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Brandenburgischer Kunstpreis 2011 | Katalog

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Brandenburgischer Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung in Kooperation mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg Ausstellung vom 28. Juni bis 24. Juli 2011, Schloss Neuhardenberg

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der M Ä R K I SC H E N O DE R Z E I T U NG

in Kooperation mit der ST I F T U N G SC H L O S S N E U H A R DE N B E R G

Kunstpreis Brandenburgischer

2011

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der M Ä R K I SC H E N O DE R Z E I T U N G

in Kooperation mit der ST I F T U N G SC H L O S S N E U H A R DE N B E RG

Kunstpreis Brandenburgischer

2011

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eines der jüngeren Bücher Günter de Bruyns heißt schlicht Abseits.

De Bruyn beschreibt darin seine Annäherung an eine verborgene

Landschaft, einen Landstrich, der abseits aller großen Entwick­

lungen lag. Dieser Gegend hat de Bruyn mit seinem Buch eine Ge­

schichte gegeben und zugleich eine Liebeserklärung gemacht.

Brandenburg ist für zunehmend mehr Zeitgenossen auch so eine

Liebe, die ihre Geheimnisse nicht sofort preisgibt. Hinter dem

Augenfälligen, dem Liebreiz der Natur oder dem Wasserreichtum

verbirgt sich manches, das sich nicht auf den ersten Blick offen­

bart. Dazu gehört das Kunstleben. Es ist vielfältig und lebendig. Im

vermeintlichen Abseits entsteht Kunst, die ins Weite, Große wirkt.

Dafür gibt es Beispiele genug. Die ›Provinz‹ ist also weder kunst­

noch kulturarm, sondern sie ist eher eine Kreativ­Werkstatt. Sie

gehört zu Brandenburg wie die kulturellen Zeugnisse vergangener

Zeiten oder unsere moderne Industrie dazugehören. Brandenburg

näher zu kommen heißt, die vielen Facetten zu sehen, die unser

Land ausmachen, sie zu entdecken!

Das vielgestaltige künstlerische Schaffen im Land verdient, einer

größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Wie umfas­

send das Kunstschaffen hierzulande ist, zeigt die Ausstellung mit

den vielen von der Jury ausgewählten Kunstwerken. Deshalb gibt

es den Brandenburgischen Kunstpreis, der in diesem Jahr bereits zum

siebten Mal verliehen wird. Der Märkischen Oderzeitung und der

Stiftung Schloss Neuhardenberg danke ich herzlich für ihr großes

Engagement, das ich gerne durch die Übernahme der Schirmherr­

schaft und die Verleihung eines Ehrenpreises unterstütze. Die Ver­

leihung der Preise ist nicht zuletzt eine öffentliche Annäherung an

die Künstlerinnen und Künstler unseres Landes und ein Ausdruck

des Respekts und des Dankes für eine Arbeit, ohne die Brandenburg

ärmer wäre. Hans Scheuerecker aus Cottbus, Franziska Uhl, die in

Polen lebt und arbeitet, und Bettina Steinborn aus Oranienburg

sind die diesjährigen Preisträger in den Kategorien Malerei, Graphik

und Kleinplastik. Der Ehrenpreis wurde der Bildhauerin, Graphike­

rin und Malerin Sabina Grzimek zuerkannt.

Ich wünsche dieser Ausstellung viele Besucherinnen und Besu­

cher und allen Künstlerinnen und Künstlern, auch denen, deren Ar­

beiten 2011 keine Berücksichtigung fanden, Mut für das kommende

Jahr. Das öffentliche Interesse bleibt bestehen!

I H R M A T T H I A S P L A T Z E C K

Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,sehr geehrte Leserinnen und Leser,verehrte Künstlerinnen und Künstler,

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eines der jüngeren Bücher Günter de Bruyns heißt schlicht Abseits.

De Bruyn beschreibt darin seine Annäherung an eine verborgene

Landschaft, einen Landstrich, der abseits aller großen Entwick­

lungen lag. Dieser Gegend hat de Bruyn mit seinem Buch eine Ge­

schichte gegeben und zugleich eine Liebeserklärung gemacht.

Brandenburg ist für zunehmend mehr Zeitgenossen auch so eine

Liebe, die ihre Geheimnisse nicht sofort preisgibt. Hinter dem

Augenfälligen, dem Liebreiz der Natur oder dem Wasserreichtum

verbirgt sich manches, das sich nicht auf den ersten Blick offen­

bart. Dazu gehört das Kunstleben. Es ist vielfältig und lebendig. Im

vermeintlichen Abseits entsteht Kunst, die ins Weite, Große wirkt.

Dafür gibt es Beispiele genug. Die ›Provinz‹ ist also weder kunst­

noch kulturarm, sondern sie ist eher eine Kreativ­Werkstatt. Sie

gehört zu Brandenburg wie die kulturellen Zeugnisse vergangener

Zeiten oder unsere moderne Industrie dazugehören. Brandenburg

näher zu kommen heißt, die vielen Facetten zu sehen, die unser

Land ausmachen, sie zu entdecken!

Das vielgestaltige künstlerische Schaffen im Land verdient, einer

größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Wie umfas­

send das Kunstschaffen hierzulande ist, zeigt die Ausstellung mit

den vielen von der Jury ausgewählten Kunstwerken. Deshalb gibt

es den Brandenburgischen Kunstpreis, der in diesem Jahr bereits zum

siebten Mal verliehen wird. Der Märkischen Oderzeitung und der

Stiftung Schloss Neuhardenberg danke ich herzlich für ihr großes

Engagement, das ich gerne durch die Übernahme der Schirmherr­

schaft und die Verleihung eines Ehrenpreises unterstütze. Die Ver­

leihung der Preise ist nicht zuletzt eine öffentliche Annäherung an

die Künstlerinnen und Künstler unseres Landes und ein Ausdruck

des Respekts und des Dankes für eine Arbeit, ohne die Brandenburg

ärmer wäre. Hans Scheuerecker aus Cottbus, Franziska Uhl, die in

Polen lebt und arbeitet, und Bettina Steinborn aus Oranienburg

sind die diesjährigen Preisträger in den Kategorien Malerei, Graphik

und Kleinplastik. Der Ehrenpreis wurde der Bildhauerin, Graphike­

rin und Malerin Sabina Grzimek zuerkannt.

Ich wünsche dieser Ausstellung viele Besucherinnen und Besu­

cher und allen Künstlerinnen und Künstlern, auch denen, deren Ar­

beiten 2011 keine Berücksichtigung fanden, Mut für das kommende

Jahr. Das öffentliche Interesse bleibt bestehen!

I H R M A T T H I A S P L A T Z E C K

Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,sehr geehrte Leserinnen und Leser,verehrte Künstlerinnen und Künstler,

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Bernhard Heisig und Werner Stötzer, beide im Rahmen des Bran-

denburgischen Kunstpreises mit dem Ehrenspreis des Ministerpräsi­

denten ausgezeichnet, der eine 2008, der andere 2010, haben diese

Welt verlassen.

Dieser Katalog soll daher neben der berechtigten Belobigung der

Preisträgerinnen und Preisträgern dieses Jahres auch der Erinne­

rung und dem Gedenken an diese beiden herausragenden Künst­

lerpersönlichkeiten gewidmet sein. Wie nur wenige haben diese

beiden, jeder auf seine ganz eigene Art und Weise, die Selbtsverge­

wisserung einer Gesellschaft befördert und vertieft.

Durch beider Werk und Person verliefen die Risse einer wirren

Zeit, an die sich zu erinnern und der sich zu stellen, uns immer

gleichgültiger wird.

Wenn Eduard Beaucamp in seinem Nachruf auf Bernhard Heisig

im Juni 2011 schreibt, er sei »unlösbar in die Widersprüche seiner

Epoche und seines Weltbilds verstrickt« gewesen, so mag dies, auf

ganz andere Weise, auch für Werner Stötzer gelten. »Das alte Goya­

Dilemma von lustvoller Verwicklung und erschreckter Abwehr

kehrte stetig bei ihm wieder«, summiert Beuacamp.

So gesehen ragen beider Denken und Werk wie aus einer anderen

Epoche in unsere Gegenwart hinein, die immer weniger die ihre zu

sein schien.

Statt weiterer Vorreden mag ein Brief Johann Wolfgang von

Goethes an seinen Altersfreund Karl Friedrich Zelter – sie beide

Zeitgenossen von Francisco de Goya – den Epochenschnitt sichtbar

machen, der in Wort und Wahrnehmung sich kaum anders darstellt

als der, den die Gesellschaft heute zu konstatieren hat.

»[…] alles aber mein Teuerster, ist jetzt ultra, alles transzendiert

unaufhaltsam, im Denken wie im Tun. Niemand kennt sich mehr,

niemand begreift das Element worin er schwebt und wirkt, niemand

den Stoff den er bearbeitet. Von reiner Einfalt kann die Rede nicht

sein; einfältiges Zeug gibt es genug.

Junge Leute werden viel zu früh aufgeregt und dann im Zeit­

strudel fortgerissen; Reichtum und Schnelligkeit ist was die Welt

bewundert und wornach jeder strebt; Eisenbahnen, Schnellposten,

Dampfschiffe und alle mögliche Fazilitäten der Kommunikation

sind es worauf die gebildete Welt ausgeht, sich zu überbieten, zu

überbilden und dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren. Und

das ist ja das Resultat der Allgemeinheit, daß eine mittlere Kultur

gemein werden, dahin streben die Bibelgesellschaften, die Lanka­

sterische Lehrmethode, und was nicht alles.

Eigentlich ist es das Jahrhundert für die fähigen Köpfe, für leicht­

fassende praktische Menschen, die, mit einer gewissen Gewandt­

heit ausgestattet, ihre Superiorität über die Menge fühlen, wenn

sie gleich selbst nicht zum höchsten begabt sind. Laß uns soviel

als möglich an der Gesinnung halten in der wir herankamen, wir

werden, mit vielleicht noch wenigen, die letzten sein einer Epoche,

die sobald nicht wieder kehrt.

Und so allem Guten und echten empfohlen!

treu beharrlich

Goethe«

Johann Wolfgang von Goethe an Karl Friedrich Zelter, Weimar, 6. Juni 1825, in:

Johann Wolfgang von Goethe, Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens

(= Münchner Ausgabe), Band 20.1 : Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter in den

Jahren 1799 bis 1832, herausgegeben von Hans­Günter Ottenberg und Edith Zehm

in Zusammenarbeit mit Anita Golz, Jürgen Gruß, Wolfgang Ritschel und Sabine

Schäfer, München: Hanser 1991, S. 851 f.

Statt eines VorwortsB E R N D K A U F F M A N N

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»Was passiert im Betrachter im Angesicht der Kunst?«, so lautete

das Motto einer kürzlich stattgefundenen Diskussion, und wieder

blieb die Frage im Raum: Kann man in der Weise über Kunst über­

haupt reden, ohne sich in Allgemeinplätzen zu verlieren? Gibt es

›den‹ Betrachter? Bleibt jede Form von Umgang mit Kunst nicht

ganz individuell? So unterschiedlich Kunst entsteht, so verschie­

den sind die Reaktionen des Publikums darauf. Fest steht nur, daß

Kunst keine Geschmackssache ist und keineswegs aus dem Zufall

heraus entsteht, auch wenn wir spontan mitunter fragen möchten:

»Und das also ist Kunst?« Wir kennen das aus den Debatten, die

immer wieder neu im Umfeld des Brandenburgischen Kunstpreises

geführt werden.

Die erste Reaktion, wenn wir ein Kunstwerk sehen, ist eine

emotionale – wir sind getroffen, berührt, fühlen uns begeistert,

irritiert, beglückt, traurig, in Aufruhr oder zur Ruhe gebracht. Ein

Bild scheint uns bisweilen unmittelbar mit hineinzunehmen in

das Erscheinende, eine Plastik spricht uns an – bis hin zu der von

dem Dichter Rainer Maria Rilke getroffenen Aussage: »Denn da

ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.«

Oftmals begegnen wir auch Kunst, die uns – in dem Bemühen,

unser Empfinden quasi zu objektivieren – zu Erklärungen greifen

läßt, die historische Zusammenhänge aufzeigen, die theoretisieren,

auf Hintergründe der Entstehung, auf biographische Details des

Künstlers hinweisen oder Stilrichtungen einordnen.

All diese Herausforderungen helfen aber nicht, das eigentliche

und starke Moment des Gefühls – das Gefallen oder Mißfallen –

ein zuholen oder gar zu ersetzen. Das Reden über Kunst kann nie­

mals an die Stelle des unmittelbaren sinnlichen Eindrucks treten.

Und dennoch, angesichts eines Kunstwerks, das uns trifft, einnimmt

oder irritiert, sind wir immer auch durch es selbst her ausgefordert,

zu verstehen: das uns Gegenüberstehende, die Wirkungsweise der

Kunst, das über das Werk Hinausweisende – und nicht zuletzt

Reden wir über Kunst

uns selbst. Ein solches Nachdenken mit und angesichts der Kunst

bedeutet schließlich ein Weiterdenken.

Das heißt, Kunst ist uns also nicht nur zum Genuß gegeben,

sie stellt immer auch einen Anspruch an uns. Diesem Anspruch

stellen wir uns, wenn wir den Aufforderungscharakter der Kunst

ernst nehmen und ihm in angemessener, nicht zuletzt respektvoller

Weise zu entsprechen suchen.

Mit diesen Fragen und Feststellungen habe ich, so könnte man

meinen, auch Probleme benannt, vor denen eine Jury steht, die eine

Auswahl aus einer Vielzahl von Arbeiten zu treffen hat. Das gilt erst

Recht, wenn diese Auswahl in einer Auszeichnung gipfelt. Das war

auch beim Brandenburgischen Kunstpreis 2011 nicht anders, zumal

dieser Jahrgang mit 235 eingereichten Werken der ertragreichste

seit 2004 ist – und das keineswegs nur im quantitativen Sinne.

Zu danken ist auch diesmal allen Künstlerinnen und Künstlern,

die sich seit Jahren herausgefordert fühlen, sich auf das für sie oft

sehr aufwändige Procedere der Bewerbung einzulassen, das Hof­

fen, Warten und manchmal auch die Enttäuschung hinzunehmen

und im Brandenburgischen Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung

in Kooperation mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg immer

wieder die Chance sehen, auf die in diesem Land gewachsene und

wachsende Kunsttradition hinzuweisen, sie zu bewahren und zu

befördern.

F R A N K M A N G E L S D O R F

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Behutsamkeit und Ausdruckskraft. Zum Schaffen von Sabina Grzimek

F R I T Z J A C O B I

Sabina Grzimek

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Begegnungen mit Kunstwerken können sehr gegenwärtig bleiben,

auch wenn sie schon Jahre zurückliegen. So entsinne ich mich noch

sehr deutlich an die Betrachtung des lebensgroßen, zwischen 1968

und 1973 entstandenen Torso einer Lehrerin von Sabina Grzimek bei

der Ausstellung ihrer Werke 1979 im Dresdner Leonhardi­Mueum,

wo er vor dem Haus aufgestellt war: Diese herbe, vitale Frauenfigur

hatte mit ihren radikalen Vereinfachungen eine sehr robuste Aus­

strahlung, die aber zugleich auch eine seltsam gebrochene Feinner­

vigkeit vermittelte. Gerade weil jede vordergründige Schönlinigkeit

fehlte, wurde der Leib als Ganzes zum Ausdrucksträger des Sinn­

lichen und Sinnhaften.

Diese Wertigkeiten, die das weitere Werk der Bildhauerin, Ma­

lerin und Zeichnerin Sabina Grzimek entscheidend prägen sollten,

waren seinerzeit schon deutlich auszumachen und bestimmen ihre

Arbeit bis heute. Denn die Phasen ihres Schaffens gleiten ineinan­

der, es gibt eigentlich auf den ersten Blick kaum gravierende Un­

terschiede, die auf bestimmte Abschnitte verweisen würden – wie

ein großes Netzwerk ranken sich die Arbeiten um die Künstlerin,

die Jahre und die vorüberziehenden Erlebnisse, die sich verändert

haben und doch auch immer wieder neu in verwandelter Form im

Blickbereich der gestaltenden Hände auftauchen.

Für die 1942 in Rom geborene Künstlerin stand seit ihrem Stu­

dium an der Kunsthochschule Berlin­Weißensee und ihrer Mei­

sterschülerzeit bei Fritz Cremer an der Berliner Akademie der

Künste das Ringen um die Gestaltung des lebendigen Gegenübers

im Zentrum ihrer künstlerischen Intention. So bedeutete für die

im Nachkriegsberlin aufgewachsene Sabina Grzimek die persön­

liche Begegnung mit der deutsch­italienischen Bildhauerin Jenny

Mucchi­Wiegmann sehr viel. Denn in der Frau des Malers Gabriele

Mucchi verkörperte sich jene Bildhauertradition von Wilhelm

Lehmbruck, Marino Marini bis hin zu Alberto Giacometti und

Germaine Richier, die sich einem ausgesprochen sensitiven und

zugleich ausdrucksbetonten existenziellen Realismus verschrieben

hatte, der die inneren Wesenskräfte des Kreatürlichen in drama­

tisch erfüllte Gestaltgefüge verwandelte – Lebenssignale mithin,

die aus dem Empfinden der Gefährdung heraus erwachsen waren.

Diese Haltung bestimmte fortan auch die Arbeit der Berliner

Künstlerin. Bald schon fand ihre ganz elementar ausgerichtete, aus­

drucksstarke und dennoch zurückhaltend bleibende Formensprache

eine größere Resonanz bei Galeristen, Ausstellungsorganisatoren

und Museen, die Werke von Sabina Grzimek in ihre Sammlungen

aufnahmen. So erwarb beispielsweise die Nationalgalerie Berlin

(Ost) seit 1976 Skulpturen wie das Mädchen aus der Marienburger

Straße von 1973/74, ihr beeindruckendes Selbstbildnis von 1973/74,

die überlebensgroße Figur Mutter und Kind, ein zwischen 1976 und

1981 entstandenes Hauptwerk, oder die Variation eines Kopfes iv

von 1982/83 für ihren Bestand und richtete ihr als wiederverein­

te Nationalgalerie 1992 eine umfassende Retrospektive aus. Eine

Vielzahl von Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen – auch

vor 1989 schon im gesamten Deutschland – begleiten ihre künst­

lerische Biographie ebenso wie eine ganze Reihe von Aufträgen

für urbane Standorte – die Gestaltung der 2010 im Nationalen

Centrum für Tumorerkrankungen aufgestellten Figur der Mildred

Scheel ist das jüngste Beispiel für ein solches öffentliches Wirken.

Ehrungen durch Preise wie etwa den 1983 ihr verliehenen Käthe­

Kollwitz­Preis der Akademie der Künste zu Berlin (Ost), um nur

diesen einen zu nennen, waren Ausdruck einer Anerkennung ihrer

Arbeit. Der Grund für diese Wertschätzung liegt in der Qualität

ihrer Werke begründet, die immer wieder aus der Behutsamkeit

ihrer Formungen und der Wahrhaftigkeit ihrer Anschauungen

resultiert.

Der Bildhauer Werner Stötzer, dieser expressive Meister der

Steinskulptur, schrieb 1975 über die Zeichnungen Sabina Grzimeks

im Winckelmann­Museum Stendal sehr treffend, was auch ihre

ehrenpreiS deS miniSterpräSidenten deS LandeS brandenburG

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1974/1976, Bronze, 51 x 44 cm

Sabina Grzimek Doppelportrait 9 Gruppe Sabina Grzimek

1980, Aquarell, Bleistift, 42 x 29,5 cm

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1974/1976, Bronze, 51 x 44 cm

Sabina Grzimek Doppelportrait 9 Gruppe Sabina Grzimek

1980, Aquarell, Bleistift, 42 x 29,5 cm

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Skulpturen und Gemälde charakterisiert: »Vorsichtig arbeitend,

Vorsicht im Sinne von Sicherung einer bildhauerischen Idee, kon­

trolliert sie mit ihren Zeichnungen beständig die Figur. […] Da­

bei entstehen Spuren, sie liegen spröde auf Figur und Porträt und

schaffen statt Abbildhaftem Zeichenhaftes. Mit sicherem Instinkt

gelingt es ihr, bestimmte Arbeitszustände zu erhalten. Das erzeugt

eine Offenheit, die andauert.« Spuren künden von Bewegung, bezie­

hen sich auf Vorausgegangenes, sind Zeichen eines Gewesenen und

pflanzen so unwillkürlich Melancholie und Neugier in unser Emp­

finden. Spuren können zum Innehalten bewegen, aber sie können

auch unbeachtet bleiben; sie sind kein Ziel, sondern ein Weg, der

immer mit einer Art Geheimnis verbunden bleibt. Die Künstlerin

Sabina Grzimek übernimmt dabei so etwas wie eine Doppelrolle.

Sie legt die Spuren aus und verweist auf etwas, was sich ihr in den

Blick, in den Sinn, in die Hand gelegt hat, aber zugleich ist sie dieje­

nige, die dieser heraufbeschworenen Botschaft unablässig nachfolgt

mit immer neuen Spuren. Sie überläßt uns ihre Gestaltfindungen

– mit all den Möglichkeiten des eigenen Erschließens.

Schaut man auf ihre Arbeiten, so stellt sich immer wieder der

Eindruck ein, als ob man einem sichtbar gewordenen ›Dahinter‹

nachgehen könne. Denn ihre Werke erscheinen feingliedrig, gefähr­

det, immer etwas aufgeregt, suchend – wie Windstöße, die plötz­

lich da sind, die in irgendetwas hineinwehen, um kurz darauf wieder

der Stille den Platz zu überlassen. Sie wirken wie ein Impuls, eine

Vergegenständlichung von Energien, die stets mit innerer Bedeu­

tung aufgeladen sind, ohne sich voll zu erklären; es stellt sich das

Gefühl des Zeitweiligen ein, so als sei etwas kurzzeitig ins Sicht­

bare geschoben worden, um sich dann wieder zurückzunehmen,

abzulassen, sich selbst genügend.

»Wie ein Wesen ohne Kopf, greife ich mit Händen und Augen,

um die Bilder der Schönheit für meine Seele – Stück für Stück – zu

halten«, sagte sie einmal. Das sind Worte, die ungewohnt klingen,

die Schwere in sich tragen und die den Weg zu dem öffnen, was

Sabina Grzimek in ihrem künstlerischen Schaffen bis in die Gegen­

wart hinein bewegt. Wenn man ein anderes Wort von ihr hinzufügt,

so wird deutlich, in welcher Richtung ihre Intention zu verstehen

ist: »Es geht mir nicht um Schönheit, ich gehe von der Wahrheit

aus, vom Begreifen.«

Dr. Fritz Jacobi ist Kunsthistoriker und lebt in Berlin.

Ausstellung in St. Marien, Beeskow, 1998 Collage ii 1980/1982, Bronze, 24 x 37,5 x 12 cm

Maskiert hanS SCheuereCker

2010, Acryl auf Leinwand, 170 x 130 cm

preiS für maLerei

Malerei, Graphik, Bildhauerei, photoGraphik, kunst aM Bau, aktionskunst; leBt und arBeitet in CottBus 1951 in Römhild/

Thüringen geboren 1967–1969 Ausbildung zum Elektromonteur in Eisenhüttenstadt 1971 Umzug nach Cottbus 1971–1973 Praktikant im

Malsaal des Staatstheaters Cottbus 1973–1979 Bühnentechniker, Schlosser und Tischler im Staatstheater Cottbus; Gelegenheitsarbeiten

1975 Ablehnung der Studiumsbewerbung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden; Autodidakt 1978/1979 Ablehnung der Kandidatur

im Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler der ddr (vbk-ddr) in Cottbus 1979 Aufnahme in den vbk über den Zentralvorstand

1979 freischaffend in Cottbus 1982–1986 Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste Dresden 1984 Beginn aktionistischer Arbeiten

u. a. mit Harriet, Momo 1989 Zusammenarbeit mit der Rock­/Punk­Gruppe Sandow 1996 plastische Arbeiten und baugebundene Kunst

2000 Gestaltung des Rathaus­Foyers Cottbus 2003 Dokumentarfilm Träumer im Paradies über Hans Scheuerecker von Donald Saischowa,

ausgestrahlt vom rbb 2003–2007 Rückzug aus der Öffentlichkeit preise und stipendien 1992 Erster Kunstpreis des Landes Branden­

burg 1995 Stipendium für Rio de Janeiro/Brasilien ausstellunGen seit 1972 zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteili­

gungen im In­ und Ausland saMMlunGen (auswahl) Beeskow, Burg; Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatliche Museen zu

Berlin; Cottbus, Brandenburgische Kunstsammlungen; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen; Frankfurt/Main, Deutsche Bank; Frankfurt

(Oder), Museum Junge Kunst; Schwerin, Staatliches Museum; Rio de Janeiro/Brasilien, Museum of Modern Art

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Maskiert hanS SCheuereCker

2010, Acryl auf Leinwand, 170 x 130 cm

preiS für maLerei

Malerei, Graphik, Bildhauerei, photoGraphik, kunst aM Bau, aktionskunst; leBt und arBeitet in CottBus 1951 in Römhild/

Thüringen geboren 1967–1969 Ausbildung zum Elektromonteur in Eisenhüttenstadt 1971 Umzug nach Cottbus 1971–1973 Praktikant im

Malsaal des Staatstheaters Cottbus 1973–1979 Bühnentechniker, Schlosser und Tischler im Staatstheater Cottbus; Gelegenheitsarbeiten

1975 Ablehnung der Studiumsbewerbung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden; Autodidakt 1978/1979 Ablehnung der Kandidatur

im Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler der ddr (vbk-ddr) in Cottbus 1979 Aufnahme in den vbk über den Zentralvorstand

1979 freischaffend in Cottbus 1982–1986 Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste Dresden 1984 Beginn aktionistischer Arbeiten

u. a. mit Harriet, Momo 1989 Zusammenarbeit mit der Rock­/Punk­Gruppe Sandow 1996 plastische Arbeiten und baugebundene Kunst

2000 Gestaltung des Rathaus­Foyers Cottbus 2003 Dokumentarfilm Träumer im Paradies über Hans Scheuerecker von Donald Saischowa,

ausgestrahlt vom rbb 2003–2007 Rückzug aus der Öffentlichkeit preise und stipendien 1992 Erster Kunstpreis des Landes Branden­

burg 1995 Stipendium für Rio de Janeiro/Brasilien ausstellunGen seit 1972 zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteili­

gungen im In­ und Ausland saMMlunGen (auswahl) Beeskow, Burg; Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatliche Museen zu

Berlin; Cottbus, Brandenburgische Kunstsammlungen; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen; Frankfurt/Main, Deutsche Bank; Frankfurt

(Oder), Museum Junge Kunst; Schwerin, Staatliches Museum; Rio de Janeiro/Brasilien, Museum of Modern Art

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Impressum

Brandenburgischer Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung

in Kooperation mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg

Ausstellung vom 28. Juni bis 24. Juli 2011, Schloss Neuhardenberg

schirmherrschaft Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Potsdam

veranstalter Märkische Oderzeitung, Stiftung Schloss Neuhardenberg GmbH

märKische oderzeitunG

chefredaKteur Frank Mangelsdorf

Märkisches Verlags- und Druckhaus GmbH & Co. KG

Kellenspring 6, d-15230 Frankfurt (Oder)

Telefon 0335 / 55 30 - 0, Fax 0335 / 55 3 - 538

[email protected] | www.moz.de

stiftunG schloss neuhardenBerG GmBh

vorsitzender des aufsichtsrates und des Kuratoriums Heinrich Haasis

GeneralBevollmächtiGter und Geschäftsführer Bernd Kauffmann

Geschäftsführerin Petra Lienhop

Büro Kurfürstendamm 214, d-10719 Berlin

Telefon 030 / 889 290 - 0, Fax 030 / 889 290 - 20/ 21

[email protected] | www.schlossneuhardenberg.de

jury des BrandenBurGischen KunstPreises  

Frank Mangelsdorf, Frankfurt (Oder) (Vorsitzender)

Dr. Sibylle Badstübner-Groeger, Berlin

Joachim Böttcher, Stabeshöhe und Berlin

Dr. Wolfgang de Bruyn, Frankfurt (Oder)

Dr. Gerlinde Förster, Rangsdorf

Caroline Gille, Berlin / Neuhardenberg

Bernd Kauffmann, Berlin / Neuhardenberg

Peter Liebers, Frankfurt (Oder)

Maria Ossowski, Berlin

Prof. Dr. Brigitte Rieger-Jähner, Frankfurt (Oder)

wettBewerBsKoordination Peter Liebers, Frankfurt (Oder), Monika Tschirner, Frankfurt (Oder)

KataloG-, umschlaG- und PlaKatGestaltunG Tilmann Benninghaus, Berlin

redaKtion Caroline Gille, Berlin / Neuhardenberg, Peter Liebers, Frankfurt (Oder)

Photos Sören Stache, Frankfurt (Oder); Bernd Kuhnert, Berlin; Toma Babovic, Bremen; Jan Sasse und andere

drucK agit-druck, Berlin

BindunG Reinhart & Wasser, Berlin

ausstellunGsBau und -techniK Ben Jander, John Möller, BG 5 – Büro für Gestaltung, Berlin

ProduKtionsleitunG Caroline Gille, Berlin / Neuhardenberg

isBn  978-3-9812196-6-1