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BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 1f/365 Landtag 11. Wahlperiode 26.04.85 Siebter Jahresbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Hiermit erstatte ich der Bürgerschaft (Landtag), dem Präsidenten des Senats den Siebten Bericht über das Ergebnis meiner Tätigkeit im Jahre 1984 zum 31. März 1985 (§ 26 Abs. l Bremisches Datenschutzgesetz). Dr. Alfred Büllesbach, Landesbeauftragter für den Datenschutz Inhaltsübersicht 1. Vorbemerkungen 1. l Das Modell darf nicht den Bürger ersetzen 1.2 Organisation 2. Rechts- und Informationstechnologie-Entwicklung 2.1 Zur Rechtsentwicklung 2.2 Zur Entwicklung der Informationstechnologie 2.2. l Zunehmender Einsatz von Personalcomputern und Mikrocomputern (Arbeitsplatzrechnern) 2.2.2 Bildschirmtext 2.2.3 Telefon-Fernwirkdienst TEMEX 3. Kooperationen 3.1 Kooperation mit dem Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) 3.2 Mitarbeit im ADV-Ausschuß (AADV) 3.3 Kooperation mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz 3.4 Kooperation mit den Obersten Aufsichtsbehörden der Bundesländer 3.5 Kooperation mit Kammern, Verbänden und Institutionen 4. Eingaben und Beschwerden, Registerführung 4.1 Eingaben und Beschwerden 4.2 Register der meldepflichtigen Stellen 4.3 Dateienregister 5. öffentlicher Bereich Vorbemerkungen 5.1 Personalwesen 5.1.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle 5.1.1.1 Datenabgleich von BaföG-Empfängern mit den Beschäftigten im öffent- lichen Dienst im Lande Bremen

BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 1f/365 Landtag Siebter ... · Verhältnis der Regel zur Ausnahme und das damit verbundene Prinzip von indi- vidueller Gerechtigkeit und der rechtlichen

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BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 1f/365Landtag11. Wahlperiode 26.04.85

Siebter Jahresberichtdes Landesbeauftragten für den Datenschutz

Hiermit erstatte ich der Bürgerschaft (Landtag), dem Präsidenten des Senatsden Siebten Bericht über das Ergebnis meiner Tätigkeit im Jahre 1984 zum31. März 1985 (§ 26 Abs. l Bremisches Datenschutzgesetz).

Dr. Alfred Büllesbach, Landesbeauftragter für den Datenschutz

Inhaltsübersicht

1. Vorbemerkungen

1. l Das Modell darf nicht den Bürger ersetzen

1.2 Organisation

2. Rechts- und Informationstechnologie-Entwicklung

2.1 Zur Rechtsentwicklung

2.2 Zur Entwicklung der Informationstechnologie

2.2. l Zunehmender Einsatz von Personalcomputern und Mikrocomputern(Arbeitsplatzrechnern)

2.2.2 Bildschirmtext

2.2.3 Telefon-Fernwirkdienst TEMEX

3. Kooperationen

3.1 Kooperation mit dem Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft(Landtag)

3.2 Mitarbeit im ADV-Ausschuß (AADV)

3.3 Kooperation mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länderund der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz

3.4 Kooperation mit den Obersten Aufsichtsbehörden der Bundesländer

3.5 Kooperation mit Kammern, Verbänden und Institutionen

4. Eingaben und Beschwerden, Registerführung

4.1 Eingaben und Beschwerden

4.2 Register der meldepflichtigen Stellen

4.3 Dateienregister

5. öffentlicher Bereich

Vorbemerkungen

5.1 Personalwesen

5.1.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.1.1.1 Datenabgleich von BaföG-Empfängern mit den Beschäftigten im öffent-lichen Dienst im Lande Bremen

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5.1.1.2 PAADIS

5. l. l .3 Behandlung von Personalvorgängen bei Reditspraktikanten und Gerichts-referendaren

5.1.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.2 Inneres

5.2.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.2. l. l Amtliche Statistik

— Volkszählung

— Mikrozensus 1984

— EG-Arbeitskräftestichprobe

— Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung und Fortschreibungdes Bevölkerungsstandes

— Hochschulstatistik

5.2.1.2 Meldewesen

— Verordnung zur Durchführung des bremischen Meldegesetzes, insbe-sondere zur Durchführung von regelmäßigen Datenübermittlungenzwischen den Meldebehörden und der Meldebehörde an andere Be-hörden

— Novellierung des bremischen Meldegesetzes

— Neues Meldestellenkonzept in Bremen

5.2.1.3 Personenstands-, Paß- und Ausweiswesen

— Maschinenlesbarer Personalausweis

— Verwaltungsvorschriften zum Personenstandsgesetz

5.2.1.4 Kfz.-Zulassung/Führerschein

— Zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgeset-zes (Fahrzeugregister)

— Führerschein auf Probe

— Regelmäßige Übermittlung von Kfz.-Zulassungsdaten an das Landes-kriminalamt Bremen/an die Vollzugspolizei in Bremen

5.2.1.5 Innere Sicherheit

— Entnahme von Blutproben nach §§ 81 a, 81c StPO

— Datenübermittlung der Polizei (Staatsschutz) an in- und ausländischeNachrichtendienste

— Friedenswoche in Bremerhaven, Oktober 1983

— Bereinigung der Staatsschutzkartei in Bremerhaven

— Speicherung von Tatvorwürfen anläßlich von Demonstrationen

— Einsatz von Videokameras an Kontrollstellen zu Verkehrslenkungs-bzw. zu Lehrzwecken bei Großdemonstrationen etc.

— Arbeitskreis „Bereichsspezifische Datenschutzregelungen im Polizei-recht und im Strafverfahrensrecht"

— Informationssystem der Polizei „ISA"

5.2.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.3 Rechtspflege und Strafvollzug

5.3.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.3.1.1 Regelungen im Strafvollzug

5.3.1.2 Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi)

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5.3. l .3 Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)

5.3. l .4 Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV)

5.3. l .5 Kein Einsichtsrecht des Gegners im Prozeßkostenhilfeverfahren(PKH-Verfahren)

5.3.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.4 Bildungswesen

5.4.1 Ergänzung des bremischen Schulrechts um bereichsspezifische Daten-schutzregelungen

5.4.2 Datenschutz im Schulunterricht

5.4.3 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.5 Wissenschaft und Forschung

5.5.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.5.1.1 Entwurf eines Bremischen Archivgesetzes

5.5.1.2 Beratung verschiedener Forschungsprojekte

5.5.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.6 Arbeit

5.6.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.6.1.1 Versorgungsamt

— Vereinbarung über die Durchführung des Beitrags- und Meldeverfah-rens für die Bezieher von Versorgungskrankengeld

— Automatisiertes Verfahren zum Kostenersatz nach § 19 BVG im Rah-men der Kriegsopferversorgung

5.6.1.2 Gewerbeaufsicht

5.6.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.7 Jugend und Soziales

5.7.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.7. l. l Automatisierung im Bereich Amtsvormundschaften

5.7.l.2 Datenschutz in Kindertagesheimen (kurze Darstellung)

5.7.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.8 Gesundheitswesen

5.8.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.8. l. l Datenschutz in Kindertagesheimen (ausführliche Darstellung)

5.8.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.8.2.1 Gesundheitsämter

5.8.2.2 Krankenhäuser

5.9 Bauwesen

5.9.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.9.1.1 ADV-Proj ekt Aufwendungszuschüsse

5.9.1.2 Automatisiertes Liegenschaftsbuch in Bremen

5.9.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.10 Häfen, Schiffahrt und Verkehr

5.10. l Genehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz

5.10.2 Funk-, Schiffs- und Krankentagebücher

5.11 Sonstige öffentliche Stellen, Körperschaften u. a.

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5.11. l Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.11.1.1 Krankenkassen

5.11.1.2 Kammern

6. Nicht-öffentlicher Bereich

6.1 Darstellung von Schwerpunkten

6.1.1 Adreßhandel

6.1.2 Angebot von bonitätsgeprüften Adressen durch eine Handels- und Wirt-schaftsauskunftei

6. l .3 Erfassung und Verarbeitung von Telefongesprächsdaten

6.1.4 Versicherungswesen

6.1.5 Bankauskunftsverfahren

6.2 Kurze Darstellung von Einzelbeschwerden

6.3 Ordnungswidrigkeiten

7. Richtiger Umgang mit Informationen muß zur Alltagskultur werden

8. Anlagen

1. Auswirkungen des Volkszählungsurteils(Konferenzentschließung v. 27./2S. 03. 1984)

2. Zur Einführung des Telefon-Fernwirksystems „TEMEX"(Konferenzentschließung v. 06./07. 06. 1984)

3. Anforderungen an Datenschutzregelungen im Polizeirecht(Konferenzbeschluß v. 24. 01. 1985)

4. Zur Einführung von Bildschirmtext(Konferenzerklärung v. 27.728. 03. 1984)

5. Datenschutzrecht bei Bildschirmtext(Konferenzentschließung v. 06./07. 06. 1984)

1. Vorbemerkungen

1.1 Das Modell darf nicht den Bürger ersetzen

In der Öffentlichkeit wurden im Jahre 1984, also einerseits im Orwell-Jahr undandererseits im Jahr nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, inder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründet wurde, zur Ein-schätzung der Lage des Datenschutzes zwei Thesen vertreten:

— Der Datenschutz befinde sich gerade wegen der Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts und der damit verbundenen öffentlichen Legitimation, die zurUntätigkeit und Reduzierung des Datenschutzbewußtseins führen könnte, inseiner größten Krise, und

— der Datenschutz habe auch wiederum durch die Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts die historisch beste Stunde, um die Erforderlichkeit darzu-legen, warum mit der Einführung der Informations- und Kommunikations-technologien Datenschutz unverzichtbar ist, um die Gefährdungen der Persön-lichkeitsrechte zu vermeiden.

Welche der beiden Einschätzungen sich als richtig erweist, mag der Historikerviel deutlicher beurteilen als wir, die wir in der gegenwärtigen Diskussion stehen.Eines kann allerdings auch jetzt festgestellt werden, die Zunahme und Sensibilitätfür Gefährdungen von Persönlichkeitsrechten ist in der Öffentlichkeit und bei denBetroffenen erheblich weiter ausgeprägt, als dies vielfach von den Verantwort-lichen wahrgenommen wird.

Prinzipien und Kriterien ordnungsgemäßen Gesetzesvollzuges und ordnungs-gemäßer Organisation bei der Planung und Durchführung von neuen Automati-sierungsvorhaben sind nicht nur Elemente einer guten Organisation, sondernerweisen sich als Strukturprinzipien des Rechtsstaates. Deshalb muß darauf auf-merksam gemacht werden, daß die Nichtbeachtung dieser Prinzipien nicht nurFormalien verletzt, sondern die Fundamente des Rechtsstaates berührt.

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Die öffentliche Diskussion bezüglich der Auswirkungen moderner Technologienhat inzwischen einen breiten Raum eingenommen. Sie erstreckt sich auf die Erhal-tung der natürlichen Umwelt für den Menschen, bezieht die Ergebnisse der Erfor-schung der Gentechnologie mit ein und greift schließlich die Gefährdungen dermenschlichen Persönlichkeit, die mit der Einführung von Informations- und Kom-munikationstechnologien verbunden sind, auf. Eine solche breite Diskussion ander Nahtstelle historischer Veränderungen, verbunden mit der Unsicherheit, dieseEntwicklung richtig zu bewerten, führt notgedrungen in der Öffentlichkeit zuUnsicherheit und Unbehagen. In einer solchen Situation ist es wichtig, daß deshalbder Datenschutz nicht mit negativen Schlagzeilen diskreditiert wird oder gardadurch den Datenschutz ablehnende Kräfte Auftrieb erlangen, denn es geht umdie Erhaltung der Autonomie des Menschen in einer künftigen Informationsgesell-schaft. Den Datenschutz zu vertreten, ist deshalb eine politische und gesellschafts-politische Aufgabe, die nicht allein durch den Landesbeauftragten für den Daten-schutz wahrgenommen werden kann, sondern es ist zuförderst auch für die Öffent-lichkeit sichtbar zu machen, daß der Datenschutz von allen verantwortlichenPolitikern getragen wird. Es kann nicht die Aufgabe des Landesbeauftragten sein,den Datenschutz durch alle politischen Winde zu führen. Es bedarf dazu derpolitischen Unterstützung und der Begleitung.

Betrachten wir die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechno-logie und vergleichen wir diese mit der Entwicklung unseres gesamten Straßen-,Schienen- und Flugverkehrsnetzes, so fallen einige Besonderheiten auf. Die Ent-wicklung vom Fernmeldenetz über ISDN, Glasfaser und Satellitenübertragungs-netze hin zu Universalnetzen stellt die Eröffnung breiter „Informationsautobah-nen" dar, auf denen sich nicht Automobile bewegen, sondern umfangreiche Infor-mationen zu multifunktionalen Endgeräten fließen. Vergleicht man die für dieStraßenverkehrssicherung und -Überwachung eingesetzten Mittel, durch die imStraßenverkehr eintretende Gefährdungen vermieden werden sollen, mit denKontroll- und Überwachungstechniken bei den „Informationsautobahnen", so wirddeutlich sichtbar, wie grundverschieden die Bewertungen sind. Es gilt als aner-kannt, daß Kontrollen und Überwachungen im Straßenvekehr erforderlich sind,während die gleichen Kontrollen zur Erhaltung der Autonomie des Menschen undder persönlichen Freiheitsräume und zum Schütze der Persönlichkeitsrechte selbstbei Politikern gelegentlich als übertriebener Datenschutz apostrophiert werden.

Es ist an der Zeit, öffentlich gründlicher und intensiver über die Voraussetzungendes Datenschutzes zu diskutieren, um den Stellenwert der Aufgabe für die Öffent-lichkeit sichtbar zu machen. Daß diese Diskussion sehr viel mit Lebensgefühl undWerthaltungen sowie Verhältnis vom Staat zum Bürger zu tun hat, sei nur aneinem Beispiel kurz dargestellt. Um zu prüfen, ob jeder Hauseigentümer oderWohnungseigentümer die für seine Familiengröße erforderliche Mülltonne be-sitzt, gleicht die zuständige Abfallbeseitigungsbehörde mit dem Einwohnermelde-datenbestand ab und schickt allen so aufgefallenen Hauseigentümern eine Auf-forderung, sich entsprechend ihrer Familiengröße eine größere Mülltonne anzu-schaffen.

Dies ist ein harmloses Beispiel, es zeigt aber die wichtigsten Probleme auf, die mitDirektzugriffen und Datenabgleichen künftig verbunden sein werden. Zum einenist das wichtige Prinzip der Selbstverantwortung und der Selbsthandlung desBürgers durch Datenabgleich verletzt. Es kommt nicht mehr darauf an, ob sich derBürger seinen Bedürfnissen entsprechend angemeldet hat, sondern es wird abge-glichen und dem durchschnittlichen Verbrauch angepaßt. Damit einher läuft eineNivellierung und Aufrechterhaltung von sog. Normalvorstellungen. Die Indi-vidualität und auch das Ausnutzen von „Nischen", die jeder Bürger für sich inunterschiedlichen Formen in Anspruch nimmt und die er bisher deshalb erlebenkonnte, weil es keine vollständige Überprüfung gab, fällt mit solchen Abgleichenweg. Es braucht nicht extra betont zu werden, daß Datenschutz nicht dazu dienendarf, Rechtsverstöße zuzudecken. Was an diesem Beispiel allerdings gezeigt wer-den kann, ist die absolute Normativität, die sich als Maßstab quer durch alleBeurteilungen zieht und Individualität zurücktreten läßt. Das Risiko einer solchenEntwicklung besteht darin, daß das Modell den Bürger ersetzt.

Eine zunehmende Tendenz der On-line-Anschlüsse und der Datenabgleiche würdeunweigerlich eine Gesellschaft erzeugen, bei der Bürger permanent das Gefühlhaben müssen, überwacht zu werden, denn sie wissen nie, wann auf ihre Datendirekt zugegriffen wird oder wann ein Datenabgleich vorgenommen wird. Woraufes also ankommt, ist auch bei der künftigen Gestaltung der Informations- undKommuniktionswege und der hierzu zu erlassenden Gesetze darauf zu achten,

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daß es ein Rechtsprinzip geben muß, daß der Bürger zunächst eigenverantwortlichseine Daten angibt, ohne daß Abgleichungen — meist ohne sein Wissen — vor-genommen werden. Hierauf kommt es dem Datenschutz an und nicht, wie polemi-sierend häufig in der Öffentlichkeit hierzu vertreten wird, Rechtsverletzungen zuschützen.

Mit einer Praxis der Verbreitung von On-line-Anschlüssen und Datenabgleichenwerden aber auch Prinzipien unseres Rechtsstaates in Frage gestellt, nämlich dasVerhältnis der Regel zur Ausnahme und das damit verbundene Prinzip von indi-vidueller Gerechtigkeit und der rechtlichen Billigkeit bei Normentscheidungen.Das Verhältnis der Gewährleistung von Einzelfallgerechtigkeit und Gerechtigkeitals Gesamtprinzip bedarf bei diesen Formen von Nivellierungen einer fundiertenrechtspolitischen Diskussion. Hierzu ist auch die Rechtswissenschaft aufgerufen,ihren Beitrag zu leisten.

1.2 Organisation

— Personelle Situation

Der Senat hat die starke Arbeitsbelastung, die in der Dienststelle vorherrscht, auf-gegriffen und die Übertragung von zwei Stellen (ein Jurist, ein Informatiker)beschlossen. Die Umsetzung der Stellen innerhalb des öffentlichen Dienstes zurDienststelle des Landesbeauftragten ist noch nicht vollzogen und erweist sich alsein Lauf mit mehreren Hindernissen. Im Interesse des Datenschutzes muß der Lan-desbeauftragte erwarten, daß die Stellen so schnell wie möglich im Laufe desJahres 1985 realisiert werden.

— Sachmittel

Für den Haushalt 1985 sind die erforderlichen Mittel für die Wahrnehmung derAufsichtstätigkeit nach dem Bildschirmtext-Staatsvertrag bewilligt, die Umsetzungerfolgt.

— Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit im Jahre 1984 war durch die Themen Auswirkungen desVolkszählungsurteils auf den Gesetzgeber, auf den privaten und öffentlichenBereich, durch den maschinenlesbaren Personalausweis, durch verschiedene Daten-schutzfragen im Bereich der Polizei und nicht zuletzt durch die Übernahme desBildschirmtext-Staatsvertrages gekennzeichnet. Der Bedarf an datenschutzrecht-lichen Diskussionen, abendlichen Vorträgen bei verschiedenen Parteien und ge-sellschaftlichen Gruppen ist weiterhin gewachsen. Die öffentliche Vermittlungdatenschutzrechtlicher Anliegen ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit desLandesbeauftragten, den er trotz der personellen Knappheit soweit wie möglichaufrechterhalten werde. Die Kontakte zu Presse und Medien erweisen sich für dieArbeit des Landesbeauftragten und für die Vermittlung des Datenschutzproblemsin der Öffentlichkeit als eine ständige und notwendige Begleitung.

2. Rechts- und Informationstechnologie-Entwicklung

2.1 Zur Rechtsentwicklung

— Gesetz zu dem Staatsvertrag über Bildschirmtext

Das Gesetz wurde am 17. Juli 1984 vom Senat verkündet und sieht bezüglich derDatenschutzregelung vor, daß der Landesbeauftragte für den Datenschutz zustän-dig ist für den Vollzug von Art. 9 des Bildschirmtext-Staatsvertrages im öffent-lichen Bereich und als Verwaltungsbehörde im nicht-öffentlichen Bereich.

— Auswirkungen des Volkszählungsurteils auf das Landesrecht

Der Datenschutzausschuß hat den Senat gebeten, über die Auswirkungen desVolkszählungsurteils auf das bremische Landesrecht Bericht zu erstatten. Der Senathat diesen Bericht dem Ausschuß vorgelegt, dort wurde er ausführlich diskutiert.Ein Zeitplan über die Durchführung der dort genannten Vorhaben ist von seitendes Senats nicht genannt worden. Es wird deshalb zu gegebener Zeit auf diesenBericht und die dort angekündigten Vorhaben zurückzukommen sein.

— Datenschutz bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen

Die öffentliche Erörterung der Notwendigkeit bereichsspezifischer Datenschutz-regelungen bei der Personaldatenverarbeitung hat im Jahre 1984 an Umfangzugenommen. Die Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der

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Arbeitnehmer im öffentlichen wie im nicht-öffentlichen Bereich setzt eine präziseund klare Regelung bezüglich der Rechte der Betroffenen, der Mitbestimmung vonBetriebs- und Personalräten wie schließlich die Sicherung der Kontrollrechte durchDatenschutzkontrollinstanzen voraus. Die Fortentwicklung der Informations- undKommunikationstechnologien ermöglicht die Verknüpfung von unterschiedlichenDatenbeständen, die sich immer mehr dazu eignen, das Verhalten und die Leistungvon Arbeitnehmern zu überwachen. Diesen Aspekt hat insbesondere das Bundes-arbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14. September 1984 herausgearbeitetund dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. l Nr. 6 Betriebs-verfassungsgesetz zuerkannt. Für die datenschutzrechtliche Relevanz dieses Urteilsist insbesondere die Begründung von besonderem Interesse. So führt das BAGzum einen aus, daß Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durchVerwendung anonymer technischer Kontrolleinrichtungen mitbestimmungspflich-tig sind und sieht auf der anderen Seite die deutliche persönlichkeitsrechtlicheTangente, die dadurch entsteht, daß Verhaltens- und Leistungsdaten technischpraktisch dauernd und ununterbrochen und in ungleich größerem Umfang erhobenwerden können. Schließlich kommt hinzu, daß die Ermittlung von solchen Datenfür den Arbeitnehmer überwiegend nicht wahrnehmbar ist, so daß Abwehrreak-tionen und Mechanismen gegen eine Überwachung und Kontrolle ausgeschaltetsind. Der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers durch Vorschriften des Indi-vidualarbeitsrechtes und Datenschutzrechtes ist auch nach Auffassung des BAGnoch nicht im ausreichenden oder wünschenswerten Umfang gewährleistet.

— Novelle Bundesdatenschutzgesetz

Die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes ist im Jahre 1984 nicht voran-getrieben worden. Ein neuer Entwurf der Regierungskoalitionen liegt bisher nichtvor. Die Notwendigkeit der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes ist nachdem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz anerkannt.Vorstöße zur Novellierung der Datenschutzgesetze haben die Länder Hessen undNordrhein-Westfalen mit Entwürfen zur Novellierung ihrer jeweiligen Landes-datenschutzgesetze unternommen.

— Grundrecht auf Datenschutz in der saarländischen Landesverfassung

Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen bereits vor Jahren ein Grundrecht aufDatenschutz in die Landesverfassung aufgenommen hat, bekannte sich auch dasSaarland nunmehr als zweites Land zum Grundrecht auf Datenschutz in der Lan-desverfassung. Die Landesverfassung hat folgenden Wortlaut: „Jeder hat An-spruch auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. Eingriffe sind nur im über-wiegenden Interesse der Allgemeinheit aufgrund eines Gesetzes zulässig."

— Zeugnisverweigerungsrecht fUr Datenschutzbeauftragte

Ein Amtsgericht hatte die Beschlagnahme von Unterlagen beim Landesbeauftrag-ten angeordnet, die den Vorgang eines Bürgers betrafen, der sich vor Jahren miteiner Beschwerde an den Landesbeauftragten gewandt hatte. Der Anlaß der dama-ligen Beschwerde stand mit dem laufenden gerichtlichen Verfahren in keinerleiZusammenhang.

Auf die gegen die Anordnung des Gerichts sofort eingelegte Beschwerde undVerweigerung der Herausgabe der Unterlagen hin wurde die Beschlagnahme-anordnung aufgehoben.

Nach Auffassung des Landesbeauftragten ist es erforderlich, daß die Datenschutz-beauftragten gegenüber allen öffentlichen und privaten Institutionen strikte Ver-schwiegenheit wahren, um so eine unabhängige Datenschutzkontrolle zu gewähr-leisten und das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und ihrem Da-tenschutzbeauftragten zu schützen. Die erzwungene Herausgabe von Schrift-stücken an Dritte und die Pflicht, als Zeuge auszusagen, würden dem Datenschutz-beauftragten die Erfüllung seiner Aufgaben erheblich erschweren und darüberhinaus das Vertrauensverhältnis zum Bürger zerstören. Anders als bei hoheit-lichen Tätigkeiten wendet sich der Bürger freiwillig und vertraulich an den Daten-schutzbeauftragten, wobei er erwartet, daß dieser seine ihm anvertrauten Ge-heimnisse schützt. Der Landesbeauftragte ist deshalb der Meinung, daß für ihnein Zeugnisverweigerungsrecht und ein Beschlagnahmeverbot gelten muß. Umauch dem vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Prinzip der unabhän-gigen Kontrolle gerecht zu werden, sollte der Gesetzgeber eine Klarstellung inForm einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung dieser Prinzipen vornehmen.

Von Bedeutung ist bei dieser Frage auch, wer oberste Dienstbehörde i. S. von

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§ 96 StPO ist. In der konkreten Auseinandersetzung in Bremen hat der Landes-beauftragte darauf hingewiesen, daß es mit seiner Weisungsfreiheit unvereinbarist, wenn eine dritte Stelle über die Herausgabe von Akten entscheiden würde.Rechtlich muß deshalb klar sein, daß oberste Dienstbehörde i. S. von § 96 StPOder Landesbeauftragte selbst ist. Der Entwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (vgl. LT-Drs. 9/4075 vom 14. 02. 1985) hat in § 23 Abs. l inzwischenfolgende Regelung aufgenommen: „Er ist insoweit oberste Dienstbehörde i. S. des§ 96 StPO und trifft Entscheidungen nach §§64 und 65 LEG für sich und seineBediensteten in eigener Verantwortung." Damit hat die Landesregierung in Nord-rhein-Westfalen diesen Konflikt zugunsten des Datenschutzes geregelt, so daßder Landesbeauftragte dort sowohl über die Vorlage oder Auslieferung vonAkten seiner Behörde aufgrund des § 96 StPO als oberste Dienstbehörde ent-scheidet, als auch über die Aussagegenehmigung für sich und seine Bedienstetendie eigene Verantwortung trägt. Diese Regelung ist rechtlich unter Berücksichti-gung der Unabhängigkeit des Landesbeauftragten konsequent.

2.2 Zur Entwicklung der Informattonstechnologie

2.2.1 Zunehmender Einsatz von Personalcomputern und Mikrocomputern(Arbeitsplatzrechnern)

Auf die Entwicklung der Informationstechnologie im Bereich der Hardware, derSoftware und der Telekommunikation einschließlich der Wirkungen des Integra-tion und der Dezentralisierung und den damit verbundenen Folgen für den Daten-schutz hat der Landesbeauftragte bereits in früheren Jahresberichten (vgl. 3. Jah-resbericht, Pkt. 3.5, 5. Jahresbericht, Pkt. 3.3), zuletzt im 6. Jahresbericht (Pkt. 2.2.3)hingewiesen. Die Entwicklung ist inzwischen so weit, daß der Einsatz von Arbeits-platzrechnern die Erprobungsphase verläßt und die breite betriebliche Verwen-dung unmittelbar bevorsteht. Es ist bei dem Einsatz dieser multifunktionalenTerminals unverzichtbar, neuartige Datenschutzkonzeptionen zu erarbeiten. Esgenügt nicht, auf die bisherige Entwicklung hinzuweisen. Notwendig ist zur Siche-rung des Datenschutzes, zunächst analytisch die Risiken herauszuarbeiten, dieGefährdungen festzustellen, sich die notwendigen Maßnahmen zu überlegen undschließlich insgesamt in einem abschließenden Kontrollverfahren die datenschutz-rechtlichen Gewährleistungen zu überprüfen. Dies setzt umfangreiche Begleit-arbeiten bei ADV-Projektierungen voraus, die von den Projektplanern mit zuleisten sind.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der PC-Einsatz und die Vernetzungfür den Datenschutz neue Probleme schaffen, die im nachfolgenden kurz darge-stellt werden.

— Der An Wendungsbereich der Datenschutzgesetze weitet sich erheblich aus. Nichtnur die Zahl der speichernden Stellen nimmt zu, sondern auch bisher nicht unterdie Datenschutzgesetze fallende Bereiche und Systemlösungen werden daten-schutzrelevant.

— Die Aufgaben, denen sich der Datenschutz gegenübersieht, steigen sowohlquantitativ wie qualitativ (z. B. Gerätevielfalt, Anwendungsvielfalt, neue Tech-nologien und neue Rechtsprobleme etc.).

— Die Umsetzung und Durchsetzung angemessener technisch-organisatorischerDatenschutzmaßnahmen dürfte schwieriger werden. Die Sicherung der Datenund Datenträger muß als neue Anforderung der Sachbearbeiter begriffen wer-den, die ernsthafter als die konventionelle Aktenverwahrung genommenwerden muß. Die unbefugte Nutzung der Daten und Datenträger ist schwie-riger zu unterbinden als in einem zentralen Rechenzentrum. Die bisherigeFunktionstrennung zwischen Bedienung des Rechner- bzw. Textsystems undeigentlicher Sachbearbeitung wird z. B. in Mischarbeitsplätzen wieder auf-gehoben. Die Anwendung des Vier-Augen-Prinzips kann nicht oder nur schwerrealisiert werden. Die Anwendung der einzelnen Programme wird hier nichtprotokolliert. Die verwendeten Datenträger, z. B. Magnetbandkassetten, Dis-ketten sind klein und handlich und können unbemerkt mitgenommen werden.Allerdings ist die Speicherkapazität dieser Datenträger kleiner als bei denentsprechenden Datenträgern der Großrechner.

Ein scheinbarer Vorteil der zunehmenden Verwendung autonomer dezentralerKleinrechner- und Textverarbeitungssysteme liegt darin, daß Datentransporte,d. h. die physische Weitergabe von Datenträgern, Verarbeitungsergebnissenund Erhebungsmaterialien entfallen.

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Die Benutzung standardisierter, nicht selbst oder nicht speziell entwickelterSoftware nimmt zu. Die Beschaffung erfolgt teilweise zusammen mit den Ge-räten ohne spezielle Auswahlverfahren. Die bisher angewendeten Regeln fürdie ordnungsgemäße Entwicklung und Pflege von DV-Programmen (z. B. schrift-licher Entwicklungs- und Pflegeauftrag, stufenweise Entwicklung, förmlicheFreigabe) passen plötzlich nicht mehr. Sie müssen ergänzt werden um Regelnfür eine ordnungsgemäße Übernahme bzw. Abnahme von Fremdprogrammen.Hier sind die dezentralen Beschaff er meist überfordert, da datenschutzrechtlicheÜberlegungen bei der Auswahl und Beschaffung solcher Programme meistkeine Rolle spielen. Auch die vom Datenschutzrecht verlangte ordnungsgemäßeAnwendung der DV-Programme, mit denen personenbezogene Daten verar-beitet werden, ist nicht mehr ohne weiteres gegeben.

— Die bestehenden übermittlungs- und Löschungsregelungen sind noch schwie-riger zu handhaben als bisher. Zwar ist es heute wegen der ungenügendenNormierung noch nicht ohne technische Probleme möglich, Datenträger deseinen Herstellers auf dem System eines anderen Herstellers zu verarbeiten,doch ist dies nur eine Frage des Aufwandes bzw. der Zeit.

— Die zunehmende Ausstattung mit Terminalinstallationen hat Folgen. So be-wirkt sie eine Ausweitung des Aufsichts- und Kontrollbereiches der Daten-schutzinstanzen. Zusätzliche Bedeutung erlangen die technisch-organisatori-schen Maßnahmen zur Benutzerkontrolle, Zugriffskontrolle sowie zur Uber-mittlungskontrolle.

2.2.2 Bildsdünntext

Mitte 1984 hat die Deutsche Bundespost — mit Verspätung wegen technischerProbleme — das neuentwickelte Bildschirmtext-System bundesweit in Betriebgenommen. Die bis dahin praktizierte alte Bildschirmtext-Technik wurde noch füreine Übergangszeit weiterbetrieben, um insbesondere den Bildschirmtext-Anbie-tern den Übergang auf das neue System zu erleichtern. Auch der Auf- und Ausbauder Bildschirmtext-Vermittlungsstellen ging weiter. Im September 1984 nahm dieBildschirmtext-Vermittlungsstelle Bremen ihren Betrieb auf. Die Datenschutzbe-auftragten haben im Berichtsjahr versucht, von der Deutschen Bundespost ge-nauere systemtechnische Informationen und Unterlagen über Bildschirmtext zuerhalten. Leider kam die Deutsche Bundespost den Wünschen der Datenschutz-beauftragten nur sehr zögernd entgegen. Die Bildschirmtext-Systemkenntnisse,die der Landesbeauftragte derzeit besitzt, resultieren im wesentlichen aus Vor-trägen und Vertragsunterlagen von Informationsveranstaltungen der DeutschenBundespost für die Datenschutzbeauftragten. Die Deutsche Bundespost hat sich bisheute nicht bereit gefunden, den Datenschutzbeauftragten der Länder aussage-fähige schriftliche Systemunterlagen zur Verfügung zu stellen. Dies ist um so be-dauerlicher, als der Landesbeauftragte im Anwendungsbereich des Bildschirmtext-Staatsvertrages die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu kontrollierensowie Bürgereingaben und Beratungsersuchen öffentlicher und privater Stellenzum Thema Bildschirmtext zu bearbeiten hat. Der Landesbeauftragte erwartet, daßdie Deutsche Bundespost ihre Zurückhaltung in diesem Punkt aufgibt, d. h. auchdie Datenschutzbeauftragten der Länder für ihre Aufgabenerfüllung mit detaillier-ten technischen Systemunterlagen versorgt.

Die Zurückhaltung der Deutschen Bundespost erklärt sich u. a. aus der nicht ge-klärten Frage der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern bezüglichBildschirmtext und der damit verbundenen Frage der Kontrollkompetenz derDatenschutzbeauftragten. Diese Frage war damals bewußt ausgeklammert undverfassungsrechtlich nicht ausgetragen worden mit der Folge, daß es heute einNebeneinander von landesrechtlichen (Bildschirmtext-Staatsvertrag und entspre-chende Ratifizierungsgesetze der Länder) und bundesrechtlichen Regelungen gibt.Die Deutsche Bundespost hat zwar erklärt, die Datenschutzregelungen des Bild-schirmtext-Staatsvertrages zu akzeptieren, doch hat sie es abgelehnt, deckungs-gleiche Bestimmungen in die Fernmeldeordnung zu übernehmen und das Bild-schirmtext-System entsprechend zu gestalten. Das Ausklammern der ungelöstenKompetenzfrage läßt sich in unserem föderalen Staat auf Dauer nur durchhalten,wenn alle Beteiligten die gegenteiligen Rechtsauffassungen respektieren und imeigenen Handeln berücksichtigen. Die rückhaltlose Information der Datenschutz-beauftragten der Länder über die systemtechnischen Details von Bildschirmtextgehört ebenso dazu wie die materiell-rechtliche Ausgestaltung dieses Dienstes(vgl. auch die Anlagen 4 und 5).

Die bisherigen Gespräche und Erörterungen mit der Deutschen Bundespost über

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das neue Bildschirmtext-System lassen trotz der oben beschriebenen Informations-defizite die Aussage zu, daß das Btx-System nicht in allen Punkten den Daten-schutzanforderungen des Bildschirmtext-Staatsvertrages entspricht. Das gilt vorallem für die Sicherung des Zugangs zum Bildschirmtext-System und für die Ab-rechnungsmodalitäten.

Da Bildschirmtext ein offenes, für jedermann jederzeit zugängliches und zumTransport von Texten, Daten und graphischen Darstellungen aller Art verwend-bares Informations- und Kommunikationssystem ist, kommt den Maßnahmen zurSicherung vor unbefugtem Zugang und Zugriff zum System eine besondere Be-deutung zu. Hierauf hat der Landesbeauftragte bereits früher hingewiesen. DieSicherung vor unbefugtem Zugang und Zugriff zum Bildschirmtext-System ent-spricht zur Zeit noch nicht der besonderen Gefährdungslage eines offenen Infor-mations- und Kommunikationssystems. So ist es z. B. möglich, die Anschlußken-nung, die von der allgemein verwendeten Bildschirmtext-Anschlußbox DBT 03automatisch bei Beginn eines Dialogs zur Identifizierung des Benutzers an dasBildschirmtext-System gesendet wird, mit Hilfe eines ebenfalls zugelassenenModems oder durch unbefugte Eingriffe zu simulieren. Sowohl die Anschlußken-nung wie auch das geheime persönliche Kennwort können ausgeforscht werden:Beide werden nicht verschlüsselt und können somit im Telefonnetz abgehört bzw.mitgeschnitten werden. Die Anschlußkennung kann nicht geändert werden, womitdie Gefahr der Durchbrechung der Geheimhaltung mit der Zeit zunimmt. Es gibtzur Zeit keine besonderen Anforderungen an die Gestaltung des geheimen per-sönlichen Kennworts, so daß triviale und leicht erratbare Kennwörter benutztwerden können. Durch einen einfachen Trick kann die programmierte Sperrungdes Bildschirmtext-Anschlusses bei neun vergeblichen Versuchen, das Kennwortzu erproben, umgangen werden. Der Anschlußinhaber erfährt von Versuchen,sein Kennwort zu erproben, nichts und kann folglich nicht reagieren. Die Editier-funktion für Bildschirmtext-Anbieter ist — anders als bei den Feldversuchen —nicht mehr durch ein besonderes Kennwort geschützt mit der Folge, daß bei er-folgreicher Ausforschung von Anschlußkennung und Kennwort auch die Seiteneines Bildschirmtext-Anbieters zugänglich sind.

Einige spektakuläre Vorkommnisse mit Hackern zeigen, daß derartige System-schwächen keine Erfindung bildschirmtextfeindlicher Datenschutzbeauftragtersind, sondern tatsächliche Realität. Offene, für jedermann jederzeit zugänglicheInformations- und Kommunikationssysteme verlangen gegenüber den bisherigengeschlossenen Systemen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen. Außerdem sind dieBenutzer eines solchen offenen Systems vom Betreiber eindringlich auf ihreneigenen Part hinzuweisen, die Sicherheitsregeln zu beachten und durch eigenesZutun die Sicherheit zu erhöhen.

Auch die Abrechnungsmodalitäten entsprechen nicht den Regelungen des Bild-schirmtext-Staatsvertrages. Aus den Datensatzbeschreibungen ergibt sich, daß dieDeutsche Bundespost zur Abrechnung der von den verschiedenen Bildschirmtext-Anbietern angebotenen Vergütungspflichtigen Seiten — d. h. Errechnung der Be-lastungen für den Bildschirmtext-Benutzer und Ermittlung der Gutschriften fürden Anbieter — derzeit mehr und detailliertere Daten speichert, als vom Zweckher erforderlich und datenschutzrechtlich vertretbar ist. Der sog. Gutschriften- undEntgeltsatz enthält u. a. die Teilnehmernummer des Anfragenden, die Leitseite,über die ein Teilnehmer in das Programm des Anbieters gelangt ist sowie einenZeitstempel. Da ein Anbieter sein gebührenpflichtiges Angebot inhaltlich auf-teilen und über viele Leitseiten ansprechbar machen kann, besteht die Gefahr, daßentgegen den Intentionen des Bildschirmtext-Staatsvertrages doch Rückschlüsseauf das Teilnehmerverhalten, und zwar bezüglich der Wahl verschiedener An-gebote, gezogen werden können. Die Deutsche Bundespost sollte deshalb das Ab-rechnungsverfahren so ändern, daß derartige Rückschlüsse nicht mehr möglichsind. Im übrigen ist hier darauf hinzuweisen, daß bei der Kommunikation miteinem externen Rechner Nutzungsdaten des über diesen Rechner eingespieltenBildschirmtext-Angebots ebenfalls gespeichert werden können, ohne daß dieDeutsche Bundespost hierauf einen Einfluß hat und ohne daß sich der Bildschirm-text-Teilnehmer dessen bewußt ist. Auch kann er den Datenumfang, den Ver-wendungszweck und die Dauer der Speicherung nicht kontrollieren.

Ein weiteres Problem liegt in der Anwendbarkeit des Abhörgesetzes (Gesetz zuArt. 10 Grundgesetz, GlO-Gesetz) und des § lOOa Strafprozeßordnung (StPO) aufBildschirmtext. Der Senator für Inneres hat den Landesbeauftragten im April 1984zu dieser Problematik um Stellungnahme gebeten. Ausgelöst wurde diese An-frage durch die Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 14. März 1984, in der

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der parlamentarische Staatssekretär Spranger für den Bundesminister des Innerndie Auffassung vertrat, der Btx-Dienst der Deutschen Bundespost sei rechtlich alsFernmeldeverkehr zu qualifizieren und genieße daher auch den Schutz des Fern-meldegeheimnisses nach Art. 10 GG. Bei Vorliegen der gesetzlichen Vorausset-zungen sei daher eine Überwachung dieses Fernmeldeverkehrs nach dem G10-Gesetz oder nach § lOOa StPO möglich. In der vorerwähnten Fragestunde ver-wiesen Abgeordnete auf eine abweichende Rechtsauffassung der Länder, wonachBtx als ein neues Medium, nicht als Fernmeldeeinrichtung zu qualifizieren sei mitder vermuteten Folge der Nichtanwendbarkeit des GlO-Gesetzes auf Btx.

Der Landesbeauftragte hat in seinem Antwortschreiben an den Senator für Innereszunächst auf die rechtliche Grundlage des Staatsvertrages verwiesen. Dieser Ver-trag konnte nur Zustandekommen, weil die Länder nicht davon ausgingen, daßBildschirmtext ausschließlich Fernmeldeverkehr darstellt. Die Länder haben viel-mehr für den gesamten Nutzungsbereich des neuen Mediums Bildschirmtext dieRegelungskompetenz für sich in Anspruch genommen.

Darüber hinaus sieht Art. 9 Abs. 3 S. 2 Btx-Staatsvertrag vor, daß Abrechnungs-daten an Dritte nur aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift übermittelt wer-den dürfen. Die Verbindungsdaten sind zu diesem Zeitpunkt bereits gelöscht. Imübrigen wäre ihre Übermittlung an Dritte und an Anbieter unzulässig (vgl. Art. 9Abs. 3 1. Halbsatz des Staatsvertrages). Hinzu kommt, daß Art. 10 Staatsvertrageine eigenständige Geheimhaltungsbestimmung für Bildschirmtext-Einrichtungengeschaffen hat. Aufgrund dieser Rechtslage ergibt sich, daß besondere Rechtsvor-schriften i. S. dieser Bestimmungen nur solche sein können, die ausdrücklich dieseGeheimhaltung durchbrechen und besondere Rechtsvorschriften i. S. des Art. 9Abs. 3 S. 2 Btx-Staatsvertrag darstellen. Die Vorschriften des GlO-Gesetzes undauch des § lOOa StPO passen hierauf nicht, da sie sich auf die Überwachung desabhörbaren und auf Tonträger aufnehmbaren Fernsprechverkehrs beziehen undsomit auf eine andere technische Ausgestaltung als dies das Bildschirmtext-Systemdarstellt. Das heißt, das Bundesrecht läßt keine Durchbrechung der Geheimhaltungnach Art. 10 Btx-Staatsvertrag zu. Die Verfassung — und das Urteil des Bundes-verfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz hat dies bestätigt — verlangt fürsolche Eingriffe eine Befugnisnorm durch den Bundesgesetzgeber.

Auch ein Amtshilfeersuchen der Polizei bzw. des Verfassungsschutzes an die Postdarf von der Post nicht vollzogen werden. Nach herrschender Auffassung, dieebenfalls durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wur-de, durchbricht die Amtshilfe nicht den Datenschutz. Auch hier gilt, daß zuerst eineBefugnisnorm geschaffen werden muß, wie es z. B. Art. 9 Abs. 3 S. 2 Btx-Staats-vertrag verlangt.

Wie der Landesbeauftragte zwischenzeitlich erfahren hat, wird das Problem derDurchführung des GlO-Gesetzes bei Btx auf Bund^Länder-Ebene noch erörtert.Grundlage für die Position des Senators für Inneres bei diesen Gesprächen bildetder Antrag der Fraktion der SPD vom 13. Juni 1984 (Drs. 11/189 der BremischenBürgerschaft — Landtag), Ziffer 5., in der es heißt:

„Das geltende Datenschutzgesetz des Bundes ist um Zusatzregelungen für Bild-schirmtext zu ergänzen. Die Nutzung personenbezogener Daten durch Strafverfol-gungsbehörden und Nachrichtendienste ist einzugrenzen. Zu gewährleisten ist, daßZugriffe im Bereich von Bildschirmtext nicht weitergehen können als die derzeitzulässigen Kontrollen des Fernmeldeverkehrs",

Diese Ziffer wurde auf der 17. Sitzung der Bremischen Bürgerschaft — Landtag —vom 11. Juli 1984 beschlossen.

Der Landesbeauftragte sieht sich durch den obigen Beschluß in seiner Rechtsauf-fassung bestätigt.

2.2.3 Telefon-Fernwirkdienst TEMEX

Im 6. Jahresbericht wurde unter Pkt. 2.2.2 über diesen neuen Dienst der DeutschenBundespost und die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Probleme berichtet.Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten hat Anfang Juni 1984 zur Einführungdes Telefon-Fernwirksystems TEMEX einen Beschluß gefaßt, der in der Anlage 2abgedruckt ist. Mit Rücksicht auf die noch offenen Fragen des Datenschutzes hatder Postverwaltungsrat die für Mitte 1984 vorgesehene Beschlußfassung über dieEinführung des TEMEX-Dienstes zurückgestellt. Die Datenschutzbeauftragten desBundes und der Länder haben dies begrüßt, weil damit die Möglichkeit eröffnet

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wird, vor Einführung eines solchen neuen Dienstes die Datenschutzprobleme aus-giebig zu erörtern und datenschutzrechtlich befriedigende Lösungen zu finden.Die Deutsche Bundespost hat inzwischen in München und Ludwigshafen mit Sy-stemversuchen „in vereinfachter Technik" begonnen, bei denen vorerst nur daten-schutzrechtlich weniger sensible Anwendungen wie z. B. die Übertragung vonAlarmen und Notfallmeldungen erprobt werden. Die datenschutzrechtlich bedeut-samen TEMEX-Anwendungen sollen im Rahmen sogenannter Betriebsversuchemit verschiedenen Interessenten erprobt werden, deren Beginn für Anfang 1986vorgesehen ist. Inwieweit es gelingt, die offenen Datenschutzprobleme befriedi-gend zu klären, bleibt abzuwarten.

3. Kooperationen

3. l Kooperation mit dem Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft(Landtag)

Im Berichtszeitraum fanden fünf Sitzungen des Ausschusses mit Beteiligung desLandesbeauftragten statt. Wichtige Themen waren hierbei:

— Informationssystem Anzeigen (ISA)

— Datenschutz im Sicherheitsbereich

— Tendenzen und Entwicklungen der Informationstechniken

— Bericht des Senats über die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungs-gerichts zum Volkszählungsgesetz

— Sachstandsbericht zum neuen Volkszählungsgesetz

— Änderung des Straßenverkehrsregisters (Fahrzeugregister, ZEVIS)

Folgende datenschutzrelevante Fragen waren im letzten Jahr Gegenstand vonAnfragen und Plenardiskussionen in der Bremischen Bürgerschaft (Landtag):

Plenarsitzung

25. 01. 84

25. 01. 84

23. 02. 84

15. 05. 84

19. 06. 84

19. 06. 84

19. 06. 84

11.07.84

11.07.84

12. 10. 84

24. 10. 84

Antrag- undFragesteller,Mitteiler

GRÜNE

GRÜNE

CDU

CDU

GRÜNE

GRÜNE

Senat

1. Senat2. SPD3. CDU4. GRÜNE

1. Senat2. SPD3. CDU4. GRÜNE

CDU

SPD

Gegenstand

Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesver-fassungsgerichts zur Volkszählung

Maschinenlesbare Personalkarte

Neue Informations- und Kommunikationstech-nologien im Bildungswesen

Gesetz zur Änderung des Meldegesetzes (beiAnmeldung Vorlage der Bescheinigung desWohnungsgebers)

Weitergabe von Daten aus eingestellten Er-mittlungsverfahren

Statistische Erhebungen im Hochschulbereich

Bericht über bereits eingeleitete und weiterhinbeabsichtigte Maßnahmen zur Bekämpfung derillegalen Beschäftigung und der Schwarzarbeitim Lande Bremen

Chancen und Gefahren der neuen Informations-und Kommunikationstechniken sowie des Bild-schirmtextes, insbesondere für das Land Bre-men

Gesetz zu dem Staatsvertrag über Bildschirm-text

Verwendung der Daten der Schüler-Individual-Datei (SID)

Maschinenlesbarer Personalausweis

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Plenarsitzung Antrag- und GegenstandFragesteller,Mitteiler

25.10.84 LfD 6. Jahresbericht des Landesbeauftragten fürden Datenschutz

25. 10. 84 Senat Stellungnahme des Senats zum 6. Jahresberichtdes Landesbeauftragten für den Datenschutz

25.10. 84 Datenschutz- Bericht des Datenschutzausschusses zum 6. Jah-ausschuß resbericht des Landesbeauftragten für den Da-

tenschutz

3.2 Mitarbeit im ADV-Ausschuß (AADV)

Auch im Jahre 1984 hat der Landesbeauftragte an den sechs regulären Sitzungendes AADV mit beratender Stimme teilgenommen. Der Ausschuß hat u. a. folgendedatenschutzrelevante Themen behandelt:

— Automatisierung der Kfz.-Zulassungsstelle Bremen^Stadt (FAZID)

— Einrichtung eines rechnerunterstützten Einsatz -und Lagezentrums (ELZ) beimStadt- und Polizeiamt Bremen

— Entwicklung des HKR-Verfahrens „Wiederkehrende Ausgaben" beim Senatorfür Finanzen

— Dezentrale Datenerfassung beim Finanzamt Bremen-Nord

— Rahmenvereinbarung über einen Datenaustausch für die Berechnung des ein-kommensabhängigen Kindergeldes zwischen der Bundesanstalt für Arbeit undder Steuerverwaltung

— Bericht über die Ergebnisse des Forschungsprojekts „REST" beim Senator fürJugend und Soziales

— ADV-Verfahren Ordnungswidrigkeiten (On-line-Erfassung der Verwarnungs-tatbestände bei Geschwindigkeitsverstößen)

— Personaldaten-Änderungs- und Abrechnungs-Dialog-System (PAADIS).

Für den Bereich der Stadtgemeinde Bremerhaven und die sonstigen öffentlich-rechtlichen Stellen mit eigenständiger Datenverarbeitung, z. B. Universität Bre-men, Hochschulen in Bremen und Bremerhaven, Sozialversicherungsträger undöffentlich-rechtliche Verbände, bestehen derartige Informationsmöglichkeiten fürden Landesbeauftragten nicht.

3.3 Kooperation mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länderund der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz

Im Berichtszeitraum wurden wiederum vier Konferenzen durchgeführt. Danebenfanden mehrere Sitzungen von Arbeitskreisen, die der Bearbeitung besondererProblemschwerpunkte dienten, statt.

In den Sitzungen der Konferenz wurden insbesondere folgende Problemkreisebehandelt:

— Auswirkungen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Volkszählungsgesetz

— Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) und Personenstandswesen

— Bankauskunftsverfahren

— Rahmenvereinbarung über einen Datenaustausch für die Berechnung des ein-kommensabhängigen Kindergeldes

— Bildschirmtext (Btx)

— Telefonfernwirksystem (Temex)

— Statistikbereich (Volkszählung, Mikrozensus, Hochschulstatistik)

— Gesetzliche Grundlage für das Fahrzeugregister

— Zeugnisverweigerungsrecht für Datenschutzbeauftragte

— Personalausweisgesetz

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— Gesetzliche Regelungen für die Informationsverarbeitung der Polizei

— Internationale Beziehungen

3.4 Kooperation mit den Obersten Aufsichtsbehörden der Bundesländer

Eine Auswahl der Themen, die auf zwei Sitzungen des „Düsseldorfer Kreises"(Oberste Aufsichtsbehörden der Länder) Gegenstand der Erörterungen waren,sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen:

— Bildschirmtext-Staatsvertrag

— Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG)

— Bankauskunftsverfahren

— Schufa-Auskünfte an Strafverfolgungsbehörden

— Datenschutz beim Versandhandel

— Datenschutz in der Versicherungswirtschaft

— Auskunftsstelle über den Versicherungsaußendienst (A V AD)

— Datenübermittlung im Rahmen von fakultativen Gruppenversicherungsver-trägen

— Zentrale Dateien der Versicherungsverbände

— Schweigepflichtentbindungsklausel

— Datenschutz im Krankenhaus

— Datenverarbeitung im Auftrag von Betriebskrankenkassen

— Informationssystem für Messen und Kongresse

— Datenschutz bei Handelsauskunfteien

— Nutzung von Inkassodaten für Auskunfteizwecke

— Weitergabe sog. bonitätsgeprüfter Marketing-Adressen

— Umfang des Einsichtsrechts der Aufsichtsbehörden im Rahmen der Prüfungvon Handelsauskunfteien nach §§ 30/40 BDSG

— Benachrichtigung von im Ausland lebenden Betroffenen

— Auskunftserteilung an Personen und Stellen außerhalb des Geltungsbe-reichs des BDSG

— Anwendung des BDSG auf Detekteien

— Berechtigung zur Strafantragstellung bei Verstößen gegen § 41 BDSG

— Meldung an das Gewerbezentralregister bei Ordnungswidrigkeiten gemäß § 42BDSG

— Verpflichtung zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten ge-mäß § 38 BDSG i. V. m. §§ 28, 29 BDSG

— Datenschutz bei Adreßverlagen und Direktwerbeunternehmen

3.5 Kooperation mit Kammern, Verbänden und Institutionen

Die Zusammenarbeit mit den bremischen Kammern war im Jahre 1984 erfreulich.Der Kontakt mit dem Bremer Erfa-Kreis (Erfahrungsaustausch-Kreis der betrieb-lichen Datenschutzbeauftragten) hat sich in der bewährten Weise fortgesetzt. DerLandesbeauftragte hat Vorträge vor den betrieblichen Datenschutzbeauftragtengehalten und Fragen aus diesem Kreis jederzeit beantwortet. Darüber hinaus hatder Landesbeauftragte in einem Arbeitskreis mitgearbeitet, der sich aus Daten-schutzbeauftragten aus Wirtschaft und Verwaltung sowie Vertretern der Wis-senschaft zusammensetzt und sich mit der Erarbeitung eines Datenschutz-Kon-zeptes beim Einsatz von Arbeitsplatzrechnern (z. B. Mikrocomputer, Personal-computer) befaßt hat.

An der alle Bereiche umfassenden Datenschutz-Fachtagung DAFTA nahm derLandesbeauftragte in diesem Jahr ebenfalls teil. Darüber hinaus beteiligten sich

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der Landesbeauftragte und seine Mitarbeiter an verschiedenen Fachtagungen,Fortbildungsveranstaltungen und öffentlichen Diskussionsforen als Referentenzu verschiedenen Datenschutzthemen. Veranstaltungen dieser Art dienen zumeinen dem Erfahrungsaustausch, der Informationsübermittlung an interessierteBürger und schließlich der Darstellung des Datenschutzes in der Öffentlichkeit.

4. Eingaben und Beschwerden, Registerführung

4. l Eingaben und Beschwerden

Im Berichtsjahr hatte der Landesbeauftragte insgesamt 139 schriftliche Eingabenund Beschwerden von Bürgern zu bearbeiten. Davon bezogen sich 59 auf öffent-liche, 80 auf nicht-öffentliche Stellen. Außerdem erhielt der Landesbeauftragte imDurchschnitt pro Arbeitstag ca. vier (d. h. ca. 850 im Jahr) mündliche, überwie-gend telefonische Anfragen, Hinweise und Beratungsersuchen, die zum Teil sofort,zum Teil erst nach weitergehender Sachbearbeitung (sachliche Aufklärung, recht-liche Beurteilung) auf schriftlichem Wege erledigt werden konnten. Die Gesamt-zahl der Bürgereingaben und Beschwerden hat sich im Vergleich zum Vorjahrweiterhin erhöht, was seinen Grund nicht zuletzt in der gewachsenen Sensibili-sierung der Bürger für Fragen des Datenschutzes hat.

Die Eingaben und Beschwerden zum öffentlichen Bereich bezogen sich im Schwer-punkt auf Fragen zur Durchführung des allgemeinen Datenschutzrechts, zum So-zialbereich, zum Melderecht sowie zur Informationsverarbeitung bei Sicherheits-behörden. Die Eingaben und Beschwerden zum nicht-öffentlichen Bereich konzen-trierten sich wie im Vorjahr im wesentlichen auf die Auskunfteien, Banken, Ver-sicherungen und den Adreßhandel.

4.2 Register der meldepflichtigen Stellen

Die Anzahl der Registermeldungen nach § 39 Abs. l BDSG hat sich gegenüber 1983geringfügig erhöht. Die für die Registermeldung maßgeblichen Tätigkeiten dernunmehr 99 gemeldeten Firmen setzen sich wie folgt zusammen (in Klammern:Vorjahr):

— Kredit- und Handelsauskunfteien 7 (8)

— Service-Rechenzentren 33 (29)

— Datenerfassungsbetriebe 12 (13)

— DV für verbundene Betriebe 18 (17)

— DV für sonstige Dritte 20 (20)

— Markt- und Meinungsforschungsinstitute 3 (3)

— Adreßbuchverlage 4 (3)

— Datenvernichtungsunternehmen 2 (2)

99 (95)

Im Berichtsjahr waren vier Löschungen und acht Neuanmeldungen im Registervorzunehmen. Nach wie vor legt der zunehmende Einsatz von ADV und Textver-arbeitung in Wirtschaft und Verwaltung die Vermutung nahe, daß auch die Zahlder meldepflichtigen Tätigkeiten und Stellen steigen müßte. Jedoch weist das nurgeringe Anwachsen der Registermeldungen darauf hin, daß möglicherweise dieDunkelziffer, d. h. die Zahl der nicht gemeldeten Tätigkeiten und Stellen größergeworden ist. Es kann aber auch damit zusammenhängen, daß im Rahmen derMiniaturisierung und des Fortschreitens der Dezentralisierung immer mehr Be-triebe eigene EDV-Anlagen betreiben und Datenverarbeitungsaufträge nicht mehraußer Haus geben, d. h. an Service-Rechenzentren oder andere Betriebe, die dannzum Register meldepflichtig wären.

4.3 Dateienregister

Die Zahl der im Dateienregister erfaßten logischen Dateien hat sich im Berichts-jahr leicht verringert. Von den insgesamt 1491 gemeldeten Dateien werden

— von Land und Kommunen 1198

— von sonstigen öffentlichen Stellen 293

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geführt. Von diesen Dateien sind 127 im besonderen Register enthalten. Die ge-meldeten logischen Dateien gliedern sich in

— manuelle Dateien mit regelmäßiger Übermittlung 276

— manuelle Dateien ohne regelmäßige Übermittlung 973

— maschinelle Dateien mit regelmäßiger Übermittlung 99

— maschinelle Dateien ohne regelmäßige Übermittlung 143

1491

Die Anzahl der physischen Dateien ist jedoch erheblich größer, da gleichartige beimehreren speichernden Stellen geführte Dateien als „logische" Dateien betrachtetwerden und in der oberen Übersicht nur einmal enthalten sind.

5. Öffentlicher Bereich

Vorbemerkungen

Beteiligung des Landesbeauftragten bei datenschutzrechtlichen Vorhaben im Be-reich des Bundes

Im 6. Jahresbericht hat der Landesbeauftragte darauf hingewiesen, daß seineBeteiligung an landesinternen Abstimmungsverfahren bei datenschutzrechtlichbedeutsamen Vorhaben des Bundes nicht ausreichend sichergestellt ist. Der Senathat in seiner Stellungnahme zum Bericht einen Verfahrensvorschlag angekündigt.Zwischen dem Senator für Inneres und dem Landesbeauftragten ist folgendesVerfahren festgelegt worden: Soweit Vorhaben des Bundes, die datenschutzrecht-liche Auswirkungen haben, den Ländern zur Stellungnahme zugehen, wird derLandesbeauftragte für den Datenschutz durch das federführende Ressort beteiligt.Die Beteiligung des Datenschutzbeauftragten soll dabei möglichst frühzeitig erfol-gen, damit ihm genügend Zeit zur Vorbereitung einer Stellungnahme zur Verfü-gung steht; insbesondere sollte er bei der Prüfung datenschutzrechtlich bedeut-samer Entwürfe für Rechts- und Verwaltungsvorschriften beteiligt werden, sobaldderen Inhalt und Begründung für das Abstimmungsverfahren zwischen den feder-führenden Stellen des Bundes und der Länder verbindlich ist. Soweit in einzelnenFällen wegen knapper Fristen eine ausreichende Beteiligung nicht mehr möglichist, sollte der Landesbeauftragte zumindest telefonisch unterrichtet werden.

Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz bei datenschutzrechtli-chen Vorhaben im Bereich des Landes

Der Senat hat in seiner Stellungnahme zum 6. Jahresbericht ebenfalls darauf hin-gewiesen, daß dem Landesbeauftragten künftig vor der Beratung des Senats diebetreffende Senatsvorlage übersandt wird. Dies bezieht sich auf solche Angele-genheiten, in denen der Landesbeauftragte nach Nr. 3 des zu § 7 Abs. 2 der Ge-schäftsordnung des Senats ergangenen Senatsbeschlusses vom 09. August 1982zu beteiligen ist. Der Beschluß zu Nr. 3 hat folgenden Wortlaut:

„Entwürfe von Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften,die. . . die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln, sind ungeachtet derbeabsichtigten Verfahren (manuell, maschinell) daneben auch dem Senator fürInneres, dem Senatskommissar für den Datenschutz und dem Landesbeauftragtenfür den Datenschutz zur Prüfung zuzuleiten, über das Ergebnis der Prüfungen sollin der Senatsvorlage zu entsprechenden Entwürfen jeweils berichtet werden."

Von selten des Senats wurde erneut darauf hingewiesen, daß die Versendung derSenatsvorlagen an den Landesbeauftragten durch das zuständige Ressort — so-fern nicht die Beteiligung des Landesbeauftragten bereits im Entwurf s Stadiumgeboten ist — spätestens im Zeitpunkt der Anmeldung der Angelegenheit für dieTagesordnung des Senats bzw. der Versendung an die anderen Ressorts zu erfol-gen hat. Um eine Verkürzung der Laufzeiten zu erreichen, empfiehlt sich eineÜbermittlung auf dem Postwege.

5.1 Personalwesen

5.1.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.1.1.1 Datenabgleich von BaföG-Empfängern mit den Beschäftigten im öffent-lichen Dienst im Lande Bremen

Im RbV erfolgt ein automatisierter Datenabgleich zwischen Datensätzen der SKPund des Landesamtes für Ausbildungsförderung (Kontenabgleich). Als Verarbei-

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tungsergebnis wird eine Liste über diejenigen BaföG-Empfänger erstellt, diegleidizeitig mit dem Lande Bremen in einem Beschäftigungsverhältnis standenoder stehen. Auf der Liste sind der Name des BaföG-Empfängers, die Bankleitzahl,die Kontonummer, der Bewilligungszeitraum des BaföG-Bescheides, der Beschäfti-gungszeitraum, Bezüge und die Kapitel-Nummer aufgeführt. In diese Liste wer-den alle BaföG-Empfänger übernommen, unabhängig von der Tatsache, ob diebetreffenden Personen die Bezüge dem BaföG-Amt gegenüber bereits angemeldethaben. Auch die durch Gesetz bei dem Empfänger vorgesehenen Freibeträge fin-den bei dem Abgleichsverfahren keine Berücksichtigung. Die Liste der Schüler-BaföG-Empfänger wird dem Landesamt für Ausbildungsförderung, die Liste derStudenten, die BaföG empfangen, dem Sozialwerk zur Verfügung gestellt.

Nach Angaben des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst beruht das bis-her geübte Datenabgleichsverfahren auf einer Anregung des Rechnungshofes ausdem Jahre 1976. Nach anfänglichen datenschutzrechtlichen Bedenken der betei-ligten Stellen sind die Auswertungen im Frühjahr 1982 und 1983 vorgenommenworden. Die datenschutzrechtlichen Bedenken sind nach Meinung des Senatorsfür Bildung, Wissenschaft und Kunst durch das 6. BaföG-Änderungsgesetz vom16. Juli 1979 ausgeräumt worden.

Der Landesbeauftragte hat das Datenabgleichsverfahren beanstandet.

Zum einen ist der Umfang der Datenübermittlung — die SKP macht den entspre-chenden Stellen beim Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst Angaben überBankleitzahl, Kontonummer, Kapitel-Nummer und Zahlgruppe — zu weit undvon keiner Rechtsvorschrift gedeckt. Diese Einzelheiten können aber dahinstehen,da das gesamte Verfahren datenschutzrechtlichen Grundsätzen nicht entspricht.Bereits in früheren Stellungnahmen im Zusammenhang mit anderen geplantenDatenabgleichsverfahren hat der Landesbeauftragte seine grundsätzlichen Beden-ken an dem Instrument des Datenabgleichs, das im Polizeibereich auch als Raster-fahndung bekannt ist, sowohl gegenüber der SKP wie auch dem Senator für Bil-dung, Wissenschaft und Kunst dargelegt.

Schon damals hatte der Landesbeauftragte darauf hingewiesen, daß bei dem Da-tenabgleich eine besondere Problemstellung sichtbar wird, die sich künftig bei zu-nehmendem Einsatz informationstechnologischer Mittel verstärken wird. Es wer-den nämlich partielle Abbilder von Personen in verschiedenen Lebensbereichenhergestellt. Prinzipiell gibt es dabei kein technisches Hindernis, diese Abgleichein verschiedenen Sachzusammenhängen vorzunehmen. Mit dieser Entwicklungist für den Betroffenen aber eine unsichtbare Kontrolle und Überwachung verbun-den. Dieser Ausgangspunkt war ein erheblicher Gesichtspunkt der Datenschutz-gesetzgebung. Ein allgemeines Gefühl der Kontrolle und der undifferenziertenDatenabgleiche kann zu erheblichen politischen Fragestellungen Anlaß geben.Die öffentlichen Dienststellen, die sich deshalb solcher Mittel bedienen wollen,müssen dies mit berücksichtigen.

Bezüglich der rechtlichen Grenzen hat der Landesbeauftragte darüber hinaus auf-merksam gemacht, daß solche Datenabgleiche innerhalb des öffentlichen Bereichsbis auf die Regelung in § 29 Bremisches Polizeigesetz in dieser Form rechtlich un-geregelt sind. Die Zulässigkeit eines solchen Datenabgleichs im Bremischen Poli-zeigesetz wird an hohe Anforderungen geknüpft. So wird die Zulässigkeit vomVorliegen einer erheblichen Gefahr abhängig gemacht sowie von der vorherigenZustimmung des Senators für Inneres. Schon wegen des Fehlens einer explizitenRegelung im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) scheint der hier ange-sprochene Datenabgleich datenschutzrechtlich bedenklich.

Unabhängig von der Frage, wie die Übermittlungen zum Zwecke des Datenab-gleiches datenschutzrechtlich zu beurteilen sind, verbleibt im vorliegenden Fallals Verarbeitungsergebnis die eingangs beschriebene Liste; dies stellt eine Da-tenübermittlung von seilen der SKP an die BaföG-bearbeitenden Stellen dar. Ge-mäß § l Abs. 4 BrDSG sind die §§ 23, 24 Abs. l, §§ 25 bis 27 BDSG auf die Daten-verarbeitung über frühere, bestehende und zukünftige Dienst- und Arbeitsrechts-verhältnisse anzuwenden. Nach § 24 BDSG muß die Datenübermittlung erforder-lich sein.

Der Datenabgleich wäre erforderlich, wenn eine Rechtsvorschrift etwa die Über-prüfung der Einkommensangaben aller BaföG-Empfänger vorschreiben würde.Eine solche Regelung enthält auch die nach Änderung des § 47 Abs. 5 BaföG ergan-gene Neuvorschrift nicht. Nach § 47 Abs. 5 BaföG hat der jeweilige Arbeitgeberauf Verlangen dem Auszubildenden, seinen Eltern und seinem Ehegatten sowie

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dem Amt für Ausbildungsförderung eine Bescheinigung über den Arbeitslohnund den auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Jahresbetrag auszustellen, soweitdies zur Durchführung des Gesetzes erforderlich ist.

Zum einen wendet sich diese Vorschrift verpflichtend an den Arbeitgeber, siehtjedoch für das Amt für Ausbildungsförderung keine Verpflichtung vor, diese Er-klärung beim Arbeitgeber für jeden BaföG-Empfänger einzuholen. Die Vorschriftgibt dem Amt für Ausbildungsförderung nur in begründeten Einzelfällen das Recht,sich an den Arbeitgeber zu wenden. Soweit also ein Auszubildender eine entspre-chende Bescheinigung des Arbeitgebers dem Ausbildungsförderungsamt aushän-digen würde, wäre ohnehin für eine getrennte Anfrage des Amtes für Ausbildungs-förderung kein Raum. Die freiwillige Angabe einer Bescheinigung würde die Er-forderlichkeit einer eigenen Anfrage des Amtes entfallen lassen.

Darüber hinaus ist festzuhalten, daß die Vorschrift eindeutig von einer Einzel-fallprüfung ausgeht; sie verlangt insoweit auch vom Amt für Ausbildungsförde-rung eine gesonderte Prüfung jedes Falles. Dabei sind allgemeine verfassungs-rechtliche Gesichtspunkte zu beachten. Dazu zählt auch der Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit. Dieser Grundsatz kann nicht ermessensfehlerfrei berücksichtigtwerden, wenn eine Totalüberwachung durch einen Datenabgleich durchgeführtwird.

Schon diese Überlegungen zeigen, daß das Datenabgleichsverfahren keineswegs§ 47 BaföG gerecht wird. Darüber hinaus verstößt das praktizierte Verfahren desTotalabgleichs gegen allgemeine Grundsätze des Verwaltungsverfahrens, wie sieim SGB X ihren Niederschlag gefunden haben. Keine Regelung fordert etwa eingrundsätzliches Mißtrauen gegenüber den Angaben aller BaföG-Empfänger. ImGegenteil, in den Materialien (BT-Drs. 8/2034) zu § 20 SGB X wird ausdrücklichdarauf hingewiesen, daß der Untersuchungsgrundsatz nicht bedeute, jede Behaup-tung müsse bezweifelt und könne erst dann zugrunde gelegt werden, wenn sie be-wiesen sei. Die Aufklärungspflicht beschränke sich insoweit vielmehr auf die Be-hebung eigener Zweifel. Die Behörde brauche daher, sofern sich nicht aus der Ge-samtlage des Falles Bedenken aufdrängten, einem Tatumstand nicht durch eigeneErmittlungen nachzugehen.

Diesem Willen des Gesetzgebers wird aber durch die mit dem Datenabgleichsver-fahren vorgenommene Totalüberwachung nicht Rechnung getragen. Das jetztpraktizierte Verfahren könnte — rechtzeitig eingesetzt — auf die Einkommens-angabe durch den Betroffenen verzichten. Dadurch, daß sie ihm aber noch abver-langt wird, gaukelt man aber dem Betroffenen vor, man habe Vertrauen in seineAngaben, um sie dann im späteren Datenabgleich ohne Wissen oder Ahnung desBetroffenen zu überprüfen. Auch die Zahl der „Trefferquote", die der Landesbe-auftragte nach den ihm vorliegenden Angaben mit ca. 2 Prozent einschätzen muß,kann die Erforderlichkeit eines Datenabgleichsverfahrens nicht begründen.

Bei diesem Fall wird in besonderem Maße deutlich, daß erst die automatisierteDatenverarbeitung mit dem schnellen und leichten Zugriff die Verknüpfung derbeiden Datenkreise auf schnellstem Wege ermöglicht. Gerade vor diesen Gefahrenwarnt auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil. Einepartielle Totalüberwachung widerspricht schließlich dem Menschenbild der Ver-fassung, die grundsätzlich vom rechtstreuen Bundesbürger ausgeht.

Die SKP erklärt, daß sie bis zur Klärung des Falles auf weitere Datenabgleicheverzichten werde. Sie hat daher das Rechenzentrum der bremischen Verwaltungentsprechend angewiesen, die Datenbestände des BaföG-Amtes nicht mehr mitdenen der SKP abzugleichen.

5.1.1.2 PAADIS

Die SKP, die seit längerer Zeit beabsichtigt, das gegenwärtig verwendete Abrech-nungsverfahren für Besoldung, Vergütung, Lohn und Versorgung stufenweiseneu zu konzipieren, war bereits durch einen Beschluß des ADV-Ausschusses vom11. November 1981 beauftragt worden, zusammen mit dem Senator für Finanzenund dem Rechenzentrum der bremischen Verwaltung (RbV) ein Grobkonzept fürein künftiges AD V-Verfahren zu entwickeln. Dieses Projekt erhielt den NamenPAADIS, die Abkürzung für Personaldaten-Änderungs- und Abrechnungs-Dialog-Service. Durch Senatsbeschluß vom 03. April 1984 ist die SKP zusammen mit demSenator für Finanzen beauftragt worden, die Realisierung und Einführung von„PAADIS" zu prüfen.

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Die Anfang September 1984 zugegangenen Unterlagen der Hauptuntersuchunglassen erkennen, daß neben dem eingangs erwähnten Abrechnungsverfahren fürBesoldung, Vergütung, Lohn und Versorgung noch weitere Aufgaben von demADV-Verfahren übernommen werden sollen. Hierbei handelt es sich im wesent-lichen um die Aufgabeneinbeziehung der bisher im sog. PIS-Verfahren abgewik-kelten Aufgaben sowie die Übernahme des im Aufbau befindlichen ASTEV. Ord-nungshalber muß darauf hingewiesen werden, daß bisher im PIS keine Daten derim öffentlichen Dienst Beschäftigten verarbeitet worden sind, die zur Überwa-chung des Verhaltens oder der Leistung des Personals geeignet sind. Der Daten-satz der im PIS zur Verfügung stehenden Daten ist durch Dateimeldung bekannt.Eine Liste der in 1984 mit PIS gelaufenen Auswertungen ist dem Landesbeauf-tragten jetzt zugegangen. Ohne auf die Auswertungen im einzelnen schon jetzteingehen zu wollen, wird sichtbar, daß es einer übergreifenden Regelung bedarf,die festlegt, unter welchen Bedingungen den offensichtlich vielfältigen Auswer-tungswünschen der Verwaltung entsprochen werden kann. ASTEV, ein automa-tisiertes Stellenverzeichnis, soll als Teil von PAADIS automatisch mitbedient undkann als Instrument zur Personalplanung, -Steuerung oder -förderung eingesetztwerden. Inwieweit hier das bereits fertige ADV-Verfahren zur Lehrereinsatzpla-nung (LEP) des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst integriert werdenkann, ist noch nicht entschieden.

Wegen der Vielzahl der möglichen Daten, die über den einzelnen Beschäftigten imöffentlichen Dienst gespeichert sind (die Dateimeldung der SKP umfaßt derzeit28 Seiten, etwa 530 Daten), und wegen der zahlreichen Auswertungsmöglichkeitendieser oft sensiblen Informationen und der damit verbundenen Gefährdung desPersönlichkeitsrechts der Beschäftigten bedürfen solche Systeme aus datenschutz-rechtlicher Sicht besonderer Aufmerksamkeit schon bei ihrer Planung und Ent-wicklung. Dabei ist hier nicht auf die Frage einzugehen, ob es sich bei PAADIS umein Personalinformationssystem (PIS) im klassischen Sinne handelt oder ob eslediglich der Personaldatenverwaltung und Personalabrechnung dient, denn inso-weit sind die Grenzen häufig fließend. Eine Entscheidung läßt sich daher immernur bezüglich des einzelnen Verarbeitungvorganges treffen.

Die im September 1984 zur Verfügung gestellten Unterlagen waren nicht aus-reichend, um eine datenschutzrechtliche Bewertung vorzunehmen. Dies bedarfeiner sorgfältigen Analyse der Unterlagen und der rechtlichen Grundlagen. DieGespräche und Arbeiten hierzu sind im Januar 1985 angelaufen. Der Landesbeauf-tragte hat sich zunächst Anfang November in einer vorläufigen Stellungnahmegegenüber dem ADV-Ausschuß auf die Ansprache wichtiger Komplexe und derdamit verbundenen Probleme beschränkt. Im einzelnen sind u. a. die folgendenSchwerpunkte hervorzuheben:

1. Dialogverarbeitung

Gegenüber dem bisherigen Batch-Verfahren ist die Dialogverarbeitung in derSKP neu. Durch sie können u. a. organisatorische Änderungen bei der SKP ein-treten, die interne Informationsbeziehungen tangieren können und dadurch ver-schiedene datenschutzrechtliche Probleme aufwerfen.

2. Umstellung auf das Datenbanksystem ADABAS

Eine ADABAS-Realisierung, verbunden mit der Programmsprache NATURAL, be-deutet die Einführung und Anwendung eines modernen Datenbanksystems. Esliegt daher in der Natur der Sache, insbesondere wegen der vielen Verknüpfungs-möglichkeiten, daß ein solches Datenbanksystem erhebliche datenschutzrechtlicheProbleme entstehen läßt.

3. Zusammenführung bisher getrennter Verfahren

Ein weiterer datenschutzrechtlicher Problembereich entsteht durch das Zusammen-wachsen bisher völlig getrennt laufender Verfahren. Mit der Einführung vonPAADIS verbunden ist das Projekt ASTEV, wodurch Verknüpfungen und Aus-wertungen theoretisch möglich sind, die bisher nicht realisiert werden konnten.Hinzu kommt, daß die Bereitstellung von Hilfen für die Personalverwaltung ge-plant ist. Derartig allgemeine Formulierungen lassen eine Reihe von Verfahrenund Auswertungen zu, ohne daß sie bisher präzise beschrieben sind.

Am Rande ist zu bemerken, daß bis zum Ende des Berichtszeitraums der Personal-rat der Einführung von PAADIS noch nicht zugestimmt hat. Seine Bedenken, dieer der SKP gegenüber bereits schriftlich geäußert hat, hat er dem Landesbeauf-tragten bisher nicht zur Kenntnis gegeben. In diesem Zusammenhang sei darauf

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hingewiesen, daß das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14. Sep-tember 1984 — l ABR 23/82 — die Voraussetzungen eines Mitbestimmungsrechtsdes Betriebsrats nach § 87 Abs. l Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz festgelegt hat.Diese Vorschrift gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einfüh-rung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind,das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Entsprechen-des gilt für die Arbeit der Personalräte.

Dem Landesbeauftragten war es nicht möglich, bereits im Januar 1985 alle Fragenzu klären und die datenschutzrechtlichen Anforderungen an das Grobkonzept zuformulieren. Der Landesbeauftragte ist der Meinung, daß die datenschutzrecht-lichen Anforderungen bereits in dieser Phase eingearbeitet werden müssen. Selbst-verständlich ist daneben davon auszugehen, daß bei der Feinkonzeption die da-tenschutzrechlichen Erfordernisse ebenfalls einbezogen und weiter detailliert wer-den.

Der AD V-Ausschuß hat auf seiner Sitzung am 14. 11. 1984 zu PAADIS u. a. be-schlossen:

— Der AADV nimmt Kenntnis von der Entwicklung eines Grobkonzepts zum Per-sonaldaten-Änderungs- und Abrechnungs-Dialog-System — PAADIS —.

— Zunächst ist ein Konzept für die 1. Stufe des PAADIS-Verfahrens, das alle of-fenen Fragen beantwortet, zu entwickeln und dem AADV nach Durchführungder notwendigen Abstimmungen als Antrag zur Beschlußfassung vorzulegen.

5.1.1.3 Behandlung von Personalvorgängen bei Rechtspraktikanten und Gerichts-referendaren

Aufgrund des vom OLG Bremen als Zuweisung von Gerichtsreferendaren zu Ver-waltungsstationen verwandten Formblattes werden die Stationszeugnisse vonden Verwaltungen über die SKP in dreifacher Ausfertigung an das OLG geleitet.Ein Zeugnisexemplar verbleibt im Herrschaftsbereich der SKP. Die Stationszeug-nisse der Referendare werden dort in der Registratur in Aktenordnern in derReihenfolge ihres Einganges abgeheftet. Zur Zeit wird gerade der 13. Band mitZeugnissen gefüllt, wobei jeder Band zwischen 50 und 150 Zeugnisse enthält. DieZeugnisse werden spätestens seit 1966 fortlaufend gesammelt, innerhalb diesesZeitraumes wurde lediglich in vier Fällen von Beschäftigten der SKP in einemZeugnisband Einsicht genommen.

Der Landesbeauftragte hat gegenüber dem OLG-Präsidenten hinsichtlich diesesVerfahrens rechtliche Bedenken geäußert und sich dabei im wesentlichen auf dieGesichtspunkte der Fürsorgepflicht, der einheitlichen Personalaktenführung undden Grundsatz der vertraulichen Behandlung von Personalunterlagen bezogen.Auch aus tatsächlichen Gesichtspunkten ist kein Bedarf, daß die SKP vom Zeugnis-inhalt Kenntnis erlangt. Sollte später eine Auswahl für die Einstellung von Ge-richtsreferendaren in der Verwaltung erforderlich sein, so kann diesem Bedürfnisauch in Zukunft Rechnung getragen werden, indem bei einer beabsichtigten Ein-stellung mit Einwilligung des Betroffenen die Personalakte und damit das Zeugnisaus der Verwaltungsstation übersandt wird.

Sowohl von der SKP wie von selten des OLG ist auf eine weitere Sammlung bzw.Übersendung der Referendarzeugnisse über die SKP lediglich „aus Gründen derVerwaltungsvereinfachung" verzichtet worden.

5.1.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

Anläßlich der Personalratswahlen 1984 kritisierten Bedienstete aus verschiedenenBehörden, daß in den Wählerverzeichnissen u. a. das Geburtsdatum und dieDienstbezeichnung aufgeführt waren.

Der Landesbeauftragte hat die Senatskornmission für das Personalwesen und denGesamtpersonalrat darauf hingewiesen, daß diese Angaben nach § 2 Abs. 2 derWahlordnung nicht vorgeschrieben sind. Der Inhalt der Wählerverzeichnisse istinzwischen um diese beiden Angaben verringert worden.

Erneut ging es in mehreren Eingaben um die Frage, ob die in einem verschlos-senen Umschlag übersandten ärztlichen Unterlagen als Anlage zum Beihilfeantragauch nach Bearbeitung des Antrages in einem verschlossenen Umschlag an denAntragsteller zurückgeschickt werden. Dies ist verschiedentlich nicht geschehen.

Die Senatskommission für das Personalwesen hat auf Anfrage des Landesbeauf-

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tragten noch einmal darauf hingewiesen, daß die in einem verschlossenen Um-schlag vorliegenden ärztlichen Belege und Unterlagen nach Bearbeitung auch ver-schlossen zurückgesandt werden müssen. Die Beihilfesachbearbeiter sind entspre-chend angewiesen worden.

In einem anderen Fall sind die Antragsformulare für die Gewährung eines Zu-schusses zur freiwilligen Krankenversicherung der Beschäftigten beim Innen-senator dem Landesbeauftragten zugesandt worden. Diese Anträge enthielten eineVielzahl von EDV-gefertigten personenbezogenen Angaben. Hinzu kam, daß —wohl aus Ersparnisgründen — der Umschlag mit Anschriften verschiedener Dienst-stellen der bremischen Verwaltung versehen war, so daß der Empfänger nurschwer ersichtlich war.

Die Senatskommission für das Personalwesen hat die falsche Versendung be-dauert und erklärt, daß insgesamt 9000 Formulare versandt werden mußten. DieseArbeit sei früher vom Rechenzentrum der bremischen Verwaltung durchgeführtworden, aus Ersparnisgründen sei jetzt die Beihilfestelle der SKP mit dieser Arbeitbetraut worden. Hinsichtlich der monierten Umschläge wurde eine übersichtlichereGestaltung der Aufdrucke auf dem Umschlag zugesichert.

Im Berichtszeitraum kam es mehrfach vor, daß Beihilfeakten offen und ohne Auf-schrift „Personalsache" den betreffenden Dienststellen zugesandt wurden.

Auf Vorschlag des Landesbeauftragten hat die Senatskommission für das Personal-wesen die Aufkleber aller bremischen Dienststellen mit dem Zusatz „Personal-sache" versehen.

Das Ausbildungs- und Prüfungsamt für die einstufige Juristenausbildung hat bis-her für die Ausbildungsstellen eine Übersicht über die vorgesehene Beteiligungder Rechtspraktikanten erstellt, aus der für jede Ausbildungsstelle ersichtlich war,welcher Rechtspraktikant in welcher Ausbildungsstelle ein Praktikum absolviert.

Das Ausbildungs- und Prüfungsamt hat veranlaßt, daß die einzelnen Ausbildungs-stellen nur noch eine namentliche Aufstellung der diesen zugewiesenen Rechts-praktikanten und zur Prüfung der gleichmäßigen Belastung allenfalls eine Zahlen-angabe erhalten.

Die Universität Bremen hat den Senator für Rechtspflege und Strafvollzug für dierechtshistorische Erforschung des Bremer Sondergerichts unter der NS-Herrschaftum Einsicht in Personalakten von Richtern und Staatsanwälten des Bremer Sonder-gerichts (1940—1945) gebeten.

Die Einsichtnahme in die Personalakten kann ohne Einverständnis des Betroffenenbzw. der Angehörigen nicht gestattet werden, weil nach Nr. 23 der Bestimmungenüber die Führung von Personalakten eine Einsichtnahme nur nach Ablauf von30 Jahren nach dem Tode der Bediensteten, wenn der Zeitpunkt des Todes derBediensteten nicht bekannt ist, frühestens 100 Jahre nach der Geburt des Bedien-steten zulässig ist. Insoweit konnte dem Begehren der Universität Bremen ohneEinwilligung nicht entsprochen werden.

Im Falle einer Adoption werden die Sachbearbeitungsvorgänge, die mit demAdoptionsverfahren im Zusammenhang stehen und sich in der Kindergeldaktebefinden, mit einem dicken roten Stempel versehen, der die Aufschrift „Adoptions-sache, Namen und Aufenthalt von Kind und Adoptierenden geheimhalten" trägt.Die Unterlagen verbleiben auch nach Abschluß des Adoptionsverfahrens mit die-sem Stempel versehen in der Kindergeldakte. Es stellte sich die Frage, ob dieseArt der Personalaktenverwaltung den Regelungen des § 1758 BGB Rechnung trägtund ob der Adoptionsvorgang zeitlebens aus der Kindergeldakte der Adoptiv-eltern ersichtlich bleiben muß.

Die Senatskommission für das Personalwesen hat auf Anfrage darauf hinge-wiesen, daß Einblick in die Kindergeldakte ohnehin nur die jeweilige Personal-stelle erhält. Der deutliche Stempelaufdruck soll den Personalsachbearbeitern alsausdrückliche Warnung dienen, daß die Kindergeldakte aufgrund des Adoptions-geheimnisses besonders zu schützen ist, zumal die Kindergeldakte in der Zeitzwischen dem Abschluß des Adoptionsverfahrens und dem 16. Lebensjahr desAdoptivkindes im Normalfall nicht in Umlauf kommt. Dieses Verfahren ist geradedeshalb gewählt worden, um dem Adoptionsgeheimnis zu entsprechen.Die SKP hat vorgeschlagen, daß auf den Stempelaufdruck auf dem Aktendeckelder Kindergeldakte nach Abschluß des Adoptionsverfahrens verzichtet wird,sofern von Adoptionsbeteiligten gegenüber den zuständigen personalaktenführen-

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den Dienststellen im Einzelfall der Wunscäi geäußert wird. Keine Bedenken be-stehen seitens der SKP, für die weitere Zeit einen neutralen Aktendeckel für dieKindergeldakte zu benutzen, wobei das sonstige mit dem Geheimhaltungsvermerkversehene Aktengut weiterhin Bestandteil der Kindergeldakte bleiben müsse.

Auf Anfrage des Magistrats der Stadt Bremerhaven wurde der Landesbeauftragteum Stellungnahme gebeten zu einem Beschluß des Arbeitsgerichts Bremerhaven,in dem das Gericht bezweifelt, daß sich die Stadt Bremerhaven auf das Daten-schutzgesetz berufen kann, wenn es um die Weitergabe von Personaldaten in derLohnsteuerkarte geht. Die Stadt Bremerhaven ist vielmehr als Gemeinde undArbeitgeberin in diesem Falle die ausgebende Stelle der Lohnsteuerkarte gewesen.Die Gemeinden sind gemäß § 39 Einkommensteuergesetz (EStG) verpflichtet, denArbeitnehmern für jedes Kalenderjahr eine Lohnsteuerkarte auszustellen und zuübermitteln. Die Arbeitnehmer müssen die Lohnsteuerkarte dem Arbeitgeber aus-händigen (vgl. § 39b EStG) und etwa erforderliche Änderungen der Eintragungenbeim Finanzamt bzw. bei der Gemeinde beantragen (vgl. § 39 Abs. 4 EStG). DieLohnsteuerkarte dient dem Arbeitgeber dazu, der sich aus den Steuergesetzenergebenden Pflicht der Steuerabführung nachzukommen. Sie ist daher kein un-mittelbares Mittel der Personalverwaltung und dient nicht zur Entscheidung vonFragen der Höhe der Besoldung; diese bestimmt sich aus dem Tarif- bzw. Arbeits-vertrag.

Daraus ergibt sich, daß die Mitteilung über eine Änderung eines Steuermerkmalsgegenüber der Gemeinde als lohnsteuerkartenausstellender Stelle nicht gleich-zeitig eine Mitteilung gegenüber dem öffentlichen Arbeitgeber darstellen kann.Eine solche zusätzliche Mitteilungspflicht ergibt sich für den Beschäftigten in derRegel aus dem Arbeitsvertrag, während die Mitteilungspflicht zur Änderung derAngaben in der Lohnsteuerkarte sich direkt aus § 34 Abs. 4 EStG ableitet. Nach§ 39 Abs. 6 EStG werden die Gemeinden, soweit sie Lohnsteuerkarten ausstellenoder Eintragungen vornehmen oder ändern, als örtliche Landesfinanzbehördentätig, nicht jedoch als öffentlicher Arbeitgeber.

Die Gemeinde als lohnsteuerkartenausgebende bzw. -ändernde Stelle ist daher imSinne der Datenschutzgesetze eine andere speichernde Stelle als der öffentlicheArbeitgeber. Die Bekanntgabe von personenbezogenen Daten zwischen diesenbeiden würde eine Übermittlung nach § 11 Abs. l S. 2 Bremisches Datenschutz-gesetz bedeuten. Diese Vorschrift spricht auch von einer Datenübermittlung inner-halb von Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen, sofern die übermittelndeStelle und der Empfänger unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen oder andereZuständigkeitsbereiche haben. Die Übermittlung zwischen zwei speicherndenStellen setzt eine gesetzliche Grundlage voraus, eine entsprechende Mitteilungs-pflicht der lohnsteuerkartenausstellenden Stelle ist nicht bekannt. Das informatio-nelle Selbstbestimmungsrecht gebietet, daß der betreffende Arbeitnehmer seinePflichten selbst wahrnehmen soll, zumal nur ihm in der Regel bekannt ist, wersein derzeitiger Arbeitgeber ist. Die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst istkein Steuermerkmal und kann deshalb auch nicht von vornherein der Lohnsteuer-karte entnommen werden.

In einem Fall sind zwei Mitarbeiter einer Dienststelle von einer Krankenversiche-rung angeschrieben worden, die gleichzeitig Beihilfeanträge bei der SKP gestellthatten. Die Beschwerdeführer vermuteten, daß von seiten der SKP möglicherweiseDaten an die Versicherung weitergegeben wurden.

Auf Anfrage teilte die private Krankenversicherung mit, daß sie die Anschriftender Zielpersonen aus dem Behördenfernsprechbuch abgeschrieben habe und es sichum einen reinen Zufall handeln muß, daß beide Betroffenen Beihilfeanträge ge-stellt haben. Allerdings sei hier nochmals darauf hingewiesen, daß eine etwaigeDatenweitergabe von Dienststellen an private Versicherungsgesellschaften gegendas Bremische Datenschutzgesetz verstößt und sowohl disziplinarrechtlich als auchstrafrechtlich geahndet werden kann.

5.2 Inneres5.2.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.2.1.1 Amtliche Statistik

Im Berichtsjahr wurde ausgiebig über die Auswirkungen des Urteils des Bundes-verfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz 1983 auf die amtliche Statistikdiskutiert, ohne daß diese Diskussion bisher zu einem abschließenden Ergebnisgeführt hätte. Um gemeinsam interessierende Themen zwischen Datenschutz und

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amtlicher Statistik zu erörtern, ist ein Arbeitskreis gebildet worden, in dem sichDatenschutzbeauftragte und Vertreter der amtlichen Statistik treffen.

Der Landesbeauftragte hatte in seinem 6. Jahresbericht (Pkt. 5.3.1.1) erste vor-läufige Konsequenzen aus dem Volkszählungsurteil für die amtliche Statistikformuliert. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länderund die Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz haben sich in ihrer Stellung-nahme zu diesem Urteil auch zu den Auswirkungen auf die amtliche Statistikgeäußert. Vgl. Anlage l, Nr. 2.5.

Um die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts in dem gesamten Bereichder amtlichen Statistik umzusetzen, empfiehlt es sich, zunächst die Vielfalt dergegenwärtigen Statistiken durchzuforsten und für den dann verbleibenden Restdie gesetzlichen Grundlagen der verfassungsrechtlichen Lage anzupassen. Inwie-weit in einzelnen Fällen ein sog. „ Übergangsbonus" angenommen werden darf, istvon Fall zu Fall zu entscheiden.

Für den Mikrozensus 1984 und für die personenbezogenen Erhebungen nach demHochschulstatistikgesetz hat der Landesbeauftragte die Aussetzung empfohlen.

Im Berichtsjahr hat sich der Landesbeauftragte mit der Durchführung bzw. Novel-lierung folgender Bundesstatistiken beschäftigt:

— Volkszählung

— Mikrozensus

— EG-Arbeitskräftestichprobe

— Statistik der Bevölkerungsbewegung und Fortschreibung des Bevölkerungs-standes

— Hochschulstatistik.

— Volkszählung

Bereits Anfang 1984 — kurz nach Urteilsverkündung des Bundesverfassungs-gerichts — erhielt der Landesbeauftragte den Vorentwurf eines neuen Volkszäh-lungsgesetzes vom Senator für Inneres zur kurzfristigen Stellungnahme. Dies wie-derholte sich im Laufe des Jahres mehrfach, wobei entweder der Bundesbeauf-tragte für den Datenschutz oder der Senator für Inneres Absender waren. Fürden Landesbeauftragten war dabei nicht klar, welchen Status die Entwürfe undwelches Gewicht damit seine Stellungnahmen jeweils hatten. Der November-Entwurf wurde schließlich — überraschend — vom Bundeskabinett beschlossenund als Regierungsentwurf dem Bundesrat zugeleitet, der sich im Dezember 1984damit beschäftigte.

Der Landesbeauftragte hat in einer ausführlichen Stellungnahme zum November-Entwurf eines neuen Volkszählungsgesetzes ausgeführt, daß der Entwurf erheb-liche Fortschritte bei der Erfüllung der Anforderungen des Bundesverfassungs-gerichts aufweist. Die Vielzahl der Entwürfe und die Unklarheit über ihren Statushaben die Bearbeitung erschwert.

Unabhängig von der konkreten rechtlichen Ausgestaltung der Volkszählung 1986bleibt zu fragen, ob die Durchführung einer stichtagsbezogenen Totalerhebungmehrerer Sachverhalte mit fast den gleichen Erhebungsmerkmalen wie bei dergescheiterten Volkszählung 1983 zum derzeitigen Zeitpunkt opportun ist. Man-gelnde Akzeptanz dieser Zählung sowie massenhafte Auskunftsverweigerung sei-tens der Auskunftspflichtigen könnten die Brauchbarkeit der Zählergebnisse starkbeeinträchtigen und damit die Volkszählung insgesamt in Frage stellen. Es solltedeshalb nach Auffassung des Landesbeauftragten überlegt werden, ob nicht durchReduzierung der Erhebungsmerkmale bei einzelnen Sachverhalten oder durch eineMischung aus Auskunftsverpflichtung und freiwilliger Auskunftserteilung dieAkzeptanz bei der Bevölkerung und ihre Auskunftsbereitschaft gefördert werdenkönnen.

Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt die Verpflichtung des Gesetz-gebers zu prüfen, ob nicht alternative Methoden zur Totalerhebung und zum Aus-kunftszwang in Betracht kommen. Es sollte auch aus diesem Grunde geprüft wer-den, ob nicht für einzelne Erhebungsmerkmale, z. B. bei der Volks- und Berufs-zählung für die Angaben über den Lebensunterhalt, die Schul- und Berufausbil-dung, den Weg zur Arbeit oder Arbeitsstätte und die berufliche Tätigkeit (Stellung

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im Beruf, tatsächlich ausgeübte Tätigkeit) oder für einen Teil der Angaben beider Gebäude- und Wohnungszählung eine Stichprobenerhebung evtl. auf freiwil-liger Grundlage in Frage kommt. Sollte nach dem derzeitigen, nochmals über-prüften Erkenntnisstand ein Verzicht auf eine Totalerhebung aller Sachverhaltemit bußgeldbewehrter Auskunftsverpflichtung nicht möglich sein, dann sollte derGesetzgeber die statistischen Ämter verpflichten, alternative, die Bürger wenigerbelastende Erhebungsmethoden zukünftig zu erproben.

über diese grundsätzlichen Überlegungen hinaus hat der Landesbeauftragte zueinzelnen Bestimmungen des Entwurfs eines Volkszählungsgesetzes 1986 weitereAnregungen gegeben und Bemühungen unterstützt, den Kreis derjenigen Stellen,denen Einzeldaten aus der Volkszählung übermittelt werden können, möglichstklein zu halten. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form das Gesetz schließlichRechtskraft erlangt.

— Mikrozensus 1984

Aufgrund der Bedenken, die insbesondere von seilen der Datenschutzbeauftrag-ten an der Durchführung des unveränderten Mikrozensusgesetzes geäußert wor-den waren (vgl. 6. Jahresbericht des Landesbeauftragten, Pkt.5.3.1.1), wurde diefür 1984 geplante Mikrozensuserhebung erneut ausgesetzt. Zugleich wurden dieArbeiten an einer Novellierung des Mikrozensusgesetzes verstärkt aufgenommen,um dieses Gesetz den Anforderungen anzupassen, die das Bundesverfassungsge-richt in seinem Volkszählungsurteil an statistische Datenerhebungen gestellt hat.Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hatten frühzeitig Gele-genheit, sich zu den Entwürfen eines neuen Mikrozensusgesetzes zu äußern. VieleAnregungen der Datenschutzbeauftragten wurden — wie der Entwurf von AnfangDezember 1984 zeigt — aufgegriffen. Das grundsätzliche Problem, ob der Mikro-zensus mit Auskunftszwang oder auf freiwilliger Basis durchgeführt wird, müßtedurch den Bundesgesetzgeber abschließend geprüft und entschieden werden.

— EG-Arbeitskräftestichprobe

Auf der Grundlage der Verordnung Nr. 276/84 vom 31. Januar 1984 fand im Be-richtsjahr wieder eine Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte statt. Wie bereitsin früheren Jahren, haben die Datenschutzbeauftragten auch dieses Mal wiederBedenken gegen diese Datenerhebung geltend gemacht. Vor allem die Frage, obdie EG-Arbeitskräftestichprobe auf freiwilliger Grundlage oder per bußgeldbe-wehrter Auskunftsverpflichtung vorzunehmen ist, wurde problematisiert. Die EG-Verordnung hat diese Frage offengelassen. Im Gebiet der Bundesrepublik erfolgtdiese Datenerhebung seit jeher zwangsweise, während andere Mitgliedsländerder EG sie auf freiwilliger Grundlage durchführen. Im Entwurf eines neuen Mikro-zensusgesetzes soll diese Streitfrage dadurch aufgelöst werden, daß die Bestim-mungen des Mikrozensusgesetzes auch auf die EG-Arbeitskräftestichprobe anzu-wenden sind. Dies bedeutet, daß nunmehr auch für die EG-Arbeitskräftestichprobedie bußgeldbewehrte Auskunftspflicht explizit festgeschrieben wird. Der Landes-beauftragte hat angeregt, die Erforderlichkeit einer solchen bußgeldbewehrtenAuskunftsverpflichtung zu begründen.

— Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung und Fortschreibung des Be-völkerungsstandes

Im Rahmen dieser Bundesstatistik werden mehrere Einzelstatistiken erstellt:

— Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung einschließlich Todesursachen-statistik

— Statistik der rechtskräftigen Urteile in Ehesachen

— Wanderungsstatistik '

— Fortschreibung des Bevölkerungsstandes.

Es bestehen erhebliche Zweifel, ob diese Statistiken sowohl hinsichtlich ihrerRechtsgrundlage wie auch ihrer Durchführung den Anforderungen des Volkszäh-lungsurteils genügen. Der Landesbeauftragte hat in der Vergangenheit mehrfachzu Einzelproblemen (z. B. Todesursachenstatistik, Statistik der natürlichen Bevöl-kerungsbewegung) Stellung genommen, ohne jedoch die Durchführung dieserEinzelstatistiken grundlegend in Frage zu stellen. Da der Bundesgesetzgeber trotzdes Drängens der Datenschutzbeauftragten eine Novellierung dieses Gesetzesoffenbar nicht mehr beabsichtigt, stellt sich die Frage, ob die Durchführung dieser

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Statistiken auf unveränderter Rechtsgrundlage noch zulässig ist. Der Landesbeauf-tragte bittet den Senat, diese Frage zu prüfen.

— Hochschulstatistik

Der Landesbeauftragte hatte empfohlen, wegen der bestehenden datenschutzrecht-lichen und verfassungsrechtlichen Bedenken die Durchführung des Hochschulsta-tistikgesetzes — zumindest in den personenbezogenen Teilen — auszusetzen undauf eine Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes hinzuwirken, die den An-forderungen des Volkszählungsurteils Rechnung trägt. Vgl. hierzu auch den 6. Jah-resbericht, Pkt. 5.3.1.1. Diesem Vorschlag — Aussetzung des Hochschulstatistik-gesetzes — wurde nicht gefolgt. Zwar teilte man die dort genannten Bedenken,wollte aber auf die Durchführung des Hochschulstatistikgesetzes nicht verzichten,weil die einzelnen Erhebungen wichtige Daten erbrächten, die für alle hochschul-politischen Entscheidungen von großer Bedeutung seien.

Für die Durchführung der anstehenden hochschulstatistischen Erhebungen (Erhe-bung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals, Studentenstatistik undPrüfungsstatistik) wurden einige Verfahrensregelungen getroffen, um ein halb-wegs datenschutzkonformes Vorgehen bei unveränderter Rechtslage zu erreichen.Die grundsätzlichen Einwände konnten dadurch jedoch nicht ausgeräumt werden.Inzwischen liegt der Entwurf eines neuen Hochschulstatistikgesetzes vor, der denverfassungsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Bedenken Rechnung tragensoll. Der Entwurf stellt gegenüber der bisherigen Rechtslage eine erhebliche Ver-besserung dar. Dies gilt vor allem für den Verzicht auf eine personenbezogeneDatenerhebung (Umstellung des Erhebungsverfahrens von der bisherigen Primär-erhebung auf ein sekundärstatistisches, weitgehend anonymes Erhebungsverfah-ren), den Wegfall der bisher gegebenen verwaltungsinternen Verwendungsmög-lichkeiten der Daten, den Wegfall der Abiturientenbefragung und der zweifelhaf-ten Übermittlungsregelungen. Die Umstellung der hochschulstatistischen Daten-erhebungen von der bisherigen Primärerhebung auf ein sekundärstatistisches Er-hebungsverfahren zwingt die Landesgesetzgeber dazu, die Erhebung, Speicherung,Übermittlung und sonstige Verwendung bzw. Nutzung personenbezogener Hoch-schuldaten landesrechtlich zu regeln. Der Landesbeauftragte empfiehlt dem Sena-tor für Bildung, Wissenschaft und Kunst, diese landesrechtliche Folgegesetzge-bung — soweit erforderlich — in Angriff zu nehmen.

5.2.1.2 Meldewesen

— Verordnung zur Durchführung des bremischen Meldegesetzes, insbesonderezur Durchführung von regelmäßigen Datenübermittlungen zwischen den Melde-behörden und der Meldebehörde an andere Behörden

Im Berichtsjahr hat der Senator für Inneres den Entwurf einer Verordnung zurDurchführung des bremischen Meldegesetzes, insbesondere zur Durchführung vonregelmäßigen Datenübermittlungen zwischen den Meldebehörden und der Melde-behörde an andere Behörden vorgelegt. Der Landesbeauftragte hat dazu um-fangreich Stellung genommen. Als besonders problematisch stellen sich folgendePunkte dar:

— Die Bezugnahme der Verordnung auf den Datensatz für das Meldewesen. Hier-zu sind im 6. Jahresbericht, Pkt. 5.3.1.2, bereits kritische Ausführungen gemachtworden.

— Die Abgrenzung der regelmäßigen von der einzelfallbezogenen Datenüber-mittlung. Der Begriff „regelmäßige Datenübermittlung" sollte in der Verord-nung oder in der Begründung dazu in Anlehnung an das allgemeine Daten-schutzrecht oder andere einschlägige Vorschriften oder Urteile definiert wer-den.

— Die strittige Interpretation des § 30 Abs. 6 bremisches Meldegesetz. Diese Be-stimmung weist lediglich den übermittelbaren Datenkatalog aus, gibt jedochnicht die Befugnis für eine beliebige Datenübermittlung innerhalb des Stadt-und Polizeiamtes Bremen bzw. der Stadtgemeinde Bremerhaven. Die regel-mäßige Übermittlung von Meldedaten innerhalb des Stadt- und PolizeiamtesBremen bzw. der Stadtgemeinde Bremerhaven läßt sich nicht auf diese Ge-setzesbestimmung stützen. Sie bedarf gemäß § 30 Abs. 4 bremisches Meldege-setz einer besonderen Zulässigkeitsregelung.

— Die Erforderlichkeit einzelner regelmäßiger Datenübermittlungen, insbeson-dere der automatisierten Direktabrufe/On-line-Zugriffe. Unter Hinweis auf die

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Möglichkeit der Einzelauskunft aus dem Melderegister wird die Erforderlich-keit verschiedener regelmäßiger Datenübermittlungen und automatisierter Di-rektabrufe/On-line-Zugriffe in Zweifel gezogen und um kritische Überprüfunggebeten.

Das Abstimmungsverfahren war zum Ende des Berichtsjahres noch nicht abge-schlossen.

— Novellierung des bremischen Meldegesetzes

Aufgrund eines Antrages in der Bremischen Bürgerschaft, der Anregungen desLandesbeauftragten in seinem 6. Jahresbericht sowie spezieller Bedürfnisse derVerwaltung wurde im Berichtsjahr über die Änderung des bremischen Meldege-setzes diskutiert. Die Deputation für Inneres hatte hierzu einen Unterausschußeingesetzt, zu dessen Beratungen auch der Landesbeauftragte hinzugezogen wur-de. Folgende wesentliche Punkte wurden erörtert:

— Änderung des § 18 Abs. l Meldegesetz hinsichtlich der bei einer Abmeldungins Ausland zu erhebenden Daten. Der bei der Abmeldung zu erhebende Daten-katalog soll auf Wunsch der Fachbehörde um einige Merkmale (Geschlecht,Familienstand, Staatsangehörigkeit, rechtliche Zugehörigkeit zu einer Reli-gionsgesellschaft, erwerbstätig/nicht erwerbstätig) erweitert werden. Verwal-tungsseitig wird diese Erweiterung mit Erfordernissen der amtlichen Statistiksowie mit Arbeitsvereinfachung in der Meldebehörde begründet. Im Hinblickdarauf, daß diese Daten von jedem Meldepflichtigen bei der Anmeldung er-hoben und im Melderegister gespeichert werden dürfen, der Meldebehördealso ohnehin bekannt sind, ist die Anregung, diese erweiterte Datenerhebungauf die Abmeldungsfälle ins Ausland zu beschränken, nicht weiter verfolgtworden.

— Einführung eines Widerspruchsrechts bei der Übermittlung von Meldedatenan die politischen Parteien. Die Einführung eines solchen Widerspruchsrechtshatte der Landesbeauftragte in seinem 6. Jahresbericht vorgeschlagen. Dieswurde aufgegriffen und soll nunmehr in das bremische Meldegesetz aufgenom-men werden.

— Streichung der Uberleitungsbestimmung für mehrere Wohnungen (§ 37 Melde-gesetz). Der Landesbeauftragte hatte in seinem 6. Jahresbericht die Aufhebungdieser Gesetzesbestimmung angeregt, weil er nach dem Volkszählungsurteildes Bundesverfassungsgerichts Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit hatte.Auch diese Anregung wurde aufgegriffen; § 37 Meldegesetz soll aufgehobenwerden.

— Einfügung einer Öffnungsklausel in § 1,1 Abs. 3 Meldegesetz. Nach dieser Ge-setzesbestimmung dürfen die gesondert aufzubewahrenden und zu sicherndenDaten eines verzogenen oder verstorbenen Einwohners nicht mehr verarbeitetoder sonst genutzt werden, es sei denn, daß dies zu wissenschaftlichen Zwek-ken, zur Behebung einer bestehenden Beweisnot, zur rechtmäßigen Aufgaben-erfüllung der Polizei- und Sicherheitsbehörden oder für Wahlzwecke unerläß-lich ist oder der Betroffene schriftlich eingewilligt hat. In der Verwaltungs-praxis werden jedoch häufig Auskünfte über Anschriften und Sterbetag ver-zogener bzw. verstorbener Einwohner z. B. in Rentenangelegenheiten ge-wünscht, die bisher mit einer weiten Auslegung des Begriffs „zur Behebungeiner Beweisnot" legitimiert wurden. Dem Beispiel anderer Bundesländer fol-gend, soll die gängige Praxis durch Einfügung einer Öffnungsklausel bezüglichder Nutzung der früheren Anschrift und des Sterbetages ausdrücklich geregeltwerden. Der Landesbeauftragte konnte sich diesem Erfordernis der Verwaltungletztlich nicht entziehen und hat dieser Meldegesetz-Änderung zugestimmt.

— Verstärkte Nebenmeldepflicht des Wohnungsgebers. Durch eine Fraktion inder Bremischen Bürgerschaft war beantragt worden, die in § 14 Meldegesetzgeregelte Nebenmeldepflicht des Wohnungsgebers zu verstärken: Bei derAnmeldung solle eine Bescheinigung des Wohnungsgebers vorgelegt werden.Begründet wurde dieses Anliegen mit dem — angeblichen oder tatsächlichen —Phänomen der sogenannten Scheinanmeldungen. Die von der MeldebehördeBremen vorgeführten Fälle von Scheinanmeldungen konnten allerdings nichtüberzeugen, da es sich fast ausschließlich um Fälle handelte, bei denen gegendie allgemeine Meldepflicht verstoßen wurde. Der Landesbeauftragte hat sichgegen die Einführung einer verstärkten Nebenmeldepflicht des Wohnungs-gebers ausgesprochen, weil weder die Erforderlichkeit überzeugend nachge-

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wiesen noch die Folgeprobleme (wie z. B. zusätzliche Prüf- und Kontrollarbei-ten der Meldebehörde; Speicherung des Wohnungsgebers im Melderegistersowie Änderungsdienst dazu; Übermittlung dieser Angabe; Auskunftsanspruchdes Wohnungsgebers) datenschutzrechtlich befriedigend zu lösen seien. Fürdie Einführung einer verstärkten Nebenmeldepflicht fand sich keine Mehrheitim Unterausschuß der Innendeputation.

Hinausschieben der Ubergangsfrist in § 39 Abs. 3 Meldegesetz. Nach der Uber-gangsregelung des § 39 Abs. 3 Meldegesetz waren Meldedaten, die nicht in § 3Meldegesetz aufgeführt sind, einschließlich der zum Nachweis ihrer Richtigkeiterforderlichen Hinweise bis Ende 1984 zu löschen. Außerdem war bis zu die-sem Zeitpunkt die Trennung von Melderegister und Gewerberegister vorzu-nehmen. Auf Wunsch des Stadt- und Polizeiamtes Bremen sollte diese Über-gangsfrist hinausgeschoben werden. Der Landesbeauftragte hat sich gegen einHinausschieben dieser Frist ausgesprochen, weil die Ubergangsfrist ohnehinschon großzügig bemessen worden war, die Begründungen des Stadt- und Po-lizeiamtes Bremen nicht überzeugen konnten und zudem nicht ersichtlich war,warum in Bremen etwas nicht möglich sein soll, was in Bremerhaven durchausmöglich ist. Die Übergangsfrist des § 39 Abs. 3 Meldegesetz soll nicht geändertwerden.

Die Meldebehörde Bremen hat zur Umsetzung dieser Gesetzesbestimmung in-zwischen einen Bereinigungslauf des automatisierten Melderegisters durch-geführt, technisch-organisatorische Maßnahmen zur Trennung des Meldere-gisters vom Gewerberegister getroffen sowie verschiedene Dienstanweisun-gen, insbesondere für die Meldestellen Bremens mit ihren manuell geführtenMeldekarteien, erlassen. Der Landesbeauftragte hat diesen Maßnahmen —wenn auch mit Bedenken — zugestimmt.

Die Umsetzung der in § 39 Abs. 3 Meldegesetz enthaltenen Verpflichtungenhatte in Bremerhaven zu keinen nennenswerten Problemen geführt. Die Nut-zung der historischen Meldekarteien mit den nicht mehr zulässigen Datenwird hier durch eine Dienstanweisung geregelt, die mit dem Landesbeauftrag-ten abgestimmt wurde.

Hinausschieben der Übergangsfrist in § 39 Abs. 4 Meldegesetz. Nach dieserBestimmung sind die automatisiert geführten Melderegister bis spätestens En-de 1985 den Anforderungen des neuen Meldegesetzes anzupassen. Dies bedeu-tete für die Meldebehörden in Bremen und Bremerhaven eine grundlegendeÜberprüfung und ggf. Änderung ihrer automatisierten Verfahren. Währendin Bremerhaven offensichtlich keine größeren Probleme bei der Umsetzungdieser Gesetzesbestimmung auftraten, ergaben sich in Bremen erhebliche Pro-bleme und Verzögerungen, die dazu führten, dem Landesgesetzgeber eineVerschiebung der Frist auf Ende 1987 vorzuschlagen.

Der Landesbeauftragte hat sich gegen ein Hinausschieben dieser Übergangs-frist auf Wunsch nur einer Behörde ausgesprochen. Die Frist war nach Auf-fassung aller am damaligen Gesetzgebungsverfahren Beteiligter — wenn siebeachtet worden wäre — zur Anpassung des automatisierten Meldeverfahrensan das neue Melderecht ausreichend bemessen. Wenn neben dieser Anpas-sung noch weitere Verwaltungserfordernisse, wie z. B. eine völlige Neukonzep-tionierung des automatisierten Melderegisters, Anschluß der Meldestellen andas automatisierte Melderegister, Realisierung von Personaleinsparungen, da-zukommen, kann dies allein kein ausschlaggebendes Kriterium zur Änderungdes Meldegesetzes sein. Durch frühzeitige Planung und verstärkten Personal-einsatz hätten die zusätzlichen Anforderungen aufgefangen werden können,ohne den Gesetzgeber unter faktischen Druck zu setzen.Der Unterausschuß der Innendeputation hat über das Hinausschieben der Über-gangsfrist des § 39 Abs. 4 Meldegesetz lange und kritisch debattiert. Letztend-lich mußte er sich jedoch wegen des nicht rechtzeitig eingesetzten Verwaltungs-handelns dem dadurch erzeugten faktischen Zwang beugen.Wenn der Landesgesetzgeber dem Fristverlängerungswunsch der Meldebe-hörde Bremens — wie es den Anschein hat — nachkommt, dann sollte in derBeschlußfassung aber ausdrücklich auf die Einmaligkeit einer solchen Termin-verschiebung und auf die rechtsstaatliche Verbindlichkeit gesetzlicher Rege-lungen hingewiesen werden.

• Weitere Vorschläge zur Novellierung des bremischen Meldegesetzes. DerLandesbeauftragte hat in die Beratungen des Unterausschusses weitere Vor-

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schlage zur Novellierung des bremischen Meldegesetzes eingebracht, die teil-weise bereits im 6. Jahresbericht angesprochen worden waren, zum Teil abererst nach Änderung des Melderechtsrahmengesetzes durch den Bundesgesetz-geber realisierbar sind. Zum Beispiel:

— Präzisierung der Aufgaben der Meldebehörde und des Melderegisters

— Übermittlungsverbot des Ordnungsmerkmals

— Trennung von Meldewesen und Polizei

— Verzicht auf die generelle Erhebung und Speicherung der Seriennummerdes Personalausweises und Passes

— Aufhebung der Bestimmungen über die Hotelmeldepflicht

— Aufhebung der Bestimmungen über die Meldepflicht in Krankenhäusern

— Streichung des Einsichtsrechts des Polizeivollzugsdienstes in die Kranken-hausverzeichnisse, Ersetzung durch ein Auskunftsrecht (Änderung des § 28Abs. 2 und 5 Meldegesetz)

— Streichung des § 30 Abs. 6 Meldegesetz und damit der Privilegierung derDatenübermittlungen innerhalb der Ortspolizeibehörden.

Von diesen Vorschlägen zur Novellierung des bremischen Meldegesetzes hat derAd-hoc-Ausschuß lediglich die Streichung des § 30 Abs. 6 und die ausdrücklichemelderechtliche Regelung des funktionalen Behördenbegriffs übernommen.

— Neues Meldestellenkonzept in Bremen

Die Aufgaben nach dem Meldegesetz werden in der Stadtgemeinde Bremen vomSachgebiet „Einwohnermeldewesen" im Stadt- und Polizeiamt und von insgesamt27 dezentralen Meldestellen wahrgenommen. Im Zusammenhang mit den Spar-beschlüssen des Senats und der Neukonzeptionierung des automatisierten Melde-registers wurde der Vorschlag gemacht, die Zahl der dezentralen Meldestellen zureduzieren, die verbleibenden Meldestellen an das zentrale ADV-System anzu-schließen und ihnen zugleich die Aufgaben des Paßamtes zu übertragen.

Der Landesbeauftragte hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, daß er esbegrüßt, wenn durch die Verringerung der Zahl der Meldestellen in Verbindungmit dem Übergang auf ein dezentrales automatisiertes Meldeverfahren die bisherin den Meldestellen bestehenden Datenschutzprobleme, wie z. B. offene Kartei-kastentröge, Gefahr des unkontrollierten Zugriffs auf die Meldekartei, mangel-hafte Gewährleistung des Meldegeheimnisses während des Publikumsverkehrs,weitgehend beseitigt werden könnten. Auch die Trennung des Melderegisters vomGewerberegister könne dabei eindeutig vollzogen werden. Hinsichtlich der Ein-beziehung der Aufgaben des Paßamtes in die neuen Meldestellen sei jedoch dar-auf zu achten, daß die verschiedenen Aufgabenbereiche nicht vermischt und diebestehenden Zweckbindungs- und Übermittlungsregelungen beachtet werden.

5.2.1.3 Personenstands-, Paß- und Ausweiswesen

— Maschinenlesbarer Personalausweis

Bereits im letzten Jahresbericht hat der Landesbeauftragte unter Pkt. 5.3.1.3 diedatenschutzrechtliche Problematik, die mit der Einführung eines maschinenles-baren Personalausweises verbunden ist, herausgestellt. Inzwischen hat der Bun-destag auf Antrag der Koalitionsfraktionen das für den 1. November 1984 vor-gesehene Inkrafttreten des neuen Personalausweises ausgesetzt. Die Aussetzungwar erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinemUrteil zum Volkszählungsgesetz 1983 entschieden hat, in das Grundrecht auf infor-mationelle Selbstbestimmung dürfe nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffenwerden, dabei habe das Gesetz dem Grundsatz der Normenklarheit zu entspre-chen. Daher sind die wesentlichen Merkmale einer Regelung im Gesetz selbst zuverankern. Der frühere Entwurf des Personalausweisgesetzes regelte nicht, daßder Personalausweis maschinenlesbar sein sollte. Ein Hinweis auf die Maschinen-lesbarkeit ergab sich nur aus einem Muster des neuen Personalausweises, der alsAnlage einer Rechtsverordnung zur Durchführung des Personalausweisgesetzesbeigefügt war. Inzwischen sind jedoch Kritiker und Befürworter des maschinen-lesbaren Personalausweises übereinstimmend der Ansicht, daß die Eigenschaft derMaschinenlesbarkeit ein wesentliches Merkmal und eine neue Qualität darstellt.

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Am 23. Oktober 1984 haben die Koalitionsfraktionen des Bundestages einen neuenGesetzentwurf vorgelegt, der die Maschinenlesbarkeit des neuen Personalaus-weises gesetzlich verankert und Inhalt, Zweck und Benutzung des bei den zustän-digen örtlichen Behörden geführten Personalausweisregisters ausdrücklich gesetz-lich regelt und eine Übermittlung aus diesen Registern nur in eng umschriebenenFällen zuläßt. Allerdings ist nicht in allen Punkten den vorgetragenen Datenschutz-anforderungen Rechnung getragen worden (vgl. insbesondere 7. Jahresbericht desBundesbeauftragten, Pkt. 2.1).

Zwar wird den Grundsätzen der Normenklarheit und dem Prinzip der Wesentlich-keit stärker Rechnung getragen, bei Berücksichtigung des Grundsatzes der Ver-hältnismäßigkeit fehlt jedoch nach wie vor die überzeugende Begründung, wes-halb der neue Personalausweis maschinenlesbar sein soll. Der von den Befürwor-tern der Maschinenlesbarkeit immer wieder genannte Hinweis auf die effektivereVerbrechensbekämpfung vermag nicht zu überzeugen angesichts der Tatsache,daß der Grenzverkehr in der letzten Zeit immer mehr geöffnet wurde und dem-nach erheblich weniger Kontrollen stattfinden und alle anderen Länder der EGbisher von der Einführung eines maschinenlesbaren Personalausweises absehen.Hinsichtlich der internationalen Verbrechensbekämpfung ergibt sich mit der Ma-schinenlesbarkeit keine Verbesserung. Auch die Absicht bzw. Möglichkeit, diebundesdeutschen Polizeifahrzeuge mit entsprechenden Lesegeräten auszustattenund in Verbindung mit dem maschinenlesbaren Personalausweis die inländischeVerbrechensbekämpfung zu verbessern, ist nicht überzeugend. Zweifel an derErforderlichkeit des maschinenlesbaren Ausweises wurden in der Öffentlichkeitbereits von vielen geäußert, u. a. auch vom Chef des BKA.

Der mit der Maschinenlesbarkeit verbundene Zeitgewinn wiegt die mit der umfas-senden Kontrolle verbundenen Nachteile des neuen Ausweises nicht auf. Solltenjedoch erheblich mehr Kontrollen durchgeführt werden, stellt sich die Frage, obdiese verstärkte Kontrolle in einem demokratischen Rechtsstaat erforderlich ist.Solange die Erforderlichkeit der Maschinenlesbarkeit nicht hinreichend begründetist, mangelt es an der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Außerdem hat der Deutsche Bundestag bei der Verabschiedung des Personalaus-weisgesetzes am 17. Januar 1980 in einer Entschließung die Bundesregierung u. a.ersucht, die Arbeiten zur Entwicklung bereichsspezifischer Datenschutzregelungenfür die Sicherheitsbehörden nachdrücklich fortzusetzen. Insoweit bleibt die Aus-sage der Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern aktuell, wonach einmaschinenlesbarer Personalausweis unter Datenschutzgesichtspunkten nur hin-nehmbar ist, wenn bereichsspezifische Regelungen im Sicherheitsbereich die be-stehenden Unklarheiten und Mißverständnisse ausräumen und somit eine daten-schutzgerechte Anwendung des Gesetzes sicherstellen. Dieser Forderung ist bisherin keiner Weise entsprechend Rechnung getragen worden.

— Verwaltungsvorschriften zum PersonenstandsgesetzAuf Bundesebene ist eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die sich mit denMitteilungen im Personenstandswesen befaßt. Nach dem derzeitigen Stand werdenMitteilungen der Standesämter an andere öffentliche Stellen nach einer Allge-meinen Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz (Dienstanweisung fürdie Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden) vorgenommen. Nach dem Grund-satz der Normenklarheit ist es jedoch angebracht, eine bereichsspezifische rechts-satzmäßige Regelung der Mitteilungen im Personenstandswesen zu erarbeiten,bei der u. a. auch die Zweckbindung der zu übermittelnden Daten festgelegt wird.Außerdem sollen die Mitteilungen auf ein notwendiges Maß verringert werden.Hierzu ist die Erforderlichkeit der beanspruchten Daten bei den Empfängern zuprüfen. Schließlich sei auf die Mitteilung des Bundesbeauftragten für den Daten-schutz hingewiesen, wonach nunmehr in einer Sechsten Allgemeinen Verwaltungs-vorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Personen-standsgesetz (6. DA-ÄndVwV) vorgesehen ist, daß

— die Pflicht des Standesbeamten, bei Eintragungen über umherziehende Per-sonen ohne festen Wohnsitz die Kriminalpolizei zu unterrichten, künftig ent-fällt,

— Angaben über empfangene Versorgungsleistungen und deren Mitteilung andie Versorgungsämter künftig entfallen,

— bei einer Adoption eine Mitteilung des Standesbeamten an die Meldebehördeder leiblichen Eltern des adoptierten Kindes nicht mehr stattfindet.

Damit würde alten Forderungen der Datenschutzbeauftragten Rechnung getragen.

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5.2.1.4 Kfz.-Zulassung/Führersdiein

— Zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Fahr-zeugregister)

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dieses Gesetzesvorhaben von erheblicherBedeutung, denn in einem zentralen Verwaltungsbereich, von dem fast jederzweite Bürger betroffen ist, werden die Eingriffe in das Recht auf informationeileSelbstbestimmung neu geregelt. Zunächst ist zu begrüßen, daß versucht wird,bestehende datenschutzrechtliche Regelungsdefizite für die Verarbeitung vonFahrzeug-, Halter- und Führerscheindaten durch eine bereichsspezifische Regelungzu beheben. Dies ist eine alte Forderung der Datenschutzbeauftragten und istdurch das Volkszählungsurteil nochmals eindringlich bestätigt worden. DiesesGesetzesvorhaben ist zugleich ein erstes Beispiel dafür, wie die Anforderungendes Volkszählungsurteils vom Bundesgesetzgeber aufgenommen und konkret inrechtliche Regelungen umgesetzt werden. Es könnte hiermit Modellcharakter füreine Vielzahl weiterer Gesetze haben, die hinsichtlich ihrer personenbezogenenDatenverarbeitung als Konsequenz aus dem Volkszählungsurteil novelliert wer-den müssen.

Bedenkt man dies und prüft den vom Bundesverkehrsministerium vorgelegtenEntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Fahrzeug-register), dann ist man enttäuscht. Mit dieser Novelle wird die derzeitige Praxisder personenbezogenen Datenverarbeitung im Bereich des Kfz.-Zulassungswesensund des Verkehrszentralregisters ohne jeden Abstrich, sogar mit erheblichen Aus-weitungen, wie die automatisierten Direktabrufe/On-line-Zugriffe zeigen, fest-geschrieben. Zweifelhafte Praktiken wie z. B. regelmäßige Datenübermittlungenan die Polizeibehörden, den Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und MADwerden legalisiert. Die Verwaltungsbedürfnisse und die Bedürfnisse der Sicher-heitsbehörden dominieren auf der ganzen Linie. Das informationeile Selbstbestim-mungsrecht des betroffenen Kfz.-Halters und Führerscheinbesitzers bleibt fastvollständig auf der Strecke. Die Transparenz der Datenverarbeitung, insbeson-dere der Datenübermittlungen, wird für den Betroffenen allenfalls vordergründigerreicht, da spätestens nach erfolgter Datenübermittlung aus den Fahrzeug-registern bzw. dem Verkehrszentralregister diese Transparenz verlorengeht.

Im übrigen bringt diese Gesetzesnovelle nur eine Teilregelung: Die Regelungenfür die Übermittlung von Daten aus dem Verkehrszentralregister des Kraftfahrt-bundesamtes (KBA) sowie für die Speicherung, Verarbeitung und Übermittlungvon Führerscheindaten bei den örtlichen Führerscheinstellen bleiben aus daten-schutzrechtlicher Sicht weiterhin unvollständig. Daneben werden durch neue Vor-haben wie z. B. den Führerschein auf Probe neue Datenspeicherungen und Daten-flüsse erzeugt.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben sich im Berichts-jahr mehrfach mit diesem Gesetzesvorhaben beschäftigt. Zum vorliegenden Ent-wurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Fahrzeugregister)sind aus der Sicht des Landesbeauftragten folgende wesentliche Punkte kritischanzumerken:

— Automatisierter Abruf von Daten aus dem Verkehrszentralregister durch Poli-zeidienststellen der Länder und Grenzkontrollbehörden des Bundes zwecksPrüfung der Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs (§ 30a)

Das Verkehrszentralregister wird beim KBA geführt. Zweck, Inhalt und Nut-zung dieses automatisierten Registers werden im Straßenverkehrsgesetz (§ 30)und in der Straßenverkehrszulassungsordnung (§ 13c) geregelt. Im Zusammen-hang mit dem ZEVIS-Projekt ergab sich das Problem, daß die regelmäßigeÜbermittlung von Daten aus dem Verkehrszentralregister an die Polizeidienst-stellen der Länder und die Grenzkontrollbehörden des Bundes nicht zulässigist. Dies soll durch die Einfügung des § 30a behoben werden. Datenschutzrecht-lich wäre damit dieses Problem gelöst. Datenschutzpolitisch muß man jedochsehen, daß hierdurch ein weiteres Mosaiksteinchen einer technischen Infra-struktur zur intensivierten Kontrolle des Bürgers zugelassen wird.

— Speicherung von Beruf oder Gewerbe für Zwecke der Verteidigung (§33 Abs. 2)und Nutzung, d. h. Übermittlung dieser Daten an die amtliche Statistik (§ 40Abs. 1)

Der in diesen Bestimmungen verwendete Begriff „Zwecke der Verteidigung"

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ist unbestimmt. Gemeint sind Maßnahmen nach dem Bundesleistungsgesetzoder darauf basierender Rechtsvorschriften. Betroffen sein sollen nur Fahr-zeughalter, denen ein amtliches Kennzeichen zugeteilt ist, ausgenommen evtl.Krafträder und Personenkraftwagen.

Auch die Angabe des „Berufs" bzw. des „Gewerbes" ist unbestimmt oder will-kürlich, da diese Angaben selten eindeutig bzw. klar und zudem häufig wech-selnd sind. Ein Änderungsdienst für dieses Merkmal ist nicht vorgesehen. Dasbedeutet, daß die zufällige Angabe eines solchen Merkmals bei der Anmel-dung eines Fahrzeugs auf Dauer in den Registern bleibt. Möglicherweise führtdies sogar zu Rückfragen und Verwaltungsmaßnahmen bei widersprüchlichenAngaben eines Betroffenen (z. B. bei mehreren Fahrzeugen, bei Fahrzeug-wechsel). Die Erforderlichkeit dieser Datenspeicherung, der ja eine entspre-chende Datenerhebung beim Betroffenen vorausgehen muß, in den Fahrzeug-registern sollte nochmals geprüft werden.

Speicherung von Suchvermerken und Steckbriefnachrichten im zentralen Fahr-zeugregister beim KBA über Beschuldigte, verurteilte oder vermißte Personen(§ 33 Abs. 4)

Diese Speicherung für Zwecke der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckungerfolgt auf Veranlassung der hierfür zuständigen Behörden (Staatsanwaltschaf-ten und Gerichte sowie die Polizeidienststellen des Bundes und der Länder).Hierdurch wird das zentrale Fahrzeugregister zur Hilfsdatei für die Strafverfol-gungs- und Straf Vollstreckungsbehörden bzw. die Polizeidienststellen; das KBAwird sozusagen zum Hilfsorgan dieser Behörden. Aus datenschutzrechtlicherSicht ist vor allem zu kritisieren die Verquickung der verschiedenen Aufgaben-bereiche bzw. — um mit dem Bundesverfassungsgericht zu sprechen — dieDurchbrechung der informationeilen Gewaltenteilung.

Aus datenschutzrechtlicher und datenschutzpolitischer Sicht ist die Speicherungvon Suchvermerken und Steckbriefnachrichten im zentralen (aber auch denörtlichen) Fahrzeugregistern abzulehnen. Damit könnten dann auch die Folge-bestimmungen in § 40 Abs. 3 (Übermittlung dieser Merkmale) und § 43 Abs. 3(Löschung dieser Daten) entfallen. Die genannten Behörden könnten gleiches,d. h. die unbekannte Anschrift der gesuchten Personen durch Einzelanfragenbeim KBA ermitteln. Daneben soll dem Bundeskriminalamt nach den Plänendes Bundesverkehrsministers die Möglichkeit eines Datenabgleichs (§35 Abs. 2)mit den Daten des zentralen Verkehrsregisters eingeräumt werden.

• Übermittlung von Fahrzeug- und Halterdaten aus den Fahrzeugregistern (§ 35)

Diese Übermittlungsregelung umfaßt alle Datenübermittlungen außer denautomatisierten Abrufen und den Einsichtnahmen in die örtlichen Fahrzeug-register, die in § 36 geregelt werden. Neben den Behörden, die bei der Kfz.-Zulassung unmittelbar tangiert sind, sollen — das Zweckbindungserfordernisdurchbrechend — weitere Behörden die gespeicherten Fahrzeug- und Halter-daten erhalten. Aus datenschutzrechtlicher und aus datenschutzpolitischer Sichtwird zumindest die Erforderlichkeit der Datenübermittlung (§ 35 Abs. 1)

— für die Verfolgung von sonstigen Straftaten,

— für die Verfolgung von sonstigen Ordnungswidrigkeiten,

— für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnungund

— für die Erfüllung der dem Bundesnachrichtendienst bzw. Militärischen Ab-schirmdienst obliegenden Aufgaben

bezweifelt. Diese Übermittlungsvorgänge greifen unverhältnismäßig in dasindividuelle Recht auf informationeile Selbstbestimmung ein und verletzenzudem den Grundsatz der Normenklarheit, da keine Differenzierung nach ört-lichem oder zentralem Fahrzeugregister vorgenommen wird und die berechtig-ten Behörden in den meisten Fällen unbestimmt sind. Die Freistellung derStrafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden, der Finanzbehörden, derVerfassungsschutzbehörden, des Bundesnachrichtendienstes und der Behörden,die mit der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnungbetraut sind, von jeglicher Bindung an den Übermittlungszweck (§ 35 Abs. l1. Satz) bei Fällen von „erheblicher Bedeutung" ist ebenfalls abzulehnen. DerBegriff „erhebliche Bedeutung" ist zu unbestimmt und läßt sich von den Zu-

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lassungsstellen bzw. dem KBA nicht eingrenzen. Soweit telefonische odermündliche Anfragen dieser Art vorliegen, ist zudem die Kontrollierbarkeitderartiger Übermittlungsvorgänge durch die Datenschutzbeauftragten nichtmöglich (keine oder nur unzulängliche Aufzeichnungen/Unterlagen).

übermittelt werden dürfen nach dieser Bestimmung alle Fahrzeug- und Halter-daten, außer der Berufs- bzw. Gewerbeangabe, der Fahrtenbuchauflage, denSuchvermerken und Steckbriefnachrichten sowie etwaiger übermittlungs- undAuskunftssperren. Eine Differenzierung des Datenumfanges nach den Aufgabenbzw. Funktionen der einzelnen Behörden und nach den konkreten Anlässen fürderartige Auskunftsersuchen findet nicht statt.

Die Erforderlichkeit des Datenabgleichs (§ 35 Abs. 2) zwischen dem Fahndungs-datenbestand des Bundeskriminalamtes und dem zentralen Fahrzeugregisterbeim KBA sollte nochmals begründet werden. Es bestehen erhebliche Zweifel,ob dies ein taugliches Mittel ist, da mit Haftbefehl oder durch Steckbrief ge-suchte Personen wohl kaum den „Fehler" begehen, ein Fahrzeug auf deneigenen Namen mit gültiger Anschrift zuzulassen. Zumindest sollten die Fälle,die in einen solchen Abgleich einbezogen werden, weiter eingegrenzt werden(nur mit Haftbefehl gesuchte Personen).

— Automatisierte Abrufe aus dem örtlichen bzw. dem zentralen Fahrzeugregisterund Einsichtnahme in das örtliche Fahrzeugregister (§ 36)

Die gespeicherten Fahrzeug- und Halterdaten dürfen durch Abruf im automati-sierten Verfahren (on line)

— an die Zulassungsstellen zur Beschleunigung der Fahrzeugzulassung,

— an die Polizeidienststellen des Bundes und der Länder zu vier bestimmtenZwecken und

— an die Zollfahndungsdienststellen

übermittelt werden. Offen ist noch, ob der Abruf nur unter Verwendung vonFahrzeugdaten oder auch unter Verwendung von Halterdaten erfolgen darf(Problematik der sog. P-Anfrage an das ZEVIS).

Aus datenschutzrechtlicher und datenschutzpolitischer Sicht stellt sich bei die-sen regelmäßigen Datenübermittlungen in der Form des automatisierten Abrufsganz besonders die Frage der Erforderlichkeit, der Verhältnismäßigkeit diesesbesonders gravierenden Informationseingriffs und der Normenklarheit. Vgl. in-soweit die Bedenken zu § 35. Auch hier erfolgt keine Differenzierung nachörtlichem bzw. zentralem Fahrzeugregister und auch keine funktionsbezogeneDifferenzierung des für die Übermittlung zugelassenen Datenumfangs.

Die in § 36 Abs. 5 geregelte Einsichtnahme in das örtliche Fahrzeugregister —soweit dieses noch nicht automatisiert geführt wird — ist aus datenschutz-rechtlicher Sicht abzulehnen, da dies nicht kontrollierbar ist.

Die Protokollierungspflichten zu Kontrollzwecken in § 36 Abs. 3 und Abs. 4müßten ggf. noch präzisiert werden.

— Übermittlung von Halterdaten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstrek-kung öffentlich-rechtlicher Ansprüche (§ 39 Abs. 3)

Als Beispiel sei hier die Datenübermittlung an das Bundesverwaltungsamt inKöln bei säumiger BaföG-Darlehnsrückzahlung genannt. Ein solcher Übermitt-lungstatbestand ist ebenfalls als unverhältnismäßiger Informationseingriff undwegen Nichtbeachtung des Prinzips der Normenklarheit abzulehnen. DerartigeÜbermittlungsvorgänge sollten nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässigsein. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Privilegierung der öffentlich-recht-lichen Ansprüche gegenüber möglicherweise noch bedeutenderen privatrecht-lichen Ansprüchen wie z. B. Unterhaltsansprüchen akzeptabel ist.

Der Landesbeauftragte hat den Senator für Inneres gebeten, diese Bedenken beiden weiteren Beratungen des Gesetzentwurfes und im Bundesrat zur Geltung zubringen. Außerdem hat er dem Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaftdiese Bedenken vorgetragen.

— Führerschein auf ProbeDer Bundesminister für Verkehr hat im Berichtsjahr einen weiteren Gesetzent-wurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes sowie des Fahrlehrergesetzes in

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die verwaltungsinterne Abstimmung eingebracht, der aus der Sidit des Daten-schutzes ebenfals von erheblichem Gewicht ist. Mit dieser Änderung des Straßen-verkehrsgesetzes soll u. a. die Rechtsgrundlage für die Einführung eines Führer-scheins auf Probe für Fahranfänger geschaffen werden. Im einzelnen ist an folgen-des gedacht:

— Jeder Fahranfänger soll sich in den ersten zwei Jahren nach Erwerb der Fahr-erlaubnis besonders bewähren. Diese Zeit soll deshalb als Probezeit gelten.

— Die Fahrerlaubnis wird nicht auf die Dauer der Probezeit befristet; es wirdvielmehr ein Vermerk über den Ablauf der Probezeit auf dem Führerscheinangebracht.

— Von mangelnder Bewährung eines Fahranfängers wird ausgegangen, wenndieser während der Probezeit Verkehrszuwiderhandlungen begeht. Die Ver-kehrszuwiderhandlungen werden zu diesem Zweck nach ihrer Gewichtigkeitgruppiert.

— Nichtbewährung innerhalb der Probezeit soll je nach Häufigkeit der began-genen Verkehrszuwiderhandlungen durch die Teilnahme an einem Nachschu-lungskurs, die Wiederholung der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung oder dieBeibringung eines medizinisch-psychologischen Eignungsgutachtens geahndetwerden. Zur Teilnahme an einem Nachschulungskurs soll z.B. bereits derjenigeverpflichtet sein, der innerhalb der Probezeit eine gewichtige oder zwei ein-fachere Verkehrszuwiderhandlungen begangen hat.

— Die Maßnahmen der örtlichen Straßenverkehrsbehörden sollen über das Ver-kehrszentralregister des Kraftfahrtbundesamtes gesteuert werden, das zu die-sem Zweck um die zusätzlichen Daten der Fahranfänger erweitert wird. DasVerkehrszentralregister beim Kraftfahrtbundesamt soll also zusätzlich die Da-ten aller Fahranfänger speichern und den verschiedenen Stellen und Behördenzur Verfügung stellen.

Aus der Sicht des Datenschutzes sind gegen dieses Vorhaben, d. h. die Einrichtungund Führung einer neuen zentralen Datei (der ca. 3 Millionen Fahranfänger) sowiedie damit verbundenen Datenflüsse und Datenübermitltungen erhebliche Vor-behalte anzumelden. Selbst wenn man die Notwendigkeit eines Führerscheins aufProbe bejaht, bleibt die Frage nach der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit einerzentralen Datei der Fahranfänger beim Kraftfahrtbundesamt. Denkbar und demföderalen Staatsaufbau und Verwaltungsvollzug angepaßter wären dezentraleDateien, Register, Karteien bei den örtlichen Führerscheinstellen oder ein zeitlichbefristeter, vorläufiger Führerschein, ein wirklicher Führerschein auf Probe. Esbesteht die große Gefahr, daß die zentrale Datei der Inhaber eines Probeführer-scheins den Einstieg in eine umfassende zentrale Speicherung aller Führerschein-inhaber darstellt, selbst wenn dies im Augenblick nicht beabsichtigt sein sollte.Der Sog der Technik in Verbindung mit dringenden Verwaltungserfordernissenwird dies wohl zwangsläufig zur Folge haben. Sofern man die Einrichtung undFührung einer zentralen Datei der Fahranfänger beim Kraftfahrtbundesamt inFlensburg für erforderlich hält, bleibt außerdem noch die Frage nach der Not-wendigkeit bzw. Erforderlichkeit bestimmter zu erhebender und zu speichernderDaten sowie bestimmter Datenübermittlungen und Mitteilungsdienste.

Der Landesbeauftragte bittet den Senat, die mit dem Führerschein auf Probe ver-bundenen datenschutzrechtlichen Bedenken dem Bund gegenüber zu vertreten.

— Regelmäßige Übermittlung von Kfz.-Zulassungsdaten an das Landeskriminal-amt Bremen/an die Vollzugspolizei in Bremen

Im Zusammenhang mit der Automatisierung der Kfz.-Zulassung in der Stadt Bre-men hält es die Vollzugspolizei für notwendig, über ein Datensichtgerät selbstunmittelbar auf die Kfz.-Zulassungsdaten zugreifen zu können (regelmäßigeDatenübermittlung im Wege des automatisierten Direktabrufs). Begründet wirddieser Wunsch einerseits mit polizeilichen Aufgaben und andererseits mit den Be-stimmungen des Bremischen Datenschutzgesetzes.

Der Landesbeauftragte hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach unter Hin-weis auf die bestehende Rechtslage (§ 26 Abs. 5 StVZO) gegen eine regelmäßigeÜbermittlung von Kfz.-Zulassungsdaten im Wege des automatisierten Direkt-abrufs an die Vollzugspolizei ausgesprochen. Dies geschah zuletzt bei den Bera-tungen über das diesbezügliche ADV-Verfahren (FAZID) im Ausschuß für ADV.Der Landesbeauftragte hält bei der derzeitigen Rechtslage weiterhin an seiner

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Auffassung fest, daß regelmäßige Datenübermittlungen aus der Kfz.-Zulassungs-datei an andere Behörden und Stellen nicht zulässig sind. Die Vollzugspolizei kannnur im Einzelfall auf Antrag von der Kfz.-Zulassungsstelle Auskunft über Fahr-zeuge, Halter und Versicherungen erhalten. Der Landesbeauftragte bittet denSenator für Inneres, die Kfz.-Zulassungsstellen im Lande Bremen auf diese Rechts-lage hinzuweisen. Inwieweit der Bundesgesetzgeber die Rechtslage ändern will,bleibt abzuwarten.

5.2.1.5 Innere Sicherheit

— Entnahme von Blutproben nach §§ 81a, 81c StPO

Aufgrund einer Eingabe hatte sich der Landesbeauftragte mit der Frage zu be-fassen, wie Unterlagen über eine Blutentnahme (§ 81a, § 81c Abs. 2 StPO) bei denzuständigen Behörden in Bremen behandelt werden, wenn das Ergebnis der Unter-suchung keine alkoholbedingte Beeinträchtigung ergibt.

Im Fall der Blutentnahme werden zwei Vordrucksätze verwendet, der erste Vor-druck (Protokoll und Antrag zur Feststellung des Alkohols im Blut) enthält dieAngaben des einschreitenden Beamten der Vollzugspolizei (Teil A), die des blut-entnehmenden Arztes (Teil B) und die Angaben des Blutalkohollabors (Teil C).Vom Labor wird dieser Vordruck an die Vollzugspolizei zurückgesandt, die einenzweiten Vordrucksatz (Kosten einer Blutentnahme und Blutuntersuchung) ausfülltund beide Vordrucke der Kostenabrechnungsstelle zur rechnerischen Überprüfungzuleitet. Bei der Kostenabrechnungsstelle verbleibt ein Beleg des Kostenvordrucks,ein weiterer geht an die Landeshauptkasse zur Kostenabrechnung, während derletzte Beleg zusammen mit dem Protokoll- und Antragsvordruck der Vollzugs-polizei zugeleitet wird, die beide Vordrucke zu ihrer Ermittlungsakte nimmt unddiese nach Abschluß der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft übersendet.

Das Ergebnis der Blutuntersuchung hat auf das eben geschilderte Verfahren keinenEinfluß. Weitere Entscheidungen — evtl. eine Einstellung des Verfahrens — trifftdie zuständige Staatsanwaltschaft. Die Aufbewahrung bzw. Speicherung richtetsich nach den bundeseinheitlichen Bestimmungen über die Aufbewahrungsfristenfür das Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften undder Justizvollzugsbehörden (Aufbewahrungsbestimmungen). Im automatisiertenVerfahren der Staatsanwaltschaft bleiben eingestellte Vorgänge fünf Jahre, nach-dem das Verfahren abschließend bearbeitet wurde, im Direktzugriff gespeichert;danach erfolgt eine Auslagerung und Archivierung auf Magnetband. Die Daten-bestände sind insgesamt 10 Jahre aufzubewahren. Der Landesbeauftragte hatZweifel, ob die Speicherdauer bei Untersuchungen, die keine alkoholbedingteBeeinträchtigung ergeben haben, aufrechterhalten bleiben kann.

— Datenübermittlung der Polizei (Staatsschutz) an in- und ausländische Nach-richtendienste

Aus Presseberichten und Eingaben an den Hamburgischen Datenschutzbeauftrag-ten war dem Landesbeauftragten bekannt geworden, daß Staatsschutzabteilungender Polizeien in der Bundesrepublik regelmäßig an in- und ausländische Nachrich-tendienste sowie an andere Landeskriminalämter sog. „Informationsberichte" mitdiversen personenbezogenen Informationen verteilen sollen. Hamburgs Innen-senator hatte dazu in einer Aktuellen Stunde der Hamburgischen Bürgerschafterklärt, daß es sich hier nicht um eine hamburgische Spezialität handle, sondernbundesweit so verfahren würde.

Der Senator für Inneres teilte dem Landesbeauftragten auf Anfrage hierzu mit,daß die Staatsschutzabteilungen im Lande Bremen zwar Jahresberichte als Tätig-keitsnachweise fertigen, jedoch in diesen Berichten keine personenbezogenenDaten enthalten seien. Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der GRÜNEN vom2. November 1984 zu vertraulichen Informationsberichten der Staatsschutzbehör-den teilte der Senat am 20. November 1984 (Bremische Bürgerschaft, Drs. 11/286)u. a. folgendes mit:

„Zwischen Bund und Ländern findet ein regelmäßiger Informationsaustausch inFragen der Sicherheit statt. Dieser Informationsaustausch besteht seit Jahren undenthält sowohl zusammenfassende Lageberichte als auch Einzelberichte. Die Be-richte aus den Staatsschutzabteilungen der Polizei im Lande Bremen sind abstraktund enthalten keine personenbezogenen Daten. Die Berichte des Landesamtes fürVerfassungsschutz können auch personenbezogene Daten enthalten.

Die Informationen der Staatsschutzabteilungen der Bremer Polizeien richten sich

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nur an Bundes- und Landesbehörden, die Berichte des Landesamtes für Verfas-sungsschutz können sich auch an ausländische Stellen richten, deren Anlagen aufdem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland betroffen sein können. Die Berichtegehen nur an solche Behörden, in deren Zuständigkeit die Informationen gehören.

Der Informationsaustausch ist gegenseitig. Diese Berichte zu bewerten, ist Sacheder berichtenden Stelle. Ob ausländische Stellen im Lande Bremen Berichte ausanderen Bundesländern oder von Bundesbehörden erhalten, ist dem Senat nichtbekannt".

Der Vorgang war zum Ende des Jahresberichtes noch nicht abgeschlossen. DerLandesbeauftragte wird den Sachverhalt weiter prüfen.

— Friedenswoche in Bremerhaven, Oktober 1983

Im Rahmen der Hafenblockade und der Friedensdemonstration vom 13. bis15. Oktober 1983 in Bremerhaven wurden von der Ortspolizeibehörde mehrereErmittlungsverfahren eingeleitet. Dies nahm der Landesbeauftragte zum Anlaßzu prüfen, wie die dabei erhobenen personenbezogenen Informationen von Störernund Tatverdächtigen verarbeitet worden sind. An den Blockadestellen wurden imLaufe des 13. Oktober 1983 u. a. folgende polizeiliche Einsätze durchgeführt: AmVormittag fand eine Räumung der Blockade am Zolltor Rotersand statt. Im Zugedieser Maßnahme nahm die Polizei 61 Personen in Gewahrsam, während weitereca. 150 Personen mit Polizeifahrzeugen außerhalb der Stadtgrenze transportiertund dort entlassen wurden. Während die Polizei Personalien der letztgenanntenca. 150 Personen nicht festhielt, stellte sie dagegen von den 61 in Gewahrsamgenommenen Personen vor der Entlassung aus dem Gewahrsam die Personalienfest. Die Unterlagen über diese Personalienfeststellung sind inzwischen vernichtetworden, da gegen die Teilnehmer an der Blockade Rotersand keine Verfahreneingeleitet wurden.

Bei der am selben Tag durchgeführten Räumung der Blockade in Weddewarden(Wurster Straße Nord) nahm die Polizei 67 Personen in Gewahrsam, die sie nacherfolgter Personalienfeststellung entließ. Gegen diese Personen wurde jeweilsein Strafverfahren wegen Verstoßes nach § 240 StGB (Nötigung) eingeleitet. DieseVerfahren sind jedoch in allen Fällen entweder nach § 153 Abs. l StPO (in 64Fällen) oder nach § 153b Abs. 2 StPO (in drei Fällen) eingestellt worden. DieseEinstellungsverfügungen sind mittlerweile in das polizeiliche InformationssystemAnzeigen (ISA) mit den entsprechenden Löschungsfristen eingegeben worden.

Gegen 16 weitere Demonstrationsteilnehmer sind Ermittlungsverfahren wegenLandfriedensbruchs, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Gefangenen-befreiung und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet worden. Die Verfahrensind zum Teil noch nicht abgeschlossen,

Die Bearbeitung der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsmitteilungen durch diePolizei ist so zeitnah zu gestalten, daß dies im ISA auch frühzeitig gelöscht bzw.die Speicherdauer vermerkt werden kann.

— Bereinigung der Staatsschutzkartei in Bremerhaven

Bei einer Prüfung der Ortspolizeibehörde Bremerhaven stellte der Landesbeauf-tragte fest, daß in der Staatsschutzkartei Personen aufgenommen waren, derenSpeicherung nicht von den Aufgaben- und Befugnisnormen der Polizei gedecktwar.

Inzwischen ist die Staatsschutzkartei im 5. Kommissariat bereinigt und die Spei-cherung auf solche Personen beschränkt worden, deren Aufnahme in die Karteizur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist.

— Speicherung von Tatvorwürfen anläßlich von Demonstrationen

Zwei Bremer Mitglieder der Deutschen Friedensunion erfuhren von gegen siegeführte Ermittlungen im Zusammenhang mit Friedensdemonstrationen erst, alssie gemäß § 34 Bremisches Polizeigesetz beim Stadt- und Polizeiamt um Auskunftüber möglicherweise über sie gespeicherte Daten baten. Gegen beide war imDezember 1983 wegen Nötigung und Verstoßes gegen § 25 des Versammlungs-gesetzes ermittelt und die Akte an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden,ohne daß die Betroffenen davon wußten. Selbst von der Einstellung des Verfah-rens gemäß § 153 StPO wegen Geringfügigkeit in einem Fall erhielt der Betroffenekeine Kenntnis, hinterläßt allerdings im polizeilichen Informationssystem eine

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„Datenspur", da der Vorgang erst für das Jahr 1989 zur Prüfung und Aussonde-rung vorgemerkt ist.

Zu diesem Sachverhalt ist zunächst anzumerken, daß seit der Reform der Straf-prozeßordnung in den 70er Jahren die Möglichkeit besteht, Verfahren gegenBeschuldigte vor Erhebung der Klage einzustellen, ohne daß der Beschuldigte vonErmittlungen gegen ihn oder von einer Einstellung des Verfahrens unterrichtetwerden muß (vgl. § 170 Abs. 2 StPO).

In kriminalpolizeilichen personenbezogenen Sammlungen bleibt allerdings bei-spielsweise ein Ermittlungsvorgang, von dessen Verfolgung gemäß § 153 StPOwegen Geringfügigkeit abgesehen wurde, grundsätzlich fünf Jahre gespeichert.

Der Landesbeauftragte ist der Auffassung, daß bei Verfahren dieser Art zum einender Verzicht auf das rechtliche Gehör des Betroffenen, zum anderen die länger-fristige Speicherung im Informationssystem der Polizei problematisch ist.

Das Recht des Bürgers auf „informationeile Selbstbestimmung" erfordert Trans-parenz der Datenerfassung und -Verarbeitung in diesen Bereichen. Daher ist esnotwendig, die Regelungen der Aufbewahrungsdauer in den Richtlinien für dieFührung Kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KpS-Richtlinien)sowie den dazu ergangenen Ausfüllungserlaß zu überdenken und derartige Fall-konstellationen auch bei der Erarbeitung bereichsspezifischer Datenschutzregelun-gen im Strafverfahrensrecht mit zu berücksichtigen. Aufgrund derartiger Fall-gestaltungen, in denen der Bürger nicht in der Lage ist darzustellen, ob er dieseTat begangen hat und selbst wenn er sie begangen hätte, sie nach § 153 StPOwegen Geringfügigkeit eingestellt worden wäre, regt der Landesbeauftragte an,die Speicherdauer in den KpS-Richtlinien auf zwei Jahre zu verkürzen.

— Einsatz von Video-Kameras an Kontrollstellen zu Verkehrslenkungs- bzw. zuLehrzwecken bei Großdemonstrationen etc.

Der gerade bei Großdemonstrationen vermehrt zu beobachtende Einsatz vonVideo-Kameras veranlaßte den Landesbeauftragten, an den Senator für Innereseine Anfrage über deren Einsatz und die Dauer der Aufbewahrung, Verwendungund Weitergabe von Aufzeichnungen zu richten.

Die Anwendungen von Video-Kameras sind vielfältiger Art und umfassen nebender Verkehrsüberwachung, Dokumentation bedeutsamer (Groß-)Ereignisse auchdie Beweissicherung im Rahmen der Strafverfolgung, Identifizierung von Verdäch-tigen und Beschuldigten sowie die Heranziehung von Aufzeichnungen zur Beweis-sicherung für die Zwecke des Erkennungsdienstes.

Aus der Antwort des Senators für Inneres geht nicht deutlich hervor, ob Auf-zeichnungen, die für einen bestimmten Zweck angefertigt wurden, auch allein fürdiesen Zweck verwendet werden oder ob unter Umständen später eine andereVerwertung in Betracht kommen kann, wenn sich ein Bedarf herausstellen sollte(Beispiel: Aufnahmen zu Dokumentationszwecken werden zur Identifizierung vonVerdächtigen herangezogen).

Der Landesbeauftragte vertritt die Auffassung, daß Informationen, die nicht zumZweck personenbezogener Verarbeitung erhoben worden sind, nur bei Vorliegenenger Voraussetzungen personenbezogen verwertet werden dürfen, etwa zurAbwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr oder zur Bekämpfung der in§ 138 StGB genannten Straftaten.

— Arbeitskreis „Bereichsspezifische Datenschutzregelungen im Polizeirecht undStrafverfahrensrecht"

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben in einem Arbeits-kreis unter Vorsitz des Bremer Landesbeauftragten einen internen Entwurf be-reichsspezifischer Datenschutzregelungen im Polizeirecht erarbeitet und auf derGrundlage dieses Regelungsentwurfes allgemeine Anforderungen an Datenschutz-regelungen im Polizeirecht aufgestellt.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat am24. Januar 1985 den als Anlage 3 abgedruckten Beschluß gefaßt.

Der Landesbeauftragte ist der Auffassung, daß eine Novelle des BremischenPolizeigesetzes dann sinnvoll ist, wenn sich in anderen Ländern eine Regelungabzeichnet, die in Bremen zu Verbesserungsüberlegungen Anlaß geben kann.

Der Arbeitskreis wird sich auf den nächsten Sitzungen mit bereichsspezifischen

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Datenschutzregelungen der Verfassungsschutzgesetze, des Bundesgrenzschutz-gesetzes (BGSG), des Gesetzes über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizei-amtes (BKAG) und im Strafverfahrensrecht befassen.

— Informationssystem der Polizei „ISA"

Im 6. Jahresbericht wurde das Informationssystem der Polizei „ISA" unterPkt. 5.3.1.4 vorgestellt und auf die zum Zeitpunkt des Einsatzes —im Januar 1984 —fehlende Errichtungsanordnung, Dokumentation und Freigabebescheinigung hin-gewiesen.

Die Errichtungsanordnung ist dem Landesbeauftragten im März 1984 mit der Bitteum Stellungnahme übersandt worden, und er hat im Mai 1984 im Rahmen einermündlichen Besprechung zu den nachfolgenden Regelungen Bedenken geäußert:

— Betroffener Personenkreis

In die Datei ISA werden u. a. neben Beschuldigten im Rahmen eines strafrecht-lichen Ermittlungsverfahrens und Tatverdächtigen auch gefährdete Personen,Anzeigeerstatter, Hinweisgeber, Zeugen, Geschädigte/Opfer sowie Personen auf-genommen, die in die Aufnahme in ISA eingewilligt haben. Außerdem werdensog. „andere Personen" gespeichert, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunktedie Annahme rechtfertigen, daß dies zur Aufklärung oder vorbeugenden Bekämp-fung schwerwiegender Straftaten, zur Ergreifung von zur Festnahme gesuchtenPersonen oder zur Abwehr einer im einzelnen Fall bestehenden erheblichen Ge-fahr erforderlich ist.

Eine Speicherung von Daten z. B. von Hinweisgebern, Zeugen, Anzeigeerstattern,anderen Personen, also nicht Tatverdächtigen, in einem Polizei-Informations-system, das den Direktzugriff ermöglicht, wirft datenschutzrechtlich die Frage auf,inwieweit dies für unbescholtene Bürger zumutbar ist. Zwar können nach denbundeseinheitlichen und vom Senator für Inneres am 20. Februar 1981 in Kraftgesetzten Richtlinien für die Führung Kriminalpolizeilicher personenbezogenerSammlungen (KpS-Richtlinien) Einzelangaben über persönliche und sachliche Ver-hältnisse dieser Personen aufgenommen werden, jedoch soll der Umfang des zuspeichernden Personenkreises im Rahmen einer grundlegenden Erörterung überdie KpS-Richtlinien zwischen dem Senator für Inneres und dem Landesbeauftrag-ten aufgegriffen werden. Der Landesbeauftragte weist in diesem Zusammenhangdarauf hin, daß beispielsweise nach den Dateienrichtlinien des Bundes gemäßNr. 4.2.10 die Aufnahme von Anzeigeerstattern, Hinweisgebern und Zeugen nurim Rahmen zeitlich befristet geführter Spurendokumentationssysteme vorgesehenist.

— Übermittlung der Daten

Die zunächst nach der Errichtungsanordnung der Schutz- und Kriminalpolizei ein-geräumte Möglichkeit, orientiert am Grundsatz der Erforderlichkeit den gesamtenDatenbestand abzufragen, ist aufgrund der vom Landesbeauftragten geäußertenBedenken eingegrenzt worden. Im Rahmen der Sachbearbeitung haben das Stadt-und Polizeiamt Bremen, die Ortspolizeibehörde Bremerhaven, das Landeskrimi-nalamt Bremen und die Wasserschutzpolizei Bremen Zugriff auf den Gesamt-datenbestand, während beim ersten Angriff nur die Personen-, Fall- und Ord-nungsdaten von Beschuldigten/Tatverdächtigen abgerufen werden können.

— Protokollierung der Zugriffe auf die DateiEine Protokollierung war ursprünglich in der Errichtungsanordnung nicht vor-gesehen. Der Landesbeauftragte hielt jedoch eine Protokollierung der Zugriffe aufdie Datei zu Überprüfungszwecken für erforderlich. Hierbei galt es zu berück-sichtigen, die in der Anfertigung von Protokollen liegende Gefahr der Erstellungvon Bewegungsprofilen durch die Polizei auszuschließen. Die nunmehr gefundeneRegelung sieht eine Protokollierung mit Hilfe des IMS-Logbandes im Rechen-zentrum der bremischen Verwaltung vor, für das die Polizei keine Zugriffsberech-tigung besitzt.

— Speicherung sog. AnhaltemeldungenGegen eine Speicherung sog. Anhaltemeldungen im Informationssystem ISA,deren Speicherungsfrist nach Nr. 11.2.6 der Errichtungsanordnung ein halbes Jahrbetragen sollte, erhob der Landesbeauftragte besonders deswegen Bedenken, weilunbeteiligte Bürger erfaßt werden können. Nach dem Bundesverfassungsgerichtist Datenspeicherung auf Vorrat unzulässig. Die Rechtfertigung, daß die Speiche-rung aus kriminalistischen Gründen notwendig sei, ist daher nicht haltbar.

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5.2.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

— Mehrere Bürger fragten an, ob es zulässig sei, daß bei einer Verlängerung desReisepasses dieser zunächst der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaftvorgelegt wird, zumal sie strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten seien.

Nach § 7 Abs. Ib des Gesetzes über das Paßwesen ist der Paß zu versagen,wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Paßbewerber sich einerStrafverfolgung oder Strafvollstreckung, die im Inland gegen ihn schwebt,entziehen will. Um von solchen Tatsachen Kenntnis zu erlangen, fragt die Ver-waltungspolizei vor der Ausstellung oder Verlängerung von Reisepässen beider Kriminalpolizei an, ob derartige Strafverfahren vorliegen. In den Fällen,in denen von der Kriminalpolizei Bedenken geäußert werden, eine Mitteilungerfolgt ohne Angabe der Verfahren oder Straftatbestände, weist die Verwal-tungspolizei den Betroffenen darauf hin und verlangt von ihm eine Bescheini-gung der Staatsanwaltschaft, daß Fluchtgefahr oder andere Versagungsmerk-male nicht bestehen. Eine andere Möglichkeit der Paßbehörde, von Versa-gungsgründen zu erfahren, wird derzeit nicht gesehen. Insoweit ist die Anfragean die Kriminalpolizei zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe der Verwal-tungspolizei nicht zu beanstanden.

— Das Ortsamt Horn-Lehe betrachtete bisher Antragsteller für einen Berechti-gungsschein als Wohnungssuchende und gab ihre personenbezogenen Daten(Namen, Anschrift, Telefonnummer u. a.) an Wohnungsbaugesellschaftenweiter. Das Ortsamt wollte mit dieser Datenweitergabe den Berechtigungs-scheininhabern bei der Wohnungssuche behilflich sein.

Nachdem der Landesbeauftragte dieses Verfahren als datenschutzrechtlich nichtzulässig bezeichnet hat, hat der Senator für Inneres die Ortsämter insgesamtaufgefordert, hiervon Abstand zu nehmen, es sei denn, der Antragsteller hatin eine solche Datenübermittlung eingewilligt.

— Das Ortsamt Osterholz hat den Landesbeauftragten gebeten zu prüfen, ob esdatenschutzrechtlich zulässig sei, vom Amt für Wohnung und Städtebauförde-rung Namen und Anschriften von Mitbürgern in diesem Stadtteil, die aus derDDR umgesiedelt sind, zu erhalten. Zweck dieser Datenübermittlung sollteeine stärkere Integration dieses Personenkreises sein. Die Daten des betrof-fenen Personenkreises befinden sich beim Amt für Wohnung und Städtebau-förderung, weil es sich um Wohngeldempfänger handelt.

Die Auszahlung von Wohngeld stellt eine Sozialleistung nach § 26 SGB I darund unterliegt im Zusammenhang mit den personenbezogenen Daten derAntragsteller dem Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I. Eine Offenbarung ist nurzulässig, soweit der Betroffene im Einzelfall eingewilligt hat oder soweit einegesetzliche Offenbarungsbefugnis vorliegt. Die angestrebten Integrationsbe-mühungen erfüllen nicht die Voraussetzungen der gesetzlichen Offenbarungs-befugnis, so daß die Einwilligung des Betroffenen im Einzelfall vorliegen muß.

— Einem Bundeswehrangehörigen ist die Fahrerlaubnis für verschiedene Klassenvon der Bundeswehr aus gesundheitlichen Gründen nach fachärztlichem Gut-achten entzogen worden. Den Entzug der Fahrerlaubnis hat die Zentrale Militär-kraftfahrstelle Düsseldorf sowohl dem Kraftfahrtbundesamt in Flensburg alsauch der Führerscheinstelle Bremen unter Angabe der Gründe mitgeteilt. DieFührerscheinstelle Bremen hat daraufhin den Bundeswehrangehörigen aufge-fordert, beim Kreiswehrersatzamt eine Bescheinigung zu beantragen, die dienäheren Gründe für den Fahrerlaubnisentzug beschreibt, damit entschiedenwerden kann, ob auch die zivile Fahrerlaubnis entzogen werden muß. Bringtder Betroffene eine entsprechende Mitteilung nicht bei, wird er aufgefordert,sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Nachdem der Amtsarztdes zuständigen Kreiswehrersatzamtes im vorliegenden Fall der Führerschein-stelle Bremen den Sachverhalt geschildert hatte, wurde der Entzug des zivilenFührerscheins nicht notwendig.Der Landesbeauftragte hält dieses Meldeverfahren für unverhältnismäßig,wenn z. B. jemand wegen mangelnder Sehfähigkeit mit Infrarotgeräten beiNacht den Entzug einer Panzerführerscheinklasse hinnehmen muß, was seineEignung zur Führung privater Pkw in keiner Weise beeinträchtigt. Da andiesem Meldeverfahren Stellen des Bundes beteiligt sind, hat der Landesbeauf-tragte dem Bundesbeauftragten den Sachverhalt vorgetragen. Dieser hat mit-geteilt, daß die Zentrale Militärkraftfahrstelle nicht hinreichend beurteilenkann, ob bei Vorliegen gesundheitlicher Gründe, die den Entzug von militäri-

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sehen Fahrerlaubnissen rechtfertigen, auch der Entzug ziviler Fahrerlaubnisseerforderlich ist. Vertreter des zuständigen Bundesministers der Verteidigunghätten jedoch ihre Unterstützung durch den gemeinsamen Beirat für Verkehrs-medizin bei der Erarbeitung entsprechender Dienstanweisungen angeboten.Außerdem habe der Bundesminister für Verkehr zugesagt, aus Gründen derRechtsklarheit eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die als Ergänzung derStraßenverkehrszulassungsordnung die Übermittlung der Entscheidung überdie Entziehung einer Sonderfahrerlaubnis an die zivilen Fahrerlaubnisbehör-den regelt.

— Im Berichtszeitraum erhielt der Landesbeauftragte mehrere Eingaben, die dieSpeicherung personenbezogener Daten bei den Polizeibehörden betrafen. Injedem Fall hat der Landesbeauftragte die Betroffenen auf ihr Recht hingewie-sen, gemäß § 34 Bremisches Polizeigesetz einen Antrag auf Auskunft bzw.Akteneinsicht gegenüber den zuständigen Polizeibehörden zu stellen.

Unabhängig von diesem Auskunftsanspruch eines betroffenen Bürgers bleibtjedoch die Kompetenz des Landesbeauftragten zu prüfen, ob datenschutzrecht-liche Bestimmungen bei der Informationsverarbeitung der Polizei verletzt sind,und darauf hinzuwirken, daß personenbezogene Daten unter Umständen ausden Datensammlungen der Polizei gelöscht bzw. vernichtet werden.

5.3 Rechtspflege und Strafvollzug

5.3.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

Im Bereich der Justiz gibt es einen erheblichen Bedarf an Datenschutzregelungen,der seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsurteilgrundsätzlich auch von den Justizverwaltungen anerkannt wird. Daß hier vor derSchaffung von endgültigen Regelungen noch eine Menge Arbeit zu leisten ist,steht außer Frage. Die Arbeiten sind in einigen Bereichen schon fortgeschritten,zum größten Teil stehen sie aber noch am Anfang. Um nur die wesentlichstenBereiche zu nennen, ist auf die Vorschriften der Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi),Mitteilungen in Strafsachen (MiStra), Richtlinien für das Straf- und Bußgeldver-fahren (RiStBV) bei Gerichten und bei Staatsanwaltschaften und die Berichts-pflichten in Strafsachen (vgl. 4. Jahresbericht, Pkt. 5.2.8.3) hinzuweisen. Auch imBereich des Strafvollzuges und der Bewährungshilfe wird beabsichtigt, die dortgeltenden Regelungen auf ihre datenschutzrechtliche Zulässigkeit hin zu über-prüfen.

5.3.1.1 Regelungen Im Strafvollzug

So hat der Strafvollzugsausschuß der Länder im Oktober 1984 den Bundesministerder Justiz gebeten, Vorschläge für die Änderung des Strafvollzugsgesetzes zuerarbeiten, die den Erfordernissen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zumVolkszählungsgesetz Rechnung tragen. Die Landesjustizverwaltungen wollen denBMJ bei diesen Bemühungen unterstützen. Darüber hinaus soll ein Meinungs- undErfahrungsaustausch über aktuelle Fragen des Datenschutzes im Strafvollzugregelmäßig stattfinden. Schließlich sei noch zu vermerken, daß auch einige Vor-drucke der Vollzugsgeschäftsordnung unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunk-ten überarbeitet werden.

5.3.1.2 Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi)

Die Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) ist eine Verwaltungsvor-schrift, die in Verfahren der streitigen Zivilgerichtsbarkeit und der freiwilligenGerichtsbarkeit die Gerichte anweist, welche Mitteilungen sie im einzelnen vonAmts wegen vorzunehmen haben. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes undder Länder halten eine alsbaldige grundlegende Überprüfung der bundeseinheit-lichen Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) durch die Justizverwal-tungen in Bund und Ländern für erforderlich. Sie haben in ihrem Beschluß vom6./7. Juni 1984 folgende Punkte hervorgehoben:

— Die MiZi sieht in einer Vielzahl von Verfahren die Übermittlung personen-bezogener Daten von den Gerichten der streitigen Zivilgerichtsbarkeit und derfreiwilligen Gerichtsbarkeit an Finanzbehörden, Sozialbehörden, Staatsanwalt-schaften, Standesämter und andere öffentliche Stellen vor. Mitteilungen dieserArt stellen in der Regel einen Eingriff in das nach Artikel 2 Abs. l i. V. mitArtikel l Abs. l GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmungdar und bedürfen deshalb einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage,die den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und Verhältnismäßig-

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keit entsprechen muß. Ein Teil der Mitteilungspflichten läßt sich auf Rechts-vorschriften zurückführen. Für andere Mitteilungspflichten ist eine Rechts-grundlage nicht ersichtlich.

Eine Überprüfung der Rechtsgrundlagen der Mitteilungspflichten muß mit einerÜberprüfung der Erforderlichkeit der Mitteilungen Hand in Hand gehen. Eswird zu prüfen sein, ob nicht manche Mitteilungen angesichts eines veränder-ten gesellschaftlichen Umfeldes und eines Wandels der Verwaltungsaufgabenihren Sinn verloren haben. Soweit Mitteilungen für erforderlich gehaltenwerden, müssen ihre Voraussetzungen und ihr Umfang durch Rechtsvorschriftfestgelegt werden.

— Die bestehende Generalklausel, daß Mitteilungen im Einzelfall auch dann zumachen sind, wenn sie zwar nicht ausdrücklich vorgeschrieben, aber durch einbesonderes öffentliches Interesse geboten sind, bedarf der Überprüfung. Einesolche Klausel darf nicht dazu führen, daß die auf den Einzelfall bezogenenRegelungen und die dort vorgesehenen Beschränkungen umgangen werden.Soweit auf eine Generalklausel nicht verzichtet werden kann, muß auch sie deno. g. verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen.

— Grundsätzlich sollte sich die Übermittlung auf den Tenor der Entscheidungbeschränken. Die Übermittlung von Entscheidungsgründen ist nur zuzulassen,wenn deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung der zu benachrichtigendenBehörde erforderlich ist. Insoweit ist zu prüfen, ob nicht die Übermittlung vonEntscheidungsgründen — in Umkehrung des bisher praktizierten Regel-Aus-nahme-Verhältnisses — auf ausdrücklich geregelte Ausnahmefälle begrenztwerden kann. Wo eine Abwägung im Einzelfall vorgesehen werden muß,sollte sie durch den Richter oder im Rahmen der ihm nach dem RPflegG über-tragenen Aufgaben durch den Rechtspfleger erfolgen.

— Außerdem sollte besonders darauf geachtet werden, daß

— Datenübermittlungen den betroffenen Bürgern im Hinblick auf Inhalt,Adressat und zugrunde liegende Rechtsgrundlage transparent zu machensind,

— übermittelte Daten nur im Rahmen des Zwecks, zu dem sie übermitteltwurden, genutzt werden dürfen (Zweckbindung),

— die notwendigen technisch-organisatorischen Maßnahmen der Datensiche-rung vorzusehen sind und

— die Aufbewahrungsdauer, unter Berücksichtigung auch der Belange derBetroffenen, auf das erforderliche Maß zu beschränken ist.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sind seit längeremdabei, die einzelnen Mitteilungspflichten auf der Grundlage der vorgenanntenKriterien zu durchforsten. Der Landesbeauftragte wird nach Abschluß dieser Ar-beit dem Senator für Rechtspflege und Strafvollzug Änderungsvorschläge unter-breiten.

5.3.1.3 Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder stimmen mit den Landes-justizverwaltungen überein, daß entsprechend den Folgerungen aus dem Urteildes Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz für die vorgesehenenÜbermittlungen eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll. Dazu hat sichder zuständige Unterausschuß der Justizministerkonferenz mit der Frage befaßt,inwieweit die Mitteilungspflichten bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage fürdie Mitteilungen in Strafsachen eingeschränkt werden müssen. Es ist eine Über-gangsregelung erarbeitet worden, die zum 1. April 1985 in Kraft treten soll. Die imEntwurf vorgelegten Übergangsregelungen entsprechen in wesentlichen Grund-sätzen nicht dem Beschluß der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Ländervom 28. November 1983. So wurde z. B. dem Grundsatz der Zweckbindung nichtausreichend Rechnung getragen, da in der Übergangsregelung der Anordnungnach Nr. 3 eine ausdrückliche Bestimmung für die Empfängerbehörden fehlt. DerLandesbeauftragte hält im Hinblick auf die Sensibilität der aufgrund der MiStramitzuteilenden Daten eine ausdrückliche Bestimmung gerade auch für die Über-gangszeit bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für unverzichtbar.

Die Übergangsregelung enthält neben den nach wie vor umfangreichen einzelnenMitteilungsvorgängen in verschiedenen Vorschriften (z. B. Nr. l Abs. 3, Nr. 2

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Abs. 3 und Nr. 3 Abs. 1) Erweiterungsmöglidikeiten. Solche Regelungen stehen imWiderspruch zu dem vom Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhangmehrfach ausgeführten Grundsatz, daß bei nicht verfassungskonformer Rechtslagebis zur Schaffung einer verfassungsgemäßen Regelung nur das zur Aufrechterhal-tung staatlicher Funktionen Notwendige noch vollzogen werden darf.

Der Landesbeauftragte hat bedauert, daß in Nr. 6 der Anordnung, die den Inhaltder Mitteilungen regelt, die datenschutzrechtlichen Anregungen nur zum Teil be-rücksichtigt wurden. Von wenigen Fällen abgesehen, werden neben der Urteils-formel nach wie vor die vollständigen Urteilsgründe mitgeteilt. Nicht verständlichist auch, warum entgegen dem Beschluß der Datenschutzbeauftragten vom 28. No-vember 1983 weiterhin nur im Ausnahmefall vorgesehen ist, daß die Anordnungeiner Mitteilung durch den Staatsanwalt oder Richter erfolgen soll.

Im Ergebnis hat der Landesbeauftragte daher festgestellt, daß, soweit den Forde-rungen der Datenschutzbeauftragten nicht Rechnung getragen wurde, am o. g. Be-schluß der Datenschutzbeauftragten zur MiStra festzuhalten ist. Der Landesbeauf-tragte geht davon aus, daß die vorgesehenen vorläufigen MiStra nur für einekurze Übergangszeit gelten sollen.

5.3.1.4 Richtlinien fUr das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV)

Auch einige Regelungen der RiStBV sind unter datenschutzrechtlichen Gesichts-punkten neu zu überarbeiten. Um eine Vorschrift herauszugreifen, die aufgrundeines Falles aus 1984 Gegenstand der Erörterung mit dem Senator für Rechts-pflege und Strafvollzug war, soll auf die Regelung der Nr. 185a RiStBV eingegan-gen werden. Gegenstand des Verfahrens war, daß ein Referendar aus Baden-Württemberg zu Promotionszwecken die Übersendung verschiedener Strafaktenbegehrt hatte. Nachdem das LKA dem Referendar die verschiedenen Aktenzei-chen mitgeteilt hatte, übersandte die Staatsanwaltschaft die zugehörigen Aktenunter folgenden Auflagen:

über die bei der Akteneinsicht bekanntgewordenen Tatsachen ist Stillschweigenzu wahren. Aufzeichnungen, aus denen sich Rückschlüsse auf einzelne Verfahrens-beteiligte ergeben, dürfen Dritten nicht zugänglich gemacht werden. Akten undevtl. zu fertigende Ablichtungen sind zu Hause in einem Behältnis einzuschließen;die Akten dürfen Dritten nicht zugänglich sein. Die Akten dürfen nicht mit inUrlaub genommen werden.

Bei einer immerhin 91 Seiten umfassenden Akte, bei der das Ermittlungsverfahrennoch nicht abgeschlossen war, wurde gebeten, diese Akte bevorzugt durchzuar-beiten.

Angemerkt sei nur, daß die Überlassung dieser staatsanwaltschaftlichen Akte, beider das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen war, gegen die geltendeRegelung der Nr. 185a Abs. 2 RiStBV verstößt, wonach in vorbereitenden Verfah-ren Akteneinsicht grundsätzlich nicht gewährt wird. Allein aus dem zum Teil rechtumfangreichen Aktenmaterial läßt sich erkennen, in welch hohem Grad sensiblepersonenbezogene Daten darin enthalten sein können.

Der Landesbeauftragte hat gegen die Übersendung von Strafakten für wissen-schaftliche Zwecke nach geltender Rechtslage grundsätzliche Bedenken. Die Rege-lung der Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke nach Nr. 185a RiStBV ent-spricht auch nicht den vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil auf-gestellten Kriterien für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Nach derEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann grundsätzlich jeder Bürgerselbst über die Preisgabe seiner Daten entscheiden. Die Gewährung von Einsichtin staatsanwaltschaftliche Akten durch Dritte stellt einen Eingriff in das allge-meine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. l GG i. V. m. Art. l Abs. l GG dar undtangiert das informationeile Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen. Will mandaher eine Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke zulassen, bedarf es einergesetzlichen Grundlage, die dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muß.Die Nr. 185a RiStBV basiert nicht auf einer solchen gesetzliche Grundlage, siestellt daher auch nicht eine ausreichende Rechtsgrundlage für das derzeitig prak-tizierte Verfahren dar.

Jeder von einem Straf- oder Bußgeldverfahren Betroffene hat einen Anspruchdarauf, daß Informationen über das Verfahren nur in ganz beschränkten Fällenweitergeleitet werden. Nicht umsonst zieht das Bundeszentralregistergesetz engeSchranken bei der Weitergabe von Informationen über Strafverfahren. Auch wer-

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den die Betroffenen wenig Verständnis dafür aufbringen, nach eventuellen Sank-tionen eines Strafverfahrens auch noch ungefragte Objekte der Wissenschaft zuwerden.

Bereits im Beratungsverfahren zu Nr. 185a RiStBV wurde wesentlichen daten-schutzrechtlichen Forderungen der Datenschutzbeauftragten nicht Rechnung ge-tragen. So wurde von diesen bemängelt, daß es bei der Neurelegung des Akten-einsichtsrechts für wissenschaftliche Vorhaben an einer Abwägung mit den schutz-würdigen Belangen der vom Strafverfahren Betroffenen fehle. Weiter wurdemoniert, daß zwar die Akteneinsicht mit Auflagen verbunden werden könne, esfehle jedoch an einer Zweckbindungsregelung. Auch hindere das Verbot derAktenweitergabe nicht ausdrücklich, daß Daten aus dem Inhalt der Akte an Dritteübermittelt würden. Darüber hinaus wurden weitere datenschützende Vorschlägewie z. B. Anonymisierungsregelungen bei der Neugestaltung der Vorschrift nichtberücksichtigt.

Bis zu einer gesetzlichen Regelung hat daher der Landesbeauftragte vorgeschla-gen, vorläufig nur nach dem folgenden Verfahren die Überlassung von Akten-material zuzulassen:

— Eine Überlassung des gesamten Aktenmaterials kann nur mit Zustimmung derBetroffenen gewährt werden.

— Wenn der Betroffene nicht zustimmt, ist nur die Bekanntgabe vorher anonymi-sierten Akten oder Informationen zulässig.

Eine solche Regelung verstößt auch nicht gegen die grundgeseztlich geschützteFreiheit für Wissenschaft und Forschung. Durch die vorgeschlagenen Regelungenwird eine anonymisierte Forschung nicht beeinträchtigt, die personenbezogeneForschung muß sich aufgrund der Grundrechtskollision mit Art. 2 Abs. l und Art. JAbs. l GG (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) auf die Einwilligungbeschränken; Art. 5 Abs. 3 GG wird in seinem Kernbereich gewährleistet.

5.3.1.5 Kein Einsichtsrecht des Gegners Im Prozeßkostenhilfeverfahren(PKH-Verfahren)

Beim Landesbeauftragten gingen wieder Beschwerden wegen möglicher Verstößegegen Datenschutzvorschriften im Rahmen von Prozeßkostenhilfeanträgen ein. Obund inwieweit die Gerichte bei der Bearbeitung von Prozeßkostenhilfeanträgengegen datenschützende Vorschriften verstoßen, kann der Landesbeauftragte zwarnicht überprüfen, da die Gerichte wegen des Prinzips der Gewaltenteilung im Be-reich der Rechtspflege nicht der Kontrolle des Landesbeauftragten unterliegen,§ l Abs. 2, § 20 Abs. l BrDSG, dennoch soll die Gelegenheit genutzt werden, andieser Stelle auf eine erfreuliche Entwicklung in diesem Bereich hinzuweisen.

In früheren Entscheidungen des OLG Bremen aus 1981 (Az. 5 WF 119/81 (a) =66 F 98/81), des BayVerfGH, NJW 82, 672 = JZ 1982, 673 ff. und des OLG Karls-ruhe, NJW 82, 2507 war dem Antragsgegner ein Akteneinsichtsrecht bereits imPKH-Verfahren zugesprochen worden. U. a. wurde die Auffassung vertreten, daßsich die arme Partei und ihr Gegner bereits im armenrechtlichen Prüfungsverfah-ren in einem Spannungsverhältnis befänden, das demjenigen ähnlich sei, in demsich im Urteilsverfahren Kläger und Beklagter gegenüberständen; dem Gegnerdürfe daher das rechtliche Gehör nicht versagt werden, weil es bei der Prüfungder Aussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung derarmen Partei wesentlich sein könne, was er vorzubringen habe.

Die prozeßkostenhilfebeantragende Partei muß in der Erklärung nach § 117 Abs. 2ZPO n. F. detailliert ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse offen-legen, die folglich auch dem Gegner zugänglich werden. Kritische Stimmen hierzu(vgl. Holch, NJW 81,151) hatten bereits auf das Problem hingewiesen. Damit stellesich das vom Gesetzgeber nicht gesehene Problem des Persönlichkeitsschutzes derPKH-beantragenden Partei.

In seiner Entscheidung vom 15. November 1983 (vgl. NJW 84, 740) hat der BGHzu §§ 117 Abs. 2, 118,299 Abs. l ZPO; Art. 103 Abs. l GG entschieden: Im Prozeß-kostenhilfeverfahren hat der Gegner des Antragstellers kein Anhörungsrecht zuden Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und inso-weit auch kein Recht auf Einsicht in diese Angaben enthaltenden Aktenteile.

Der BGH hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß das PKH-Verfahren außerhalb und innerhalb des Zivilprozesses nach den gesetzlichen Re-

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gelungen der ZPO ein nichtstreitiges, seinem Charakter nach der staatlichen Da-seinsfürsorge zuzurechnendes Antragsverfahren sei, in dem sich als Beteiligtenur der PKH-Antragsteller und das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüberste-hen. Auch werde in § 117 Abs. 2 ZPO nur der antragstellenden Partei aufgegeben,eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzuge-ben sowie entsprechende Belege vorzulegen. Eine Anhörung des Gegners hierzusei nicht angeordnet. Im Rahmen von § 118 Abs. l S. l ZPO sei vor Vorbewilligungder PKH dem Gegner nur eine Stellungnahme zu den sachlichen Voraussetzungen,nämlich zur Frage der Erfolgsaussicht und zur Frage einer etwaigen Mutwilligkeitder beabsichtigten Rechtsverordnung oder Rechtsverteidigung, zugestanden. Da-gegen stehe dem Gegner des Antragstellers im PKH-Verfahren kein Anhörungs-recht bei der vom Gericht weiter vorzunehmenden Prüfung zu, ob die persönlichenund wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei die Bewilligung von PKH rechtfertig-ten. Nur insoweit aber, als dem Gegner eines Antragstellers im PKH-Verfahrenein Anhörungsrecht zustehe, sei ihm ein Akteneinsichtsrecht zuzubilligen. Wegender weiteren Ausführungen vgl. Begründung der oben genannten BGH-Entschei-dung.

5.3.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

Aufgrund der datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die generelle und regel-mäßige Anfrage beim Sozialamt sowie bei der Kriminalpolizei bei Anträgen Straf-gefangener auf Hafturlaub waren in einem anderen Bundesland datenschutzrecht-liche Bedenken geäußert worden. Nach Auskunft des Senators für Rechtspflegeund Strafvollzug ist es in Bremen nicht Praxis, im Falle der Gewährung von Lok-kerungen oder Urlaub an Strafgefangene Urlaubsanschriften bzw. Bezugspersonenvon anderen Behörden überprüfen zu lassen.

Auf Anfrage des Landesbeauftragten hat der Senator für Rechtspflege und Straf-vollzug mitgeteilt, daß die Strafvollzugsanstalten den Schriftwechsel zwischenStrafgefangenen und dem Datenschutzbeauftragten nicht generell kontrollieren,sondern nur auf besondere Anordnung. In den wenigen Fällen beschränke sichdie Maßnahme auf eine sog. „Sichtkontrolle", d. h. der Brief werde daraufhin un-tersucht, ob unerlaubte Gegenstände darin enthalten seien. Der Schriftwechselzwischen Strafgefangenen und dem Datenschutzbeauftragten sowie anderen Be-hörden werde nicht kontrolliert.

Aufgrund zweier Beschwerden von Häftlingen hatte sich der Landesbeauftragtemit dem Verfahren der Verwendung von Paketmarken in der JVA Oslebshausenauseinanderzusetzen. In einem Falle wurde die Zeitschriftensendung des Verla-ges Time-Life wegen fehlender Paketmarken nicht angenommen, in dem anderenFall wurde die Herausgabe einer Paketmarke zum Empfang eines Geburtstags-paketes nur deshalb verweigert, weil der Betroffene nicht bereit war, die volleAdresse seiner Verlobten auf den dazugehörigen Antrag zu schreiben. Als Grundseiner Weigerung gab der Betroffene an, daß er vermeiden möchte, daß Mitinsas-sen die Adresse seiner Verlobten bekannt würde. Aus eigener Erfahrung wisseer, daß die Anträge auf der Kammer nicht von Beamten, sondern ausschließlichvon Insassen bearbeitet würden. Insbesondere auch zum Schutz seiner Verlobtenhabe er daher auf ein Geburtstagspaket verzichtet.

Um ein Paket von Dritten zu erhalten, seien es Bekannte, Verwandte oder Firmen,muß der Gefangene an den Absender eine sog. Paketmarke schicken. Die Paket-marke wird von der Justizvollzugsanstalt ausgegeben. Um eine Paketmarke zuerhalten, müssen Angaben zum Übersender wie zum Inhalt des Paketes gemachtwerden. Die Paketmarke selbst enthält nur den Aufdruck „Paketmarke" und einefortlaufende Nummer.

Bei den Justizvollzugsanstalten eingehende Pakete und Päckchen werden nur an-genommen, wenn sie mit einer Paketmarke versehen werden, andere Paketewerden ungeöffnet an den Absender zurückgeschickt. Die Paketmarken werdenin einem eigens dafür angelegten Buch ausgetragen. Bei Eingang einer Paketsen-dung in der JVA wird das Paket geöffnet und der Inhalt dahingehend überprüft,ob dieser mit den von dem Gefangenen gemachten Angaben übereinstimmt.

Die zu § 33 StVollzG ergangenen Verwaltungsvorschriften sehen in einer Kann-Vorschrift die Einführung von Paketmarken vor. Entscheidungen des OLG Bremenund des Bundesverfassungsgerichts haben die generelle Zulässigkeit der Verwen-dung von Paketmarken festgestellt. Die Verwendung von Paketmarken im Straf-vollzug verstößt zwar nicht unmittelbar gegen die Bestimmungen des BremischenDatenschutzgesetzes, dennoch hält der Landesbeauftragte die ausnahmslose Ver-

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pflichtung zur Verwendung von Paketmarken für datenschutzrechtlich bedenk-lich. Da es Paketmarken in anderen gesellschaftlichen Bereichen nicht gibt, ist derStrafgefangene in der Regel gezwungen, bei der Bestellung u. ä. gegenüber Drit-ten seine Identität als Insasse einer Vollzugsanstalt preiszugeben. Dieses Ergeb-nis ist insofern fragwürdig, als einerseits die Volzugsanstalt keinerlei Auskünfteüber den Gefangenenstatus eines Betroffenen geben darf, andererseits aber derGefangene selbst gezwungen wird, Dritten seinen Status preiszugeben. Es istauch nicht ausgeschlossen, daß manche Firmen bei Bekanntwerden des Statusals Strafgefangener diesen speichern könnten. Zumindest die Befürchtung einerderartigen Verfahrensweise kann den einen oder anderen Strafgefangenen da-durch in seiner Verhaltensweise einschränken.

Die Länder Berlin und Hamburg wickeln den Paketverkehr ohne Paketmarken ab.Der Landesbeauftragte hat den Senator für Rechtspflege und Strafvollzug gebeten,die Verwendung von Paketmarken neu zu überdenken, wenigstens aber Ausnah-men zuzulassen.

5.4 Bildungswesen

5.4.1 Ergänzung des bremischen Schulrechts um bereichsspezifische Datenschutz-regelungen

Der Landesbeauftragte hatte in seinem 6. Jahresbericht (Pkt. 5.5.2.1) angeregt,das bremische Schulrecht um bereichsspezifische Datenschutzregelungen zu er-gänzen, um bestehende Regelungslücken und Vollzugsunsicherheiten datenschutz-rechtlicher Art zu beseitigen. Der Senat hat in seiner Stellungnahme zu diesemBericht der Anregung des Landesbeauftragten zugestimmt. Die Bremische Bürger-schaft hat sich dieser Anregung ebenfalls angeschlossen. Der Senator für Bildung,Wissenschaft und Kunst hat im Berichtsjahr erste Gesetzesformulierungen vorge-legt und mit den Abstimmungsgesprächen begonnen, an denen auch der Landes-beauftragte beteiligt ist. Die Beratungen waren am Ende des Berichtsjahrs nochnicht abgeschlossen.

Bei den Überlegungen zur Ergänzung und Präzisierung der datenschutzrechtlichenRegelungen für den Schulbereich muß man von den Anforderungen ausgehen, diedas Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil entwickelt hat. Da-nach gelten für den Schulbereich folgende Grundsätze:

— Bei jeder Erhebung und jeder Verwendung personenbezogener Daten ist dasRecht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten.

— Für die zwangsweise Datenerhebung und Datenverarbeitung sind grundsätz-lich bereichsspezifische, d. h. schulrechtliche Regelungen erforderlich, die demrechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit und dem Grundsatz der Verhält-nismäßigkeit entsprechen müssen. Das bedeutet, daß

— der Katalog der zu erhebenden Daten auf das zur Erreichung des festgeleg-ten Zwecks notwendige Minimum beschränkt ist,

— das Erhebungsverfahren möglichst wenig belastend ist,

— die erhobenen Daten nur für den angegebenen Zweck verwendet werdendürfen und die zugelassenen Datenübermittlungen explizit genannt seinmüssen,

— ein amtshilfefester Schutz gegen Zweckentfremdung der gespeicherten Da-ten gewährleistet ist und

— eine ausreichende Aufklärung der Betroffenen über Erhebungszweck undVerwendungszusammenhang sichergestellt ist und weitere grundrechtssi-chernde technisch-organisatorische Maßnahmen vorgesehen sind.

— Einer zwangsweisen Datenerhebung stehen die Fälle gleich, in denen

— es zu den Obliegenheiten des Betroffenen gehört, Auskünfte im Zusammen-hang mit Leistungen zu erteilen, von denen er abhängig ist,

— die Datenerhebung ohne Wissen und Wollen des Betroffenen erfolgt (z. B.heimliche Beobachtung, Befragung Dritter), weil der Wille des Betroffenenvon vornherein ebenso wie bei der zwangsweisen Datenerhebung bewußtnicht berücksichtigt wird,

— zum Teil sensitive personenbezogene Daten erhoben werden wie z. B. An-gaben über die Gesundheit, geistig-seelische Verfassung etc.,

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— zwangsweise erhobene personenbezogene Daten für andere als bei der Er-hebung angegebene Zwecke verwendet werden.

Aus der Sicht des Datenschutzes wären danach im bremischen Schulrecht folgendeSachverhalte regelungsbedürftig:

— Erhebung, Speicherung und sonstige Nutzung bzw. Verwendung personenbe-zogener Daten durch Schule und Lehrer

Die Datenerhebung, Datenspeicherung und sonstige Datennutzung bzw. Daten-verwendung durch die einzelnen Schulen und Lehrer bedürfen einer umfassendenRegelung. Im Vordergrund stehen hierbei die Daten der Schüler und ihrer Er-ziehungs- bzw. Sorgeberechtigten. Betroffene sind allerdings auch die Lehrer undevtl. Schulpersonal, die einer Schule zur Ausbildung oder zum Einsatz zugeteiltsind.

Die Datenerhebung, Datenspeicherung und sonstige Datennutzung bzw. Daten-verwendung sollte einer Zweckbindung (z. B. zur Erfüllung des Unterrichts- undErziehungsauftrages der Schule, zur Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte nachdem Bremischen Schulverwaltungsgesetz, zur Schul- und Bildungsplanung, zuschulstatistischen Zwecken) unterworfen werden. Der Datenumf ang sollte — diffe-renziert nach den betroffenen Personengruppen — auf das zur Aufgabenerfüllungerforderliche Maß begrenzt und nach Möglichkeit im Gesetz selbst, zumindest aberdurch Rechtsverordnung festgelegt werden. Besonderer Überlegung bedarf es hier-bei für solche Daten, die sich auf die Leistung, auf das Verhalten und auf gesund-heitliche oder auf psychologische Phänomene beziehen. Andere als im Gesetzoder in der Rechtsverordnung genannte Daten dürfen von der Schule oder denLehrern nur mit ausdrücklicher Einwilligung erhoben und gespeichert werden,wobei aus der Verweigerung der Einwilligung keine Nachteile für den Betroffenenerwachsen dürfen. Die Datenerhebung sollte grundsätzlich bei den Betroffenenoder — soweit rechtlich zulässig — durch Datenübermittlung von anderen Stel-len erfolgen. Datenerhebung am Betroffenen vorbei oder durch heimliche Be-obachtung sollte ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Mit dem Eindringen von Mikrocomputern, Personalcomputern, Textsystemen etc.in die Schulen und in die privaten häuslichen Bereiche der Lehrer und Schülerwird auch die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten auf die-sen Geräten möglich. Die Speicherung und Verwendung dienstlicher Daten aufeigenen Rechner- bzw. Textsystemen oder privater personenbezogener Daten aufdienstlichen Rechnern bzw. Textsystemen sollten grundsätzlich verboten werden.Wenn für Lehrer ausnahmsweise die Speicherung und Verwendung dienstlicherDaten (z. B. Schülernoten) auf eigenen Rechnern oder Textsystemen gesetzlichzugelassen werden soll, dann nur mit vorheriger Genehmigung durch den Schul-leiter und unter Aufrechterhaltung der datenschutzrechtlichen Kontrolle.

— Übermittlung von Daten durch Schule und Lehrer

Die Übermittlung von Daten umschließt auch die Erteilung von Auskünften bzw.Beantwortung von Auskunftsersuchen. Die Zulässigkeit der Übermittlung per-sonenbezogener Daten durch die Schulen und Lehrer sollte differenziert geregeltwerden nach den verschiedenen Datenempfängern, und zwar nach der Datenüber-mittlung

— an andere Schulen und Schulbehörden

— an andere öffentliche Stellen und an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaf-ten

— an nicht-öffentliche Stellen und Privatpersonen.

Der Datenumf ang, der übermittelt werden darf, sollte je nach Datenempfängerunterschiedlich sein. Sämtliche Daten — zwangsweise und auf freiwilliger Grund-lage erhobene und gespeicherte Daten — könnten innerhalb des Schulbereichs,d. h. von Schule zu Schule oder von Schule zu Schulbehörde übermittelt werden,soweit dies zur Aufgabenerfüllung jeweils erforderlich ist. Diese Datenübermitt-lung ist zweckgebunden an die Aufgabenerfüllung der Schulen und Schulbehör-den und auf das hierzu erforderliche Maß begrenzt. Eine Weitergabe von Dateninnerhalb einer Schule z. B. an Personalräte, Elternvertretungen, Schülervertre-tungen darf nur zweckgebunden im erforderlichen Umfang erfolgen.

Die Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen und an öffentlich-rechtlicheReligionsgesellschaften sollte ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn die Daten

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zur Erfüllung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erforderlich sind (z. B.Datenübermittlung an das Landesamt für Ausbildungsförderung, Datenübermitt-lung an Strafverfolgungsbehörden und Gerichte). Der Datenumfang ist in jedemFall geringer als in der ersten Fallgruppe. Eine absolute Übermittlungsschrankesollte eingreifen, wenn durch die Datenübermittlung der schulische Auftrag be-einträchtigt werden würde. Eine besondere Archivklausel könnte die Übermitt-lung von Daten und Unterlagen an das Staatsarchiv in Bremen bzw. das Stadt-archiv in Bremerhaven regeln. Die Datenübermittlung an nicht-öffentliche Stellenund Privatpersonen sollte grundsätzlich nur mit Einwilligung der Betroffenenzulässig sein und sich auf Einzelfälle beziehen; regelmäßige Datenübermittlungenwären danach also unzulässig.

Dem Transparenzgedanken entsprechend sollten die Datenübermittlungen do-kumentiert bzw. protokolliert werden. Das bedeutet im Grundsatz Schriftlichkeitder Erledigung und zwingt bei mündlichen bzw. telefonischen Auskünften zuschriftlichen Aufzeichnungen.

— Zentrale Schülerdateien und Lehrerdateien der Stadtgemeinden

Der Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst führt für den Bereich der Stadt-gemeinde Bremen eine zentrale Schülerdatei und eine zentrale Personal- undStellendatenbank der Lehrer. Der Landesbeauftragte hat in seinem 6. Jahresbe-richt die Zulässigkeit der Einrichtung und Nutzung der individualisierten Schüler-datei zentral beim Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst in Frage gestellt.Der Gesetzgeber sollte diese Frage entscheiden und dabei berücksichtigen, daßin der Behörde des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst sowohl Landes-wie auch Kommunalaufgaben zusammenfallen. Die Einrichtung und Nutzung zen-traler Schülerdateien sollte — wenn überhaupt — nur der kommunalen Schulbe-hörde für ganz bestimmte Zwecke mit ganz bestimmtem Datenumfang (z. B. keineVerhaltens-, Leistungs- und Gesundheitsdaten) erlaubt sein — sofern die kom-munalen Aufgaben von den Landesaufgaben funktional und organisatorisch klarund eindeutig abgegrenzt werden. Derzeit ist dies in Bremen nicht der Fall. FürBremerhaven stellt sich dieses Problem in dieser Form nicht, da es innerhalb derMagistratsverwaltung ein eigenständiges Schulamt gibt und zentrale Schüler-dateien nicht vorhanden sind.

Sollte der Landesgesetzgeber die Einrichtung und Nutzung zentraler Schüler-Individual-Dateien für kommunale Schulverwaltungszwecke zulassen, dann müßteer den Datenumfang bestimmen und entscheiden, wer unter welchen Vorausset-zungen Zugang zu diesen Individual-Daten haben soll. Damit steht die Frage derDatenübermittlungen und der automatisierten Datenabrufe/On-line-Abrufe zurDiskussion. Aus der Sicht des Datenschutzes sollten regelmäßige Datenübermitt-lungen (im Wege des automatisierten Direktabrufs oder in der Form des regel-mäßigen Datenträgeraustauschs) nicht zugelassen werden. Allenfalls könntenDatenübermittlungen im Einzelfall akzeptiert werden. Im Zusammenhang mit die-sen Fragen müßte sich der Gesetzgeber ferner mit dem Problem des Datenab-gleichs beschäftigen (Abgleich zwischen den zentralen Schüler-Individual-Dateienmit anderen Dateien wie z. B, dem Melderegister zur Kontrolle der Schulpflicht).

Ähnliche Fragestellungen und Probleme muß der Gesetzgeber auch hinsichtlichder Erhebung, Speicherung, Übermittlung und sonstigen Nutzung bzw. Verwen-dung von Lehrer-Individual-Daten erörtern. Nach der derzeitigen Rechtslage imLande Bremen sind die beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven An-stellungskörperschaften für die Lehrer. Beide Kommunen benötigen dabei natür-lich die Daten und Unterlagen, die im Rahmen einer normalen und ordnungsge-mäßen Personalsachbearbeitung notwendig sind. Insoweit ergibt sich für Lehrernichts Besonderes gegenüber anderen Beschäftigtengruppen, d. h. die Frage derZulässigkeit der Datenerhebung, Datenspeicherung, Datenübermittlung und son-stigen Datennutzung bzw. Datenverwendung unterscheidet sich nicht und könnte— sofern gesetzliche Regelungslücken bestehen — für alle Beschäftigtengruppengemeinsam gelöst werden (z. B. im Bremischen Beamtengesetz, Bremischen Da-tenschutzgesetz oder Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetz). Die lehrerspezi-fische Datenerhebung, Datenspeicherung, Datenübermittlung und sonstige Daten-nutzung bzw. Datenverwendung (z. B. Lehrereinsatzplanung) sollten jedoch imSchulrecht geregelt werden, sofern so etwas überhaupt zugelassen werden soll.Bis zu einer gesetzlichen Regelung oder in Ergänzung dazu könnten Dienstver-einbarungen bestehende Regelungslücken schließen und die Besorgnisse der be-troffenen Lehrer und ihrer Personalvertretungen abbauen.

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— Datenerhebung und Datenverarbeitung durch den Schulärztlichen und Schul-psychologischen Dienst

Nach dem Bremischen Schulgesetz (z. B. §§ 23, 34, 36J und dem Bremischen Schul-verwaltungsgesetz (§ 14) werden schulärztliche, schulzahnärztliche oder schul-psychologische Untersuchungen durchgeführt. Welche Daten dabei erhoben undgespeichert werden dürfen, wie lange sie aufbewahrt und benutzt werden dürfenund an wen sie evtl. übermittelt werden dürfen, ist nicht geregelt.

Bei diesen Daten handelt es sich um besonders sensitive Daten, die einer beson-deren, strafrechtlich bewehrten Schweigepflicht unterliegen (§ 203 StGB). Nur inwenigen, gesetzlich geregelten Fällen ist es zulässig, ohne Einwilligung des Be-troffenen diese Schweigepflicht zu durchbrechen, d. h. derartige Daten zu offen-baren. Eine Pflicht, ärztliche oder schulärztliche Bescheinigungen vorzulegen oderschulärztliche, schulzahnärztliche bzw. schulpsychologische Untersuchungen übersich ergehen zu lassen, muß als besonders gravierender Grundrechtseingriff vomGesetzgeber nach Art, Umfang, Anlaß und Zweck genau geregelt werden. Dasgleiche gilt für die damit verbundene Erhebung, Speicherung, Übermittlung undsonstige Nutzung bzw. Verwendung personenbezogener Daten. Dem Zweckbin-dungsprinzip, d. h. dem Verbot, die erhobenen und gespeicherten Daten für andereals die Erhebungszwecke zu verwenden, kommt hier eine besondere Bedeutungzu. Das Einsichtsrecht in Unterlagen und Akten und die Aufbewahrungsfrist derDaten und Unterlagen sind weitere regelungsbedürftige Punkte.

— Datenerhebung und Datenverarbeitung für wissenschaftliche Forschungsvor-haben (wissenschaftliche Zwecke)

Die Datenerhebung und Datenverarbeitung für wissenschaftliche Forschungsvor-haben bzw. Zwecke wird derzeit noch — unzulänglich — im Erlaßwege geregelt.Dies reicht als Regelungsgrundlage nicht mehr aus. Der Landesgesetzgeber solltezumindest die Rahmenbedingungen für die Datenerhebung und Datenverarbei-tung zu wissenschaftlichen Zwecken bzw. für wissenschaftliche Forschungsvorha-ben in den Schulen festlegen. Im Schulrecht sollten dabei mindestens folgendePunkte geregelt werden:

— Jede Datenerhebung und Datenverarbeitung für wissenschaftliche Zwecke bzw.für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben in Schulen bedarf der vorheri-gen Genehmigung durch den Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst.Das muß auch für Schulen der Stadtgemeinde Bremerhaven gelten. Die Geneh-migung sollte nur erteilt werden, wenn ein erhebliches pädagogisch-wissen-schaftliches Interesse anzuerkennen ist und der Erziehungs- und Unterrichts-auftrag der Schule dadurch nicht unangemessen beeinträchtigt wird.

— Die personenbezogene Datenerhebung und Datenverarbeitung bedarf der vor-herigen schriftlichen Einwilligung der Betroffenen, Das Auswerten z. B. derSchullaufbahnakten, schulärztlichen oder schulpsychologischen Unterlagen,Akten oder dgl. ohne Einwilligung der Betroffenen wäre danach unzulässig.

— Die erhobenen und gespeicherten Daten unterliegen einer strikten Zweckbin-dung. Für andere Zwecke, auch andere Forschungsvorhaben, dürfen diese Da-ten nicht verwendet werden. Jegliche Datenübermittlung ist zu untersagen.Veröffentlichungen, Forschungsberichte u. ä. dürfen lediglich nicht-personen-bezogene (anonyme) Verarbeitungsergebnisse enthalten.

— Spätestens nach Abschluß des Forschungsvorhabens sind die personenbezo-genen Daten zu löschen, die entsprechenden Unterlagen und Materialien zuvernichten. Weitere Details zum Genehmigungsverfahren, zur Verpflichtungauf das Datengeheimnis und zu den zu treffenden technisch-organisatorischenDatensicherungsmaßnahmen könnten durch eine Rechtsverordnung geregeltwerden.

— Datenerhebung und Datenverarbeitung für Zwecke der Schul- und Bildungs-planung sowie Schulstatistik

Die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten überSchüler, Erziehungsberechtigte, Lehrer und sonstiges Schulpersonal für die ge-nannten Zwecke entbehrt bisher einer ausreichenden rechtlichen Grundlage. Nachden bestehenden datenschutzrechtlichen Vorschriften sind derartige Datenerhe-bungs- und Datenverarbeitungsvorgänge entweder nur mit ausdrücklicher Ein-willigung der Betroffenen oder in anonymisierter Form zulässig, wobei festge-stellt werden muß, daß die tatsächliche Praxis hierbei anders ist.

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Der Gesetzgeber sollte für derartige Erhebungs- und Verarbeitungsvorgänge vomGrundsatz der Anonymität ausgehen. Da Planung und Statistik nicht einzelne Ver-waltungsvorgänge zu lösen haben, sondern lediglich an Gruppenphänomenenund statistischen Ergebnissen ohne Personenbezug interessiert sind, dürfte die-ser Grundsatz in aller Regel ausreichen. Das bedeutet, daß der Schul- und Bil-dungsplaner und der Schulstatistiker den jeweiligen Datenbedarf artikulierenmuß. Bei der Datenbeschaffung sind zwei Wege möglich:

— Spezielle zweckgebundene Datenerhebung bei den Betroffenen (Primärerhe-bung)

— Nutzung bzw. Auswertung vorhandener Verwaltungsdatenbestände (Sekun-därerhebung) .

Primärerhebungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage oder der ausdrückli-chen Einwilligung der Betroffenen. Sekundärerhebungen kollidieren mit demZweckbindungsprinzip. Dieses Prinzip besagt — bezogen auf den schulischenBereich —, daß die für einen bestimmten Verwaltungszweck erhobenen und ge-speicherten Daten über Schüler, Erziehungsberechtigte, Lehrer und sonstiges Schul-personal nur für diesen Verwaltungszweck verwendet werden dürfen. Ihre Nut-zung und Verwertung für andere z. B. statistisch-planerische Zwecke stellt eineDurchbrechung des Zweckbindungsprinzips dar, die ohne gesetzliche Grundlageüberhaupt nicht und mit gesetzlicher Regelung nur ohne Personenbezug zulässigist. Anderenfalls wäre die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Trennungvon Verwaltungsvollzug und Statistik/Planung (informationeile Gewaltenteilung)nicht gewährleistet. Wer zur Schul- und Bildungsplanung bzw. zur Schulstatistikim Lande Bremen befugt sein soll, sollte durch den Landesgesetzgeber explizitfestgelegt werden. Dabei wären auch das Verhältnis zur amtlichen Statistik unddie Geltung des Landesstatistikgesetzes zu klären.

— Betroffenenrechte, Einsichtnahme in Unterlagen und Akten, Geltung des all-gemeinen Datenschutzrechts (BDSG, BrDSG) sowie sonstiger Datenschutzbe-stimmungen

Eine unter Datenschutzgesichtspunkten vorgenommene Novellierung des bre-mischen Schulrechts sollte auch Regelungen über die Einsichtnahme in Unterlagenund Akten (z. B. ärztliche Unterlagen, Schullaufbahnakten) sowie etwaige, überdas allgemeine Datenschutzrecht hinausgehende Auskunfts-, Berichtigungs-, Sper-rungs- und Löschungsansprüche der Betroffenen enthalten. Das Bremische Daten-schutzgesetz muß unabhängig von der Art der Verarbeitung — ob in Dateien oderin Akten — gelten. Die besonderen Schweigepflichten, die im Schulrecht, imBremischen Beamtengesetz, im Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetz bzw. imStrafgesetzbuch normiert sind, sollten ebenfalls weiter gelten.

— Rechtsverordnungs-Ermächtigung für den Senator für Bildung, Wissenschaftund Kunst

Der Gesetzgeber müßte schließlich den Senator für Bildung, Wissenschaft undKunst ermächtigen, durch Rechtsverordnung Regelungen zu treffen, u. a. über

— die Erhebung und Verarbeitung von Daten in zentralen Dateien,

— die Aufbewahrungsdauer und Vernichtung von Unterlagen und Akten,

— die Abgabe von Daten und Unterlagen an das Staatsarchiv Bremen bzw. dasStadtarchiv Bremerhaven,

— die Nutzung bzw. Verwendung von DV-Anlagen in bzw. durch Schulen unddie Verarbeitung dienstlicher Daten auf eigenen Rechnern durch Lehrer.

5.4.2 Datenschutz im Schulunterricht

Während des Berichtszeitraums hat der Landesbeauftragte mehrfach mit der Lan-desbildstelle und dem Senator für Bildung zusammengearbeitet, um den Daten-schutz als Unterrichtsthema für Schulen vorzubereiten. Dabei ging es nicht um dieRealisierung des Datenschutzes im Rahmen der Schulverwaltung. Es geht darum,die Frage zu klären, wie kann die Schule die vielfältigen Wirkungen und Folgen,die mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie im volks-wirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen, rechtlichen, sozialpsychologischen undhistorischen Bereich verbunden sind, aufgreifen und die Schüler auf die veränderteEntwicklung vorbereiten. Die Vermittlung der datenschutzrechtlichen Problem-stellungen an den Schulen kann wohl als anerkannt gelten. Die Zusammenarbeitmit der Landesbildstelle wird fortgesetzt.

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5.4.3 Kurze Darstellung von Problemen und Einzelbeschwerden

— Erst sechs Monate nach Antragstellung erhielt ein Bediensteter gemäß § 26Abs. 2 BDSG Auskunft über die zu seiner Person bei seinem Dienstherrn(Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst) gespeicherten Daten. Die Aus-kunft selber bestand aus einer Bildschirm-Hard-Copy, die folgende Mängelauf wies:

— Es handelte sich nicht um den tatsächlichen Datenbestand, sondern um dasAuswertungsergebnis einer speziellen Transaktion, die somit möglicher-weise nur Teilmengen der Gesamtdaten enthielt.

— Diese Daten waren teilweise verschlüsselt, ihr eigentlicher Inhalt vom Be-troffenen nicht eindeutig erkennbar.

— Darüber hinaus enthielt die Hard-Copy gleiche Angaben über weitere Per-sonen, deren Namen zwar geschwärzt, aus den Restdaten jedoch unschwerzu identifizieren waren.

Der Landesbeauftragte, der von diesem Vorgang durch eine Eingabe erfuhr,hat gegenüber der zuständigen Behörde die gesamte Verfahrensweise und-dauer bemängelt, insbesondere deswegen, weil in den „Allgemeinen Verwal-tungsvorschriften zur Durchführung des Bremischen Datenschutzgesetzes(AVV-BrDSG)" in Ziffer 15 detaillierte Verfahrensregelungen für die Erledi-gung von Auskunftsersuchen enthalten sind, diese nicht eingehalten wurdenund die Mitteilung weiterer, andere Personen betreffende Daten einen Ver-stoß gegen § 24 Abs. l BDSG darstellt. Auf alsbaldige Verfahrensänderungwurde gedrängt. Dies wurde dem Landesbeauftragten schriftlich zugesagt.

Aufgrund einer weiteren Eingabe erfuhr der Landesbeauftragte, daß das Aus-kunftsverfahren mehrere Monate später immer noch nicht umgestellt war.Daraufhin sah sich der Landesbeauftragte genötigt, eine förmliche Beanstan-dung gemäß § 22 Abs. l BrDSG auszusprechen. Daraufhin erst wurde demLandesbeauftragten ein Konzept für die Bearbeitung von Auskunftsersuchenvorgelegt mit dem Hinweis, daß die Erledigung von inzwischen ca. 450 vor-liegenden Auskunftsersuchen aufgrund Personalmangels noch einige Zeit inAnspruch nehmen dürfte. Der Landesbeauftragte erwartet, daß die vorliegen-den Auskunftsersuchen nunmehr unverzüglich bearbeitet werden.

— Dem Landesamt für Weiterbildung gegenüber mußte bemängelt werden, daßdie Verfahren zur Erstellung der bremischen Weiterbildungsstatistik und zurÜberprüfung von Zuschüssen nach dem Weiterbildungsgesetz den datenschutz-rechtlichen Anforderungen nicht genügen.

Für beide Verfahren wird vom Träger der Veranstaltungen verlangt, von denTeilnehmern an Weiterbildungsmaßnahmen einen Teilnehmerfragebogen (fürden Statistikbereich) und eine Teilnehmerllste (Zuschußprüfungsbereich) aus-füllen zu lassen und beide Listen zum Teil in Kopie an das Landesamt weiter-zuleiten.

Datenschutzrechtlich handelt es sich hierbei um Erhebungs- und Übermittlungs-vorgänge, die rechtlich nach den §§ 3, 10 und 11 BrDSG bzw. §§ 3, 9 und 10BDSG (bei öffentlich-rechtlichen Veranstaltungsträgern) bzw. nach den §§ 3, 23und 24 BDSG (bei privaten Veranstaltungsträgern) beurteilt werden müssen.

In beiden Fällen konnte mangels des Vorhandenseins einer Rechtsvorschriftfür Erhebung und Übermittlung nicht nur nicht auf diese hingewiesen werden,es wurde auch nicht hilfsweise die Freiwilligkeit der Angaben betont und eineentsprechende Einwilligung des Betroffenen eingeholt.

Im Statistikbereich wurde inzwischen eine Einigung dahingehend erzielt, daßauf dem Teilnehmerfragebogen eine Kennzeichnung als „freiwillige, anonymeDatenerhebung ausschließlich zum Zwecke der Weiterbildungsstatistik" auf-genommen wird. Nach Ansicht des Landesbeauftragten handelt es sich beidieser anonymisierten Datenerhebung jedoch nur um eine faktische Anonymi-sierung, da über die Veranstaltungsnummer und weitere Angaben (z. B. denTeilnehmerlisten) eine Deanonymisierung möglich wäre. Die Prüfung der Pro-grammunterlagen ergab jedoch, daß zumindest im derzeitigen DV-Verfahrendie Veranstaltungsnummer nur als kursbezogenes Ordnungsmerkmal benutztwird und nicht zum Abgleich mit den Teilnehmerlisten gespeichert wird.

Die Datenerhebung durch die Teilnehmerlisten dürfte für Zwecke des Veran-

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staltungsträgers notwendig sein, bedarf aber dennoch gemäß §§ 3, 9 BDSGbzw. §§ 3,10 BrDSG der Einwilligung des Betroffenen.

Bei öffentlich-rechtlichen Veranstaltungsträgern setzt eine Übermittlung derDaten an das Landesamt jedoch eine Rechtsgrundlage voraus, welche die Auf-gaben des Landesamtes definiert und die Erforderlichkeit einzelner Angabenabschließend regelt (§ 10 Abs. l S. l BDSG bzw. § 11 Abs. l S. l BrDSG), beiprivaten Trägern ebenfalls eine Rechtsgrundlage für das Landesamt, die eineÜbermittlung gemäß § 24 Abs. l 3. Alternative BDSG zuläßt, Eine entsprechen-de Rechtsverordnung liegt zwar im Entwurf vor, berücksichtigt aber nicht dievom Landesbeauftragten gemachten Vorschläge zur Eingrenzung des Daten-umfanges auf den für Rechmingsprüfungszwecke unerläßlichen Umfang.

Diese Problematik ist zur Zeit Gegenstand weiterer Erörterungen des Landes-beauftragten mit den beteiligten Stellen.

— Von verschiedenen Grundschulen in Bremerhaven sind über einen längerenZeitraum hinweg Schulanfängerlisten an Kirchengemeinden weitergegebenworden, dies wurde erst durch eine Pressemeldung publik. Die datenschutz-rechtliche Prüfung ergab folgenden Sachverhalt:

— Weitergegeben wurden Kopien von den für den schulinternen Gebrauchbenötigten Schulanfängerlisten mit den Daten Name, Vorname, Geburts-datum, Konfession, im Vorjahr zurückgestellt, Vorschule/Kindergarten,Schultüte, Geburtsurkunde, Personalausweis, Name des Erziehungsberech-tigten, Wohnung/Besonderheiten, Beruf, Telefon, Krankenkasse.

— Dies waren nicht nur Daten des Schulkindes selbst, sondern auch Datenüber seinen Erziehungsberechtigten.

— Die Weitergabe geschah nur auf Anforderung der Kirchengemeinden, dieals Grund für das Übermittlungsersuchen die Versendung von Einladungenzu Schulanfängergottesdiensten angaben.

— Das Schulamt hielt die Weitergabe für datenschutzrechtlich zulässig, stelltees aber in das Ermessen der einzelnen Schulen, tatsächlich davon Gebrauchzu machen.

Diese Listen entstehen auf der Basis von Computerlisten der Meldebehördeund finden Eingang in die Datenverarbeitung der Schulen (z. B. in Schüler-karteien). Bei dem Vorgang handelte es sich um eine Übermittlung personen-bezogener Daten, die nur im Rahmen des § 11 BrDSG zulässig gewesen wäre.

Die in diesem Paragraphen geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen (recht-lich bestimmte Aufgabenerfüllung der abgebenden Behörde bzw. Erforderlich-keit der Daten zur Ausführung der rechtlich fixierten Aufgaben der empfan-genden Stelle) lagen nicht vor. Der gleiche Zweck wäre auch in einer den Be-troffenen nicht belastenden Weise, z. B. durch Verteilung von Handzetteln inden Schulen erreichbar gewesen.

Aufgrund des Sachverhaltes sah sich der Landesbeauftragte gezwungen, eineBeanstandung gemäß § 22 Abs. l BrDSG auszusprechen. Die kritisierte Daten-weitergabe wurde hieraufhin eingestellt.

5.5 Wissenschaft und Forschung

5.5.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.5. l. l Entwurf eines Bremischen Archivgesetzes

Ein abschließender und dem Stand der Diskussion und Beratung entsprechenderEntwurf für ein Bremisches Archivgesetz liegt gegenwärtig noch nicht vor. Nach-dem sich die Diskussion in Bund und in anderen Ländern inzwischen ebenfallszugunsten eines Archivgesetzes entwickelt hat und nachdem es mehrere Gesprächemit Vertretern des Staatsarchivs und des Senators für Bildung, Wissenschaft undKunst mit dem Landesbeauftragten gab, steht zu erwarten, daß ein ausgereifterEntwurf im Jahre 1985 vorgelegt wird. Bezüglich der inhaltlichen Gestaltung undder weiteren Diskussion verweist der Landesbeauftragte auf Pkt. 5.5.1.6 und dieAnlage 9 in seinem 6. Jahresbericht.

5.5.1.2 Beratung verschiedener Forschungsprojekte

Die datenschutzrechtliche Prüfung von Forschungsvorhaben ist nach wie vor einwichtiger Bestandteil der Beratungstätigkeit des Landesbeauftragten. Es wird aber

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hier verzichtet, die verschiedenen Forschungsprojekte zu benennen und darzustel-len. Ein Regelungsentwurf für einen künftigen § 3a im Bremischen Datenschutz-gesetz, der die Verarbeitung personenbezogener Daten für Forschungszweckenormiert, ist erarbeitet. Mit diesem Entwurf soll das Spannungsverhältnis zwi-schen dem Schutz der Persönlichkeit des einzelnen und dem Anspruch auf wissen-schaftliche Forschung in der Weise ausgewogen werden, daß das grundrechtlichgeschützte informationeile Selbstbestimmungsrecht des Bürgers es nicht zuläßt,daß seine Daten der beliebigen wissenschaftlichen Verfügbarkeit unterliegen undandererseits die Forschung im Rahmen ihrer grundrechtlich geschützten Freiheitnicht vom Umgang mit personenbezogenen Daten gänzlich abgeschnitten werdenkann. Ausgehend von der Einwilligung regelt der Entwurf dann verschiedenePhasen der Datenverarbeitung bei wissenschaftlichen Forschungsprojekten.

— Beispielhaft sei für diesen Jahresbericht die Beratungstätigkeit für das BremerInstitut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) genannt. Diedatenschutzrechtliche Beratung der Forschungstätigkeit im BIPS setzt immerauch voraus, sich insbesondere mit Untersuchungs- und Forschungsstrategiender Epidemiologie auseinanderzusetzen, gleich ob es sich dabei um Herz-Kreis-lauf-Studien, um sog. Präventionsprojekte, die Validierung von Todesursachen,die Untersuchung der Rauchergewohnheiten bei Jugendlichen oder um dieepidemiologische Erforschung von Krebsursachen handelt. Die Diskussion überDatenschutzfragen mit beteiligten Forschern ist unverzichtbar, weil nur durchdas gemeinsame Gespräch das gegenseitige Verständnis für die Anliegen ge-fördert und akzeptable Lösungen gefunden werden können. So hat auch diegemeinsame Diskussion zur Erarbeitung eines Krebsregister-Gesetzes — wennes nun auch nicht eingeführt wird — dennoch die Sensibilität und das Gespürfür sehr feingliedrige Lösungen in diesen Bereichen gefördert.

Mit der Durchführung solcher Forschungsprojekte entstehen naturgemäß be-sonders schützenswerte Datenbestände, so daß der Landesbeauftragte demBIPS eine eigenständige Rechenanlage, die nicht mit anderen Rechenzentrenverbunden ist, empfohlen hat.

— Aufgrund eines Forschungsprojektes an Bremer Schulen durch eine Forschungs-gruppe beim Bundesgesundheitsamt über das Gesundheitsverhalten (Suchtver-halten) von Kindern hat sich der Senator für Gesundheit und Sport an denLandesbeauftragten gewandt mit der Bitte zu prüfen, ob den datenschutzrecht-lichen Anforderungen Rechnung getragen wird.

Die Einwilligungserklärung und das Anschreiben an die Eltern der betroffenenKinder ist insoweit verbessert worden, als den Eltern nunmehr klar ersichtlichist, daß ihre personenbezogenen Daten mit denen ihrer Kinder nur im Rahmendes Forschungsvorhabens gespeichert und ausgewertet werden dürfen. Da dasForschungsprojekt vom Bundesgesundheitsamt durchgeführt wird und damitder Kontrolle des Bundesbeauftragten unterliegt, ging es um die Frage, obsich das Forschungsprojekt hinsichtlich der bremischen Daten der Kontrolledurch den bremischen Landesbeauftragten unterwerfen sollte, weil das Projektmit Mitteln aus dem Bund wie aus den Ländern Bremen und Berlin gefördertwird. Dieser Vorschlag könnte jedoch zu einer Mehrbelastung für die For-schungsgruppe des Projektes führen, wenn unterschiedliche Kontrollinstanzenfür sachgleiche Problemfelder zuständig sind. Insoweit ist auf eine Unterwer-fungsklausel verzichtet worden.

5.5.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

— Der Unterausschuß für studentische Angelegenheiten der Kultusministerkon-ferenz hat vorgeschlagen, das Meldeverfahren zur Krankenversicherung derStudenten zu automatisieren und damit zu vereinfachen. Der Vorschlag sahvor, die von den Hochschulen zu erstellenden Datenträger an zentrale Einrich-tungen der Träger der Krankenversicherung (z. B. deren Bundesverbände) zuübersenden.

Nachdem Bedenken von Hochschulen verschiedener Bundesländer geäußertworden waren, ist auf eine Umstellung auf Automatisierung verzichtet worden.

— Studenten der Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen führten währendihrer Ausbildung für den gehobenen Dienst ein Projekt mit dem Thema„Deputationen — Deputierte, Einstellungen, Einschätzungen der politischenMöglichkeiten, Erwartungen und Ansprüche" durch und erstellten für dieDeputierten einen Fragebogen, gegen den datenschutzrechtliche Bedenken —

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insbesondere hinsichtlich der zugesicherten Anonymität — von Seiten betrof-fener Deputationsmitglieder angemeldet wurden.

Der Landesbeauftragte hatte hier/u in einem ersten Schreiben an die Hoch-schule für öffentliche Verwaltung darauf hingewiesen, daß eine derartigeBefragung nur bei ausdrücklichem Hinweis auf die Freiwilligkeit der Beant-wortung und unter Beachtung objektiver Kriterien der Anonymisierung mög-lich sei. Daneben sei ein ordnungsgemäßes Verfahren erforderlich, das Daten-schutz und Datensicherheit in der Durchführung gewährleiste.

Bei der anschließenden Überarbeitung des Projektes — insbesondere desFragebogens — wurde der Landesbeauftragte beteiligt, der u. a. Gelegenheiterhielt, seine Auffassung in einer mündlichen Erörterung vorzutragen. Dieempirische Untersuchung ist letztendlich nicht durchgeführt worden, weil derVorstand der Bremischen Bürgerschaft eine Anonymisierung wegen der mög-lichen Verbindung der Auswertung mit den Personalangaben im Handbuchder Bremischen Bürgerschaft nicht als gewährleistet ansah und sich von dahernicht bereit erklärte, die Verwaltung der Bürgerschaft anzuweisen, in Amts-hilfe die Verteilung und Rückleitung der Fragebogen zu übernehmen.

5.6 Arbeit

5.6.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.6.1.1 Versorgungsamt

— Vereinbarung über die Durchführung des Beitrags- und Meldeverfahrens fürdie Bezieher von Versorgungskrankengeld

Der Senator für Arbeit hat den Entwurf einer Vereinbarung über die Durchführungdes Beitrags- und Meldeverfahrens für die Bezieher von Versorgungskrankengeldnach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes Ende September per Boten-post zugeschickt. Er ging nach gut sechs Wochen Anfang November in der Dienst-stelle des Landesbeauftragten ein. Der Vorgang wies den Stand Mai aus. DieVereinbarung soll zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland, ver-treten durch ihre Minister und Senatoren für Arbeit und Sozialordnung als obersteLandesbehörden für die Kriegsopferversorgung, und dem Verband DeutscherRentenversicherungsträger (VDR) sowie der Bundesversicherungsanstalt für An-gestellte (BfA) geschlossen werden. Da als sog. Kopfstelle der Länder das Landes-versorgungsamt Hessen fungieren soll — es handelt sich hierbei um eine Vermitt-lungsstelle i. S. von § 81 Abs. 2 SGB X —, hat der Hessische Datenschutzbeauf-tragte zugesagt, die sich daraus ergebenden datenschutzrechtlichen Fragestellun-gen zu prüfen und das Ergebnis mitzuteilen. Der Vertrag und das dazu gelieferteumfangreiche Material konnten bis zum Jahresende vom Landesbeauftragten nochnicht abschließend geprüft werden.

— Automatisiertes Verfahren zum Kostenersatz nach § 19 BVG im Rahmen derKriegsopferversorgung

Kurz vor der Jahreswende 1983/84 erhielt der Landesbeauftragte vom RbV einenHinweis, daß man in Kürze einen Vertrag über den Datenträgeraustausch imRahmen eines bundeseinheitlichen Verfahrens zum Kostenersatz nach § 19 BVGzur Kriegsopferversorgung mit den Krankenversicherungsverbänden unterzeich-nen werde. Eine Abstimmung mit dem Landesbeauftragten war offensichtlich zukeinem Zeitpunkt beabsichtigt. Der Bitte des Landesbeauftragten, die Vertrags-unterlagen zur Verfügung zu stellen, wurde vom RbV Mitte Februar entsprochen,nachdem der Vertrag bereits Anfang Januar 1984 vom RbV unterzeichnet wordenwar. Der Vertrag selbst regelt im Rahmen der Kriegsopferversorgung, daß ineinem zweijährigen Turnus jeweils am 31. Oktober eines Jahres mit ungeraderJahreszahl die Zahl der rentenberechtigten Beschäftigten, die in der gesetzlichenKrankenversicherung versichert sind, festgestellt werden. Zur Durchführung desVerfahrens übermitteln die einzelnen Versorgungsverwaltungen der Länder aus-gewählte Datenbestände an das RbV, das diese zusammenführt und auf einemDatenträger speichert. Dieser Datenbestand wird mit einem aggregierten Datensatzdes VdAK abgeglichen.

Der Landesbeauftragte hat datenschutzrechtliche Bedenken gegen diesen Vertraggeäußert, weil das Rechenzentrum der bremischen Verwaltung (RbV) nicht alsKopfstelle der Versorgungsverwaltungen Vertragspartner sein kann. Als recht-liche Grundlagen neben den einschlägigen Vorschriften des SGB X kommen ins-besondere § 19 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und § 4 der Verordnung zur

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Durchführung des § 19 Abs. l des BVG vom 5. August 1965 in Betracht. Die Beden-ken ergeben sich insbesondere aus den folgenden Überlegungen: Nach § 80 SGB Xkann ein Leistungsträger die ihm obliegenden Aufgaben durch andere Leistungs-träger oder seinen Verband mit dessen Zustimmung wahrnehmen lassen. Da dasRbV nicht Leistungsträger i. S. des SGB ist, kommt eine Anwendung dieser Vor-schrift nicht in Betracht.

Da der Vertrag den Austausch von Daten im automatisierten Verfahren behandelt,kommen die Vorschriften des Zweiten Abschnittes des SGB X zur Anwendung.Der Datenaustausch zwischen den Versorgungsverwaltungen und den Kranken-kassen der Angestellten und Arbeiter stellt eine Übermittlung i. S. der Daten-schutzgesetze und der Vorschriften des SGB X dar. Zu klären ist noch, ob dasVerfahren sich rechtlich als eine Datenverarbeitung im Auftrag nach § 80 SGB Xeinordnen läßt oder ob die Regelungen des § 81 SGB X zur Anwendung kommenmüssen. Nach § 81 Abs. 2 SGB X können die Übermittlungen personenbezogenerDaten auf maschinell verwertbaren Datenträgern auch über Vermittlungsstellenerfolgen. Voraussetzung hierfür ist aber, daß auf eine solche Vermittlungsstelledie Vorschriften des Zweiten Abschnittes des Bundesdatenschutzgesetzes anzu-wenden sind. Auf das RbV unmittelbar finden aber nur die Vorschriften des Bre-mischen Datenschutzgesetzes Anwendung. Das RbV selbst kann daher nicht dieFunktion einer Vermittlungsstelle nach § 81 Abs. 2 SGB X wahrnehmen.

Durch diese Regelung wird sichtbar, daß über die Vorschrift des § 79 SGB X nurdie Leistungsträger selbst in die Lage versetzt werden sollen, Vermittlungsstellei. S. des § 81 Abs. 2 SGB X zu werden. Die bremische Versorgungsverwaltungselbst hätte, weil auf sie die Vorschriften des Zweiten Abschnittes des Bundes-datenschutzgesetzes Anwendung finden, die Funktion der sog. Kopfstelle im Rah-men des Vertrages ausfüllen können und sich per Auftragsdatenverarbeitung derLeistungen des RbV bedienen können.

Aufgrund der datenschutzrechtlichen Prüfung dieses Vertrages haben sich nochweiterreichende Fragestellungen ergeben, die einer grundsätzlichen Klärung be-dürfen. Der Landesbeauftragte wird daher diese Probleme im AK Sozialwesen derDatenschutzbeauftragten erörtern.

5.6.1.2 Gewerbeaufsicht

Das Gewerbeaufsichtsamt Bremen hatte eine Bremer Spedition aufgefordert, füreinen gewissen Zeitraum sämtliche Diagrammscheiben zur Verfügung zu stellen,eine Liste aller Fahrzeuge mit diversen Fahrzeugdaten und eine vollständige Listealler bei ihr beschäftigten Fahrer mit Name, Adresse und Einstellungsdatum vor-zulegen.

Der Speditionsinhaber äußerte datenschutzrechtliche Bedenken insoweit, als erauch personenbezogene Daten von Fahrern bekanntgeben sollte, die in dem Prü-fungszeitraum etwa wegen Krankheit oder Urlaubs gar nicht als Fahrpersonal inBetracht kämen. Er befürchtete, daß auf diese Art und Weise dem Gewerbeauf-sichtsamt eine komplette Liste aller im Speditionsgewerbe Beschäftigten entstehenkönne, ohne daß dieses von der gesetzlichen Aufgabe des Gewerbeaufsichtsamtesgedeckt sei.

Die zunächst vom Gewerbeaufsichtsamt Bremen geäußerte Meinung, wenn einBetroffener eine Datenerhebung für unverhältnismäßig halte, so solle er dieses dererhebenden Stelle mitteilen, dies sei kein Problem des Datenschutzes, wird wohlnicht mehr aufrechterhalten. In diesem Zusammenhang möchte der Landesbeauf-tragte lediglich darauf hinweisen, daß es selbstverständlich dem Bürger möglichsein muß, datenschutzrechtliche Bedenken unmittelbar gegenüber dem Landes-beauftragten anzusprechen und nicht erst in eine möglicherweise langwierigeAuseinandersetzung mit der speichernden Stelle treten zu müssen.

Nach § 4 Abs. l Fahrpersonalgesetz (FPersG) obliegt die Aufsicht für die Aus-übung dieses Gesetzes dem Gewerbeaufsichtsamt. Dazu hat der Unternehmergemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 FPersG dem Gewerbeaufsichtsamt die Auskünfte, die zurDurchführung der Überwachung erforderlich sind, wahrheitsgemäß und vollständigzu erteilen.

Dem Landesbeauftragten ging es im Prinzip darum sicherzustellen, daß nicht injedem Prüffall von vornherein alle nur möglichen Angaben vom Unternehmer ge-fordert werden, sondern daß von Fall zu Fall entschieden wird, welche zusätzlichenpersonenbezogenen Daten vom Unternehmer abverlangt werden, um die Über-wachung nach § 4 FPersG ordnungsgemäß durchzuführen. Der Landesbeauftragte

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hat dem Senator für Arbeit nochmals seine datenschutzrechtliche Auffassung mit-geteilt, wonach § 4 Abs. 3 Nr. 3 FPersG nicht in jedem Falle und von vornhereindie Aushändigung der Lohnunterlagen aller bei einer Firma beschäftigten Mit-arbeiter an das Gewerbeaufsichtsamt zuläßt. Einerseits würde eine solche Geset-zesauslegung nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, anderer-seits geht es nach dieser Vorschrift um die erforderlichen Auskünfte. Für dieseErforderlichkeit gilt der gleiche Maßstab wie für die in § 24 Abs. l BDSG genannte.Danach ist die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig im Rahmen derZweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen Vertrau-ensverhältnisses mit dem Betroffenen oder soweit es zur Wahrung berechtigterInteressen der übermittelnden Stelle oder eines Dritten oder der Allgemeinheiterforderlich ist und dadurch schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht beein-trächtigt werden. Auch § 4 Abs. 3 Nr. 2 FPersG fordert vom Unternehmer nur dieHerausgabe der Unterlagen oder Lohn- und Gehaltslisten, die sich auf die im Zugeder Überwachung nach Absatz l gemachten Angaben beziehen, nicht jedoch dieHerausgabe von Lohnunterlagen aller bei einer Firma beschäftigten Mitarbeiter.

Inzwischen hat der Senator für Arbeit klargestellt, daß er nur Angaben über Fahr-personal (d. h. nicht etwa z. B. über im Büro tätige Arbeitnehmer) abverlangt unddaß sich der Umfang seines Auskunftsbegehrens immer nach den Umständen desjeweiligen Einzelfalls richte. Damit dürfte bei der Datenerhebung den Belangendes Datenschutzes weitgehend Rechnung getragen sein.

5.6.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

Der Senator für Arbeit stellt Empfängern von Arbeitslosenhilfe eine Stammkarteaus, die zum Erwerb von Vorzugsmonatskarten der Bremer Straßenbahn AG be-rechtigt. Der Berechtigungsnachweis für die Stammkarte wird dem Senator fürArbeit durch Vorlage des Bescheides über den Bezug von Arbeitslosenhilfe nach-gewiesen. Da die Bremer Straßenbahn AG ein neues Tarifsystem eingeführt hat,stellte die senatorische Dienststelle die Überlegung an, ob der Bremer Straßen-bahn AG die Ausgabe der Stammkarte übertragen werden sollte.

Der Landesbeauftragte hat darauf hingewiesen, daß die Betroffenen dann gezwun-gen seien, die notwendigen Behördenbescheide einer nicht-öffentlichen Stelle vor-zulegen und damit ihre Sozialdaten zu offenbaren. Der Senator für Arbeit hatdaraufhin entschieden, die bisherige datenschutzrechtlich einwandfreie Regelungbeizubehalten und weiterhin die Stammkarte selbst auszustellen.

5.7 Jugend und Soziales

5.7.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.7. l. l Automatisierung im Bereich Amtsvormundschaften

Anfang Juli 1983 stimmte der AD V-Ausschuß der Entwicklung der Automatisie-rung der Buchhaltung der Amtsvormundschaft zu. Schon damals machte der Lan-desbeauftragte deutlich, daß er eine Beteiligung bei der Verfahrensentwicklungzur Sicherung datenschutzrechtlicher Belange für zwingend erforderlich halte.Datenschutzrechtlich bedeutsam sind bei dem Verfahren insbesondere die folgen-den Punkte:

— Schnittstellenorganisation zu anderen D V- Verfahren und anderen Behörden

— die organisatorisch-technischen Sicherungsmaßnahmen im geplanten DV-Ver-fahren und beim Anwender

— die Zulässigkeit der personenbezogenen Datenverarbeitung, hier insbesonderedie Berücksichtigung der Vorschriften des SGB X.

Die nach dem Beschluß des ADV-Ausschusses vom Rechenzentrum der bremischenVerwaltung durchgeführte Hauptuntersuchung ist offensichtlich noch nicht abge-schlossen. Eine Beteiligung des Landesbeauftragten hat bisher nicht stattgefunden.Der Landesbeauftragte hat sich anläßlich der neueren Behandlung im ADV-Aus-schuß im Januar 1985 daher darauf beschränkt, darauf hinzuweisen, daß aus denVorlagen für den ADV-Ausschuß nicht ersichtlich ist, wie die Aufgabenverteilungetwa zwischen Jugendamt Bremen und der Landeshauptkasse vorgenommen wer-den soll, welche Datenübermittlungen stattfinden sollen und wie solche Übermitt-lungen insbesondere unter Berücksichtigung der Vorschriften des SGB X zu be-werten sind. Auch die evtl. beabsichtigte Zusammenlegung der Bearbeitung derAmtsvormundschaften des Jugendamtes und des Sozialamtes für die entmündigtenErwachsenen kann datenschutzrechtliche Probleme erzeugen wie auch das geplanteVerfahren zur Verrechnung der Sozialhilfe.

K/t*— ij*± ——

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Auf der Sitzung des AD V-Ausschusses Anfang 1985 hat der Antragsteller die Be-teiligung des Landesbeauftragten zugesichert.

5.7. l .2 Datenschutz in Kindertagesheimen

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf die Darstellung in Pkt. 5.8.1.1 verwiesen.Eine abschließende Äußerung des Senators für Jugend und Soziales zu den ihnbetreffenden Vorgängen in der Beanstandung des Landesbeauftragten liegt bishernoch nicht vor.

5.7.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

— Das Landessozialamt hat beabsichtigt, das Formular „Feststellungen über Aus-wirkungen von Krankheit und Behinderung sowie notwendige Hilfen" neu zugestalten. Das bisherige Formular wurde von den Sozialhilfeträgern und denEinrichtungen benutzt, um den Grad der Pflegebedürftigkeit der einzelnenBetroffenen feststellen zu können. Die Neugestaltung war durch die Einführungdes § 3a BSHG notwendig geworden, wonach der Träger der Sozialhilfe daraufhinwirken soll, daß die erforderliche Hilfe soweit wie möglich außerhalb vonAnstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen gewährt werden kann. Dadie ambulante Pflege Vorrang haben soll, sollte die Frage der ambulanten oderstationären Hilfe mit dem neuen Formular besser beurteilt werden können.

Nach Auskunft des Senators für Jugend und Soziales soll dieses neue Formularlediglich in Ausnahmefällen bei Auslegungsschwierigkeiten benutzt werden.Das vorgesehene Verfahren sah eine Beteiligung der Betroffenen nicht vor,vielmehr sollte der Träger das Formular ausfüllen und an den Senator fürJugend und Soziales zurücksenden. Nachdem der Landesbeauftragte deutlichgemacht hat, daß der Fragebogen nicht ohne Einwilligung des Patienten aus-gefüllt werden darf, ist folgendes Verfahren vereinbart worden: Der ausge-füllte Fragebogen wird dem Hilfeempfänger inhaltlich zur Kenntnis gegeben,wobei ihm ein Durchschlag zur Verfügung gestellt werden soll. Durch seineUnterschrift erklärt er sich mit der Übermittlung seiner personenbezogenenDaten an das Landessozialamt einverstanden. Soweit er sebst dazu nicht in derLage ist, müssen diese Rechte von seinem Vormund wahrgenommen werden.

— Aufgrund diverser Anfragen stellt der Landesbeauftragte nachstehend die nach§ 319 Abs. 2 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) im Rahmen derRentenversicherung zu verwendende Versicherungsnummer dar, die auch vonden Ortskrankenkassen verwendet wird. Beispiel:

13 010950 M 12

Bereichsnummer '

Geburtsdatum: 1. September 1950-

Anfangsbuchstaben des Familiennamens

Seriennummer

Sie setzt sich gemäß § 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Ver-sicherungsnummern in den gesetzlichen Rentenversicherungen aus der Be-reichsnummer, dem Geburtsdatum des Versicherten, dem Anfangsbuchstabendes Familiennamens des Versicherten und der Seriennummer zusammen. DieBereichsnummer richtet sich nach dem Sitz der Ausgabestelle; die Seriennum-mer bezeichnet in aufsteigender Reihenfolge die Versicherten, die an dem-selben Tag geboren sind und deren Familienname mit dem gleichen Buch-staben beginnt. Sie dient ferner der Unterscheidung von männlichen und weib-lichen Versicherten, wonach für männliche Versicherte die Zahlen 00 bis 49und für weibliche Versicherte die Zahlen 50 bis 99 verwendet werden.

Wie dem Landesbeauftragten bekannt geworden ist, sollen regelmäßig Rund-schreiben an die Spitzenorganisationen aller Sozialhilfeträger im Bundesgebietverschickt werden, mit denen vor sog. Unterstützungsschwindlern gewarntwird.

Der Landesbeauftragte hält diesen Warndienst für unzulässig, weil hier Sozial-daten ohne Rechtsgrundlage offenbart werden. Nach Mitteilung des Senatorsfür Jugend und Soziales beteiligen sich bremische Sozialhilfeträger nicht aneinem solchen Warndienst.

Der Postlauf und die Postverteilung im Bezirkssozialzentrum Süd entsprachen

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nicht den datenschutzrechtlichen Anforderungen. Unter dem Dach des Bezirks-sozialzentrums Süd sind die folgenden Dienste angesiedelt:

Wirtschaftliche Sozialhilfen

Wirtschaftliche Jugendhilfe

Pflegekinderdienst

Erziehungsberatungsstelle

Bezirkssozialdienst Kinder und deren Familien

Geschäftsstelle (Pappelstraße).

Die Mängel, die vor allem in der Verteilung und der Zuständigkeit für diePostöffnung lagen, konnten beseitigt werden.

Probleme hingegen bereitet die Versendung der Post aus der Erziehungs-beratungsstelle. Die zentrale Frankierung sämtlicher Post der Erziehungs-beratungsstelle wirft therapeutische und datenschutzrechtliche Probleme auf.So gibt es nach Angaben der Erziehungsberater Klienten, deren Eltern nichterfahren sollen, daß der Jugendliche sich in staatliche Beratung begeben hat.Ein solcher Klient könnte nur angeschrieben werden, indem der Berater seinenpersönlichen Namen, verbunden mit der Straßenanschrift des Bezirkssozial-zentrums Süd als Absender angibt. Bei zentraler Frankierung mit dem Auf-druck „Freie Hansestadt Bremen" wäre dies nicht mehr gewährleistet. Außer-dem war immer im Sichtfenster des Umschlages der Absender erkennbar, sodaß eine Vielzahl von Personen erfahren würde, wer die Erziehungsberatungs-stelle aufgesucht hat.

Das Problem der Absenderkennung im Adreßfeld konnte durch entsprechendesKnicken der Schreiben beseitigt werden. Den weiteren Vorschlag, in denwenigen kritischen vorgenannten Fällen bei der Erziehungsberatungsstelleeine eigene Frankierung per Briefmarke vornehmen zu lassen (durchschnittlichweniger als ein Brief pro Tag), hat der Senator für Jugend und Soziales ausKostengründen abgelehnt.

Der Senator hat dazu erklärt, aus der Freistempelung des Briefes der Erzie-hungsberatungsstelle sei lediglich ersichtlich, daß der Empfänger Kontakt zuden „Jugend- und Sozialbehörden" gehabt habe. Die Erziehungsberatungs-stelle unterscheide sich hierdurch nicht von übrigen Ämtern des Ressorts. Hin-sichtlich des brieflichen Kontaktes der Erziehungsberatungsstelle zu ihrenKlienten empfiehlt der Senator für Jugend und Soziales den Mitarbeitern derErziehungsberatungsstelle, mit den Betroffenen eine andere Form der Kom-munikation zu vereinbaren, um eventuelle Probleme mit dem Elternhaus zuvermeiden.

5.8 Gesundheitswesen

5.8.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle

5.8. l. l Datenschutz in Kindertagesheimen

Aufgrund mehrerer Elternbeschwerden, Beschwerden von Elternbeiräten und desGesamtelternbeirates ist vom Landesbeauftragten die bisherige Form der Daten-speicherung in Kindertagesheimen, die Beachtung der ärztlichen Schweigepflicht,die Beachtung des Datenschutzes und die organisatorische und verfahrensmäßigeSicherung des Datenschutzes geprüft worden. Den Beschwerden lag folgenderSachverhalt zugrunde: Mit Beginn des Schuljahres 1984/85 wurde eine neue weißeKarteikarte für die amtsärztliche Untersuchung der Kinder an Kindertagesheimeneingeführt. Bis dorthin gab es eine blaue faltbare Karteikarte, die ebenfalls in denUnterlagen der Kindertagesheime aufbewahrt wurde. Die blaue Karte sollte durchdie nunmehr eingeführte weiße Karteikarte ersetzt werden, so daß künftig ledig-lich die weiße Karteikarte vorhanden gewesen wäre, die medizinische Untersu-chungsbefunde dargestellt hat. Auf den Karten gab es neben allgemeinen medi-zinischen Befundfeststellungen Fragestellungen wie „soziales Verhalten" und „son-stige Befunde", die insbesondere wegen einiger Eintragungen bei den ElternUnbehagen hervorgerufen haben.

Bei seinen Überprüfungen hat der Landesbeauftragte festgestellt, daß in derSpalte „Sozialverhalten" Bemerkungen wie „aggressiv, wenig kooperativ, Kindhat sich verweigert bzw. Mitarbeit weitgehend verweigert" durch den Arzt einge-

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tragen waren. Die Eintragungen waren zum Zeitpunkt der Prüfung in den geprüf-ten Fällen meist auf der weißen und der blauen Karteikarte eingetragen. DieEltern waren über die Eintragungen nicht informiert worden. Zusätzlich wurdefestgestellt, daß Kindergärtnerinnen bzw. die Kindertagesheimleitung an der ärzt-lichen Untersuchung teilgenommen haben, ohne daß die Eltern hierüber vorherbefragt wurden. Schließlich wurde wie selbstverständlich davon ausgegangen, daßdie Ergebnisse dieser Untersuchung auch bei der schulärztlichen Untersuchungmitverwendet werden sollen. Auch hierüber wurden die Eltern nicht informiertbzw. um die Einwilligung ersucht. Insgesamt mußte festgestellt werden, daß dieEltern nicht darüber belehrt waren, daß die Untersuchungen freiwillig sind.

Diesen Sachverhalt hat der Landesbeauftragte datenschutzrechtlich bewertet undsowohl gegenüber dem Senator für Jugend und Soziales als auch gegenüber demSenator für Gesundheit und Sport gemäß § 22 Abs. l Nr. l BrDSG beanstandet.Zum einen verstieß die Aufbewahrung der medizinischen Untersuchungsbefundein den Unterlagen der Kindertagesheime gegen das Gebot der ärztlichen Schweige-pflicht, zum anderen ist die Organisation der Datenaufbewahrung in den Kinder-tagesheimen nicht durch die notwedigen technisch-organisatorischen Maßnahmenso gestaltet gewesen, daß der Datenschutz gewährleistbar war. Schließlich war dieWeitergabe bzw. auch Mitverwendung der Untersuchungsergebnisse bei schul-ärztlichen Untersuchungen nur mit Einwilligung der Eltern rechtlich möglich. Diemedizinischen Untersuchungen sind freiwillig, d. h. ohne Duldungspflicht, so daßauch eine Verwendung dieser Daten innerhalb dieses Zweckes verbleiben muß.Jede anderweitige Verwendung wäre zweckfremd und damit rechtswidrig ge-wesen.

Mit der Beanstandung hat der Landesbeauftragte folgende Maßnahmen angeregt:

— Die in den Kindertagesheimen vorhandenen weißen bzw. blauen Karten wer-den dort entfernt.

— Für die künftige Gestaltung der ärztlichen Untersuchungen soll ein Merkblatterarbeitet werden, das die Eltern über die Freiwilligkeit, den Zweck der Unter-suchung und die vorgesehene Datenerhebung unterrichtet und dies mit ihnenbespricht.

— Soweit die bisherig erhobenen Daten weder auf eine Rechtsgrundlage noch aufeine wirksame Einwilligung gestützt werden können, sind bei mangelnderRechtsgrundlage die Karteikarten zu vernichten oder ist in Einzelfällen die Ein-willigung der Eltern für die Speicherung einzuholen.

In mehreren Gesprächen mit den beiden senatorischen Dienststellen, dem Gesamt-eltembeirat und dem Landesbeauftragten wurde schließlich eine gemeinsameLösung für die künftige Gestaltung dieses Verfahrens gefunden. Alle Befunde sindmit den Elternvertretern abgestimmt worden. Es wird eine neue Karteikarte ange-fertigt. Die Dokumentation über die ärztliche Untersuchung im Kindertagesheimwird den Eltern ausgehändigt.

Die Gesundheitsämter behalten zum Zwecke der statistischen Auswertung ledig-lich einen anonymisierten Befundstreifen der Karteikarte. Verhaltensauffällig-keiten werden in freier Formulierung aufgrund der Beschreibung der Sorgeberech-tigten und nach der Besprechung des Arztes mit den Sorgeberechtigten in einermit diesen abgestimmten Formulierung in die Karteikarte eingetragen, um einegesamtinhaltliche Betrachtung des Kindes sicherzustellen. Fragen des sozialenUmfeldes werden in freier Formulierung aufgrund der Angaben des Sorgeberech-tigten und nach der Besprechung des Arztes mit den Sorgeberechtigten in einermit diesen abgestimmten Formulierung in die Karteikarten eingetragen. In einemJahr soll ein erneutes Gespräch zwischen dem Senator für Gesundheit und Sportund den Elternvertretern stattfinden, um einen Erfahrungsaustausch vorzunehmen.Die Karteikarten mit den ärztlichen Befunden, die seit dem 1. August 1984 durchÄrzte der Gesundheitsämter erhoben wurden, wurden am 1. März 1985 vernichtet.

Bezüglich der Verwendung der alten blauen Karteikarten steht die abschließendeÄußerung des Senators für Jugend und Soziales noch aus.

Dieser Vorgang hat zusätzlich auch deshalb eine breite öffentliche Resonanz ge-funden, weil bei der Diskussion um das künftige Verfahren die vorhandene Kartei-karte des sog. „Bielefelder Modells", das für schulärztliche Untersuchungszweckeverwendet wird, als neues Muster eingeführt werden sollte. Diese Karteikarteenthält Auffälligkeiten für Befund 50, worin verschiedene Auffälligkeiten wie z. B.Lügen, Stehlen, Ticks öffentlich angesprochen wurden und unter datenschutzrecht-

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liehen Gesichtspunkten auch als nicht hinnehmbar zu betrachten sind. Hierzu mußnoch einmal bemerkt werden, daß diese Karteikarte nicht eingeführt war und auchfür das künftige Verfahren nicht verwendet wird.

5.8.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.8.2.1 Gesundheitsämter

— Der Bremische Gemeinde-Unfallversicherungs-Verband bat das Bezirksgesund-heitsamt Bremen-Nord im Wege der Amtshilfe nach §§ 3 und 4 SGB X umÜbersendung von Untersuchungsunterlagen für ein Kind, das einen Schulunfallerlitten hatte.

Der Landesbeauftragte hat den Bremischen Gemeinde-Unfallversicherungs-Verband darauf hingewiesen, daß die erwähnten Vorschriften keine ausrei-chende Rechtsgrundlage darstellen, um die Offenbarung der der ärztlichenSchweigepflicht unterliegenden Unterlagen zu rechtfertigen. Zur Übersendungder Unterlagen war die Einwilligung der Eltern vorher einzuholen. Der Bre-mische Gemeinde-Unfallversicherungs-Verband hat sich dieser Rechtsauffas-sung angeschlossen.

— Das Hauptgesundheitsamt plant mit dem Bremer Institut für Präventionsfor-schung und Sozialmedizin eine Untersuchung zur Feststellung von Todes-ursachen. Neben der Durcharbeitung der Leichenschauscheine sollte eine ärzt-liche Mitarbeiterin des Hauptgesundheitsamtes Einblick in die Krankenge-schichte der Vestorbenen bei den behandelnden Ärzten nehmen können.

Die Überprüfung der Todesbescheinigung gehört gemäß § 72 der 3. DVO zumGesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens (VGV) i. V. m. dem Erlaßüber die Einführung eines neuen Leichenschauscheines zu den Dienstaufgabender Gesundheitsämter. Der Landesbeauftragte hat dem Hauptgesundheitsamtgegenüber deutlich gemacht, daß Angaben aus dem vertraulichen Teil derLeichenschauscheine für wissenschaftliche Zwecke nur in anonymisierter Formweitergegeben werden dürfen. Daneben war zu beachten, daß nach dem Urteildes Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz eine Verquickungvon Verwaltungsaufgaben und Forschungsvorhaben in der beabsichtigten Formunzulässig ist. Der Landesbeauftragte hat dem Gesundheitsamt anheimgestelltzu überlegen, ob durch eine Änderung des Forschungsansatzes oder der Rah-menbedingungen das Projekt unter Beachtung der datenschutzrechtlichenGrundsätze und der Schweigepflicht durchgeführt werden könnte.

— Das Hauptgesundheitsamt hat dem Landesbeauftragten Informationsschreibenzur Hepatitls-B-Impfung für Drogenabhängige mit der Bitte um Prüfung zurVerfügung gestellt, die an die zu Impfenden und an die „Helfer bzw. Multi-plikatoren" verteilt werden sollen.

In datenschutzrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen das Vor-haben, zumal Name und Geburtsdatum des Betroffenen nur der impfende Arztsammelt und die Daten nach der Impfung vernichtet.

5.8.2.2 Krankenhäuser

— In Nervenkrankenhäusern verschiedener Bundesländer werden bei derPatientenaufnahme Fotografien angefertigt. Dabei wird die Auffassung ver-treten, die Fotografie erweise sich als hilfreich und sinnvoll in der psychiatri-schen Dokumentation für den Informationsaustausch und bei der Bewältigungvon Krisensituationen.

Auf Anfrage hat der Senator für Gesundheit und Sport mitgeteilt, daß Foto-grafien von Patienten im Zusammenhang mit dem Aufnahmeverfahren nichtangefertigt werden. Wegen des hohen Verwaltungsaufwandes und bestehen-der rechtlicher Bedenken sei auch nicht beabsichtigt, Fotografien von Patienteneinzuführen.

— Eine Ortskrankenkasse außerhalb Bremens bat in einem Fall das Zentral-krankenhaus Bremen-Ost um Übersendung eines ausführlichen Entlassungs-berichtes. Das Zentralkrankenhaus Bremen-Ost war dagegen der Ansicht, daßdadurch die ärztliche Schweigepflicht möglicherweise durchbrochen würde undhat den Senator für Gesundheit und Sport um rechtliche Beurteilung gebeten.Dieser wiederum hat sich an den Landesbeauftragten gewandt.Grundsätzlich haben Krankenkassen keinen Anspruch auf die Aushändigungärztlicher Entlassungsberichte, soweit ihnen keine ausdrückliche Rechtsgrund-

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läge oder die Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Die darin enthaltenenDaten weisen in der Regel einen anderen Gehalt auf, als ihn die Kranken-kassen zur Abrechnung der Leistungen benötigen. Die Überlassung von ärzt-lichen Entlasssungsberichten würde dem datenschutzrechtlichen Zweckbin-dungsprinzip widersprechen. Diese Ansicht ist auch von Krankenkassen, dieder Datenschutzaufsicht des Landesbeauftragten unterliegen, bestätigt worden.Danach werden ärztliche Entlassungsberichte nicht angefordert. Lediglich inEinzelfällen werden die Krankenhäuser um Übersendung eines ärztlichenSchlußberichtes an den vertrauensärztlichen Dienst gebeten; der Vertrauens-arzt benötigt den Entlassungsbericht, wenn eine Beurteilung nach den Vor-schriften des § 369b Abs. l Nr. l — 3 RVO erforderlich wird, z. B. bei der Ein-leitung von Maßnahmen zur Rehabilitation usw. Eine Durchbrechung der ärzt-lichen Schweigepflicht ist darin nicht zu sehen.

— Im Zentralkrankenhaus Bremen-Nord — Frauenklinik Hartmannstift — befin-den sich die Krankenunterlagen in der Pförtnerloge im Eingangsbereich derKlinik. Fraglich war, ob die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt, wenninsbesondere Patienten in die Pförtnerloge hereingebeten werden, um bei derAufnahme die erforderlichen personenbezogenen Angaben zu machen.

Nach einer Prüfung durch den Landesbeauftragten war nichts dagegen einzu-wenden, daß sich die Krankenunterlagen in Hängeordnern befinden und durcheinen Vorhang verdeckt werden, so daß Patienten bei der Aufnahme keinenEinblick erhalten können. Die in der Pförtnerloge Beschäftigten haben Zugriffzu den Krankenunterlagen, da sie u. a. auch mit der Archivierung der Unter-lagen betraut sind. Um dem Datenschutz besser Rechnung tragen zu können, istangeregt worden, die Tür zur Pforte von außen mit einem Knauf und einemvom Schreibtisch des Pförtners zu bedienenden Summer (Türöffner) auszu-rüsten, dadurch wäre es ausgeschlossen, daß ein in der Pförtnerloge Beschäf-tigter trotz bestehender Anweisungen aus Versehen die Pforte verläßt, ohnesie zu verschließen. Außerdem wurden organisatorische Maßnahmen zur Rege-lung des Zutritts zur Pf orte sowie Regelungen des Zugriffs und der Nutzung vonKrankenunterlagen und die gelegentliche Überprüfung der Einhaltung dieserRegelungen empfohlen. Der Senator für Gesundheit und Sport hat die vorge-schlagenen Maßnahmen anerkannt.

5.9 Bauwesen

5.9.1 Schwerpunkte, Handlungsbedarfsfälle5.9.1.1 ADV-Projekt Aufwendungszuschüsse

Das Amt für Wohnung und Städtebauförderung in Bremen hat im Berichtsjahrzusammen mit dem Rechenzentrum der bremischen Verwaltung eine Untersu-chung über die Möglichkeit des Einsatzes der ADV zur Durchführung der Weiter-bewilligung von Aufwendungszuschüssen und der Bewilligung von Zuschüssennach der Mietobergrenzenregelung im öffentlich geförderten sozialen Wohnungs-bau durchgeführt und ein Sollkonzept erarbeitet. Im Rahmen dieses DV-Verfah-rens sollen die Aufwendungszuschüsse und Zuschüsse nach der Mietobergrenzen-regelung maschinell berechnet und die entsprechenden Bescheide, Zahlungsunter-lagen und sonstigen Listmaterialien erstellt werden.

Der Landesbeauftragte wurde um Stellungnahme gebeten. Er hat unter Hinweisauf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts Zweifel an der Zu-lässigkeit der zwangsweisen personenbezogenen Datenerhebung und Datenver-arbeitung geäußert, weil die zur Begründung angeführten Rechtsvorschriftennicht die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts erfüllen. Darüber hinauswurden verschiedene Einzelprobleme wie z. B. die Schnittstellen zu anderen DV-Verfahren und Behörden, die Gestaltung der Formulare und Listen, die Fremd-vergabe der Datenerfassung, die Aufbewahrungs- und Löschungsregelungen, diedatenschutzrechtlichen Betroffenenrechte etc. angesprochen, die vor weiteren Ent-wicklungsschritten zu klären wären.

In einer Besprechung mit dem Amt für Wohnung und Städtebauförderung wurdendiese Probleme eingehend erörtert. Man war sich einig, daß es ein langwierigerVorgang ist, die bundes- und landesrechtlichen Regelungen in absehbarer Zeitden Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Es bestand fernerEinigkeit darüber, daß durch technisch-organisatorische Maßnahmen sowie wei-tere datenschutzrechtliche Absicherungen wie z. B. Gestaltung der Vordrucke,Zweckbindung der Daten, Einschränkung der Auskünfte bzw. Mitteilungen anDritte versucht werden soll, im Verwaltungsvollzug den Anforderungen des Bun-desverfassungsgerichts gerecht zu werden.

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5.9. l .2 Automatisiertes Liegenschaf tsbuch in Bremen

Der Senator für das Bauwesen beabsichtigt, in der Stadtgemeinde Bremen dasbisher noch manuell geführte Liegenschaftsbuch zu automatisieren. Geplant ist,das von der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder (AdV)entwickelte Automationsverfahren ALB (= Automatisiertes Liegenschaftsbuch) zuübernehmen, das in einigen Bundesländern (z. B. Niedersachsen, Berlin) bereits imEinsatz ist.

Der Landesbeauftragte hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, daß sichaus dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts auch für die perso-nenbezogene Datenerhebung und Datenverarbeitung der Kataster- und Vermes-sungsverwaltung Konsequenzen ergeben, die im einzelnen vor Übernahme undEinführung des ALB-Verfahrens erörtert werden müßten. Folgende Problempunktesollten geklärt werden:

— Wer ist speichernde Stelle i. S, des Bremischen Datenschutzgesetzes? WelcheLiegenschaften werden einbezogen — nur Bremer Liegenschaften oder auchBremerhavener?

— Umfang und Erforderlichkeit des zu erhebenden und zu speichernden Daten-kataloges.

— Zugang anderer Behörden, z. B. Grundbuchamt Bremen, Baubehörden, Fi-nanzbehörden, Statistisches Landesamt, Liegenschaftsamt, Deichverbände, Po-lizei, Abfallbehörden zu den gespeicherten Daten. Das bremische Vermessung-und Katastergesetz enthält in seinem § 11 lediglich die Befugnis, im Einzelfallnach Darlegung eines berechtigten Interesses in das Liegenschaftskataster Ein-sicht zu gewähren oder Auskunft zu geben. Ein generelles Zugangsrecht zuden gespeicherten Daten läßt sich daraus nicht ableiten.

— Beachtung des Zweckbindungs- und Funktionstrennungsgebotes (IntegrationLiegenschaftsbuch und Grundbuch?)

— Gewährleistung der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte und sonstigenErfordernisse des Datenschutzrechts wie z. B. § 6 BrDSG.

Der Vorgang ist noch nicht abgeschlossen; eine endgültige Beschlußfassung stehtnoch aus.

5.9.2 Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

— Das Amt für Wohnung und Städtebauförderung versendet täglich eine Vielzahlvon Berechtigungsscheinen fUr den sozialen Wohnungsbau. Dabei kam es ge-legentlich vor, daß aus dem Klarsichtfenster des Briefumschlages auch er-kennbar war, daß der Empfänger einen solchen Bescheid erhalten hat.

Die Dienststelle wies auf Befragen darauf hin, daß jährlich ca. 150 000 Post-sendungen vorgenommen würden und deshalb eine ordnungsgemäße Kuver-tierung nicht immer gewährleistet sei. Zunächst sah das Amt für Wohnung undStädtebauförderung weder datenschutzrechtliche Bestimmungen (z. B. Post-und Fernmeldegeheimnis) verletzt noch die Zuständigkeit des Landesbeauf-tragten als gegeben. Erst nach ausführlicher Aufklärung und unter Hinweisauf eine bürgernahe Verwaltung hat die Dienststelle die datenschutzrechtli-chen Bedenken anerkannt und die zuständigen Mitarbeiter entsprechend un-terrichtet.

— In einem Bescheid des Amtes für Wohnung und Städtebauförderung zur be-fristeten Aufhebung von Ausgleichszahlungen wurde dem Vermieter als Grundder Aufhebung mitgeteilt, daß der Mieter arbeitslos geworden sei.

Das Amt für Wohnung und Städtebauförderung hat zwar entgegen der An-sicht des Landesbeauftragten bestritten, daß es sich hier um eine Verletzungdes Sozialgeheimnisses handelt und nach Ansicht der Dienststelle in der Be-völkerung hierin auch kein abwertendes Urteil gesehen wird. Die Behörde istbereit, zunächst auf die Angabe des Grundes für die Aufhebung von Aus-gleichszahlungen gegenüber dem Vermieter zu verzichten.

— Im Rahmen der Anmietung einer Sozialwohnung besaß der potentielle Mieterkeinen ausreichenden Berechtigungsschein, so daß der potentielle Vermieterdie Absicht bekundete, als Verfügungsberechtigter die Freistellung von derSozialbindung gemäß § 7 Wohnungsbindungsgesetz zu beantragen. Daraufhinerkundigten sich die potentiellen Mieter beim Amt für Wohnung und Städte-

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bauförderung über derartige Aussichten, um ihre Chancen hinsichtlich desAbschlusses eines Mietvertrages abschätzen zu können. Als sich später derVermieter bei der Dienststelle nach den Aussichten eines solchen Freistellungs-antrages erkundigte, da eine entsprechende Nachfrage nach der Wohnungvorliege, teilte ihm das Amt für Wohnung und Städtebauförderung mit, daßsich der potentielle Mieter bereits an die Dienststelle gewandt habe. Da derVermieter dieses Vorgehen des potentiellen Mieters als „Hinter-seinem Rük-ken-Tätigwerden" empfand, kam es nicht zum Abschluß des Mietvertrages.Das Amt für Wohnung und Städtebauförderung hat bestätigt, gegenüber demVermieter erklärt zu haben, daß sich ein Mietinteressent bereits nach etwaigenModalitäten erkundigt habe. Diese Mitteilung wurde nach Auffassung derDienststelle deshalb weitergegeben, um eine etwaige Vermietung im Interessedes potentiellen Mieters ermöglichen zu wollen. Insbesondere weil der Ver-mieter gegenüber dem Amt für Wohnung und Städtebauförderung deutlich ge-macht habe, er sei an einem Mietverhältnis mit dem potentiellen Mieter in-teressiert, sah das Amt keine Veranlassung, die Vorsprache des Mietinteres-senten zu verschweigen.

Der Landesbeauftragte ist der Auffassung, daß auch unter diesen Umständeneine solche Mitteilung nicht hätte gegenüber dem Vermieter gemacht werdendürfen, weil diese Datenweitergabe weder aufgrund des Wohnungsbindungs-gesetzes noch anderer gesetzlicher Vorschriften zulässig ist.

5.10 Häfen, Schiffahrt und Verkehr

5.10. l Genehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz

Beim Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen Gelegenheitsverkehrnach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) — z. B. Taxenverkehr, Mietwa-genverkehr — werden von den zuständigen Behörden im Land Bremen (Senatorfür Häfen, Schiffahrt und Verkehr, Magistrat der Stadt Bremerhaven) auch An-gaben zur wirtschaftlichen Sicherheit und Leistungsfähigkeit in Form einer Ver-mögensübersicht verlangt. Ein gemäß § 10 Abs. 2 BrDSG erforderlicher Hinweisdaraufhin, daß die Angaben aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben oder daßsie freiwillig gemacht werden, ist auf dem Vordruck nicht vorhanden. Nicht nurdie Erhebung, sondern auch die Verarbeitung derartiger Daten bedarf gemäߧ 3 BrDSG einer Rechtsnorm oder der Einwilligung des Betroffenen.Der Senator für Häfen, Schiffahrt und Verkehr vertritt die Ansicht, daß eine Rechts-norm durch § 12 Abs. 2 PBefG gegeben sei. Dieser Auffassung kann sich der Lan-desbeauftragte nicht anschließen. Zwar wird hier die Prüfung der Zuverlässigkeitdes Antragstellers und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes ver-langt, es wird jedoch weder wie bei anderen Angaben des Fragebogens der zuprüfende Datenumfang beschrieben noch endgültig festgelegt. Gerade letzteresist jedoch eine Forderung, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil überdas Volkszählungsgesetz 1083 fordert, um Angemessenheit, Bestimmtheit undTransparenz der Informationsverarbeitung durch öffentliche Stellen sicherzustel-len.

Die zuständigen Stellen sehen sich nicht in der Lage, das Verfahren solange zuändern, bis entweder die bislang bundeseinheitlichen Richtlinien geändert wer-den oder der Bund den § 12 PBefG novelliert bzw. in einer Rechtsverordnunghierzu den erforderlichen Datenumfang festgelegt hat.Seitens des Senators für Häfen, Schiffahrt und Verkehr ist das Problem an denBund/Länderfachausschuß Straßenpersonenverkehr herangetragen worden.

5.10.2 Funk-, Schiffs- und KrankentagebücherDer Verbleib von Funk-, Schiffs- und Krankentagebüchern insbesondere beimVerkauf von Schiffen war bisher gesetzlich nicht hinreichend geregelt. Lediglichdie Funktagebücher sind nach einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministersfür das Post- und Fernmeldewesen nach Abschluß der Einschreibungen direktoder über die Reederei an das Fernmeldeamt Hamburg einzusenden, um somit demFernmeldegeheimnis Rechnung zu tragen. Von selten des Bundesministers fürVerkehr war der Erlaß einer Verordnung über Seetagebücher beabsichtigt.Der Landesbeauftragte hat dem Senator für Häfen, Schiffahrt und Verkehr gegen-über angeregt, beim Bundesminister für Verkehr vorzuschlagen, erforderlichedatenschutzrechtliche Regelungen (z. B. Aufbewahrungsfristen für die Seetage- undKrankentagebücher) in den Verordnungsentwuf einzuarbeiten. Die Vorschlägesind im wesentlichen übernommen worden.

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5.11 Sonstige öffentliche Stellen, Körperschaften u. a.

5.11. l Kurze Darstellung von Problemen und Beschwerden

5.11.1.1 Krankenkassen

— Im Rahmen des Haushaltsstrukturgesetzes ist im Jahre 1982 der § 205 Abs. 4RVO dergestalt geändert worden, daß die Krankenkasse des Versichertenleistungspflichtig ist, für den der höhere Beitrag zu entrichten war. Um dieserRechtsvorschrift gerecht zu werden, können die Krankenkassen bei Prüfungder Familienhilfeansprüche von Kindern geschiedener Eltern Angaben überBeitragshöhe bzw. Bruttoverdienst sowie zuständige Krankenkasse des ge-schiedenen Partners anfordern. Dies führt gelegentlich dazu, daß ein Versi-cherter im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht Kontakt zu dem geschiedenenEhepartner aufnehmen muß, um die erforderlichen Daten zu erhalten. DieseRegelung führt bei dem Betroffenen häufig zu Problemen und stößt auf Un-verständnis. Dieser Fall zeigt auch, daß bei Gesetzgebungsvorhaben daten-schutzrechtliche Aspekte nicht immer berücksichtigt werden.

— Im Rahmen der Erhebungen nach § 205 RVO verwendete eine Krankenkasseeinen Fragebogen, der zum Ausdruck brachte, daß aufgrund der neuen Vor-schriften Leistungen für Familienangehörige nur dann übernommen werdenkönnen, wenn der Fragebogen ausgefüllt und unterschrieben zurückgesandtwird. Dabei wurde auch die Frage „Ergreift eines Ihrer Kinder im nächstenJahr einen Angestelltenberuf? Ja/nein" gestellt.

Nach den Datenschutzgesetzen ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage, imübrigen auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. Da die vorgenann-te Frage für die Erbringung der Leistungen nicht erforderlich ist, hat die Kran-kenkasse inzwischen den Erhebungsbogen neu gestaltet, so daß auf die er-wähnte Frage verzichtet wird.

— Nach § 184 Abs. l RVO wird Krankenhauspflege zeitlich unbegrenzt gewährt,wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus erforderlich ist, um die Krankheit zuerkennen oder zu behandeln oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. DieKrankenkassen benötigen hierzu Angaben, um die Pflicht zur Kostenüber-nahme beurteilen zu können. Hierzu werden Erhebungsbogen über notwendigeFeststellungen zur Beurteilung der Leistungspflicht nach § 184 RVO verwendet.Diese Erhebungsbogen sind in allen Bundesländern sehr unterschiedlich.

In Bremen besteht zwischen der Krankenhausgesellschaft der Freien Hanse-stadt Bremen e. V. und den Landesverbänden der Orts-, Betriebs-, Innungs-,Angestellten- und Arbeiterkrankenkassen im Lande Bremen eine Vereinba-rung, wonach das Krankenhaus ein Formblatt mit Angaben über Diagnosenund Behandlungsverlauf zur weiteren Krankenhausbehandlung und zur an-schließenden Versorgung an die Krankenkasse übersendet, wenn der Kran-kenhausaufenthalt aus medizinischen Gründen unter Berücksichtigung alter-nativer Möglichkeiten der Versorgung länger als drei Wochen dauern wird.Nach Durchsicht des Erhebungsbogens hat der Landesbeauftragte festgestellt,daß die dort genannten Angaben für die Beurteilung der Leistungspflicht er-forderlich sind.

— Nach § 31 Abs. l des Bundesmantelvertrages — Ärzte vereinbaren die Partnerdes Bundesmantelvertrages die zur Durchführung der kassenärztlichen Ver-sorgung erforderlichen Vordrucke. Dazu gehören die Vordrucke für die Kran-kenscheine. Auf diesen Krankenscheinen ist die Angabe des Arbeitgebers desVersicherten vorgesehen, aus denen ggf. die bestehende Arbeitslosigkeit desBetroffenen zu ersehen ist.

Die in Bremen ansässigen Krankenkassen halten die Angabe des Arbeitgebersauf den Krankenscheinformularen nicht für notwendig. Lediglich die Allge-meine Ortskrankenkasse beruft sich darauf, daß die in der vorgenannten Ver-einbarung festgelegten Vordruckmuster keine Abweichungen ergeben sollen,jedoch ist eine ausdrückliche Notwendigkeit der Angabe des Arbeitgebersnicht ersichtlich. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder wer-den demnächst das Umfrageergebnis beraten.

5.11.1.2 Kammern— Von der Wirtschaft werden kleinere Datenverarbeitungsgeräte (Mikrocom-

puter) für den Einsatz in Apotheken angeboten. Auf diesen D V- Anlagen kön-nen dann personenbezogene Daten wie Name, Vorname, Geburtstag, Ge-

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schlecht, Anschrift, verordnete Arzneimittel der Apothekenkunden gespeichertwerden. Nach Angeboten aus der Wirtschaft kann die Erfassung dann u. a. zureinen Werbezwecken wie z. B. Übersendung von Geburtstagsglückwünschenund ähnlichen Dingen verwendet werden.

Der Landesbeauftragte hält die Speicherung nach § 23 BDSG für unzulässig,es sei denn, der Kassen- oder Privatpatient erklärte sich ausdrücklich schriftlichi. S. von § 3 BDSG mit der Datenverarbeitung einverstanden. Die Apotheke be-nötigt zur Vertragsabwicklung mit dem Patienten nur die auf dem Rezeptblattenthaltenen Angaben zur Person des Patienten und den Namen der Kranken-kasse zu Verrechnungszwecken. Eine Speicherung dieser Angaben ist nichterforderlich, da die Angaben auf jedem Rezept erneut erfolgen. Aus daten-schutzrechtlicher Sicht besteht daher im Hinblick auf die ordnungsgemäßeArzneimittelversorgung der Bevölkerung keine Notwendigkeit für die Erfas-sung von den aufgeführten Daten der Apothekenkunden. Auch im Zusammen-hang mit einer Arzneimittelsicherheit wird eine derartige Erfassung nicht fürerforderlich gehalten.

Dieser Rechtsauffassung ist der Senator für Gesundheit und Sport beigetreten.Der Landesbeauftragte hat die Apothekerkammer Bremen gebeten, dieseRechtsauffassung den Apotheken im Lande Bremen mitzuteilen. Nach An-gaben der Apothekerkammer Bremen sind keine Apotheken bekannt, die Da-tenverarbeitungsgeräte zur Speicherung personenbezogener Daten einsetzen.Falls in Zukunft solche Geräte im Lande Bremen eingesetzt und damit Wer-bung betrieben werden sollte, wäre dies nach der Berufsordnung der Apothe-kerkammer Bremen unzulässig.

Weil im Vorkeller eines Mehrfamilienhauses in Bremerhaven ca. 50 Akten-ordner und 10 Kartons mit ärztlichen Unterlagen lagen, wurde die Polizei zumEinsatzort gerufen. Die Unterlagen bestanden aus alten Karteikarten und Arzt-berichten sowie anderen Informationen über Patienten, die noch aus der Zeitstammten, als der verstorbene Arzt die Praxis geführt hatte. Die Hausbewoh-ner der 33 Wohnungen des Mehrfamilienhauses hatten die Möglichkeit, dieAkten einzusehen, sie waren im Vorkeller ca. 2 m von der Fahrstuhltür ent-fernt gelagert.

Der jetzt praktizierende Arzt erklärte, er habe seine Angestellten beauftragt,die alten Unterlagen auszusortieren, um sie später vernichten zu lassen. Ihmsei nicht bekannt, daß die Angestellten die Akten in den Vorkeller gelegt hat-ten. Der Landesbeauftragte hat den Arzt darauf hingewiesen, daß die Unter-lagen der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen und nach § 203 StGB die Be-kanntgabe gegenüber Dritten — also auch gegenüber Hausbewohnern — straf-bewehrt ist. Für die ordnungsgemäße Lagerung bzw. Vernichtung ist der Arztselbst verantwortlich. Inzwischen hat der Arzt den Vorfall bedauert und eineordnungsgemäße Vernichtung der alten ärztlichen Unterlagen sichergestellt.

• Der Landesbeauftragte hatte sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, wiedie Gewährleistung der ärztlichen Schweigepflicht nach Praxisauflösung odernach Tod eines Arztes besser sichergestellt werden könnte. Ausgelöst wurdendie Überlegungen durch eine Anfrage einer Betroffenen, die vor ca. 5 Jah-ren zuletzt in ärztlicher Behandlung war und nun bei ihrer Ärztin Einsicht indie ärztlichen Unterlagen nehmen wollte. Dabei stellte die Betroffene fest, daßihre Ärztin die Praxis aufgegeben hatte und bereits verstorben war. In wes-sen Gewahrsam sich die Unterlagen befanden, konnte nicht gleich festgestelltwerden.

Gemäß § 11 Abs. 2 der Berufsordnung für Ärzte im Lande Bremen sind dieärztlichen Aufzeichnungen 10 Jahre nach Abschluß der Behandlung aufzube-wahren, ggf. kann eine längere Aufbewahrung auch erforderlich sein, wennsie nach ärztlichen Erfahrungen geboten ist. Gemäß § 11 Abs. 4 der Berufsord-nung für Ärzte im Lande Bremen hat der Arzt dafür Sorge zu tragen, daß seineärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde „in gehörige Obhutgegeben werden". Dem Landesbeauftragten schienen diese Regelungen zurGewährleistung der ärztlichen Schweigepflicht ausfüllungsbedürftig. Er hatdaher u. a. angeregt, daß die Ärztekammer in solchen Fällen Hilfestellung ge-währen möge.

Der Senator für Gesundheit und Sport hat das Problem mit der ÄrztekammerBremen besprochen und dazu folgendes mitgeteilt: Zur Ausfüllung der Rege-lungen von § 11 Abs. 2 und 4 der Berufsordnung für Ärzte im Lande Bremen

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sind von der Ärztekammer Bremen keine feststehenden Vorschriften erarbeitetworden. In der Praxis sind drei Fallgestaltungen zu differenzieren:

— Die Praxis des Arztes, der seinen Beruf nicht mehr ausüben will, wird voneinem Kollegen übernommen. In diesem Fall verbleiben die Krankenun-terlagen mit dem Einverständnis der Patienten bei dem die Praxis über-nehmenden Arzt.

— Der Arzt löst seine Praxis auf. In diesem Fall wird er die Krankenunter-lagen selbst weiterhin aufbewahren, um seiner Verpflichtung nach § 11Abs. 2 der Berufsordnung nachzukommen.

— Der noch in eigener Praxis tätige Arzt verstirbt. Die Praxis wird nicht über-nommen, sondern von den Erben aufgelöst. In diesen Fällen treten die Er-ben in die Rechtsstellung des Verstorbenen ein, so daß die Verpflichtungzur Aufbewahrung der Krankenunterlagen von ihnen zu erfüllen ist.

Um zu verhindern, daß Betroffene bei Praxisauflösung nach dem Verbleib ihrerKrankenunterlagen „fahnden" müssen, hat der Senator für Gesundheit undSport mit der Ärztekammer verabredet, daß diese eine Liste über den Ver-bleib von Praxisunterlagen führen wird, die es dem Patienten ermöglicht, seineUnterlagen nach Rückfrage bei der Ärztekammer wieder aufzufinden. Da dieÄrztekammer von der Praxisübernahme, der Praxisauflösung oder dem Todeines noch in eigener Praxis tätigen Arztes Kenntnis erhält, wird sie den be-treffenden Arzt oder dessen Erben anschreiben und um Mitteilung bitten, wound im Todesfall bei wem die Krankenunterlagen weiterhin aufbewahrt wer-den. Darüber hinaus könnte die Ärztekammer die Erben eines verstorbenenArztes gleichzeitig über die Verpflichtung zur Aufbewahrung der Krankenun-terlagen aufklären.

Obwohl auf diese Weise sichergestellt ist, daß nachfragenden Patienten um-gehend mitgeteilt werden kann, wo und bei wem sie Einsicht in ihre Kranken-unterlagen nehmen können, hat der Landesbeauftragte Bedenken, ob es rich-tig ist, die Erben eines verstorbenen Arztes mit der Aufbewahrung der Kran-kenunterlagen zu betrauen. Zum einen sind die Erben in der Regel nicht Ärzteund unterliegen daher nicht der ärztlichen Schweigepflicht, zum anderen kannin geeigneten Fällen die Vermittlung des Inhalts der Krankenakte durch denArzt bei der Einsichtnahme durch den Betroffenen erforderlich sein. Auch dieseEntscheidung kann in der Regel von Erben nicht getroffen werden.

6. Nicht-öffentlicher Bereich

6.1 Darstellung von Schwerpunkten

6.1.1 Adreßhandel

Viele Unternehmen und Gewerbebetriebe bedienen sich beim Vertrieb und beider Werbung für ihre Produkte und Dienste der Methode des Direktvertriebs undder Direktwerbung. Die hierbei benötigten Adressen und sonstigen Informationenüber die betroffenen Personen bzw. Firmen können u. a. von speziellen Adreß-verlagen, Adreßhändlern, Direktwerbeunternehmen oder durch Tausch/Verkauf/Vermietung eigener Kundenadressen erlangt werden. Nicht in jedem Fall gelangtdas am Direktvertrieb bzw. an der Direktwerbung interessierte Unternehmen inden Besitz des Adreßmaterials. Oft werden derartige Aktionen nicht selbst durch-geführt, sondern Dritte oder gar Vierte mit ihrer Durchführung beauftragt.

Mit dem zunehmenden Einsatz der automatisierten Datenverarbeitung in Wirt-schaft, Handel und Verwaltung hat sich die „Adreßhandels-Branche" erheblichausgeweitet, ihre Arbeitsmöglichkeiten und Leistungsangebote sind wesentlichdifferenzierter geworden. Das mühsame Zusammentragen, Vervielfältigen, Sor-tieren, Selektieren etc. von Adreßmaterial per Hand ist weitgehend durch auto-matisierte Verfahren abgelöst worden. An Direktvertrieb und Direktwerbunginteressierte Unternehmen und Gewerbebetriebe können ihr Adreßmaterial ingewünschter Aufbereitung oft aus Katalogen oder katalogähnlichen Angebotsun-terlagen auswählen. Aus dem Katalog eines großen deutschen Adressenverlageslassen sich z. B. folgende Angebote und Arbeitsweisen entnehmen:

— Der Adressenverlag verfügt nicht nur über ein umfassendes Angebot an Pri-vatanschriften, Berufs- und Branchenadressen, sondern auch über Spezialkol-lektionen wie Anschriften von speziellen Berufsgruppen, von Autobesitzernund Führungskräften, von Jägern und Kleingärtnern etc., die nach den ver-

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schiedensten Kriterien sortiert und selektiert werden können. So ist es z. B.möglich, Adressen von Hausbesitzern in einem bestimmten Postleitzahl-Bezirk,die ein bestimmtes Kraftfahrzeug fahren und einer bestimmten Berufsgruppe(wie z. B. Lehrer, Arzt, Journalist etc.) in einem bestimmten Wirtschaftszweigangehören, zu selektieren.

— Modernes Direct-Marketing ohne elektronische Datenverarbeitung ist un-denkbar. Nicht nur Erfassung, Pflege, Selektion und Ausdruck der Adressenläuft über die EDV. Der Adressenverlag bietet eine Vielzahl speziell für dieBelange des Direct-Marketings zugeschnittener Software-Pakete. So z. B. Ab-gleich-, Gebietsreform-, Portominimierungsprogramme, Marktanalyse-Soft-ware etc.

— Als Responsemedium gehört auch Bildschirmtext schon lange zum Angebots-spektrum des Adressenverlages. Dies bedeutet Beratung beim Einsatz diesesMediums, die Gestaltung von Programminhalten (Btx-Text und -Graphik), dieVerknüpfung von Btx-Seiten, die komplette Btx-Editierung und Übertragungin die Postrechner, die Schulung von Mitarbeitern und die Btx-Hardware-Be-ratung.

— Telefon-Marketing zählt bei ausgewählten Einsatzgebieten zu den erfolgreich-sten Marketing-Instrumenten und eignet sich besonders für Markterhebungen,Befragungen, Terminvereinbarungen, Reaktivierung inaktiver Kunden, Pro-duktverkauf. Der Adressenverlag bietet auch hierfür seine Dienste an.

— Als Kunden einer internationalen Unternehmensgruppe profitieren die Kun-den des Adressenverlages darüber hinaus auch vom Know-how seiner Speziali-sten vor Ort in Österreich, Frankreich, Spanien und der Schweiz.

Viele Betroffene wollen von dieser Vertriebs- und Werbemethode nichts wissenund bemühen die Datenschutz-Aufsichtsbehörden.

Der Landesbeauftragte mußte sich auch in diesem Berichtsjahr wieder mit. einerVielzahl von Anfragen und Beschwerden zum Problem des Adreßhandels be-schäftigen. Im Kern geht es dabei immer darum, daß Betroffene unverlangt per-sönlich adressierte Werbesendungen, Warenproben oder dgl. zugeschickt erhal-ten. Für viele stellt dies ein Ärgernis dar; andere geben sich damit nicht zufriedenund wollen von der Datenschutz-Aufsichtsbehörde festgestellt wissen, woher dieAbsender die Adreßangaben und die evtl. anderen Angaben über ihre persönli-chen Verhältnisse haben und wer sonst noch in den Besitz dieser Daten gelangtist oder noch gelangen wird.

Die datenschutzrechtlichen Möglichkeiten für den Betroffenen und die Daten-schutz-Aufsichtsbehörden, diese Fragen zu klären, sind äußerst gering. Zwar hatder Betroffene einen Auskunftsanspruch sowie einen eingeschränkten Löschungs-anspruch gegenüber der speichernden Stelle. Doch diese Rechte laufen bei denGepflogenheiten und dem Selbstverständnis in dieser Branche (Adreßhandel, Di-rektwerbung) in aller Regel leer: Entweder ist eine speichernde Stelle für ein Aus-kunfts- oder Löschungsersuchen nicht greifbar oder die entscheidende Auskunftüber die Datenquelle sowie die sonstigen Datenempfänger wird unter Hinweisauf das BDSG verweigert. Dem Betroffenen ist es damit so gut wie nie möglich,den „Handel mit seinen Daten" nachzuvollziehen und ggf. zu unterbinden. Dievom Allgemeinen Direktwerbe- und Direktmarketing-Verband e. V. (ADV) ge-führte „Robinson-Liste", auf die sich „werbemüde" Betroffene setzen lassen kön-nen, hat nur eine begrenzte und zudem zeitlich befristete Wirkung, da nicht alleDirektwerbeunternehmen diese Liste berücksichtigen, unterschiedliche Schreib-weisen der Adreßangaben nicht erkannt werden und Umzüge bzw. neue Rechtsge-schäfte des Betroffenen erneuten Datenhandel auslösen. Dies ist für viele Betrof-fene sehr unbefriedigend und läßt am Sinn und an der Wirksamkeit datenschutz-rechtlicher Regelungen zweifeln.

Auch die Möglichkeiten der Datenschutz-Aufsichtsbehörden sind sehr begrenzt.Denn sie können nur in wenigen Fällen überhaupt tätig werden, nämlich nur dann,wenn eine speichernde Stelle konkret benannt werden kann. Und dies ist seltender Absender der unverlangt zugeschickten Werbematerialien.

In einem Fall, den der Landesbeauftragte im Berichtsjahr zu bearbeiten hatte,konnte aufgrund besonderer Vorkehrungen eines Betroffenen die Datenquellegeortet werden: Der Betroffene hatte im Rahmen einer Bestellung bei einem Bre-mer Kaffeeversender die dienstliche Anschrift verwendet. An diese Anschrift wur-den einige Zeit nach der Bestellung persönlich adressierte Werbesendungen ver-

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schiedener anderer Firmen aus dem Bundesgebiet geschickt. Da der Betroffene diedienstliche Anschrift nur bei seiner Kaffeebestellung verwendet hatte, ließ sichin diesem Fall die Datenquelle leicht feststellen. Eine Prüfung bei dem Kaffeever-sender ergab, daß dieser seine Kundenadressen „befreundeten Versendern" zurVerfügung stellt und im Gegenzug deren Kundenadressen zur werblichen Nut-zung übermittelt erhält. Die Zulässigkeit dieser Datenübermittlungen wurde mit§ 24 Abs. 2 BDSG begründet, der die Übermittlung von listenmäßig oder sonstzusammengefaßten Daten für zulässig erklärt, wenn sie auf bestimmte Daten be-schränkt ist und schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht beeinträchtigt wer-den. Der Landesbeauftragte hat der Rechtsauffassung des Kaffeeversenders wider-sprochen, weil der Betroffene in diesem speziellen Fall ausdrücklich nicht mit derDatenweitergabe einverstanden war und weil die Adreßdaten per Magnetbandund nicht listenmäßig oder sonst zusammengefaßt übermittelt wurden. Mit derDatenschutzprüfung und der datenschutzrechtlichen Bewertung des Sachverhaltsdurch den Landesbeauftragten waren seine Möglichkeiten in diesem Fall erschöpft.Es blieb lediglich noch, den Betroffenen auf sein datenschutzrechtliches Strafan-tragsrecht hinzuweisen.

Dieser Fall, der für eine Vielzahl anderer Fälle steht, bei denen der Landesbeauf-tragte den Betroffenen jedoch mangels Zuständigkeit bzw. mangels konkreterAnsatzpunkte nicht helfen konnte, zwingt dazu, über die Regelungen des BDSGnachzudenken. Im Zusammenhang mit der Novellierung des BDSG wird zur Be-hebung von Mißständen in diesem Bereich und zur Verbesserung der Rechtspo-sition der Betroffenen u. a. diskutiert,

— § 24 Abs. 2 BDSG ersatzlos zu streichen,

— § 26 Abs. 2 BDSG dahingehend zu erweitern, daß sich der Auskunftsanspruchauch auf die Datenquelle bezieht,

— § 41 Abs. 3 BDSG um ein Strafantragsrecht für die Datenschutz-Aufsichtsbehör-den zu ergänzen (ähnlich wie im BrDSG, § 30 Abs. 3),

— den Datenschutz-Aufsichtsbehörden die Möglichkeit der Untersagung einermißbräuchlichen Verarbeitung personenbezogener Daten zu geben.

Diese Vorschläge zeigen, daß Regelungsbedarf im Bereich des Adreßhandels undder Direktwerbung gesehen wird.

Aus der Sicht des Landesbeauftragten wäre es überlegenswert, eine spezifischeRegelung für diesen Bereich zu schaffen.

6.1.2 Angebot von bonitätsgeprüften Adressen durch eine Handels- und Wirt-schaftsauskunftei

Eine große Handels- und Wirtschaftsauskunftei bietet ihren Kunden nach Auto-matisierung des Auskunftsarchivs als neue, zusätzliche Leistung an, nach vorge-gebenen Kriterien wie z. B. Branche, Region, Rechtsform, Umsatzhöhe, Zahlungs-verhalten aus dem zu Auskunftszwecken gespeicherten Datenbestand qualifizierteAdressen und Informationen zu selektieren (sog. bonitätsgeprüfte Marketing-Adressen). In dem Angebotsschreiben der Auskunftei wird darauf hingewiesen,daß diese Selektion den gesamten Auskunftsdatenbestand der Auskunftei einbe-zieht und gezielt die Datensätze herausgesucht und ausgegeben werden, auf diedie Kriterien des auftraggebenden Kunden zutreffen. Der Betroffene, dessen Da-ten bei der Auskunftei gespeichert sind, erfährt von dieser neuen zweckentfrem-deten Datenverwendung nichts.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Problems und da auch andere Handels-und Wirtschaftsauskunfteien derartige Angebote entwickeln könnten, haben sichdie obersten Datenschutz-Aufsichtsbehörden mit dieser Frage befaßt. Die Weiter-gabe „bonitätsgeprüfter Marketing-Adressen" wirft die datenschutzrechtlicheFrage auf, ob es sich um einen Handel mit Adressen oder um die Erteilung einerHandels- oder Wirtschaftsauskunft handelt. Die Datenschutz-Aufsichtsbehördenvertreten hierzu einmütig die Auffassung, daß die Selektion und Weitergabederartiger Daten und Informationen durch die Handels- und Wirtschaftsauskunfteinicht dem Adreßhandel zuzuordnen ist, sondern eine erweiterte Form einer Han-dels- bzw. Wirtschaftsauskunft darstellt und sich nach § 32 Abs. 2 BDSG bestimmt.Nach dieser Gesetzesbestimmung ist für die Übermittlung personenbezogenerDaten in jedem einzelnen Fall ein berechtigtes Interesse glaubhaft darzulegen,was bei einer ungezielten Anfrage dieser Art von vornherein zu bezweifeln seindürfte. Die von der Handels- und Wirtschaftsauskunftei angebotene neue Dienst-

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leistung „bonitätsgeprüfte Marketing-Adressen" ist deshalb nach Auffassungaller Datenschutz-Aufsichtsbehörden datenschutzrechtlich höchst zweifelhaft, wennnicht sogar unzulässig.

An diesem Beispiel zeigt sich erneut, daß die Befugnisse der Datenschutz-Auf-sichtsbehörden nicht ausreichen, um Verstöße gegen geltendes Datenschutzrechtahnden bzw. wirksam abstellen zu können. Nach dem BDSG hat die Datenschutz-Aufsichtsbehörde — was Verstöße gegen die Zulässigkeit der personenbezogenenDatenverarbeitung anbetrifft — nur die Möglichkeit, die Rechtslage festzustellenund evtl. einen Betroffenen auf sein Strafantragsrecht hinzuweisen. Eine eigeneSanktionsmöglichkeit (z. B. Untersagungsverfügung, Strafantragsrecht) hat dieDatenschutz-Aufsichtsbehörde nicht.

6. l .3 Erfassung und Verarbeitung von Telefongesprächsdaten

Im Berichtsjahr haben sich mehrere Betriebs- und Personalräte wegen der Erfas-sung und Verarbeitung von Telefongesprächsdaten an den Landesbeauftragtengewandt und um datenschutzrechtliche Beratung gebeten. Im Zuge der technolo-gischen Entwicklung gehen immer mehr Behörden und Betriebe, Krankenhäuserund Hotels dazu über, Telefonanlagen mit einer automatisierten Gesprächsdaten-erfassung zu installieren und die erfaßten Daten u. a. für Zwecke der internenKostenverrechnung und individuellen Abrechnung weiter zu verarbeiten. In derRegel werden dabei folgende Daten erfaßt und weiter verarbeitet:

Datum und Uhrzeit

Rufnummer des Apparates, von dem aus das Telefonat geführt wird

Nummer des angerufenen Teilnehmers (Vorwahl und Rufnummer)

Anzahl der Gesprächseinheiten

Art des Gesprächs (privat, dienstlich)

Gesprächsdauer in Stunden, Minuten, Sekunden.

Die Datenträger mit den erfaßten Telefongesprächsdaten (z. B. Lochstreifen, Ma-gnetbandkassette) fließen in der Regel in ein nachgehendes periodisch ablaufen-des Datenverarbeitungsverfahren ein, in dem die Gesprächsdaten nach privat unddienstlich sowie nach anderen Kriterien wie z. B. Organisationseinheit, Kosten-stelle, Zeitraum sortiert und verschiedene Listen und Druckausgaben erstellt wer-den. Die Gebühren für die dienstlichen Telefonate sollen innerhalb der Betriebs-abrechnung bzw. der internen Kostenrechnung weiter verrechnet, d. h. weiter ver-arbeitet werden, die Gebühren für die Privattelefonate mit dem Anrufer individuellabgerechnet werden.

Da es sich hierbei um eine personenbezogene Datenverarbeitung handelt, sind ne-ben dem vom Grundgesetz geschützten Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) und denBestimmungen des Fernmeldeanlagengesetzes die Bestimmungen des allgemeinenDatenschutzrechts zu beachten (BDSG, BrDSG). Der Landesbeauftragte hat zurdatenschutzrechtlichen Bewertung dieses Sachverhalts schon vor Jahren Stellunggenommen (vgl. 3. Jahresbericht, Pkt. 5.2.2, 4. Jahresbericht, Pkt. 5.2.4.4). Wegender vermehrten Anfragen und der grundsätzlichen Problematik soll die daten-schutzrechtliche Beurteilung nochmals am Beispiel einer speichernden Stelle dar-gestellt werden, die unter das BDSG fällt (z. B. privatwirtschaftliches Unterneh-men, Hotel, privates Krankenhaus).

Nach § 3 BDSG ist die Verarbeitung geschützter personenbezogener Daten nurzulässig, wenn das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder derBetroffene eingewilligt hat, wobei die Einwilligung in der Regel der Schriftformbedarf. Eine spezifische Rechtsvorschrift für die Erfassung, Speicherung und Ver-arbeitung von Telefongesprächsdaten existiert nicht. Deshalb ist diese personen-bezogene Datenverarbeitung grundsätzlich nur mit Einwilligung der Betroffenenmöglich. Im Falle der Erfassung und Verarbeitung der genannten Telefonge-sprächsdaten gibt es stets zwei Betroffene, nämlich den Anrufer und den Angeru-fenen. In der Regel kann nur vom Anrufer die Einwilligung zur Verarbeitung sei-ner personenbezogenen Daten eingeholt werden; liegt keine Einwilligung vor,dann beurteilt sich die Verarbeitung seiner Daten nach den Vorschriften der §§ 23bis 26 BDSG. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Angerufenenist mangels erteilter Erlaubnis lediglich im Rahmen der Vorschriften des BDSG(§§ 23 bis 26) zulässig.

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Das BDSG fordert in solchen Fällen das Vorliegen eines berechtigten Interessesder speichernden Stelle. Ein solches könnte in der Vermeidung unnötiger Telefon-gespräche bzw. einer korrekten Benutzung des auf Kosten der speichernden Stellezur Verfügung gestellten Telefons liegen. Dem berechtigten Interesse stehen dieschutzwürdigen Belange der Betroffenen gegenüber. Ihr schutzwürdiges Interessekann in der Beachtung des Fernmeldegeheimnisses und auch darin liegen, unkon-trolliert private Fernsprechkontakte zu unterhalten und die Erstellung von soge-nannten „Telefonprofilen" zu vermeiden. Für die Nachweisung und Abrechnungder privaten Telefongespräche ist die angewählte Teilnehmernummer nicht erfor-derlich. Deshalb hat der Landesbeauftragte empfohlen, nur eine auf fünf odersieben Stellen verkürzte Nummer des angewählten Teilnehmers (Vorwahl undverstümmelte Rufnummer) zu erfassen bzw. — sofern technisch nicht anders mög-lich — weiter zu verarbeiten. Dem Anrufer verbliebe dabei die Kontrollmöglich-keit seiner Privattelefonate, der speichernden Stelle die Möglichkeit der Nach-weisung und Abrechnung dieser Gespräche. Technische Hindernisse stehen einersolchen Verfahrensweise in der Regel nicht entgegen. Besondere Verfahrens-,Aufbewahrungs- und Löischungsregelungen könnten gewährleisten, daß trotz Er-fassung der vollständigen Teilnehmernummer keine zweckfremde Verwendungdieses Merkmals vorgenommen wird.

Die Rechtsprechung hat sich verschiedentlich mit der Telefongesprächsdatenerfas-sung beschäftigt. In einem frühen Urteil des OVG Bremen vom 18. Dezember 1979(NJW 80, 606), das vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 10. Au-gust 1981 (NJW 82, 840) bestätigt wurde, war entschieden worden, daß Art. 10 GGbei der Registrierung dienstlicher Ferngespräche im Verhältnis des Beamten zuseinem Dienstherrn nicht anwendbar sei, insoweit unterliege der beamtete Hoch-schullehrer auch der Dienstaufsicht. Im übrigen (hinsichtlich der privaten Telefo-nate) habe die Hochschullehrerin konkludent darin eingewilligt, daß die Gesprächs-daten aufgezeichnet würden.

Die darüber hinausgehende Begründung des OVG Bremen, die Wirksamkeit einesVerzichts auf das Fernmeldegeheimnis hänge nicht davon ab, daß der von einemDiensttelefon aus angerufene Gesprächspartner gleichzeitig auf die Einhaltung desihm aus Art. 10 GG zustehenden Grundrechts verzichtet hat, hat das Bundesver-waltungsgericht in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen. Die Entschei-dung tangiert daher ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Ar-beitgeber; die mit der Telefondatenspeicherung verbundene datenschutzrechtlicheProblematik ist offensichtlich von der Entscheidung ausgeklammert worden.

Im letzten Jahr sind drei Entscheidungen bekannt geworden, die sich mit der Tele-fondatenspeicherung im privatwirtschaftlichen Bereich auseinandersetzen. In allenangesprochenen Streitfällen geht es darum, ob die Nummer des angerufenenGesprächspartners in automatisierten Verfahren gespeichert werden darf.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte sich in seiner Entscheidung vom30. April 1984 (Az. 10[12] TaBV 10/84) mit einer durch Spruch der Einigungsstellezustandegekommenen Betriebsvereinbarung auseinanderzusetzen, bei der hervor-zuheben ist, daß die Betriebsvereinbarung ausdrücklich private Telefongesprächevon Dienstapparaten verbietet. Private Gespräche sollten von auf dem Betriebs-gelände stehenden öffentlichen Münzfernsprechern geführt werden.

Bei dieser Lage geht das Gericht davon aus, daß jemand, der gegen diese Verein-barung verstößt, nicht den Schutz der grundgesetzlichen Rechtsordnung für sich inAnspruch nehmen könne. Bei dienstlichen Telefongesprächen werde der Arbeit-nehmer nicht als Grundrechtsträger tätig, diese Gespräche seien von ihrer Art hervielmehr voll dem Arbeitgeber zugeordnet. Da der Anschlußinhaber (Arbeitgeber)andere von der Benutzung seines Fernsprechanschlusses ausschließen könne,müsse er auch berechtigt sein, die Benutzung zu beschränken und zweckgebundenzu gestalten. Der Anruf eines Arbeitnehmers aus dienstlichem Anlaß müsse sogewertet werden, als würde der Arbeitgeber selbst anrufen. In diesem Falle wärenihm die Gesprächsdaten aber auch bekannt.

Hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Beurteilung geht das Gericht davon aus,daß diese Speicherung auch im Rahmen von § 23 BDSG zulässig sei, da nicht fest-gestellt werden könne, daß schutzwürdige Belange der Betroffenen, also der In-haber der externen Rufnummern, in relevanter Weise beeinträchtigt würden. DasGericht verkennt dabei offensichtlich die spezifischen Gefährdungen, die durchautomatisierte Speicherungen, verbunden mit den weiteren automatisierten Ver-arbeitungsmöglichkeiten, eintreten können. So stellt das Gericht den Vergleich an,

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daß der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer z. B. auch den handschriftlichenVermerk des Arbeitnehmers in bezug auf jede extern gewählte Telefonnummerverlangen könne. Ein Unterschied zur automatisierten Speicherung bestehe nicht.

Anders beurteilt die Situation das Arbeitsgericht Hamburg in seiner Entscheidungvom 19. Dezember 1984 (Az. 6 B v 14/83), das insbesondere auch die mit der auto-matisierten Datenverarbeitung im Volkszählungsurteil des Bundesverfassungs-gerichts hervorgehobene Gefährdungslage berücksichtigt. Der Entscheidung liegtoffensichtlich der Sachverhalt zugrunde, daß vom Dienstapparat private Gesprächegeführt werden dürfen, eine Trennung von dienstlichen und privaten Gesprächentechnisch möglich ist und die privaten Gespräche gesondert abgerechnet werdensollen.

Das Arbeitsgericht kommt zu dem Ergebnis, daß bei automatisierter Gesprächs-datenerfassung von privaten Gesprächen die Aufzeichnung der Rufnummer desangewählten Teilnehmers in vollem Umfange nicht zulässig sei, sondern daßlediglich die Vorwahlnummer gespeichert werden dürfe.

Das Gericht führt aus, daß die Speicherung und der Ausdruck der Rufnummer desangewählten Teilnehmers von Privatgesprächen der Mitarbeiter gegen § 75 Be-triebsverfassungsgesetz und Art. l und 2 GG verstoße. Bei der Überwachung derMitarbeiter sei darauf zu achten, daß die Persönlichkeit des einzelnen nicht unan-gemessen eingeschränkt werde. Der Arbeitnehmer sei nicht nur Objekt des betrieb-lichen Geschehens. Bei der Einführung neuer Technologien sei der Arbeitgeberverpflichtet, die Auswirkungen der modernen Systeme auf das Persönlichkeits-recht der Arbeitnehmer auf das Unumgängliche zu beschränken. Private Telefon-gespräche gehörten, auch wenn sie von einem betrieblichen Apparat aus geführtwürden, zum geschützten Persönlichkeitsrecht des einzelnen. Wenn sich der Arbeit-geber jederzeit ohne Kontrolle und Wissen des Arbeitnehmers Kenntnis über dieTeilnehmer persönlicher Gespräche verschaffen könne, sei das Persönlichkeits-recht des Arbeitnehmers erheblich betroffen. Durch diese latente technische Über-wachung der Mitarbeiter würde die Überwachung an sich als Mittel zur Durch-setzung von Anweisungen genommen, ohne daß im Einzelfall die Daten benötigtwürden.

Die Erfassung privater Gespräche verstoße auch gegen § 23 2. Alternative BDSG,denn es sei nicht erforderlich, die externe Rufnummer bei privaten Gesprächen zuerfassen und zu speichern. Die vom Arbeitgeber verfolgten Ziele der Minimierungder Telefonkosten ließen sich auch auf andere Art und Weise ermöglichen. Grund-sätzlich habe das BDSG insbesondere zum Ziel, den Bürger davor zu schützen, daßimmer mehr seiner persönlichen Daten computermäßig und kurzfristig verfügbargemacht würden mit der Folge, daß Persönlichkeitsprofile zu bestimmten Frage-stellungen ohne nennenswerten Zeit- und Arbeitsaufwand hergestellt werdenkönnten. Nach dem gesetzgeberischen Zweck sei daher eine Erforderlichkeit fürdie Speicherung personenbezogener Daten nicht anzunehmen, solange andere Maß-nahmen noch nicht hinreichend ausgeschöpft seien. Darüber hinaus verstoße dieSpeicherung externer privater Rufnummern auch gegen § 26 BDSG, da eine Be-nachrichtigung bei der Telefondatenerfassung nicht vorgesehen sei. Es könne abernicht davon ausgegangen werden, daß mit der Teilnahme am Fernsprechverkehrzugleich die Einwilligung in eine automatisierte Erfassung bei Telefongesprächengegeben werde. Da die Speicherung schon mit der Wahl der Rufnummer erfolge,könne eine Einwilligung auch nicht mehr im Rahmen des geführten Telefonge-sprächs eingeholt werden.

Im weiteren verneint das Urteil die Zulässigkeit von Telefondatenerfassung beiJournalisten, weil durch eine solche Regelung nicht die Anonymität der Infor-mationsquellen gewährleistet sei. Die Telefondatenerfassung laufe insofern Ge-fahr, das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten über ihre Informanten ge-mäß § 53 Abs. l Nr. 5 StPO zu vereiteln. Schließlich verneint das Gericht die Zu-lässigkeit der Telefondatenaufzeichnung über Gespräche, die Mitglieder des Be-triebsrates in Ausübung ihrer Tätigkeit führen würden, eine derartige Aufzeich-nung verstoße gegen § 78 Betriebsverfassungsgesetz, weil schon der Anscheineiner Überwachung als Störung oder Behinderung der Betriebsratstätigkeit anzu-sehen sei.

In einer anderen Entscheidung hatte das Arbeitsgericht Hamburg in seinem Be-schluß vom 29. August 1984 (Az. 23 Bv 6/84) die Speicherung der angerufenenNummer generell für unzulässig erklärt; in diesem Fall waren vom privatenArbeitgeber Privatgespräche vom Diensttelefon zugelassen, ohne das eine Unter-

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Scheidungsmöglichkeit nach dienstlichen und privaten Telefonnummern technischvorgesehen war.

Die drei arbeitsgerichtlichen Urteile sind nicht rechtskräftig; der Landesbeauftragtewird die Rechtsprechung auf diesem Gebiet weiter verfolgen.

6.1.4 Versicherungswesen

Auch im Jahre 1984 haben die Obersten Aufsichtsbehörden nach dem BDSG ver-sucht, bei den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft Regelungen zurVerbesserung des Datenschutzes zu erreichen. Von den Verhandlungen in 1985erhofft sich der Landesbeauftragte weiteren Aufschluß.

— Schweigepflichtentbindungsklauseln

Der Landesbeauftragte hat bereits mehrfach, zuletzt in seinem 6. Jahresbericht(Pkt. 6.1.2) kritisiert, daß die Versicherer von den Versicherungsnehmern — be-sonders bei Abschluß einer Lebensversicherung — verlangen, daß sie die Ver-sicherungsgesellschaften zur Nachprüfung und Verwertung der Gesundheitsver-hältnisse ermächtigen, alle Ärzte, Krankenhäuser oder auch Behörden über dieGesundheitsverhältnisse zu befragen.

Datenschutzrechtliche Bedenken gegen derartig weitgefaßte Schweigepflichtent-bindungsklauseln bestehen hauptsächlich darin, daß die Einwilligung des Betrof-fenen nicht den Anforderungen des § 3 Nr. 2 BDSG entspricht, da sie i. S. dieserVorschrift nicht hinreichend bestimmt ist. Außerdem dürfte es zu weit gehen,wenn der Betroffene die Versicherungsgesellschaft ermächtigt, sämtliche Behör-den um Auskunft zu befragen. Da es sich hierbei im wesentlichen um die Sozial-versicherungsträger handelt, die wiederum dem Sozialgesetzbuch unterliegen undgemäß § 67 Nr. 2 SGB X das Sozialgeheimnis nur dann offenbaren dürfen, soweitder Betroffene im Einzelfall eingewilligt hat, entsprechen die derzeitigen Schweige-pflichtentbindungsklauseln nicht den gesetzlichen Vorschriften.

Die datenschutzrechtliche Problematik wird noch deutlicher, wenn man berücksich-tigt, daß der 85. Deutsche Ärztetag bereits im Mai 1982 zu „Fragen der ärztlichenSchweigepflicht und Probleme des Datenschutzes" beschlossen hat, daß sich Sozial-leistungsträger, Privatversicherer, Gerichte und Behörden bei Arztanfragen nichtdarauf berufen können, daß der Patient pauschal einer Befreiung von der ärzt-lichen Schweigepflicht zugestimmt hat.

Vorläufig ist daher den Behörden, Ärzten und Krankenhäusern zu raten, getrennteEinwilligungen des Betroffenen zu fordern, damit ihm der Umfang und die Trag-weite seiner Einwilligungserklärung auch für bereits abgeschlossene und gegen-wärtige Behandlungen sichtbar wird.

— Zentrale Dateien der Versicherungsverbände

Wie bereits im 6. Jahresbericht unter Pkt. 6.1.2 ausführlich dargestellt wurde, sindin den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungswirtschaft Daten-verarbeitungsklauseln enthalten, die den Versicherer ermächtigen, eine Daten-übermittlung an Dritte vorzunehmen. Aufgrund solcher Klauseln werden von deneinzelnen Versicherungen an die verschiedenen Verbände der Versicherungswirt-schaft Daten der Versicherungsnehmer übermittelt, zentral gespeichert und an dieangeschlossenen Versicherungsgesellschaften wieder rückübermittelt, so daß einVersicherungsunternehmen feststellen kann, ob ein Versicherungsnehmer bereitsbei einer anderen Versicherung einen Vertrag abgeschlossen hat, ob ihm vielleichtgekündigt oder ob die Aufnahme abgelehnt worden ist. So gibt es eine Sonder-wagnisdatei der Lebensversicherer, eine Malusdatei des HUK-Verbandes für dieKfz.-Haftpflichtversicherung und eine zentrale Registrierstelle Rechtsschutz desHUK-Verbandes.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben dazu festgestellt,daß derartige Datenübermittlungen an alle Versicherer der jeweiligen Sparte imganzen Bundesgebiet nicht zulässig sind, weil weder eine wirksame Einwilligungdes Betroffenen gemäß § 3 Nr. 2 BDSG vorliegt noch die Voraussetzungen für eineDatenübermittlung nach § 32 Abs. 2 BDSG erfüllt sind.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat daraufhingewiesen, daß vorgeschlagene Anregungen zur Umstellung des Verfahrensbezüglich der Sonderwagnisdatei „Leben" derzeit technisch nicht durchführbarseien. Im übrigen hat der GDV wegen der angeblich unsicheren Rechtslage gegen-wärtig nicht die Absicht, eine Änderung des Verfahrens bei den Verbänden durch-

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zusetzen. Er beruft sich insbesondere auf die Novellierung des BDSG nach demVolkszählungsurteil und hat vorgeschlagen, zunächst den Gesetzentwurf derKoalitionsfraktionen abzuwarten. Außerdem beabsichtige der Gesamtverband derDeutschen Versicherungswirtschaft, innerhalb der nächsten zwei Jahre nach Bonnumzuziehen, weshalb kostenträchtige Zwischenlösungen nicht durchsetzbar seien.

Die Langwierigkeit der Verhandlungen steht in keinem Verhältnis zur Beschwerde-intensität auf Seiten der betroffenen Bürger. Der Landesbeauftragte gibt deshalbzu bedenken, ob nicht künftig noch stärker als bisher gesetzliche Regelungensowohl für den Kontrollbereich als auch für den spezifischen Datenschutz in derVersicherungswirtschaft vom Gesetzgeber zu ergreifen sind. In der Entschließungüber die Auswirkungen des Volkszählungsurteils vom 27. März 1984 zu Pkt. 1.7hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten die besondere Bedeutung desGrundsatzes der Zweckbindung für die Datenverarbeitung in der Versicherungs-wirtschaft hervorgehoben. Die Übermittlung personenbezogener Daten an andereVersicherer, auch innerhalb einer Versicherungsgruppe, darf nur unter engen Vor-aussetzungen und unter Wahrung strenger organisatorischer und verfahrensrecht-licher Vorkehrungen für die Datensicherung zugelassen werden.

Diesem Anliegen ist bisher noch nicht Rechnung getragen worden.

6.1.5 Bankauskunftsverfahren

Die Obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereichhatten die gängige Praxis der Bankauskünfte als datenschutzrechtlich unzulässigbezeichnet. In Anerkennung dieser Rechtsauffassung beabsichtigte die Kredit-wirtschaft, die gängige Praxis der Bankauskünfte durch eine Änderung ihrer All-gemeinen Geschäftsbedingungen zu legalisieren (vgl. 6. Jahresbericht, Pkt. 6.1.1).Daraufhin setzte eine Flut von Protesten in der Bevölkerung ein, die sich zumgroßen Teil auch bei den Datenschutzbeauftragten niederschlug.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, die für den Datenschutzim privaten Bereich zuständigen Behörden („Düsseldorfer Kreis") und die Kredit-wirtschaft haben in Verhandlungen Einigkeit über die Erteilung von Bankaus-künften erzielt. Ziel war es, die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen undGrenzen des Bankauskunftsverfahrens zu präzisieren, die Kunden über Inhalt undZweck dieses Verfahrens umfassend zu unterrichten und sie auf ihre Rechte hin-zuweisen. Ausgangspunkt war dabei, daß Auskünfte nur erteilt werden dürfen,sofern dies dem Willen des Kunden entspricht. Darüber hinaus können Kredit-institute nur aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet sein, Auskünfte zuerteilen (z. B. in Strafverfahren). Für das Bankauskunftsverfahren gelten nunmehrfolgende Anforderungen:

— Das Kreditinstitut ist berechtigt, über Geschäftskunden (juristische Personenund Kaufleute) Bankauskünfte zu erteilen, sofern ihm keine anderslautendeWeisung des Kunden vorliegt.

— Bankauskünfte über Privatkunden erteilt das Kreditinstitut nur dann, wenndiese allgemein oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt haben.

— Bankauskünfte sind allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungenüber die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit undZahlungsfähigkeit. Betragsmäßige Angaben über Kontostände, Sparguthaben,Depot oder sonstige dem Kreditinstitut anvertraute Vermögenswerte sowieKreditinanspruchnahmen werden nicht gemacht.

— Bankauskünfte erhalten nur eigene Kunden sowie andere Kreditinstitute fürderen eigene Zwecke und die ihrer Kunden. Sie werden nur dann erteilt, wennder Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaub-haft darlegt.

Einvernehmen wurde auch über folgende Einzelheiten der praktischen Durchfüh-rung des Bankauskunftsverfahrens erzielt:

— Die Auskunftsverweigerung wegen fehlender Einwilligung ist so zu formu-lieren, daß sie nicht als negative Auskunft verstanden werden kann. Liegt beiPrivatkunden eine Einwilligung nicht vor oder hat bei Geschäftskunden derKunde die Erteilung einer Auskunft untersagt oder hat die anfragende Stellekeinen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, ist dies in derAntwort deutlich zum Ausdruck zu bringen.

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— Die Auskunft darf sich nur auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kundenund sein Verhalten im Geschäftsleben beziehen.

— Bankauskünfte werden nur aufgrund von Erkenntnissen erteilt, die der aus-kunftgebenden Stelle vorliegen. Es werden keine Recherchen (etwa mit Hilfevon Wirtschaftsauskunfteien) angestellt.

— Hat das Kreditinstitut eine von Anfang an unrichtige Auskunft erteilt, so ist eszur Richtigstellung gegenüber dem Auskunftsempfänger verpflichtet.

— Der Kunde, der eine Auskunft erhält, ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daßer empfangene Informationen nur für den angegebenen Zweck verwenden undnicht an Dritte weitergeben darf.

— Mündlich erteilte Bankauskünfte werden dokumentiert und sollen in der Regelschriftlich bestätigt werden.

— Auf Verlangen des Betroffenen hat das Kreditinstitut den Inhalt einer erteiltenAuskunft mitzuteilen.

— Wirtschaftsauskunfteien erhalten keine Bankauskünfte.

Hinsichtlich des Schufa-Verfahrens besteht Einvernehmen, daß der Kunde darüberausführlicher und deutlicher unterrichtet werden soll. Die Schufa-Klausel wurdenoch nicht abschließend erörtert, weil zunächst der Ausgang eines beim Bundes-gerichtshof schwebenden Rechtsstreits abgewartet werden soll, der über die Wirk-samkeit der Schufa-Klausel geführt wird.

Die Datenschutzbehörden weisen darauf hin, daß eine Datenübermittlung an dieSchufa ein Geschäft mit Kreditrisiko voraussetzt. Sie folgern daraus, daß für dieEröffnung eines Girokontos, das nur auf Guthabenbasis geführt werden soll, dieUnterzeichnung der Schufa-Klausel nicht verlangt werden darf. Sie fordern des-halb die Kreditwirtschaft auf, die Errichtung von Girokonten, die nur auf Gut-habenbasis geführt werden, auch ohne Schufa-Klausel zu ermöglichen.

Die Vertreter der Kreditwirtschaft haben demgegenüber darauf hingewiesen, daßein ausschließlich auf Guthabenbasis zu haltendes Konto von Seiten des Kredit-instituts eine spezielle Beobachtung erfordert, was die organisatorischen Möglich-keiten eines automatisierten Massengeschäfts überschreiten kann. Außerdemhaben sie darauf aufmerksam gemacht, daß der Kunde auf verschiedene moderneFormen des Zahlungsverkehrs (ec-Scheck, GAA-Karte) verzichten müßte.

6.2 Kurze Darstellung von Einzelbeschwerden

— Der Landesverband Bremen des Berufsverbandes Deutscher Psychologen plantedie Zusammenstellung eines Psychologenführers, in dem sämtliche in Brementätigen Diplom-Psychologen mit Namen und Adresse in übersichtlicher Weiseangegeben werden sollten. Der Psychologenführer dient allen beruflich Inter-essierten in ihrer Arbeit sowie Psychologiestudenten und Fachfremden zurschnellen und systematischen Information und wird kostenlos an Mitgliederund Interessenten (Ärzte, Versicherungen, Ämter etc.) verteilt. Wegen derbesseren Korrekturmöglichkeiten sollten die Daten auf Disketten gespeichertwerden.

Der Landesbeauftragte hat den Berufsverband Deutscher Psychologen daraufhingewiesen, daß das Speichern personenbezogener Daten zulässig ist imRahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses mit dem Betrof-fenen oder soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der speicherndenStelle erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, daß dadurchschutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Da schutzwür-dige Belange der betroffenen Psychologen in Bremen nicht generell ausge-schlossen werden können, ist es ratsam, vorher die Einwilligung der Betrof-fenen gemäß § 3 Nr. 2 BDSG einzuholen. Soweit die Speicherung der Datenunzulässig ist, dürfen sie auch nicht veröffentlicht werden. Abgesehen von derZulässigkeit dieser Speicherung ist die Veröffentlichung der Daten von Nicht-mitgliedern des Berufsverbandes ohne Einwilligung unzulässig.

— In mehreren Beschwerden ging es um die Frage, ob im Rahmen von Heizkosten-bzw. Nebenkostenabrechnungen die Mieter bzw. Wohneigentümer über dieAbrechnungsdaten der anderen Mieter bzw. Wohneigentümer informiert wer-den und z. B. das Hausmeistereinkommen erfahren dürfen.

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Die Bekanntgabe der Abrechnungsdaten anderer Hausbewohner oder auch desHausmeistereinkommens richtet sich nach § 24 Abs. l BDSG, wonach die Über-mittlung personenbezogener Daten zulässig ist, soweit es zur Wahrung berech-tigter Interessen der anderen Mieter erforderlich ist und dabei schutzwürdigeBelange des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden. Demnach ist abzuwägenzwischen dem Interesse der anderen Mieter, eine ordnungsgemäße und klardurchschaubare Abrechnung zu erhalten und dem Interesse des Betroffenen,dessen Daten den anderen Hausbewohnern zugänglich gemacht werden.

In diesem Fall vertreten die Obersten Aufsichtsbehörden die Ansicht, daß denberechtigten Interessen der anderen Mieter Vorrang vor den schutzwürdigenBelangen des Betroffenen einzuräumen ist. Damit kann jedoch nicht die gene-relle Offenbarung der Daten gerechtfertigt werden. Um den schutzwürdigenBelangen des Betroffenen Rechnung zu tragen, sollten nur pauschale Angabenin der Heizkostenabrechnung gemacht werden, wobei den Mietern Einsicht indie Abrechnungsunterlagen gewährt werden muß, wenn dies überzeugend mitder Kontrolle der Heizkostenabrechnung begründet wird.

Ähnlich ist zu verfahren, wenn es um das Einkommen des Hausmeisters geht.Danach sind die insgesamt für den Posten des Hausmeisters aufgewendetenGelder, ferner der Verteilerschlüssel, der Betrag der jeweiligen Umlage unddie hierauf bereits geleisteten Vorauszahlungen in der Neben- bzw. Betriebs-kostenabrechnung aufzuführen. Ein Aufschlüsseln der Gesamtkosten in Lohn-kosten, geldwerte Leistung (wie z. B. freies Wohnen, Sozialabgaben etc.) ist imRahmen der Gesamtabrechnung nicht erforderlich, jedoch sind die der Berech-nung zugrundeliegenden Belege und Auflistungen zur Einsichtnahme und Prü-fung bereitzuhalten, so daß dem Mieter bzw. Wohneigentümer, wenn er Zwei-fel an der Richtigkeit der Abrechnung hat, eine Kontrolle möglich ist.

Im Rahmen der Kreditgewährung für einen Bausparvertrag wird eine Bauspar-Risikoversicherung (Lebensversicherung) gefordert. Im Versicherungsantragbefändet sich folgender Passus:

„Ich willige ferner ein, daß die Versicherung, soweit dies der ordnungsgemäßenDurchführung meiner Versicherungsangelegenheit dient, allgemeine Vertrags-,Abrechnungs- und Leistungsdaten in gemeinsamen Datensammlungen führtund an ihre Vertreter weitergibt".

Eine Einschränkung dieser Ermächtigung, daß die Daten im Rahmen der jeweilsgültigen Datenschutzgesetze weitergegeben werden dürfen und daß in jedemFall der Betroffene über den Umfang der übermittelten Daten und den Empfän-ger unterrichtet wird, hat die Versicherung abgelehnt.

Da derzeit alle Versicherungen im Bundesgebiet gleichlautende Klauseln ver-wenden und hier — im Gegensatz zu den Lebensversicherungen — kein Ab-schlußzwang, sondern Vertragsfreiheit besteht, hat der Verbraucher nicht dieMöglichkeit, die Versicherung zu wechseln. Der Landesbeauftragte hält dieseRechtslage für unbefriedigend.

Eine Versicherungsgesellschaft hat sich an einen Bauherrn gewandt und ihmein Angebot zur Ablösung der 1. Hypothek durch eine Lebensversicherungangeboten.

Dabei soll der Versicherungsmitarbeiter dem Beschwerdeführer gegenüberdezidierte Daten über Kreditlaufzeit, Zinshöhe etc. genannt haben.

Nach Auskunft der Versicherungsgesellschaft sind dort Name und Adresse desBeschwerdeführers gespeichert. Die Kenntnis davon, daß der Beschwerdeführergebaut hat, habe sie aus der Zeitschrift „Deutscher Baustellen-Informations-dienst" erhalten. Im übrigen ist die Speicherung der Daten nach § 23 BDSGzulässig, soweit sie unmittelbar aus allgemein zugänglichen Quellen entnom-men sind.

• Der Landesbeauftragte hatte erfahren, daß ein Kreditinstitut zur Unterstützungeiner Werbeaktion die Adressen der Kunden, die Kindergeldzahlungen erhal-ten, zusammenstellen wollte. Das Kreditinstitut kann aus dem Überweisungs-beleg in der Rubrik „Verwendungszweck" erkennen, welcher BankkundeKindergeld erhält. Es wäre nicht schwer gewesen, eine Datei mit Kontonum-mern der Kindergeldempfänger zu erstellen, um dann ein bestimmtes Werbe-programm anbieten zu können.

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Da die beabsichtigte Werbeaktion gegen § 78 SGB X verstoßen hätte, weil dieDaten zu einem anderen Zweck als zur Information des Kindergeldempfängersgenutzt worden wären und weil der Fall in den Medien behandelt wurde, hatdas betreffende Kreditinstitut die Aktion gestoppt und die bereits erstelltenMagnetbänder mit den selektierten Datensätzen gelöscht.

Dieses Beispiel zeigt, daß das Prinzip der Zweckbindung personenbezogenerDaten trotz gesetzlicher Regelungen gelegentlich anderen Interessen geopfertwird.

— Den Eingaben im Bereich der Kredit-, Handels- und Wirtschaftsauskunfteienlagen im wesentlichen die gleichen Beschwerdegründe wie in den Vorjahrenzugrunde. Dies waren vermeintliche oder tatsächliche Verstöße gegen die §§ 32Abs. l BDSG (Datenspeicherung), 32 Abs. 2 BDSG (Datenübermittlung), 32Abs. 3 BDSG (listenmäßige Datenübermittlung), 34 Abs. l BDSG (Benachrichti-gung des Betroffenen) und 34 Abs. 2 BDSG (Auskunftsanspruch des Betroffenen).In den meisten Fällen konnte dem Anliegen der Betroffenen seitens der Daten-schutz-Aufsichtsbehörde nicht entsprochen werden, da die datenschutzrecht-lichen Möglichkeiten dies nicht hergaben. Insgesamt ist hier festzustellen, daßdas geltende Datenschutzrecht am Rechtsverständnis der Bürger vorbeigeht,die auch in diesem Bereich ihr Recht auf informationeile Selbstbestimmungbeanspruchen wollen.

Durch die weiter fortschreitende Automatisierung im Bereich der Auskunfteienwerden einige weitere Probleme offenkundig. Die neuen automatisierten Aus-kunftsverfahren bewirken nur noch ein schablonenhaft formalisiertes Verfah-ren in bezug auf die Darlegung des berechtigten Interesses des Anfragenden,fordern zur Identitätsfeststellung des betroffenen Bürgers weitergehende per-sonenbezogene Daten als bisher und ermöglichen einen automatisierten Daten-austausch zwischen einzelnen, rechtlich selbständigen Auskunfteien. Durch dieAutomatisierung wird zwar eine qualitative Prüfung datenschutzrechtlich rele-vanter Vorgänge erleichtert, gleichzeitig führt jedoch die Automatisierung zueinem erhöhten Auskunftsverkehr und öffnet gleichzeitig die vorhandenenDatenbestände zu weiteren Nutzungen (z. B. Sonderdienste mit speziell selek-tierten Adressen von Firmen und Privatpersonen, Verquickung des Auskunftei-wesens mit Inkassodiensten und dem Adreßhandel). Dieser Sachverhalt zeigt,daß auch im Informationshandel bisher getrennte Tätigkeiten integriert unddadurch Bürgerrechte tangiert werden, so daß sich auch hier die Frage nachpräzisen rechtlichen Regelungen stellt.

— Eine Kfz.-Werkstatt speichert anläßlich eines Reparaturauftrages Daten wiez. B. Halterdaten, Kilometerstand des Fahrzeugs, TÜV-Termine und dgl. undverwendet diese Daten gezielt für besondere Werbeaktionen wie z. B. Neu-wagenverkauf, Altwagenankauf, Leasing-Angebote, Angebote zur Übernahmevon TÜV-überprüfungen etc. oder überläßt diese Daten Automobilvereinenund Kfz.-Herstellern. Soweit diese Datenverarbeitung in Erfüllung des Ver-tragsverhältnisses erfolgt, sind keine datenschutzrechtlichen Bedenken vor-handen. Anders beurteilt sich die Rechtslage bei den vorgenannten Datenüber-mittlungen an Dritte. Die Betroffenen sind in den wenigsten Fällen von der-artigen Informationsflüssen unterrichtet. Eine Übermittlung der Daten ist nach§ 24 BDSG nicht zulässig, es sei denn, der Betroffene hat in die Datenübermitt-lung eingewilligt.

6.3 Ordnungswidrigkeiten

Im Berichtsjahr wurden sieben Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Davonkonnten fünf nach der Anhörung eingestellt werden, in zwei Fällen hat der Lan-desbeauftragte eine Verwarnung ausgesprochen. Ein Verfahren aus dem Vorjahrist noch beim Amtsgericht Bremerhaven anhängig.In dem einen Fall der Verwarnung handelte es sich um einen Verstoß gegen § 42Abs. l Nrn. 2 und 4 i. V. m. § 38 und § 39 Abs. l und 3 BDSG, da die Firma übervier Monate lang keinen Nachfolger für den verstorbenen bisherigen betrieblichenDatenschutzbeauftragten bestellt und die Veränderung in der Geschäftsführungtrotz mehrfacher Hinweise nicht rechtzeitig gemeldet hat. Der Landesbeauftragtehat hier auf die Verhängung eines Bußgeldes verzichtet, weil zu berücksichtigenund anzuerkennen war, daß wegen des gesundheitlichen Zustands des damaligenbetrieblichen Datenschutzbeauftragten mit der Neubestellung eines Datenschutz-beauftragten noch gewartet werden sollte. Außerdem hat die Firma in ihrer Er-widerung auf die Anhörung zum Ausdruck gebracht, in Zukunft die Einhaltung

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der Datenschutzgesetze zu gewährleisten. Hinsichtlich der Änderung der Geschäfts-führung ist zwar das Unternehmen selbst als speichernde Stelle meldepflichtig,jedoch wurde die Aufgabe intern an den damaligen Datenschutzbeauftragtendelegiert. Insgesamt betrachtet war eine Verwarnung angemessen.

In dem anderen Fall hat eine Firma geschäftsmäßig Datenverarbeitung betrieben,ohne diese Tätigkeit rechtzeitig beim Landesbeauftragten für den Datenschutz alszuständiger Aufsichtsbehörde einen Monat nach Aufnahme der Tätigkeit ange-meldet zu haben. Sie hat somit gegen § 42 Abs. l Nr. 4, 2. Alternative BDSGi. V. m. §§ 34, 31 BDSG verstoßen. Wegen der zunächst für die Firma undurch-sichtigen Rechtslage und der geringen Überschreitungsfrist hat der Landesbeauf-tragte von der Verhängung einer Geldbuße abgesehen. Jedoch war eine Verwar-nung angemessen.

7. Richtiger Umgang mit Informationen muß zur Alltagskultur werden

Die datenschutzrechtlich bedeutsamsten Probleme der Zukunft liegen zum einen inden Problemen beim Personalcomputer-Einsatz und zum anderen in der Vernet-zung. Der Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechniken in derWirtschaft wie in der öffentlichen Verwaltung einschließlich der Nutzung derMikroelektronik in der Produktion ist auf die Entscheidung fast aller westlichenIndustrieländer zurückzuführen, in dieser Entwicklung eine Basisinnovation fürdie Überwindung der Wirtschaftskrise und für einen neuen gesellschaftlichenStrukturwandel zu sehen. Nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in Groß-britannien, Frankreich, USA, Japan etc. wurden staatliche Förderungsprogrammezur Fortentwicklung dieser Technologien seit längerer Zeit eingeleitet, und siebetrafen insbesondere die Bereiche Basistechniken (Mikroelektronik, Sprach- undBilderkennung), Produkte (z. B. multifunktionale Terminals) und Nachrichtenüber-tragungsnetze (Digitalisierung, Glasfasertechnik, Satellitenübertragung). Charak-teristisch für diese Entwicklung ist, daß die Nutzung vorhandener Fernmeldenetzeund ihr systematischer Ausbau zu Universalnetzen mit einer Vielzahl neuer undbisher bei weitem nicht ausgeloteter Nutzungsmöglichkeiten im Zusammenhangmit der entsprechend entwickelten Angebotsvielfalt und Einsatzvariation der ver-schiedenen luK-Produkte (Mikrocomputer, Personalcomputer, multifunktionaleTerminals etc.) gesehen werden muß. Die Integration und Kombination bishergetrennter Techniken (z. B. für die Verarbeitung bzw. Übertragung von Text-,Daten-, Bild- und Sprachinformationen) und bisher getrennter Übertragungswege(Fernmeldenetz, Telex, Datex, ISDN, Glasfaser) forciert verzweigte und verteiltedezentrale Anwendungen.

Datenschutzrechtlich betrachtet führt diese Entwicklung zu dezentralen Rechner-Systemen mit verzweigten Übertragungsnetzen (Vernetzung). Eine solche Vernet-zung von personenbezogenen Daten führt zum Verlust des Entstehungskontextes(Kontextlosigkeit) und zur vielfachen Verwendung (Multifunktionalität) einmalerhobener personenbezogener Daten.Daß hierin Gefährdungen liegen, die nicht nur im individuellen Datenschutzbereichals Bürgerschutz zu diskutieren sind, ist augenfällig. Doch darf hier die Betrach-tung nicht abgeschlossen werden, denn es ist mit der Vernetzung nicht mehr einindividuelles, sondern ein gesamtgesellschaftliches und damit unser demokrati-sches Gemeinwesen berührendes Problem. Der Datenschutzaspekt ist hier zentral,da Bürger ihre Persönlichkeits- und Freiheitsrechte auch unter Anwendung moder-ner Informations- und Kommunikationstechniken erhalten wissen wollen. Die be-sondere Gefährdung, die mit der Anwendung der automatisierten Informations-verarbeitung und der damit verbundenen Verwendungs- und Verknüpfungsmög-lichkeiten personenbezogener Daten gegeben ist, hat das Bundesverfassungs-gericht in dem vielzitierten Volkszählungsurteil angesprochen und als Konsequenzder Rechtssicherung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Bürgersformuliert.Die Selbstbestimmung des Bürgers ist neben der rechtlichen Begründung aberauch im kulturellen Alltagsverhalten von Bedeutung. Eine Informationsgesell-schaft, die sich anschickt, in derartig dimensionierte Informationsverarbeitungs-bereiche einzutreten, muß sich der Gefahren bewußt sein. Dort, wo es Grenzen zuziehen gilt, müssen sie gezogen und ggf. auch politisch entschieden werden. Den-noch wird ein Restrisiko zurückbleiben, das selbst durch Gesetze, organisatorischeund soziale Maßnahmen nicht vollständig auszuschließen ist. Wie groß diesesGefährdungsrisiko bei personenbezogener Datenverarbeitung ist, hängt letztlichdeshalb auch davon ab, inwieweit es in unserer Gesellschaft gelingt, im Alltags-verhalten ein Kulturbewußtsein zu entwickeln, das den Umgang mit personen-

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bezogenen Informationen wesentlich sensibler aufnimmt, als dies bisher der Fallist. Die Industriegesellschaften sind schon lange nicht mehr nur eine Waren produ-zierende und mit Waren handelnde Gesellschaft, sondern ebenso eine Informatio-nen produzierende und mit Informationen handelnde Gesellschaft. Dieser Aspektwird erheblich verstärkt durch den Einsatz von Informations- und Kommunika-tionstechnologien.

Wenn wir also am Beginn einer neuen industriellen Revolution stehen, dann be-finden wir uns historisch betrachtet nicht nur in einer Übergangssituation voneiner gesellschaftlichen Situation zu einer neuen noch unbekannten, sondern esbedarf an der Schwelle zu dieser historischen Veränderung auch der Rückbesin-nung auf die Wertorientierung einer menschlichen Gesellschaft und der Kultur, diefür die Beziehung von Menschen zueinander und im Umgang miteinander auch imInformationsaustausch prägend ist. Der richtige Umgang mit vielfältigsten Infor-mationen und die zu entwickelnde Sensibilität für diese Problematik sind es, diezu beachten sind, wenn davon gesprochen wird, daß Datenschutz nicht nur Bürger-schutz, sondern auch Schutz demokratischer Gesellschaft darstellt.

Zur Förderung des richtigen und sensiblen Umgangs mit personenbezogenenInformationen regt der Landesbeauftragte die Schaffung eines Datenschutz-Kultur-preises an.

Bremerhaven, 31. März 1985

Dr. Alfred Büllesbach

Anlage l

Auswirkungen des Volkszählungsurteils

— Entsdlließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und derLänder und der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz —

Hamburg, 27./28. März 1984

1. Allgemeine und grundsätzliche Konsequenzen

1.1 Datenschutz hat Verfassungsrang

Das vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 15. Dezember 1983 zumVolkszählungsgesetz 1983 festgestellte Recht auf informationelle Selbstbestim-mung gewährleistet dem einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über diePreisgabe und Verwendung seiner Daten zu bestimmen. Es schützt ihn gegen un-begrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persön-lichen Daten. Einschränkungen dieses Rechts bedürfen einer verfassungsgemäßengesetzlichen Grundlage.

Da das Bundesverfassungsgericht das Recht auf informationelle Selbstbestimmungunmittelbar aus Art. 2 Abs. l i. V. m. Art. l Abs. l GG ableitet und als Konkreti-sierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts versteht, ist nunmehr klargestellt,daß der Datenschutz Verfassungsrang hat.

l .2 Datenschutz ist mehr als Schutz vor Mißbrauch

Durch die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, für jede Ein-schränkung des Selbstbestimmungsrechts eine gesetzliche Grundlage zu schaffen,ist klargestellt, daß das Datenschutzrecht sich nicht allein auf den Schutz vor Miß-brauch der Daten beschränkt, sondern die Erhebung, Speicherung, Verwendungund Weitergabe personenbezogener Daten ohne Rücksicht darauf zu regeln hat,ob ein Mißbrauch zu befürchten ist. Damit bestätigt das Bundesverfassungsgerichtdas — bislang nicht unbestrittene — Datenschutzverständnis, daß Gegenstand desDatenschutzes der rechtmäßige Umgang mit personenbezogenen Daten ist undnicht nur die Verhinderung vorwerfbaren Fehlverhaltens.

1.3 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist umfassend

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist bei jeder Erhebung und jederweiteren Verwendung personenbezogener Daten zu beachten.

Es ist nicht auf bestimmte Datenarten begrenzt. Durch den Verwendungszusam-menhang kann ein für sich gesehen belangloses Datum einen neuen Stellenwerterhalten, so daß die Sensitivität einer Angabe nicht Voraussetzung dafür ist, daß

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sie vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfaßt wird. Entscheidendsind jeweils die Nutzbarkeit und die Verwendungsmöglichkeit der Daten. DasBundesverfassungsgericht differenziert auch nicht nach den Verarbeitungsformenund bestimmten Verarbeitungsphasen.

Datenschutz besteht deshalb grundsätzlich unabhängig davon,

— welche personenbezogenen Daten berührt sind,

— ob die Verarbeitung manuell oder automatisiert erfolgt,

— ob die Daten in Dateiform oder auf andere Weise verarbeitet werden,

— ob eine der im geltenden BDSG definierten Phasen der Datenverarbeitung ge-geben ist.

Gleichwohl sind die genannten Gesichtspunkte bei der Ausgestaltung des Daten-schutzes zu berücksichtigen. So stellt das Gericht fest, daß es von Art, Umfang unddenkbaren Verwendungen der personenbezogenen Daten sowie von der Gefahrihres Mißbrauchs abhängt, inwieweit das Recht auf informationeile Selbstbestim-mung und im Zusammenhang damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zugesetzlichen Regelungen der Datenverarbeitung zwingen. Insbesondere die Rege-lungstiefe der gesetzgeberischen Maßnahmen muß sich also an den jeweiligenUmständen orientieren.

1.4 Daten dUrfen nur für den festgelegten Zweck verwendet werden

Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt.Schon angesichts der Gefahren der automatisierten Datenverarbeitung ist ein— amtshilfefester — Schutz gegen Zweckentfremdung durch Weitergabe- undVerwertungsverbote erforderlich. Die Zweckbindung ist nicht nur in den Fällen zubeachten, in denen eine Auskunftspflicht besteht. Sie gilt genauso für die Verar-beitung personenbezogener Daten, die der Betroffene freiwillig (für bestimmte,bei der Erhebung angegebene Zwecke) angibt.

Mit dem Gebot einer konkreten Zweckumschreibung korrespondiert das strikteVerbot, personenbezogene Daten auf Vorrat, d. h. zu unbestimmten oder nochnicht bestimmbaren Zwecken zu sammeln. Eine Ausnahme gilt für die Statistik.

1.5 Die Grundsätze der Normenklarheit und Verhältnismäßigkeit müssen beach-tet werden

Einschränkungen des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung sind nur imüberwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer gesetzlichenGrundlage, die den Grundsätzen der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeitgenügen muß.

Die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen müssen für den Bürgererkennbar geregelt sein. Aufklärungs- und Auskunftspflichten müssen ergänzendfür eine ausreichende Transparenz sorgen.

Die Angaben, deren Erhebung und Verwendung geregelt werden, müssen für denfestgelegten Verwendungszweck geeignet und erforderlich sein. Zumindest imFalle der Datenerhebung unter Zwang und in vergleichbaren Fällen ist folgendessicherzustellen:

— Beschränkung auf das zur Erreichung des festgelegten Zwecks notwendigeMinimum,

— ein möglichst wenig belastendes Erhebungsverfahren,

— eine präzise Bestimmung des Verwendungszwecks,

— ein amtshilfefester Schutz gegen eine Zweckentfremdung der Daten,

— keine Erhebung von unzumutbaren Intimangaben und von Selbstbezichtigun-gen.

1.6 Es müssen bereichsspezifische Regelungen erlassen werden

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darf grundsätzlich nur aufgrundbereichsspezifischer Regelungen eingeschränkt werden. Nur ausnahmsweise rei-chen Generalklauseln in den allgemeinen Datenschutzgesetzen als Auffangnormenaus.

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Bereichsspezifische Regelungen sind nicht nur in allen Fällen des gesetzlichen Aus-kunftszwangs erforderlich, sondern auch dann, wenn es zu den Obliegenheiten desBetroffenen gehört, Auskünfte im Zusammenhang mit Leistungen zu erteilen, vondenen er abhängig ist. Gleichzusetzen sind Fälle, bei denen die Datenerhebungbewußt ohne Wissen und Wollen des Betroffenen erfolgt, weil der Wille desBetroffenen in diesen Fällen ebenso wie in den Fällen des Auskunftszwangs vonvornherein bewußt nicht berücksichtigt wird. Beispiele hierfür sind Datenerhebun-gen durch (geheime) Beobachtung des Betroffenen und durch Befragung Dritter,wenn die Zustimmung des Betroffenen nicht vorliegt.

Bereichsspezifischer Regelungen bedarf es auch dann,

— wenn sensitive personenbezogene Daten, z. B. Angaben über Gesundheit,politische oder religiöse Anschauungen, oder

— wenn unter Zwang erhobene personenbezogene Daten für andere als die beider Erhebung angegebenen Zwecke verwendet und

— wenn personenbezogene Daten im Wege der Datenfernverarbeitung (On-line-Anschlüsse) übermittelt werden sollen.

Beim Erlaß bereichsspezifischer Regelungen ist folgendes zu beachten:

— Die Auskunftspflicht, die von ihr erfaßten Daten und deren Verwendung sindpräzise zu bestimmen. Aufgabenzuweisungsnormen für die datenverarbeiten-den Stellen und die allgemeinen Vorschriften der Datenschutzgesetze, die aufdie Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung abstellen, begründen keinenAuskunftszwang.

— Die Bürger müssen aus den maßgeblichen Rechtsvorschriften — ggf. nach Auf-klärung durch die Exekutive — erkennen können, „wer was wann und beiwelcher Gelegenheit über sie weiß".

— Der Gesetzgeber ist verpflichtet, zur Wahrung des Rechts auf informationelleSelbstbestimmung mehr als bisher organisatorische und verfahrensrechtlicheVorkehrungen zu treffen.

1.7 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt auch im privaten Bereich

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung knüpft an Art. 2 Abs. l i. V. m.Art. l Abs. l GG an. Es gilt nicht nur für die Datenverarbeitung der öffentlichenVerwaltung, sondern auch für die Datenverarbeitung von Privaten (Wirtschaft,Medien, Verbände). Deshalb ist der Gesetzgeber verpflichtet, durch geeignetebereichsspezifische Regelungen und Kontrollvorkehrungen den einzelnen auchvor den Gefahren der Datenverarbeitung durch private Instanzen zu schützen.

Dies gilt beispielsweise für folgende Bereiche, in denen das Recht auf informatio-nelle Selbstbestimmung bislang durch pauschale Einwilligungserklärungen fak-tisch unterlaufen wird.

— Bei Banken ist die Verwendung aller bei Dienstleistungen anfallenden per-sonenbezogenen Daten so zu regeln, daß die Entscheidungsfreiheit des Betrof-fenen gewahrt bleibt. Dies gilt insbesondere für Übermittlungen; bei der Wei-tergabe von personenbezogenen Daten an Auskunfteien muß sichergestelltwerden, daß die Daten ausschließlich für die Beurteilung kreditorischer Risikenverwendet werden.

— Für die Datenverarbeitung in der Versicherungswirtschaft hat der Grundsatz derZweckbindung besondere Bedeutung. Die Übermittlung personenbezogenerDaten an andere Versicherer auch innerhalb einer Versicherungsgruppe darfnur unter engen Voraussetzungen und unter Wahrung strenger organisatori-scher und verfahrensrechtlicher Vorkehrungen für die Datensicherung zuge-lassen werden.

— Die Erhebung und Verwendung von Patientendaten muß auf den Behandlungs-zusammenhang beschränkt sein; die Verwendung für andere Zwecke (z. B. For-schung) bedarf der Einwilligung des Betroffenen.

l .8 Wirksame Datenschutzkontrolle ist erforderlich

Nicht nur wegen der für den Bürger bestehenden Undurchsichtigkeit der Daten-verarbeitung, sondern auch im Interesse eines vorgezogenen Rechtsschutzes durchrechtzeitige Vorkehrungen mißt das Bundesverfassungsgericht der Beteiligungunabhängiger Datenschutzbeauftragter erhebliche Bedeutung für einen effektiven

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Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu. Hieraus ergeben sichfolgende praktische Konsequenzen:

— Die unabhängige Datenschutzkontrolle ist ein kraft der Verfassung notwen-diges Element eines effektiven Grundrechtsschutzes. Dies hat der Gesetzgeberbei der Bestimmung der Aufgaben und Befugnisse der Datenschutzbeauftragtenzu berücksichtigen.

— Die Aufgaben und Befugnisse der Datenschutzbeauftragten haben sich amInhalt und Anwendungsbereich des Persönlichkeitsrechts auszurichten. Kon-trollfreie Bereiche sind damit nicht zu vereinbaren.

— Bei der automatischen Datenverarbeitung kommt es in besonderem Maßedarauf an, daß grundrechtssichernde Vorkehrungen rechtzeitig eingeplant wer-den. Eine Beteiligung von Datenschutzbeauftragten erst im Zeitpunkt der tat-sächlichen Verarbeitung personenbezogener Angaben ist unzureichend. DieInformationspflichten der Verwaltung und die Befugnisse der Datenschutz-beauftragten müssen schon bei der Vorbereitung von Rechts-und Verwaltungs-vorschriften und bei der Planung von (technischen) Vorhaben auf dem Gebietder Informationsverarbeitung einsetzen.

— Niemand darf gemaßregelt oder benachteiligt werden, wenn er sich an denDatenschutzbeauftragten wendet.

Die Wirksamkeit der Datenschutzkontrolle im privaten Bereich darf dahinter nichtzurückbleiben.

2. Vordringliche Regelungen

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat weitreichende Auswirkungen aufdie Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten durch alle öffentlichenund nicht-öffentlichen Stellen. Die Datenschutzbeauftragten greifen im folgendeneinige vordringlich zu regelnde Bereiche heraus.

2.1 Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, das BDSG zu novellieren. Die Daten-schutzbeauftragten sehen sich in ihren Forderungen bestätigt, die sie zuletzt inihrer Entschließung vom 4. November 1983 zur Novelle des BDSG erhoben haben.Die Datenschutzbeauftragten erwarten, daß die Bundesregierung alsbald einenneuen Entwurf zur Novellierung des BDSG vorlegt, der den Anforderungen desBundesverfassungsgerichts (vgl. Nr. 1) gerecht wird.

2.2 Informationsverarbeitung der Sicherheitsbehörden

Durch die Informationsverarbeitung der Behörden der Polizei, der Staatsanwalt-schaft, des Verfassungsschutzes, des Bundesnachrichtendienstes und des Militäri-schen Abschirmdienstes wird der Bürger in der Regel empfindlich betroffen. Hinzukommt, daß die Bürger die Speicherung und Verwendung von Daten in diesemBereich meist nicht durchschauen können. Aus dem Urteil des Bundesverfassungs-gerichts läßt sich ableiten, daß die gesamte Informationsverarbeitung im Bereichder Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung sowie die Tätigkeit der Nachrichten-dienste präzise geregelt werden müssen. Deshalb sind die Strafprozeßordnungsowie die Polizeigesetze und die Verfassungsschutzgesetze des Bundes und derLänder zu novellieren. Für den Militärischen Abschirmdienst und den Bundes-nachrichtendienst sind gesetzliche Grundlagen zu schaffen.

Sämtliche Verknüpfungs- und Verwertungsmöglichkeiten und auch die Dauer derAufbewahrung müssen konkret geregelt werden. Im einzelnen festzulegen sindbeispielsweise die Voraussetzungen und Grenzen der polizeilichen Beobachtung,des Abgleichs mit anderen Datenbeständen und der Identitätsfeststellungen sowiedie Kriterien und das Verfahren der erkennungsdienstlichen Behandlung, überPersonen, die nicht Verdächtige und nicht Störer sind, dürfen Daten nur unter sehrengen Voraussetzungen verarbeitet werden. Auch die Nutzung moderner Auf-zeichnungstechniken ist gesetzlich festzulegen und einzugrenzen. Zu regeln istauch die Amtshilfe: Die Tätigkeitsbereiche von Polizei und Nachrichtendiensten,die sich in der Praxis vielfach überlappen, müssen klar voneinander getrenntwerden; es muß sichergestellt werden, daß Übermittlungen auf das für die Auf-gabenerfüllung unerläßliche Maß beschränkt werden. Auf keinen Fall darf imErlaßwege die Verpflichtung des Bundesgrenzschutzes zur Amtshilfe gegenüberVerfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst erweitert werden, wie es z. B.beabsichtigt ist.

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Die Pflicht zur Erteilung von Auskünften an die Bürger ist auf die Sicherheits-behörden auszudehnen. Soweit die Aufgabenerfüllung Ausnahmen von der Aus-kunftspflicht gebietet, sind diese gesetzlich festzulegen. Da die Verweigerung derAuskunft durch Gerichte und Datenschutzkontrollinstanzen nachprüfbar sein muß,dürfen Sicherheitsbehörden nicht von der Begründungspflicht freigestellt werden.

2.3 Personalausweisgesetz

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder begrüßen die Absicht,den Termin für das Inkrafttreten des Bundespersonalausweisgesetzes aufzuhebenund die Einführung der neuen Personalausweise einstweilen zurückzustellen.

Verpflichtungen des Bürgers, für die Ausstellung eines Personalausweises und beidessen Kontrolle personenbezogene Daten preiszugeben und anschließende Ver-wendungen zu dulden, sind als Einschränkungen seines Rechts auf informationelleSelbstbestimmung nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig und bedür-fen bereichsspezifischer gesetzlicher Grundlagen, die dem Gebot der Normenklar-heit und Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen.

Ob es im überwiegenden Allgemeininteresse geboten ist, den Personalausweismaschinenlesbar zu gestalten, wird inzwischen von vielen Experten bezweifelt.Insbesondere ist es fraglich, ob ein mit der Maschinenlesbarkeit möglicherweiseerreichbarer Sicherheitsgewinn neue Risiken für das Persönlichkeitsrecht recht-fertigt. Die Datenschutzbeauftragten empfehlen daher nochmals zu prüfen, ob aufeinen solchen Personalausweis nicht doch verzichtet werden kann.

Sollte der Gesetzgeber nach erneuter Prüfung die Einführung des neuen Personal-ausweises gleichwohl für unerläßlich halten, so ist nach dem Urteil nachdrücklichan die gebotenen flankierenden Maßnahmen zu erinnern: Wie der Deutsche Bun-destag schon in seiner Entschließung vom 17. Januar 1980 und die Datenschutz-beauftragten des Bundes und der Länder nochmals in ihrem Konferenzbeschlußvom 13. September 1983 klargestellt haben, sind gesetzliche Regelungen für dieInformationsverarbeitung der Polizei im Polizeirecht des Bundes und der Ländersowie im Strafverfahrensrecht von Verfassungs wegen unerläßlich. Insbesonderedie Voraussetzungen für polizeiliche Beobachtungen und für Identitätsfeststellun-gen sowie die Verwendungszwecke erhobener Daten müssen präzise bestimmtwerden.

Das Gesetz über Personalausweise selbst genügt in einer Reihe von Vorschriftennicht den Geboten der Normenklarheit und Verhältnismäßigkeit. So sind die mitder Maschinenlesbarkeit verbundenen Fragen (Lesezone, Nutzungsmöglichkeiten)nicht klar genug geregelt. Auch fehlt es an Vorkehrungen, die die Erstellung vonBewegungsbildern verhindern, an einer Definition des Fahndungsbegriffs und aneiner Vorschrift, die den Inhalt und die Verwendung der örtlichen Personalaus-weisregister regelt.

Die Datenschutzbeauftragten unterstreichen, daß eine Einführung neuer maschinen-lesbarer Personalausweise jedenfalls so lange unterbleiben muß, bis die geforder-ten gesetzlichen Regelungen für den Sicherheitsbereich in Bund und Ländern inKraft getreten sind.

2.4 Meldewesen

Das Meldewesen darf nicht die Funktion einer potentiell unbegrenzten Informa-tionssammlung oder -bereitstellung für Aufgaben anderer Behörden übernehmen.In der Formulierung des § l Abs. l MRRG muß dies dadurch zum Ausdruck ge-bracht werden, daß die Registrierung der für Zwecke der Identitätsfeststellungund des Wohnungsnachweises nicht erforderlichen Daten nur zugelassen wird,soweit es sich um bestimmte traditionelle Mitwirkungstätigkeiten der Melde-behörde (Wahlen, Lohnsteuerkartenausstellung, Personalausweise, Wehrdienst,Familienbuch) handelt oder soweit eine eigene Datenerhebung und -speicherungdurch die Behörde, die die Daten zur Erfüllung ihrer gesetzlich festgelegtne Auf-gaben benötigt, nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Nach§ 2 Abs. 3 MRRG kann durch Landesgesetz bestimmt werden, daß für die Erfüllungvon Aufgaben der Länder weitere Daten gespeichert werden dürfen. Mit Rücksichtauf die verfassungsrechtlichen Schranken einer Erweiterung der Zwecke desMeldewesens sollte auch diese Ermächtigung enger gefaßt werden.

Die Ubermittlungsvorschrift des § 18 Abs. l Satz l MRRG übernimmt derzeit fastwörtlich die Fassung der Generalklausel des § 10 Abs. l Satz l BDSG und entbehrtdeshalb der bereichsspezifischen Präzisierung, die das BVerfG für die Verwendung

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zwangsweise erhobener Daten fordert. Da der im Einzelfall möglicherweise ent-stehende Übermittlungsbedarf nicht von vornherein ermittelt werden kann, er-scheint eine Konkretisierung in der Weise, daß alle denkbaren Übermittlungs-empfänger und deren Aufgaben enumerativ aufgeführt werden, nicht möglich. Umgleichwohl hinreichenden Schutz gegen eine unbegrenzte Verwendung personen-bezogener Daten herzustellen, muß die Zulässigkeit der Datenübermittlung davonabhängig gemacht werden, daß wenigstens die Verwendung der Daten durch denDatenempfänger bereichsspezifisch präzisiert ist. Im MRRG ist dies dadurch zumAusdruck zu bringen, daß Übermittlungen nach § 18 Abs. l Satz l nur zur Erfül-lung gesetzlich festgelegter Aufgaben zulässig sind.

Der formale Gesetzes- bzw. Verordnungsvorbehalt in § 20 Abs. l in Verbindungmit § 18 Abs. 4 MRRG eröffnet die Einrichtung regelmäßiger Datenübermittlungenohne inhaltliche Einschränkungen und grenzt weder den Kreis der Datenempfän-ger noch die zur Übermittlung vorgesehenen Datenarten, die Übermittlungszweckeund den Verwendungszusammenhang ein. § 20 Abs. l MRRG als Ermächtigungs-grundlage für Verordnungen genügt damit nicht dem verfassungsrechtlichen Gebotder Normenklarheit.

Der Grundsatz der Normenklarheit für gesetzliche Einschränkungen des Rechtsauf informationelle Selbstbestimmung gebietet es, widersprüchliche Regelungenin verschiedenen Gesetzen zu beseitigen. Nach § 3 Abs. 4 des Personalausweis-gesetzes darf die Seriennummer des Personalausweises nicht zur Errichtung undErschließung von Dateien verwendet werden. Daher ist es nicht angängig, daßLandesmeldegesetze aufgrund landesrechtlicher Bedürfnisse (§ 2 Abs. 3 MRRG) dieSpeicherung dieses Merkmals im Melderegister vorschreiben. Denn die Speiche-rung der Seriennummer würde es unter geeigneten technisch/organisatorischenBedingungen ermöglichen, das Melderegister mit ihrer Hilfe zu erschließen. DieSpeicherung der Seriennummer im Melderegister muß auch deshalb unterbleiben,weil der Bundesgesetzgeber sie für die von ihm bestimmten Aufgaben des Melde-wesens nicht für erforderlich erachtet hat und weil die Gefahr besteht, daß auf-grund der Übermittlungsregelungen des Landesmelderechts die Seriennummer anStellen weitergegeben werden könnte, bei denen eine dem § 3 Abs. 4 Personal-ausweisgesetz zuwiderlaufende Verwendung nicht auszuschließen ist.

Auch die landesgesetzlichen Vorschriften bedürfen einer Überprüfung. Insbeson-dere muß sichergestellt werden, daß die Meldedaten auch innerhalb der Gemeinde-verwaltung grundsätzlich nur zweckgebunden verwertet werden. Die Vorausset-zungen für die Nutzung der besonderen Meldescheine für Beherbergungsstätten(vgl. z. B. § 24 MG BW) sowie der Beherbergungsverzeichnisse von Kranken-häusern und Heimen (vgl. z. B. §§ 25, 26 Abs. 2 MG BW) müssen eingeschränktwerden.

Gegen die ausschließliche Verantwortung des Datenempfängers für die Daten-übermittlung (nur in § 29 Abs. l Satz 3 MG BW) bestehen Bedenken. Hinsichtlichder Gruppenauskunft an Parteien und Wählergruppen (vgl. z. B. § 34 Abs. lMG BW) sollte eine Widerspruchsmöglichkeit für den Bürger festgelegt werden.

2.5 StatistikEine Volkszählung darf künftig nur noch als reine Statistik durchgeführt werden.Übermittlungen von Einzelangaben aus der Volkszählung zu anderen als statisti-schen Zwecken sind in Zukunft ausgeschlossen. Auch zu statistischen Zweckendürfen sie nur dann übermittelt werden, wenn durch Rechtsvorschrift, Organisationund geeignete Verfahren sichergestellt ist, daß die statistische Zweckbindung derDaten strikt eingehalten wird und keine Vermischung administrativer und sta-tistischer Aufgaben eintritt.Besondere Bedeutung hat das Gericht dem Grundrechtsschutz durch Verfahren bei-gemessen, der von nun an bei der Ausgestaltung jeder amtlichen Statistik beachtetwerden muß. Hierzu zählen u. a. Form und Verfahren der statistischen Erhebung,Auswahl der Zähler und Maßnahmen der Datensicherung, Belehrung und damitkorrespondierende Auskunftsverpflichtung, verbunden mit einer deutlichen Emp-fehlung an den Gesetzgeber, diese „grundrechtssichernden Maßnahmen" durchRechtsvorschrift zu garantieren.

Der Gesetzgeber muß darüber hinaus vor jeder Totalerhebung prüfen, ob diesenach dem jeweils aktuellen Stand der sozial wissenschaftlichen und statistischenMethoden noch verhältnismäßig ist. Seine „Methodenwahr1 ist also jeweils wis-senschaftlich zu legitimieren mit der Pflicht, bei geänderten Umständen ggf. voneiner Befragung aller Bürger abzusehen.

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Das Statistikgeheimnis selbst (§ 11 Bundesstatistikgesetz) muß neu formuliertwerden; hierbei müssen Geheimhaltungs- und Übermittlungsnormen getrennt undeindeutige Kriterien für Anonymität, faktische Anonymisierung und Aggregationvon Einzelangaben geschaffen werden.

Eng damit zusammen hängt auch das Verbot der Vermischung statistischer undadministrativer Funktionen. Damit wird für alle Statistiken, die diese Funktions-vermischung kennen, eine Revision erforderlich, weil sonst eine verfassungs-konforme Durchführung dieser Statistiken nicht mehr gewährleistet wäre. Hierzugehören beispielsweise die Statistik der Bevölkerungsbewegung, die Hochschul-statistik, die Berufsbildungsstatistik und die Viehzählungsstatistik.

Grundrechtssichernde Verfahren sind bei der EG-Arbeitskräftestichprobe erforder-lich. Die EG-Verordnung entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Kriterien desVolkszählungsurteils, insbesondere das Erhebungsprogramm und das Verfahrender Statistik widersprechen dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Auchdas Verfahren des Mikrozensus ist zu prüfen. Die Datenschutzbeauftragten ver-weisen insoweit auf ihren Beschluß vom 27.728. März 1984.

Die Landesgesetzgeber werden nicht mehr umhin können, Landesstatistikengesetzlich zu regeln. Die Kommunalstatistik bedarf gleichfalls einer gesetzlichenGrundlage und ebenso einer durch Rechtsvorschrift garantierten Abschottung zuder übrigen Gemeindeorganisation in den jeweiligen Gemeindeordnungen derLänder. Eine spezialgesetzliche Norm für Planungs- und Statistikdaten könnte diegleiche Funktion haben. Die rechtliche Notwendigkeit ergibt sich aus dem Gebotder „informationeilen Gewaltenteilung" innerhalb der Gemeindeorganisation, diedas Bundesverfassungsgericht formuliert hat.

2.6 Sozial- und Gesundheitsverwaltung

Das Zehnte Buch des Sozialgesetzbuches enthält zwar bereichsspezifische Daten-schutzregelungen ; doch sind auch hier weitere Verbesserungen geboten. Ergän-zungsbedürftig sind insbesondere die Regelungen über den Umfang der Daten-erhebungen durch die Sozialleistungsträger sowie über den Austausch personen-bezogener Daten der Sozialleistungsträger untereinander.

Im Rahmen der Mitwirkungspflicht (§ 60 SGB I) dürfen vom Antragsteller pau-schale Einwilligungserklärungen nicht verlangt werden, ohne daß die Erforder-lichkeit der Erhebung und Weitergabe von Daten streng überprüft worden ist.Dem Gebot, sich auf das für die Erreichung des angestrebten Zwecks erforderlicheMinimum zu beschränken, wird künftig mehr Beachtung geschenkt werden müssen.

§ 69 SGB X läßt unter der Voraussetzung der Erforderlichkeit für die Aufgaben-erfüllung einen großzügigen Datenaustausch der Sozialleistungsträger unterein-ander, aber auch mit dritten Stellen zu, die in die Gewährung von Sozialleistungeneingebunden sind. In zunehmendem Maße erhalten die Sozialversicherungsnum-mer, aber auch andere Kennzeichnungen (wie z. B. Betriebs-Nr. und Institutions-Nr.) die Funktion von Surrogaten eines Personenkennzeichens. Deshalb müssendem Datenaustausch auch innerhalb der Sozialverwaltung künftig klarere Grenzengezogen werden.

Ein hoher Regelungsbedarf besteht auch für die Gesundheitsverwaltung. Zwargewährleistet die ärztliche Schweigepflicht Schutz vor der Offenbarung medizini-scher Daten an Dritte. In welchem Umfang aber etwa im Rahmen der öffentlichenGesundheitsfürsorge oder der kassenärztlichen Abrechnung Daten offenbart wer-den dürfen, ist weitgehend unklar.

Die Erhebung und Verarbeitung medizinischer Daten insbesondere in der öffent-lichen Gesundheitsverwaltung sind eindeutig gesetzlich zu regeln. Die Aufgabenund Befugnisse des Amtsarztes gegenüber den Bürgern und seine Zusammenarbeitmit anderen Stellen (Sozialämter, Jugendämter, öffentliches Personalwesen, nie-dergelassene Ärzte und Krankenhäuser) müssen festgelegt werden. Der Betrof-fene muß stets wissen, ob das Gesundheitsamt ihn lediglich berät, auf freiwilligerBasis ein Gutachten erstellt oder im überwiegenden Allgemeininteresse Maßnah-men auch zwangsweise gegen ihn durchsetzen kann.

Auch innerhalb der Gesundheitsverwaltung muß die Verschiedenartigkeit derFunktionen (z. B. Bekämpfung ansteckender Krankheiten oder Beratung von Sucht-und Abhängigkeitskranken) bei der Festlegung von Zugriffsberechtigungen undbei der Datensicherung berücksichtigt werden.

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2.7 Arbeitnehmerdatenschutz

Angesichts der Gefährdung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung durchdie umfassenden Kontrollmöglichkeiten moderner Personalinformationssystemebedarf auch die Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten einer speziellen gesetz-lichen Schutzregelung; eine korrigierende Auslegung bestehender Vorschriften imSinne der „Drittwirkung" reicht zur Gewährleistung des Grundrechts nicht aus.

Die Anforderungen des BVerfG gelten in jedem Fall dort, wo ein Zwang zur An-gabe personenbezogener Daten besteht, wo etwa der Arbeitgeber entweder in dieDatenerhebung zugunsten von Steuerbehörden und Sozialleistungsträgern einge-schaltet ist oder aber selbst anstelle der Sozialverwaltung Leistungen gewährt.Datenbestände, die der Arbeitgeber zu Zwecken der Kindergeldgewährung, derUnterstützung im Krankheitsfall (Beihilfe) usw. erhebt und vorhält, müssen dem-entsprechend aufgrund spezieller Rechtsvorschrift strikt zweckgebunden genutztund von den für die Personalverwaltung bestimmten Informationen abgeschottetwerden.

Wegen der Abhängigkeit des Arbeitnehmers von Arbeitsplatz und Einkommenzur Sicherung seiner Existenz stellt sich für ihn darüber hinaus generell die Pflichtzur Angabe seiner Daten als zwangsweise Erhebung im Sinne der Urteilsgründedar. Hieraus ergibt sich für das Beschäftigungsverhältnis die Notwendigkeit einerbereichsspezifischen und präzisen Bestimmung der Verwendungszwecke der er-hobenen Daten, des Schutzes vor Zweckentfremdung durch Weitergabe- und Ver-wertungsverbot sowie der Beschränkung auf das zur Zweckerreichung erforder-liche Datenminimum. Die Bestimmungen der §§23 ff. BDSG genügen — auch imZusammenwirken mit Regelungen des sonstigen arbeitsrechtlichen Informations-schutzes — den Anforderungen an Zweckbindung und Normenklarheit nicht.

Vielmehr muß gesetzlich festgelegt werden,

— daß Speicherung, Auswertung, Veränderung und Übermittlung von Arbeit-nehmerdaten auf die Fälle gesetzlicher Verarbeitungspflichten und der Durch-führung der Arbeits- bzw. Dienstverhältnisse beschränkt wird, mithin dieVerarbeitungsbefugnis aufgrund „berechtigter Interessen" des Arbeitgebersentfällt;

— daß Auswertungen und Verknüpfungen, die zur Herstellung eines „Persön-lichkeitsbildes" der Arbeitnehmer führen, sowie die Speicherung solcher„Profile" grundsätzlich unzulässig sind.

Als verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen fordert das Gericht die Statuierungvon Aufklärungs-, Auskunfts- und Löschungspflichten, um Datentransparenz her-zustellen bzw. die Zweckbindung zu verstärken.

— Der Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers ist daher über § 26 Abs. 2 BDSGhinaus auszudehnen auf alle, nicht nur die regelmäßigen Datenempfänger,sowie die Auswertungsprogramme bzw. Einzelauswertungen, in die seineDaten einbezogen sind.

— Die Auskunftseinschränkungen nach Nrn. 4 und 5 von § 26 Abs. 4 BDSG (beiDaten aus allgemein zugänglichen Quellen und bei gesperrten Daten) müssenentfallen.

— Daten müssen — vergleichbar der Regelung in § 84 SGB X — dann gelöscht undnicht nur gesperrt werden, wenn sie zur Durchführung des Arbeitsverhältnissesnicht mehr erforderlich sind und durch die Löschung schutzwürdige Belangedes Beschäftigten nicht beeinträchtigt werden.

Anlage 2

Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten zur Einführung desTelefon-Femwirksystems „Temex" 06./07.06.1984

Bei der Deutschen Bundespost wird zur Zeit ein sog. „Telefon-Fernwirksystem"mit der Bezeichnung „Temex" vorbereitet.

Weil Fernwirksysteme erlauben, von außen in einer Wohnung Wirkungen aus-zulösen, Messungen vorzunehmen und Beobachtungen anzustellen, berühren siemaßgeblich die durch Art. 2 Abs. l i. V. m. Art. l Abs. l GG geschützte Privat-sphäre und das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG). In

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diese Grundrechte darf nur in engen gesetzlichen Grenzen unter strikter Wahrungdes Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bzw. mit ausdrücklicher Einwilligungdes Betroffenen eingegriffen werden.

Um eine Verletzung dieser Grundrechte auszuschließen und ausreichenden Daten-schutz zu gewährleisten, müssen vor Einführung von Fernwirkdiensten daher ein-deutige gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die auch die von der Verfas-sung vorgesehene Kompetenzverteilung zwischen Ländern und Bund berücksich-tigt. Solange derartige bereichsspezifische Regelungen fehlen, dürfen Telefon-Fernwirkdienste nicht eingeführt werden.

Anlage 3

Anforderungen an Datenschutzregelungen im Polizeirecht

Beschluß der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Ländervom 24. 01.1985

I. Notwendigkeit bereichsspezifischer Regelungen

1. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben seit Jahren aufdie Notwendigkeit präziser gesetzlicher Regelungen für die Datenverarbeitungdurch die Vollzugspolizei hingewiesen. Einzelne Maßnahmen wie zum Beispiel diePolizeiliche Beobachtung oder die Verarbeitung von Daten Unbeteiligter stehenweitgehend im Widerspruch zum geltenden Polizei- und Strafverfahrensrecht. Ge-setzlich nicht hinreichend abgedeckt sind insbesondere die Erhebung und Nutzungpersonenbezogener Daten zu Zwecken der vorbeugenden Bekämpfung von Straf-taten.

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungs-gesetz ist eine bereichsspezifische Regelung der polizeilichen Informationsverar-beitung unerläßlich. Dabei kann es nicht darum gehen, die derzeitige, durch eineAusweitung der Datenverarbeitung gekennzeichnete Praxis der Datenverarbeitungfestzuschreiben, sie muß vielmehr überprüft und der Umfang zulässiger Infor-mationsverarbeitung durch spezielle Befugnisnormen konkret bestimmt und be-grenzt werden.

2. Eine solche Regelung muß zumindest die nachfolgenden Grundsätze beachten.Diese Grundsätze sollten — evtl. differenziert je nach spezifischer Aufgaben-zuweisung — sowohl in den Polizeigesetzen des Bundes und der Länder als auch inder Strafprozeßordnung, soweit es um gleichartige Maßnahmen geht, berücksich-tigt werden.

II. Grundsätze polizeilicher Informationsverarbeitung

1. Allgemeine Prinzipien

1.1 Die gesetzlichen Regelungen über die Informationsverarbeitung müssen diepolizeilichen Befugnisse klar und rechtsstaatlich umschreiben. Dies bedeutet

— dem Gebot der Normenklarheit entsprechende Spezialregelung und damit dieZurückdrängung von Generalklauseln,

— Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

— prinzipielle Beschränkung auf die Aufgaben Gefahrenabwehr und Strafver-folgung,

— Beachtung des Grundsatzes der Zweckbindung der Daten.

1.2 In Übereinstimmung mit dem vom Bundesverfassungsgericht anerkanntenRecht auf informationelle Selbstbestimmung müssen die Regelungen jede Art undForm der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Polizei erfassen.

Sowohl die Erhebung als auch jede Nutzung von Daten sind in die Regelung miteinzubeziehen.

Die Form der Verarbeitung ist bei der Intensität der einzelnen Regelung zu be-rücksichtigen.

Die Speicherung personenbezogener Merkmale wie Krankheit oder besondererVerhaltensweisen, insbesondere mit Hilfe automatischer Verfahren, ist nur zu-lässig, wenn die möglichen Verwendungen in einem angemessenen Verhältnis zu

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den Gefahren für die sdiutzwürdigen Belange der Betroffenen stehen. Durch dieAutomatisierung darf keine Verzerrung oder unangemessene Verkürzung desSachverhalts entstehen.

2. Für die Datenverarbeitung füllten folgende Grundsätze Beachtung finden:

2.1 Zum Erheben und Speichern personenbezogener Daten

2.1.1 Grundsätze

Die Verarbeitung von Daten muß grundsätzlich der Abwehr einer im einzelnenFall bestehenden (konkreten) Gefahr oder der Aufklärung einer konkreten Straf-tat dienen.

— Eine darüber hinausgehende Verarbeitung kann nur in eng begrenzten Fällenzugelassen werden. Insbesondere bedürfen Befugnisse zur vorbeugenden Be-kämpfung von Straftaten einer klaren abschließenden Umschreibung im Gesetz.

— Für die Erfüllung spezialgesetzlich zugewiesener Aufgaben stehen der Polizeinur die jeweiligen spezialgesetzlichen Befugnisse zu.

— Der Bürger muß — wie zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht im Volks-zählungs-Urteil festgestellt hat — grundsätzlich unbeobachtet von staatlichenStellen an Versammlungen teilnehmen können. Bei Befugnissen zur Informa-tionserhebung in Versammlungen ist stärker als in der bisherigen Praxis demGrundrecht der Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen.

Werden personenbezogene Informationen in Dateien gespeichert, müssen die Her-kunft und die Richtigkeit der Informationen in Akten oder anderen Unterlagennachweisbar sein. Werden Bewertungen gespeichert, muß erkennbar sein, wer dieBewertungen vorgenommen hat und wo die Erkenntnisse gespeichert sind, dieihnen zugrunde liegen.

2.1.2 Datenerhebung und-speicherung

— Die Gewinnung von Informationen muß grundsätzlich offen geschehen; heim-liche Informationserhebung ist nur dann zulässig, wenn dies zur Aufgaben-erfüllung im Einzelfall unerläßlich ist.

— Die Erhebung durch selbsttätige Lese- und Aufzeichnungsgeräte ist gesetzlichzu regeln.

— Bei Erhebung von Daten unter Mitwirkung des Betroffenen ist dieser in derRegel auf seine Aussage- oder Mitwirkungspflicht oder auf die Freiwilligkeithinzuweisen.

— Werden heimlich erhobene Daten gespeichert, ist der Betroffene grundsätzlichnach Wegfall der Zweckgefährdung zu informieren.

— Die Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen mußpräziser und restriktiver geregelt werden. Vorschriften über die Anfertigungund Verarbeitung von erkennungsdienstlichen Unterlagen dürfen nicht durchneue technische Möglichkeiten umgangen werden (z. B. Überwachung bestimm-ter Orte durch Videogeräte, automatische Stimmerkennung).

— Die Übernahme der in Strafermittlungsverfahren erhobenen Informationen inUnterlagen für Zwecke der Gefahrenabwehr und vorbeugenden Bekämpfungvon Straftaten ist an strenge Voraussetzungen zu knüpfen.

— Der Abgleich von oder mit Fremddatenbeständen darf künftig nur zur Abwehrerheblicher gegenwärtiger Gefahren sowie zur Aufklärung abschließend fest-gelegter schwerer Straftaten zugelassen werden. Die hierbei gewonnenen Da-ten müssen einer strengen Zweckbindung unterliegen. Voraussetzungen, Artund Umfang des Abgleichs, Verwertung und Dauer der Aufbewahrung sind imGesetz abschließend zu regeln.

— Der Einsatz besonderer Verfahren, die über ein Aktenhinweissystem hinaus-gehen (z. B. Spurendokumentationsverfahren), bedarf einer gesetzlichen Rege-lung.

— Personenbezogene Daten dürfen grundsätzlich nur bei der sachbearbeitendenDienststelle in kriminalpolizeilichen Sammlungen oder entsprechenden Dateiengespeichert werden. Die Speicherung dieser personenbezogenen Daten beipolizeilichen Zentralstellen ist nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Rege-lung zulässig.

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— Erkenntnisanfragen oder Bitten um Amtshilfe dürfen bei den angefragten Stel-len grundsätzlich nicht zur Anlage kriminalpolizeilicher Personenakten oder-dateien führen.Gleiches muß für bloße Unterriditungen gelten.

2.2 Übermittlung von Daten

2.2.1 Die zu polizeilichen Zwecken gewonnenen Daten sind grundsätzlich zweck-gebunden zu verwerten.

2.2.2 Bei der Übermittlung an Polizeibehörden ist hinsichtlich Art und Inhalt nachder konkreten polizeilichen Funktion und Zuständigkeit zu unterscheiden. DieDatenübermittlung an zentrale Stellen ist restriktiv zu regeln,- das gilt auch fürErkenntnisfragen und deren Beantwortung.

2.2.3 Eine Übermittlung an andere als Polizeibehörden und sonstige öffentlicheStellen sowie an Privatpersonen ist nur im Einzelfall zulässig und nur

— zur Abwendung einer konkreten Gefahr, einer erheblichen sozialen Notlageoder

— zur Verfolgung von öffentlich-rechtlichen oder zivil-rechtlichen Ansprüchen inFällen von Beweisnot,

und nur, wenn hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht. Bei An-fragen, deren Beantwortung in die Zuständigkeit anderer Stellen fällt, hat diePolizei grundsätzlich an diese Stellen zu verweisen. Die Vorschriften des Bundes-zentralregistergesetzes dürfen nicht durch polizeiliche Auskunft unterlaufen wer-den.

Eine Datenübermittlung an Nachrichtendienste darf wegen der verfassungsrecht-lich gebotenen Trennung von polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeitentgegen der derzeitigen Praxis nur in engen Grenzen zugelassen werden. Eingeeigneter Maßstab sind die Übermittlungsregelungen nach dem Gesetz zuArt. 10 GG.

Bei der Übermittlung an ausländische Stellen ist durch geeignete Absprachen unddurch die Vereinbarung internationaler Regelungen sicherzustellen, daß die inner-staatlichen Grundsätze des Datenschutzes nicht gefährdet werden.

2.2.4 Vor jeder Übermittlung hat die auskunftgebende Stelle grundsätzlich dieRichtigkeit der vorhandenen Unterlagen und deren Erforderlichkeit für die eigeneAufgabenerfüllung zu überprüfen. Wenn ein Verfahren noch nicht abgeschlossenist, ist darauf hinzuweisen. Eine Übermittlung hat zu unterbleiben, wenn dieUnterlagen zu vernichten sind.

2.2.5 Tatsache und Inhalt der Übermittlung sind in der Akte festzuhalten. BeiVeränderung wesentlicher Gesichtspunkte (z. B. Löschung) hat die übermittelndeStelle die Änderung nachzuberichten, soweit dadurch nicht schutzwürdige Belangedes Betroffenen beeinträchtigt werden.

2.3 Löschungs- und Uberprüfungsvorschriften

Für die Aufbewahrung der Daten muß der Gesetzgeber differenzierte Löschungs-und Uberprüfungsvorschriften gesetzlich vorsehen. Insbesondere ist zu unterschei-den

— nach Alter des Betroffenen,

— nach der Schwere der Gefahr und der Straftat,

— nach der Art der Tatbegehung,

— nach der Art der Daten,

— nach dem Ausgang des Verfahrens.

Die gegenwärtig praktizierten Regelfristen (für Kinder 2 Jahre, für Jugendliche5 Jahre, für Erwachsene 10 Jahre) dürfen nicht verlängert werden.

Daten, die allein zur Personenfeststellung erhoben wurden, sind unmittelbar nachZweckerreichung zu vernichten.

2.4 Transparenz

Entsprechend der verfassungsmäßigen Garantie des Rechtsweges (Art. 19Abs. 4 GG) hat der einzelne grundsätzlich ein Recht auf vollständige Auskunft.

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Dieses umschließt

— die zu seiner Person gespeicherten Informationen,

— Zweck, Rechtsgrundlage und vorgesehene Dauer der Speicherung,

— Art der Gewinnung oder Herkunft der Informationen,

— die Tatsache und den Inhalt der Übermittlung an andere Stellen.

Ausnahmen hiervon sollten nur dann zulässig sein, wenn hierdurch die Erfüllungpolizeilicher oder anderer Sicherheitsaufgaben gefährdet oder erheblich erschwertwird, überwiegende Interessen Dritter entgegenstehen oder die Erfüllung des Aus-kunftsanspruchs nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre.

Die Bearbeitung von Auskunftsersuchen muß getrennt von polizeilichen Infor-mationssammlungen erfolgen. Die Tatsache der Antragstellung darf nicht zumNachteil des Betroffenen verwertet werden.

2.5 Notwendige organisatorische Maßnahmen

Für die Anlage neuer und für die Überprüfung vorhandener personenbezogenerSammlungen sowie für Verbunddateien muß der Erlaß von Errichtungsanordnun-gen gesetzlich vorgesehen werden, die Regelungen enthalten über

1. die Bezeichnung, den Zweck und die Rechtsgrundlage der Sammlung,

2. den in die Sammlung aufzunehmenden Personenkreis,

3. die Art und den Umfang der zu speichernden Informationen, die der Erschlie-ßung dienen können,

4. die Übermittlung von Informationen,

5. die Dauer der Aufbewahrung der Informationen und

6. die zuständige Stelle für die Anlage und Führung von Sammlungen.

Diese Errichtungsanordnungen sind zu veröffentlichen.

Daten, die zur Vorgangsverwaltung oder nur zum Nachweis polizeilichen Han-delns geführt werden, sind von Datensammlungen zur Gefahrenabwehr und Straf-verfolgung zu trennen.

Anlage 4

Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder

Hamburg, 27./2S. 3. 1984

Erklärung zur Einführung von Bildschirmtext

Die Datenschutzbeauftragten beobachten mit Besorgnis die Entwicklung und Ein-führung von Bildschirmtext. Sie betonen, daß nach ihrer Ansicht den Problemendes Datenschutzes nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sie habenbegründeten Anlaß anzunehmen, daß die Deutsche Bundespost den von der Rund-funkkommission der Länder und den Datenschutzbeauftragten entwickelten Daten-schutzbestimmungen des Bildschirmtext-Staatsvertrages nicht hinreichend Rech-nung trägt.

1. Die Ministerpräsidenten der Länder haben am 18. März 1983 den Staatsvertragüber Bildschirmtext unterzeichnet. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Zustim-mungsgesetze in den Ländern in Kraft getreten.

Die Zustimmung der Länder war abhängig von einer zufriedenstellenden Rege-lung des Datenschutzes.

Die unmittelbar bevorstehende bundesweite Einführung von Bildschirmtext zwingtzur Prüfung, ob die Deutsche Bundespost die Forderungen erfüllt hat, die Grund-lage der Zustimmung waren.

2. Die Deutsche Bundespost hat in ihrer Zusage offengelassen, in welchem Um-fang sie die Bestimmungen des Staatsvertrages in Bundesrecht umsetzen will. DieMinisterpräsidenten der Länder hatten eine Regelung in Form von Rechtsvor-schriften erwartet. Dies ist wegen der Sensitivität der anfallenden Daten

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um

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so mehr nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz1983 geboten.

Die bisher vorgenommenen Ergänzungen der Fernmeldeordnung bleiben weithinter dem Erforderlichen zurück. Gegenüber dem Staatsvertrag fehlen insbeson-dere klare Regelungen zur Verarbeitung der Verbindungsdaten (Umfang derSpeicherung, Zeitpunkt der Löschung).

Darüber hinaus sollten die Bestimmungen festlegen, welche Abrechnungsdaten imStreitfall dem Anbieter übermittelt werden. Die jetzige Formulierung „im Rahmender technischen und betrieblichen Möglichkeiten" ist zu allgemein.

3. Die Datenschutzbeauftragten kritisieren mit Nachdruck, daß sich die DeutscheBundespost bisher nicht in der Lage gesehen hat, ihnen das vollständige System-konzept für Bildschirmtext vorzulegen.

Die zur Zeit bekannt gewordenen Elemente des Bildschirmtextsystems weckenbegründete Zweifel daran, ob die Deutsche Bundespost den materiellen Bestim-mungen des Staatsvertrages gerecht wird. Dies gilt insbesondere für das Verbot,Abrechnungsdaten so zu speichern, daß die Art und der Zeitpunkt des in Anspruchgenommenen Angebots erkennbar sind.

Anlage 5

Entschließung der Datenschutzbeauftragten der Länder und der Datenschutzkom-mission Rheinland-Pfalz vom 6./7. Juni 1984 zum Datenschutzrecht bei Bildschirm-text

Ein effektiver Datenschutz bei Bildschirmtext ist abhängig von dem medien-politischen Modus vivendi zwischen Bund und Ländern, die auf Konsens undgegenseitiges Verständnis angelegt ist. Die Unterzeichnung des Staatsvertragesund dessen Ratifizierung durch die Länderparlamente waren davon abhängig, daßdie Deutsche Bundespost den im Staatsvertrag geregelten Datenschutz einhaltenund für ihren Bereich entsprechende Vorschriften erlassen werde. Die DeutscheBundespost hat dies schriftlich zugesagt.

Die Reaktion der Deutschen Bundespost auf die Erklärung der Datenschutzbeauf-tragten, die an die Einlösung der Verpflichtung der Deutschen Bundespost erinnert,läßt befürchten, daß die Deutsche Bundespost sich von dieser gemeinsamen Ge-schäftsgrundlage für die Einführung von Bildschirmtext lösen will. Im Gegensatzzur einheitlichen Auffassung der Ministerpräsidenten vertritt die Deutsche Bundes-post nun die Ansicht, daß Bildschirmtext als Fernmeldedienstleistung bundesrecht-lich verordnet sei und damit nach Art. 87 GG in der ausschließlichen Verwaltungs-kompetenz des Bundes stehe.

Die Datenschutzbeauftragten sind nach wie vor der Ansicht, daß die Länder für diegesamte Nutzung des neuen Mediums „Bildschirmtext" die Regelungskompetenzhaben. Die Länder haben daher den Datenschutz im Bildschirmtext-Staatsvertragfür diesen Bereich abschließend geregelt. Die Auffassung der Deutschen Bundes-post, Bildschirmtext sei ausschließlich ein Fernmeldedienst, stimmt in mehrfacherHinsicht mit der Bildschirmtext-Konzeption nicht überein. So steht sie beispiels-weise im Gegensatz zu der Tatsache, daß die Deutsche Bundespost nie ein Monopolfür das Betreiben von Bildschirmtext-Diensten in Anspruch genommen und ent-sprechenden Regelungen im Staatsvertrag nicht widersprochen hat.

Die Gefahren des neuen Kommunikationssystems für die Privatsphäre liegen inerster Linie in der technisch grundsätzlich möglichen umfassenden Sammlung per-sonenbezogener Daten in den technischen Einrichtungen, die zur Nutzung vonBildschirmtext bereitgestellt werden, über diese technischen Einrichtungen wirddie vollständige Kommunikation zwischen den Anbietern und Teilnehmern ab-gewickelt.

über diese Einrichtungen gehen alle Abrufe von Angeboten, fließen alle ausge-tauschten Daten und wird die Gebührenabrechnung abgewickelt. Nutzbarkeit undVerwendungsmöglichkeit dieser Daten hängen hierbei von den der Informations-technologie eigenen Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten ab.

Angesichts dieser Gefährdungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfas-sungsgerichts durch Gesetz die organisatorischen und verfassungsrechtlichen Vor-kehrungen zu treffen, um der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts

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entgegenzuwirken. Daher ist es unverständlich, daß die Deutsche Bundespostderzeit offenbar nicht bereit ist, entweder den Staatsvertrag für sich gelten zulassen oder entsprechende bundesgesetzliche Regelungen zu schaffen. Spätestensseit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Volkszählung ist die Erklärungder Deutschen Bundespost, daß sie neben Verwaltungsanweisungen auch Vor-schriften erlassen werde, in verfassungskonformer Weise nur als Verpflichtungzu verstehen, Rechtsnormen zu schaffen. Da die Deutsche Bundespost den Staats-vertrag nicht unmittelbar für sich gelten läßt, bestehen Regelungslücken im Bun-desrecht. Die Bundespost würdigt nicht in ausreichendem Maße, daß die ver-schärfte Datenschutzregelung im Staatsvertrag den erhöhten Gefahren begegnenund den eventuell vorhandenen Ängsten der Bevölkerung Rechnung tragen sollte.

Eine Regelung des Datenschutzes bei Bildschirmtext kann sich nicht in einer ein-seitigen Verpflichtungserklärung der Deutschen Bundespost gegenüber den Län-dern in Verwaltungsanweisungen oder in Vorkehrungen im technisch-betrieblichenSystem erschöpfen. Selbst das Fernmeldegeheimnis — dessen Erstreckung aufBildschirmtext nicht unbestritten ist — befreit nicht von der Notwendigkeit, zu-sätzliche grundrechtssichernde gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den beson-deren Gefahren begegnen.

Aus der Mitwirkung der Datenschutzbeauftragten bei der Schaffung der Daten-schutzvorschrift im Staatsvertrag folgt eine Verantwortung gegenüber Landes-regierungen und Landesparlamenten für eine ausreichende Berücksichtigung desPersönlichkeitsschutzes bei Einführung von Bildschirmtext. Die Datenschutzbeauf-tragten haben darauf vertraut, daß die Deutsche Bundespost die den Minister-präsidenten gegenüber abgegebene Verpflichtung einhält und ungeachtet kompe-tenzrechtlicher Meinungsverschiedenheiten alles tut, was für eine effektive Um-setzung der Bestimmungen des Staatsvertrages notwendig ist. Hierzu gehöreneine umfassende Information über die technischen Komponenten des Bildschirm-text-Systems, die vollständige Umsetzung der Datenschutzvorschriften des Staats-vertrages für die Einrichtungen der Deutschen Bundespost und die Ermöglichungeiner effektiven Datenschutzkontrolle durch die zuständigen Verwaltungsbehör-den der Länder.

Dabei verlangt die enge Verflechtung von Netz- und Nutzungsbereich, daß alleKontrollinstitutionen fortlaufend unmittelbar und umfassend über die technischeAusgestaltung und Wirkungsweise des Bildschirmtext-Systems unterrichtet wer-den. Mit einer Information aus zweiter Hand können die Datenschutzinstanzender Länder ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. Die Kontrolle durch unabhän-gige Datenschutzinstanzen ist eine wesentliche Voraussetzung eines wirksamenGrundrechtsschutzes.

Zu den nach Ansicht der Deutschen Bundespost bereits verwirklichten technisch-organisatorischen Vorkehrungen zum Schütze des Persönlichkeitsrechts der Bür-ger kann noch nicht abschließend Stellung genommen werden. Zwar hat dieDeutsche Bundespost inzwischen mündlich die Datenschutzbeauftragten über dastechnische System Bildschirmtext unterrichtet; eine schriftliche Verfahrensbeschrei-bung einschl. aller Datensätze steht noch aus. Erst wenn diese vorliegt, könnendie Datenschutzbeauftragten zum technischen System Bildschirmtext abschließendStellung nehmen. Die Datenschutzbeauftragten sind jederzeit bereit, Datenschutz-fragen des Btx-Systems mit der Deutschen Bundespost zu erörtern.

Druck: Anker-Druck Bremen