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Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen baute und erprobte er die ersten deutschen Motor-flugzeuge. HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

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Branchenprofil

Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Dr. Claus Bauer

Gergana Petkova

Report Nr. 908

Wiesbaden 2016

Eine Veröffentlichung der HA Hessen Agentur GmbH

Postfach 1811

D-65008 Wiesbaden

Konradinerallee 9

D-65189 Wiesbaden

Telefon 0611 / 95017-80

Telefax 0611 / 95017-8313

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Internet www.hessen-agentur.de

Download www.hessen-agentur.de Service Mediathek

Geschäftsführer: Folke Mühlhölzer (Vorsitzender), Dr. Rainer Waldschmidt

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Tarek Al-Wazir,

Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet.

Belegexemplar erbeten.

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Inhalt Seite

Vorwort I

Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen im Überblick 1

Betriebe und Unternehmen 2

Produktpalette und Produktionsschwerpunkte 5

Internationales: Außenhandel und Eigentumsverhältnisse 7

Forschung und Entwicklung 9

Fachkräftenachwuchs 11

Institutionen, Verbände und Clusternetzwerke 11

Ausblick 15

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

II

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

I

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser!

Hessens Wirtschaftskraft basiert nicht allein auf

einem starken Dienstleistungssektor, sondern

unser Land ist auch ein wichtiger und moderner

Industriestandort.

Das Branchenprofil „Luft- und Raumfahrtindust-

rie in Hessen“ – im Auftrag meines Ministeriums

von der Hessen Agentur erstellt – bietet einen

Einblick in die Vielfalt und Leistungsfähigkeit die-

ses Segments der hessischen Industrie. Namen renommierter Großunternehmen wie Diehl

Aerospace, EDAG Engineering und Rolls-Royce stehen ebenso für Qualität „Made in Hes-

sen“ wie die vielen Mittelständler der Branche. Zudem sind zahlreiche nationale und supra-

nationale Institutionen in Hessen ansässig – vom Satellitenkontrollzentrum ESOC („Hes-

sens Tor zum Weltraum“) über den Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT bis hin zur Deut-

schen Flugsicherung DFS.

Die Landesregierung ist bestrebt, die Rahmenbedingungen für die heimische Industrie zu

optimieren, damit diese ihre Chancen im nationalen wie internationalen Wettbewerb nutzen

kann. Dabei stehen Ökonomie und Ökologie nach meiner Überzeugung nicht im Wider-

spruch. So schonen etwa sparsamere und leisere Triebwerke nicht nur die Umwelt und die

Flughafenanrainer, sondern senken auch die Betriebskosten.

Weitere Branchenprofile bedeutender hessischer Industriezweige stehen Ihnen unter

www.hessen-agentur.de Service Mediathek zum Download zur Verfügung.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Tarek Al-Wazir,

Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

II

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

1

Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen im Überblick

Betriebe und

Unternehmen

Zahlreiche Betriebe und Unternehmen in Hessen sind entweder

schwerpunktmäßig in der Luft- und Raumfahrtindustrie tätig,

liefern der Branche Produkte zu oder erbringen Dienstleistun-

gen.1 Bedeutende Unternehmen der Luft- und Raumfahrtin-

dustrie in Hessen sind u.a. Alexander Schleicher Segelflug-

zeugbau, Diehl Aerospace, Harmonic Drive, Honeywell, Jeppe-

sen, Nord-Micro, Rolls-Royce Deutschland, Sell, Smiths Hei-

mann, Telespazio VEGA und ZF Luftfahrttechnik.

Angebotspalette Die Branche in Hessen weist eine sehr breite Angebotspalette

auf, die von der Entwicklung und Herstellung verschiedener in-

dustrieller Produkte (z.B. Triebwerkskomponenten, Bordaus-

rüstung, Flugzeuginneneinrichtung, Navigationstechnik, Flug-

hafenausrüstung) über unternehmensbezogene Dienstleistun-

gen (u.a. Softwarelösungen und Ingenieurdienstleistungen) bis

hin zur Wartung und Reparatur reicht.

Internationales Hessen importierte im Jahr 2014 luftfahrttechnische Erzeug-

nisse im Wert von 4,3 Mrd. Euro. Die Exporte beliefen sich im

Gegenzug auf 440 Mio. Euro.

Forschung und

Entwicklung

An den hessischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen

besteht ein breites Spektrum von Forschungs- und Entwick-

lungstätigkeiten mit Bezug zur Luft- und Raumfahrt. Besonders

aktiv ist die TU Darmstadt, aber auch andere Hochschulen wie

z.B. in Kassel und in Gießen sind in diesem Segment engagiert.

Nationale und

internationale

Institutionen

Ein wichtiger Faktor, der Hessen zu einem bedeutenden Luft-

und Raumfahrtstandort macht, sind die hier ansässigen natio-

nalen und internationalen Institutionen wie z.B. das Satelliten-

kontrollzentrum ESOC der Europäischen Weltraumorganisation

ESA in Darmstadt, der europäische Betreiber von Wettersatel-

liten EUMETSAT, ebenfalls in Darmstadt, oder die Deutsche

Flugsicherung DFS in Langen.

1 Sämtliche Informationen zu einzelnen Unternehmen bzw. Betrieben (z.B. Zahl der Mitarbeiter, Produktpalette, Eigentumsverhält-

nisse) im vorliegenden Branchenprofil beruhen auf Recherchen der Hessen Agentur.

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

2

Betriebe und Unternehmen

Der eng gefassten Definition des Wirtschaftszweigs „Luft- und Raumfahrzeugbau“ in der

amtlichen Statistik entsprechend, werden für das Jahr 2011 für Hessen lediglich vier Be-

triebe mit knapp 1.800 Beschäftigen ausgewiesen, die einen Umsatz von knapp 290 Millio-

nen Euro erwirtschafteten.2 Um die Bedeutung der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

einschätzen zu können, ist die Betrachtung jedoch deutlich weiter zu fassen: So konnten

die Recherchen der Hessen Agentur weitaus mehr Unternehmen und Betriebe in Hessen

identifizieren, die entweder ihren Schwerpunkt im Luft- und Raumfahrzeugbau haben, die

der Luft- und Raumfahrtindustrie Produkte zuliefern oder die Dienstleistungen für die Bran-

che erbringen. Nicht berücksichtigt sind im vorliegenden Branchenprofil Verkehrsdienstleis-

ter (z.B. Fluggesellschaften oder Flughäfen) sowie Unternehmen, die in Hessen lediglich

eine Vertriebseinrichtung unterhalten.

Der regionale Schwerpunkt der Branche liegt eindeutig im Rhein-Main-Gebiet. Zweifellos

ist der Flughafen Frankfurt hierbei ein wichtiger Standortfaktor, wobei die Unternehmen kei-

neswegs nur in unmittelbarer Nähe des Flughafens zu finden, sondern im Raum Wiesba-

den / Bad Homburg / Hanau / Darmstadt verteilt sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass

sich die Region um Darmstadt – mit der Ansiedlung von bedeutenden Einrichtungen wie

dem Satellitenkontrollzentrum ESOC der Europäischen Weltraumorganisation ESA, dem

Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT und der Deutschen Flugsicherung DFS – zu einem

Kompetenzzentrum der Luft- und Raumfahrtindustrie entwickelt hat. Die Konzentration auf

das Rhein-Main-Gebiet hat auch historische Wurzeln, denn hier waren die ersten deutschen

Pioniere der Luftfahrt tätig.3 Etliche Unternehmen sind jedoch auch in Mittelhessen (im und

um den Lahn-Dill-Kreis) und in Nordhessen (im Raum Kassel) ansässig.

Einen Einblick in die Vielfalt der hessischen Luft- und Raumfahrt(zuliefer)industrie gibt die

nachfolgende Aufstellung. Aufgeführt sind Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten

in Hessen, wobei eine Auswahl getroffen werden musste. Ausschlaggebend waren Unter-

nehmensgröße, Marktposition, ein – nach Kenntnisstand der Autoren – enger Bezug zur

Luft- und Raumfahrtindustrie sowie die Produktpalette. Zu beachten ist, dass sich die an-

gegebenen Mitarbeiterzahlen auf das jeweilige Unternehmen bzw. die jeweilige Unterneh-

mensgruppe insgesamt beziehen und nicht nur auf das Segment Luft- und Raumfahrt.

2 Ab dem Berichtsjahr 2012 wurden keine Angaben zum Umsatz und zur Beschäftigung mehr veröffentlicht, die Zahl der Betriebe

wird für das Jahr 2014 mit fünf angegeben.

3 Der 3. Oktober 1785, an dem Jean-Pierre Blanchard mit seinem Ballon von der Bornheimer Heide in Frankfurt am Main bis Weilburg

an der Lahn flog, markiert den Beginn der Luftfahrt in Deutschland. 1908 fasste August Euler den Entschluss, sich der Fliegerei –

„Fliegen mit Gerät schwerer als Luft“ – zu widmen. Am Griesheimer Sand in der Gemarkung Darmstadt hat Euler den ersten Flug-

platz in Deutschland errichtet, zu dem auch eine Flugzeugfabrik gehörte. Hier baute und erprobte er die ersten deutschen Motor-

flugzeuge.

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

3

Ausgewählte Unternehmen und Zulieferer der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Unternehmen1 Standorte in

Hessen

Mitarbeiter

in Hessen2

(D) = in

Deutschland

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

* Evonik Industries AG Darmstadt,

Hanau,

Weiterstadt,

Steinau,

Bad König

5.800 Chemische Produkte und Kunststoffe u.a. für Luft- und Raumfahrtindust-

rie (z.B. Verbundwerkstoffe im Bereich Leichtbau)

* Parker Hannifin Gruppe Mainz-Kastel,

Mücke,

Lampertheim,

Heppenheim

4.200 (D) Hydraulikpumpen und -motoren, Hydrauliksysteme und hydraulische Ver-

sorgungsanlagen, Servopumpen, Servomotoren und elektro-hydraulische

Servoventile für Flugzeuge und Hubschrauber

* Lufthansa Technik AG Frankfurt 4.000 Reparatur-, Herstellungs- und Entwicklungsbetrieb. Mit den sechs Ge-

schäftsfeldern (Wartung, Überholung, Triebwerke, Fahrwerke, Kompo-

nenten und Logistik und VIP Services) bietet das Unternehmen einen

Komplett-Service an flugzeugtechnischen Dienstleistungen.

Heraeus Deutschland GmbH &

Co. KG

Hanau,

Wehrheim

3.400 Space-Katalysatoren zur Zersetzung des Raketentreibstoffs Hydrazin,

Spezialglas und Speziallegierungen für verschiedene Anwendungen (z.B.

für Steuerdüsen für Satelliten)

Schunk Group Heuchelheim,

Wettenberg,

Reiskirchen

3.200 Werkstoffe und Komponenten für die Luft- und Raumfahrt (z.B. Gleitlager

und Dichtungsringe); Klimatechnik, Umweltsimulationstechnik (z.B. zur

Prüfung von Bauteilen unter Weltraumbedingungen)

Actemium Cegelec Gruppe Frankfurt,

Kassel

2.500 (D)3 Energieversorgungsysteme, Vorfeldbeleuchtung, Fluggastinformation-

systeme usw. für Flughäfen; Überwachungs- und Steuerungssysteme für

Raumfahrt

Vacuumschmelze GmbH & Co.KG Hanau 1.500 Herstellung magnetischer Spezialwerkstoffe und von daraus veredelten

Produkten, die auch in der Luftfahrtindustrie zum Einsatz kommen

* Sell GmbH Herborn,

Burg,

Homberg/Ohm

1.500 Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Flugzeugküchen (einschließ-

lich Geräten und Zubehör) sowie von Innenausstattungselementen (z.B.

Stauräume) u.a. für den Airbus A380

* TE Connectivity Germany GmbH Bensheim,

Darmstadt,

Rodgau,

Rödermark

1.450 Intelligente Lösungen für Verbindungstechnologie und Sensorik u.a. für

Luft- und Raumfahrt

Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co

KG

Oberursel 1.300 Fertigung von Triebwerkskomponenten (z.B. Airbus A350), Montage von

Hubschraubertriebwerken, Instandhaltung und Wartung von Kleingastur-

binen

* Hübner GmbH & Co. KG Kassel 850 Faltenvordächer für Fluggastbrücken

* FFT Produktionssysteme GmbH

& Co. KG

Fulda,

Mücke

800 Systemanbieter von automatisierten Produktionsanlagen und

Systemlösungen u.a. für die Luftfahrt

* Honeywell Gruppe Raunheim,

Maintal,

Offenbach

750 Reparatur- und Überholungszentrum, Produktion von Hilfsgasturbinen

und Bodenstartgeräten (Raunheim), Produkte und Systeme für zivile und

militärische Anwendungen der Luft- und Raumfahrt und auch Reparatu-

ren (Maintal); Zentrale vom Honeywell in Deutschland (Offenbach)

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

4

Unternehmen1 Standorte in

Hessen

Mitarbeiter

in Hessen2

(D) = in

Deutschland

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

Hottinger Baldwin Messtechnik

GmbH

Darmstadt 700 Entwicklung und Produktion von Prüf-, Mess- und Wägetechnik (z.B. zur

Bauteilprüfung in der Luft- und Raumfahrt)

Pfeiffer Vacuum Technology AG Aßlar 600 Vakuumtechnologie (u.a. mit Einsatzgebieten Raumsimulationskammern

und astronomische Experimente); Weltraumtechnik und -forschung mit

Experimenten z.B. auf der Internationalen Raumstation (ISS)

Jeppesen GmbH Neu-Isenburg 500 Navigatorische Informationen zur Flugvorbereitung und -durchführung:

z.B. Navigationskarten, Datenbanken für Flugmanagementsysteme, Flug-

planungssysteme, meteorologische Informationen, Trainingsmaterial für

Flugbetriebspersonal

Smiths Heimann GmbH Wiesbaden 500 Röntgenprüfsysteme, u.a. für Zoll und Flugsicherheit

SCHENCK RoTec GmbH Darmstadt 450 Auswucht- und Diagnosetechnik u.a. für die Luft- und Raumfahrtfahrtin-

dustrie

* Diehl Aerospace GmbH Frankfurt am

Main

430 Avioniksysteme: z.B. Cockpit- und Displaysysteme, Türsteuerungssys-

teme, Kabinenelektronik. In Frankfurt wurde u.a. das Türsystem für den

Airbus A380 entwickelt und wird dort auch gefertigt

Harmonic Drive AG (einschließlich

Tochtergesellschaften)

Limburg 400 (D) Hersteller u.a. von Präzisionsgetrieben für die Luft- und Raumfahrt (z.B.

in Satelliten und Raumsonden)

* Nord-Micro GmbH & Co. OHG Frankfurt am

Main

400 (D) Kabinendruckregel- und Belüftungssysteme; Flugsteuerungs- und Luft-

datensysteme

* Dow Corning GmbH Wiesbaden 350 Silikonprodukte und Spezialschmierstoffe u.a. für Luft- und Raumfahrt-

industrie

ZF Luftfahrttechnik GmbH Calden 330 Hubschraubergetriebe, Rotorköpfe und Prüfstandstechnik; Wartung und

Instandsetzung von Hubschraubergetrieben

* Röder Präzision GmbH Egelsbach,

Frankfurt,

Alsfeld

310 Instandsetzung nahezu aller Komponenten unterschiedlichster Flugzeug-

typen; Ersatzteilvertretung und Flugzeugverkauf

* Chemetall GmbH Frankfurt am

Main

300 Chemische Produkte u.a. für Luftfahrtindustrie (z.B. Dichtmassen, Reini-

gungsmittel, Korrosionsschutzmittel)

Telespazio VEGA Deutschland

GmbH

Darmstadt 250 Technologie-Lösungen, Beratung und Dienstleistungen im Bereich Satel-

liten-, Missions-, Bodenstations-, Kontrollzentrum- und Netzwerkbetrieb

für Kunden wie ESA und EUMETSAT

b+m surface systems GmbH Eiterfeld 230 Lackieranlagen und automatische Applikationssysteme (z.B. für Außen-

hautlackierung des A380)

* Alcoa Fastening Systems

Fairchild Fasteners Europe –

Camloc GmbH

Kelkheim 200 Befestigungssysteme und Schnellverschlüsse für die Luftfahrtindustrie

Lach Diamant Jakob Lach GmbH

& Co. KG

Hanau 190 (D) Hersteller von Diamant- und CBN-Werkzeugen und Sondermaschinen für

Herstellung und Schärfen von Diamantwerkzeugen – eingesetzt u.a. in der

Luftfahrt (z.B. Bearbeitung von Verbundwerkstoffen)

Arnold AG Friedrichsdorf 180 Flughafenausstattung: Counter und Tresen, technische Überbauten für

Counter, Beschilderungs-, Geländer-, Personenleitsysteme u.ä.

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

5

Unternehmen1 Standorte in

Hessen

Mitarbeiter

in Hessen2

(D) = in

Deutschland

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

Dr.-Ing Ulrich Esterer GmbH & Co.

Fahrzeugaufbauten und Anlagen

KG

Helsa 150 Fahrzeuge zur Flugfeldbetankung

* ASCO Deutschland GmbH Gedern 150 Fertigung von Integralfrästeilen aus Edelstahl, Titan und Aluminium bis

hin zur Lieferung von kompletten Baugruppen für den Flugzeugbau

Alexander Schleicher GmbH & Co.

Segelflugzeugbau

Poppenhau-

sen

130 Herstellung von Segelflugzeugen und Motorseglern; der älteste und einer

der größten Betriebe für Segelflugzeugbau in Deutschland

Airbus Helicopters Deutschland

GmbH

Calden / Kas-

sel

120 Wartung, Instandsetzung, Nachrüstung von Helikoptern; Technischer

Kundendienst; Luftfahrttechnische Schule

* Gurit (Kassel) GmbH Kassel 70 Verbundwerkstoffe (z.B. vorimprägnierte Materialien für Airbus)

Cobus Industries GmbH Wiesbaden 50 Flughafenbusse

1 Bei den mit einem Stern versehenen Unternehmen handelt es sich um Unternehmen, die mit mindestens einem hessischen Standort in der

Liste der „Airbus approved supplier“ aufgeführt werden (Stand: September 2015). Dies wird als geschätztes Qualitätssiegel angesehen,

obwohl die Aufnahme eines Unternehmens in diese Liste von Airbus nicht automatisch zu Geschäftsbeziehungen mit Airbus führt.

2 Die Mitarbeiterzahl bezieht sich auf das jeweilige Unternehmen insgesamt und nicht etwa auf das Segment Luft- und Raumfahrtindustrie.

3 Die Angabe bezieht sich auf das so genannte Actemium-Netzwerk in Deutschland und umfasst somit auch Schwesterunternehmen.

Quelle: Recherchen der Hessen Agentur.

Produktpalette und Produktionsschwerpunkte

Die Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen weisen ein sehr breites An-

gebotsspektrum auf, das von der Entwicklung und Herstellung industrieller Produkte über

die Erbringung unternehmensbezogener Dienstleistungen bis hin zur Instandhaltung und

Reparatur reicht:

Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes umfasst die Produktpalette u.a. Triebwerks- und

Hubschrauberkomponenten; Mess-, Steuer-, Regeltechnik und Optik; Kommunikations-

und Navigationstechnik; Bordausrüstung und Flugzeuginneneinrichtung (Cockpit, Bordkü-

che); Kabinendruck-, Belüftungs- und Beleuchtungssysteme; Kabinensicherheitssysteme;

Werkzeuge und Werkzeugmaschinen; verschiedene Metall- und Kunststoffkomponenten;

Technische Kleb- und Kunststoffe; Flughafenausrüstung (z.B. Flughafenbusse, Fahrzeuge

zur Flugfeldbetankung).

Bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern handelt es sich vor allem um Techno-

logieberatung und Ingenieurdienstleistungen wie die Entwicklung von Bauteilen, Systemen

oder Anlagen, Dienstleistungen im Bereich der Simulation und Diagnose, Informations- und

Kommunikationstechnologie-Beratung und Softwarelösungen für die Luft- und Raumfahrt.

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

6

Die wenigsten dieser Dienstleister sind ausschließlich auf die Luft- und Raumfahrt spezia-

lisiert, sondern haben darüber hinaus Kunden aus anderen Industriebranchen wie etwa der

Automobilindustrie oder dem Maschinenbau.

Darüber hinaus sind in Hessen zudem einige Unternehmen tätig, deren Schwerpunkt in der

Wartung, Reparatur, Überholung sowie Nachrüstung – die so genannten MRO-Dienst-

leister – von Luftfahrzeugen (einschl. Hubschrauber) oder bei der Wartung von Flughafen-

technik und -ausrüstung liegt.

Produkte für die Raumfahrt müssen nochmals höheren Anforderungen genügen als an Komponenten für die

Luftfahrt gestellt werden. Dies resultiert z.B. daraus, dass ein Raumfahrzeug Geschwindigkeiten erreicht, die

für die Luftfahrt undenkbar sind. Auch sind Raumfahrzeuge im Weltraum stärkeren Einflüssen (z.B. durch Strah-

lung) ausgesetzt als unter dem Schutz der Erdatmosphäre. Nachfolgend einige Beispiele für die Kompetenzen

von Unternehmen in Hessen speziell im Segment der Raumfahrtindustrie:

Beginnend mit der Apollo15-Mission sind zahlreiche Satelliten und Raumsonden und auch die Mars-Erkun-

dungsfahrzeuge „Spirit" und „Opportunity" mit Getrieben von Harmonic Drive aus Limburg ausgestattet. Die

Bewegungen der Fahrzeuge werden von MR-Sensoren der Firma Sensitec in Lahnau kontrolliert. Auch die

Spezialschmierstoffe von Costenoble aus Eschborn fanden erstmals Einsatz in den Apollo-Missionen und wer-

den heute noch in Trägerraketen und Satelliten eingesetzt. Auch Heraeus kann auf eine jahrzehntelange His-

torie in Sachen Raumfahrt zurückblicken, denn in dem 1969 von Apollo 11 auf den Mond gebrachten Laserre-

flektor ist Spezialglas von Heraeus verbaut. Das Unternehmen fertigt zudem Spezialkatalysatoren, die in Trieb-

werken für Sonden und Satelliten zum Einsatz kommen. Die neueste Entwicklung des Unternehmens stellen

Steuerdüsen für Satelliten aus einer Speziallegierung dar, die im 3D-Druck-Verfahren hergestellt werden. Die

Vakuumtechnik von Pfeiffer Vacuum in Aßlar findet u.a. Anwendung bei Raumsimulationskammern und bei

Experimenten auf der Internationalen Raumstation (ISS). Polymere von Ticona (Frankfurt) werden u.a. in leich-

ten Bauteilen eingesetzt, die gegenüber extremen Temperaturen und Umweltfaktoren beständig sein sollen.

Bei der Schunk Group in Heuchelheim werden u.a. spezielle Werkstoffe entwickelt und hergestellt – z.B. die

Beschichtung für den Satellitenspiegel des Forschungssatelliten Gaia. Zum Programm der EHA Composite

Machinery in Steffenberg gehören so genannte Filament-Winding-Anlagen zur Fertigung hochwertiger Kunst-

stoffprodukte für die Weltraumfahrt (z.B. Carbonfaser-Verbundstoffe für zivile Trägerraketen u.a. der ESA). Te-

lespazio VEGA in Darmstadt berät Unternehmen und Organisationen u.a. beim Thema Erdbeobachtung, bei

wissenschaftlichen Fragestellungen, bei einzelnen Raumfahrtmissionen oder bei ganzen Programmen. Und

schließlich spielt der Standort Frankfurt der Actemium Cegelec Gruppe eine wichtige Rolle für die Steuerung

der Aktivitäten im europäischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guayana).

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

7

Internationales: Außenhandel und Eigentumsverhältnisse

Hessen importierte 2014 luftfahrttechnische Erzeugnisse im Wert von rund 4,3 Mrd. Euro.

Wie bereits im Vorjahr, so stammten auch 2014 die Importe in diesem Segment der hessi-

schen Wirtschaft fast ausschließlich aus den USA und Frankreich. Airbus in Frankreich und

Boeing in den USA sind Unternehmen, die man sofort mit diesen Importen in Verbindung

bringt. Im Gegensatz zu den Importen beliefen sich die Exporte nur auf knapp 440 Millionen

Euro. Zu diesen verhältnismäßig geringen Exporten ist anzumerken, dass die hessischen

Zulieferbetriebe zu einem großen Teil für Airbus oder für andere in Deutschland tätige Her-

steller (z.B. von Militärfluggeräten) arbeiten. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die

Luft- und Raumfahrtunternehmen in Hessen weitestgehend von der Auslandsnachfrage un-

abhängig sind, denn der Anteil indirekter Exporte dürfte erheblich sein.

Hessischer Außenhandel1 mit Luftfahrzeugen und Luftfahrzeugteilen im Jahr 2014: Import- und Exportvolumen2 sowie wichtigste Handelspartner

1 Die Angaben beziehen sich auf Fertigwaren. Über die Fertigwaren hinaus werden zwar auch Halbwaren, d.h. Erzeugnisse, die

erst verhältnismäßig gering bearbeitet sind, sowie Rohstoffe gehandelt. Bei diesen Warengruppen ist eine Zuordnung zu einem

bestimmten Wirtschaftszweig jedoch kaum möglich.

2 Eine Saldierung der Ein- und Ausfuhrwerte ist aufgrund unterschiedlicher Erfassungskonzepte nicht statthaft.

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

Einen Einblick in die Internationalität der Luft- und Raumfahrtindustrie auf der Ebene der

Unternehmensverflechtungen geben auch die Eigentumsverhältnisse bedeutender Un-

ternehmen der Branche in Hessen, wobei die zum Teil komplexen Unternehmensverflech-

tungen bisweilen eine eindeutige Aussage erschweren. Zu dieser Betrachtungsweise des

investiven Engagements in der nachfolgenden Tabelle tritt sozusagen noch die Gegenrich-

tung: Zahlreiche Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie sind im Ausland aktiv und

unterhalten dort z.B. Produktionsstätten.

3,8

36,8

51,9

0 10 20 30 40 50 60

Brasilien

Frankreich

USA

Import

Anteil an insgesamt in %

Import insgesamt:

4.325 Mio. Euro13,8

30,0

35,2

0 10 20 30 40 50 60

Frankreich

VR China

UK

Export

Anteil an insgesamt in %

Export insgesamt:

439 Mio. Euro

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

8

Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Unternehmen Konzernmutter Sitz Unternehmen bzw.

Sitz Konzernmutter

Actemium Cegelec Gruppe VINCI S.A. Frankreich

Airbus Helicopters Deutschland GmbH Airbus Group SE Niederlande

Alcoa Fastenings Systems Fairchild Fas-teners Europa – Camloc GmbH

Alcoa Inc. USA

Alexander Schleicher GmbH & Co. Segel-flugzeugbau

Familienbesitz Deutschland

Arnold AG Familienbesitz Deutschland

ASCO Deutschland GmbH ASCO Industries nv / sa Belgien

b+m surface systems GmbH Familienbesitz Deutschland

Chemetall GmbH Albemarle Corp. USA

Cobus Industries GmbH Grupo Salvador Caetano S.G.P.S. SA (48 %), Daimler AG (börsennotiert) (33 %)

Portugal / Deutschland

Condor Technik GmbH Thomas Cook Group PLC Vereinigtes Königreich

Diehl Aerospace GmbH Gemeinschaftsunternehmen der Diehl Aerosystems (51 %, Familienbesitz) und der Thales Group (49 %)

Deutschland / Frankreich

Dr.-Ing Ulrich Esterer GmbH & Co. Fahr-zeugaufbauten und Anlagen KG

Familienbesitz Deutschland

Dow Corning GmbH Gemeinschaftsunternehmen von Corning Inc. (50 %) und Dow Chemical Company (50 %)

USA

EHA Composite Machinery GmbH Roth Industries GmbH & Co. KG (Familienbesitz)

Deutschland

Evonik Industries AG börsennotiert, mehrheitlich RAG-Stiftung Deutschland

FFT Produktionssysteme GmbH & Co. KG ATON GmbH (Familienbesitz) Deutschland

Gurit (Kassel) GmbH Gurit Holding AG Schweiz

Harmonic Drive AG mehrheitlich Familienbesitz Deutschland

Heraeus Deutschland GmbH & Co. KG Familienbesitz Deutschland

H. Costenoble GmbH & Co.KG Familienbesitz Deutschland

Honeywell Gruppe Honeywell International Inc. USA

Hottinger Baldwin Messtechnik GmbH Spectris plc Vereinigtes Königreich

Hübner GmbH & Co. KG Familienbesitz Deutschland

Hutchinson GmbH TOTAL S.A. Frankreich

Jeppesen GmbH Boeing Corp. USA

Lach Diamant Jakob Lach GmbH & Co. KG Familienbesitz Deutschland

Lufthansa Technik AG Deutsche Lufthansa AG (börsennotiert) Deutschland

Nord-Micro GmbH & Co. OHG United Technologies Corporation USA

Parker Hannifin Gruppe Parker Hannifin Corp. USA

Pfeiffer Vacuum Technology AG börsennotiert (Streubesitz) Deutschland

Röder Präzision GmbH Familienbesitz Deutschland

Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG Rolls-Royce Group PLC Vereinigtes Königreich

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

9

Unternehmen Konzernmutter Sitz Unternehmen bzw.

Sitz Konzernmutter

SCHENCK RoTec GmbH Dürr AG (börsennotiert) Deutschland

Schunk Group Ludwig Schunk-Stiftung e.V. Deutschland

Sell GmbH Zodiac Aerospace S.A. Frankreich

Sensitec GmbH mehrheitlich Körber AG (Familienbesitz) Deutschland

Smiths Heimann GmbH Smiths Group plc Vereinigtes Königreich

Telespazio VEGA Deutschland GmbH Finemeccanica S.p.A. Italien

Ticona GmbH Celanese Corp. USA

TE Connectivity Germany GmbH TE Connectivity Ltd. Irland

Vacuumschmelze GmbH & Co. KG OM Group Inc. USA

ZF Luftfahrtechnik GmbH ZF Friedrichshafen AG (mehrheitlich Zeppelin-Stif-tung der Stadt Friedrichshafen)

Deutschland

Quelle: Recherchen der Hessen Agentur.

Forschung und Entwicklung

Kaum eine andere Branche generiert und vereinigt so viele Hochtechnologien wie die Luft-

und Raumfahrt und gilt gleichzeitig als Innovationsmotor für die ganze Wirtschaft. Entspre-

chend engagiert sind die in Hessen tätigen Großunternehmen der Luft- und Raumfahrtin-

dustrie und deren – zum Teil mittelständische – Zulieferer in Sachen Forschung und Ent-

wicklung (FuE). Doch nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch an den Hochschulen und

anderen Institutionen in Hessen ist die Luft- und Raumfahrt Forschungsgegenstand, wobei

die Arbeiten zum Teil in Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft durchgeführt werden.

Beispiele sind:

das Institut für Flugsysteme und Regelungstechnik (Fachbereich Maschinenbau der

TU Darmstadt), wo u.a. zu Pilotenassistenzsystemen (Auslegung und Gestaltung der

Mensch-Maschine-Schnittstellen), zu autonomen Flugsystemen und über neue Kon-

zepte zur effizienten Luftraumnutzung (vor allem bzgl. Sicherheit und Umweltauswir-

kungen) geforscht wird.

das Fachgebiet Gasturbinen, Luft- und Raumfahrtantriebe (Fachbereich Maschinen-

bau der TU Darmstadt), an dem u.a. über die Aerodynamik und Mechanik von Hoch-

druckverdichtern sowie zur Schaufelkühlung geforscht wird. Dort ist auch das University

Technology Centre (UTC) Combustion and Turbine Aerothermal Interactions angesie-

delt – eine Kooperation der TU mit Rolls-Royce.

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

10

das Institut für Mechatronische Systeme im Maschinenbau (ebenfalls TU Darmstadt)

beschäftigt sich im Forschungsschwerpunkt Flugzeugtriebwerke und rotierende Ma-

schinen u.a. mit der so genannten More-Electric-Engine.

das Institut für Festkörperphysik am Fachbereich Physik der TU Darmstadt widmet sich

u.a. der Weltraumforschung, indem es in Kooperation mit der GSI Helmholtzzentrum

für Schwerionenforschung GmbH die Auswirkungen der Weltraumstrahlungen auf Or-

ganismen sowie elektronische Bauteile untersucht und auch die Erprobung und Kalib-

rierung von Raumfluginstrumenten durchführt.

das Fachgebiet Physikalische Geodäsie und Satellitengeodäsie (Fachbereich Bau-

und Umweltingenieurwissenschaften der TU Darmstadt) forscht u.a. im Bereich Glo-

bale Navigations-Satellitensysteme, Satellitenaltimetrie und Bahnmechanik.

das Institut für Thermische Energietechnik am Fachbereich Maschinenbau der Univer-

sität Kassel forscht u.a. über Strömungs- und Turbomaschinen.

das Physikalische Institut des Fachbereichs Physik der Justus-Liebig-Universität Gie-

ßen entwickelt seit 1960 Radiofrequenz-Ionentriebwerke (RIT) für die Raumfahrt in en-

ger Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Zur Forschung gehört

neben plasmaphysikalischen Grundlagen auch die Forschung an neuen Konzepten für

miniaturisierte Raumfahrtantriebe.

das Institut für Atmosphäre und Umwelt des Fachbereichs Geowissenschaften / Geo-

graphie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main war umfassend in die Entwick-

lungsaktivitäten des Forschungsflugzeugs HALO (High Altitude Long Range Research

Aircraft) eingebunden. Die Goethe-Universität ist auch an weiteren HALO-Forschungs-

missionen beteiligt.

das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darm-

stadt ist einer der so genannten ITD Leader des Projekts Clean Sky, welches umwelt-

freundliche Flugzeuge zum Ziel hat. Im Rahmen dieses Projektes wird an intelligenten

Systemen gearbeitet, die die Beanspruchung eines Bauteils (z.B. aus Faserverbund-

materialien) messen und dessen Integrität überwachen können. So wurde 2015 vom

LBF ein Windkanalmodell eines Flugzeugflügels vorgestellt, in den mehrere potenzielle

Zukunftstechnologien integriert wurden.

das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt hat –

ebenfalls im Rahmen des o.g. Projekts Clean Sky – eine Software für Flugzeugdesig-

ner entwickelt, mit der es möglich ist, Auswirkungen von Designentscheidungen auf die

Umwelt schnell und einfach vorherzusagen sowie alternative Gestaltungen zu testen.

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

11

Fachkräftenachwuchs

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Luft- und Raumfahrt(zuliefer)industrie um

eine Querschnittsbranche handelt, ist nicht ohne weiteres abgrenzbar, in welchen Studien-

richtungen die hoch qualifizierten Fachkräfte der Branche ausgebildet werden. Sicherlich

hat ein beträchtlicher Teil der Beschäftigten Abschlüsse in Studiengängen wie Maschinen-

bau, Elektrotechnik, Informatik, Physik, Mathematik oder verwandten ingenieur- und natur-

wissenschaftlichen Disziplinen vorzuweisen. Es existieren jedoch in Hessen auch spezielle

Studienangebote mit engem Bezug zur Luft- und Raumfahrt:

Studiengänge mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt in Hessen

Hochschule Studiengang und Abschluss

TU Darmstadt Verkehrswesen (Traffic and Transport) mit dem Schwerpunkt Luftverkehr

Master of Science

FH Frankfurt am Main Luftverkehrsmanagement – Aviation Management

Bachelor of Arts

Aviation Management

Master of Business Administration

EBS Universität für Wirtschaft und Recht gGmbH General Management mit der Studienrichtung Aviation Studies

Bachelor of Science

Hochschule RheinMain Internationales Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Luftverkehrswesen

oder Luftfahrttechnik

Bachelor of Engineering

Maschinenbau mit Schwerpunkt Luftfahrttechnik

Bachelor of Engineering

Über die Ausbildung an den Hochschulen hinaus werden auch von den heimischen Unter-

nehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie selbst – so z.B. als Fluggerätemechaniker/in oder

als Elektroniker/in für luftfahrttechnische Systeme – Fachkräfte ausgebildet.

Institutionen, Verbände und Clusternetzwerke

Ein wichtiger Faktor, der Hessen zu einem bedeutenden Luft- und Raumfahrtstandort

macht, sich positiv auf die heimische Industrie und industrienahe Dienstleister auswirkt so-

wie zur Attraktivität des Standortes für Neuansiedlungen beiträgt, sind die zahlreichen in

Hessen ansässigen nationalen und internationalen Institutionen, Verbände und Cluster-

netzwerke.

Im Folgenden wird – in alphabetischer Reihenfolge – ein Überblick über Institutionen, Ver-

bände und Clusternetzwerke der Luft- und Raumfahrt in Hessen gegeben:

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

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Airport Coordination Germany (Fluko), Frankfurt am Main

Die Airport Coordination Germany bzw. Flughafenkoordination Deutschland (Fluko) ist

eine Bundesbehörde mit Sitz in Frankfurt, die für die Koordinierung und verbindliche

Slot-Zuteilung von Start- und Landezeiten an zurzeit 16 deutschen Verkehrsflughäfen

verantwortlich ist. Ziel ist es, die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen. Neben

Flügen des Linien- und Charterverkehrs umfasst die Verpflichtung zur Koordinierung

auch z.B. Geschäfts- und Privatflüge.

www.fhkd.org

AMSAT-Deutschland e.V., Marburg

Der 1973 gegründete Verein ist ein Zusammenschluss von rund 1.200 Personen, der

nach eigenen Angaben zu den wenigen Raumfahrtorganisationen gehört, die Satelli-

tenprojekte von der Planung über die Entwicklung und den Bau bis hin zum operativen

Betrieb durchführen.

www.amsat-dl.org

AOPA-Germany Verband der Allgemeinen Luftfahrt e.V., Egelsbach

Die AOPA-Germany vertritt seit 1964 die Interessen von inzwischen 18.000 Privat- und

Berufspiloten, 68 Unternehmen, 73 Luftfahrtvereinen und 88 Flugschulen in Deutsch-

land. Weltweit unterstützen mehr als 400.000 Piloten aus über 60 Ländern die Arbeit

der AOPA. Die AOPA ist damit die größte Pilotenvereinigung der Welt. Alle nationalen

AOPAs gehören dem Internationalen Dachverband IAOPA an, dem International Coun-

cil of Aircraft Owner and Pilot Associations.

www.aopa.de

BARIG Board of Airline Representatives in Germany e.V., Frankfurt am Main

Das BARIG – gegründet 1951 – vertritt, fördert und verfolgt die gemeinsamen Interes-

sen von in Deutschland vertrieblich oder operationell tätigen Fluggesellschaften. Zu

den Mitgliedern von BARIG zählen mehr als 100 nationale wie auch internationale Pas-

sagier- und Frachtfluggesellschaften.

www.barig.aero

Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF), Langen

Das 2009 errichtete Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist die nationale Aufsichts-

behörde für den Bereich der zivilen Flugsicherung. Dies beinhaltet z.B. die Zertifizie-

rung von Flugsicherungsorganisationen und die kontinuierliche Aufsicht über alle Or-

ganisationen, Systeme, Verfahren und Personen, die für die Erbringung von Flugsiche-

rungsdiensten eingesetzt werden.

www.baf.bund.de

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

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CCA – Competence Center Aerospace Kassel Calden, Kassel

Die 2010 gegründete Plattform CCA richtet sich an Akteure aus den Bereichen Luft-

fahrttechnik / Engineering und Airporttechnik. Das Spektrum der bei der Wirtschaftsför-

derung Region Kassel angesiedelten Initiative umfasst die Vernetzung innerhalb und

außerhalb der Region, die Vermarktung der technologischen Kompetenzen und die

Initiierung anwendungsorientierter Innovationsvorhaben. Das nordhessische Netzwerk

arbeitet mit der gesamthessischen Luftfahrtplattform Hessen Aviation zusammen.

www.cca-kassel.de

cesah – Centrum für Satellitennavigation Hessen, Darmstadt

Gegründet 2006 ist cesah ein Kompetenz-, Informations- und Gründerzentrum für Sa-

tellitennavigation. Als Gründerzentrum unterstützt cesah die technische Entwicklung,

Realisierung und Markteinführung neuer Produkte und Dienstleistungen der Satelliten-

navigation. Als Kompetenz- und Informationszentrum ist es zentrale Wissensquelle

zum Thema Satellitennavigation und deren Anwendungen. Im Auftrag der ESA betreibt

cesah das ESA Business Incubation Centre (BIC) Darmstadt und ist damit direkter An-

sprechpartner für innovative Gründungsideen im Bereich der Satellitennavigation.

Cesah wird vom Land Hessen, der Wissenschaftsstadt Darmstadt sowie namhaften

Industrie- und Forschungseinrichtungen getragen.

www.cesah.com

DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Langen

Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH ist für die Flugverkehrskontrolle in Deutsch-

land zuständig. Rund die Hälfte der knapp 6.000 Beschäftigten der DFS in Deutschland

arbeitet dort. Die DFS ist nicht nur die zivile Luftfahrt zuständig, sondern in Friedens-

zeiten auch für die Abwicklung des militärischen Luftverkehrs (ohne Militärflughäfen).

In Langen betreibt die DFS die größte Radarkontrollzentrale Europas. Darüber hinaus

sammelt die DFS flugrelevante Daten und lässt sie in ihre Produkte und Dienstleistun-

gen (z.B. Luftfahrtkarten, Flugberatung, Entwicklung von Flugsicherungs-, Ortungs-

und Navigationssystemen) einfließen. Langen ist nicht nur seit 2002 Sitz der Unterneh-

menszentrale, sondern in Langen befindet sich u.a. auch die Flugsicherungsakademie

der DFS, wo pro Jahr rund 150 Fluglotsenanwärter ausgebildet werden.

www.dfs.de

Deutscher Wetterdienst (DWD), Offenbach

Der DWD, dessen Zentrale mit knapp 1.000 Mitarbeitern in Offenbach ansässig ist, ist

für die Erfüllung der meteorologischen Erfordernisse aller Wirtschafts- und Gesell-

schaftsbereiche in Deutschland zuständig. Das Aufgabengebiet des DWD basiert auf

einem gesetzlichen Informations- und Forschungsauftrag, der u.a. die Erbringung me-

teorologischer Dienstleistungen, die meteorologische Sicherung der Luftfahrt und die

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

14

Vorhersage meteorologischer Vorgänge umfasst. Geforscht wird am DWD in Offen-

bach z.B. zur Zusammensetzung der Atmosphäre, zu Klimaprojektionen und zu Wet-

tersatelliten.

www.dwd.de

ESOC / ESA, Darmstadt

Das ESOC (European Space Operation Centre) ist das Kontrollzentrum der Europäi-

schen Weltraumorganisation ESA (European Space Agency) und wird oftmals als „Eu-

ropas Tor zum Weltraum“ bezeichnet. 1967 eröffnet, ist es seitdem für die Überwa-

chung sämtlicher ESA-Satelliten und für das dazu notwendige weltweite Netz der Bo-

denstationen verantwortlich. Das ESOC, das zurzeit in mehreren Bauabschnitten er-

weitert wird, hat bislang über 60 Missionen der ESA operationell betreut (z.B. Huygens,

Mars Express, Envisat und das Absetzen des Landeroboters Philae auf dem Kometen

Tschuri, dem 2016 die Landung der Raumsonde Rosetta folgen wird). Außerdem hat

das ESOC zahlreiche Missionen anderer nationaler und internationaler Organisationen

unterstützt. Das ESOC ist in der Lage, gleichzeitig mehr als 15 Satelliten in Routine

und weitere Satelliten in der frühen Startphase zu kontrollieren bzw. weltweit renom-

mierte Rettungsaktionen durchzuführen.

www.esa.de

EUMETSAT, Darmstadt

EUMETSAT (European Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites)

ist eine zwischenstaatliche Organisation, die operationelle meteorologische Satelliten

entwickelt und betreibt (z.B. Meteosat, MetOp). Mittlerweile sind 30 Staaten Mitglied

bei EUMETSAT, ein weiteres Land ist ein so genannter Kooperationsstaat. Die von den

EUMETSAT gelieferten Satellitendaten bilden die Grundlage für die Wettervorhersage,

dienen aber u.a. auch der Beobachtung der Atmosphäre z.B. hinsichtlich Umweltver-

schmutzung.

www.eumetsat.int

German Airport Technology & Equipment (GATE), Taunusstein

GATE ist ein 1992 gegründetes, deutschlandweites Netzwerk von rund 40 Unterneh-

men, die Flughafensysteme, -produkte und -dienstleistungen anbieten. Ziel von GATE

ist es, Kooperationen zu fördern, internationale Projekte zu initiieren und zu koordinie-

ren sowie die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen – darunter auch Unternehmen

aus Hessen – zu vertreten.

www.gate-alliance.com

Hessen Aviation, Frankfurt

Die im House of Logistics and Mobility (HOLM) in der Nähe des Frankfurter Flughafens

angesiedelte Initiative Hessen Aviation bündelt die hessischen Akteure und Aktivitäten

in den Bereichen Luftfahrttechnik und Luftverkehrswirtschaft. Das Leistungsspektrum

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

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umfasst Expertenkreise und Fachveranstaltungen, Messeauftritte im In- und Ausland

sowie die Initiierung anwendungsorientierter Verbundprojekte. Die 2013 gegründete

gesamthessische Luftfahrtplattform arbeitet mit dem regional etablierten Netzwerk

CCA zusammen.

www.hessen-aviation.de

Ausblick

Der zivile Luftverkehr wird nicht zuletzt aufgrund aufstrebender Schwellenländer wie der

Volksrepublik China und Indien weiter wachsen, wobei die Zuwachsraten des Frachtver-

kehrs noch über denen des Personenverkehrs liegen dürften. Mit diesem weltweit wach-

senden Mobilitätsbedarf nimmt auch die Nachfrage nach Flugzeugen, Flugzeugzubehör

und Flughafenausrüstung zu. Umfangreiche Flugzeugbestellungen z.B. aus Indien und La-

teinamerika bei Airbus stehen beispielhaft für diesen Trend. Der Auftragsbestand bei Airbus

ist so hoch, dass die Produktion für mehrere Jahre ausgelastet ist. Daran partizipieren auch

zahlreiche hessische Zulieferer. Mit ansteigenden Produktionszahlen im Flugzeugbau

wächst auch der Bedarf an innovativer Ausrüstung, wobei das Spektrum von Instrumenten

zur Überwachung von Fluglage und Triebwerkszustand über Navigations- und Sicherheits-

ausrüstung bis zur Innenausstattung reicht. Der Anteil der Ausrüstung beträgt mindestens

ein Drittel des Gesamtwerts eines zivilen Flugzeugs. Die Tendenz ist dabei steigend, denn

die Konkurrenz zwischen den Fluggesellschaften findet heutzutage nicht zuletzt über die

Kabinenausstattung und den Service statt, über die eine wirksame Markenbindung erreicht

werden soll. Individualität und Entertainment dürften deshalb in der „Flugzeugkabine der

Zukunft“ einen höheren Stellenwert als noch heute einnehmen.

Dabei sieht sich die Luftfahrt vor der Herausforderung, für das voraussichtlich zunehmende

Verkehrsaufkommen umweltverträglichere Lösungen zu finden. Dies gilt sowohl für die

Lärmbelastung durch den Flugverkehr als auch für die globale Belastung hinsichtlich der

der CO2-Emissionen. Die Ziele des europäischen Luftfahrtforschungsbeirats ACARE (Vi-

sion 2020, Flightpath 2050) sowie der ICAO (International Civil Aviation Organisation) ste-

hen beispielhaft für diese Bemühungen. Zudem gilt es, den wachsenden Sicherheitsanfor-

derungen gerecht zu werden. Und nicht zuletzt erwarten die Fluggäste immer mehr Komfort

und Zuverlässigkeit. Weil all dies hohe Investitionen erfordert, sind Kooperationen eine

Selbstverständlichkeit in der Branche. Zusammenarbeit ist dabei nicht nur innerhalb der

Luftfahrtindustrie erforderlich. Der Dialog zwischen allen Beteiligten an der Luftfahrt wird

zukünftig noch wichtiger werden, da neben technischen Innovationen (z.B. Reduzierung

des Treibstoffverbrauchs und der Lärmbelastung) zukünftig noch effizientere Infrastruktu-

ren und Betriebsabläufe (z.B. im Cargosegment, um die Stand- und Umlaufzeiten zu redu-

zieren und die Auslastung zu optimieren) in der Luftfahrt notwendig sind – und dies nicht

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

16

nur im Interesse der Umwelt, sondern auch im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der hei-

mischen Luftfahrtindustrie bzw. der Luftverkehrsdienstleister.

Ungeachtet der verhältnismäßig geringen Größe der Luft- und Raumfahrtindustrie wird ihr

eine hohe strategische Bedeutung beigemessen, was sich u.a. in expliziten Strategien von-

seiten der Bundesregierung (Militärische Luftfahrtstrategie aus dem Jahr 2016, Luftfahrt-

strategie aus dem Jahr 2013, Raumfahrtstrategie aus dem Jahr 2010) äußert. Dies ist maß-

geblich auf die Rolle der Branche als Innovationstreiber sowie auf die sicherheitspolitische

Relevanz der Luft- und Raumfahrt zurückzuführen. Mit dem zunehmenden Luftverkehr und

den dynamisch wachsenden Regionen in Asien oder auch im Mittleren Osten treten aller-

dings auch nach und nach neue Wettbewerber auf. Denn in anderen Staaten wird die Bran-

che ebenfalls als strategisch bedeutsam eingeschätzt und dementsprechend vom Staat un-

terstützt, um den technologischen Rückstand zu den etablierten Luftfahrtnationen aufzuho-

len und eine eigene zivile Luftfahrtindustrie auf- bzw. auszubauen – so z.B. in China durch

den Staatskonzern Commercial Aircraft Corporation of China (Comac). Inwieweit dies auch

zum Aufbau von Produktionskapazitäten europäischer Zulieferer vor Ort im Ausland führt,

bleibt abzuwarten.

Aber auch Entwicklungen innerhalb der Wertschöpfungskette stellen die (Zuliefer-)Unter-

nehmen vor Herausforderungen. Der Trend zur Auslagerung ganzer Subsysteme an die

Zulieferer gemäß dem Vorbild der Automobilindustrie nimmt auch die Luft- und Raumfahrt-

industrie nicht aus: Große Flugzeughersteller benötigen immer stärker hoch qualifizierte

Zulieferer, die komplette Module oder Systeme liefern können. Dies ist besonders für klei-

nere Unternehmen schwierig, da sie sich zu Modul- oder Systemintegratoren entwickeln

müssen. Dies schließt die Entwicklung und auch deren Finanzierung mit ein, d.h. es ist das

entsprechende Investitionsrisiko zu tragen – und das bei den in der Luftfahrt sehr langen

Forschungs- und Entwicklungszyklen. Vor allem für Unternehmen, für die die Fertigung für

die Luftfahrtindustrie nur eines von mehreren Geschäftsfeldern ist, stellt dies eine Heraus-

forderung dar, wenngleich die höhere Risikobereitschaft auch die Chance auf eine bessere

Rendite bietet.

Der Trend zum Global Sourcing, d.h. der weltweiten Beschaffung von Komponenten, führt

ebenfalls zu einem schärferen Wettbewerb unter den Zulieferern. So können die heimi-

schen Unternehmen nicht mehr von einer quasi automatischen Berücksichtigung in den

Programmen der europäischen Systemführer ausgehen. Für die Unternehmen der Bran-

che, die ihre Produkte außerhalb des Euroraums verkaufen, sind zudem Wechselkursrisi-

ken, d.h. die Abhängigkeit vom US-Dollar als Leitwährung der Luftfahrtindustrie, eine per-

manente Herausforderung insbesondere bei längerfristigen Verträgen. Bei der Entschei-

dung von Airbus für ein erstes Werk in den USA dürfte neben der räumlichen Nähe zum

Absatzmarkt auch das Wechselkursrisiko eine nicht geringe Rolle gespielt haben.

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

17

Vor diesem Hintergrund kommt der Innovationsfähigkeit der heimischen Branche und damit

auch der Sicherung qualifizierten Nachwuchses eine Schlüsselrolle hinzu. Die Zusammen-

arbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist in dieser Hightech-Branche seit jeher ein

Muss und auch die Interdisziplinarität der Forschung und Entwicklung ist nach wie vor es-

sentiell. Dabei kommt der fachübergreifenden Wissenschaftsrichtung der Materialforschung

eine besonders große Bedeutung zu. Leichter, widerstandsfähiger, umweltverträglicher, si-

cherer: Dies sind die Eigenschaften, die von der Luft- und Raumfahrtindustrie immer wieder

gefordert werden. Neuartige Werkstoffe – der Airbus A350XWB etwa wird zu einem erheb-

lichen Teil aus Verbundwerkstoffen wie kohlefaserverstärkten Kunststoffen hergestellt – ge-

hören damit neben den sparsameren Triebwerken und den alternativen Treibstoffen zu den

wichtigsten Forschungsthemen in der Branche.

Das Segment der militärischen Luftfahrt ist in Relation zur zivilen Luftfahrt erheblich kleiner;

die Nachfrage wird wesentlich durch die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel determi-

niert. Angesichts der angespannten Situation der Öffentlichen Haushalte und der entspre-

chenden Konsolidierungsanstrengungen – dies gilt nicht nur für Deutschland – sind Wachs-

tumsraten wie im zivilen Luftverkehr illusorisch. Möglicherweise gehen aber von einer Neu-

ausrichtung der Sicherheitspolitik der Bundesregierung und den Diskussionen um die Aus-

rüstung der Bundeswehr, die in nicht einsatzbereiten Hubschraubern und Flugzeugen ihren

Ursprung hatten, neue Impulse für die Unternehmen in diesem militärischen Segment der

Luftfahrtindustrie aus.

Die Raumfahrtindustrie ist in erheblichem Maße staatlich geprägt, da Projekte in der Regel

von staatlichen Organisationen – in Deutschland das Deutsche Zentrum für Luft- und

Raumfahrt (DLR) – durchgeführt werden und zudem militärische Programme eine wichtige

Rolle spielen. Mit der Raumfahrtstrategie der Bundesregierung hat diese klar bekundet,

dass die Raumfahrt ein zentraler Pfeiler ihrer Hochtechnologiepolitik ist. Auch die Mitglieds-

staaten der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA sind sich – ungeachtet der ausge-

prägt politischen Dimension der Europäischen Raumfahrt – einig, dass diese auch zukünftig

eine wichtige Rolle für die Raumfahrt weltweit haben soll. Von der Entscheidung für die

Entwicklung und den Bau der neuen Trägerrakete Ariane 6 werden sicherlich ebenfalls

neue Impulse für die heimische Raumfahrtindustrie ausgehen.

Von der Raumfahrt werden Lösungen für zahlreiche umwelt-, verkehrs-, und sicherheitspo-

litische Herausforderungen erwartet. Zuverlässige Kommunikationsverbindungen in die

entlegensten Orte und präzise Orientierungshilfen sind nur einige der Aufgaben eines mo-

dernen Satellitensystems. Durch raumfahrtgestützte Erdbeobachtung können Daten zur

Klima- und Umweltforschung sowie zum Katastrophenschutz gesammelt werden. Wertvolle

Erkenntnisse in der Materialforschung, Robotik, Sensorik, Biologie, Pharmazie und Medizin

werden durch Experimente unter Weltraumbedingungen (z.B. in der Internationalen Raum-

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

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station ISS) gewonnen. Unternehmen, Institutionen und Forschungseinrichtungen in Hes-

sen sind bereits seit langem Teil der Raumfahrt und verfügen über die beste Voraussetzun-

gen, auch weiterhin eine aktive Rolle zu spielen. Innovationen verbunden mit höchsten

Qualitätsansprüchen sind hierbei der Schlüssel zum Erfolg. Dabei gilt es in diesem staatlich

geprägten Segment auch die zunehmenden Potenziale zu erschließen, die sich für privat-

wirtschaftliche Geschäftsmodelle eröffnen, d.h. die Rolle der Raumfahrt als „enabling tech-

nology“ stärker zu nutzen. Als Beispiel seien auf der Satellitennavigation basierende kom-

merzielle Angebote genannt, wofür das Centrum für Satellitennavigation Hessen (cesah) in

Darmstadt exzellente Bedingungen bietet.