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Bo & Mo -kleine Geschichte-

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eine kleine geschichte

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Bo & Mo

-kleine Geschichte-

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Bo & Mo

ISie stiegen in den Wagen. Sie wollten früh los, eventuell irgendwo eine Pause einlegen, um etwas zu essen. Es waren immerhin 700 Kilometer, die vor ihnen lagen. Die Sonne war gerade aufgegangen, als sie den Korb mit den Broten und dem Wasser auf die Rückbank stellten. Mo ließ sich auf de Fahrersitz gleiten. Bo kontrollierte noch einmal die Wohnungstür. Als sie endlich einstieg, seufzte Mo leise und erleichtert. Fertig? fragte er und drehte den Kopf zu ihr. Fertig, gab sie zurück, ließ den Verschluss des Anschnallgurtes einrasten, richtete sich auf und strich ihr Haar über die Schultern nach hinten. Mo ließ den Motor an und steuerte die Autobahnauffahrt an."Ich denke, das kann richtig schön werden." meinte Bo.Mo nickte. Der Parkplatz war einsam, nur wenige Fahrzeuge standen dort um diese Zeit.Der Mond ging auf. Dunkelblaue Wolken an einem dunkelblauen Himmel, fast wie Wasser. Mo dehnte sich und rollte die Schultern, als er den Motor abgestellt hatte. Bo war eingeschlafen. Sie hatte ein wenig in einer Illustrierten geblättert, ein Rätsel gemacht und Mo einen Witz vorgelesen, den sie witziger gefunden hatte als er. Sie hatte Lust auf Bonbons bekommen, dann Durst. Wann sind wir denn endlich, endlich da? Sie hatte Autos gezählt, erst rote, dann blaue, um sich die Zeit zu vertreiben.

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Mo würde sie reintragen müssen und vorsichtig ins Bett legen.Er stieg aus und griff nach den Jacken, denn es war kühl geworden.

IIDie Rückfahrt würde schneller gehen, denn es war Feiertag, LKW-Verbot und kein Berufsverkehr. Mo und Bo packten die leerer gewordenen Taschen in den Kofferraum. Dafür war eine zusätzliche Tüte mit Mitbringseln dazugekommen und setzten sich. Bo würde das erste Stück fahren, Mo irgendwann übernehmen."Das war schön. , sagte er, als sie sich beide mit den anschnallgurten beschäftigten und sich ihre Köpfe dabei in der Mitte der Sitze nah kamen. Bo sagte: Ja, schön. Aber ich freu mich auch auf zu Hause.Mos Gesichtsausdruck zeigte, das er abwog, ob er ihr zustimmen konnte, ob auch er sich auf zu Hause freute, dann gab er ihr eingeschränkt recht.„Aber wir lassen es noch ruhig angehen, versprochen?“„Klar“, sagte Bo. Nach dieser Woche merkte man, dass nun auch hier im Norden der Sommer langsam ankam. Es war trotz der frühen Stunde schon angenehm. Vögel sangen und ganz allmählich stieg die Sonne über den Baumgruppen und Wohngebietsgiebeln auf.„Ich hab das alles sehr genossen“, meinte Bo.Mo schmunzelte und dachte an die vielen zärtlichen und leidenschaftlichen Momente, die er in dieser Woche mit Bo erlebt hatte. Zu Hause blieb oft wenig Zeit dafür. Bo hatte natürlich auch die Restaurantbesuche gemeint und die Ausflüge in die Umgebung, den spontanen Besuch der Freunde, die in der Nähe wohnten und die sie länger nicht mehr

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gesehen hatten.Mo nickte und meinte: „Ich auch.“Bo mochte Mo wegen seiner Nachdenklichkeit. Ab und an waren seine grüblerischen Phasen nicht kompatibel mit ihren spontanen Einfällen, aber im Großen und Ganzen war sie froh, einen besonnenen Menschen gefunden zu haben. Luftikus fühle sie sich selbst genug und Mo ließ sie immer ihre Träume träumen, versuchte nie, sie zu rationalerem Denken zu bewegen. Manchmal dachte sie, obwohl sie sich eigentlich vorgenommen hatte, nie darüber nachzudenken, liebte er sie gerade dafür. Dafür, dass sie das genaue Gegenteil von ihm war. „Wie es wohl wäre, wenn wir hier später einmal lebten?“, fragte Bo und wiederum machte Mo sein nachdenkliches, abwägendes Gesicht, massgeblich bestimmt von diesem einen bestimmten Zug um seinen Mund.„Schön“, meinte er, „bestimmt eine Überlegung wert.“ Eine Weile lang legte er Bo seine Überlegungen dar, erwog mögliche Arbeitgeber, verglich mögliche Wohnorte und Bauformen miteinander, argumentierte mit Infrastruktur und Kinderfreundlichkeit, während Bo eigentlich nur einem theoretischen Traum Ausdruck hatte geben wollen. Aber sie hörte zu und stimmte letztlich mit seinem Fazit überein. Es sei eine Überlegung wert. Wo man auf der Fahrt wohl Brötchen kaufen könne, denn man sei ja morgens nicht mehr zum Schmieren von Broten gekommen. Die Wohnung habe gereinigt und die Taschen fertig gepackt werden müssen, überlegte Bo laut.Mo meinte, im nahen Industriegebiet habe er einen Bäcker gesehen, der bestimmt auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet habe.Bo nickte, meinte, es sei ein Glück, dass Einem die

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Rückfahrt immer kürzer vorkomme.Mo lächelte und sagte, eigentlich etwas verspätet: er könne sich ein Leben am Meer tatsächlich als sehr reizvoll vorstellen und da Bo nur nickte, fuhr er fort:In seinem Job sei es eine Kleinigkeit, dort eine Arbeit zu finden. Man suche dort überall Fachkräfte wie ihn und mit einer guten Anstellung könne er problemlos für Bo und kinder sorgen. Bo sah kurz zu ihm hinüber, weniger von seinen Überlegungen angetan, als Mo es dachte, eher erstaunt, denn bisher waren Kinder kein Teil realer Planungen gewesen. Er könne sich gut vorstellen, ein altes Haus dort oben zu erwerben, da sei ja noch die Erbschaft, die er vor einigen Jahren gemacht habe und ein Job, wie gesagt, dürfte leicht zu finden sein. Sie würden einen Ort wählen, der zwar klein, aber groß genug sei für einen Kindergarten und eine Schule. Er könne pendeln, er sei das gewohnt und in den Industriezentren der Region wolle er schließlich nicht wohnen. Die Autobahnanbindung sei ja gut und der Wagen würde dann halt gegen einen Diesel ausgetauscht werden. Und, zärtlicher, fügte er noch hinzu: Bo würde bestimmt eine ganz großartige, liebvolle Mutter sein und gut für die Kinder sorgen. Ein Lächeln wurde ihm von Bos Seite aus geschenkt, dass er aus Mangel an Ideen einfach als Lächeln nahm, dabei war es ein eher säuerliches, wenn auch wortloses gewesen.Natürlich sei ein Garten ein Muss für ihn, denn Kinder bräuchten auf jeden Fall Natur und einen gewissen Auslauf und Bo habe doch schon immer betont, wie sehr sie das Pflanzen und Pflegen von Blumen und Büschen möge. Er habe das nicht vergessen.An und für sich finde er diese Aufteilung der Pflichten auch gar nicht verwerflich. Sie gewährleiste lediglich,

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dass jeder sich voll auf seine Aufgaben konzentrieren und diese auch bestmöglich erledigen könne. Er könne sich das, jetzt, wo Bo es angesprochen habe, sehr gut bildlich vorstellen. Er ruckelte sein Gesäß tiefer und komfortabler in den weichen Sitz und legte seine linke Hand locker auf Bos warmen Jeansoberschenkel.

Bo sagte nichts mehr. Die Wirte holten die Tische rein und klappten die Sonnenschirme zu. Sie konzentrierte sich, strich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht und startete den Wagen, der nicht gleich ansprang, er war ja schon alt. Sie hatten immerhin 700 Kilometer vor sich.

Ende