz dieser Kerninfra-struktur ist vor diesem Hintergrund evi-dent. Die Forderung nach Entflechtung auf

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len ihre Auslastung verstetigen, Ausbau vermeiden, Bezugskosten aus den Vornet-zen minimieren. Vertriebe wollen ihren Ein-kauf optimieren, Bezugskosten senken und ihre Produkte steuern. Erzeuger wollen die notwendige Flexibilität ihrer Produktion durch Einbezug von dezentraler Erzeugung und Abnahme erhöhen. Jeder dieser Inter-essenten wird Abnahmestellen für sein Mo-dell zu gewinnen suchen und jeder der so gewonnenen Kunden ist dann ein RLM-Kun-de. Die übrigen Abnehmer, deren Beeinflus-sungsintensität nicht ausreicht, werden über das analytische Verfahren abgerech-net. Für das SLP-Verfahren bleibt damit kein Raum mehr.

„Die Entflechtung auf Verteilnetz-ebene gewinnt eine neue, wesentli-che Bedeutung.“

Politisch und gesellschaftlich gewünscht ist ein fruchtbarer Wettbewerb um die effizien-testen Beiträge zur Deckung von Last und Erzeugung. Vor diesem Hintergrund er-scheint auch die absehbare Renaissance der Stromheizung mittels Wärmepumpen in einem anderen Licht: Durch die Bere-chenbarkeit und leichte Steuerbarkeit der ortsfesten Anlagen sowie deren Unempfind-lichkeit gegenüber Unterbrechungen sind sie als Puffer von volatiler Erzeugung aus erneuerbaren Energien geradezu prädesti-niert. Dass diese Primärenergie kostenlos

und CO2-frei ist, kommt hinzu. Die eben-falls in diese Richtung stoßende E-mobility, hat im Vergleich dazu noch deutlich mehr Probleme zu lösen.

Aufgabe wird die Vermeidung des Gegen-einanderregelns der Teilnehmer sein. Es wird sich herausstellen, ob der Börsenpreis und der bisher zugrundeliegende Preisbil-dungsmechanismus als einziger gemeinsa-mer Indikator ausreicht, um Fehlsteuerun-gen zu vermeiden. Die zunehmende Zwangsvermarktung über die Börse und die daraus resultierenden Preisausschläge nach oben, und insbesondere auch in den negativen Bereich, vermitteln einen ersten Vorgeschmack auf die unvorhersehbare Vo-latilität dieses Indikators. Dennoch: Jeder Eingriff in den Vermarktungsmechanismus verbietet sich! Nichts treibt so sehr die Ent-wicklung eines echten, selbsttragenden Marktes von Speicherung, Substitution und Lastmanagement voran, wie die diesbezüg-lichen Knappheitssignale durch negative Börsenpreise.

„Es gibt keine Konkurrenz im natürli-chen Monopol des Netzes – ergo auch kein Geschäftsgeheimnis.“

Ein Gedanke darf bei der Betrachtung der künftig zu lösenden Probleme nicht zu kurz kommen: Dieser notwendige, beispiellose Infrastrukturaus- und -umbau wird eine deutliche Verteuerung der Netznutzungs-entgelte zur Folge haben. Eine solche Stei-gerung muss rechtzeitig, deutlich benannt werden und kann nur um den Preis einer vollständigen Transparenz im Netz zuge-standen werden. Schon aus der Natur der Sache gibt es keine Konkurrenz im natürli-chen Monopol des Netzes – ergo auch kein „Geschäftsgeheimnis“. Die absehbaren Kos-ten werden gesellschaftlich nur zu rechtfer-tigen sein, wenn in diesem Bereich keiner-lei Geheimhaltung mehr existiert. Die über-ragende volkswirtschaftliche Bedeutung der Netzsicherheit und die fehlende Substi-tutionsfähigkeit der Elektrizitätsversorgung lassen keinen anderen Weg zu. Fazit: Das zu erwartende Energiekonzept der Bundes-regierung muss schnell erklären, welche Vi-sion wie schnell erreicht werden soll. Nur dann kann die derzeit lähmende Unsicher-heit beendet und die startbereiten Markt-kräfte freigesetzt werden.

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Verteilnetzebene gewinnt, als Grundvoraus-setzung der Entwicklung dieser neuen Märkte, eine neue, wesentliche Bedeu-tung. Eine kleinteilige „Optimierung“ nur mit eigenen Vertriebs- und Erzeugungs-schwestern würde den angestrebten Wett-bewerb um die effizientesten Beiträge durch abgeschottete Kleinstareale behin-dern und moderne Konzepte, wie etwa vir-tuelle Kraftwerke, unmöglich machen. Hier rächen sich nun erneut und noch viel deut-licher als im bisherigen Wettbewerb die un-sauberen Unbundling-Lösungen, die eine moderne, unverkrustete Struktur der Ener-giewirtschaft bisher verhindern. Vor die-sem Hintergrund und umso mehr vor den anstehenden finanziellen Belastungen, ver-wundert der aktuelle Trend zur „neuen Kleinteiligkeit“ auf Regional- und Lokalnetz-ebene. Ganz im Gegenteil ist die effiziente Bewältigung des notwendigen Infrastruk-turaus- und -umbaus auf Verteilnetzebene nur in einer Anzahl größerer regionaler Strukturen – im niedrigen zweistelligen Be-reich – leistbar. Auch hier fehlen deutliche Worte von Politik und Regulierung.

Demand-Side-Management. In diesem Zusammenhang stellt sich weiter die Frage nach der Hoheit des Steuerungszugriffs auf die Kunden: Wem soll diese Hoheit zu-gesprochen werden – Vertrieben, Netzbe-treibern oder Erzeugern? Jeder dieser Marktteilnehmer hat eigene, nicht notwen-dig sich ergänzende Interessen. Netze wol- RB

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Lastvariable Tarife als Beitrag zur Netzentlastung

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Anzeiger

Die zunehmende Einspeisung von mit volatilen, erneuerbaren Energiequel-len erzeugtem Strom zeigt bereits heute deutliche Auswirkungen auf die Netze und den Strommarkt. Vor allem die Windkraftwerke im Norden der Bundesrepublik haben zu einer geo-graphischen Verschiebung der Erzeu-gung geführt – zumindest dann, wenn der Wind kräftig genug weht.

Der Netzausbau wurde nicht im gleichen Tempo wie der Anlagenzubau der Erneuer-baren vorangetrieben, was bereits, wenn auch nur gelegentlich, zu erheblichen Pro-blemen in Teilen des Netzes führt. Aber auch die konventionelle Erzeugung ist durch die Vorrangregelung für Strom aus erneuerbaren Quellen betroffen. Nachdem die Ausgleichsmechanismusverordnung ei-ne Vermarktung des EEG-Stroms auf dem kurzfristigen Börsenmarkt vorschreibt, wer-den die Auswirkungen sichtbar – bei star-kem Wind zu lastschwachen Zeiten sinkt der Börsenpreis in den negativen Bereich, das heißt, Abnehmer erhalten Geld für den Verbrauch von Strom.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll bis 2020 allein die installierte Leistung der Windkraftwerke von derzeit ca. 25 Giga-watt (GW) auf 38 GW steigen, bis 2030 dann auf 51 GW. Damit kommt die instal-lierte Windkraftleistung in eine Größenord-nung, die einer geringen Last im Gesamt-netz, beispielsweise der des Nachts an Wo-chenenden, entspricht. Mit herkömmlichen Mitteln wird es damit zunehmend schwieri-ger, eine sichere Stromversorgung zu ge-währleisten. Für die Zukunft müssen alle verfügbaren wirtschaftlichen Maßnahmen genutzt werden, um Erzeugung und Nach-frage nach Strom in Deckung zu bringen. Ein wichtiger Schritt ist die Einführung last-variabler Tarife. Diese sollen auf der Nach-frageseite für eine Verbesserung der Flexi-bilität sorgen und damit einen Teil der Anpassungsleistung in der Elektrizitätswirt-schaft erbringen. Von einer Lastverschie-bung durch die Abnehmer verspricht man sich zudem eine Entlastung in den Ver-teilnetzen, in denen besonders viele kleine (erneuerbare oder KWK-)Erzeugungsanla-gen betrieben werden.

Damit die mit der Lastverschiebung ver-sprochenen Wirkungen eintreten können, muss die Last genau dann erhöht werden, wenn besonders viel Strom durch die er-neuerbaren Energiequellen erzeugt wird – und genau dann abgesenkt werden, wenn dort wenig Strom erzeugt wird.

Die bereits länger existierenden variablen Tarife sind häufig lediglich tageszeitabhän-gig. Damit kann aber gerade nicht auf die volatile Erzeugung (vor allem Wind) rea-giert werden, da die Tageszeiten hierfür weitgehend irrelevant sind. Die ebenfalls schon vorhandene Steuerung durch die Netzbetreiber über z.B. Rundsteuersignale für unterbrechbare Verbrauchseinrichtun-gen wiederum, ist nicht an die neue Rollen-verteilung im liberalisierten Strommarkt an-gepasst – für die Lieferanten sind diese Mo-delle nicht attraktiv, was sich auch im voll-ständigen Fehlen von Wettbewerb bei z.B. Nachtspeicherstrom zeigt. Anhand dieses Beispiels wird zugleich deutlich, dass bun-desweit einheitliche, allen Lieferanten glei-chermaßen zugängliche Regelungen die Voraussetzung für die Entstehung von Wettbewerb sind.

„Mit den bereits existierenden varia-blen Tarifen kann aber gerade nicht auf die volatile Erzeugung reagiert werden.“

Der Gesetzgeber hat zwar im § 40 Abs. 3 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) eine Ver-pflichtung der Lieferanten zum Anbieten von lastvariablen Tarifen festgeschrieben, er hat jedoch die Rahmenbedingungen nicht angepasst. Für leistungsgemessene Abnehmer kann der Lieferant zumindest günstigere Bezugskonditionen an die Kun-den weitergeben – ein hoher Bezugsanteil zu tendenziell günstigen Beschaffungszei-ten schlägt sich längst in den Angeboten für diese Kunden nieder. Der Anreiz ist aber offenbar noch nicht ausreichend, um weitere Potenziale zu heben.

Bei Kunden, die mit einem Lastprofilverfah-ren versorgt werden, haben Lieferanten un-ter den gegebenen Bedingungen kaum Spielraum, den Kunden Anreize zur Lastver-

schiebung zu bieten. Die Verlagerung von Lasten schlägt sich nicht einmal in den Be-zugskosten des Lieferanten nieder, da die Lastprofile die gleichen sind, wie bei Kun-den, die ihre Last nicht verschieben. Hier müssen dringend neue Lösungen gefunden werden, damit sich auch bei Kunden mit kleinen und mittleren Abnahmemengen die Lastverschiebung in Bezugsvorteilen nieder-schlägt.

„Lieferanten haben unter den gege-benen Bedingungen kaum Spielraum, den Kunden Anreize zur Lastverschie-bung zu bieten.“

Tatsächlich hat ein Lieferant derzeit nicht nur keinen Kostenvorteil, den er an den Kunden weitergeben könnte, sondern er muss sogar Zusatzkosten tragen, da für die Abrechnung des veränderten Kunden-verbrauchs neue, teurere Zähler installiert werden müssen. Nimmt man die heutigen Kosten für Zähler mit ¼-h-Leistungsmes-sung als Grundlage, dann ist ein Kostenvor-teil durch Lastverlagerung für diese Kun-dengruppe nicht mehr erreichbar. Aber selbst wesentlich einfachere Zwei-Tarif-Zäh-ler sind noch zu teuer, um dem Kunden noch einen attraktiven Vorteil bieten zu können. Hier muss ein echter Wettbewerb im Messwesen vorangebracht werden, da-mit die Kosten sinken.

Mit dem zunehmenden Einfluss der volati-len Erzeugung auf die Großhandelspreise werden zwar die möglichen finanziellen Ein-sparungen bei der Verlagerung von Lasten ebenfalls zunehmen. Es ist allerdings frag-lich, ob dies ausreicht, um den Kunden einen ausreichenden Anreiz zu bieten. Im-merhin erfordern Maßnahmen zur Heim-Au-tomatisierung oder zur Steuerung von Anla-gen durch Energiedienstleister Investitio-nen in technische Anlagen – und diese In-vestitionen müssen sich amortisieren. Man wird daher nicht umhin können, weitere Komponenten der (Endkunden-)Stromprei-se in das Anreizsystem zu integrieren. Denkbar sind spezielle Netzentgelte, Kon-zessionsabgaben sowie Steuern für Strom, der in Zeiten eines Erzeugungsüberhanges verbraucht wird. AB

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Der Wandel des deutschen Energiesystems in Richtung einer ökologischeren und unab-hängigeren Energieerzeugung wird mittel-fristig zu steigenden Energiepreisen füh-ren, die aufgrund der volatilen Energien in einer sehr viel größeren Spannbreite schwanken und dadurch größere Preisrisi-ken herbeiführen werden. Das bedeutet ne-ben neuen Herausforderungen für das Be-schaffungsmanagement, dass die Nachfra-gesteuerung künftig zentral wird für die Netzstabilität.

Ausgangslage: Wandel des Energiesystems und politische Ziele

Elektronische Messsysteme werden als ein Instrument gesehen, Anreize für energie-sparendes Verhalten der Letztverbraucher zu geben und die Energienachfrage besser steuerbar zu machen. Im Integrierten Ener-gie- und Klimaprogramm von 2007 (Mese-berg-Beschlüsse) wird daher unter ande-rem die deutschlandweit flächendeckende Einführung elektronischer Zähler innerhalb von sechs Jahren als Ziel formuliert; die Umsetzung wurde durch die EnWG-Novelle und Einführung der Messzugangsverord-nung (MessZV) im Herbst 2008 gefördert.

Aufgrund der politischen Zielsetzung ist zu erwarten, dass die derzeitigen Regelungen nachjustiert werden, wenn klar wird, dass sie nicht zu dem erwarteten Ziel führen. Aus wirtschaftlicher Perspektive kann es sich letztlich nur um eine nahezu 100-pro-zentige Durchdringung mit elektronischen Zählern handeln, da eine doppelte System- und Prozesslandschaft nicht effizient ist. Wir erwarten eine nahezu 100-prozentige Durchdringung im Strom bis 2018, im Multi-Utility-Bereich (Gas, Wasser, Wärme) even-tuell etwas später.

Hemmnisse für die Smart-Metering-Marktentwicklung

Der Meseberg-Zeitplan wird allerdings nicht eingehalten werden können, da die betroffenen Marktakteure sich durch Un-klarheiten in zentralen Fragen gehemmt se-hen:

▪ Netzbetreiber als Grund- und Rückfallver-sorger für Messstellenbetrieb/Messdienst-leistung (MSB/MDL) benötigen Festlegun-gen der Bundesnetzagentur zu den neu-en Prozessen, den Anforderungen an technologische Funktionalitäten und zur Anerkennung der Kosten,

▪ Lieferanten sehen keine Notwendigkeit oder ausreichend wirtschaftliches Potenzi-al, eigenständig den flächendeckenden Roll-out durch entsprechende Produkte voranzutreiben und sind zudem durch be-stehende gesetzliche Regelungen des Eichrechts und bezüglich der Standard-lastprofile (SLP) darin beschränkt, effek-tiv zeit- und lastvariable Tarife anzubieten wie in §40 Abs. 3 EnWG gefordert.

Diese Unklarheiten führen dazu, dass der Status quo bezüglich der Marktrollen weit-gehend bestehen bleibt.

Vorgaben zu Prozessen, Funktionalitäten und Kosten

Die Bundesnetzagentur führt zur Konkre-tisierung der Vorgaben aus EnWG und MessZV derzeit zwei Festlegungsverfahren durch: eines zu Wechselprozessen und Da-tenformaten und eines zu Messstellen- und Messrahmenverträgen. Die Festlegungen werden in der ersten Jahreshälfte 2010 er-wartet.

Zudem hat die Bundesnetzagentur einen Entwurf für ein Positionspapier zu Funktio-nalitätsanforderungen an Zähler gemäß § 21b Abs. 3a und 3b EnWG veröffentlicht und konsultiert dazu derzeit die Marktteil-nehmer. Der Entwurf verfolgt den Ansatz, die Netzentgelte möglichst nicht steigen zu lassen und formuliert daher nur geringe Funktionalitätsanforderungen. Etwaige – ef-fiziente – Mehrkosten sollen über das Regu-lierungskonto ausgeglichen werden. Zu Funktionalitäten nach §40 Abs. 3 EnWG trifft das Papier keine Aussagen. Dies ist ei-ne nicht hinnehmbare Auslassung.

Die politischen Ziele, mit Hilfe elektroni-scher Messtechnologie Verbrauchssteue-rung und Energieeffizienz zu fördern, wer-den auf Basis der im Positionspapierent-wurf aufgeführten Funktionalitäten nicht er-reicht werden können (vgl. dazu das Diskussionspapier der LBD im Auftrag des Bundesumweltministeriums, „Für Energieef-fizienz und Verbrauchssteuerung – Funktio-nalitätsanforderungen an elektronische Stromzähler“, Dezember 2009). Sollen die politischen Ziele erreicht werden, so muss der Gesetzgeber nachsteuern und umfas-sendere Vorgaben machen.

Auf Basis der im Papier genannten Zähler-funktionalitäten lassen sich ebenfalls so gut wie keine attraktiven vertrieblichen Smart-Metering-Angebote erbringen. Hier-für sind zusätzliche Komponenten, eventu-ell sogar alternative Zähler erforderlich. Die Position einiger Lieferanten ist es je-doch, nur Minimalvorgaben ähnlich denen des Positionspapierentwurfs zu fordern, da umfänglichere Forderungen den Wettbe-werb verfälschten.

Der Roll-out elektronischer Zähler ist politisch gewollt und wird daher kommen – früher oder später. Für die Marktakteure, besonders für Lieferanten, existieren derzeit noch einige Hindernisse, die einer Nutzung der Marktchancen entgegenstehen. Andreas Gnilka und Jonna Meyer-Spasche von der LBD-Beratungsgesellschaft erläutern, welche Anforderungen Lieferanten ihrer Meinung nach jetzt an Politik und Regulierer stellen sollten.

Smart Metering

Lieferanten profitieren vonumfassenden Mindeststandards*

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Konsequenzen für Lieferanten

Das oberste Kriterium, an dem sich die re-gulatorische Ausgestaltung der gesetzli-chen Vorgaben messen lassen muss, ist die Gewährleistung diskriminierungsfreien Wettbewerbs. Hier hat die Erfahrung mit den Verfahren und der Umsetzung von Vor-gaben wie GPKE/GeLi Gas gezeigt, dass ge-naue regulatorische Standards vorgegeben und vor allem in der Umsetzung kontrol-liert werden müssen.

Im Thema Smart Metering führen minima-le Vorgaben an Funktionalitäten dazu, dass Energieversorger im Querverbund Vorteile haben werden. Sie können ihre Smart-Me-tering-Produkte in einer integrierten Roll-out-Strategie anbieten, bei der in einem ef-fizienten, flächendeckenden Roll-out genau solche Messtechnik eingebaut wird, die die spezifischen Anforderungen des verbunde-nen Lieferanten berücksichtigt. Diese Tech-nologie kann Dritten diskriminierungsfrei angeboten werden, jedoch stehen überre-gional tätige Lieferanten gleichzeitig vor dem Problem, mit potenziell mehreren hun-dert verschiedenen Technologien in den verschiedenen Netzgebieten konfrontiert zu werden.

Position der Lieferanten sollte es also sein, umfassend vorgegebene Mindestfunktiona-litäten zu fordern, auf die sie aufsetzen können. Durch die damit zusammenhän-gende Standardisierung sinken zugleich die Kosten substantiell, so dass – verbunden mit einer Effizienzanforderung – marktfähi-ge Kosten erreicht werden können.

Will ein Lieferant selbst die formale Rolle des MSB/MDL übernehmen (und wird von seinem Kunden damit beauftragt), kann er zwar die Technologie selbst bestimmen und ebenfalls an seinen Produktanforderun-gen ausrichten. Allerdings ist die über meh-rere Netzgebiete verstreute selektive Mon-tage und Infrastruktureinrichtung sehr viel teurer als bei einem flächendeckenden Roll-out.

Es ist daher ebenfalls im Interesse der Lie-feranten, einen raschen, deutschlandwei-ten Roll-out mit einer standardisierten Smart-Metering-Technologie zu erreichen. Umso eher können sie deutschlandweit Smart-Metering-Produkte anbieten, die kos-

tengünstig umgesetzt werden können und damit größeres Wertpotenzial bieten als Einzelangebote.

Rolle der Netzbetreiber

Damit diskriminierungsfreier Wettbewerb erreicht wird, müssen Lieferanten sich auf die Einhaltung von Fristen und Vorgaben seitens der anderen beteiligten Marktakteu-re verlassen können. Netzbetreiber als Grundversorger für MSB/MDL müssen eine angemessene Übergangsfrist für die Um-setzung der regulatorischen Vorgaben zu Prozessen, Funktionalitäten etc. erhalten. Die Überprüfung der Einhaltung dieser Vor-gaben ist mit wirksamen Sanktionsmecha-nismen zu verknüpfen.

Für die Phase des flächendeckenden Roll-outs in Deutschland erfüllen Netzbetreiber sinnvollerweise die formale Rolle des MSB/MDL (nicht jedoch die Leistungserbrin-gung), damit der effiziente Einbau der stan-dardisierten Infrastruktur gewährleistet werden kann. Anschließend können entwe-der Lieferanten oder eigenständige MSB/MDL die formale Rolle des MSB/MDL übernehmen und so den Markt vor allem mit Fokus auf die Produkte für Endkunden weiterentwickeln.

Weitere Hindernisse für Lieferanten

Ohne eine Klärung der folgenden Punkte kann eine effektive Umsetzung von § 40 Abs. 3 EnWG (Einführung zeit- und lastva-riabler Tarife) nicht stattfinden:

▪ Eichrecht: Für flexible Tarifangebote ist ei-ne Tarifierung auf Systemebene erforder-

lich, statt einer Eichung fester Tarifregis-ter im Zähler.

▪ Standardlastprofile (SLP): Solange die Be-schaffung und Bilanzierung nach SLP er-folgen muss, ist die Beschaffungsoptimie-rung praktisch nicht möglich; lastvariable Tarife können nicht angeboten werden. Hierfür ist die Ablösung der SLP durch ei-ne effiziente Lastgangmessung erforder-lich (das heißt die Netzzugangsverord-nung ist anzupassen).

▪ Datenschutz: Benötigt wird eine bundes-weit einheitliche Regelung dazu, welche Daten in welcher Form gespeichert, wei-tergegeben und verarbeitet werden dür-fen und welche Lösch-Routinen gegebe-nenfalls einzuhalten sind.

Anforderungen der Lieferanten an Smart Metering

Aus Perspektive der Lieferanten ist das Thema Smart Metering vor allem diskrimi-nierungsfrei umzusetzen. Dazu gehört ein deutschlandweit flächendeckender Roll-out einer relativ umfassend definierten Mess-technologie. Nur bei dieser Voraussetzung können Lieferanten bundesweit auf einen einheitlichen Mindeststandard vertrauen, mit dem bereits attraktive Vertriebsproduk-te umgesetzt werden können. Die Differen-zierung gegenüber den Wettbewerbern sollte nicht über die Technologie erfolgen, sondern über die Produkte, die darauf auf-bauen.

* Dieser Artikel gibt nicht die Meinung des bne wieder,

sondern ausschließlich die Ansicht der Autoren.

Jonna Meyer-Spasche, Diplom-Politologin und Master of Public Policy, ist seit 2007 bei der LBD als Unternehmensberaterin im Bereich Effizienz tätig. Dort arbei-tet sie vor allem an Projekten zum Thema Smart Metering, von der Analyse der Regulierungsanforderungen über Strategien und Geschäftskonzepte für Energie-versorger, Messdienstleister und Hersteller bis zur Entwicklung von Endkunden-Produkten für Energielieferanten.

Andreas Gnilka kam 1991 als Unternehmensberater zur LBD-Beratungsgesell-schaft mbH, seit 1995 ist er geschäftsführender Gesellschafter der LBD. Der Di-plom-Ökonom verantwortet den Bereich Effizienz, dessen Schwerpunkte in Steuerung und Performance, Controlling und Kalkulation, Geschäftsprozessopti-mierung, Regulierungsmanagement, Informationstechnologie und Outsourcing liegen.

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Der Hamburger Energieversorger LichtBlick bringt 2010 das von Volkswagen gebaute ZuhauseKraftwerk an den Markt. Die gasbetriebenen Minikraftwerke liefern lokal Wärme für Gebäude und erzeugen zugleich bedarfsge-recht Strom für die öffentlichen Netze. LichtBlick will in den kommenden Jahren 100.000 ZuhauseKraftwerke zu einem intelligent gesteuerten, dezentralen Kraftwerk für die Energiewende vernetzen. Über 30.000 Interessen-ten haben sich bereits vormerken lassen. LichtBlick-Vorstandsmitglied Gero Lücking gewährt Einblicke in Hintergründe und Details der Idee:

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bne fokus

Strom aus erneuerbaren Energien, insbe-sondere aus Windkraft, ist die Zukunft. Doch nicht immer weht der Wind. Dann fehlt Strom. Für eine sichere Versorgung muss erneuerbare mit intelligenter Energie ergänzt werden. Strom, der dann produ-ziert wird, wenn die Windräder still stehen. Sauberer Strom, der zuverlässig und je nach Bedarf erzeugt wird. Strom, der den Ausstieg aus Atom und Kohle beschleunigt.

Ein unsichtbares Großkraftwerk in 100.000 Kellern

LichtBlick hat gemeinsam mit Volkswagen eine Antwort entwickelt: SchwarmStrom aus ZuhauseKraftwerken. Wie ein Fisch-schwarm steht SchwarmStrom für kleine Einheiten, die sich in eine Richtung bewe-gen und gemeinsam eine starke Einheit bil-den. Im Konzept des SchwarmStroms bil-den so viele kleine, dezentrale Zuhause-Kraftwerke ein großes, intelligent gesteuer-tes Kraftwerk.

LichtBlick will in den kommenden Jahren in ganz Deutschland 100.000 ZuhauseKraft-werke installieren. Diese kleinen, mit Gas

betriebenen Effizienzpakete versorgen Ge-bäude mit Wärme und die Republik mit Strom. Die installierte Leistung von 2.000 Megawatt entspricht der Kapazität von zwei Atomkraftwerken. So baut LichtBlick Deutschlands größtes Gaskraftwerk. Die ZuhauseKraftwerke bilden zusammen ein unsichtbares Großkraftwerk, das weder die Landschaft beeinträchtigt noch zusätzlicher Infrastruktur bedarf. ZuhauseKraftwerke verringern den CO2-Ausstoß gegenüber herkömmlicher Wärme- und Stromprodukti-on um bis zu 60 Prozent und entlasten so das Klima.

Die Zukunft der Stromerzeugung hat bereits begonnen

Die Stromversorgung in Deutschland befin-det sich in einem tiefgreifenden Wandel. Der Ausbau der erneuerbaren Energien – vor allem aus Windkraft, aber auch aus Bio-masse, Sonne, Geothermie und Wasser – schreitet zügig voran. Schon heute liegt der Anteil der nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz geförderten regenerativen Energieträger im Jahresmittel bei etwa 16 Prozent der Stromversorgung, an manchen

windreichen Tagen erreicht er bereits über 50 Prozent der Netzlast.

Bis 2020 steigt der Anteil regenerativer Energie an der Stromversorgung nach Pro-gnosen des Bundesumweltministeriums auf 30 Prozent, nach Ansicht des Branchenver-bandes sogar auf bis zu 47 Prozent an. Die-se Annahmen sind realistisch.

Die klassische Stromerzeugung aus Atom- und Kohlekraftwerken verliert an Bedeu-tung. Großkraftwerke haben erhebliche ökologische Nachteile – sie schaden der Umwelt und sind ineffizient. Die Atomkraft ist ein Sicherheitsrisiko, die Frage der End-lagerung ist seit Jahrzehnten ungeklärt. Kohlekraftwerke sind durch ihre hohen CO2-Emissionen die Hauptverursacher des Kli-mawandels. Schon aus diesen Gründen ist der Atomausstieg ebenso sinnvoll wie der Abschied von der Kohle.

Systemwechsel in der Stromerzeugung

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und ihrer vom Gesetzgeber garantierten

Erzeugung

ZuhauseKraftwerke – eine Lösung für die Energiewende*

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Dipl.-Ing. Gero Lücking ist seit Anfang 1999 für die LichtBlick AG tätig. Als Prokurist leitete er die Bereiche Energiewirtschaft und Unternehmenskommuni-kation. Seit September 2008 ist er Mitglied der LichtBlick-Geschäftsführung. Jetzt ist er im Vorstand der LichtBlick AG für die Energiewirtschaft zuständig. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen sammelte er sei-ne beruflichen Erfahrungen in einer Nichtregierungsorganisation, in der For-schung und Industrie. Seit Juni 2006 ist er auch Mitglied im Vorstand des bne.

bne fokus

vorrangigen Einspeisung ist das bisherige Modell der Stromproduktion in Grund-, Mit-tel- und Spitzenlastkraftwerken nicht mehr zu halten. Das Kraftwerksmanagement muss nicht mehr nur auf den schwanken-den Strombedarf, sondern auch auf die stark schwankende Stromerzeugung insbe-sondere aus der Windkraft reagieren. Dazu sind die klassischen Grundlastkraftwerke kaum in der Lage. Zudem lassen sich Atom-und Kohleenergie in einem von erneuerba-ren Energien dominierten Kraftwerkspark nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Der sich zuspitzende Systemwiderspruch zeigt sich an der Strombörse: Immer häufiger kommt es zu negativen Strompreisen. Je öfter solche verlustträchtigen Stunden auf-treten, umso weniger rechnet sich eine Laufzeitverlängerung der Atomenergie be-ziehungsweise der Bau neuer Grundlast-kohlekraftwerke.

Ein Festhalten an Kohle- und Atomstrom und dem klassischen Modell sogenannter Grundlastkraftwerke würde auf Dauer den Ausbau der erneuerbaren Energien behin-dern. Atom und Kohle bleiben nur wirt-schaftlich, wenn der bisher gesetzlich ga-rantierte Vorrang der erneuerbaren Ener-gien gekippt würde. Mit einem solchen Schritt würde Deutschland aber nicht nur seine Klimaschutzziele gefährden, sondern auch den erfolgreichen und zukunftsträchti-gen Wirtschaftszweig der erneuerbaren Energien ausbremsen und hunderttausen-de Arbeitsplätze gefährden.

Notwendig ist also ein Systemwechsel in der Stromversorgung. Erforderlich ist ein intelligentes, flexibles System der Stromer-zeugung, in dem sich schwankende regene-rative Energien einerseits und je nach Bedarf steuerbare Öko-Kraftwerke sowie zusätzliche Speichermöglichkeiten anderer-seits ergänzen und die Versorgungssicher-heit der Zukunft garantieren. Schwarm-Strom ist unsere Antwort auf diese Heraus-forderung.

Intelligente Energie – Schwarm-Strom, wenn der Wind nicht weht

Die derzeit beste Technologie zur flexiblen und klimaverträglichen Stromerzeugung ist die Kraft-Wärme-Koppelung. Es handelt sich um eine hocheffiziente, dezentrale, si-chere und umweltschonende Energieerzeu-

gung. Strom aus Kraft-Wärme-Koppelung auf Basis von Erdgas gilt deshalb als Ökostrom. Das ZuhauseKraftwerk, das ge-meinsam von Volkswagen und LichtBlick entwickelt wurde, setzt diese Technologie besonders effizient um.

Bei Erzeugung von SchwarmStrom orien-tiert sich LichtBlick am Strompreis. Je schneller der Ausbau von Windkraft und Sonnenenergie voranschreitet, desto stär-ker richtet sich das Stromangebot nach den Wind- und Sonnenverhältnissen. Der Strompreis gibt dabei das richtige Signal in den Markt – ist der Preis hoch, dann ge-hen Angebot und Nachfrage auseinander, es wird mehr Strom benötigt. Auf diese Weise ergänzt das dezentrale Kraftwerk die schwankende Einspeisung aus den er-neuerbaren Energien. Vereinfacht gesagt: LichtBlick liefert immer dann Schwarm-Strom, wenn der Wind nicht weht.

LichtBlick steuert jedes einzelne Zuhause-Kraftwerk „intelligent wärmegeführt“. Ein Wärmespeicher ermöglicht es LichtBlick, den Betrieb des ZuhauseKraftwerks an die Nachfrage im Strommarkt anzupassen und vom aktuellen Wärmebedarf im Gebäude zu entkoppeln. Die bei der Stromerzeu-gung entstehende Wärme wird gespeichert und steht so – dem Bedarf des Kunden ent-sprechend – jederzeit für Heizung und Warmwasser zur Verfügung.

Anders als klassische Blockheizkraftwerke ist das Betriebskonzept der ZuhauseKraft-werke nur auf vergleichsweise wenige Be-triebsstunden im Jahr ausgelegt. Etwa 1.500 Stunden im Jahr soll eine Anlage lau-fen und dann vor allem die Nachfragespit-zen im Strommarkt decken. In dieser Zeit wird ausreichend Wärme erzeugt, um den Bedarf der Gebäude zu decken.

Mit steigender Verfügbarkeit am Markt will LichtBlick statt Erdgas klimaneutrales Bio-gas für den Betrieb der ZuhauseKraftwerke einsetzen. Biogas ist heimisch, regenerativ

und klimaneutral und spielt eine wichtige Rolle in der künftigen Energie- und Klimapo-litik. Potenzialanalysen gehen davon aus, dass Biogas in Zukunft einen erheblichen Teil des Gasbedarfs in Europa decken kann.

Hohes Marktpotenzial

Das ZuhauseKraftwerk ist das erste Block-heizkraftwerk für den Massenmarkt. Auf-grund des erheblichen Modernisierungsbe-darfs bei den Heizungen im Gebäudebe-stand ist das Marktpotenzial für die Zuhau-seKraftwerke hoch – die Anlage ist für hunderttausende Immobilienbesitzer in Deutschland attraktiv. LichtBlick wendet sich an Hauseigentümer, Wohnungsbauge-sellschaften, Gewerbetreibende, Kommu-nen, soziale Einrichtungen oder Kirchen mit einem Wärmebedarf von mindestens 40.000 Kilowattstunden im Jahr.

LichtBlick schnürt für seine Kunden ein at-traktives Leistungspaket in Form eines Wär-meliefervertrages und eines einmaligen In-vestitionszuschusses von nur 5.000 Euro brutto. Neben den geringen Kosten ist auch der gesellschaftliche Nutzen für viele Kunden ein wichtiges Verkaufsargument – das ZuhauseKraftwerk ist nachhaltiger Kon-sum im besten Sinne. Kunden, die sich für das ZuhauseKraftwerk entscheiden, beteili-gen sich aktiv an der Energiewende.

Das Angebot überzeugt die Verbraucher. In den ersten drei Monaten nach Bekanntga-be der Kooperation zwischen LichtBlick und Volkswagen haben sich bereits mehr als 30.000 Interessenten registrieren lassen. LichtBlick baut die ersten ZuhauseKraftwer-ke ab Juni 2010 in Hamburg, der Region Wolfsburg und Berlin ein. Ab 2011 werden die Anlagen dann auch in weiteren Regio-nen, mittelfristig in ganz Deutschland, ver-fügbar sein.

* Dieser Artikel gibt nicht die Meinung des bne wieder,

sondern ausschließlich die Ansicht des Autors.

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Die Liberalisierung des deutschen Strommarktes im Jahr 1998 war für die PCC-Gruppe – die heute mit den Be-reichen Chemie und Logistik in zehn europäischen Ländern, den USA und in China einen kontinuierlichen Ex-pansionskurs steuert – Anlass, bereits 1999 eine eigene Energiesparte zu gründen. Teil dieser Energiesparte ist seit über zehn Jahren die PCC Energie GmbH als Vertriebsgesellschaft im deutschen Markt. Im vorliegenden Ar-tikel beschreiben PCC-Geschäftsführer Marc Ehry und PCC-Energieeffizienzexperte Thomas Radtke die Effizienz-strategien des Unternehmens.

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Die PCC Energie GmbH unterstützt die Bun-desregierung nachdrücklich in dem Bemü-hen, die Strom- und Gasmärkte in Deutsch-land zu liberalisieren. Mit dem Anspruch, eine bundesweite Strom- und Gasver-sorgung sicherzustellen, ist die PCC Ener-gie als unabhängiger Anbieter durch den Handel mit Strom, Gas und Emissionsrech-ten auf den internationalen Märkten in der Lage, Preisvorteile zu generieren und diese an die Kunden aus Industrie- und Gewerbe-betrieben, Dienstleistungsunternehmen, Fi-lialisten und Kommunen weiterzugeben. Die schnellen Reaktionsmöglichkeiten auf die Strom- und Gaspreispreisentwicklung sowie die Unabhängigkeit der Gaspreis-An-gebote von den Entwicklungen des Rohöl-marktes bieten den Kunden die Möglich-keit, auch auf längere Sicht berechenbare und stabile Energiepreise zu sichern. In den vergangenen Jahren ist das Unterneh-men stark gewachsen und plant auch für die nächsten Jahre den Marktanteil als füh-render, unabhängiger Anbieter für Strom und Gas in Deutschland im Segment der Gewerbe- und Industriekunden weiter aus-zubauen. Dies geschieht insbesondere durch eine klare Kundenfokussierung und Serviceorientierung.

Kundenvorteile in Preis und Leistung

Ein wesentlicher Anspruch der Kunden sind günstige Preise, für die PCC Energie steht.

Dazu gehört für das Unternehmen aber auch und gerade ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis. So gehören umfassen-de Beratungsleistungen z.B. zur Energieeffi-zienz und zur Energieeinsparung zum An-gebot des Unternehmens – für Kunden er-gibt sich daraus ein doppelter wirtschaftli-cher Nutzenvorteil.

Gewerbe- und Industriekunden haben be-sondere Anforderungen an Energiedienst-leistungen. Für diese Unternehmen ist es wichtig, schnell und einfach eine Übersicht über die Energiekosten und ihre Ver-brauchsstruktur zu erhalten. Insbesondere bei mehreren Abnahmestellen legen die Unternehmen Wert auf eine hohe Daten-qualität. Unregelmäßigkeiten müssen kurz-fristig festgestellt und beseitigt werden, sie führen sonst schnell zu hohen Zusatzkos-ten.

Zukünftig werden für Gewerbe- und Indus-triekunden deshalb Energiedienstleistun-gen immer stärker in den Vordergrund rücken. Hier bieten sich weitreichende Möglichkeiten sowohl bei leistungsgemes-senen als auch bei Lastprofil-Kunden.

Der Messstellenbetrieb gewährleistet den direkten und zeitnahen Zugriff auf die Messwerte und sichert so ein effizientes be-triebliches Energiemanagement. Dies ist Grundlage zur Optimierung des Energieein-kaufes, zur Vermeidung von Lastspitzen

und Blindverbräuchen, die immer noch einen bedeutenden Bestandteil der Ener-giekosten von Unternehmen ausmachen. Auch die Etablierung eines dauerhaften Energie-Benchmarks senkt nachhaltig die Kosten in den Unternehmen. Weiterhin bie-ten diese Systeme eine gesicherte Daten-grundlage für Energieeffizienzberatungen. Diese zeigen weitere Einsparpotenziale auf und geben Handlungsalternativen, um sinn-voll dezentrale Energieerzeugungsanlagen und erneuerbare Energien anzuwenden.

PCC als starker Partner für Energiedienstleistungen

PCC beschäftigt sich bereits seit 2007 mit dem Messstellenbetrieb. Zunächst durfte hier nur der Zähler betrieben werden. En-de 2008 wurde dann auch endlich die Mes-sung liberalisiert, wodurch es nun möglich ist, sehr zeitnah und lückenlos das Energie-managementsystem zu befüllen, um ein umfassendes und dauerhaftes Energie-Controlling durchzuführen. Auf diese Wei-se kann auch der Energieeinkauf optimiert werden, da Änderungen im Abnahmever-halten schnell auffallen und Gegenmaßnah-men unverzüglich eingeleitet werden kön-nen. Unternehmen mit mehreren Abnahme-stellen und insbesondere Kettenkunden schätzen zudem ein effektives Energie-Benchmark. Beispielsweise werden Kenn-zahlen wie Energieverbrauch pro Quadrat-meter oder pro Mitarbeiter definiert. So

Effizienzmaßnahmen

Bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen gefordert

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werden die unterschiedlichen Abnahmestel-len nach Typen kategorisiert und signifikan-te Schwellenwerte definiert. Werden diese über- oder unterschritten, wird ein Alarm ausgelöst und die Ursache analysiert. Häu-fig lassen sich durch geringinvestive Maß-nahmen wie Präsensmelder oder Tempera-turüberwachungen einfach Energie und da-mit Kosten einsparen.

Durch das Energiemanagement lassen sich zudem die Betriebsabläufe optimieren und teure Lastspitzen vermeiden. Falls or-ganisatorische Maßnahmen nicht möglich oder bereits ausgeschöpft sind, bieten sich oft einfache und kostengünstige Alternati-ven an: Gibt es im Jahr nur wenige Spitzen-lastzeitpunkte, kann etwa ein elektroni-sches Lastmanagement Spitzenlasten durch ein gezieltes und kurzfristiges Ab-schalten oder Reduzieren von Großverbrau-chern vermeiden. Auch eine effiziente Blindenergie-Überwachung senkt die Energiekosten von Unternehmen. Diese Verluste können durch ein kontinuierliches Energie-Controlling vermieden bzw. redu-ziert werden.

Für Gewerbe und kleine Industriebetriebe bietet sich die Möglichkeit von geförderten Energieeffizienzberatungen. Das obers-te Ziel dieser Beratungen ist die Analyse über Mengen und Kosten des gesamten Ist-Energieverbrauchs. Hier werden zunächst die vergangenen Energiekosten anhand von Energierechnungen analysiert. Zusätz-lich können die Auswertungen aus dem Energiemanagementsystem herangezogen werden.

Danach werden die Beratungsschwerpunk-te definiert. Dies kann die Analyse des Energieaufwandes für den Produktionspro-zess, die Beleuchtung, die Konditionierung der Raumluft oder die Gebäudehülle sein. Im Anschluss daran nimmt der Berater die Gegebenheiten in einem Vor-Ort-Termin auf, um sich ein detailliertes Bild zu ma-chen. Danach wird ein Energieberatungsbe-richt erstellt, der die energetischen Schwachstellen aufführt. Die einzelnen Schwachstellen werden bewertet und die Kosten für die Maßnahmen grob abge-schätzt, um hieraus eine Priorisierung für den Maßnahmenkatalog abzuleiten. Hier können auch verschiedene Szenarien von Maßnahmen betrachtet werden.

Marc Ehry ist Geschäftsführer der PCC Energie GmbH sowie der PCC Tech-nik GmbH. Der ausgebildete Bankkaufmann begann seine Karriere bei der Pe-tro Carbo Chem GmbH im Jahr 1999, zunächst als Key Account Manager, dann als Business Development Manager. 2002 übernahm er die Geschäftslei-tung der heutigen PCC Energie GmbH. 2006 wurde Ehry ebenfalls in die Ge-schäftsleitung der PCC Technik GmbH berufen.

Thomas Radtke ist bei der PCC Energie GmbH zuständig für den Bereich Energiedienstleistungen. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Gelsenkirchen und arbeitete nach seinem Abschluss im Jahr 2003 für einen lo-kalen Energieversorger im Bereich Lastprognose und Versorgungsmanage-ment. Seit 2005 ist er bei der PCC Energie GmbH beschäftigt, wo er zunächst für den Bereich Bilanzkreis- und Energiedatenmangement zuständig war.

Im Besonderen wird auch auf den sinnvol-len Einsatz von erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen eingegan-gen. Die Vor- und Nachteile werden dem Kunden genau erklärt und auf weitere För-dermöglichkeiten wird hingewiesen.

Der rechtliche Rahmen muss stimmen

Als hilfreiches und sinnvolles Förderinstru-ment für Energieeffizienzberatungen hat sich der „Sonderfonds Energieeffizienz in KMU“ der KfW erwiesen. Dieser ermöglicht auch kleineren Unternehmen Energieeffizi-enzpotenziale aufzudecken.

Im nun anstehenden Gesetzgebungsverfah-ren für das Energieeffizienzgesetz sollte der Gesetzgeber darauf achten, dass keine Formulierungen in das Gesetz mit aufge-nommen werden, die regionale oder lokale Unternehmen bevorzugen. Hierdurch wür-de der Wettbewerb für bundesweit tätige Unternehmen, die energienahe Dienstleis-tungen anbieten, erschwert. Auch Formu-lierungen, die die wettbewerblichen Bedin-gungen für das Messwesen negativ beein-flussen, müssen vermieden werden.

Ein Hemmschuh für Messdienstleistungen ist heute immer noch die unklare Rechtsla-ge: Obwohl Messstellenbetrieb und Mes-sung durch das EnWG 2008 liberalisiert wurden, ergeben sich in der Praxis oft gra-vierende Hindernisse. So müssen – man-gels Standardisierung – mit jedem Netzbe-treiber individuelle Vereinbarungen zum Datenaustausch ausgehandelt werden. Auch die Messstellenrahmenverträge und Messrahmenverträge sind, obwohl ein ge-

setzlicher Anspruch für den Messstellenbe-treiber besteht, oft nur nach hartnäckigem Nachfragen zu erhalten. Auf den Inter-netseiten der Netzbetreiber ist oft der lapi-dare Hinweis zu finden, dass die Verträge sich zurzeit in der Überarbeitung befän-den. Weiterhin sind die technischen Min-destanforderungen bei vielen Netzbetrei-bern ein beliebtes Feld, den Wettbewerb zu behindern.

Eine zusätzliche Schwierigkeit ergibt sich bei leistungsgemessenen Kunden. Zwar ist der Netzbetreiber verpflichtet, technische Einrichtungen anzubieten, doch auch hier lassen sich die Netzbetreiber viele Modelle einfallen, um dem neuen Messstellenbetrei-ber den Zugang zur Messstelle zu erschwe-ren. Im Gasbereich können zwar durch den Messstellenbetreiber zeitnah Messwer-te beschafft werden, doch die nötigen Brennwerte werden von den Netzbetrei-bern zu spät übermittelt, wodurch der Vor-teil einer schnellen Abrechnung unmöglich gemacht wird.

Bei den veröffentlichen Netzentgelten der Netzbetreiber gibt es ebenfalls Handlungs-bedarf. So ist die Höhe von Messentgelten oft nicht nachvollziehbar und legt eine Quersubventionierung nahe. Hier ist die Bundesnetzagentur gefordert, die genauer prüfen und endlich einheitliche Rahmenbe-dingungen schaffen müsste. Damit für die Marktpartner künftig gleiche und vor allem bundesweit einheitliche Bedingungen be-stehen, ist es enorm wichtig, dass der Re-gulierer nach der nun anstehenden Konsul-tationsrunde schnell verbindliche Regelun-gen festlegt.

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Zum Thema Stromnetzausbau haben die verschiedensten Gruppen ihre ganz eigene Meinung: Netzbetreiber, Er-zeuger, Lieferanten und Bürger argumentieren aus vollkommen unterschiedlichen Perspektiven. Durch die Ein-richtung des Forums „Netzintegration der Erneuerbaren Energien“ ist es der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ge-lungen, die heterogenen Parteien an einen Tisch zu holen. Dr. Peter Ahmels, Netz-Experte der DUH, schildert die ersten Erfahrungen, Ergebnisse und künftigen Herausforderungen.

bne perspektive

Die Entwicklung der erneuerbaren Energien ging schneller voran, als es von vielen für möglich gehalten wurde. Bessere Wirkungs-grade, höhere Masten bei Windenergieanla-gen und eine hohe Akzeptanz für den Aus-bau der Erneuerbaren trugen dazu bei. Doch mit dem Ausbau wurde auch klar, dass das Netz an einigen Stellen an seine Grenzen stößt und die Energie nicht mehr aufnehmen kann. Zwar sind die Netzbetrei-ber gesetzlich zum Ausbau verpflichtet, aber der Bau neuer Leitungen zieht sich we-gen fehlender Akzeptanz in der Bevölkerung über Jahre hin. Die Notwendigkeit des Aus-baus wird besonders von denjenigen in Fra-ge gestellt, die von neuen Leitungen betrof-fen sind und sich um den Wertverlust ihrer Immobilien, Gesundheitsgefahren oder Land-schaftsbildveränderungen Sorgen machen.

Die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien geriet aus diesem Grund an eini-gen Stellen ins Stocken: Windenergieanla-gen mussten trotz Wind abgeschaltet wer-den, CO2-freier Strom konnte nicht erzeugt werden. Perspektivisch besteht die Gefahr, dass – trotz umfassender Planung notwen-

diger Stromleitungen – wegen fehlender Umsetzbarkeit des Leitungsausbaus eine Dekarbonisierung der Energieerzeugung nicht so schnell zu machen ist.

Ein Forum für mehr Akzeptanz

In dieser Situation wurde von der Deut-schen Umwelthilfe das Forum „Netzintegra-tion der Erneuerbaren Energien“ mit freundlicher Unterstützung des Bundesum-weltministeriums gegründet. Es ist eine Diskussionsplattform, auf der nach Wegen gesucht wird, den Netzausbau voranzubrin-gen. Das besondere an diesem Forum ist, dass dort erstmalig gesellschaftliche Grup-pen an einem Tisch sitzen, die sonst in der Öffentlichkeit als Kontrahenten wahrge-nommen werden. Dazu gehören Netzbetrei-ber, Bürgerinitiativen, Verbände und auch Kommunen. Insgesamt besteht das Forum aus etwa 100 Teilnehmern, die zweimal im Jahr zusammen kommen, diskutieren und die von einem Steuerkreis vorbereiteten Empfehlungen abstimmen und verabschie-den. Dieser Steuerkreis wiederum, trifft sich alle sechs Wochen und setzt sich aus

dem gleichen Spektrum wie das Forum selbst zusammen, sodass alle Aspekte der gesellschaftlichen Debatte bereits enthal-ten sind – interessierte Gäste sind jeder-zeit willkommen. Die Positionen des Fo-rums Netzintegration werden dabei so for-muliert, dass sich darin jeder der Beteilig-ten wiederfinden kann. Abstimmungen über mehrheitsfähige Formulierungen sind nicht vorgesehen.

Ziel des Forums ist die Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die Politik. Darin sollen die Themen aufgeführt wer-den, die von allen Teilnehmern gemeinsam als neuralgische Punkte für einen schnelle-ren Netzausbau wahrgenommen werden. Dabei nimmt das Forum kein Blatt vor den Mund: Auch Hinweise auf notwendige Än-derungen am Gesetzesrahmen sind in je-nen Handlungsempfehlungen enthalten.

Akzeptanz – eine vielschichtige Herausforderung

In der Auftaktveranstaltung des Forums wurde deutlich, dass das Thema nicht ein-

Stromnetze

Ausbau erst nach Optimierung!Gastartikel der Deutschen Umwelthilfe e.V.

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bne perspektive

fach auf eine konkrete Stromleitung und deren unmittelbare lokale Auswirkung zu begrenzen ist.

Die Teilnehmer stellten eine Fülle von Fra-gen, die generell mit dem Netzausbau zu-sammenhingen. Klarzustellen galt, dass sich die Struktur der Stromerzeugung än-dert. Aus der ehemals verbrauchernahen, zentralen Erzeugung wird eine sowohl de-zentrale als auch zentrale – allerdings ver-braucherferne Erzeugung. Windparks an den Küsten ersetzen Kraftwerke nahe den Städten. Neue Leitungen erfüllen einen simplen Zweck: sie müssen Windparks und Verbraucher wieder zusammenbringen. Ebenfalls angesprochen wurden technische Maßnahmen wie etwa Leiterseil-Monitoring oder Hochtemperaturseile. Auch dezentrale Stromerzeugung oder die Einführung eines Smart Grids wurden vorgeschlagen, um Lei-tungsneubau zu vermeiden.

Insgesamt stellte sich heraus, dass ein sehr hoher Informationsbedarf bei den Teil-nehmern bestand. Das Forum hat deshalb zusätzlich zu den Treffen für die Hand-lungsempfehlungen eine umfassende Ver-anstaltungsreihe in Berlin aufgelegt, bei der regelmäßig ausgewiesene Experten als Referenten eingeladen werden. Auch die Ergebnisse dieser Workshops fließen in die Handlungsempfehlungen ein.

Am Ende steht der Leitungs-Neubau

Aus all den geführten Debatten hat sich er-geben, dass Maßnahmen wie Smart Grid oder Leiterseil-Monitoring zwar geeignet sind, das vorhandene Netz zu entlasten, besser auszunutzen oder eine bessere Ein-bindung der Erneuerbaren Energien zu er-möglichen. Den Leitungs-Neubau können diese Maßnahmen jedoch nicht vollständig ersetzen.

Dennoch sind diese Diskussionen wichtig: Es muss klar sein, welche Alternativen es zum Netzausbau gibt und wie das vorhan-dene Netz besser ausgenutzt werden kann.Erst dann entsteht überhaupt eine grund-sätzliche Bereitschaft zur Diskussion über die energiepolitische Notwendigkeit neuer Leitungen.

Alle an den Streitgesprächen Beteiligten hatten umfassende Informationen, aus de-nen sich am Ende die Formulierungen für die Handlungsempfehlungen ableiten lie-ßen. Obwohl dabei deutlich wurde, dass keiner der Mitwirkenden aus der Position eines konkret und persönlich Betroffenen heraus argumentiert hatte, wurde eine Rei-he von Vorschlägen entwickelt, nach de-nen der Netzausbau so gering wie nötig ge-halten werden sollte.

Ein immer wieder erwähnter Punkt war die Möglichkeit, die Kosten für solche qualitäts-basierten Maßnahmen auf die Netzkunden umzulegen. Bisher wird das Netz streng nach Effizienzrichtlinien ausgebaut – Be-gleitmaßnahmen zur Integration erneuer-barer Energien sind darin nicht enthalten.

Bei all diesen Punkten war es möglich, dass auch so verschiedene Akteure wie et-wa Netzbetreiber und Neue Anbieter am Ende zu übereinstimmenden Empfehlun-gen für die Politik kamen, welche netzent-lastenden Maßnahmen notwendig seien. Hilfreich war dabei das jeweilige Spezialwis-sen der Teilnehmer. Besonders strittige Fra-gen konnten außerhalb der Sitzung im Dia-log geklärt und dann in den Steuerkreis zu-rückgegeben werden.

Akzeptanz auch bei persönlicher Betroffenheit?

Schwieriger gestaltet sich der Diskussions-prozess, wenn persönliche oder lokale Be-troffenheit vorhanden ist. Dies war bei ver-schiedenen Veranstaltungen vor Ort festzu-stellen.

Die Sichtbarkeit einer Leitung, die Sorge vor elektromagnetischen Feldern, der Wert-verlust von Grundstücken oder der Eingriff in Natur und Landschaft sind die Hauptar-gumente der Ausbau-Gegner. Diese Beden-ken müssen besonders sorgfältig geprüft werden. Die Bereitschaft von Betroffenen, besondere Belastungen für die Allgemein-

heit oder einen Netzbetreiber ohne eine – wie auch immer geartete – Entschädigung auf sich zu nehmen, ist hier naturgemäß gering. Die Diskussion über Lösungsmög-lichkeiten steht noch aus, es sollten unse-rer Ansicht nach dringend Erfahrungen aus anderen Ländern gesammelt werden.

Ein Schlüssel liegt möglicherweise in einer noch transparenteren Planung als bisher, die jedem Bürger – etwa per Internet – die Möglichkeit gibt, sich frühzeitig an der Pla-nung zu beteiligen und nicht auf Auslege-fristen und dergleichen achten zu müssen. Die Abwägungen einer Behörde für oder gegen eine Trasse sind so leichter nachzu-vollziehen.

Die Möglichkeit der Teilerdverkabelung be-sonders in Siedlungsnähe wird ebenfalls häufig als Möglichkeit zur Auflösung des Konfliktes gesehen. Sie ist nach dem neu-en Energieleitungsausbaugesetz auf vier Pi-lotstrecken des Höchstspannungsnetzes möglich. Auch hier stehen praktische Erfah-rungen zur Akzeptanzverbesserung aller-dings noch aus.

Vor dem Ausbau steht die Verstärkung bestehender Leitungen

Umwelt- und sozialverträglicher Netzaus-bau ist nur dann möglich, wenn alle Alter-nativen zum eigentlichen Netzausbau aus-geschöpft sind. Dazu gehören Maßnahmen zur Optimierung und Verstärkung des vor-handenen Netzes – auch neue Chancen zur Integration erneuerbarer Energien (Stichwort Smart Grid) müssen ausgebaut werden. Schließlich ist eine umfassende Transparenz der Planung notwendig. Per-sönliche Betroffenheit spielt eine ganz be-sondere Rolle. Die Auflösung des Konflikts zwischen der Notwendigkeit des Leitungs-ausbaus und jener ablehnenden Haltung betroffener Bürger stellt eine der größten künftigen Herausforderungen des Forums Netzintegration dar, an der alle Seiten ge-meinsam arbeiten müssen.

Dr. Peter Ahmels ist seit 2009 Leiter der Abteilung erneuerbare Energien bei der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) in Berlin. Nach dem Studium der Landwirtschaft übernahm er zunächst den elterlichen Hof. Seit 1995 ist er Mit-glied im Vorstand des Windenergieverbandes, von 1997 bis 2007 war Ahmels Präsident des Bundesverbandes Windenergie. Er ist verheiratet, hat vier Kin-der und lebt in Berlin und Friesland.

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In Großbritannien müssen Energielieferanten bereits seit einigen Jahren für die Energieeffizienzmaßnahmen und CO2-Einsparungen ihrer Kunden gerade stehen. Kommen die Energieanbieter den Vorgaben der britischen Regierung nicht nach, drohen horrende Strafzahlungen. Frances Williamson von der Energy Retail Association (ERA) nennt die gesetzlichen Rahmenbedingungen und berichtet über die Erfahrungen ihrer Mitglieder.

bne perspektive

Im März wurde die sehnlich erwartete Pu-blikation des britischen Energie- und Um-weltministeriums “Warm Homes, Greener Homes: A Strategy for Household Energy Management” (HEM) veröffentlicht. Das Dokument beschreibt die Strategie der bri-tischen Regierung, Verbraucher dabei zu unterstützen, ihre Häuser besser zu däm-men, durch Reduzierung des Energiever-brauchs Geld zu sparen und mehr Ge-brauch von erneuerbaren Kleinenergieanla-gen und kohlenstoffarmen Energiequellen zu machen. Diese ambitionierten und span-nenden Pläne bedeuten im Vergleich zur heutigen Vorgehensweise einen qualitati-ven Sprung – und Energieversorger spielen bei der Erreichung dieser Pläne eine Schlüsselrolle.

Geplant ist, dass bis 2015 jeder Haushalt (bei dem dies durchführbar ist) eine Dach-boden- und Hohlraumdämmung erhalten soll. Intelligente Zähler und entsprechen-de Displays sollen bis 2020 in jedem Haus-halt zu finden sein und bis zu sieben Mil-lionen Haushalte sollen dann über ein “Öko-Upgrade” verfügen – durch z.B. Voll-wandisolierungen oder Wärmepumpen. Vermieter müssen das Energieeffizienzni-veau ihrer Häuser verbessern und in städ-tischer Umgebung wird Fernwärme geför-dert werden. Die Regierung sagt voraus, dass in diesem neuen Industriesektor der Energieeffizienz – von der Installation und der Durchführung von Energiesparmaß-nahmen bis hin zur Effizienzberatung von Haushalten – bis zu 65.000 Stellen ge-schaffen werden.

Neben der Veröffentlichung von HEM erleb-ten wir im März den Abschluss der Konsul-tation zur Frage, wie die Regierung mit

den Verpflichtungen der Energieanbieter zwischen dem Ende der jetzigen Regelung und dem Start von HEM umgeht. Das soge-nannte “Carbon Emissions Reduction Tar-get 2008-2011“ (CERT) ist die dritte Drei-jahres-Phase einer Verpflichtung für natio-nale Energieanbieter, die alle Lieferanten mit mehr als 50.000 Kunden zwingt, CO2-Einsparungen bei Haushaltskunden zu be-wirken. CERT ist erheblich ambitionierter als das zwischen 2005 und 2008 geltende, sogenannte „Energy Efficiency Commit-ment“ (EEC): der Umfang der Maßnahmen unter CERT wurde im Vergleich zu EEC verdoppelt.

„Sollten die Lieferanten ihr Ziel ver-fehlen, droht ihnen eine Strafe von bis zu 10 Prozent ihres weltweiten jährlichen Umsatzes.“

Als CERT im April 2008 startete, mussten Energieanbieter Maßnahmen ergreifen, die, gerechnet auf ihre Lebensdauer, zu CO2-Einsparungen von 154 MtCO2 führen – das entspricht den jährlichen CO2-Emissio-nen von rund 700.000 Haushalten. Anfang 2009 wurden – als Teil des “Prime Minis-ter’s £1billion Home Energy Saving Pro-gramme” – die Ergebnisse der Konsultation über die geplanten Änderungen des CERT 2008-2011 veröffentlicht. Das Ergebnis ver-anlasste die Regierung die CERT-Ziele um weitere 20 Prozent anzuheben. Damit er-höhte sich das Ziel der zu erreichenden Menge an CO2-Einsparungen des Pro-gramms, gerechnet auf die Lebensdauer der durchgeführten Maßnahmen, auf 185MtCO2 (31MtCO2 mehr als die ursprüng-liche CERT-Zielvorgabe). Die Regierung schätzt, dass Energieanbieter ungefähr 2,8

Energieeffizienzvorgaben in Großbritannien

Lieferanten fordern verlässliche LangzeitplanungGastartikel der britischen Energy Retail Association

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Mrd. Pfund investieren müssen, um sicher-zustellen, dass sie ihr Ziel erreichen. Soll-ten die Lieferanten ihr Ziel verfehlen, droht ihnen eine Strafe von bis zu 10 Prozent ih-res weltweiten jährlichen Umsatzes. CERT schreibt vor, dass Energielieferanten 40 Prozent ihrer Maßnahmen auf eine „Priori-ty-Group“ von besonders schutzbedürfti-gen, sozial schwachen Haushalten fokussie-ren – einschließlich Beihilfeberechtigter und über 70-jähriger Rentner. Damit unter-stützen die Energieanbieter, soweit mach-bar, die Regierung in ihrem Anliegen, die sogenannte Brennstoff-Armut in besonders schutzbedürftigen Haushalten bis 2010 und in den übrigen Haushalten bis 2016 zu beseitigen. „Brennstoffarm“ ist ein Haus-halt laut Definition der Regierung dann, wenn mehr als 10 Prozent des Haushalts-einkommens für den Brennstoff ausgege-ben werden, der für eine adäquate Behei-zung der Räume notwendig ist. Energie-preise mögen einer der Gründe für Brenn-stoff-Armut sein – jedoch zeichnen ein niedriges Haushaltseinkommen sowie eine geringe Energieeffizienz der Wohnung in gleichem, wenn nicht sogar in höherem Maße dafür verantwortlich.

Hier liegt eine der Herausforderungen der britischen „Carbon Emissions Reduction“- Programme: Zwei Schlüssel-Ziele in einem Instrument zu vereinigen, erhöht das Risi-ko und die Kosten der Durchführung – und führt damit potenziell zu einer höheren Rechnung für den Verbraucher – was wie-derum mehr Menschen in die Brennstoff-Ar-mut treibt.

Wie die Anbieter ihre Verpflichtung erfül-len, ist – in Grenzen – dem wettbewerbli-chen Markt überlassen. Aus diesem Grund

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bne perspektive

weiß niemand genau, was die Durchfüh-rung tatsächlich kostet (obwohl es klare fi-nanzielle Anreize dafür gibt, so kostengüns-tig wie möglich zu arbeiten) oder in wel-cher Art und Weise diese Kosten auf Kun-den, Anteilseigner oder die Gewinnmarge umgelegt werden.

Um die Kosten so gering wie möglich zu halten, ist eine Langzeit-Planung entschei-dend – und hier liegt eines der Hauptthe-men der CERT-Verlängerungs-Programme: Die 21-Monats-Phase, in der man das ge-genwärtige CERT-Programm mit den Regie-rungs-Plänen in Sachen CO2-Berichterstat-tung in Einklang gebracht hat, sind als Ge-legenheit genutzt worden, um Veränderun-gen an den existierenden Zielvorgaben vorzunehmen und zusätzliche aufzuneh-men – wie etwa die Zielvorgabe eines Mini-mums von 65 Prozent Dämmung und einer 10-Prozent „Super-Priority-Group“. Auch sind aufgrund von Marktentwicklungen be-stimmte Maßnahmen – wie z. B. Energie-sparlampen – von der Optionsliste, die Energieanbieter nutzen können, um ihre Ziele zu erreichen, wieder verschwunden.

Während Lieferanten sehr daran interes-siert sind, so viele Häuser wie möglich zu isolieren, legen die neuesten Zahlen der britischen Regulierungsbehörde Ofgem die Vermutung nahe, dass der derzeitige Grad der Dämmung schon bei etwa 63 Prozent liegt – was zur Frage führt, ob ein Däm-mungs-Minimum von 65 Prozent hier über-haupt angeordnet werden muss.

Lieferanten sind außerdem sehr darum be-müht, so vielen bedürftigen und sozial schwachen Verbrauchern wie möglich zu helfen. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die sogenannte „Super-Priority-Group“ nicht schon jetzt Unterstützung er-hält. Sicher ist, dass die Einführung einer entsprechenden Zielvorgabe die Kosten er-höht, die daran geknüpft sind, jene Ver-braucher zu finden und zu gewährleisten, dass sie alle relevanten Maßnahmen erhal-ten. Um das Marktsegment der „Priority-Group“ zu treffen, bieten Energieanbieter ihre Maßnahmen bereits heute unentgelt-lich an – weil es kaum Interesse an Dach-boden- und Hohlraumdämmung gibt und noch weniger an Vollwandisolierungen. Nie-mand weiß, was Lieferanten alles werden anbieten müssen, um die 10-prozentige

Zielvorgabe der „Super-Priority-Group“ zu erfüllen.

CERT ist nicht die einzige Vorgabe zur CO2-Reduzierung für Energielieferanten. Das „Community Energy Saving Programme” (CESP) wurde am 11. September 2008 als Hauptteil des Regierungsplans verkündet, Haushalte in sozial schwachen Gegenden zu unterstützen. Nach einer Konsultations-phase, in der über 180 Stellungnahmen eingingen, startete das 350 Millionen-Pfund-Programm am 1. September 2009. Ausgerichtet auf lokale Gemeinden und ausgerüstet mit einem „Gesamt-Haus-An-satz“ (z.B. ein individuell für einen Haus-halt zusammengestelltes Paket von Ener-gieeffizienzmaßnahmen) fördert CESP an-dere Maßnahmen, als vorherige Program-me und ermutigt Lieferanten darüber hinaus, lokale Behörden und Akteure mit einzubeziehen.

Durch diese partnerschaftliche Herange-hensweise soll es zu einer Implementie-rung von CESP kommen, die am besten zu den jeweiligen Gegenden passt. Außerdem soll CESP sich mit anderen lokalen und na-tionalen Initiativen koordinieren lassen. Die Regierung hofft, dass rund hundert solcher Maßnahmen durchgeführt werden, von de-nen etwa 90.000 Haushalte profitieren sol-len und durch die nahezu 2,9 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden können. Bis zu 300 Pfund an Brennstoff-Kosten sollen betroffe-ne Haushalte durch das Programm jährlich einsparen.

Derzeit wird CESP überprüft und evaluiert, um die daraus zu ziehenden Lehren bei der Entwicklung künftiger Programme nutzen zu können. Obwohl das Programm erst knapp die Hälfte seines ersten Jahres hinter sich hat, ist die Regierung stark daran inter-essiert, möglichst schnell erste Erfahrungs-berichte zu erhalten – obgleich dies nicht so einfach sein wird: Die Maßnahmen, die von den Energieanbietern durchgeführt werden, können – aufgrund der Komplexität der

Frances Williamson ist Head of Policy and External Relations der Energy Retail Association (ERA), des Wirtschaftsverbandes der größten nationalen Energielieferanten in Großbritannien. Sie ist verantwortlich für die Zusammen-arbeit zwischen Regulierungsbehörde, Ministerien und Marktbeteiligten, wenn es um Konsultationen oder andere Aktivitäten geht. Williamson ist vorrangig mit den Themen erneuerbare und kohlenstoffarme Energien sowie Beschwer-demanagement befasst.

Maßnahmen und aufgrund der Verträge, die notwendig sind, bevor die Arbeit überhaupt beginnen kann – nicht binnen eines Jahres abgeschlossen werden. Das bedeutet, dass die Resultate als vorläufige Erkenntnisse und nicht als finale Ergebnisse behandelt werden sollten – bei der Entwicklung künfti-ger Programme sollte dieser Umstand be-achtet werden.

Neben CERT und CESP werden ab dem 1. April 2010 Einspeisevergütungen einge-führt (bei denen Haushalts- und andere Kunden Zahlungen für das Erzeugen und Exportieren erneuerbarerer Energie erhal-ten). Das Programm zur Förderung erneu-erbarer Wärme startet im April 2011. Mit dem Ofgem-Prospekt zu intelligenten Zäh-lern, der im Sommer herauskommen wird, und den vielen Diskussionen darüber, wie intelligente Netze den britischen Energie-markt revolutionieren können, scheint die Zukunft leuchtend – und HEM ist, bildlich gesprochen, der Lichtschalter.

Aber bevor wir den Phrasen der „new energy world“ erliegen: Regierung, Energie-industrie, Marktbeteiligte und Verbraucher könnten außerordentlich davon profitieren, wenn sie aus den vorherigen Programmen lernen würden. Aus der Perspektive der Energieindustrie sind Last-Minute-Änderun-gen am CERT-Programm oder anderen nicht hilfreich für zukünftige Planungen.

Energielieferanten sind mehr als willig, ihr Geschäftsmodell zur Reduktion von CO2-Haushalts-Emissionen zu entwickeln und Verbrauchern anzubieten. Ohne ein breiter aufgestelltes Programm allerdings, das die Nachfrage der Verbraucher stimuliert, ohne einen klaren und nachhaltigen Plan der Re-gierung und ohne regulatorische Verläss-lichkeit, wird der Weg zum Erreichen des Ziels einer Reduzierung der britischen CO2-Haushalts-Emissionen steiniger, als es nö-tig wäre.

Aus dem Englischen: KR

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bne intern

Wer am 10. Februar bis zum Ende der bne-Konferenz „Energiemarkt 2.0: Intelligent und effizient“ auf der Essener E-world blieb, wurde mit verblüffenden Vorträgen aus Großbritannien und Dänemark be-lohnt: In diesen Ländern zeichnet sich trotz massiver staatlicher Effizienzvorga-ben für Lieferanten ein echtes Marktbe-wusstsein der betroffenen Energieunter-nehmen ab.

Aufschlussreich waren auch die Vorträge der bne-Mitgliedsunternehmen DSE Direkt-

Service Energie GmbH, LichtBlick AG, Yello Strom GmbH, LBD-Beratungsgesellschaft mbH und Ensys AG. Die Referenten infor-mierten die rund 60 Teilnehmer der Konfe-renz ausführlich und anschaulich über ihre innovativen Effizienzprodukte und deren Anwendungsmöglichkeiten.

Der Vortrag des Energieeffizienzexperten der EU-Kommission, Dr. Marc Ringel, ver-mittelte dem Publikum einen eingängigen Überblick über das komplexe Themenge-biet.

Bei der Darstellung der Rahmenbedingun-gen eines funktionierenden Effizienzmark-tes waren das Wuppertal-Institut und die Deutsche Energieagentur (dena) nicht im-mer einer Meinung: Dr. Tim Wawer von der dena erachtete eine gelungene Infor-mationspolitik als zentralen Punkt, Dr. Wolfgang Irrek vom Wuppertal-Institut sah hingegen die Einrichtung eines Ener-giesparfonds als großen Anreiz – ergänzt um staatlich vorgegebene Standardmaß-nahmen.

KR

Mit der Schaffung des neuen Lenkungsaus-schusses (LA) Energieeffizienz und Messwe-sen hat der bne klar Position bezogen und der stetigen Fortentwicklung auf dem Ener-giemarkt Rechnung getragen. Messung, Energieeffizienzgesetz und Lastprofile – das sind die Themen, mit denen sich die Mitglieder des LA vorrangig befassen. Maß-gebliches Ziel des Lenkungsausschusses ist die wettbewerbliche und verbraucher-freundliche Ausgestaltung der Rahmenbe-dingungen im Bereich der Messdienstleis-tungen. So erarbeiteten die LA-Mitglieder als Teilnehmer eines Workshops im Januar 2010 die Basis einer geeigneten bne-Positi-on in diesem Bereich.

Im Rahmen mehrerer Impulsreferate erläu-terten unter anderem Vertreter der bne Mit-gliedsunternehmen Yello Strom GmbH und LBD-Beratungsgesellschaft mbH die wichtigs-ten Grundlagen zum Messwesen und der ak-tuellen Marktentwicklung. Auch die Meinung der RWE AG wurde angehört. Ergebnis: Es ist nicht zweckmäßig, einen intelligenten Zähler für alle Kundengruppen auf den Markt zu bringen; der vom Bundesumweltmi-nisterium geplante Massen-Roll-out von Smart Meters macht daher aus Sicht der Neuen Anbieter nicht unbedingt Sinn.

Im Bereich Energieeffizienz bereiten die LA-Mitglieder derzeit einzelne Themengebiete

im Hinblick auf einen neuen Entwurf eines Energieeffizienzgesetzes vor. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Anforderun-gen durch zeit- und lastvariable Tarife und die Fortentwicklung der Lastprofile gelegt. Für beide Themenbereiche werden derzeit bne-Positionspapiere erarbeitet.

Dem Lenkungsausschuss ist der Arbeits-kreis Energieeffizienz und Messwesen zuge-ordnet – dessen Mitglieder die im LA erar-beiteten Ziele umsetzen und entsprechende Positionspapiere formulieren. Leiterin des Lenkungsausschusses Energieeffizienz und Messwesen ist Ina Raskop von der Yello Strom GmbH.

Intelligent und effizient: Der bne auf der E-world

Die zunehmende Wettbewerbsintensität auf dem Messmarkt und die steigenden Anforderungen an Unterneh-men im Bereich der Energieeffizienz haben im Oktober 2009 zur Gründung des jüngsten bne-Lenkungsaus-schusses geführt: des LA Energieeffizienz und Messwesen. Zu Themen wie der sinnvollen Umsetzung Brüsseler Effizienzvorgaben, der Einführung intelligenter Messtechnik, der Anpassung von Lastprofilen an neuere Entwick-lungen oder der Einführung von Spartarifen werden hier die Positionen des Verbandes erarbeitet.

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Der Lenkungsausschuss Energieeffizienz und Messwesen:

Einsatz für einen zukunftsfähigen Energiemarkt

CN

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bne stellt vor

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Köpfe der Energiepolitik

Folge 9: Thomas Bareiß, MdBNachdem Dr. Joachim Pfeiffer zum wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag be-rufen wurde, steht ein neues Gesicht im energiepolitischen Rampenlicht: Thomas Bareiß heißt der neue ener-giepolitische Sprecher der Konservati-ven, der den Neuen Energieanbietern im Interview Rede und Antwort steht:

Damit erneuerbare Energien stärker in den Markt integriert werden kön-nen, plädieren Experten für die Ein-führung des Marktprämienmodells. Wann kann die Branche mit einer ent-sprechenden Direktvermarktungsver-ordnung rechnen?

Die Marktprämie soll zusätzliche Anreize für Betreiber von Anlagen zur Stromerzeu-gung aus erneuerbaren Energien schaffen, ihren Strom direkt an der Börse zu verkau-fen und ist überaus wichtig, um mehr Wett-bewerb an den Strommärkten zu ermögli-chen. Erneuerbare Energien müssen sich zukünftig und mit wachsender Bedeutung dem Wettbewerb stellen. Die Förderung des Wettbewerbs bei erneuerbaren Ener-gien und damit auch die Einführung der Markprämie steht weit oben auf der Agen-da der CDU/CSU-Fraktion und muss mit der Novellierung des EEG zum 01.01.2012 eingeführt werden.

Die Laufzeitverlängerung ist so gut wie beschlossen. Wie wird sich Ihre Fraktion jetzt dafür einsetzen, dass die daraus unabdingbar resultieren-den Wettbewerbsverzerrungen auf dem – ohnehin oligopolistisch gepräg-ten – Erzeugermarkt kompensiert werden?

Das sehe ich nicht so. Eine Laufzeitverlän-gerung wird das Problem des Oligopols der vier großen Energieversorgungsunterneh-men nicht verschärfen. Es steht jedoch fest, dass mehr als zwei Drittel der Energie-kapazität in den vier großen Unternehmen angesiedelt ist. Dem treten wir entgegen, indem wir die Energiemarktliberalisierung vorantreiben; durch eine Novellierung des

Wettbewerbsrechts, eine Anreizregulierung sowie eine Liberalisierung des Mess- und Zählerwesens. Wir als CDU/CSU-Fraktion setzen uns dafür ein, die ineffiziente und unzeitgemäße derzeitige Teilung des Strom-netzes zu beseitigen und eine einheitliche Strom-Regelzone zu schaffen. Dies gilt langfristig auch auf europäischer Ebene. Ziel sollte es sein, die Balance zu finden zwischen Großkraftwerken und kleineren Anlagen vor Ort. Die Laufzeitverlängerung muss wettbewerbsneutral ausgestaltet wer-den.

Der Wettbewerb auf dem Gasmarkt braucht dringend verbesserte regula-torische Bedingungen. Welches sind Ihrer Meinung nach die drei wesent-lichsten Punkte, die mit der Novelle der Gasnetzzugangsverordnung durch-gesetzt werden müssten?

Enorm wichtig ist die Reduzierung der An-zahl an Marktgebieten. Ziel ist es, die Marktgebiete schrittweise auf ein Marktge-biet pro Gasqualität zu reduzieren. Zwei-tens muss der Zugang für Gaskraftwerke und Speicher zum Gasnetz erleichtert wer-den; durch einen zeitlich begrenzten An-spruch auf Reservierung von Transportka-pazitäten für Betreiber neuer Gaskraftwer-ke bzw. Speicheranlagen. Gleichzeitig wird die Vergabe von Transportkapazitäten neu geordnet. Ein dritter wesentlicher Punkt ist die Stärkung des Regelenergiemarkts und die Vereinheitlichung der Bedingungen für die Beschaffung von Regelenergie.

Bei der Fassung eines Energieeffizi-enzgesetzes haben das Umwelt- und Wirtschaftsministerium erneut um die Deutungshoheit gestritten. Wel-chen Stellenwert hat für Sie echter Wettbewerb auf dem Effizienz- und Messmarkt?

Ganz grundsätzlich hat Wettbewerb in allen Gebieten einen hohen Stellenwert für mich. Ich vertraue ganz auf die Kräfte des Mark-tes; effiziente Produkte werden sich immer auf dem Markt durchsetzen. Um auf dem Ef-fizienzmarkt mehr Transparenz für die Bür-ger zu schaffen, setzen wir uns beispielswei-se für eine EU-weit einheitliche Kennzeich-nung vom Energieverbrauch von technischen Produkten ein, was ich sehr begrüße. Eben-so trete ich dafür ein, dass wir die Energie-dienstleistungsrichtlinie 1 zu 1 umsetzen, so wie es im Koalitionsvertrag steht. Die Liberali-sierung des Mess- und Zählmarktes ist eine weitere wichtige Maßnahme, um Wettbe-werb zu fördern.

Mit welchen Mitteln sollte die Bundes-regierung ihrer Ansicht nach die im Ko-alitionsvertrag betonte „herausragende Rolle des Wettbewerbs“ im zu erwar-tenden Energiekonzept sicherstellen?

Das kommende Energiekonzept enthält eine ganze Reihe von Maßnahmen, um den Wett-bewerb auf dem Energiemarkt sicherzustel-len. Prinzipiell möchten wir ideologiefrei und technologieoffen fördern, aber Überforderun-gen und damit Marktverzerrungen vermei-den. Konkret wird sich die Bundesregierung gegen die Einführung von Klimazöllen und CO2-Abgaben aussprechen sowie bei der Um-setzung der EU-Richtlinie zur Ausweitung des Treibhausemissionshandels gewährleis-ten, dass energieintensive Branchen nicht un-ter dem CO2-Zertifikatehandel leiden. Wir werden eine Markttransparenzstelle einrich-ten und sie mit weitgehenden Befugnissen ausstatten, um eine transparente Preisbil-dung zu ermöglichen. Wettbewerbshindernis-se im grenzüberschreitenden Stromhandel sollen durch zweckgebundene Engpasserlöse vermieden werden. Wir streben innerhalb Deutschlands ein einheitliches Marktgebiet für Strom und jeweils für L- und H-Gas an.

Thomas Bareiß ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestags und seit 2010 der Koordinator für Energiepolitik der CDU/CSU-Fraktion. Bereits seit 2008 sitzt er im Beirat der Bundesnetzagentur. Der 35-Jährige Betriebswirtschaftler gehört der CDU seit 1994 an und war ab 2002 vier Jahre lang Landesvorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg.

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Für Wettbewerb auf den Energiemärkten

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