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Juni/Juli 4·2013 D 5,90 € AUT 6,70 € LUX 6,90 € CH 11,50 SFR Das unabhängige Literatur- & Hörbuch-Magazin www.buecher-magazin.de Martin Walker, Ursula Poznanski, Eugen Ruge u. v. a. FÜR DEN ALLTAG RÜSTEN: Die besten Mutmacher-Bücher von 3 bis 16 Jahren Dietrich Grönemeyers Körperkunde, Lieblingsmonster & Cybermobbing 22 SEITEN RATGEBER HÖRBUCH: 50 Rezensionen I Reise-Sprachführer I Kaminskis Wagner-Livehörspiel GEWINNE: SOMMERLEKTÜRE IM WERT VON 850 EURO 50 SHADES OF YOU Besuch in der Erotik-Schreibschule KRIMIS FÜR FEINSCHMECKER Morde & Delikatessen in Italien, Frankreich und Luxemburg 140 Fantastische Mädchenträume KERSTIN GIER Silber – Der Auftakt zu ihrer neuen All-Age-Serie Kinder stärken PLUS 2 HÖRBÜCHER* 360 MINUTEN GRANDIOS GELESEN Romane, Krimis Sach-, Kinder- und Jugendbücher * I m H e f t z u m D o w n l o a d

Bücher 04/2013

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Auch die Bücher gibt es jetzt als ganze Ausgabe kostenlos zum Stöbern und downloaden.

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Page 1: Bücher 04/2013

Juni/Juli 4·2013

D 5,90 €AUT 6,70 €LUX 6,90 €CH 11,50 SFR

Das unabhängige Literatur- & Hörbuch-Magazin

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w.buecher-magazin.de

Martin Walker, Ursula Poznanski,

Eugen Ruge u. v. a.

FÜR DEN ALLTAG RÜSTEN: Die besten Mutmacher-Bücher von 3 bis 16 JahrenDietrich Grönemeyers Körperkunde, Lieblingsmonster & Cybermobbing

22 SEITEN RATGEBER

HÖRBUCH: 50 Rezensionen I Reise-Sprachführer I Kaminskis Wagner-Livehörspiel

GEWINNE: SOMMERLEKTÜRE IM WERT VON 850 EURO

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50 SHADES OF YOUBesuch in der Erotik-Schreibschule

KRIMIS FÜRFEINSCHMECKERMorde & Delikatessen in Italien, Frankreich und Luxemburg

140

Fantastische Mädchenträume

KERSTIN GIER

Silber – Der Auftakt zu ihrer neuen All-Age-Serie

Kinder stärken

PLUS2 HÖRBÜCHER*

360MINUTENGRANDIOS GELESEN

Romane, KrimisSach-, Kinder- und

Jugendbücher

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Das unabhängige Literatur- & Hörbuch-Magazin

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Für Kinder ab 3 Jahren für je 9,90 €, oder alle drei Bände zum Preis von 21,90 €. Jetzt überall im Handel, unter www.sz-shop.de und im Service Zentrum der Süddeutschen Zeitung, Fürstenfelder Str. 7, 80331 München.

„Mami, kannst du mal kommen, da ist irgendwas im Zimmer.“ In drei schaurig-schön illustrierten Bilder-büchern aus der Reihe Süddeutsche Zeitung Junge Bibliothek, können Eltern und Kinder gemeinsam eigen-artige Wesen aus dem Kinderzimmer vertreiben. Mit praktischen Tipps und erfi nderischen Tricks werden Spinnen, Drachen und Gespenster für immer die Flucht ergreifen – sehr zur Freude der ganzen Familie.

Fürchterlich schön zum Vorlesen.

SZ-Bilderbuecher_232x297.indd 1 07.05.13 16:35

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34·2013

Liebe Leserinnen, liebe Leser, dies ist eine BÜCHER-Ausgabe voll Fernweh- und Sommerlektüre – mit sinnlichen Bestseller-Kurven (S. 24), einladenden Träu-men (S. 16) und Lesestoff für Wagnerianer (S. 68).In unserem Kinder- und Jugendspezial (ab S. 82) finden sich dieses Mal besonders viele Bücher, die es lohnt gemeinsam zu lesen – und so in den Ferien, neben guter Unterhaltung, auch Kraft zu tanken. Und auch der berührende Roman von Andrea Hirata „Die Regenbogentruppe“ (S. 22) handelt von einer Gemeinschaft außergewöhnlicher Kinder, die so man-chen Erwachsenen Stärke lehren kann! Viel Spaß beim Durchatmen und Lesen,

Herzlichst,   Tina Schraml

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Auf der zweitägigen Pressereise mit Autor Tom Hillenbrand stand ein Besuch bei seiner guten Freundin Léa Linster (im Foto) im Sterne-Restaurant auf dem Programm, Törtchen schmausen beim Hoflieferanten Pâtisserie Oberweis ebenso wie ein Mittag-essen beim „Kniddelkinneg“ (Knödelkönig). Zum Glück liegt Lu-xemburg auf zwei Ebenen. Am Alzetteufer die Unterstadt und darüber die mondäne Oberstadt, dazwischen ein paar Treppen und Fußwege, um Kalorien wieder loszuwerden. Mit Altstadt, Weinkeller, Festungsgang, Besuch des historischen Museums und der Kunsthalle MUDAM machte die rundum schöne Tour aber auch kulturell satt und glücklich (S. 43).

Gewinne in dieser AusGAbe Kerstin Gier „silber – das erste buch der Träume“ (Buch/Hörbuch) (S. 17) Peter Heller „das ende der sterne wie big Hig sie kannte“ (Buch/Hörbuch) (S. 31) Tom Hillenbrand „Letzte ernte“ (Buch/Hörbuch) (S. 44) Wiebke van der Scheer & Margré Mijer „Arte in Cucina auf reisen“ (Buch) (S. 65) Renate von Mangoldt „Autoren“ (Buch) (S. 77) Matthew Quick „silver Linings“ (Buch/DVD) (S. 105)

die Teilnahme erfolgt mit entsprechendem Titel als betreff online über: www.buecher-magazin.de/gewinnspiel oder per Post an: falkemedia e. K., Gewinnspiel, An der Halle 400 #1, 24143 Kiel. einfach buch- bzw. Filmtitel als stichwort angeben. einsendeschluss ist jeweils der 07.08.2013. der rechtsweg ist ausgeschlossen.

aus der redaktionwww.blanvalet.de

twitter.com/BlanvaletVerlag

facebook.com/blanvalet

Eine Liebe so unvergänglich wie die Sterne am Himmel

Deutsch von Veronika Dünninger480 Seiten | Klappenbroschur€ 9,99 [D]ISBN 978-3-442-38121-0

Auch als E-Book erhältlich.

6852_Harmel_Sterne RZ.indd 1 19.04.13 10:39

Page 4: Bücher 04/2013

4 4·2013

16Der nächste traumhafte Bestseller?

Kerstin Giers neue All-Age-Serie

82Monsterkunde: Wozu wir sie brauchen und wie man sie fängt

43Kulinarische Krimireise: Mit Tom Hillenbrand in Luxemburg

ErzählungEn & Romane16 Träum schön!

Kerstin Gier im Porträt

22 James Herriots südostasiatischer Erbe Hommage an eine Grundschullehrerin: Andrea Hiratas „Regenbogentruppe“

24 Schreib. Das. Auf. Ein Besuch in der Erotik-Schreibschule

26 Lust auf mehr Aktuelle erotische Romane: Die Tabelle der Ekstase

28 Verhasste Heimat Das Debüt: Harald Darer

30 Ein Mann, ein Hund, ein Flugzeug Peter Heller im Porträt

34 Rezensionen Erzählungen & Romane

39 Hörbuchrezensionen

Krimis & ThRilleR43 Kniddel und König

Ein Tag mit Krimi-Autor Tom Hillenbrand

46 Rezensionen kulinarische Krimis

47 Raffiniertes Luder Das letzte Werk des James M. Cain

48 Rezensionen Krimis & Thriller

52 Hörbuchrezensionen

SachbüchEr60 Erlesene Zeitreisen

Literarische Reiseberichte

62 In 80 Phrasen um die Welt Audio-Sprachführer

63 Fernweh für Schaulustige Blickpunkt Reise

66 Rezensionen Reise

68 Das unsichtbare Theater Zum 200. Geburtstag von Richard Wagner

71 Ein Mann, ein Ring Stefan Kaminski liest den

„Ring des Nibelungen“

74 Rezensionen Sachbuch

Dossier büchErwEltEn76 Bücherschaufenster

Für Bibliophile und Literaturverrückte

79 Rezensionen Bücherwelten

80 In Büchern zu Hause Alberto Manguel im Interview

Spezial KindEr & Jugend82 Liebenswerte Freaks

Monster-Bilderbücher für wilde Kinder

85 Kunstwerke für Kleine Bilderbuchtipps

86 Supersize Kids Dietrich Grönemeyer im Interview

88 Ich selbstverständlich Blickpunkt Körper und Ernährung

90 Eine Insel mit zwei Bergen 65 Jahre Augsburger Puppenkiste- Klassiker: Ein Hörbuchvergleich

92 Isoliert im (a)sozialen Netz Jugendthriller über Cybermobbing

96 Ich habe selbst noch einiges gelernt Ingo Zamperonis „Starke Kinder“

98 Rezensionen Kinder & Jugend

100 Hörbuchrezensionen

grAtis-dOwnlOAds„Eiseskälte“ von Arnaldur Indriðason, gelesen von Walter Kreye S. 57

„Niederlande hören“ von Corinna Hesse, gelesen von Rolf Becker S. 67

JuNI/JuLI

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54·2013

So BEWERTEN WIR

BEWERTuNG HöRBuCH

Grandios

Sehr gut

Gut

Geht so

Nur für Fans

Zu schwach

Umsetzung (60 %)

Inhalt (35 %)

Ausstattung(5 %)

BuECHER-MAGAZIN.de

04·13 Grandios

stAndArds 03 Aus der Redaktion 06 Literatur Leben 07 Die Bücher-Top-5 10 Jan Brandt: Vergessliche Momente 11 Ins Netz gegangen 12 Wörterwelten 14 Bildeingang 21 Die schönsten Liebesromane 32 Botschaft aus Babel 33 Wiederentdeckte Klassiker 95 Überschätzte Bücher 111 Index 113 Hallo, was lesen Sie gerade? 114 Vorschau & Impressum

bildEr & WelTen104 Kino- & DVD-Tipps

106 Aufbruch Graphic Novels zum Abheben und Abstürzen

höRspiEl108 Hörspiel kompakt

110 Hörspiel-Check

63Blickpunkt Reise: Bildbände und Sachbücher, die Fernweh wecken

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Susanna Filbingers Vater wirft einen langen Schatten. Die Vorwürfe über seine Tätigkeit als Marinerichter in der NS-Zeit zwingen den Ministerprä-sidenten zum Rücktritt. Was für den Vater das Ende bedeutet, wird für seine Tochter zum Anfang. Sie geht erfolgreich ihren Weg. Dann macht Susanna Filbinger eine Entdeckung: die Tagebücher ihres Vaters. Eine bewegende Aufarbeitung beginnt.

2013. 283 Seiten, gebunden. € 19,99Auch als E-Book erhältlich

Wie trennt man sich von dem, was war?

Für alle, die es wissen wollen.

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6 4·2013

tipp aus der hörbuchhandlung

literatur leben

Fährt man ein 85 Kilometer langes „U“ vom oberschwäbischen Bad Waldsee über die Kleinstädte Weingarten, Tettnang und Wangen im Allgäu bis nach Leut-kirch, kann man nicht nur das schöne Umland des Bodensees kennenlernen, sondern auch alle fünf Filialen der Stadt-buchhandlung besuchen. So wie die Region für Sonne und Erholung bekannt ist, so stehen die großzügigen Buchhand-lungen für Helligkeit und Wohlfühlen. „Bei uns sollen Menschen und Bücher Platz haben, damit sie sich entfalten kön-nen“, erklärt Dominik Souard, der 2002 in Weingarten gemeinsam mit Susanne Lorinser die erste Stadtbuchhandlung eröffnete. Das Konzept ging auf. „Wir wollen Kunden nicht beraten, sondern begeistern. Daher verstehen wir uns eher als Unterhaltungskünstler.“ Der wieder-kehrende Austausch mit den Kunden ist

Souard und Lorinser besonders wichtig. Daher lassen sie sich immer neue Ideen einfallen. Zum Beispiel kann jeder Käufer sein gelesenes Buch zurückbringen und erhält dafür einen Gutschein. „Wir ver-suchen, unsere Kunden eben auf immer neue Weise zu überraschen.“ Die nächste Idee schwebt Souard auch schon vor: „Ich kenne eine traditionelle Buchhandlung, die nach dem Umbau fast mehr ein Café ist. Für unser Konzept eine vorstellbare Entwicklung. Ein Gespräch über Bücher in angenehmer Atmosphäre kann kein Online-Handel abbilden.“ Und so wer-den die Buchhändler und Überzeugungs-künstler Lorinser und Souard womöglich bald auch noch Gastronomiebetreiber.

Die StaDtbuchhanDlung5 Filialen in Bad Waldsee, Weingarten, Tettnang, Wangen und Leutkirchwww.stadtbuchhandlung.de

buchhändler, Überzeugungskünstler und mehr

WaS Sie Schon immer Über Kino WiSSen Wollten …Mit der losen und lustigen Sammlung von Fakten, Anekdo-ten und Kuriositäten rund um Kino und Film ist das neue Buch von Stefan Volk nicht nur etwas für Cineasten, die sich statt in den Kinosessel mal ins heimische Sofa fläzen. Auf den 256 Seiten wird die Geschichte der Blockbuster umgekrem-pelt. Wer hätte gedacht, dass es 27 verschiedene „Grafen von Monte Christo“ gibt oder der Animationsfilm „Rapunzel – Neu verföhnt“ der zweitteuerste Film der Geschichte ist? „Es ist keine Enzyklopädie und auch kein Handbuch, son-dern ein Buch zum Schmökern, zum Stöbern, zum immer mal wieder Reinlesen“, sagt Stefan Volk. Daher empfiehlt es sich, das Buch nicht zu tief ins Regal zu stellen, sondern eher neben dem DVD-Player.

Bücher-Autor Dr. Stefan Volk lebt als freier Journalist, Film- und Literaturkritiker in Frei-burg im Breisgau. Er hat mehrere film- und literaturdidaktische Arbeiten veröffentlicht, darunter zwei Bände zur Filmanalyse im Unterricht, und schreibt regelmäßig für die Fachzeitschriften Film-Dienst und Filmbulle-tin sowie die Berner Zeitung.

in eigener sache

Der schwedische Millionär und Kunstsammler Peer Johannesson geht bei einem Kanuausflug über Bord. Noch am selben Tag lädt sein Rechtsanwalt vier Män-ner zur Testamentseröffnung ein. Drei davon treffen am nächsten Tag ein, aber der Anwalt ist ermordet und das Testament verschwunden. Die drei stellen fest: Alle haben Johannesson Dinge verkauft, die auf dem Markt nicht zu haben sind. Und das Hörspiel um illegal erworbene Kunstschätze nimmt einen rasanten Verlauf ... SprecherInnen, die hervorragend spielen; Musik und Effekte, die dem Genre alle Ehre machen. Das macht sechs Stunden Hörgenuss!

marco göllner: golDagengårDen Komplett-boxGelesen von Peter Schiff, Philipp Moog u. v. m. Zaubermond, 360 Min/5 CDs, 39,95 Euro

hörbuchhanDlung romeiKe, Nordstraße 11040477 Düsseldorf, www.hoerbuchhandlung.com

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74·2013

die Bücher-top-5 die Favoriten der redaktion

erzählungen & Romane1. DaviD Wagner: leben

Rowohlt, siehe S. 382. William t. vollmann:

europe central Suhrkamp, siehe S. 38

3. JameS gorDon Farrell: troubles Matthes & Seitz, siehe S. 36

4. liSa Kränzler: nachhinein Verbrecher Verlag, siehe S. 345. peter heller:

Das ende der Sterne wie big hig sie kannte Eichborn, siehe S. 31

krimis & ThRilleR1. urSula poznanSKi:

blinde vögel Wunderlich, siehe S. 51

2. Sam millar: Die bestien von belfast Atrium, siehe S. 50

3. martin WalKer: Femme fatale Diogenes, siehe S. 46

4. tom hillenbranD: letzte ernte KiWi, siehe S. 43

5. WileY caSh: Fürchtet euch S. Fischer, siehe S. 48

Sachbücher1. meiKe Winnemuth:

Das große los Knaus, siehe S. 66

2. ulriKe DraeSner: heimliche helden Luchterhand, siehe S. 79

3. naviD Kermani: ausnahmezustand C. H. Beck, siehe S. 74

4. JennY laWSon: Das ist nicht wahr, oder? Metrolit, siehe S. 74

5. iriS hammelmann: haltet die Welt an! Gerstenberg, siehe S. 65

kinder & Jugend1. KerStin gier: Silber – Das erste

buch der träume S. Fischer, Alle-Age, siehe S. 16

2. michael De cocK, JuDith vaniStenDael (illuStr.): rosie und moussa Beltz & Gelberg, ab 9, siehe S. 99

3. aloiS prinz: Jesus von nazaret Thienemann, ab 14, siehe S. 99

4. hanna Dietz: gefährliche gedanken

Arena, ab 12, siehe S. 985. robert m. Sonntag:

Die Scanner Fischer, ab 14, siehe S. 98

höRbücher1. aDam giDWitz: eine dunkle

und grimmige geschichte Audiolino, siehe S. 101

2. hanna JameSon: Kalter Schmerz Der Audio Verlag, siehe S. 52

3. DaviD vann: Dreck Parlando, siehe S. 41

4. peter buWalDa: bonita avenue Random House Audio, siehe S. 41

5. linWooD barclaY: Fenster zum tod Audiobuch Verlag, siehe S. 54

Vor 20 JahrenDie Spiegel-Bestseller am 7.6.1993*1. noah gorDon: Der Schamane

Droemer2. eva heller:

Der mann, der‘s wert ist Droemer

3. roSamunDe pilcher: Die muschelsucher Wunderlich

4. garcía márquez: zwölf ge-schichten aus der Fremde Kiepenheuer & Witsch

5. barbara WooD: Das paradies Krüger

* Quelle: www.spiegel.de

www.aufbau-verlag.de

Jetzt als Taschenbuch

Fred Vargas

Die neue

GewinnerindesEuropäischen Krimipreises2012

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8 4·2013

literatur leben

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book notes – on travelingby gili ben-zvi

There seems to be an assumption that travellers want to be thrilled. Reflected clearly in the foreign language book section at major transport hubs. Though the wish to read of human cruelty while trapped in a confined space with complete strangers feels, at best, counterintuitive. I recently traveled from Berlin to Paris, by train, headed for a family vacation in the countryside. An old fashioned slow night train is the perfect opportunity to catch up on some rea-ding and in the spirit of adventure I decided to pick up a fresh book along the way. In each station, in each town, I searched for a literary companion for the 13 hour jour-ney back home. Store after store offered an almost identi-cal selection of best-selling thrillers.As the day of return drew close I realized my only option was suspense, hopefully not too violent. I tried to comfort myself, remembering my fondness for Poe, Christi and the genre‘s turn of the century origin. It was then, in the last shop, in the last french village that my eyes fell on something different; Marina Lewycka‘s latest novel “Various Pets Alive & Dead” a humorous and entertaining family story about mutual expectations and hidden truths. As the train star-ted moving and I began to read, I knew I would sleep better imagining my fellow travellers coming back from similar family reunions, their luggage filled with gifts from loved ones rather then trophies from a killing spree or worse the dismembered body parts of their last train conductor.

ausstellungenShe pop. Frauen.macht.muSiKGoing Gaga: Dieses Ausstellungspro-jekt zeigt der männerdominierten Pop-szene, wo die Musik spielt. Sängerin-nen, Produzentinnen, Komponistinnen und Managerinnen -– aber auch die vielen weiblichen Fans stehen in die-ser bunten Kompilation aus Fotografi-en, Bühnenexponaten und Filmsequen-zen im Rampenlicht. Im dazugehörigen Katalog wird weibliche Musikgeschich-te geschrieben. Bis 8. September 2013, Udo-Lindenberg-Platz 1, Gronau www.rock-popmuseum.de

WortKÜnStler/ bilDKÜnStler Gesamtkunstwerke: 150 Gemälde und Arbeiten auf Papier von Schriftstellern wie Victor Hugo, George Sand, Hans Christian Andersen und Herta Müller (im Bild) zeugen von kreativen Dop-pelbegabungen durch alle Epochen. Durch eine eigens für die Ausstellung konzipierte Audioführung wird die Li-teratur anhand von Originaltexten und biografischen Verknüpfungen zur Bild-sprache gebracht.Bis 7. Juli 2013 (danach in Lübeck) Internationale Tage Ingelheim, www.internationale-tage.de

tagebuch-lesebühneHelden und Antihelden, wüste Plots und steile Pointen, Liebesdramen und Happy Ends – ein Jugendtagebuch hat alles, was ein guter Text braucht. Seit Sommer 2011 bieten Nadine Wedel (im Bild) und Ella Carina Werner den Tagebüchern eine Bühne. Im Altona-er Aalhaus lockt jeden letzten Donners-tag im Monat Deutschlands erster Dia-ry Slam unerschrockene Menschen aus ihren Jugendtagebüchern vorzulesen. Ein Best-of aus rund 80 Beiträgen liegt nun in Buch- und Hörbuch-Form vor. Wahrhaftig und lustig, so wie wir alle mal waren. ella carina Werner, naDine WeDel: ich glaube, ich bin jetzt mit nils zusammen Scherz, 288 Seiten, 14,99 Euro

hörbuchGelesen von Mirja Boes, Annette Frier, Carolin Ke-bekus, Sarah Kuttner und Ralf SchmitzArgon, 145 Min./2 CDs, 14,95 Euro

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Page 9: Bücher 04/2013

94·2013

tipp

Wortreiche termine

Und immer wieder das Meer

Großformatige Text-Bildbände, Halbleinen, Fadenheftung

128 Seiten, viele farbige Abb., 25 €

www.edition-ebersbach.de

Anne GoebelAn südlichen GestadenDie italienische Riviera der Künstler und Literaten

ISBN 978-3-86915-065-9

Kristine von SodenStrandgutWarum das Meer blau ist, der Bikini nie badenging und alle Möwen Emma heißen

ISBN 978-3-86915-048-2

Anz_Gestaden_70x297_Falkmedia.indd 1 06.05.13 11:38

14. Poesiefestival Berlin7. bis 15. Juni | www.poesiefestival.org

Finnen und Deutsche werden Verse schmuggeln, Slam-Poeten vom moder-nen Nomadendasein und ihrem Gefühl von Heimat berichten und natürlich darf auch der geschätzte Lyrikmarkt nicht feh-len – das 14. Poesiefestival Berlin verspricht wieder zahlreiche Momente des Schmun-zelns, Schwelgens und Schmökerns. In Ber-lin, so heißt es, sei „die Dichte der Dich-ter am dichtesten“. Und Anfang Juni umso konzentrierter, wenn 180 Poeten aus allen

Himmelsrichtungen ins Künstlermekka kommen, um die Weltlyrik zu feiern. Und die präsentiert sich hier in allen Facetten: Kurzfilm kann sie sein und eine Tanz-Per-formance, schneller Poetry-Slam und Hip-Hop, Rockballade und halt durchaus auch die klassische Dichtung. Mit dabei sind u. a. Frank Klötgen (Foto rechts), Nikola Mad-zirov, Christian Bök und Kat Frankie (Foto links). Und wie Jahr für Jahr über 10 000 Besucher beweisen: Die Lyrik lebt!

Junihamburg: literatur altonale 201331. Mai bis 16. Juniwww.altonale.de

meiSSen: literaturfest meißen5. bis 9. Juniwww.literaturfest-meissen.de

heiDelberg: 19. heidelberger literaturtage5. bis 9. Juniwww.heidellittage.de

baD homburg: 4. bad homburger poesie & literatur-festival5. bis 12. Juniwww.bad-homburger-poesie-und- literaturfestival.com

bremen: poetry on the road6. bis 10. Juniwww.poetry-on-the-road.com

Köln: hörspiel-arena 20137./8. Juniwww.hsp-gem.de

tÜbingen: 8. tübinger bücherfest7. bis 9. Juniwww.tuebinger-buecherfest.de

berlin: 15. lange buchnacht8. Juniwww.lange-buchnacht.de

DÜSSelDorF: Düsseldorfer literaturtage11. bis 23. Juni mit bücherbummel auf der Kö13. bis 16. Juniwww.duesseldorfer-literaturtage.de

hauSach: 16. hausacher leselenz17. bis 24. Juniwww.leselenz.de

baYreuth: bigSaS Festival afrikanischer und afrikanisch-Diasporischer literaturen20. bis 22. Juniwww.bigsas-literaturfestival.de

JuliKlagenFurt (a): 37. tage der deutschsprachigen literatur3. bis 7. Juliwww.bachmannpreis.eu

leuKerbaD (ch): 18. internati-onales literaturfestival5. bis 7. Juliwww.literaturfestival.ch

Stuttgart: 2. Dragon Days Fantastikfestival11. bis 14. Juliwww.dragondays.de

leipzig: literatur-Festival im rahmen des 4. KaoS-Kultur-sommers am See12. bis 14. Juliwww.kaos-kultursommer.blogspot.de

cuxhaven: Deichbrand mikrokosmos – poetry Slam Festival18. bis 21. Juliwww.deichbrand.de/mikrokosmos

carWitz: 23. hans-Fallada-tage19. bis 21. Juliwww.fallada.de

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Jochen Schmidt hat wunderbare Bücher geschrieben mit Titeln, die mir seither nicht mehr aus dem Kopf gehen und zu

meinen Sprichwörtern und Redewendun-gen geworden sind, Triumphgemüse, Müller haut uns raus oder Meine wichtigsten Körper-funktionen. Wenn ich den Platz hätte, würde ich mir jeden Satz, den ich darin unterstri-chen habe, rausschreiben und an die Wand hängen, aber es sind einfach zu viele. „Ich kann meine Nachbarn wirklich nur um mich beneiden“, „Du siehst schon wieder so ver-geistigt aus“ oder „Manche Menschen gehen nie an ihre Grenzen, sonst würden sie mich dort stehen sehen“. Immer wenn ich ihm begegnete, hatte er ein Notizbuch dabei, und sobald ich etwas sagte, holte er es hervor, nahm einen Stift zur Hand und schrieb etwas hinein. „Was schreibst du da?“, unterbrach ich ihn. „Nichts“, sagte er und hörte auf, zu schreiben. „Hast du etwa mitgeschrieben, was ich eben gesagt habe?“„Nein“, sagte er schreibend. Zweimal hatte ich das Glück, zu seinem Geburtstag eingeladen worden zu sein. Er wohnt im vierten Stock eines Berliner Grün-derzeithauses und kauft, das wusste ich seit der ersten Einladung, stets so wenig Getränke ein, dass ich mein Bier selbst mitbrachte. Kaum hatte ich mir aber eine Flasche aus dem Sech-serträger genommen, stürzten die anderen fünf frühen Gäste darauf zu und nahmen sich eben-falls eine Flasche, weshalb ich, da ich ein zwei-tes trinken wollte, wieder nach unten gehen musste. Diesmal versteckte ich die Flaschen in meinen Jackentaschen. Weil aber immer mehr Gäste eintrafen und sich bald sehr viele Leute in dem einzigen von Jochen für Partyzwecke freigegebenen Zimmer seiner Zweizimmer-wohnung drängten, zog ich meine Jacke aus und hängte sie über die Lehne eines der weni-gen und darum hart umkämpften Stühle. Dann erhob ich mich und ging aufs Klo. Anders als in anderen Haushalten, in denen ich gewesen war, finden sich in Jochen Schmidts Boudoir

keine Illustrierten, sondern Hermann Kollers lateinisches Bildlexikon Orbis Pictus Latinus, Fritz Winzers Sachlexikon der Bildenden Künste und Tsunetomo Yamamotos Hagakure – Der Weg des Samurai und vieles andere mehr: eine Badezimmerbibliothek. Als ich zurückkam, war mein Platz vergeben und mein Bier ver-schwunden, aber ich war um einige Lektüre-erfahrungen reicher. Ich machte Jochen auf die Missstände – zu wenig Bier, zu wenig Stühle, zu viele Gäste – aufmerksam und wurde fortan nicht mehr eingeladen. Seitdem haben wir uns nur noch selten gese-hen, und wenn wir uns sahen, beklagte er sich darüber, dass seine ersten Bücher bereits ver-griffen seien. „Schreib doch mal einen Roman“, sagte ich. „Das kann ich nicht“, sagte er. Und dabei blieb es für lange Zeit.Umso erstaunter war ich, als in der Früh-jahrsvorschau des C. H. Beck Verlages der Titel Schneckenmühle angekündigt wurde, ein Roman über eine Ferienlagerjugend in der DDR, Jochen Schmidts großartiger phänome-nologischer Roman über das Ende einer Kind-

heit. Die Schneckenmühle gibt es wirklich, sie liegt dreißig Kilometer südlich von Dresden, aber natürlich ist der Titel auch eine Allego-rie auf den quälend langsamen Untergang Ost-deutschlands.Die Buchpremiere fand im Roten Salon der Ber-liner Volksbühne statt. Wie auf seinen Partys waren auch hier die Plätze heiß umkämpft. In der zweiten Reihe saßen ausschließlich Kin-der, Jochens Tochter und deren Freundinnen und Freunde, und auf dem Sofa unterhalb der Bühne saßen Jochens Eltern und Geschwis-ter und Freundinnen und Freunde. Zuerst wurden als Einstimmung auf den Abend per Beamer Fotos an die Wand geworfen, Bilder von Postkarten, DDR-Produkten und VEB-Möbelhäusern. Dann verschwanden die Bilder, es wurde still, und Jochen setzte sich auf den einzigen frei gebliebenen Platz, uns gegenüber. Er sagte, dass er mangels Moderator selbst moderiere, gab ein Heft herum, an dem mit zwei Fäden ein Prittstift und ein Kugelschreiber befestigt waren, und forderte uns auf, Kassenbons oder Bonmots hineinzuschreiben, aber die als Anre-gung gedachten von ihm selbst hineingekleb-ten und -geschriebenen Sprüche wie „Will-kommen Zuhause – ein Satz, den ein Single nie hören wird“ schüchterten mich derartig ein, dass ich es gleich an meine Nachbarin, seine Agentin, weiterreichte. Dann fing Jochen an, zu lesen. Den ersten Satz, den ich mir, wenn ich das Buch dabei gehabt hätte, unterstrichen hätte, „Seine Mut-ter habe sich nach seiner Geburt zunähen las-sen, behauptet Eike“, konnte ich mir noch mer-ken, aber schon bald waren es so viele, darunter einige, die mir sehr bekannt vorkamen – „Fri-gide sei mit dir“, „Wenn du denkst, du hast ihn drinne, dann hängt er in der Sofarinne“, „Scheiße an der Sackbehaarung zeugt von einer Männerpaarung“ –, dass ich beschloss, mir hinterher ein weiteres Exemplar zu kaufen, weil ich fand, dass man immer einen Schmidt dabei haben müsse, einen Schmidt für jede Lebenslage.

Jan Brandt – Vergessliche MoMente Viii

ich üBerBlättere Kassen-Bons und BonMots und Kaufe einen schMidt für Jede leBenslage

Jan Brandt, 1974 in Leer in Ostfries-land geboren, stand 2011 mit seinem Debütroman „Gegen die Welt“ auf der Short-List des Deutschen Buchpreises. Für BÜCHER schreibt Jan Brandt regelmäßig über die junge deutsche Literaturszene.

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Maschinenöl und druckerschwärzeIn Cornelius Zappencacklers Derange-O-Lab verbringt der Liebhaber Stunden köstlicher Freizeit. Das Design der Seite erweckt den Eindruck, man befinde sich an einem stickigen, schlecht beleuchteten Ort und werde im nächsten Moment von Außerirdischen, Dinosauriern oder Riesenkraken angegriffen. Zappencackler stellt eine Reihe schmieriger Instrumente zur Verfügung, mit denen sich herrliche Schundheftchen ge-nerieren lassen, inklusive Titel, Cover und dem Nachgeschmack der Unmoral.thrilling-tales.webomator.com

nichts als die weltDie Seite drei des Internets: Jonas Breng, Tin Fischer und Björn Ste-phan, drei junge Berliner Journalisten, stellen auf ihrer Kuratorenplatt-form jede Woche die drei („gefühlt“, so die Verantwortlichen) besten Reportagen aus deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften online. Wer also lesen möchte, was Christoph Zürcher (NZZ) in einem Bordell in Djibouti machte, wie Josh Androsky (Vice) sich mit dem tschetsche-nischen Präsidenten betrank und Max Küng (Das Magazin) Rihanna nicht traf, findet hier seinen Ausgangspunkt.reportagen.fm

[Blogroll]

zur sache, sätzchen!„Als Erstes ist da der Geruch von Blut und Kaffee.“ (Wolfgang Herrn-dorf, Tschick)Ein Spaziergang durch das Museum der schönen Sätze sei jedem an-geraten, der Sprache liebt. Die Ausstellung ist vielfältig und gut organi-siert. Erste Sätze, Songzeilen, gesprochene Worte, Fundstücke liegen frei auf weißem Hintergrund und leuchten. Sammler, Kurator und Muse-umswächter ist Bernhard Blöchl, Kulturredakteur der Süddeutschen Zeitung. Er findet die Sätze, ordnet sie ein und kommentiert sie liebe-voll. Seinen Gästen stellt er kluge Fragen. Geöffnet ist das Museum (und das verwundert ja heutzutage auch niemanden mehr) immer. Filz-pantoffeln sind überflüssig, aber nicht verboten.lieblingssaetze.wordpress.com

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Wörter- WeltenWer heute um die dreißig ist, kennt mit großer Wahr-scheinlichkeit ein paar Zeilen von ihm auswendig. Für „Die Sterne“ schrieb Frank Spilker lakonische, kantige Texte. Diese Bücher haben ihn beeinflusst.

1Douglas aDams:Per anhalter durch die galaxis„Mindboggling“ und bei aller Albernheit eine

Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhält-nis eines christlich-religiös geprägten Wertesystems im Angesicht der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Verhältnisse im Universum, insbesondere der Winzigkeit unseres darin vorkommenden Hei-matplaneten. Dass auch der Glaube an Digitaluh-ren dabei eine Rolle spielt, weist nur darauf hin, wie wenig überheblich dieses atheistische Manifest ist, das sich auf den ersten 20 Seiten abspielt.Übersetzt von Benjamin Schwarz. Heyne, 208 Seiten, 10 Euro

2arkaDi unD Boris strugatzki: Picknick am WegesrandBesonders durch das Nachwort von Stanislaw

Lem so eine Art Lehrstück erzählerischer Logik. Es war auf jeden Fall eine Hilfe, im Kalten Krieg auch die andere Seite zu verstehen. Der Kalte Krieg hat ja hauptsächlich im Science-Fiction-Genre stattgefunden.Übersetzt von Aljonna Möckel. Suhrkamp, 224 Seiten, 8,95 Euro

3Dashiell hammett: rote ernteDas ist noch viel roher, radikaler und brutaler

als „Der dünne Mann,“ das ja für sich genommen auch zukunftsweisend ist. Dashiell Hammett war der erste Autor der hard-boiled Schule und der Einzige, der eine Detektei von innen gesehen hatte. Dass es bei diesem Job sehr viel häufiger um Politik, als um das Aufklären von Morden ging, spiegelt sich auch in diesem Buch wider. Das Größte an „Rote Ernte“ ist aber die völlige Abwesenheit eines Detektivs, mit dem man sich identifizieren könnte. Dieser Ermitt-ler muss ohne Namen und Charakter auskommen.Übersetzt von Gunnar Ortlepp. Diogenes, 256 Seiten, 10 Euro

4FjoDor m. DostojeWskij: Verbrechen und strafeSo nah wollte man einem Mörder doch eigent-

lich niemals kommen. Bei mir für mehr Albträume verantwortlich als jeder Stephen-King-Roman. Mehr Wirklichkeit, als man vertragen kann auf die Psycho-Tour. Ich habe alles in der Übersetzung von Swet-lana Geier noch einmal gelesen.Übersetzt von Swetlana Geier. Fischer Klassik, 784 Seiten, 13 Euro

5jakoB arjouni: kismetJakob Arjouni ist/war für mich der Held des

Genres in Deutschland.Diogenes, 272 Seiten, 10,90 Euro

6rolanD Barthes: Das reich der zeichenWie sehr die Sprache das Denken beeinflusst,

hat mich dieses Buch gelehrt. Es ist ein idealer Steig-bügelhalter, um den Tellerrand zu erklimmen. Und eine Ermutigung, es nicht mit einer einzigen Kunst-form bewenden zu lassen oder diese gegeneinander auszuspielen.Übersetzt von Michael Bischoff. Suhrkamp, 168 Seiten, 10 Euro

7michael hamBurger: lateErst vor Kurzem entdeckt. Die Naturverbun-

denheit Hamburgers ist überwältigend. Beim Lesen der Gedichte dieses selbst kürzlich verstorbenen alten Mannes fühlt man sich seltsamerweise wie-der wie ein Kind.Anvil Press Poetry, 64 Seiten, 10,99 Euro

8Peter Fischli, DaViD Weiss: Findet mich das glück?Eigentlich eine Installation. Ein unverstell-

ter direkter Blick auf Emotionen, die sich in Fra-gen manifestieren. Toll. Und ein schöner Beweis für Roland Barthes.Verlag der Buchhandlung Walther König, 168 Seiten, 9,95 Euro

Frank sPilkerwurde 1966 in Herford geboren und lebt heute in Hamburg. 1987 gründete er die Band „Die Sterne“, deren Sänger er bis heute ist. Mit „Es interessiert mich nicht. Aber das kann ich nicht beweisen“ legt er seinen ersten Roman vor (Rezension auf Seite 34). Fo

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Die welt Der Karten

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A MAp of the WorldLandkarten als Leinwand für illustra-tives Visual Storytelling. Diese per-sönlichen Interpretationen der uns umgebenden Wirklichkeit erzählen bezaubernde Geschichten jenseits von GPS oder Google Maps.GestAlten, 224 Seiten, 39,90 Euro

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TiTelporTräT

Träum schön!Die Edelstein-Trilogie aus „Rubinrot“, „Saphirblau“ und „Smaragdgrün“ machte Kerstin Gier zu einer der erfolgreichsten Autorinnen Deutschlands. Nun kommt ihre neue Saga „Silber – Das erste Buch der Träume“. Von meike Dannenberg

ihre Stärke sind Figuren, die man sich am liebsten ins Ohr stecken möchte, damit sie immer dann soufflieren, wenn eine peinliche Situation entsteht oder ein Missgeschick

passiert. Wenn man dringend schlagfertig sein will, dann ist eine Kerstin-Gier-Figur im Ohr Gold wert.

Aus ihrem ersten Arbeitszimmer im ersten Stock sind die Engelsfiguren, die noch vor einigen Jahren die Wand zierten, inzwischen verschwunden. Jede war mit dem Kopf eines guten Freundes oder eines anderen unterstützenden Menschen versehen. Hilfreiche Geister, die jede Schriftstel-lerin braucht, wenn es gerade nicht so gut läuft. Die Figu-ren sind einer neuen Klarheit gewichen, Grau und Weiß dominieren die lichtdurchfluteten Räume. „Mit dem Erfolg bin ich erwachsener geworden, und das hat mich natürlich verändert. Glücklicherweise“, lacht Kerstin Gier. In ihrem großen gepflegten Garten steht ein Kirschbaum, darunter eine Hängematte, zwei Tigerkatzen dösen im Schatten. Sie möchte aus dem Dorf im Bergischen, wo sie in einem freundlichen Einfamilienhaus lebt, nicht weg. Ihre Fami-lie wohnt ganz in der Nähe, ihr Mann Frank arbeitet dort und ihr dreizehnjähriger Sohn geht hier zur Schule. Von der Schreibstube im Giebel aus blickt sie über Kuhweiden bis zum Waldrand. „Kühe gibt es hier mehr als Einwoh-ner“, lacht sie.

In den letzten Jahren hat sich auch verändert, was man unter einem „typischen“ Gier-Roman versteht: Früher war das ein unterhaltsamer Frauenroman mit sympathischen Protagonistinnen und einem guten Schuss Humor. Der Erfolg der Edelstein-Trilogie „Liebe geht durch alle Zei-ten“ in den letzten Jahren („Rubinrot“, „Saphirblau“ und „Smaragdgrün“) sorgte dafür, dass es plötzlich hieß, sie sei doch die Autorin, die vorrangig Jugend-Fantasy schreiben würde. Dabei standen die drei Bücher nahezu dreißig Titeln aus der Erwachsenenliteratur gegenüber. Und jetzt wieder, ein Jugendbuch. Zum Entzücken der Fans, die keineswegs ausschließlich im Teenageralter sind, weshalb der Fischer Verlag auch auf eine explizite Alterskennzeichnung verzich-tete. Vor vier Jahren ist Kerstin Gier mit der Zeitreise-Saga ein Spagat gelungen zwischen dem, was ihre Romane für Erwachsene so erfolgreich gemacht hat und dem, was sich auch junge Leserinnen wünschen. Natürlich ist die Heldin witzig. Und schlagfertig. Sie sieht auch gut aus (ohne es zu wissen) und bekommt den tollen Typen. „Rubinrot“, das inzwischen auch verfilmt wurde, lässt Mädchen- wie Frau-enherzen höher schlagen und kann sogar Jungs begeistern.

erfrischenD normal unD gleichzeiTig plieTsch In „Silber – Das erste Buch der Träume“ ist die Heldin Liv Silber wieder so eine Figur, die einen vom ersten Moment um den Finger wickelt, weil sie so erfrischend normal und gleichzeitig plietsch ist. Schon als der Drogenhund der Lon-doner Polizei der Fünfzehnjährigen wegen ihres „Entle-bucher Biosphärenkäses“ in London Heathrow Scherereien macht („Schmeckt besser als er riecht, ehrlich!“) und das angewiderte Gesicht des Zollbeamten von den Umstehen-den auch auf Livs Wäsche gemünzt werden könnte (befürch-tet sie), kommt das erste fröhliche Gefühl auf. Wie sie

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Kerstin Gier versteht es, den Alltag zu feiern (Illustrationen aus „Das Mütter-Mafia-Buch“)

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erzählungen & Romane

Die Mütter-Mafia Bastei Lübbe, 383 Seiten, 10 Euro

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Silber – Das erste Buch der TräumeFischer Verlag, 416 Seiten, 18,99 EuroAls Ebook erhältlich

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Würde bewahrt, während sie gleichzeitig vor Scham im Boden versinken möchte, macht Liv die ganze Zeit unge-heuer sympathisch. Sie ist unempfänglich gegenüber den Oberflächlichkeiten einiger anderer Schüler, ihrer jünge-ren Schwester eine gute Freundin und keineswegs eingebil-det. Nach dem Erlebnis bekommt Liv in der neuen Schule von den hübschen Jungs den Spitznamen „Käsemädchen“, am Flughafen wurde sie von einem Mitschüler beobachtet. Dumm gelaufen. Oder auch nicht, denn auch die stinken-den zweieinhalb Kilo Schweizer Rohmilchkäse, die Liv in London Heathrow so peinlich waren, können den smarten Henry nicht abhalten, ihr näher kommen zu wollen. Und dann kommen sich die Jugendlichen, Liv und die vier Jungs, näher, als man sich „erträumen“ könnte. Henry träumt von Liv, oder sie von ihm, ebenso von Grayson, ihrem neuen „Stiefbruder“, und er von ihr. Sie alle begegnen sich im Traum. Denn Liv betritt im Traum durch eine grüne magi-sche Tür einen Korridor, durch den man in die Träume der

anderen hineinkommt. Als sie das erste Mal in Graysons Traum stolpert, ahnungslos, dass sie das alles gemeinsam mit den anderen Träumern „erlebt“, sind die unbeschol-tenen Knaben gerade zu einer Art satanischer Messe auf dem Friedhof versammelt. Liv landet direkt in ihrer Mitte und ab diesem Moment entspinnen sich eine Tag- und eine Nachthandlung. Realität und Traum überschneiden sich und dunkle Gefahren, die nachts geweckt werden, treiben auch tags ihr Unwesen.

realiTäT unD Traum überschneiDen sichAnders als in der Edelsteintrilogie, die zwar auch (ein wenig) Grusel heraufbeschwor, aber in der Heldin Gwendolyn eher mit ihrem Liebeskummer und einigen finsteren Mantel-und-Degen-Schergen zu kämpfen hatte, geht es in „Silber“ düsterer zu – etwas entschärft durch den gewohnt witzi-gen Gier-Ton und die Erfüllung geheimer Mädchenträume. Aber mordlüsterne Teenager, das teuflisch Böse und die

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erzählungen & Romane

vernichtende Kraft der Geistesgestörtheit dürfen ebenfalls mitspielen. Dem gegenüber stehen romantische und spiele-rische Ideen, etwa der Tittle Tattle Blog, in dem der neuste Schulklatsch verbreitet wird und ein stilechter viktoriani-scher Herbstball. „Natürlich hoffe ich, dass auch Erwach-sene daran Spaß haben und das Buch spannend finden werden, aber beim Schreiben habe ich mich an jugendli-che Leser gerichtet, deshalb auch das tuffige Ballkleid ... Nein, ernsthaft, ich glaube, für manche Dinge ist man nie zu alt!“, sagt Kerstin Gier dazu.

ein buch Voller TräumeTräume fände sie faszinierend, sagt sie. „Immer schon wollte ich dieses Buch schreiben, ein Buch, in dem Menschen sich gegenseitig in ihren Träumen besuchen können. Und ganz ehrlich: Viele Sachen aus dem Buch habe ich wirklich geträumt.“ Auch dieses Mal geht es um Liebe. Ist der hüb-sche Henry Liv in ihren Träumen sehr nah, schlägt das

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erzählen, wie es war.» Der neue Roman von Eugen Ruge,

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Herz des Lesers doch gleichzeitig auch für den reservier-ten Grayson. Nur schade, dass das Buch so schnell gelesen ist und man dann so lange auf das nächste warten muss. Denn es wird noch mehr „Bücher der Träume“ geben, das ist gewiss. Drei sind im Moment geplant.

Den allTag feiern TroTz abgabefrisTNebenbei kann Kerstin Gier natürlich nicht vollständig auf-geben, auch Frauenliteratur zu schreiben. Parallel zu den „Edelsteinen“ erschien 2011 „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“. Derzeit gibt es noch etwas Neues: einen Ratgeber der Mütter-Mafia, um zu lernen „den Alltag zu fei-ern“; mit Beiträgen der Figuren aus dem bekannten Mütter-Club. Normalerweise sind solche Bücher mit Lebenstipps, Rezepten und Bastelanleitungen eher eine Art Restever-wertung aus einer erfolgreichen Serie – und die „Mütter-Mafia“-Serie gehört zu den komischsten und erfolgreichs-ten Büchern, die Kerstin Gier je geschrieben hat –, aber die acht Frauen sind wie immer höchst unterhaltsam und auch ziemlich erfahren: „Zusammen haben wir zwanzig Kin-der (wenn ich mich nicht verzählt habe), fünf Ehemänner, vier Exmänner und vier heimliche Geliebte“, steht im Vor-spann. Da kann man schon mal Ratschläge geben. Außer-dem glaubt man Kerstin Gier, dass sie in der Lage sei, „den Alltag zu feiern“, auch wenn der Alltag der Autorin inzwi-schen hauptsächlich von Abgabefristen beherrscht wird.

Schriftstellerin zu werden war für Kerstin Gier schon ein Wunsch, als sie noch in die Grundschule ging. „Ich fand es immer so schade, wenn ich ein schönes Buch ausgele-sen hatte, dass ich Fortsetzungen dazu schrieb, wenn ich die Personen besonders lieb gewonnen hatte.“ Doch nach einem Studium der Erziehungswissenschaften arbeitete sie zunächst nur in einem Großhandel für Pferdebedarf. „Kein Job, dem ich eine Träne nachweine.“ Fürs Schreiben, sagt sie, brauche sie Zeit und Ruhe. Um ihr Debüt „Männer und andere Katastrophen“ von 1995 zu beenden, nahm sie ein Sabbatical. Sie kündigte ihren Job und zog bei ihrem jet-zigen Mann Frank ein, den sie damals erst seit wenigen Monaten kannte. „Meine Schwägerin zwang mich dann, meine rote Mappe beim Pförtner des Verlags abzugeben. Das war so peinlich!“ Zwei Tage darauf erhielt sie einen Anruf vom Lektor: „Wie kommt das hierher? Ist ja egal, wir drucken das!“

Am Anfang schrieb sie unfassbar viel, teilweise unter den Pseudonymen Jule Brand und Sophie Bérard, für jün-gere Leser ebenso wie für Erwachsene. Sie veröffentlichte bis zu vier Bücher pro Jahr. „Ich habe zu Beginn Tag und Nacht geschrieben. Damals hatte ich noch kein Kind, da ging das noch.“ So, wie es sich viele Nachwuchsschrift-steller vorstellen, nämlich dass mit dem ersten Buch schon Plätze auf den Bestsellerlisten in greifbarer Nähe sind, ist es nicht. Gemessen an ihrem Potenzial fristete Gier im Ver-lag zunächst ein Schattendasein.

„Männer und andere Katastrophen“ wurde mit Heike Makatsch verfilmt, die Bücher verkauften sich gut und Kerstin Gier erschrieb sich eine treue Fangemeinde – bis 2009 wurden die ersten rund zweieinhalb Millionen Bücher zu einem hohen Anteil über Online-Kanäle ver-kauft, was eher auf Aktivitäten von Usern in Bücherfo-ren und Mund-zu-Mund-Propaganda als auf hohe Marke-tingbudgets schließen lässt. Obwohl sie so erfolgreich war, hielt sich ihre Medienpräsenz in Grenzen. Aber auch ohne dass der Name Gier fast jedem versierten Leser durch die SPIEGEL-Bestsellerliste bekannt war, war ihr Roman „Für jede Lösung ein Problem“ schon 2007 der bestverkaufte Belletristik-Titel des größten Online-Versandhauses. Der Roman „In Wahrheit wird vielmehr gelogen“ bekam das Prädikat „Spitzentitel“ und die mediale Aufmerksamkeit an Kerstin Gier stieg rasant an, rund vierzehn Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung.

Auf die Frage, ob sich mit dem (noch größeren) Erfolg ihr Leben verändert habe, antwortet Kerstin Gier aller-dings bedauernd: „Der Erfolg hat mein Leben nicht ver-ändert, weil ich ja immer noch nur arbeite und gar keine Zeit habe, den Erfolg auch mal zu genießen.“

Trotzdem ist die Autorin, die inzwischen über dreißig Bücher veröffentlicht hat, den Beruf keineswegs leid. „Ich hatte zwischendurch sehr heftige Glücksmomente beim Schreiben, einfach, weil mir meine eigene Geschichte und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten sehr viel Spaß gemacht haben. Allerdings hat es ja wieder eine Ewigkeit gedauert, das Buch zu schreiben, weswegen die Deadline mehrmals überschritten wurde, und das steht Glücksmo-menten grundsätzlich sehr im Weg. Und man muss täglich gegen Dämonen kämpfen … Trotzdem ist Schreiben immer noch die Erfüllung meiner Träume, das ist verrückt, aber ich glaube, ohne ging es auch nicht!“

Das Mütter-Mafia-Buch – Die Kunst den Alltag zu feiernBastei Lübbe, 144 Seiten, 15 Euro

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gesetzt. Fühlen und Denken der Figuren wird so hautnah erlebt.

Doch wer erzählt hier eigentlich? Die Geschichte beginnt in medias res, der Leser befindet sich mitten im Gedankenstrom von Charles Balanda, einem 47-jährigen Archi-tekten, der sich für die falsche Frau entschie-den hat und fast an seiner selbstzerstöreri-

schen Arbeitsauffassung zugrunde geht. „Alles Glück kommt nie“ wirkt wie eine spontane Erzählung ohne System. Schläft Charles ein, bricht die Erzählung ab, erinnert er sich an vergangene Szenen und Ereignisse, oszilliert das Erzählpronomen zwischen „Ich“ und „Er“. Wenn er selbst nicht weitererzählen kann, übernimmt das eine fremde Stimme, ein ano-nymer Sprecher, der sich oft als sein „Über-Ich“ entpuppt und sich manchmal sogar direkt an den Leser wendet.

Um „Alles Glück kommt nie“ vollends genie-ßen zu können, bedarf es vermutlich dreier Dinge: Man akzeptiert, dass die Erzählweise absolut gewagt und teilweise verwirrend ist, hat nichts gegen gelegentliche Theatralik und schenkt dem Erzähler sein vollstes Vertrauen. Denn alle offenen Fragen werden sich – wenn auch verzögert – erschließen. Die vielen kom-munikativen Ebenen des Romans ermöglichen nicht nur die direkte Teilnahme an Charles’ innerem Erleben, sondern scheinen auch ein Fingerzeig auf seine Zerrissenheit zu sein. Wenn andere Figuren dem depressiven Hel-den etwas erzählen, ist diese „Geschichte in der Geschichte“ im Gegensatz zu seinen galop-pierenden Gedanken äußerst geordnet, linear, spannend und kunstvoll aufgebaut. Hier zeigt die Autorin neben ihrem Händchen für gelun-gene Dialoge auch ihr feines Gespür für die mitreißende Darstellung der Lebensgeschichte ihrer Figuren.

So ist es auch im letzten Teil des Romans. Charles trifft auf Kate. Eine Frau, die ihm durch ihre bloße Anwesenheit neuen Lebens-mut schenkt. Ihre Liebe wird sein Glück aus-machen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Ein Weg, der den Protagonisten lehrt, seinen Tunnelblick aufzugeben, sich von den selbst auferlegten Zwängen und Pflich-ten zu befreien und der leisen, verschüttge-gangenen inneren Stimme zu folgen. Eine Stimme, die so viele zu ignorieren versuchen oder nicht wahrnehmen wollen, die jedoch im Zweifel immer den richtigen Weg weist. Charles dabei „zuzuschauen“, wie er sich für seine große Liebe mühsam von seinem alten Ich verabschiedet, wirkt ansteckend und bereitet Freude. Und davon kann man nie genug haben. TexT: Jeanne WellniTz

DIESMAL

Ein Roman über die Suche nach Glück und Liebe. Zu viel des Guten? Anna Gavalda bekennt im Interview: „Ich habe keine Angst vor Klischees. Alle mei-ne Bücher sind voll davon.“ Eini-ge Leser schreckt das womöglich ab, andere werden darin Trost und Freude finden.

Die Klischees aus Anna Gavaldas Roman „Alles Glück kommt nie“ sind schnell aufgezählt: ein End-Vierziger in der

Midlife-Crisis, eine erkaltete Ehe in einer perfekt dekorierten Wohnung und eine neue Liebe, die alles verändern wird. Es ist die Geschichte eines ausgelaugten Workaholics, der die Freude am Leben wiederentdeckt. Ein Ausflug in eine Romanwelt, die offen-legt, was das „Finden“ von Glück behindern oder ermöglichen kann.

Der Unterschied zu anderen deprimierten (Anti-)Helden der Popliteratur mag sein, dass Gavaldas Protagonist zwar in eine Identitäts-krise schlittert, sich dabei jedoch nie wirk-lich unfair, unkontrolliert oder kopflos ver-hält. Obwohl die Autorin sich den Eigenheiten ihres Helden sehr liebevoll widmet, bleiben tieferliegende Konflikte oder Motivationen unbeleuchtet, wodurch er ein wenig an Pro-fil einbüßt. Dafür leben Gavaldas Charaktere über kurz oder lang einen Optimismus, der den Romanen ihre charmante Unbeschwert-heit verleiht.

Gavalda ist bekannt für den locker-verspiel-ten Duktus ihrer Texte. In diesem Roman ist sie noch einen Schritt weitergegangen. Figu-rengedanken und Erinnerungen werden ohne Umschweife in erlebter Rede, witzigen Dia-logen oder innerem Zwiegespräch wiederge-geben. Die saloppe Ausdrucksweise gibt dem Text eine Art lebendige „Mündlichkeit“. Es fühlt sich an, als würde man einen abwechs-lungsreichen Film sehen. Sätze und Szenen sprudeln auf den Leser ein, die „Schnitte“ zwischen den Szenen sind teilweise rasant

AnnA GAvALDA1970 in Paris geboren, studierte Literatur und erzielte mit ihrem ersten Erzählband Ich wünsche mir, dass irgendwo jemand auf mich wartet (dt. 1999) – nach zahl-

reichen Absagen anderer Verlage – einen Bestsellererfolg. Ihr kleiner Pariser Verlag „Le Dilettante“ feierte mit Ich habe sie ge-

liebt (dt. 2003) und Zusammen ist man we-niger allein (dt. 2005) weltweite Erfolge. Alles Glück kommt nie erschien 2008.

AnnA GAvALDA: Alles Glück kommt nieÜbersetzt von Ina KronenbergerFischer TB, 608 Seiten, 9,95 Euro

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Belitung sieht aus wie das Paradies auf Erden. Gibt man den Namen der indonesischen Insel bei Google ein, so springen zuallererst Bilder der schönsten Urlaubs­

fantasien ins Auge: große Felsen an feinem weißem Sand­strand, türkisblaues Meer, natürlich Palmen und das eine oder andere Fischerboot. Und in der Regel ist es denn auch das, was man wahrnimmt und wahrnehmen möchte, wenn man einmal dort ist, an solchen vom Klima verwöhnten Orten: die pure tropische Idylle. Vom Leben der Einheimi­schen bekommt man meist wenig mit, und dass das Leben der Fischer, deren Boote so malerisch an den Stränden lie­gen, schon ziemlich hart sein muss, denkt man sich zwar, aber ganz so genau will man es während des Urlaubs viel­leicht auch nicht unbedingt wissen.

Das Touristenaufkommen auf Belitung sei um ein Vielfa­ches gestiegen, „um 1800 Prozent“, erklärt Andrea Hirata, seit er 2005 seinen autobiografischen Roman „Die Regen­bogentruppe“ veröffentlichte. Es liegt schon eine gewisse Ironie darin, dass der Tourismus gerade durch ein Buch

so angekurbelt wurde, das einen gänzlich untouristischen Blick auf die Insel ermöglicht. Sandstrände und Palmen­hainidylle kommen in Hiratas Roman nicht vor, statt des­sen handelt er vom Wert des Wissens, von der Macht der Armut, von Freundschaft und von Idealen, erfüllten und gescheiterten. – Andrea Hirata, geboren und aufgewach­sen auf Belitung, war Angestellter bei der indonesischen Telekom, als er mit „Die Regenbogentruppe“ sein erstes Buch schrieb. Er hatte niemals vor, Schriftsteller zu werden, erzählt der Mann, der innerhalb von wenigen Jahren zum meistgelesenen Autor Indonesiens wurde. Ein Geschenk für seine ehemalige Lehrerin Bu Mus sollte es sein, der er als Junge einst versprochen hatte, er werde ein Buch über sie schreiben. „Ich habe beim Schreiben überhaupt nicht an irgendwelche Leser gedacht“, beteuert Hirata, wirk­lich nur für die Lehrerin und die ehemaligen Mitschüler sei das Buch bestimmt gewesen. Ein Bekannter habe es bei einem Verlag eingereicht, er selbst sei von dem Ange­bot, es zu veröffentlichen, total überrascht gewesen. Mitt­

Roman-autobiogRafie

James Herriots südostasiatiscHer erBeAls Kind hatte der Indonesier Andrea Hirata seiner Grundschullehrerin versprochen, er werde einmal ein Buch über sie schreiben. Als er Jahrzehnte später sein Versprechen er­füllte und „Die Regenbogentruppe“ veröffentlichte, war dies der Beginn einer märchen­haften Karriere als internationaler Bestsellerautor. Von KatHarina Granzin

Bestsellerautor Andrea Hirata in Berlin

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erzäHlunGen & Romane

lerweile ist „Die Regenbogentruppe“ in mindestens „19 Sprachen, glaube ich“, übersetzt (ganz genau weiß es der Autor selbst nicht) und auch verfilmt worden, 2011 wurde der Film auf der Berlinale gezeigt. Derzeit arbeitet man in Indonesien an einer auf dem Buch basierenden Fernsehse­rie. Andrea Hirata wiederum hat mittlerweile schon sechs weitere Bücher geschrieben und vor zwei Jahren sein Ange­stelltendasein zugunsten einer Existenz als freier Schrift­steller aufgegeben.

„Die Regenbogentruppe“ handelt von einer Schule. Von der baufälligen, kleinen, islamischen Dorfschule, in die der Autor als Kind ging, von seinen zehn Schulfreunden und –freundinnen und den beiden hingebungsvollen Lehrern, der damals fünfzehnjährigen Junglehrerin Bu Mus und dem würdigen alten Schulleiter. Bereits die Eingangsszene ist ungemein spannungsreich, obwohl nichts weiter geschil­dert wird als der erste Schultag der Kinder. Doch könnte dieser erste Schultag auch gleich der letzte sein, denn wenn sich weniger als zehn Erstklässler zusammenfinden, soll die Schule geschlossen werden. Für die meisten Eltern bedeutet es Entbehrung und finanzielle Einbußen, Kin­der zur Schule zu schicken, die anderenfalls zum Familien­einkommen beitragen könnten. Es sind die Sprösslinge von armen Fischern und Arbeitern, die die kleine Schule Muhammadiyah besuchen. Die Insel Belitung ist reich an Bodenschätzen, und zu der Zeit, da diese Geschichte spielt – Andrea Hirata ist in diesem Punkt etwas unklar, denn er will der Öffentlichkeit sein wahres Alter nicht verraten –, ist die Zinnmine noch in Betrieb, die einst von den hol­ländischen Kolonialherren aufgebaut wurde. Auch unter den indonesischen Betreibern floriert die Mine und zemen­tiert eine tiefe soziale Kluft zwischen den Angestellten des Zinnwerks und dem Rest der Bevölkerung. Vor dem Hinter­grund der Armut, in der die Menschen leben, erscheint die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, wie eine luxuriöse Uto­pie. Und die verzweifelte Sehnsucht, mit der neun Kinder und ihre Eltern auf einen zehnten Schüler warten, scheint diese Utopie ins nahezu Unerreichbare zu steigern. Als end­lich doch noch der zehnte kommt, ist mit der farbig ausge­schmückten Szene des bangen Wartens bereits der Erwar­tungsrahmen für das gesteckt, was diesen Roman insgesamt ausmacht: die Schule selbst als etwas ganz und gar nicht Selbstverständliches, sondern als eine hoch erwünschte, aufregende Kostbarkeit zu begreifen.

Möglicherweise, oder sogar sehr wahrscheinlich, ist diese Eingangsszene in Wirklichkeit nie so passiert, wie der Autor sie beschreibt. Vielleicht kam auch überhaupt gar keiner zu spät an jenem ersten Schultag. Andrea Hirata sagt selbst, das Buch sei ein Roman, weil es zwar von sei­nen Erinnerungen handle, aber „viele erfundene Elemente“ enthalte. Im Erfinden solcher Elemente zeigt sich der gebo­rene Geschichtenerzähler. Und um einen solchen handelt es sich bei Andrea Hirata zweifellos.

Beim Gespräch in den Räumen seines deutschen Ver­lags in der Berliner Friedrichstraße wirkt der Autor etwas erschöpft, aber guter Dinge. Soeben kommt er von der lit­Cologne, ist in Berlin nur kurz auf der Durchreise zur Leip­ziger Buchmesse. Danach wird er in Ungarn und Spanien

erwartet. Sein erster Roman hat sich in Indonesien geschätzt 20 Millionen Mal verkauft (das Gros davon als Raubko­pien), die Verfilmung wurde zum meistgesehenen indone­sischen Film aller Zeiten. Eine enorm steile Karriere für einen Mann, der von sich selbst sagt, er sei nie ein großer Leser gewesen und habe auch nie literarisch geschrieben – „Nicht einmal eine Kurzgeschichte!“ –, bevor er beschloss, das Versprechen zu erfüllen, das er seiner Lehrerin gab, und ein Buch über sie zu schreiben. Hirata ist, rein beruf­lich, ein Mann der Zahlen. Aus einer armen Arbeiterfami­lie stammend, hat er Wirtschaftswissenschaften studiert, zunächst in Indonesien, dann mit einem Stipendium der EU in Sheffield und Paris. Für Literatur sei da kein Platz gewesen, sagt er. Wenn ihn aber in seinem Leben ein Autor in spiriert hat, so war es der englische Tierarzt James Herriot, dessen Bücher auch der Ich­Erzähler Ikal in „Die Regen­bogentruppe“ verschlingt. Ikal bekommt die indonesische Übersetzung von „Der Doktor und das liebe Vieh“ von sei­ner ersten Jugendliebe geschenkt, als das Mädchen zu sei­nem großen Kummer von der Insel fortziehen muss, und erfährt die Erzählungen aus dem Dorf Edensor im fernen Devonshire als ultimativen Trost. „Jeder Satz flößte mir neuen Lebensmut ein“, bekennt der Erzähler und erklärt ein wenig pathetisch: „Meine ganze Hoffnungslosigkeit und meine Sehnsucht lösten sich in den Seiten des Buches auf.“ Auf James Herriot angesprochen, lächelt Andrea Hirata und sagt: „Und wissen Sie was? Als ich mich damals um das EU­Stipendium bewarb, bin ich an die Universität von Sheffield gekommen. Und Edensor liegt direkt bei Shef­field!“ Die Sheffield­Zeit hat er in einem Roman mit dem Titel „Edensor“ verarbeitet, dem dritten Teil einer auto­biografischen Roman­Tetralogie, deren erster Band „Die Regenbogentruppe“ ist.

Seine Bekanntheit als Autor versteht Hirata auch als Ver­pflichtung, in seinem Heimatdorf auch selbst etwas auf­zubauen. So hat er dort ein Literaturmuseum gegründet – „Das erste Literaturmuseum in ganz Indonesien!“ –, in dem er Ausgaben der eigenen Werke ausstellt und Bücher, die er selbst gesammelt hat. Er verfüge zum Beispiel über eine Erstausgabe von „Der Name der Rose“, erzählt er stolz. Zudem hat er eine kleine Schule gegründet, in der er auch selbst unterrichtet, wenn er vor Ort ist. Die Touris­ten, die nach Belitung kommen, sind natürlich vor allem daran interessiert, das Gebäude der Muhammadiyah zu besuchen, das sie aus dem Buch oder dem Film kennen. Das Schulgebäude, das auf Belitung steht, ist allerdings jenes, das erst für die Dreharbeiten neu errichtet wurde. Denn die originale Muhammadiyah, die ja im Roman als äußerst einsturzgefährdet porträtiert wird, sei im Jahr 1990 endgültig in sich zusammengefallen. Und was wurde aus der hochverehrten Lehrerin? „Bu Mus ist letztes Jahr in Rente gegangen, nach 45 Jahren im Schuldienst“, erzählt ihr ehemaliger Schüler. „Sie lebt immer noch in meinem Heimatdorf.“ Dann erwähnt er auch noch, dass Bu Mus eine Auszeichnung des indonesischen Staates verliehen bekam, die besonders verdienten Lehrern zuerkannt wird. So viel kann ein Buch bewirken.

andRea HiRata: die Regenbogen-truppeÜbersetzt von Peter SternagelHanser, 272 Seiten, 19,90 Euro

HöRbucHGelesen von Sebastian RudolphHörbuch Hamburg, 432 Min./6 CDs, 19,99 Euro

Bestsellerautor Andrea Hirata in Berlin

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Es ist (noch) ein bisschen aufregen-der als auf anderen Schreibseminaren: Was werden wir preisgeben müssen?

Womöglich vorlesen, wie wann was die Pro-tagonisten in welche Körperöffnungen ste-cken? Rein praktisch gesprochen!? Die sie-ben Frauen und der eine Mann, die sich zu dem Seminar „Fifty Shades Of You“ ange-meldet haben, geben sich professionell dis-tinguiert. Was nicht schwerfällt: eine Dipl. Ingenieurin, eine Künstlerin, eine Univer-sitäts-Dozentin. Betrachtet man die literari-sche Qualitätsschublade, in die der namen-spendende Roman dieses Seminars gehört, birst der Raum dagegen geradezu vor Intel-lekt. Und keiner der Anwesenden möchte so schreiben wie E. L. James. Alle wollen es besser machen, schöner, interessanter, auf-regender und ohne die albernen Klischees vom helikopterfliegenden Milliardär mit Mutterkomplex und dem jungfräulichen Mauerblümchen. Als Referenzliteratur wer-den dagegen unter anderem Anaïs Nin oder die „Geschichte der O“ genannt. Das Semi-nar kommt zwar auf einem Wellenkamm des Erotik-Booms daher, surft aber im Grunde auf einer tieferen Strömung: Denn eroti-sche Literatur hat es ja schon immer gege-ben und sie wurde auch schon immer ver-kauft. Das weiß auch Seminar-Dozentin Sandra Henke, die bei mehreren Verlagen und in verschiedenen Kategorien inzwi-schen rund 40 Bücher veröffentlicht hat. Im erotischen Roman hat sie sich „allerdings gefunden und fühlt sich wohl damit.“ Die

Motivation, sich mit diesem Genre intensiv auseinanderzusetzen, ist groß. Bücher wie Otto Kruses „Dirty Writing“ sowie „Fessle mich“ von Arne Hoffmann wurden von einer Teilnehmerin mitgebracht und liegen nun auf einem Konferenztisch des Bastei-Lübbe Verlages in Köln.

Sandra Henke macht den Auftakt mit einer Geschichte, die sie vorliest, um zu zei-gen, wie eine Kurzgeschichte funktionieren muss: nicht zu viel Plot, ein lösbarer Kon-flikt, der schon in den ersten Minuten klar ist. Die Protagonisten sind sympathisch. Und wichtig: Alles geschieht im gegensei-tigen Einverständnis. „Für mich ist ,Shades of Grey‘ auch kein erotischer Roman, son-dern eine Liebesgeschichte mit erotischen Komponenten, und das ist ein Unterschied“, sagt Sandra Henke. Sie mag das Buch nicht besonders. Frauen zu schlagen oder quä-len zu wollen, wegen eines Kindheitstrau-mas oder Mutterkomplexes, einem Mann zuliebe auch über das Maß des Erträgli-chen zu gehen und sogar Angst vor ihm zu haben, das gibt es bei ihr nicht. Wenn sie BDSM beschreibt, dann ohne küchenpsy-chologische Stigmata. Sexuelle Handlungen erwachsener Menschen, die im vollen Ein-verständnis das tun, was ihnen beiden Spaß macht. Safe, sane and consensual. Und sie fährt gut damit.

Anhand mehrerer Beispiele zeigt sie dann auch, wohin die Reise innerhalb dieses Berei-ches gehen kann: Die Entjungferung einer Werkatze durch einen Werwolf gehört ebenso

Erotik SchrEibSEminar

SchrEib. DaS. auf.Erst kamen die Bücher, jetzt kommen die (Nachwuchs-)Autoren. Die neue Lübbe Academy bietet neben vielen anderen Kursen auch Seminare zum Schreiben von erotischer Lektüre an. Von MEikE DannEnbErg

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254·2013

ErzählungEn & Romane

zu ihrem Portfolio wie „erotic suspense“ (Erotik mit Krimi-Plot), Soft-SM oder der paranormale Roman – Erotik angereichert mit Fantasy. Auf die Frage, ob man als Auto-rin dieses Genres ein Pseudonym nutzen sollte, hat sie eine klare Meinung: „Wieso? Ich steh zu dem, was ich tue.“ Und die ver-schämten aktuellen Blümchen-Cover mag sie auch nicht. Kein bisschen verschämt dürfen deshalb auch die Teilnehmer sein, wenn sie alle Wörter aufschreiben sollen, die ihnen für die Geschlechtsteile einfallen. Ziemlich schnell stellt sich heraus: Es gibt eigentlich nur die Kategorien biologisch/klinisch, ver-niedlichend/verspielt und rüde/pornogra-fisch. Und es ist sehr lustig, von pimpern bis bürsten zu versuchen den Thesaurus zu schlagen. Aber im Großen und Ganzen bewegt sich körperlich das Repertoire des erotisch Schreibenden meist zwischen Obst-metaphern und gynäkologischem Grundwis-sen. Das ist nicht sexy. Wie also wird dar-aus eine lustbringende Lektüre?

Die Mischung macht es, die möglichst explizite, aber nicht banale Ausgestaltung von Szenen, mit viel Fantasie und Abwechs-lung. Dazu eine richtig gute Recherche: „Es nützt nichts“, sagt Sandra Henke, „über etwas zu schreiben, das dem Autor nichts sagt und womit er sich nicht auskennt.“ Der Leser würde das sofort merken. Also heißt das im Umkehrschluss: Nur was einen selbst antörnt, funktioniert auch? Nein, sagt San-dra Henke, das sei schließlich Arbeit, auch wenn sie immer wieder von Lesern gefragt werde, ob sie selbst beim Schreiben erregt sei. Was nicht der Fall wäre. Abgestoßen sollte man allerdings auch nicht sein. Atmo-sphäre und eine Figurenkonstellation mit einem Konflikt, der aufgelöst werden muss, schaffen die nötige Spannung. Eine Kurz-geschichte kommt mit einer Perspektive aus, ist eine Momentaufnahme und spielt nur an einem Ort. Drei Stunden hat jeder Teilnehmer zwischendurch Zeit, sich eine solche Kurzgeschichte auszudenken. San-dra Henke bespricht jede einzeln mit dem Autor in einem separaten Zimmer. Ein biss-chen Scham darf also sein.

Eine der Nachwuchsautorinnen sagt: „Ich sprühe vor Ideen, aber mir fehlte das Hand-werk, sie auszuformulieren.“ Damit nimmt sie den Staffelstab der Academy-Leitung auf, denn wie Jan Wielpütz, einer der beiden Verantwortlichen der Academy, formuliert: „Wir können uns nicht darüber beschwe-ren, dass deutsche Autoren nicht gut aus-gebildet sind, ohne etwas dagegen zu tun.“

Wo allerdings in Seminaren ohne Verlags-anbindung gelegentlich die freie Entfaltung als oberstes Gebot gilt und der deutsche Geniegedanke noch hartnäckig seinen Platz findet, geht es hier auch um Genregrenzen, um Forderungen des Marktes, ums Verkau-fen und Verdienen im Buchmarkt. Alle Semi-naristen sind neben dem Schreiben stark daran interessiert, die Auswahlkriterien der Verlage zu verstehen und wie man sein Manuskript am besten präsentiert. Jan Wie-lpütz und seine Kollegin Ann-Kathrin Schwarz halten deshalb auf Wunsch aller Beteiligten noch einen Vortrag über ein gutes Exposé, die verlagsinternen Wege, die ein Projekt zu durchlaufen hat, und gehen mit den Teilnehmern in einer Übung auf Titel-suche – mit rasanten und überraschend kna-ckigen Ergebnissen. Euphorie macht sich breit, denn auf die Frage, ob wirklich Nach-wuchsautoren gesucht werden würden oder ob es auch darum ginge, Geld mit der Aca-demy selbst zu verdienen, sagt Jan Wielpütz: „Wir suchen Autoren! Immer.“ Historisch ist der Bastei Lübbe Verlag mit den Heft- romanen in den sechziger Jahren groß geworden, da ist es nur logisch, die enge Zusammenarbeit mit einem fleißigen Auto-renstamm, der auf Bestellung schreibt, durch ein Ausbildungsprogramm zu ergänzen, um neue Talente zu entdecken. Der Heftroman von heute ist die E-Book-Reihe, gerne mit Erotik, hier boomt das Genre geradezu. Es ist also eine Win-win-Situation und alle scheinen hochzufrieden mit dem Seminar. Auf jeden Fall über die Zusicherung der Lektoren, die obendrein selbst Bestseller-Autoren sind, Ann-Kathrin Schwarz und Jan Wielpütz: Wer an einem Seminar der Academy teilnimmt, kann sich bei ihnen mit Exposés und Text melden und bekommt persönliches Feedback. Das ist in der heu-tigen Verlagswelt eine Menge wert.

baStEi LübbE acadEmyDie angebotenen Seminare sind in drei Level aufgeteilt: Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis. Unter anderem gehören zu den Dozenten Andreas Eschbach, Mario Giordano, Eva Völler oder Michael Peinkofer. Für die Seminare für Fortgeschrittene ist ein Eignungsnachweis erforderlich. Die Seminare kosten zwischen 295 und 1499 Euro. Bastei Lübbe Academy: www.bastei-luebbe-academy.de

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26 4·2013

Sandra Henke: Im Schatten der Lust Heyne TB, 240 Seiten, 7,99 Euro Auch als E-Book erhältlich

SyLvIa day: Crossfire. versuchung, Gelesen von Svantje Wascher, Random House Audio 630 Min./2 MP3-CDs, 14,99 Euro

vIna JaCkSon: 80 days. die Farbe des verlangens carl's books, 352 Seiten, 12,99 Euro Auch als E-Book erhältlich

Wer mIt Wem?

Naomi entflieht vor ihrem freudloseN freuNd zu Onkel und Tante. Doch in der traditi-onsreichen WiNzerfamilie wer-den vielmehr liebliche Lusttrop-fen und halbtrockene Hosenspritzer gefördert.

Der uNersättliche KoNzerNchef GideoN cross belässt es bei Werbeagentin eva tra-mell nicht bei der Aktio-närsstellung.

Die ukrainische Ballett- täNzeriN luBa trifft

den mysteriöseN chey. Große Liebe,

grandioser Sex, doch dann verschwindet er und sie vögelt sich als

Stripperin um die ganze Welt.

der erSte Sex s. 10

zu spät gekommen. Als das Buch beginnt, ist der erste Sex gerade gelaufen.

s. 49

daS BeSte ZItat

„Die Ansätze ihres Busens waren mit einem dünnen Seil umwickelt, sodass die Brüste wie kleine Türme nach oben ragten und die Spitzen wie Gipfelkreuze anmuteten.“

„Ich bringe dich im Handum-dre-hen zum Orgasmus“, haucht Gideon Cross.“

„Es gibt ein paar eiserne Regeln. Kein Pink, klar! Du zeigst ihnen deine Spalte, das ist alles.‘“

aBgeFaHrenSte PraktIk

Bücken ist out, baumeln ist in, sogar kopfüber. Leider reduzie-ren sich die Techniken auch hals-über-kopf per se.

In „Crossfire“ ist eher die Quantität bemerkenswert als die Qualität.

Analsex im Ponygeschirr aus Lederriemen mit hackenlosen Plateau-Overknees & Nippel-klemmen.

UngeWöHn- LICHSter ort

sm-party iN eiNer aBGeleGeNeN villa

auf eiNem rocK-KoNzert sex-taNzperformaNces auf diverseN BühNeN

der HöHePUnkt

Der Frau-Mann-Mann-Dreier im Weinkeller – mit Naomi als Zuschauerin. Und Sie dürfen raten, wer beim finalen Sandwich in der Mitte war …

Das Crossfire-Building. Wolken-kratzer und Firmensitz von Cross Industries. Und wird es hier auch …? Na logo!

Der Todestanz in Dublin: Luba und Chey tanzen ekstatische Sexszenen vor einem Saal voll russischer Mafiosi.

LUStkUrve: WIe oFt Sex? 18 32 19

FaZIt – Für Wen geSCHrIeBen?

Für Lederschürzenjäger, die einen merlot danach der obligatorischen Zigarette vorziehen.

eine anleitung für Firmen-bosse, die zu viel geld für den escort-Service aus-geben.

Für masochisten – ständig wird über Sex geredet, aber selten wird er explizit beschrieben!

lust auf mehrMit „Shades of Grey“ begann der Boom der sündigen Erotik-Bestseller und plötzlich steht ein ganzes Genre im Rampenlicht. Die BÜCHER-Redaktion hat sich hemmungslos in die Lektüre gestürzt, um die Lustkurven der erotischen Liebesromane zu ergründen.

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274·2013

erzähluNGeN & Romane

nataLIe raBengUt: Lauras LiebhaberUllstein, 272 Seiten, 7,99 EuroAuch als E-Book erhältlich

katHryn tayLor: Colours of Love. verführt Bastei Lübbe, 320 Seiten, 9,99 EuroAuch als E-Book erhältlich

anna CLare: adele hat den schönsten mund Anais, 294 Seiten, 9,90 Euro

Peggy mUnSon: die nacht, als sich die Welt auflöste konkursbuch, 264 Seiten, 12 Euro

tIFFany reISZ: das Locken der Sirene Mira Verlag, 444 Seiten, 9,99 Euro Auch als E-Book erhältlich

laNdei-laura zieht nach London in eine WG mit chloé. Die jobbt als Escort-Girl und will Laura nicht nur mit ihrem Kunstdo-zenten roBert verkuppeln, sondern auch selbst verfüh-ren.

Eine 22-jährige ameriKa-Nische studeNtiN (unschuldig und warmher-zig) und ein englischer earl (reich, mächtig, domi-nant und verschlossen).

Jeder kennt JemaNdeN, der jemanden kennt. Im biblischen Sinne.

daddy-Butches mit ihren Girls, Amish-Mädchen mit ihren Cousinen, fremde im Zug, Alte mit lolitas, Inva-liden mit Freizeit-Huren …

Die exzentrische Schriftstellerin Nora sutherliN lässt sich beim Sex schlagen und schlägt andere. Die Spielchen erstrecken sich auf ihren Lektor, ihren ex-dom, ihren jungfräulichen Mitbewohner und ihre Kunden.

s. 45 s. 71 s. 42 s. 42 s. 54

„Um dich mir vollkommen aus-zuliefern, werde ich mit mei-ner Spreizstange (ja, so etwas besitze ich wirklich. Frag bei Gelegenheit doch mal Chloé) deine Beine fixieren.“

Gibt es nicht. Vielleicht: „Ich habe vermisst, wie eng du bist und wie heiß ...“

„Wenn nach einem Atomkrieg nur noch ich, ihr und ein paar Kakerlaken übrig blieben, ich würde die Kaker-laken ficken oder mich zu Tode masturbieren.“

„Ich gleite auf ihn herab wie jemand, der fällt.“

„Einige von uns brauchen diese Strukturen, weil sie die geborenen Submissiven sind. Andere benötigen dieses Strukturen, weil sie die gebo-renen Subversiven sind.“

Laura als Beobachterin wäh-rend Chloé ihre Kunden vögelt.

Analsex, ganz vorsichtig. Geschminkte Schamlippen. Eine schöne Frau mit einem schönen Schwanz.

Fisting, Inzest-Rollenspiele, mit-telschmerzhaftes BDSM

Die Hierarchie im Zirkel, einem geheimen SM-Club: Es gibt sieben höchste Doms, einer ist katholischer Priester.

dreier auf der drehBareN Bett-BühNe auf eiNem sex-masKeNBall

im parK des herreNhauses eiN hauseiNGaNG eiNe steilWaNddas Weisse zimmer im zirKel uNd iN eiNem astoN martiN

Laura + Chloé + Robert: „Sie fühlte sich wie berauscht, zwei Menschen gleichzeitig zum Orgasmus gebracht zu haben.“

Als ein Einbrecher nebenan den Safe ausräumen will und sie ihn nur hören, weil sie in der Bibliothek daneben zugange sind.

Adele in einem roten Kleid in einer Sommernacht ohne Unterwäsche auf der Suche nach Sex. Göttlich.

Eine Plastik nach Dürers „Betenden Händen“ als Sexspielzeug zweier religiös erzogener Mädchen. Auch göttlich.

Besuch im Zirkel, einem exklusiven SM-Club: „In dieser nassen roten Hölle bewegte sich Nora voran ..."

14 7 13 23 15

Für Freundinnen, die zum „Sex and the City"-geplapper gern in ausgiebigen Sexszenen schwelgen.

Für Leser, die bei ver-lobungen weinen und sich schon immer ein Schloss gewünscht haben.

Jeder und jede sollte dieses Buch lesen. Wegen der Freundlich-keit. Wegen der kon-dome.

Für Fortgeschrittene. Für Sm-Interessierte, die vielleicht noch nicht ganz sicher sind, wo sie stehen: vanilla oder Fetisch!?

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Das Debüt

Verhasste heimatHarald Darers erster Roman ist eine Tirade, deren Zwischen-töne nur heraushört, wer sehr gut aufpasst. Sein Protagonist wächst in den Siebzigern in Ös-terreich auf dem Land auf. Das Leben ist grob zu ihm. Darer gibt ihm eine Sprache, die sich einprägt wie der Geruch nach Schweineblut, Maschinenöl und Äpfeln. Von elisabeth Dietz

Jeden Freitag sitzt der Herr Norbert bei sei-ner vom Gericht verordneten Therapiesit-zung im kleinen Therapieraum der ihm

zugewiesenen Männerberatungsstelle und erzählt seinem Lebensberater, der an einem Kugelschreiber kaut, wie er seinem Hund erzählt hat, wie alles so weit gekommen ist. Er spricht von seiner Kindheit in Pichlberg. Vom Leitenbauer, auf dessen Hof er aufge-wachsen ist, und seinen tückischen Söhnen. Von seiner Mutter, die ihn, als er zehn Jahre alt war, in seinen Steireranzug steckte, als wäre Sonntag, und ihn nach Wien ins Kin-derheim schickte. Von dem polnischen Flücht-lingsjungen, dem der Norbert – dem in den ersten zehn Lebensjahren schon ein großer Teil seiner Empathiefähigkeit ausgetrieben worden ist – jede Nacht ins Bett pinkelte, weil er zu viel jammerte. Von der Rosema-rie, mit der er sich freitags heimlich auf dem Prater traf, und der weichen Stelle zwischen ihren Beinen.

Gott Gibt uns Die nüsse, aber er knackt sie nicht auf„Eigentlich sollte das ein urbaner Roman wer-den“, erklärt Harald Darer. „Ich habe dann begonnen, die Landkindheit meines Protago-

HaralD Darer: Wer mit Hunden schläftPicus, 218 Seiten, 19,90 Euro Fo

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Page 29: Bücher 04/2013

294·2013

bücher | erzählunGen & Romane

nisten zu beschreiben und die Charaktere dort wurden immer stärker und haben sich dann in einem Großteil des Buches festgesetzt.“ Allen voran der Leitenbauer, der „Ungustl“, der Hitler nachtrauert, sich auf Konzerten der Mürztaler Lausbuben mit den Männern aus dem Nachbardorf schlägt und sonntags seine Kinder mit dem Rindsledertrachtengür-tel verdrischt, während sie weinend Steiri-scher Brennsterz in sich hineinstopfen. Des-sen Söhne Katzen die Schwänze und Kröten die Köpfe abschneiden und den Norbert ver-spotten. Dem der Norbert unverkennbar ähn-lich sieht, „die genau gleiche Fresse, wirklich wahr.“ An seine Mutter, die Magd war auf dem Leitenbauernhof, erinnert sich der Protagonist kaum noch. Kurz nachdem sie ihn weggege-ben hat, ist sie gestorben. Im Kopf des Herrn Norbert spricht die Mutter in Großbuchsta-ben und Binsenweisheiten: „EIN INDIANER KENNT KEINEN SCHMERZ.“

Der Autor driftet ins personale Erzählen hinein und wieder heraus. Auch wenn sein Protagonist gerade nicht „Ich“ sagt, könnte Darer ihm näher nicht sein. „Wenn man einen auktorialen Erzähler hernimmt, fängt man leicht an zu behaupten oder gefühlig zu werden. Der Leser fühlt sich dann gegängelt oder vorgeführt. Ein personaler Erzähler weiß nicht alles, kann nicht alles wissen und trifft einen doch direkter.“ Darer möchte, dass der Leser eine eigene Perspektive findet. Die Welt-sicht des Herrn Norbert ist düster, sein Ton zornig, mitunter wehleidig.

JeDe meDaille hat zwei seitenAls „Anti-Heimatliteratur“ ist „Wer mit Hun-den schläft“ bezeichnet worden, als „schwar-zer Heimatroman“, als „unbarmherzig rural“. Seinen Autor verwundert das ein wenig. Tat-sächlich muss der Leser genau hinhören, um die Zwischentöne nicht zu verpassen, die zag-hafte Zuneigung des Norbert für den Leiten-bauer, wenn dieser aus vollem Herzen den Erzherzog-Johann-Jodler anstimmt, der Burg-wart, der den Jungen mit auf den Turm der Pichlberger Burgruine nimmt, die Arbeiter, die ihn sonntags manchmal ins Stahlwerk lassen.

Trotzdem sieht man Darer sofort in der Tradition von Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek. Was macht diese Österreicher so zor-nig? „Ich weiß nicht, ob das in Österreich so anders ist als in Deutschland oder irgendwo anders auf der Welt, wo man in engen Tälern mit hierarchischen Strukturen zu tun hat“, sagt Darer. „Man wird zornig, weil man genau weiß, wie es läuft, aber nichts sagen darf.“ Die Doppelmoral ist ein wichtiges Motiv:

Die Dorfkinder, die einander sonst mit Stei-nen und Kuhmist bewerfen, hopsen für die Touristen einträchtig über die Wiesen. Der katholische Pfarrer organisiert Abtreibungen.

alles löst sich auf. nur nicht in wohlGefallenHarald Darer ist wie sein Protagonist in der Steiermark aufgewachsen. Sein Vater arbeitete in einer Stahlfabrik, seine Mutter als Haus-frau. Darer lernte zunächst Elektrotechniker, legte die Berufsreifeprüfung ab und zog als Mittzwanziger mit einem Freund nach Wien, „eigentlich nur kurz.“ Dort hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, spielte Bass in verschiedenen Bands, textete und schrieb nebenbei. Er veröffentlichte Gedichte und Kurzgeschichten in Zeitschriften und Antho-logien. 2009 und 2010 besuchte er die Akade-mie für Literatur in Leonding. „Mit den Kol-legen, die ich dort kennengelernt habe, habe ich mich auch später immer wieder getroffen. Wir haben unsere Texte vorgelesen und jeder hat seine Meinung hinzugegeben. Das hat mir sehr geholfen, auch, weil ich vorher nicht so viele literarisch interessierte Freunde hatte.“

Feilen musste Darer vor allem am Plot. Die Figuren waren von allein entstanden, mäch-tige, plastische Charaktere, die derbe Spra-che des Herrn Norbert gab es von Anfang an. Die Dramaturgie arbeitete der Autor spä-ter ein. „Warum sollte das, was ich erzähle, irgendjemanden interessieren? Ein Buch zu schreiben ist eigentlich schon eine Überheb-lichkeit an sich, aber irgendwie kann ich die Finger nicht davon lassen. Ich hoffe halt, dass irgendjemand doch Freude daran hat oder ein Gefühl dabei. Oder einen anderen Blick auf die Dinge bekommt.“ Das, findet Darer, sei das Schöne am Schreiben, „grundsätz-lich“. Noch immer in Wien wohnhaft, arbei-tet Darer heute vierzig Stunden pro Woche als technischer Angestellter und schreibt nach Feierabend an seinem zweiten Roman. Seine Tochter ist drei Jahre alt, ein zweites Kind ist unterwegs.

Der kruG Geht so lanGe zum brunnen, bis er bricht

„Was mich interessiert, ist das Thema Schuld“, sagt Darer. „Mich interessiert, was hinter den Schlagzeilen passiert.“ Was der Herr Norbert getan hat, erfährt man erst auf den letzten Seiten. Darer erzählt es mit bewe-genden, skurrilen Bildern und einem eigen-artigen Humor. Die Frage, wer Schuld daran hat, beschäftigt den Leser noch lange. Wer mit Hunden schläft, steht mit Flöhen auf. Deutsch von Eliane Hagedorn

und Bettina Runge Roman ∙ 352 Seiten ∙ € 19,99 (D)ISBN 978-3-7645-0444-1

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30 4·2013

ErzählungEn & Romane

Ein Mann, Ein hund, Ein FlugzEugEin Weltbesteller über das Ende der Welt – verfasst von einem amerikanischen Outdoor-Reporter mit einer Vorliebe für chinesische Dichtung. BÜCHER-Autorin Margarete von Schwarzkopf sprach mit Peter Heller über Grenzerfahrungen, Lagerfeuer-Erzählungen und seine Cessna. Von MargarEtE Von SchwarzkopF

das Erste, was an Peter Heller auffällt, ist sein Lachen. Der Mann lacht gerne und viel – nach dem Motto: „Sei dankbar für jeden Atemzug.“ Als passionierter

Kajakfahrer und Surfer, als Expeditionsmitglied bei Kam-pagnen gegen den Walfang und als leidenschaftlicher Flie-ger war der 55-Jährige schon häufig lebensbedrohlichen Gefahren ausgesetzt. Seine erste große Reportage, die er vor elf Jahren für ein renommiertes Outdoor-Magazin ver-fasste, wollte er gar nicht schreiben, da eines der Mitglie-der einer Expedition in einen gefährlichen Strudel geriet und wenig später in Hellers Armen starb. Doch das Maga-zin drängte Heller, seine Erlebnisse und Erfahrungen bei dieser Reise in eine der tiefsten Schluchten der Welt an der tibetischen Grenze trotzdem aufzuschreiben. Heller ließ sich überreden – und heute gilt der gebürtige New Yor-ker als einer der weltbesten Reporter über Outdoor-The-men. Seine Erlebnisse in der Tsangpo-Schlucht hat er 2003 in dem Buch „Hell and High Water“ veröffentlicht. Seit-her sind drei weitere preisgekrönte Sachbücher von ihm erschienen, unter anderem über den Kampf gegen skru-pellose Walfänger und über das Abenteuer Surfing. Das Buch mit dem Titel „Kook“ kam auch auf Deutsch heraus.

Nun liegt sein erster Roman vor, die wundersame Geschichte eines Überlebenden einer Grippe-Pandemie, der mit seinem Hund Jasper, seiner alten Cessna und einem knorrigen Ex-Soldaten namens Bangley auf einem kleinen

Flugplatz nicht weit von Denver, wo Peter Heller heute mit seiner Frau Kim wohnt, dem Rest einer gefährlichen Welt trotzt. „Dieser Hig hat viel mit mir gemeinsam“, erzählt Peter Heller – und lacht vergnügt. „Er jagt gerne, tötet aber ungern, er liebt Hunde und fliegt mit seiner Cessna über die Wälder von Colorado. Er fischt mit Leidenschaft, er liebt die Natur und fürchtet die Einsamkeit, ist aber auf der andern Seite gerne alleine. Aber ich bin nicht Big Hig. Wie so viele postapokalyptische Werke in dieser Zeit ist der Roman ein Spiegelbild unserer allgemeinen Unsicher-heit und Zukunftsängste, auch meiner Furcht. Aber die-ses Buch ist vor allem eine Geschichte über Freundschaft, Hoffnung und den Willen, auch in lebensfeindlichen Situ-ationen zu überleben. Da jeder Schriftsteller eine sichere Basis braucht, schreibe ich über Schauplätze, die mir ver-traut sind und über Dinge, die ich kenne: Fischen, Jagen, Fliegen. Aber alles andere ist Fiktion.“

Die Idee zu dem Roman kam Peter Heller, als er nach zahlreichen anstrengenden Reisen eine längere Ruhe-phase vor sich hatte. „Neun Monate! So lange habe ich seit Anfang dieses Jahrtausends nicht mehr pausiert. Und plötzlich tauchte dieses Bild von einem Mann mit seinem Hund und einem alten Flugzeug auf, von einer Welt aus den Fugen und einem unverrückbaren Sternenhimmel, den Hig und sein Hund gemeinsam betrachten. Und da fing ich an zu schreiben. Zwei Monate habe ich wie ein Besessener

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314·2013

Peter Heller

das Ende der Sterne wie Big hig sie kannteÜbersetzt von Eva Bonné

Big Hig hat alles verloren, was ihm wichtig war. Seine geliebte Frau Melissa ist einer der Grippewellen zum Opfer gefallen. Die Forellen sind verschwunden, „vielleicht auf der Suche nach kälterem Wasser.“ Zusammen mit seinem Hund Jas-per und Bangley, einem paranoiden Waffennarren, der jeden tötet, der sich ihm nähert, lebt Hig auf einem verlassenen Flughafen. Jeden Tag fliegt er mit seiner Cessna Patrouille. Die wenigen Menschen, die noch leben, sind hungrig oder krank, also gefährlich. Doch Sehnsucht und Hoffnung haben Hig nicht verlassen, und eines Tages fliegt er über den Point of no Return hinaus.Mit Big Hig hat Peter Heller einen originellen Erzähler erschaffen, auf dessen Kopiloten-Sitz man gern Platz nimmt. Das ist nötig, denn die Dramaturgie des Romans ist eigen-artig. Anfangs gleichförmig wie die weite Landschaft Colo-rados, die Big Hig überfliegt, wird die Handlung erst gegen Ende richtig interessant. Vor dem Hintergrund der Post-apokalypse, die bei den meisten Kulturschaffenden misan-thropische Selbstverteidigungsfantasien auslöst, fragt Hel-ler nach zwischenmenschlicher Wärme: Wie schließt man Freundschaft in einer Welt, in der jeder vor jedem Angst hat? Wofür lohnt es sich zu überleben? (ed)

ein postapokalyptischer liebesroman mit jeder Menge Waffen und einem unerschöpflichen Vorrat an Flugbenzin.

Eichborn, 320 Seiten, 19,99 EuroAuch als E-book erhältlich

BÜCHER verlost je fünf bücher und hörbücher von „Das Ende der Sterne wie big hig sie kannte“ (Eichborn/Lübbe Audio). Einfach mitmachen und mit ein bisschen Glück gewinnen. Teilnahmebedingungen auf S. 3.

geschrieben. Ich wusste nur, wie der Roman enden wird, aber nicht, was auf dem Weg zur letzten Zeile geschieht. Doch alles fügte sich wie von selbst.“

„Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte“ überragt die Masse von derzeit populären Büchern zum Thema Ende der Menschheit allein schon durch seine oft lyrische Sprache. Für die hervorragende deutsche Übersetzerin Eva Bonné war es sicherlich eine besondere Herausforderung, Peter Hellers Erzählduktus, der zwischen Poesie und direkter Erzählform pendelt, in adäquates Deutsch zu übertragen. „Big Hig schildert seine Abenteuer, als erzählte er sie bei einem abendlichen Treffen am Lagerfeuer. Das ist meine Verbeugung vor dem Western und vor der uralten Tradi-tion der mündlichen Erzählung“, erklärt Peter Heller, der schon als kleiner Junge am liebsten Westernromane gele-sen hat, darunter die in Deutschland weniger bekannten Werke von Louis L’Amour, zu dessen 105 Werken vor allem „Frontier Stories“ gehören. Ihre Schilderung schier gren-zenloser Landschaften haben Peter Heller genauso beein-druckt wie später die Klassiker „Moby Dick“ und „Robin-son Crusoe“, die Romane von Robert Louis Stevenson, William Faulkner und Virginia Woolf.

Peter Hellers eigentliche Leidenschaft aber gehört der Dichtung. „T. S. Elliott ist eines meiner großen Vorbilder, dazu Emily Dickinson, William Butler Yeats, Pablo Neruda, Derek Walcott, um nur einige zu nennen. Vor einigen Jah-ren habe ich die chinesische Dichtung entdeckt, die ich wegen ihrer knappen und dennoch bildreichen Sprache sehr schätze. Schon als sechsjähriges Kind habe ich erste kleine Gedichte geschrieben, später neben meinen Repor-tagen und Büchern auch immer wieder Gedichte verfasst, und nun sitze ich an einem größeren lyrischen Werk, ‚The Psalms of Malvine’, das demnächst veröffentlicht wird.“

Zwar treibt es Peter Heller noch immer hinaus in die Natur – er besitzt selbst eine Cessna, mit der er über die Täler und Berge der Rockys fliegt. Doch sein Leben ist ruhi-ger geworden. Vieles, was er in „freier Wildbahn“ erlebt hat, wird er in den nächsten Jahren in Romanen verarbei-ten. „Man kann viele brennende Probleme wie Umwelt-zerstörung und die Ausrottung so vieler Spezies in Sachbü-chern darstellen. Der Vorteil an Romanen ist die Chance, dass ganz andere Leserschichten aufgerüttelt werden, wobei man nicht den moralischen Zeigefinger heben sollte. Denn nichts ist tödlicher für eine Geschichte als missionarisches Sendungsbewusstsein. Romane sind vor allem Unterhal-tung. Wenn einer meiner Leser sich allerdings motiviert fühlt, über bestimmte Probleme unserer Zeit nachzuden-ken – umso besser. Aber das darf nur ein Nebengedanke beim Schreiben sein, niemals das wichtigste Motiv.“

Eine Fortsetzung möchte Peter Heller trotz der vielen Lesermails mit der Bitte um weitere Abenteuer mit dem Träumer Hig und seinem sonderbaren Freund Bangley zwar nicht schreiben: „Aber sag niemals nie“, lautet seine Devise, und einen Hund wie Jasper, der in Peter Hellers wahrem Leben Charlie heißt, wird sicher auch in seinem nächsten Roman dabei sein. Und bis dahin wird es „The Dog Stars“ auch schon als Kinofilm geben.

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HörbuchGelesen von olaf PresslerLübbe Audio, 467 Min./6 cDs, 19,99 Euro

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4·201332

Auf meinen Fragebogen haben acht Frauen und neun Männer geantwortet, Deutsche, Schweizer, aus den USA und Großbritan-

nien. Die meisten übersetzen aus dem Englischen ins Deutsche oder umgekehrt, zwei aus dem Franzö-sischen bzw. Spanischen, einige aus mehreren Spra-chen; einer mehr Theater, manche nur Belletristik, andere auch Sachbuch. Lieblingsübersetzungsfehler nannte übrigens fast keiner, einer schrieb: „Überset-zungsfehler? Ich mache keine!“ Die übrigen Ant-worten zitiere ich hier originalgetreu.

Was der Leser wissen sollte:„‚Die Autorin hat einen tollen Schreibstil.‘ – In dieses Kompliment sollte der/die Übersetzer/in mit einbezogen werden!“„Übersetzen ≠ Malen nach Zahlen.“„Dass es viel Arbeit ist.“„Andersrum: Wenn die Leser wüssten, wie wir bezahlt werden, hätten sie keine Lust mehr, Über-setzungen zu lesen.“„Dass auf eine verunglückte Formulierung tau-send geglückte kommen. Dass fast jeder Satz auf viele verschiedene Weisen übersetzt werden könnte, die alle zutreffen.“„Manche Leser wissen nicht mal, dass ein Buch übersetzt wurde und nicht im Original auf Deutsch erschienen ist.“„Wie anders der Text in einer Sprache unwei-gerlich wird. Daran musste ich mich ganz schön gewöhnen.“„Stichwort: Wirkungsäquivalenz!“„Wir möchten davon die monatlichen Rechnun-gen bezahlen können!“„Schlimm genug, dass er schon so viel darüber weiß, was er nicht wissen sollte. (Okay, ich habe keine Lust, diese immer gleichen zweieinhalb Gedanken vom Übersetzer als Schöpfer und Urhe-ber und schlecht bezahlten Schufter im Berg-werk der bösen Verlage zu wiederholen – kennt man alles.)“„Es gibt keine ,echte‘, keine ,richtige‘. Alles liegt an der Interpretation.“„Es dauert ewig, und es ist eine unmögliche Auf-gabe.“„Wie jedes Wort immer wieder umgedreht wird, bis es sich zu den anderen gesellt.“„The Roads Are Narrow, Spooky, Long, And Truly Endless.“

Wünsche/Träume:„Aus meiner anderen Fremdsprache übersetzen.“„Reich und berühmt werden.“„Bestseller.“„Mich stärker aufs Übersetzen konzentrieren kön-nen. Mehr Belletristik übersetzen. Aber gute ;-).“ „Bisschen mehr Freizeit zum Lesen.“„Eine stabile Auftragslage (wie banal!).“„Regelmäßige Arbeit, Übersetzerlohn, der der Arbeit angemessen ist. Letzteres gehört vermut-lich eher in den Bereich Träume.“„So viele Angebote erhalten, dass ich nicht mehr darauf angewiesen bin, selbst überall anzuklop-fen, sondern Texte auswählen zu können.“„Übersetzungen fürs Theater mit Schauspielern überprüfen und weiterentwickeln.“„Die saarländischen Ausdrücke Dibbelabbes, Batschkapp und Dauerschreiber am Lektorat vorbeizuschmuggeln. Zu einem Drittel erfüllt!“„Autor und nicht mehr Übersetzer sein.“„Keine Übersetzungsfehler zu machen.“„Dass ich Lesern neue Horizonte eröffne und dass ich sogar hin und wieder ein Lob bekomme.“

Honorarverhandlungen:„Hab ich mich bisher nicht getraut (noch zu grün hinter den Ohren).“„Ach ja, meistens sinnlos.“„Meistens weiß man im Voraus, welchen Spiel-raum man hat, da ist die Solidarität unter Kolle-gen groß.“„Honorar‘verhandlungen‘.“„Fürchterlich. Früher fürchterlicher.“„Oft schwierig, v. a. bei den Nebenrechtsbetei-ligungen.“„Hab ich bisher meistens vergeigt. Entweder ich mach keine oder ich greife so hoch, dass ich die Auftraggeber verschrecke. Ich sage jetzt immer dazu, dass ich verhandlungsbereit bin.“„Sind mühselig.“„Schwierig, aber den Normvertrag habe ich fast immer so oder so ähnlich bekommen. An den Nebenrechten u. a. arbeite ich noch …“„Seine Grenzen und Wünsche gut kennen.“„Es wäre gut, einen kompetenten und engagier-ten Berufsverband im Rücken zu haben. Das ist leider derzeit nicht der Fall.“„Läuft unterschiedlich, aber meistens habe ich mit Zeitschriften und Verlagen zu tun, die nicht so viel Geld haben.“„Sind spannend. Mut ist gefragt. Seid stark!“

Der zweite Teil unserer nichtrepräsentativen Um-frage unter Übersetzern.

Nach den ideellen, künstle-rischen Fragen geht es hier um Wünsche, Träume, zag-

hafte Forderungen und ums schnöde Geld. von Ina PfItzner

Botschaft aus BaBel

Übersetzer im O-tOn (teil 2)

lieBlingsüBer- setzungenléo Malet: Paris des Verbrechens: nestor Burmas klassische fälleÜbersetzt von Hans-Joachim Hartstein Zweitausendeins, 1181 Seiten, antiquarisch erhältlich (z. B. zvab.com)

lew tolstoi: anna KareninaÜbersetzt von Rosemarie Tietze Hanser, 1284 Seiten, 39,90 Euro

toVe Jansson: tales from MoominvalleyTranslated by Thomas Warbur-ton Square Fish, 192 Seiten, antiquarisch erhältlich (z. B. zvab.com)

Paul celan: glottal stop: 101 Poems by Paul celanTranslated by Nikolai Popov and Heather McHugh Wesleyan University Press, 168 Seiten, 14,99 Euro

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ErzählungEn & Romane

gung, aber für mich ist das eine nicht zwin-gende Lesart. Man hat Mut oder hat ihn nicht. Niemand muss Mut haben. Aber wenn Kri-tik nicht klar und konkret ist, sondern allen-falls über drei Ecken erahnbar, bleibt sie im Wischiwaschi-Bereich. Selbst wo im Roman die Geheimpolizei auftaucht, handelt sie nie willkürlich, sondern angesichts der Umstände verständlich. Die Nervenheilanstalt zum Bei-spiel wirkt wie ein modernes Sanatorium für Privatpatienten. Und so weiter. Allenfalls ein gewisses Lebensgefühl der irrationalen Gefähr-dung überträgt sich auf den Leser. Ein Doku-ment des Widerstandes? Bulgakow lässt hier und da seinen Hass auf die Bürokratie auf-blitzen, stimmt. Ein dezidierter Gegner Sta-lins war er nicht.

Die Neuübersetzung von Alexander Nitz-berg ist trotz mancher Flüchtigkeitsfehler eine Großtat, auch weil sie den Finger in die Wun-den legt. Denn wie man aus den Anmerkun-gen erfährt, ist der eben erwähnte Kult-Sta-tus vor allem in Russland derart rigide, dass der Text quasi sakrosankt geworden ist. Ganz offensichtliche Fehler werden von Nitzberg anscheinend zum ersten Mal thematisiert. Meist handelt es sich nur um Kleinigkeiten, die man einem Genie nachsehen kann, vor allem wenn er, nahezu erblindet, seiner Frau immer neue Versionen diktiert und so nicht nur im übertragenen Sinn den Blick auf sein Werk verloren hat. „Meister und Margarita“ ist dennoch kein perfekter Roman. Gerade das letzte Drittel, nach dem fulminanten Höllen-fest, hätte von einem Lektor eingedampft wer-den müssen – der Text verliert dort stark an Biss, Spannkraft und Notwendigkeit. Und lei-det daran, dass dem Autor immer noch etwas einfiel, während das Manuskript zur Stalin-zeit herumlag, ohne die geringste Aussicht auf baldige Veröffentlichung. Dies aber auch nur anzudeuten, wagt weder Nitzberg noch das merkwürdig nichtssagende Nachwort von Felicitas Hoppe.

Der Kommentar zu den problematischen Stellen wirkt deswegen zu penibel und eitel. Wo Bulgakows Ironieabsicht ohne ernsthaften Grund infrage gestellt wird, möchte man den Autor geradezu in Schutz nehmen. Kurzum, dieser monströse Anmerkungsapparat schießt übers Ziel hinaus, vor allem angesichts der Tat-sache, dass die Korrektoren des Galiani-Verlags wohl ein wenig verliebt gewesen sein müssen, so viele durch einen Suchlauf leicht vermeid-bare Fehler finden sich im Satz. Nitzberg kann da nichts für, erwähnen will ich es doch. Man könnte in der nächsten Auflage alles noch ändern. Des Lyrikers Nitzberg literarische Leis-tung, die mit ihren ausgeklügelten Wortklang-gebilden beinahe schon musikalischer Natur ist, soll dadurch nicht geschmälert werden.

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Helmut Krausserwählt für BÜCHER Werke aus, die nicht dem Vergessen anheimfallen sollten. Er selbst

ist der Autor von Meisterwerken wie Melodien, Der große Bagarozy oder Die

Schmerznovelle. Der große Bagarozy wurde von Bernd Eichinger verfilmt. In

seinen Romanen bewegt er sich sprachlich elegant zwischen Gewalt,

Sexualität und Hingabe. Die Macht seiner Erzählungen und Geschichten liegt häufig

im Extremen. Zuletzt ist von ihm Nicht ganz schlechte Menschen im DuMont

Verlag erschienen.

„Meister und Margarita“ ist schon ein abgefahrenes Buch. So aberwitzig und hochkomisch. Alexander Nitzbergs Neuüber-setzung von Bulgakows Kult-werk ist eine Großtat mit ausge-klügelten Wortklanggebilden.

Im Grunde handelt es sich um die Rachefan-tasie eines „verrissenen“ (der Euphemismus bedeutet), verfolgten und gequälten Schrift-

stellers, zu dessen Ehrenrettung gleich der Teufel selbst mit pittoreskem Gefolge, darun-ter Kater Baphomet, ins Land gezogen kommt, um dem zu Unrecht gescholtenen Meister zur Satisfaktion zu verhelfen. Und ihn wieder mit seiner geliebten Margarita zu vereinen. Zu diesem Zweck macht das diabolische Terror-kommando unter Leitung des Leibhaftigen das Moskau der 1930er-Jahre zu einem Tollhaus. Sind die Naturgesetze erst einmal außen vor, lassen sich die komischsten Wendungen ersin-nen, und Bulgakow greift tief in die Kiste sei-ner Möglichkeiten. Weshalb das Buch ganz zu Recht einen Kult-Status erlangt hat und noch Jahrhunderte lang seine Leser finden wird. Immer wieder werden Passagen aus dem dis-kreditierten Roman des Meisters eingebaut – es handelt sich dabei um eine mehr oder minder humorfreie neutestamentarische Geschichte rund um Pilatus und die Kreuzigung Jesu. Was für eine Konstruktion. Und wie viel Subtext und kryptische Botschaft man in diesen Stoff hineininterpretieren kann! Wahrscheinlich würde man von einigen Bul gakow-Jüngern gekreuzigt werden, würde man respektlos behaupten, es könnte sich hier um eine recht alberne Angelegenheit handeln, um eine aus dem Ruder gelaufene Schnapsidee, bei deren Verwirklichung der Autor einen Mordsspaß genoss, der sich weitenteils auf den Leser über-trägt. Aber was genau wäre so schlimm daran? Es heißt oft, Bulgakow habe die irrsinnige und für Intellektuelle lebensgefährliche Situation in der Sowjetunion über eine Art Karikatur, eine Faust-Parodie, thematisiert, ohne je poli-tisch zu werden und Ross und Reiter beim Namen zu nennen. Denn wenn er das getan hätte, wäre er im Lager gelandet. Entschuldi-

micHail bulgaKow: meister und margaritaÜbersetzt von Alexander NitzbergGaliani, 608 Seiten, 29,99 Euro

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34 4·2013

Hannes stein

Der KometDeutsche Originalausgabe

Was wäre, wenn das Attentat von Sara-jewo, das Auslöser für den Ersten Welt-krieg wurde, gescheitert wäre? Der Autor Hannes Stein lässt den Thronprinzen Franz Ferdinand nach einem ersten Anschlags-versuch wieder umdrehen: „I bin doch ned deppat, i fohr wieda z’haus.“ Mit diesem pragmatischen Kniff verändert sich nach 1914 die Weltgeschichte im fiktiven histo-rischen Roman. Weder der Erste noch der Zweite Weltkrieg finden statt, ein gewisser Adolf Hitler stirbt als unbekannter Post-kartenmaler und die österreichisch-unga-rische Monarchie regiert auf nonchalante Art das heutige Europa.Selten hat man als gelernter Demokrat eine so ironische und zugleich zärtliche Verherr-lichung der Monarchie gelesen. Im liberalen Wien sitzen Juden, Katholiken und Freudi-aner im Kaffeehaus harmonisch beieinan-der, man fährt moderne Elektroautos und fliegt gelegentlich, dank preußischen Erfin-dergeists, zum Wochenendurlaub auf den Mond. Und da weder Billy Wilder noch Michael Curtiz oder Ernst Lubitsch ins kulturlose Amerika emigrieren mussten, ist im 21. Jahrhundert nicht Hollywood, sondern Wien das Zen trum der globalen Filmindustrie. Sogar eine Liebesgeschichte schenkt uns der Autor, sie dient als Rah-menhandlung, um zu zeigen, wie roman-tisch die beste aller denkbaren Monarchien sein könnte. (mpö)

Hannes stein verzichtet im Roman konse-quent auf anglizismen, es gibt Klapprech-

ner, Mondflieger und elektropost.

Galiani Berlin, 272 Seiten, 18,99 euro auch als e-Book erhältlich

Lisa KRänzLeR

NachhineinDeutsche Originalausgabe

WoLfgang scHoRLau

RebellenDeutsche Originalausgabe

VerBrecher, 272 Seiten, 22 euro, auch als e-Book erhältlich

Kiepenheuer & WitSch, 332 Seiten, 9,99 euro auch als e-Book erhältlich

fRanK spiLKeR

Es interessiert mich nicht, aber ich kann es nicht beweisenDeutsche Originalausgabe

Im Leben des Grafikdesigners Thomas Trop-pelmann läuft nichts so, wie es soll. Auf-träge schwinden, die Freundin ist weg. Eine Flucht scheint die Lösung, mit der Bahn quer durch Deutschland zu Stationen sei-ner Kindheit – aber gelangt er so auch wie-der zu sich selbst?Frank Spilker, bekannt als Sänger der Ham-burger Band „Die Sterne“, legt hier mit 47 Jahren sein Erstlingswerk vor. Die ernste Auseinandersetzung des Protagonisten mit dem eigenen Scheitern kann es textlich nicht ganz mit Sterne-Klassikern wie „Was hat dich bloß so ruiniert“ aufnehmen, lädt aber ebenso stark zum Nach- und Weiter-denken ein. (rif)

MiRiaM toeWs

Mr T., der Spatz und die Sorgen der WeltÜbersetzt von Martina Tichy, Christiane Buchner

Kann man als Tochter wissen, wie der Vater wirklich fühlte? Noch dazu, wenn er ein Leben lang manisch-depressiv war, weite Teile seiner Krankheit aber verschwieg? Die Kanadierin Miriam Toews wagt den Versuch – vorsichtig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Dieses Buch (kein Roman!) liest sich wie ein Tribut an den Vater, Mel. Dieser war von Selbstzweifeln geplagt und wählte den Freitod im Glauben, nichts erreicht zu haben. Die Autorin rollt sein Leben rückwärts auf: Ein Ich-Erzähler (Mel) beschreibt seine Erlebnisse. Beson-ders berührend sind die Passagen über die Liebe zu seiner Frau Elvira. Ein sehr fein-fühliges Buch. (ew)

hoffmann und campe, 160 Seiten, 17,99 euro; auch als e-Book erhältlich

Berlin, 256 Seiten, 19,99 euro auch als e-Book erhältlich

Zwei Mädchen wachsen als befreundete Nachbarskinder auf. Die Straße, die zwi-schen ihren Elternhäusern verläuft, wird, je älter die beiden werden, jedoch zur immer gravierenderen, auch gesellschaft-lichen Trennlinie. Hier das behütete Her-anwachsen, dort die Albtraumkindheit mit Alkohol, Prügeln und Missbrauch. Was spielerisch beginnt, entwickelt sich zu eifer-süchtig-sehnsuchtsvollen Machtkämpfen, die schließlich eskalieren. Bis ins Uner-trägliche präzise beleuchtet die Autorin den grausamen Wandel der Kinderfreund-schaft. Die Sprache zielt dabei krude und treffsicher unter die Haut, dies jedoch sehr poetisch. Unbedingt empfehlenswert. (jk)

Alexander wohnt in der Unternehmervilla, Paul lebt im Kinderheim gegenüber. Die Jungs werden Freunde, trotz der Klassen-schranken, die Anfang der Sechzigerjahre deutlich zu spüren sind. Zusammen wer-den sie erwachsen, erleben die Liebe und sind vom Kommunismus fasziniert. Bei den großen Freiburger Demonstrationen 1968 werden der Student und der Lehrling poli-tisch aktiv. Doch der Sommer der Anarchie währt nicht ewig, beim „Marsch durch die Institutionen“ entfernen sich Paul und Ale-xander voneinander. Am Ende stehen Eifer-sucht und ein Verrat, der nie mehr gut zu machen ist. Wolfgang Schorlau verarbei-tet hier seine eigene linke Jugend. (mpö)

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04·13 grandios

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04·13 grandios

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BüchER | ERzähluNgEN & Romane

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04·13 grandios

An einem Sonntagmorgen stirbt Kawaku Sai in seinem Haus in Ghana. Diese Nachricht trifft seine Ex-Frau Fola und seine vier Kinder unerwartet, hatte der einst erfolgreiche Chi-rurg sie doch vor Jahren nach einem Skandal in den USA zurückgelassen. Sein Tod bringt verschüttete Sorgen, Ängste und traumatische Erfahrungen an die Oberfläche und führt die Familie nach Jahren wieder zusammen. Im Jahr 2005 prägte Taiye Selasi in einem Essay den Begriff Afropolitan, mit dem sie junge, gut ausgebildete Afrikaner bezeichnet, die auf der ganzen Welt aufgewachsen sind und keine Heimat im klassischen Sinn haben. In ihrem Roman erzählt sie nun am Beispiel einer Familie, wie die Weltafrikaner eine neue Identität entwickeln. In poetischer, entrückender Sprache entsteht eine Welt, die mit ihren Erwar-tungen, Ausbildungswegen und Problemen vertraut erscheint, die aber durch die Schwie-rigkeiten der Kinder, ihre Stellung innerhalb des Verbundes zu finden, den sie im Vergleich mit ihren amerikanischen Freunden nicht als Familie bezeichnen wollen, zugleich fremd ist. Dabei spiegelt sich die Zerrissenheit und Wurzellosigkeit der Charaktere durch kurze Absätze, die oftmals unvermittelt beginnen, und die multiperspektivische Erzählweise im Stil wider. Ein großartiger Roman. (sh)

Die Schöpfung vollzieht sich im Kinderzimmer: Aus Filz, Pappmaschee und Cord, aus Per-len, Alufolie, Rinde, Pfeifenputzern und Abfall baut die zehnjährige Judith das „Land der Zierde“; Flüsse, Berge, Sonne, Seen und Menschen. Und sie sieht, dass es gut ist. Judith wächst allein bei ihrem streng religiösen Vater auf, der sie mit seinem Glauben an das Har-magedon und die Bibelstellen, die jeden Abend gelesen werden, von der „Welt fernhalten muss“, dem „Sündenpfuhl“. Judiths Einsamkeit und der Wunsch, etwas gegen das brutale Mobbing ihrer Mitschüler bewirken zu können, treiben das sensible, hochbegabte Mäd-chen immer weiter in eine Fantasiewelt. Bis sie glaubt, selbst Wunder bewirken zu kön-nen. Sie hört sogar die Stimme Gottes in ihrem Zimmer und seine Worte verheißen nicht nur Trost, sondern auch Hybris und Gefahr, die dann erschreckend real wird. Feinfühlig und sprachmächtig taucht McCleen in die Gedanken einer Zehnjährigen ein, die sich neben Püppchen, zwischen Schuld, Regeln und Glaubenswahn eine eigene Wirklich-keit bastelt. Der Leser wird von ihren intensi-ven Empfindungen und kindlicher Logik einge-saugt und sich sehnsuchtsvoll wünschen, dass jemand ihr zuhört. In der echten Welt. (md)

taiye seLasi

Diese Dinge geschehen nicht einfach so Übersetzt von Adelheid Zöfel

gRace MccLeen

Wo Milch und honig fließenÜbersetzt von Barbara Heller

S. fiScher, 398 Seiten, 21,99 euro auch als e-Book erhältlich

dVa, 384 Seiten, 19,99 euro auch als e-Book erhältlich

ein großer und moderner familienroman, der eindringlich von dem kosmopolitischen Leben in einer globalisierten Welt erzählt.

eine zu tränen rührende, wundervolle ge-schichte über magisches Denken, einsam-keit und die Liebe eines Kindes.

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© G

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160 S., Paperback, € (D) 12.90

Witzig, berührend, schonungslos ehr-lich: Auf dichtestem Raum entfaltet Yael Hedaya die miteinander verschränkten Geschichten von drei sehr unterschied-lichen Paaren.

detebe 23307, 224 S., € (D) 9.90

Eine gnadenlose Geschichte über die Liebe und das Heiraten um jeden Preis.

Yael Hedayas Kult-roman Liebe pur :Endlich wieder als detebe lieferbar.

Yael Hedaya

buecher_4_13_hedaya.indd 1 02.05.13 15:18

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BüchER | ERzähluNgEN & Romane

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Linn uLLMann

Das VerschwiegeneDeutsche Originalausgabe

Unglückliche Familien seien auf ihre je eigene Art unglücklich, heißt es in Tols-tois „Anna Karenina“. Und so kann man in Linn Ullmanns Roman „Das Verschwie-gene“ eine weitere Variante erkennen. In diesem Falle beginnt das Unglück nicht erst mit dem misslungenen Gartenfest zum fünfundsiebzigsten Geburtstag von Jenny Brodal, mit dem die norwegische Schrift-stellerin ihren vielschichtigen Roman eröff-net. Jennys Tochter Siri hat es mit viel Auf-wand auf die Beine gestellt, doch steht es unter keinem guten Stern. Aufziehender Nebel prophezeit Regen, die Stimmung in dem großen Haus am Meer ist angespannt. Während all der Geschäftigkeit öffnet Jenny nach zwanzig Jahren Abstinenz die erste Flasche Rotwein. Als die Gäste eintreffen, ist sie sturzbetrunken. Die wahre Katastro-phe dieser Nacht zeigt sich freilich erst am nächsten Morgen, als das Kindermädchen von Siris Töchtern verschwunden bleibt.Für Linn Ullmann ist dies Ausgangspunkt für die Spurensuche in den Seelen ihrer Protagonisten. Zu Tage treten bei allen alte und neue Ver-letzungen, irritierende Affekte, unbewäl-tigte Schuld und grenzenlose Trauer. Ein-dringlich erzählt die Schriftstellerin von den Verstrickungen einer Familie, von Lüge und Betrug und von der Schwierigkeit mensch-licher Beziehungen. (sti)

in diesem vielschichtigen familienporträt zeigen sich lange nach der Katastrophe zarte Keime der Hoffnung.

luchterhand, 352 Seiten, 19,99 euro auch als e-Book erhältlich

Jessica soffeR

Morgen vielleichtÜbersetzt von A. Kramer

Kein & aBer, 384 Seiten, 19,90 euro auch als e-Book erhältlich

JaMes goRDon faRReLL

TroublesÜbersetzt von Manfred Allié

p. anDeRsen, M. BacH

Warte auf michDeutsche Originalausgabe

mattheS & Seitz, 540 Seiten, 24,90 euro; als e-Book erhältlich

pendo, 318 Seiten, 16,99 euro auch als e-Book erhältlich

Die aufgeweckte 14-jährige Lorca verletzt sich selbst, weil sie es ihrer unnahbaren Mutter einfach nicht recht machen kann. Victoria könnte Lorcas Großmutter sein. Ihr Ehemann Joseph stirbt an Krebs und auch sie droht der Lebensmut zu verlassen. Zwei Menschen, einsam in New York, die über ihre Leidenschaft zum Kochen zuei-nanderfinden und das Gefühl bekommen, sie könnten verwandt sein. Was hier kit-schig klingt, entwickelt im Roman durch Hintergründe und feine Sprache Größe – und wird zu dem außergewöhnlichen Debüt der 28-jährigen Jessica Soffer, die geschickt mit den Irrungen und Wirrun-gen in menschlichen Gefühlswelten zu spielen vermag. (ole)

Wie ein Fels reckt sich das Hotel „Majestic“ der Irischen See entgegen, ein Bollwerk der protestantischen Vorherrschaft. Aber als der dem Ersten Weltkrieg entkommene Major Archer seiner Verlobten die Aufwartung machen will, ist es nur noch eine gewaltige Bruchbude, deren betagte weibliche Stamm-gäste ebenso wunderlich sind wie das meist greisenhafte Personal. Vor dem Hintergrund der „Troubles“, der Unruhen des irischen Unabhängigkeitskampfes, wird das Hotel zu einer Art Zauberberg der grünen Insel: Labyrinthisch, abgründig und voller gro-tesk-komischer Szenen ist dieser grandiose Roman, der durch den frühen Tod James G. Farrells (1935 – 1979) fast in Vergessen-heit geraten schien. (ub)

Es ist eine alte Geschichte, die das Auto-renduo erzählt: ein Mann zwischen zwei Frauen. Einer Ehefrau, die er seit Jahrzehn-ten liebt und nicht verlassen kann, und einer (natürlich) viel jüngeren Frau, nach der er verrückt ist. Nichts Neues also. Und doch gewinnen die beiden Autoren, die auch die Protagonisten sind, dem Sujet ungewohnte Seiten ab. Ehemann und Geliebte treten in einen schriftlichen Dialog, wobei er aus der Ich-Perspektive schreibt, und sie in der drit-ten Form. Herausgekommen ist ein biswei-len berührendes Hin und Her der Betrach-tung, ein Nachdenken über Hoffnung und Enttäuschung, über Verzweiflung und Ver-rat, über die aufregenden Facetten der Liebe – und über die schmerzlichen. (sti)

aLexa von HeyDen

hinter dem BlauDeutsche Originalausgabe

eden BooKS, 208 Seiten, 12,95 euro auch als e-Book erhältlich

Sunny reißt einen sofort mit – hinein in ihr Leben und in die Frage nach dem Tod. Denn der Suizid ihres Vaters beschäftigt die 25-jährige Ich-Erzählerin nach lebenslanger Verdrängung, als ein Freund ihrer neuen Liebe von einem Hochhaus springt. Lang-sam wird die Wut auf ihren Vater zu Neugier auf den Menschen, der ihr fehlt. Im Zuge ihrer Abschlussarbeit zum Thema „Lebens-lust und Lebensmüdigkeit – der Selbstmord als Kulturphänomen“ stellt sie sich ihrer Vergangenheit, um ihre Zukunft klarer zu sehen. Alexa von Heyden reißt einen sofort mit – in ihren autobiografischen Roman, so unmittelbar und wahrhaftig, dass man die-sen schweren Lebensabschnitt ohne Rast mit ihr durchschreitet. (ts)

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BüchER | ERzähluNgEN & Romane

Bonnie Jo caMpBeLL

StromschnellenÜbersetzt von Carina von Enzenberg

Die ruhige 15-jährige Margo Crane wohnt mit ihrem Vater am Stark River in Michi-gan. Sie schwimmt und fischt gern und will Kunstschützin werden. Dann wird sie von ihrem Onkel vergewaltigt, ihr Vater wird getötet. In bester Huckleberry-Finn-Tra-dition begibt sie sich mit einem Ruder-boot und einem gestohlenen Gewehr auf die Reise. Präzise und schonungslos beschreibt die Autorin die Härten der Natur und des Lebens. „Stromschnellen“ ist keine roman-tische Flussgeschichte, sondern ein kom-promissloser Coming-of-Age-Roman, in dessen Zentrum eine Protagonistin voller Widerhaken versucht, das amerikanische Ideal der Freiheit zu leben. (sh)

piper, 396 Seiten 23,99 euroauch als e-Book erhältlich

HeRvé Le teLLieR

Neun Tage inlissabon Übersetzt von J. und R. Ritte

dtV, 280 Seiten, 14,90 euro auch als e-Book erhältlich

Buecher-maGazin.de

04·13 grandios

Der Journalist Vincent Balmer schreibt einen Roman über neun schicksalhafte Tage, die er 1985 mit dem Fotografen Anto-nio verbrachte. Die Berichterstattung über den Prozess eines Serienmörders ist der Anlass, doch Liebe und Eifersucht domi-nieren das Geschehen. Antonio, der Frau-enheld, schläft mit Vincents Ex-Freundin Irene. Woraufhin der glücklose Softie Vin-cent beschließt, Antonios erste unglückli-che Liebe wiederzufinden. Die Konstruk-tion scheint abstrus, doch Le Tellier zieht einen gekonnt hinein in die verletzlich-refle-xive Gedankenwelt seines Ich-Erzählers und beschreibt Lissabon so plastisch, dass sich die Reise durch Vincents verkorksten Kopf lohnt. (ts)

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nataša DRagni

Immer wieder das MeerDeutsche Originalausgabe

dVa, 361 Seiten, 19,99 euro auch als e-Book erhältlich

aMéLie notHoMB

So etwas wie ein lebenÜbersetzt von Brigitte Große

cHRistopH Hein

Vor der zeitDeutsche Originalausgabe

dioGeneS, 144 Seiten, 19,90 euro auch als e-Book erhältlich

inSel, 189 Seiten, 19,95 euro auch als e-Book erhältlich

Es soll ein intensiver Roman über Liebe und Familie sein, aber statt im Ozean treibt der Leser im Pool. Niccólo und Erika Alessi leben mit ihren drei Töchtern, Großmutter und Tante das Leben einer typischen italienischen Groß-familie. Die Bande reißen, als die Töchter die Verantwortung für ihr Leben überneh-men müssen. Auch, weil sich eine nach der anderen in den Dichter Alessandro verliebt. Dragnics offener Erzählstil in drei Ebenen trägt zur Spannung bei, die zunehmende Lethargie ihrer Charaktere weniger. Durch die starke Raffung bleiben die emotionsge-ladenen Konflikte schemenhaft. So schwin-det der Reiz der Schicksalsgeschichte von Seite zu Seite. (ole)

Heins Erzählband versammelt leicht modi-fizierte antike Mythen, die „auf das Herz der Gegenwart zielen“. Das geht dann so: As klepios wird von Hades vors Götter-gericht gezerrt, denn der große Arzt ver-dammt die Sterblichen zu schrecklichem Siechtum in unnatürlich hohem Alter. Laut Hades eine Kompetenzüberschreitung: Die Hölle sei sein Metier und noch dazu gnä-diger. Fertig ist die feinsinnige Kritik an der Debatte High-Tech-Medizin contra Sterbehilfe. Wer so etwas mag, kann sich an knapp zwei Dutzend dieser Kleinode erfreuen. Der Rest der Leserschaft ver-kürze sich die Wartezeit auf Heins nächs-ten großen Wurf lieber mit einem seiner vielen guten Romane. (jd)

Nothomb ist eine Vielschreiberin, die sich gern in die eigenen Romane hin-eindichtet. Und sie antwortet auf Leser-briefe. In ihrem neuen Roman verwebt sie diese Eigenschaften auf unnachahm-liche Weise mit der Fiktion. Der US-Sol-dat Melvin Mapple beschreibt Nothomb, wie er im Irak mit seiner Fettsucht kämpft und diese als Taktik des Protests gegen den Wahnsinn des Krieges versteht. Ein Briefwechsel entspinnt sich, in dem die Schriftstellerin den Soldaten inspiriert, seine Fettsucht als Kunstprojekt zu doku-mentieren. Doch dann bricht der Kontakt unvermittelt ab. Nothomb macht sich auf die Suche nach Melvin und der Wahrheit hinter den Wörtern. (ts)

DaviD WagneR

lebenDeutsche Originalausgabe

David Wagner weiß ganz genau, worüber er schreibt. An der Grenze zum Tod schaut er sich das Leben sorgfältig an und verar-beitet diesen Grenzgang in einem autobio-grafischen Roman. Eine Lebertransplan-tation wird zur existenziellen Erfahrung, die Wagner in einer sehr direkten Sprache voller Humor und Melancholie beschreibt. Diese Sprache nimmt den Leser mit in ein Labyrinth aus Lebenslust und Lebensmü-digkeit, das der Ich-Erzähler größtenteils aus dem Krankenhausbett heraus in seinen Gedanken durchwandert. „Und zum Raum wird hier die Zeit. Und alles, ganz gleich, wie lange her und wie weit entfernt, ist auf einmal wieder da, ganz nah, zum Greifen nah, ich müsste es nur fassen.“ Und Wagner fasst zu – nach dem Leben. Distanziert und mit einem tapferen Trotz beschreibt er, wie sein Ich-Erzähler durch den Tod eines ande-ren sein Leben neu begreift. Gerade weil er die Gefühle und Erinnerungen ebenso wie den banalen Krankenhausalltag so detail-liert und ungefiltert protokolliert, trifft der Roman einen Lebensnerv. Wagners Thema geht uns an.Für dieses literarische Stillleben in 277 Abschnitten hat David Wagner im März dieses Jahres den Preis der Leipziger Buch-messe gewonnen. Er freue sich sehr, doch den eigentlichen Preis habe er schon bekom-men, sagte er. Denn am Ende des Buches steht das Leben. (ts)

Berührendes protokoll einer Krankheit, die den Leser mitnimmt auf einen grenzgang zwischen Leben und tod.

roWohlt, 288 Seiten, 19,95 euro auch als e-Book erhältlich

Buecher-maGazin.de

04·13 grandios

WiLLiaM t. voLLMann

Europe centralÜbersetzt von Robin Detje

SuhrKamp, 1028 Seiten, 39,95 euro, auch als e-Book erhältlich

Die Geschichte Europas im 20. Jahrhun-dert ist monströs. Auch für diejenigen, die sie zu fassen versuchen. Wie anders also könnte man über diese Geschichte schreiben als in Form eines Monumental-romans? „Europe Central“ ist genau das, und es gelingt Vollmann auf eindrucks-volle Art und Weise, die Monstrosität in einzelne Metaphern zu zerlegen und damit für den Leser greifbar zu machen. Er ver-meidet dabei die allzu simple Gleichsetzung von nationalsozialistischem und stalinis-tischem Terror. Es gelingt ihm, am zent-ralen Motiv des Telefons zu zeigen, wie die unheilvoll monströse Verbindung zwi-schen beiden Ismen menschliche Lebens-läufe beeinflusst. (ct)

Buecher-maGazin.de

04·13 grandios

Page 39: Bücher 04/2013

394·2013

HörbücHer | erzäHlungen & Romane

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LENa JohaNNSoN

Der Sommer auf usedomGelesen von Nadine Heidenreich

Nach „Dünenmond“, „Rügensommer“, „Himmel über der Hallig“ nun also „Der Sommer auf Usedom“. Wer angesichts dieser Titel mehr als kurzweilig-leichte Urlaubs-hörkost erwartet, ist selber schuld. Lena Johannsons Rezept ist so einfach wie vor-hersehbar: Man vermische Inselreize, etwas Romantik, unkomplizierte Dialoge, füge eine Prise Spannung sowie – in diesem Fall – eine flotte Lesung hinzu – und man erhält einen sommerlichen Cocktail für alle, die für die Entspannung im Strandkorb akustische Untermalung suchen. Nicht mehr, nicht weniger. Die Berlinerin Jasmin besucht auf Usedom ihre Freundin und ist überdies für einen Bilderzyklus auf Motivsuche. Sie wird von einem Mann beobachtet, mit dem sie einen Flirt beginnt. Viel gibt er allerdings nicht von sich preis. Dann erfährt sie, dass ein Kunstdieb die Insel unsicher macht …Der Roman versucht gar nicht erst, mehr als nur leichte Unterhaltung sein zu wollen und bietet in diesem Rahmen tatsächlich vier unterhaltsame Stunden. Vor allem dank Johannsons „Haussprecherin“ Nadine Hei-denreich, die locker und mit recht variabler Stimme liest (so berlinert sie gar gekonnt) – sowie in einem Tempo, das zeitweilige Län-gen des Romans kaschiert. (red)

Inselambiente + Flirt + gute Freundinnen + eine Prise Spannung + lockere Interpretati-on = leichte Sommerhörkost.

Luca DI FuLvIo

Das Mädchen, das denHimmel berührteGelesen von Philipp Schepmann

Über zehn Stunden können mitunter eine Geduldsprobe sein. Nicht so bei diesem Hörbuch. Die Zeit verfliegt, so sehr nimmt einen die Geschichte gefangen. Der junge Mercurio verdingt sich in Rom als Betrüger. Nach einer Messersteche-rei flieht er zusammen mit den Straßen-kindern Benedetta und Zolfo in Richtung Venedig. Auch der jüdische Überlebens-künstler Isacco, der sich als Arzt ausgibt, und seine Tochter Giuditta sind auf dem Weg dorthin. Ihre Wege kreuzen sich, und Mercurio und Giuditta verlieben sich. Doch Benedetta, ebenfalls in Mercurio verliebt, gönnt den beiden ihr Glück nicht. In Venedig trennen sich die Wege der Freunde. Mercurio schließt sich dem Ver-brecherkönig Scarabello an, Zolfo dem fana-tischen Mönch Amadeo. Benedetta wird die Geliebte des verrückten Fürsten Contarini und spinnt grausame Intrigen gegen Giu-ditta, die mit ihrem Vater ins Judenviertel verbannt wird. Faszinierend, wie authentisch Schepmann die vielen verschiedenen Charaktere verkör-pert. Die liebliche Giuditta mit der samtwei-chen Stimme kauft man ihm ebenso ab wie den rabiaten Scarabello mit seinem furcht-erregenden Grollen. (kek)

Eine abwechslungsreiche Story und ein ausgezeichneter Sprecher, der den hörer tief ins alte venedig eintauchen lässt.

auch als Buch bei Rütten & loening

erhältlich

auch als Buch bei Bastei lübbe

erhältlich

lüBBe aUdIo, gekürzte lesung, 621 minu-ten/8 Cds, 19,99 euro

RadIoRoPa hÖRBUCh, ungekürzte lesung, 244 minuten/4 Cds, 12,95 euro

Jojo MoyesEin ganzes halbes Jahr

Gelesen von Luise Helm u. a. Ungekürzte Lesung2 MP3-CDs (Laufzeit: 14 Stunden, 45 Minuten)€ 19,95 ISBN 978-3-8398-1234-1

»Diesen Roman

werden sich

Freundinnen

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empfehlen.« The Independent

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40 4·2013

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JaNE auStEN

northanger AbbeyGelesen von Eva Mattes

Was passiert: Die 17-jährige Catherine, von der „man nicht angenommen hätte, dass sie zur Romanheldin bestimmt war“, macht Ferien in Bath. Sie geht tanzen und spa-zieren und lernt andere junge Leute ken-nen. Manche von ihnen sind angenehmer, andere weniger angenehm, als sie auf den ersten Blick scheinen. Am liebsten ist ihr Henry Tilney, ein kluger und witziger jun-ger Gentleman. Sie ist beglückt, als Tilney und dessen Schwester sie auf den Famili-ensitz Northanger Abbey einladen, und am Boden zerstört, als der Vater der Geschwis-ter sie ohne Begründung hinauswirft. Was eigentlich passiert: Austen macht sich über Romane lustig, erzählt eine Liebesge-schichte und kritisiert die Oberflächlichkeit der englischen Oberschicht. Der moderne Konsument sei gewarnt: Der feinen, fremd-artig anmutenden Umgangsformen des 18. Jahrhunderts wegen ist der Plot so subtil, dass man wichtige Teile der Handlung ver-passt, wenn man einen Moment lang nicht hinhört, was Austens mitunter formelhafte Sprache erschwert. Doch die lebhafte, prä-zise und nuancierte Interpretation von Eva Mattes fesselt die Aufmerksamkeit des Zuhörers derart, dass Witz und Weisheit der Autorin voll zur Geltung kommen. (ed)

Nur dem ersten Eindruck nach zäh und spröde. Stellenweise noch heute so tref-fend, dass man laut auflacht.

GEorG BüchNEr

leonce und lenaMit Lotti Schwab, Thomas Thieme, Ruedi Walter, Michael Weber u. a.

Prinz Leonce von Popo ist einer jener jun-gen Männer, denen man zurufen möchte: „Suchen Sie sich eine Arbeit, Söhnchen!“ Das zukünftige Staatsoberhaupt vergeht vor Ennui und ist überhaupt eine Karikatur des verwöhnten Adligen. Er ist mit Prinzessin Lena von Pipi verlobt, aber der Gedanke an die Ehe widerstrebt ihm. Gemeinsam mit dem Trunkenbold Valerio flieht er Richtung Italien. Prinzessin Lena hat ebenfalls nicht die geringste Lust, einen Prinzen zu heira-ten, den sie gar nicht kennt – gemeinsam mit ihrer Gouvernante flieht sie Richtung Italien. Natürlich treffen sich die Ausrei-ßer, natürlich verlieben sie sich ineinander.Eine Satire auf den Adel, eine Parodie des Genres Lustspiel, drei Akte Spott. Der Text ist klug, dicht und poetisch, aber eben nicht ernst gemeint und daher schwierig mit Emo-tion zu füllen. Das gelingt vor allem Ann Höling als romantisch veranlagter Gou-vernante und Thomas Thieme als fauler, versoffener Valerio, der nichts fordert als „Makkaroni, Melonen und Feigen, musika-lische Kehlen, klassische Leiber und eine kommode Religion!“ Schwabs Lena klingt angenehm vernünftig, Webers Leonce bleibt leider konturlos. Walter aber, der Leonce‘ Vater gibt, ist eine königliche Karikatur. (ed)

Eine solide, recht konventionelle Interpre-tation eines schwierigen und schönen Stücks.

hILary MaNtEL

FalkenGelesen von Frank Stöckle

Thomas Cromwell ist dank seiner Unter-stützung für Anne Boleyn zum unangefoch-tenen Strippenzieher am Hofe Heinrichs VIII. aufgestiegen. Doch als auch Anne dem König keinen Thronfolger schenken kann und immer mehr in Ungnade fällt, noch dazu der König sich in die zurückhaltende Jane Seymour verliebt, ändert Cromwell seine Taktik. Es geht um das Wohl Eng-lands – und um die eigene Karriere.Frank Stöckle macht aus diesem Roman, für den man viele Vorkenntnisse und Ori-entierungsfähigkeit benötigt, ein gut hör-bares Hörbuch. Er kostet jeden Satz, jede Stimmung aus, ohne sich über den Text zu stellen und lässt sich Zeit, ohne den Hörer zu ermüden. Kurz: Er macht das Beste aus der Vorlage – mit der ich allerdings nicht „warm“ werden konnte, obwohl oder gerade weil ich schon viele Romane über Heinrich VIII. gelesen habe. Das durchgängige Prin-zip: Kaum ist man „drin“ und die Geschichte nimmt Fahrt auf, driftet die Autorin ins Sachliche ab, schreibt ellenlange Mono- oder Dialoge, springt hin und her zwischen den vielen Personen, für die der Verlag fast verheißungsvoll eine dreiseitige Auflistung ins Booklet gepackt hat. Meine Empfehlung gibt es durch den Sprecher. (bw)

Sechs cDs voller Intrigen und noch mehr Figuren, oft langatmig erzählt, aber durch den guten Sprecher hörenswert.

auch als Buchbeim

dtv erhältlich

auch als Buch bei Reclam erhältlich

auch als Buchbei

Reclam erhältlich

aUdIoBUCh VeRlag, gekürzte lesung, 454 minuten/6 Cds, 22,99 euro

aRgon VeRlag, ungekürzte lesung, 520 minuten/7 Cds, 34,95 euro

ChRIstoPh meRIan, hörspiel, 62 minuten/1 Cd, 13,95 euro

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414·2013

HörbücHer | erzäHlungen & Romane

( 4,85) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

( 4,9) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

BUeCheR-magazIn.de

04·13 Grandios

Die Handlungen krass, die Figuren extrem, eine gewaltige Familientragödie aus drei Pers-pektiven erzählt von drei guten bis sehr guten Sprechern: Susanne Wolff, Benno Fürmann, Axel Milberg, Letzterer wie immer variabel und äußerst virtuos. Doch passen die männli-chen Stimmen zu den Charakteren, die sie verkörpern? Die sich dramatisch zuspitzenden Geschehnisse drehen sich um die Familie des niederländischen Rektors und Mathematik-professors Siem Sigerius – ein Judokämpfer mit „büffelartigem“ Körper, präsentiert von Milbergs eher feiner Stimme. Das korrespondiert nicht. Der wenig selbstbewusste, labile Freund der Tochter präsentiert von Fürmanns dunkler markanter Stimme. Das verwirrt. Ganz unabhängig von der ausgezeichneten Sprechleistung.Die Geschichte – extraordinär und faszinierend. Die Charaktere – extravagant und über-spannt, dennoch mit Charakterzügen, die jeder aus dem Alltag kennt. Der bullige Rektor hat scheinbar alles im Griff. Bis seine Kinder sein Leben zum Einsturz bringen: ein kri-mineller Sohn aus erster Ehe und eine Toch-ter auf sexuellen Abwegen, deren Freund am Ende psychotisch. Die Explosion einer Feu-erwerksfabrik rüttelt die Patchwork- Fami-lie durcheinander. (sta)

„‚Dreck‘ von David Vann“ – Christian Brückner hat noch keine Zeile des Romans gele-sen und dennoch ist man ihm bereits verfallen, nachdem er diese vier Worte vorgetragen hat. Diese Stimme, dieser Klang, diese Aura, dieses Charisma. Brückner zu hören ist ein Hochamt literarischer Ästhetik. Hier trifft seine Gabe zudem auf einen begnadet verfass-ten Roman. Die Anordnung der Figuren läuft unweigerlich auf eine Tragödie hinaus: eine demente Großmutter, ihre beiden Töchter Suzie-Q und Helen, die sich das Leben schwer machen, wie es nur Schwestern können, der 22-jährige Galen, ein Mama-Söhnchen, in seinen Begrenzungen, Begierden und Hoffnungen aussichtslos verstrickt, der erotischen Anziehungskraft seiner fünf Jahre jüngeren Cousine Jennifer willenlos verfallen. Brückners Stimme durchschreitet die Täler menschlicher Tragik. Er belässt die Nichtig-keiten der Welt in ihrer Banalität, wütet durch familiäre Beziehungen. Er lässt Erotik pri-ckeln, Angst fühlen, Verachtung schmerzen. Er zieht den Hörer in die zerstörerische Aus-einandersetzung von Mutter und Sohn, in ein Kammerspiel der Grausamkeit, aus der es kein Entrinnen gibt. Erst recht nicht für den Hörer. Brückners Greinen, Jammern, Keu-chen, Krächzen ist große Kunst! (kn)

PEtEr BuwaLDa

bonita AvenueGelesen von mehreren Sprechern

Keine leise Geschichte, dennoch viele Zwischentöne. Ein ausgesprochen gewal-tiges hörvergnügen!

Ein hochamt literarischer Ästhetik ist das Ergebnis, wenn „the voice“ unnachahm-lich einen grandiosen roman interpretiert.

auch als Buch/ e-Book bei

Rowohlt erhältlich

auch als Buch/ e-Book bei suhrkamp

erhältlich

PaRlando, ungekürzte lesung, 460 minuten/6 Cds, 24,99 euro

Random hoUse aUdIo, gekürzte lesung, 900 minuten/12 Cds, 29,99 euro

DavID vaNN

DreckGelesen von Christian Brückner

BUeCheR-magazIn.de

04·13 Grandios

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Page 42: Bücher 04/2013

42 4·2013

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( 4,95) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

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04·13 Grandios

aStrID roSENFELD

elsa ungeheuerGelesen von Robert Stadlober

Karl ist acht Jahre alt, als sich seine Mutter das Leben nimmt. Die Trauer seines Vaters mündet in eine heftige Alkoholsucht. Karl und sein großer Bruder Lorenz wachsen in der Obhut der uralten katholischen Haushäl-terin und des Dauergastes Herrn Murmel-stein auf – mit dem „armen Herzjesulein“ und pornografischen Gute-Nacht-Geschich-ten. Dann kommt Elsa, elf Jahre alt, gefähr-lich und vollkommen. Karl weiß, dass er ihr immer folgen wird. Rosenfeld erzählt die Geschichte eines Mädchens mit einem bedrückenden Geheimnis und eines Künst-lers in einer korrupten Welt aus der Pers-pektive des ewigen kleinen Bruders. Karl ist ein fettes, unscheinbares Kind ohne Selbst-bewusstsein. Seine Stärke ist seine unbeirr-bare Liebe zu Elsa und seinem Bruder, die auch dann bestehen bleibt, als Lorenz zwi-schen die Zahnräder der Kunstmaschinerie gerät. Der Ich-Erzähler möchte selbst auf Koks nichts anderes, als dass es den Men-schen um ihn herum gut geht, und Stad-lober legt diese Sehnsucht in seine raue Stimme. Sein Karl klingt melancholisch und hoffnungsvoll und so bodenständig, wie es sich für jemanden gehört, der in einem Bei-nahe-Hotel in der Oberpfalz aufwächst, in dessen Erdgeschoss ein Esel wohnt. (ed)

Ein bewegender, auf sanfte weise skurriler text, dessen Stimmung der Sprecher wun-derbar trifft.

JENS uND JoErG FIEBacK

napoleon und die Völkerschlacht Gelesen von Torsten Münchow u. a.

Dieses opulent inszenierte Geschichts-Fea-ture versetzt den Zuhörer mitten ins Kampf-geschehen der Leipziger Völkerschlacht 1813 – und die Zeit, in der sie stattfand. Ein intensives Hörerlebnis mit Fakten, Pathos, einem wuchtigen Geräuschteppich und filmreifer Musik. Und das mit Tors-ten Münchow einen Erzähler hat, dessen Stimme so selbstbewusst klingt, als würde er keinen Widerspruch dulden. Die deut-sche Synchronstimme von Brendan Fraser sorgt vom Fleck weg für klare Verhältnisse und brennt die Ereignisse in die Gehör-gänge. Doch auch die anderen Sprecher, vor allem Holger Handtke als Napoleon, fügen sich mit ihrer Spielfreude in das durchweg packende Hörerlebnis ein. Jens und Joerg Fieback beschränken sich aber nicht nur auf die Völkerschlacht, son-dern gehen auf zwei CDs und in dem 24-sei-tigen Booklet auf den Aufstieg Napoleons, dessen Debakel des Russlandfeldzugs von 1812, das Mächtespiel in Europa zu jener Zeit sowie Napoleons zweifache Verban-nung ein. Dazu jede Menge hochinteres-santes Hintergrundwissen. Hätten Sie bei-spielsweise gewusst, dass in jenen Tagen die deutschen Nationalfarben entstanden sind? (bär)

Lebendig, spannend und informativ: die völkerschlacht zum „anfassen“ und im geschichtlichen Kontext.

JEaN-hENrI FaBrE

Die schwarzbäuchige TarantelGelesen von Gert Heidenreich

„Kommen wir nun zu meinen recht unter-haltsamen Taranteljagden.“ Wer einen Ver-nichtungsfeldzug erwartet, wird enttäuscht. Vorsichtig lockt der Entomologe Fabre die Taranteln aus ihren Höhlen, mal mit einem Stöckchen, mal mit einer lebenden Hum-mel als Köder. Fabre (1823 – 1915) gehörte einer Wissenschaftlergeneration an, die ihre Forschungsobjekte nach menschlichen Maß-stäben beurteilte. Das widerspricht heu-tigen wissenschaftlichen Standards, hört sich aber sehr unterhaltsam, zumal Fabre wunderbar formuliert, wenn er etwa den „Sterbegesang“ der Hummel beschreibt. Die Aufmerksamkeit, die Empathie, gar Bewunderung, die der Entomologe Insekten entgegenbringt, führen unweigerlich zu dem Entschluss, in Zukunft selbst jedem Gegen-über solche Sorgfalt zuteilwerden zu lassen. Heidenreich ist hierfür der beste denkbare Sprecher, auch, weil er nach der Mitarbeit an vielen Dokumentationen weiß, wie man selbst Sachtexte aufregend gestaltet. Das Mitgefühl, das aus den Worten Fabres spricht, liegt auch in Heidenreichs Stimme. Beunruhigend sind die elektroakustischen Untermalungen von Robert Rehnig: Das Krabbeln, Flattern und Zirpen versetzt uns direkt in die Höhle der Spinne. (ed)

So freundlich, komisch und poetisch wie in diesem Kleinod sind Spinnen wohl selten beschrieben worden.

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zeItBRüCKe VeRlag, Feature, 135 minuten/ 2 Cds, 14,95 euro

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Krimis & Thriller

Kulinarische Krimis

Kniddel und KönigMit Autor Tom Hillenbrand durch Luxemburg zu streifen, bedeutet am Nachmittag mit fettigen Grom-perekichelcher in der Hand auf dem Marktfest zu stehen und am Abend Gänsestopfleber im Sterne-Restaurant zu kosten. Lecker. Von meiKe dannenberg

Koch Xavier Kieffer ist nicht gerade das, was man einen typischen Mordermittler nennen könnte. Der Luxemburger aus der

Feder Tom Hillenbrands ist einer guten „Bou-neschlupp“ nie abgeneigt und auch sonst eher gemütlich. Und dennoch: Leichen pflastern buchstäblich seinen Weg. Es ist der dritte Fall und der dritte tote Mensch, den in Xavier Kief-fers Umfeld mit Nachdruck das Zeitliche seg-net – nebst einigen Randfiguren während sei-ner detektivischen Recherchen. Im ersten Band um den Feinschmecker-Detektiv kippt ein Kri-tiker des bekannten „Guide Gabin“ (eine unver-hohlene Anspielung auf den Guide Michelin) in Kieffers Restaurant tot um.

Der nächste Tote – Kieffer hätte sich lieber erst einmal von den Ermittlungen erholt, wird aber fast genötigt, seine empfindliche Nase auch in diese Angelegenheit zu stecken – ist ein Sushi-Meis-ter, der, während er ein Menü für seine exklusi-ven Gäste zubereitet, von einem tödlichen Tin-tenfischgift gelähmt wird und verbleicht.

Und nun wird im dritten Krimi in Luxemburg ein Gast des Schueberfouer, dem luxemburgischen Äquivalent des Oktoberfests, nach dem Besuch an Kieffers Gromperekichelcherstand von der Rou-der Bréck gestürzt.

Gromperen heißen Kartoffeln auf Luxembur-gisch, der Rest ergibt sich durch Lautmalerei. Lët-zebuergesch hat einen an Deutsch und Französisch erinnernden Klang, und ist eine der drei Amts-sprachen des Großherzogtums, und weil Hillen-brand selbst Deutscher ist, flicht er die Sprache so ein, dass auch ein Leser, der ihr nicht mäch-tig ist, versteht, was gemeint ist. Auf Genauigkeit muss er achten, denn bisher stand jeder seiner „Kieffer-Romane“ auf Platz eins der Bestseller-listen des kleinen Staates mit nur rund einer hal-ben Millionen Einwohner.

Warum Luxemburg? „Weil es noch frei war“, lacht Hillenbrand, aber wer in der Stadt unter-wegs ist, begreift nicht nur die außergewöhnliche Lage des Großherzogtums zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien und die teils düsteren historischen Hinterlassenschaften der Jahrhun-derte währenden Befestigungen, sondern auch die Schönheit der Altstadt im Zusammenspiel mit der Moderne. Die Festungsstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, der moderne Bau der Kunsthalle MUDAM von Stararchitekt Ieoh Ming Pei ist ein Kunstwerk für sich. In Luxemburg findet

Foto

: Dirk

Gul

dner

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44 4·2013

man ein hochkonzentriertes, gleichzeitig klein-städtisches und doch multikulturelles Ambiente – eine Mischung, die auch beim Lesen Spaß macht.

Die vielen lokalen Spezereien, für die Koch Kieffer ein besonderes Herz hat, machen Lust auf luxemburgische Küche. In seinem Restau-rant, dem „Deux Eglises“, oder „Zwou Kierchen“ wie die Einheimischen sagen, serviert er nahezu ausschließlich lëtzebuergesche Spezialitäten, eine bodenständige Küche mit Bohneneintopf (Boune-schlupp), Rieslingpaschtéit und Quetscheflued, die dem ehemaligen Sternekoch Kieffer mehr mundet als französische Foie gras oder Ortolan. Dieses eigenwillige Mahl, bei dem ein kleiner gemäste-ter Singvogel, die Fettammer, im Ganzen verzehrt wird, nachdem sie zuvor in Armagnac ertränkt wurde, beschreibt Hillenbrand in „Rotes Gold“ en détail – und auch Kieffers Widerwillen gegen die gruselige Delikatesse.

Hillenbrand sagt von sich selbst: „Ich esse alles!“ Zumindest probiert er alles und kennt sich aus-gezeichnet in der Gastronomie und mit Lebens-mitteln aus. Deshalb sind die Kriminalfälle in den Geschichten auch jedes Mal noch mehr mit dem Essen an sich verbunden, als nur durch einen Koch, der ermittelt und dabei lecker speist: Es geht um Lebensmittelpanschereien, um Sushi-Indus-trie und nun in „Letzte Ernte“ unter anderem um Termingeschäfte mit Grundnahrungsmitteln.

Koch, Kein börsenhändlerSchon in „Teufelsfrucht“, als Xavier Kieffer

den Tod des Gastro-Kritikers nach Verzehr der von ihm zubereiteten Vorspeise ein wenig persön-lich nimmt, ist Analog-Käse und die bunte Welt der künstlichen Aromen ein gelungener Kontrast

zu der „realen“ Küche des Luxemburger Kochs. Hillenbrand war Wirtschaftsredakteur und Res-

sortleiter bei SPIEGEL online, bevor er begann, sich mehr auf seine Krimis zu konzentrieren. Er recherchiert gewissenhaft.

In „Rotes Gold“ schreckt die Thunfisch-Mafia, die den inzwischen nahezu ausgestorbenen wert-vollen Blauflossenthun gerne mit dubiosen Zucht-methoden herstellen statt fangen will, in Gold-gräberstimmung nicht davor zurück, anderen das Wasser abzugraben. Züchtungsversuche mit Hormonfutter und Antibiotikasättigung im Fisch, Sushi-Roboter – Sushi aus einer der zahlreichen Fastfood-Ketten, die mit japanischer Tradition wenig am Hut haben, schmeckt nach dieser Lek-türe nach Fischwürfelfabrikabfall aus Fließband-herstellung. Was es wohl auch ist.

Und jetzt wird in dem neuen Krimi „Letzte Ernte“ mit Lebensmitteln spekuliert. Dass die Termingeschäfte mit Feldfrüchten sogar seine Gromperekichelcher auf dem Schueberfouer ganz schön teuer machen können, merkt Xavier Kief-fer, als seine bevorzugten Gromperen (Bio-„Rose de France“ aus der Auvergne) plötzlich starken Preisschwankungen ausgesetzt sind. „Mensch Wolfgang. Ich bin Koch, kein Börsenhändler“, schnauzt er seinen Lieferanten an.

Doch das ist erst der Auftakt zum Thema des neuen Romans, das sich über die Termingeschäfte mit Rindfleisch, wie sie Kieffers Freund, der Fern-sehkoch und Scharlatan Esteban betreibt, bis zu der Frage, wie denn eigentlich der ärmere Teil der Weltbevölkerung von Lebensmittel-Spekulanten in den Hunger getrieben wird, fortsetzt.

Tatsächlich ist der Tote von der Rouder Bréck selbst bis zum Hals in die Kontrolle und Manipu-lation dieser Termingeschäfte verwickelt.

Und Kieffer taucht bei seinen Ermittlungen ein in die Welt der Finanzmagnaten des Börsen-parketts, von denen einige ihren Firmensitz in Luxemburg haben. Er lernt etwas über Hacker und Algorithmen (alles zunächst überhaupt nicht sein Metier) und versucht seine Freundin, die Che-fin des Guide Gabin, Valérie, vor finsteren Gestal-ten zu beschützen. Nicht ohne dabei nicht auch selbst in Gefahr zu geraten. Der Kriminalfall ist, erleichternd bei so viel Essen und Lokalkolorit, in allen drei Romanen auch noch spannend. Es ist keineswegs immer so, wie zunächst vermutet.

Wehrmauern und glasfassadenGeld und Europa. Die niedrigen Mehrwert-

und Unternehmenssteuern haben auch Amazon, Google, Dropbox, PayPal und andere New Eco-nomy-Ableger in die charmante Stadt verschla-gen. Und die Rouder Bréck spannt sich in Luxem-

Tom hillenbrand:letzte ernte - Xavier Kieffers dritter FallKiepenheuer & Witsch, 320 Seiten, 8,99 Euro Auch als E-Book erhältlich

hörbuchGelesen von Gregor Weberaudio media, ca. 300 Min./4 CDs, 16,99 EuroErstverkaufsdatum: 20. Juni

BÜCHER verlost je fünf Bücher und Hörbücher von „Letzte Ernte“ (Kiepenheuer & Witsch/audio me-dia). Einfach mitmachen und mit ein bisschen Glück gewinnen. Teilnahmebedingungen auf S. 3.

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Krimis & Thriller

burg Stadt zwischen dem älteren Teil der Stadt und den aufragenden Glasfassaden des Kirch-bergs, auf dem unter anderem auch der Europäi-sche Gerichtshof und der parlamentarische Dienst des Europaparlaments sitzen.

Tom Hillenbrand, der Europapolitik studiert hat, absolvierte deshalb in Luxemburg ein Prak-tikum, bevor er Journalist wurde. Damals seien die Übersetzungen – jedes Protokoll wird in alle 18 Amtssprachen Europas übersetzt – noch in sil-bernen Büro-Containern zwischen Brüssel, Straß-burg und Luxemburg hin und her gekarrt worden, erzählt er. „Heute ist das hoffentlich alles digi-tal“, grinst er mit einem Blick auf die modernen Gebäude. „Und damals hat das vermutlich auch schon keiner gelesen.“

Auch sinnbildlich passt diese Brücke also zum Krimi, in dem Tradition auf Moderne trifft.

Xavier Kieffer hat sein Restaurant in der Unter-stadt, die tief im Alzette-Tal liegt, flankiert von einem großen Kloster und hohen Steilhängen, mit Jahrhunderte alten Wehrmauern. In der Oberstadt liegt der Stadtpalast des Großherzogs, ebenso wie das Parlament. Zwischen schmucken Fassaden und in den kleinen Gassen wehen Fetzen von Französisch, das neben Lëtzebuergesch Umgangs-sprache ist. Die Menschen sitzen zum Essen auf einem der vielen Marktplätze, zum Beispiel bei der Brasserie Guillaume am „Knuedler“, wie die Einheimischen den Place Guillaume II nennen, oder direkt daneben bei der Pâtisserie Kaempff & Kohler, die unter anderem französische Tartes und Madeleines offerieren. „Und überall hängt der Chef“, lacht Tom Hillenbrand und zeigt auf die Konterfeis des Herrscherpaares, die wirklich hin-ter jedem Tresen, jeder Hotelrezeption und sogar – in moderner Holzschnittvariante im MUDAM die Wand schmücken. An der Mosel wird Wein angebaut. Eine beliebte Rebsorte neben Rivaner und Pinot Gris: Auxerrois. Und Crémant wird hier nach traditioneller Methode, also der Fla-schengärung dem Champagner gleich, hergestellt, und überall so selbstverständlich angeboten, wie in Deutschland ein Schoppen. Hier gibt es etliche Restaurants mit Michelin-Stern, zwölf waren es in Luxemburg letztes Jahr, eine höhere Dichte, als sonst irgendwo. Beim großherzoglichen Hofliefe-ranten Pâtisserie Oberweis liegen Hunderte Pra-linen, Macarons in allen Farben von poppig bis pastell und kunstfertige Törtchen neben deftigen Pasteten in den Kühltresen. Franzosen, Italiener, und Portugiesen haben zur Landesküche und Gas-tronomie beigetragen, deutsche Hausmannskost hat hier ebenfalls Tradition, so sind „Kniddel“, also Klöße, Nationalgericht. Ein Luxemburger Krimi muss vom Essen handeln! Fo

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Page 46: Bücher 04/2013

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kulinarische Krimis & Thriller

Jean-Luc BannaLec

Bretonische BrandungDeutsche Originalausgabe

Der Krimi lädt in die Bretagne ein, wo alles besonders ist: das Licht, vor allem wenn man von der Küste oder von den winzi-gen vorgelagerten Inseln über den Atlan-tik Richtung Westen schaut, die Gezeiten, das Wetter und die Menschen, die im Ein-klang mit dem Meer leben. Es gibt Delfine, die Forscher, Taucher, Segler, Fischer und Schatzsucher begleiten. Und es gibt Kom-missar Dupin, den es von Paris hierher ver-schlagen hat. Nach vier Jahren ist er immer noch der „Neue“ in dieser verwunschenen Gegend, und mit seinen außerbretonischen Augen lernen die Leser das „Ende der Welt“ näher kennen. Vor einem Jahr machte der erste Band um den koffeinsüchtigen Kom-missar Furore: „Bretonische Verhältnisse“. Seitdem wird gerätselt, wer sich hinter dem Pseudonym des Autors Jean-Luc Bannalec verbirgt. „Die Welt“ tippte auf Jörg Bong, Chef des S. Fischer Verlags. Bestätigt wurde das bisher aber nicht. Im zweiten Band wer-den nun die Leichen von drei Männern auf einer der winzigen Inseln angespült, sodass Dupin, der als Küstenkommissar ausgerech-net eine Art Bootphobie hat, dauernd mit irgendwelchen Schiffen unterwegs ist. An Land aber gibt es leckeres Essen und vor allem jede Menge Kaffee, sodass der Kopf des kauzigen Kommissars schließlich doch auf Hochtouren läuft. (sc)

eher atmosphärisch als superspannend oder raffiniert. ein urlaubsschmöker, der Lust auf die Bretagne macht.

Als Hörbuch bei DAV erhältlich

Als Hörbuch bei Diogenes erhältlich

Als Buch bei Emons erhältlich

KiEpEnHEuEr & WitscH, 352 seiten, 14,99 Euro Auch als E-Book erhältlich

PauL Lascaux

schokoladenhölleDeutsche Originalausgabe

Martin WaLker

Femme fataleÜbersetzt von M. Windgassen

GmEinEr, 230 seiten, 9,99 Euro Auch als E-Book erhältlich

DioGEnEs, 432 seiten, 22,90 Euro Auch als E-Book erhältlich

Donna Leon

Tierische ProfiteÜbersetzt von W. Schmitz

carsten s. Henn

HenkersmahlzeitGelesen von J. von der Lippe

DioGEnEs, 352 seiten, 22,90 Euro Auch als E-Book erhältlich

Auch Bern hat einen Sherlock Holmes. Wenn die Kantonspolizei nicht weiter-kommt, kommt Detektiv Heinrich Mül-ler zu Hilfe. Wer dabei durch eine Schoko-ladenhölle gehen muss, bleibt offen. Die süßen Verkostungen eines Confiseurs in Müllers Stammbar kommen gut an. Zwar wird ein Zuckerbäcker tot über seiner Marzipankreation gefunden und auch ein zuvor ermordeter Banker könnte in Kakao-Warentermingeschäfte verstrickt sein, aber die Ermittlungen von Müller gehen in ganz andere Richtungen. Lascaux scheint es kulinarisch wie sprachlich opulent zu mögen. Immer wieder sorgen pathetische Lebensweisheiten für einen halbbitteren Geschmack des sonst fluffigen Texts. (ole)

Den schottischen Autor Martin Walker hat es ins schöne Périgord verschlagen. Von dort schreibt er vergnüglich-kluge Krimis über das Lebensgefühl und die interessanten Menschen, die ihm in der schönen Land-schaft begegnen. So wie sein Held Bruno, der den Gendarmen seines Heimatstädtchens zum Vorbild hat. Der ausgefuchste Dorfpoli-zist ist Junggeselle, kocht ausgezeichnet und ist bei den örtlichen Damen sehr begehrt. Im bereits fünften Fall der Reihe treibt eine nackte weibliche Leiche in einem Boot den Fluss herab, daneben ein Hahnenkopf und schwarze Kerzen. Das Opfer einer satanis-tischen Orgie? Oder hängt ihr Tod mit dem riesigen Tourismusprojekt zusammen, das die Bewohner der Region spaltet? (mpö)

Der Mann auf dem Obduktionstisch ist nicht nur durch Schläge entstellt, und Commis-sario Brunetti hat ihn schon einmal gese-hen. Nach der Leichenschau aber wird erst einmal gut gegessen: Brioches, Jacobsmu-scheln, Grissini und Fischsuppe. Dazu ser-viert Leon Belehrungen über Fleischverzehr und die Auswirkungen der Rinderzucht auf Umwelt und Verbraucher. Dabei hätte man lieber mehr über diesen traurigen, seltsam deformierten Mann erfahren, der erst ster-bend in einem Kanal und dann im Leichen-schauhaus gelandet ist. Und muss unbedingt ein Mord her, um die tierischen Profite kri-mineller Fleischhändler anzuprangern, die uns der Titel unter die Nase reibt? (ub)

Man nehme zwölf kulinarische Kurzkrimis, würze sie mit reichlich rheinländischem Lokalkolorit und schwarzem Humor – fer-tig ist der Hörgenuss. Es läuft einem zwar nicht das Wasser im Munde zusammen, wenn Leichen im Bärlauch, im Sternerestau-rant oder im Weinkeller liegen. Dafür macht Jürgen von der Lippe mit seinen flotten Dia-lekten, Nuschlern und Lisplern Appetit auf mehr. Der TV-Moderator muss nahezu 30 Charaktere vertonen und löst dies mit Bra-vour. Nur in seiner „normalen“ Erzähler-stimme klingt er gelegentlich gelangweilt. Dennoch vergehen die drei Stunden Hör-zeit wie im Schnellkochtopf. (ole)

Auch als Hörbuch bei Diogenes

erhältlich

( 4,0) umsEtzunGinHAltAusstAttunG

Emons, gekürzte lesung, 189 minuten/ 3 cDs, 16,80 Euro

Page 47: Bücher 04/2013

474·2013

Krimis & Thriller

Das letzte Werk Des james m. cain

raffiniertes LuderIm Berliner Metrolit Verlag ist in deutscher Erstausgabe „Abserviert“ erschienen, der fast vier Jahrzehnte lang verschollene letzte Roman von Kult-Autor James M. Cain. von Katharina Granzin

james m. cain: abserviertÜbersetzt von Simone Salitter und Gunter Blank Metrolit, 351 Seiten, 22,99 Euro

es ist sehr selten, dass sich das Nachwort zu einem Krimi fast so spannend liest wie der Roman selbst. Aber das späte posthume Erscheinen des letzten Romans des

Erfolgsschriftstellers James M. Cain, Autor von „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ und „Doppelte Abfindung“, ist ja auch eine kleine literaturhistorische Sensation. Cain, Genrekollege und Zeitgenosse von Raymond Chandler und Dashiell Hammett, schrieb sein Alterswerk „Abserviert“ – eine raffiniert erzählte Geschichte über eine attraktive junge Frau, deren Männer fatalerweise immer sterben – um das Jahr 1975 herum. 1977 starb der Autor im Alter von 85 Jahren, ohne die Arbeit am Manuskript beendet zu haben. Der notorische Um- und Neuschreiber hinter-ließ einen beträchtlichen Berg an Papieren, darunter auch zahlreiche Versionen von „Abserviert“ (Originaltitel: „The Cocktail Waitress“). Doch da sich offenbar niemand um eine systematische Sichtung des Nachlasses bemühte, wurde der Roman erst geschlagene 35 Jahre nach dem Tod seines Autors veröffentlicht. Charles Ardai, Jäger des verschwun-denen Manuskripts und Herausgeber der Pulp-Reihe „Hard Case Crime“, wo Cains Roman 2012 erschien, schildert in seinem Nachwort plastisch, wie, nachdem alle Recherche nichts gebracht hatte, erst ein glücklicher Zufall das ver-schollene Textkonvolut zutage förderte, und wie schwie-rig die Lektoratsarbeit an einem Manuskript war, dessen Autor vor Vollendung des Werks verschieden ist. Denn obzwar der Roman durchaus ein Ende hatte, hielt Cain offenbar keine der bis zu seinem Tod erarbeiteten Versio-nen schon für veröffentlichungswürdig.

Natürlich ist dergleichen reine Spekulation, aber mögli-cherweise zögerte Cain auch deshalb mit der Publikation, weil er selbst spürte, dass der Roman, den er geschrieben hatte, im Kontext der gesellschaftspolitisch sensiblen Sieb-zigerjahre reichlich anachronistisch war. Wüsste man nicht um die Entstehungsgeschichte, würde man ohne Weiteres annehmen, dass „Abserviert“ zur ungefähr selben Zeit entstand wie Cains berühmter Noir-Klassiker „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ von 1934, so unbeschadet transportiert der Roman historisch überholte Geschlech-terstereotypen. Auf der anderen Seite ist „Abserviert“ ein hervorragendes Beispiel dafür, was die Figur des Luders, oder dessen vornehmere Variante, die Femme fatale, wie sie auch Chandler einzusetzen liebte, für den Kriminalro-man zu leisten vermag. Cains Einfall, die Kellnerin Joan den Lesern ihre Geschichte als Ich-Erzählerin selbst aufti-

schen zu lassen, macht zu einem raffiniert doppelbödigen Erzählspiel, was im anderen Fall eben nur eine etwas aus der Zeit gefallene Ludergeschichte geworden wäre (Cain hatte die ersten hundert Seiten schon in der dritten Per-son geschrieben, bevor er sein Konzept änderte). Joan tut selbstverständlich alles, um sich den Lesern als zu Unrecht verdächtigte Unschuld zu präsentieren. Zwar ist es insge-samt recht auffällig, dass alle Männer, mit denen Joan in intimem Kontakt gewesen ist, über kurz oder lang das Zeit-liche segnen. Doch da man als Leser stets geneigt ist, sich mit Ich-Erzählern zu identifizieren, und die Geschichte der Kellnerin sehr konsistent ist, ist es eine vollkommen natürliche Reaktion, Joan Glauben zu schenken. Auch nach dem überraschenden Ende aber bleibt ein Restzweifel: Hat sie nicht doch …? Wir selbst müssen entscheiden, ob wir der Dame vertrauen oder nicht. So hat James M. Cain als letztes literarisches Vermächtnis ein Rätsel hinterlassen. Ziemlich cooler Abgang.

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Page 48: Bücher 04/2013

48 4·2013

Chase Novak

BreedÜbersetzt von Bernhard Kleinschmidt

Nachdem der reiche New Yorker Anwalt Alex Twisden seine Frau Leslie zu einem dubiosen Arzt nach Slowenien gebracht hat, geht ihr Kinderwunsch mehr als dop-pelt in Erfüllung. Nach erstaunlich kur-zer Schwangerschaft bringt Leslie die Zwillinge Alice und Adam zur Welt – und auch noch etwas anderes, was man in der Klinik beiseiteschafft. Doch nicht die Brut der Twisdens soll hier für Schre-cken sorgen, sondern die Entwicklung der Eltern. Nach der Fruchtbarkeitskur bei Doktor Kiš entwickeln sie unheimli-che Gelüste und scheinen nicht nur ihre Kinder zum Fressen gern zu haben. Lei-der zeigt „Breed“ seine Monster zu früh, zu deutlich und zu oft und baut sie mit Motiven aus der Klamottenkiste des Gen-res auf. Während gute Horror-Romane von der Verkörperung realer und aktuel-ler Ängste leben, zeigt dieses Buch, dass ein Patchwork aus alten Stereotypen noch keine Monster hervorbringt.Unter seinem richtigen Namen Scott Spen-cer hat Chase Novak erfolgreiche und von der Kritik gelobte Romane wie „Während des Stums“ geschrieben. Als Horror-Autor schreibt er schauderhaft schlecht, denn es reicht nicht, seine Gestalten viel brül-len zu lassen, um starke Gefühle zu ver-mitteln. (ub)

Nach einer dubiosen Fruchtbarkeitskur entwickeln sich nicht die Wunschkinder der Twisdens unheimlich, sondern sie selbst.

Zeitsprünge, unterschiedliche Erzählebenen und Einblicke in die Gedankenwelt des meist geistesgestörten Täters (erkennbar an den kursiv gesetzten Textpassagen) gehören inzwi-schen fast schon zum guten Krimi-Ton. Insofern kommt Magnus Montelius’ Debütroman zunächst recht altmodisch daher, der auf all das verzichtet und seine Geschichte ruhig und geradlinig erzählt: Kurz nach dem Ende des Kalten Krieges wird in Stockholm ein vermeint-licher albanischer Flüchtling ermordet. Doch der Journalist Tobias Meijtens, ein ziemlich erfolgloser Hänger, der sich mit Aushilfsjobs und schlecht bezahlten Artikeln für „Jagd und Hund“ durchs Leben schlägt, erfährt, dass es sich bei dem Toten in Wirklichkeit um Erik Lindmann handeln soll, einen in den 60er-Jahren enttarnten schwedischen Sowjetspion. Gemeinsam mit seiner Kollegin Natalie macht er sich daran, die Hintergründe dieses Spi-onagefalls zu enthüllen, was ihn zum einen bis in die oberen Ebenen der schwedischen Politik führt, zum anderen zu den Überbleibseln linksradikaler politischer Bewegungen der 60er- und 70er-Jahre. Kluger, unprätentiöser und gleichzeitig ungemein spannender Polit-krimi über die Karrierewege ehemaliger Mit-glieder linker Splittergruppen und ihre Ver-flechtungen mit der Macht. (uk)

Die 81-jährige Adelaide Lyle weiß, was sich in der Kirche mit den verhängten Fenstern in dem kleinen Ort Marshall im Westen von North Carolina abspielt. Deshalb hat sie sich von der Gemeinde zurückgezogen und mit dem charismatischen Prediger Carson Chambliss ausgehandelt, dass Kinder dem Gottesdienst nicht mehr beiwohnen. Der neunjährige Jess Hall wüsste hingegen zu gern, was sich hinter den zugeklebten Scheiben ereignet. Seine gläubige Mutter hat seinen stummen älteren Bruder dorthin mitgenommen – und was er heimlich durch einen Schlitz im Fenster beobachtet hat, macht ihm große Angst.Im Zusammenspiel der wechselnden Perspektiven der moralischen Adelaide, des kindli-chen Jess und schließlich des pragmatischen Sheriffs Clem Barefield entwickelt Wiley Cash in seinem Debüt die Handlung ruhig und souverän. Der in North Carolina geborene Autor offenbart den Einfluss des Glaubens, der Armut und der Einsamkeit auf die Mentalität der Figuren. Dadurch schafft er ein wechselvolles Porträt einer ländlichen Region in den Appa-lachen. Während das eigentliche Verbrechen und dessen Hintergründe schnell zu erahnen sind, entfaltet die Geschichte durch die raue Atmosphäre sowie die sorgfältigen Charak-terzeichnungen ihren Reiz. (sh)

MagNus MoNTelius

Ein Freund aus alten TagenÜbersetzt von Paul Berf

Wiley Cash

Fürchtet euchÜbersetzt von Ulrike Wasel, Klaus Timmermann

PiPer, 400 Seiten, 19,99 Auch als e-Book erhältlich

S. FiScher, 345 Seiten, 9,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Als hörbuch bei hoffmann und

campe erhältlich

hoFFmAnn und cAmPe, 349 Seiten, 19,99 euro Auch als e-Book erhältlich

schwedenkrimi einmal anders: kluger und sehr spannender spionageroman über das land im kalten krieg und danach.

ein stimmungsvoller Country Noir mit einem spannenden showdown, der von den fatalen Folgen des irrglaubens erzählt.

Page 49: Bücher 04/2013

494·2013

BüchEr | Krimis & Thriller

Als hörbuch bei random house Audio erhältlich

PaTríCia Melo

LeichendiebÜbersetzt von B. Mesquita

raiNer WiTTkaMP

schneckenkönigDeutsche Originalausgabe

TroPen, 208 Seiten, 18,95 euro Auch als e-Book erhältlich

grAFiT, 252 Seiten, 9,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Derek B. Miller

Ein seltsamer Ort zum sterbenÜbersetzt von Olaf Roth

Ein 82-jähriger Jude, Veteran des Korea-kriegs mit beginnender Demenz, und der kleine Sohn einer im Balkankrieg verge-waltigten Serbin ziehen auf der Flucht vor dem Mörder der Mutter durch Norwegen: per Anhalter, mit dem Boot, mit dem Trak-tor. Eine spannende Geschichte – wenn der Autor nicht der Versuchung erlegen wäre, nebenbei die Identitätsprobleme eines in Norwegen lebenden Juden, die Integra-tionsprobleme von Kriegsveteranen und nicht zuletzt die Frage zu verhandeln, was im Kopf eines demenzkranken Menschen vor sich geht. Dadurch kommt das Road-movie immer wieder ins Stocken. Dennoch durchaus lesenswert. (uk)

ThoMas raaB

Der metzger kommt ins ParadiesDeutsche Originalausgabe

Willibald Adrian Metzger liebt es, alte Schränke und Stühle zu bearbeiten, allein mit sich und seinem Werkzeug. Doch dann entführt seine Liebste den Restaurator an die Adria. Der Metzger muss ins Urlaubspa-radies und hat dauerhaft schlechte Laune: zu heiß und zu viel Sand. Pauschaltouris-mus und Dauerbuffet, das ist nicht sein Ding. Aber wenn man da so im Liegestuhl hängt, kann man, ja muss man den Nach-barn zuhören, und so kommt er ein paar ganz üblen Schurken auf die Spur. Am Ende wird die Geschichte sehr engagiert – etwas weniger Emotion hätte genügt. Auch der sechste Band ist aber vom hintergründigen Sprachwitz des Wiener Autors geprägt, und der macht meistens Spaß. (sc)

rowohlT PolAriS, 416 Seiten, 14,99 euro Auch als e-Book erhältlich

droemer, 288 Seiten, 19,99 euro Auch als e-Book erhältlich

In einem Abwasserkanal nahe dem Berli-ner Ostbahnhof wird ein Afrikaner ermor-det aufgefunden. Die Kommissare Nettel-beck und Täubner, ein ungleiches, aber harmonisches Team, ermitteln in der gha-naischen Community, bei einer millionen-schweren evangelikalen Organisation und in der Berliner Neonazi-Szene. Der Dreh-buchautor beweist bei seinem ersten Roman ein glückliches Händchen für prägnante Typen- und Milieuzeichnung. Ein leich-ter Hang zur Übertreibung ist festzustel-len, den man aber gern als genrekonform verzeiht. In Form und Materialfülle wirkt das Debüt gelegentlich etwas überambitio-niert, ist dabei aber spannend. (kgr)

Ein namenloser Ex-Manager eines Callcen-ters in São Paulo ist der Ich-Erzähler dieses mitreißenden Thrillers: Wegen des Selbst-mords einer Angestellten wird er unfair ent-lassen und zieht sich ins ländliche Corumbá zurück. Doch der Tod bleibt in seiner Nähe. Als er auf einem Urwaldfluss fischt, kracht ein Flugzeug vom Himmel. Der junge Pilot stirbt in seinen Armen, in seinem Rucksack findet der Erzähler ein Kilo Kokain. Der Helfer beschließt, sich einen Teil der Beute zu nehmen: Die Leiche muss verschwin-den. Der brasilianischen Bestsellerautorin ist wieder ein echter Pageturner gelungen: Ein anfangs kleiner Betrug setzt eine Spi-rale des Bösen in Gang. (mpö)

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Page 50: Bücher 04/2013

50 4·2013

lisa JaCksoN

s – spur der AngstÜbersetzt von K. Lake-Zapp

WarreN ellis

Gun machineÜbersetzt von Ulrich Thiele

KnAur, 591 Seiten, 14,99 euro Auch als e-Book erhältlich

heyne, 381 Seiten, 8,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Ein Wasserflugzeug bringt die Schwester der Heldin in die Blue Rock Academy. In diesem Internat für Problemkids lungert ein Serienkiller herum, erotisch fixiert auf junge Schülerinnen. Die ehemalige Liebe der Heldin, ein sexy Rodeo-Cowboy, ermit-telt nun verdeckt als Sheriff, zufällig eben-falls in Blue Rock. Ob die beiden wohl wie-der zusammenkommen?Autorin Lisa Jackson schrieb zunächst mit ihrer Schwester Romance Novels, Liebes-kitsch. Sie entdeckte ihren Hang zum Thril-ler und mischt seither die Genreelemente: Romantic Suspense. Wer Sexfantasien in einem langatmigen Plot lesen will, ist hier richtig. (jv)

Detective Tallow erhält nicht viel Unterstüt-zung bei der Suche nach einem Serienkiller, der Tatwaffen wie Reliquien sammelt. Nur die herrlich verrückten Spurensucher Bat und Scarly stehen ihm bei. Diese Ermitt-ler machen sich auf, um ein fieses Kom-plott aus Wirtschaft, Politik und Polizei-apparat aufzudecken. Aber die Handlung ist eigentlich egal. „Gun Machine“ lebt von seinen Typen. Offenbar kann der New Yor-ker in diesem Moloch von Stadt nur über-leben, wenn er den Zynismus zu seinem Freund erklärt. Ellis liefert einen harten Polizei-Krimi mit einer etwas konstruier-ten Geschichte, aber wunderbar lebendi-gen Figuren mit viel Witz. (fp)

saBiNe kleWe

Die weißen schatten der Nacht Deutsche Originalausgabe

Sein Kind tot und missbraucht am Fuß der Treppe des eigenen Hauses zu finden, gehört wohl zu dem Verstörendsten und Brutals-ten, was Eltern widerfahren kann. Den-noch wirken Vater und Mutter der toten Antonia seltsam angefasst, wenn es um die Gewohnheiten der Zehnjährigen geht. War vielleicht schon ein längerer Missbrauch im Spiel? Doch dann stellt sich heraus, dass das Mädchen schon tot war, als sich jemand an ihr verging. Gleichzeitig wird in einem wei-teren Erzählstrang eine Mutter Opfer gemei-ner Anfeindungen – sie soll ihre Tochter vergiftet haben. Und was haben die beiden Fälle miteinander zu tun? Falsche Fährten, unkooperative Zeugen, Lügengespinste und ein Exhibitionist, der in der Umgebung des Hauses schon länger sein Unwesen treibt, wirken wie Nebelbom-ben auf das Ermittlerduo Lydia Louis und Christopher Salomon aus Düsseldorf, die obendrein auch noch miteinander einiges zu klären haben. So bekommen sie zunächst nicht mit, dass ein weiteres Mädchen eben-falls in großer Gefahr schwebt. Ein wenig Glück und Hartnäckigkeit verhindern das Schlimmste – und das Ende ist ziemlich unerwartet. Sabine Klewe ist zweifellos eine deutsche Krimiautorin, von der man auch in Zukunft noch viel hören wird. (md)

ein ausgewogener krimi, in dem alles Platz findet: Nachdenklichkeit, spannung, Tempo und atmosphäre.

saM Millar

Die Bestien von Belfast Übersetzt von Joachim Körber

Von der ersten Seite dieses Pulp-Noir-Kri-mis an haben zartbesaitete Gemüter ein Problem: Der Realismus der steten Bruta-lität, kernigen Männersprüche und Obszö-nität wird durch das Wissen um die Ver-gangenheit Sam Millars so unterzeichnet, dass Gänsehaut vorprogrammiert ist. Der Autor saß acht Jahre in Belfast im Knast, war anschließend in einen spektakulären Raubüberfall in den USA verwickelt – und unlängst hat man angeblich einen seiner ehemaligen Komplizen ausgebuddelt. Man glaubt ihm also jedes Wort, erfunden oder nicht, vor allem die frotzeligen Dialoge, in denen Fäkalsprache, Drohungen und Dreis-tigkeit vorherrschen. Der Privatdetektivser-mittler Karl Kane ist ein harter Hund mit weichem Kern, der von einem literarischen Debüt träumt. Seine Assistentin ist gut zu ihm. Doch der Rest ist Finsternis. Denn der Hölle Zorn ist nichts gegen die Rache einer missbrauchten Frau. Es beginnt mit einer Vergewaltigung und einem vermeintlichen Mord, Jahre später werden etliche Männer genüsslich zu Tode gequält. Und wer sich das fragt: Ja, Sam Millar kann schreiben. Und das, was er beschreibt, geht unter die Haut und juckt dort noch eine ganze Weile. Er hat den Schlüssel zu einer Welt, der man lieber fernbleiben möchte, die aber zweifel-los existiert. Und fasziniert! (md)

„Die straßen waren dunkler und von einer ungreifbaren aura schleichenden grauens umflort“ - genau.

Als hörbuch bei lübbe Audio

erhältlich

goldmAnn, 352 Seiten, 8,99 euro Auch als e-Book erhältlich

ATrium, 288 Seiten, 16,95 euro Auch als e-Book erhältlich

Buecher-mAgAzin.de

04·13 grandios

Page 51: Bücher 04/2013

514·2013

BüchEr | Krimis & Thriller

Chelsea CaiN

sterbensschönÜbersetzt von Fred Kinzel

ursula PozNaNski

Blinde VögelDeutsche Originalausgabe

DaNiel DePP

Tanz mit dem TeufelÜbersetzt von R. Rawlinson

soPhie MCkeNzie

seit du tot bistÜbersetzt von Ursula Pesch, Friedrich Pflüger

BlAnvAleT, 416 Seiten, 9,99 euro Auch als e-Book erhältlich

wunderlich, 480 Seiten, 16,95 euro Auch als e-Book erhältlich

cArl‘S BooKS, 352 Seiten, 14,99 euro Auch als e-Book erhältlich

heyne, 480 Seiten, 9,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Wenn es nicht Masochismus ist, muss es Liebe sein, die Detective Sheridan an die Serienmörderin Gretchen Lowell fesselt. Gretchen selbst hat ihn zwar mit dem Skal-pell bearbeitet, doch am Leben gelassen. Nun aber sitzt sie in der Psychiatrie und scheint durch Medikamente ruhiggestellt. Gleichwohl weiß sie Archie mit Informatio-nen über einen Mörder zu locken, der seine Opfer an exponierten Orten zur Schau stellt. Im fünften Band ihrer Gretchen-Serie lüf-tet Chelsea Cain auch ein wenig von dem Geheimnis, das die Herkunft ihres blonden Biests umgibt. Psychologisch stimmiger wird diese Kunstfigur so nicht – aber, wie Sheri-dan feststellt, auch nicht harmloser. (ub)

„Blinde Vögel“ ist der Name eines Gedichts und nicht etwa eine Schelte gegen die bei-den Kommissare – auch wenn ihnen nach zwei Leichenfunden lange der Durchblick fehlt. Opfer und (Selbst-)Mörder kannten sich aus einer Facebook-Gruppe von Lyrik-freunden. Als Beatrice Kaspary sich ver-deckt einschleust, merkt sie schnell, dass hier nicht nur Gedichte ausgetauscht wer-den, sondern auch verschlüsselte Botschaf-ten um Tod und Freitod. Und das nächste Gruppenmitglied wird nicht mehr lange zu leben haben. Poznanski hat den Nachfol-ger von „Fünf“ hervorragend konstruiert und zeigt, dass hinter einer virtuellen Fas-sade grausame Realität stecken kann. (ole)

Das Showbusiness ist ein Sumpf aus Selbst-sucht, Geldgier und Gemeinheit, Drogen und Sex, also alles ganz böse. Daniel Depp malt in seinen Thrillern um den Privatde-tektiv David Spandau schwarz – und schaut auf witzige Weise hinter die Kulissen. Er ist Drehbuchautor, kennt Hollywood bes-tens, und es hat ihm nicht geschadet, dass sein Bruder Johnny Depp sich lobend über seine Bücher geäußert hat. Im dritten Band der Reihe fühlt Spandau nun einem Regis-seur auf den Zahn, dabei geht es aber allzu derbe zu und vor allem moralinsauer. Wer den sarkastischen Detektiv kennenlernen und sich über Hollywood amüsieren will, sollte die ersten beiden Bände lesen. (sc)

Obwohl es bereits acht Jahre her ist, dass Gens Kind tot zur Welt kam, trauert sie noch immer. Zumal sie trotz weiterer Ver-suche nicht wieder schwanger wird. Als plötzlich eine Frau vor ihrer Tür steht und behauptet, ihr Kind hätte bei der Geburt gelebt, hofft sie wieder. Kurz darauf wird die Frau von einem Auto überfahren. Gens Mann Art versucht, sie zu beruhigen und von ihren Nachforschungen abzubringen. Und er beteuert, er habe die Leiche der gemeinsamen Tochter gesehen. Die Psy-chospielchen mit der trauernden Mutter zerren an den Nerven des Lesers. Solider Urlaubsschmöker mit Spannung, Gefühl und Verrat. (md)

Als hörbuch bei Argon erhältlich

Als hörbuch bei random house Audio erhältlich

Buecher-mAgAzin.de

04·13 grandios

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Page 52: Bücher 04/2013

52 4·2013

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bUecher-magazIn.de

04·13 Grandios

( 2,95) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

John le Carré

Der Spion, der aus der Kälte kamGelesen von Matthias Brandt

Ein Bestseller, der längst Weltliteratur ist und das Genre des Spionageromans geprägt hat wie kaum ein anderes Buch. Zum Inhalt des Agententhrillers, in dem der britische Spion Alec Leamas zwischen die Fronten des Kalten Krieges gerät und vor der Kulisse der Berliner Mauer um seine Liebe kämpft, ist fast alles schon gesagt und geschrieben worden. Auch, dass der 1963 erschienene Roman aus heutiger Sicht bisweilen verstaubt, verkitscht und klischeehaft klingt. Wenn man allerdings Matthias Brandt in dem zum 50. Jubiläum veröffentlichten Hörbuch zuhört, fällt das kaum noch auf.Brandt versucht nicht, den neu übersetz-ten Roman stimmlich aufzupolieren oder ihm gar seinen eigenen Stempel aufzudrü-cken. Sondern er tut das, was sich nur ein großer Erzähler traut: Er ordnet sich dem Text unter, schlüpft in ihn hinein, nimmt ihn ernst und erweckt ihn so von innen heraus zu neuem Leben. In den Erzähl-passagen klingt das bisweilen schwermü-tig, gedämpft. Ansatzlos passt sich Brandt in den Dialogen dann aber dem Tempe-rament der jeweiligen Figuren an. Man spürt die Kälte geradezu durch die Zeilen wehen. Und dass man Nebel hören kann, weiß man hinterher auch. (smv)

Kongenial, leise und lebendig zugleich: Brandt setzt dem agentenklassiker zum 50. Jahrestag ein stimmliches Denkmal.

David Nathan ist der perfekte Erzähler für diesen Thriller. Die Spielarten seiner Stimme erfassen alle Facetten des Charakters der Schlüsselfigur: Nic Caruana, ein Auftragskiller, abgebrüht und empfindlich, entschieden und zerrissen, verroht und sympathisch. Nathans Stimme: distanziert und gleichzeitig vertrauenerweckend, emotionslos und doch sensibel. Nathan fängt alle Charaktere ein, vom gewissenlosen Waffenhändler bis zum kleinmüti-gen Junkie. Es ist der erste Roman der jungen britischen Autorin Hanna Jameson (22). Bemerkenswert, denn diese spannende Geschichte über die Varianten des Schmerzes zeugt an vielen Stellen von tiefer menschlicher Erfahrung. Jameson und Nathan führen uns in die düstersten Ecken Londons, wo Sucht, Gewalt und Hoffnungslosigkeit herrschen. Nic Caruana wird vom Gangsterboss Pat Dyer engagiert, um dessen Tochter zu rächen. Auge um Auge – die Sprache der Londoner Unterwelt. Caruana, der Hartgesottene, gerät in den Sog seiner eigenen Gefühle, sodass er, der eigentlich immer alles im Griff hat, am Ende die Kon trolle verliert. Schockierende Szenen, zu barbarisch, um wahr zu sein, denkt man beim Hören und hat den-noch das Gefühl, als sei alles direkt aus dem alltäglichen Leben entnommen. (sta)

hanna Jameson

Kalter SchmerzGelesen von David Nathan

ein Krimi mit aufwühlender handlung, fesselnder Dramaturgie und menschlichem Tiefgang.

auch als buch/ e-book bei

Ullstein erhältlich

auch als buchbei suhrkamp

erhältlich

Der aUDIo Verlag, gekürzte lesung, 401 minuten/5 cDs, 19,99 euro

hörbUch hambUrg, ungekürzte lesung, 525 minuten/6 cDs, 19,99 euro

Die Stimme passt zum Thema mit ihrem rauen, rußigen Unterton. Es geht um Feuer, töd-liche Flammen, verkohlte Leichen und einen Serienmörder, der seine Opfer lebendig ver-brennt. Ausgerechnet Religionswissenschaftler Daniel Davis findet die Überreste eines der Toten, und erneut berät er die Polizei. Mit Feuer kennt er sich aus, auch aus eigener trau-matischer Erfahrung. Aber war es Zufall, dass gerade er die erste Leiche entdeckte? Ermitt-lerin Samantha Michaels ist sich da nicht sicher.Bernd Hölscher hat nicht nur das passende Timbre für diesen brenzligen Fall, sondern auch das nötige Gespür für den Sprachrhythmus. Souverän führt er seine Zuhörer im wechseln-den Tempo von einem Schrecken zum nächsten. Dabei verleiht er seiner Stimme einen reizvollen melancholischen Einschlag. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass der Funke der pyromanischen Faszination nicht so recht überspringt. Don Winslow hat „Die Sprache des Feuers“ zuletzt eindringlicher beschrieben als Lister das gelingt. Vielleicht um das wettzumachen, packt Hölscher etwas zu viel Pathos in seinen Vortrag. Die literarischen Untiefen des kurzweiligen Hörbuches akzen-tuiert das eher, als dass es sie kaschiert. (smv)

auch als buch/ e-book bei

hoca erhältlich

miChael lisTer

GlutopferGelesen von Bernd Hölscher

raDIoropa, ungekürzte lesung, 544 minuten/ 1 Daisy-mp3-cD, 19,95 euro

mörderische Flammen und hölschers feuriger Vortrag schaffen ein – zumeist – packendes hörerlebnis.

Page 53: Bücher 04/2013

534·2013

HörbücHer | KrimiS & Thriller

( 4,55) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

( 2,4) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

bUecher-magazIn.de

04·13 Grandios

Glenn meaDe

Operation romanowGelesen von Detlef Bierstedt

Lenin schrieb einst an seine Nichte: „Jede Geschichte hat drei Seiten. Es gibt ihre Seite, es gibt meine Seite und es gibt die Wahr-heit.“ Die forensische Archäologin Laura Pawlow findet bei Ausgrabungen in der Nähe der Stadt Jekaterinburg eine mumifi-zierte Frauenleiche. Die Leiche liegt genau in dem Wald, in dem die letzten Zaren von Russland angeblich erschossen und begra-ben wurden. Und Laura Pawlow, die das Medaillon, das die Leiche in der Hand hielt, untersucht, kommt auf eine unglaubliche Spur. Der Hörer begibt sich auf eine Reise ins russische Zarenreich.Ein tiefgründiges Hörbuch mit einer Schwere, die nichts für schwache Nerven ist. Glenn Meade, internationaler Bestsel-lerautor („Die Achse des Bösen“), schuf eine tragische, gleichermaßen rührende wie brutale Geschichte. Die Umsetzung gelingt Sprecher Detlef Bierstedt, der auch George Clooney seine Stimme leiht, sehr gut. Seine Erzählweise gleicht dem beruhigenden Rau-schen eines Flusses. Seine charakterstarke Stimme klingt klar, in zügigem Tempo, mit dunklem Timbre lässt er den Hörer kaum verschnaufen. Das stört in diesem Fall gar nicht, da Bierstedt mit einer Sensibilität daherkommt, die einen völlig gefangen nimmt. Empfehlenswert. (tm)

Tragisch, rührend und brutal: Glenn meade und sprecher Detlef Bierstedt nehmen den hörer gefangen.

ian ranKin

mädchengrabGelesen von Gottfried John

Malcolm Fox trifft auf John Rebus – der Saubermann auf, na ja: Schimanski. Zwei Rankin-Protagonisten in einem Roman, das hat was, wenngleich Fox in der Geschichte etwas knapp wegkommt. Gleiches gilt lei-der auch für den Mörder, dessen Figur letzt-lich recht blutleer bleibt und die Story sehr konstruiert auslaufen lässt. Ein ähnliches Gefühl bleibt auch hinsicht-lich der Sprecherleistung zurück: Gottfried Johns raue Stimme passt sehr gut zu Rebus; leider jedoch verlässt sich der Schauspie-ler etwas zu sehr auf sein Markenzeichen. In der Folge sind seine Figuren mitunter kaum zu unterscheiden. Auch „überliest“ der Schauspieler deutliche Szenenwech-sel oder wählt den falschen Tonfall. Seine Frauen etwa wirken oft sehr gehaucht – ganz gleich, ob sie um Hilfe bitten oder einen Kaffee ordern. Ärgerlich jedoch ist die Tatsache, dass Gottfried John bisweilen so arg nuschelt, dass man kaum verstehen kann, was er sagt – und statt eines „die Medien reagier-ten prompt“, ein „die Mädchen reagierten prompt“ rüberkommt. Schade, liebe Regie. Oh, und falls jemand die Stelle findet, in der Robertson, wie in der Auflösung behaup-tet, das „flache Grab“ erwähnt: herzlichen Glückwunsch! (tan)

alles in allem ganz nett. leider würgt der deutsche Titel (original: standing in ano-ther man‘s Grave) den schlussgag ab.

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Top 10Hörbuch Downloads

Er ist wieder davon Timur Vermes

1

Der Nachtwandlervon Sebastian Fitzek

Unter Verschlussvon Greg Iles

Das Mädchen, das den Himmel berührtevon Luca Di Fulvio

4

Voll Speedvon Moritz Matthies

5

Herzblut(Kommissar Kluftinger 7)

von Volker Klüpfel, Michael Kobr

6

Shades of Grey 1:Geheimes Verlangenvon E.L. James

7

Schnelles Denken, langsames Denkenvon Daniel Kahneman

8

Höllentalvon Andreas Winkelmann

9

Totenkünstlervon Chris Carter

10

3

2

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54 4·2013

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04·13 Grandios

DiVerse auToren

cotton reloadedGelesen von Tobias Kluckert

Ja, ja, ich gebe es zu, ich bin mit niedrigen Erwartungen an diese Geschichtensamm-lung gegangen. Jerry Cotton? Dieser Tri-vialroman-Cop des NYPD, der weltweit schon in 850 Millionen Heften und Büchern seine „coolen“ Sprüche verbreiten durfte?Doch im Titel steht „reloaded“, und genau das ist die Überraschung. Bekannte Auto-ren wie Mario Giordano, Peter Mennigen u. a. tragen mit sechs modernen, packen-den Storys zu einem „Remake“ bei, das Thrillerfreunde als Hörbuch kaufen soll-ten. So erinnert etwa die zweite Geschichte um Terroristen, die sich in die Bordsys-teme eines Flugzeugs gehackt haben und nun drohen, es abzustürzen zu lassen, zwar sehr an die TV-Serie „24“ mit Kiefer Sutherland, entwickelt aber schnell ihren eigenen Charme. Weitere Themen sind u. a. ein Anschlag auf die George-Washing-ton-Brücke, eine geheime Abteilung des FBI sowie ein Toter im Hafenbecken von New York, der aber schon vor sechs Jah-ren ertrunken ist.Wie Cottons Faust auf das Auge jedes Böse-wichts passt die Interpretation von Tobias Kluckert, der nur längere Beschreibungen etwas monoton rüberbringt, ansonsten aber kraftvoll-lässig zu fesseln weiß. Und, ja, klar, natürlich auch mal richtig cool. (rw)

Zeitgemäße spannung mit viel action, coo-lem sprecher, packenden storys und un-schlagbarer Kombi aus laufzeit und Preis.

Ja, es gibt sie noch, die großen Geschichten, die einfach mal funktionieren, ohne bemüht zu wirken. Die für Verblüffung – und ich meine: für mehr als ein ungläubiges „Wie bitte?“ – sorgen und dabei Spaß machen bis zur letzten Minute. Und wenn eine solche Geschichte auf einen guten Sprecher trifft, kann wirklich nichts mehr schiefgehen. Es sei denn, Sie wüssten nicht, wie Google Earth funktioniert. Im Ernst: Die Story um den schizophrenen Thomas, der im Internet einen Mord ent-deckt, wird zu Recht als Barclays „bislang bestes Buch“ gehandelt. Und auch die Stimme, die Arnold für Thomas findet, ist nahezu perfekt. Zudem hält Arnold jederzeit mit dem Tempo der Story Schritt und treibt die Spannung durch seine Interpretation weiter voran. Nur wenn man wirklich pingelig sein wollte, könnte man den einen oder anderen Namen in extrem quäkendem Amerikanisch bemängeln oder sich daran festbeißen, dass Thomas‘ Tonfall mitunter ganz leicht auf die anderen Figuren abfärbt. Doch Schwamm drüber! Die einzigen Punktabzüge resultieren hier und jetzt aus einem fehlenden Booklet und einer billigen Multibox, die unglücklicher-weise bereits beim ersten Auspacken ausein-andergefallen ist. (tan)

Was als spannender Krimi beginnt, wandelt sich zum Kitschroman. Schade, so bleibt trotz der sehr gelungenen Umsetzung Enttäuschung zurück. Die 16-jährige Elizabeth wird Zeu-gin zweier Mafiamorde. Bis zum Prozess steht sie unter Polizeischutz. Doch es gibt ein Infor-mationsleck, und das Mädchen muss fliehen. Zwölf Jahre später: Elizabeth lebt unter dem Namen Abigail in einer Kleinstadt im Süden der USA. Mit einem ausgeklügelten Sicher-heitssystem hat sie sich in ihr Haus zurückgezogen, ist Besitzerin mehrerer Schusswaf-fen und eines Wachhundes. Brooks, der Polizeichef der Stadt, ist fasziniert von der jun-gen Frau. Er versucht herauszufinden, wovor sie so große Angst hat. Dabei kommen sich die beiden näher. Nach dem packenden Einstieg erwartet man, dass Elizabeth von ihrer Vergangenheit ein-geholt und die Idylle der Kleinstadt ordentlich aufgewirbelt wird. Aber der Fokus liegt nun auf der Liebesgeschichte zwischen Elizabeth und Brooks, samt kitschigem Ende.Martin Armknecht liest großartig – vom rus-sischen Akzent bis zum betrunkenen Lallen. Die unbedarfte 16-jährige Elizabeth interpre-tiert er genauso überzeugend wie die abge-klärte erwachsene Abigail. (kek)

linwooD BarClay

Fenster zum TodGelesen von Frank Arnold

in 80 Tagen um die welt? Das geht doch längst viel schneller! manchmal ist man eben zur richtigen Zeit am richtigen ort.

nichts für Krimi-Fans. wer auf romantik und Klischees in Verbindung mit einem tollen sprecher steht, liegt richtig.

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ranDom hoUse aUDIo, gekürzte lesung, 335 minuten/5 cDs, 19,99 euro

nora roBerTs

Die letzte ZeuginGelesen von Martin Armknecht

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Page 55: Bücher 04/2013

554·2013

HörbücHer | KrimiS & Thriller

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P. D. James

Der Tod kommt nach PemberleyGelesen von Eva Michaelis

James entschuldigt sich beim Geist Jane Aus-tens dafür, dass sie „ihre geliebte Elizabeth in das Grauen einer Mordermittlung hinein-gezogen habe“, denn „wäre ihr daran gele-gen gewesen, sich länger bei solch abscheu-lichen Themen aufzuhalten“, hätte Austen die Geschichte selbst geschrieben, „und zwar besser“. Das ist charmant und ehrlich und leider der einzige Absatz im Text, auf den diese beiden Adjektive zutreffen. Sechs Jahre nach der Hochzeit von Darcy und Elizabeth Bennet platzt Lydia Wickham, die ungeliebte jüngste Bennet-Schwester, in die Idylle. Ihr Gatte sei ermordet wor-den. Man findet ihn lebend und blutver-schmiert neben einer Leiche. Die Fortsetzung von „Stolz und Vorurteil“ als Krimi – eine gute Gelegenheit, eine neue Sichtweise auszuprobieren. James lässt sie verstreichen. Wickham ist derselbe windige Egoist, Lydia ordinär und gierig, Jane ver-nünftig und sanft. Nur Miss Lizzie hat, weil James eben nicht Austen ist, Witz, Schlag-fertigkeit und Sarkasmus eingebüßt. Dafür zeichnet sie nun eine aufdringliche Recht-schaffenheit aus. Michaelis‘ distanzierte Vortragsweise und makellose Artikulation verstärken den Eindruck von Arroganz, der den Roman beherrscht. (ed)

eine witzige idee. Die sprecherin trifft den Ton des Texts genau, der aber ist fürchter-lich unangenehm.

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Droemer erhältlich

argon Verlag, ungekürzte lesung, 577 minuten/8 cDs, 29,95 euro

Die Autorenlesungen von Klaus-Peter Wolf haben laut GoyaLit eine große Fangemeinde, gerade nach Live-Auftritten steige die Nach-frage nach seinen Hörbüchern. Das erklärt, warum Wolf schon seit sieben Krimis selbst liest. Vermutlich muss man ihn tatsächlich erlebt haben, um wertzuschätzen, warum sein Ostfriesenkrimi statt mit norddeutsch-breitem Akzent mit Pommesbuden-Ruhr-pottslang vorgetragen wird. Wolf kommt aus der Heimatstadt von Schalke 04. Doch nicht nur der Dialekt lenkt von Möwenge-schrei und Meeresbrise ab – Wolf verzich-tet überdies darauf, seinem Hörkrimi durch Tempowechsel und Betonung die richtige Würze zu verleihen. Da könnte auch der Plot des Bestsellers noch so gut sein. Doch auch der hat seine Mängel: Hauptkommis-sarin Ann Kathrin Klaasen, die wie Wolf aus Gelsenkirchen stammt, hat es mit einer außergewöhnlichen Moorleiche zu tun: ein Mädchenkörper, der aus Draht nachgeformtund mit menschlicher Haut überzogen wurde. Verlauf und Handlungsebenen wir-ken sehr konstruiert, die Motive vieler Ver-dächtiger beruhen auf losen Hinweisen, dafür scheinen Klaasen & Kollegen die Per-versitäten des Serientäters über Jahre igno-riert zu haben. (ole) willkommen bei den ruhrpott-ostfriesen. Fans mögen es wohl so. ein echter „Fisch-kopp“ am mikro wäre aber stimmiger.

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Klaus-PeTer wolF

OstfriesenmoorGelesen von Klaus-Peter Wolf

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John Grisham

The racketeerGelesen von J. D. Jackson

John Grisham hätte es sich leicht machen und seine Thriller durchnummerieren können: „Pageturner“, „Pageturner 1“ bis zum neuen „Pageturner 21“. Seine Romane mögen in Güte und Spannung variieren, sie sind aber allesamt nur schwer aus der Hand zu legen – oder von den Ohren zu nehmen. „The Racketeer“ macht keine Ausnahme und in der Originalfassung viel Hörfreude.Der dunkelhäutige Anwalt Bannister sitzt zu Unrecht im Gefängnis. Als ein Bundes-richter und seine Geliebte ermordet auf-gefunden werden, kann er seine Zeit im Knast verkürzen. Denn Bannister kennt die Identität des Mörders. Er tauscht sein Wissen gegen eine neue Identität und ein neues Gesicht innerhalb des Zeugenschutz-programms. Denn die Freiheit kommt mit der Angst, dennoch gefunden zu werden …Der Thriller führt zwar nicht zum Nägel-beißen oder zu beanspruchten Gehirnzel-len, ist aber clever konstruiert und so unter-haltsam, dass man ihn gut in einem Rutsch durchhören könnte. Jackson liest angenehm literarisch, mit dem für dunkelhäutige Amerikaner typischen Tonfall und klingt dabei teilweise wie Den-zel Washington. Am 22. Oktober erscheint in den USA übrigens die Fortsetzung von „Die Jury“ („Sycamore Row“). Oder: „Page-turner 22“. (bär)

leichte Grisham-Kost, unterhaltsam und überraschend. Vor allem aber hörenswert von J. D. Jackson interpretiert.

Tja. Mehr war an Resonanz im ersten Moment nicht drin. Tja, ganz nett gelesen. Tja, ganz nette Story: Ein Junge ist verschwunden; eine Kommissarin kämpft mit ihren per-sönlichen Dämonen. Gut und schön. Doch wenn eine Geschichte Spannung letztlich nur aus bemühten Cliffhangern zieht, die Protagonisten trotz aller Analysen kontur-los bleiben, wenn einen der Stil der Autorin also insgesamt nicht gerade umhaut, dann nennt man das wohl Mittelmaß. Seit wann etwa funktionieren SMS ohne Absender? Wie viele Jahre kann man eine nicht vorhandene Kleiderkammer eigentlich geheim halten? Und: Christine Drews hätte sich vorab entscheiden sollen, ob ihre Drei-jährigen nun ganze Sätze beherrschen oder nicht. Bürger gibt angesichts derlei konstruierter Ungereimtheiten wirklich eine ganze Menge; da wird kauend gesprochen, geweint oder betrunken gelallt. Und dennoch: Alles in allem ist sie in ihrem Vortrag stets so akkurat, stets so steif, dass es letztlich immer beim simplen „Vorlesen“ bleibt; zum „Erleben“ kommt es nie. Kaum zu ertragen sind zudem die durch-weg nörgelig, ja dumm wirkenden Kinderstim-men. Tja. (tan)

Es gibt sie, die Sprecher, deren Besetzung fast immer ungehört schon den Kauf rechtfertigt. Detlef Bierstedt ist einer davon, eine sichere Bank, da die deutsche Stimme von George Cloo-ney es (meistens) versteht nicht nur sein nuancenreiches Vertonungsspektrum gekonnt in den Dienst der Vorlage zu stellen, sondern den Text des Autors auf ein neues Level zu heben. Auch in Cobens Thriller verleiht Bierstedts Stimmorchester jeder Person Aussehen und Gefühlskostüm – sei es grimmiger Cop, zwielichtiger Stripclub-Betreiber oder verängstigte Demenzkranke. Und ebenfalls dank Bierstedt bleibt man die zwölf Stunden bei der Sache, denn es dauert eine ganze Zeit, bis endlich Spannung aufkommt und der Thriller ist klar nach dem Schema Coben. Ausgangspunkt sind einmal mehr die Keller-Leichen von früher. Die zweifache Mutter Megan hat einst in einem Stripclub gearbeitet. Weil sie ihren Geliebten ermordet auffand, floh sie in ein neues Leben. 17 Jahre später holt sie die Vergangenheit wieder ein: Erst soll der Ermordete wieder quicklebendig gesehen worden sein, dafür verschwindet ein anderer Gast des Rotlicht-Clubs. Und Detective Broome hat bei der Klärung der Fälle am meisten mit den Wendungen des Autors zu kämpfen. (ole)

ChrisTine Drews

SchattenfreundinGelesen von Cathrin Bürger

Deutlich gestrafft und etwas lebendiger interpretiert hätte die Geschichte vielleicht funktioniert. Vielleicht.

einmal mehr die Bestnote für Detlef Bier-stedt, autor harlan Coben muss sich aller-dings mit einem „Gut“ abfinden.

auf Deutsch („Das Komplott“) ab 12. august erhältlich

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harlan CoBen

Wer einmal lügtGelesen von Detlef Bierstedt

aUDIble/ranDom hoUse aUDIo, gekürzte lesung, 389 minuten/Download, 19,95 euro

Page 57: Bücher 04/2013

574·2013

downloads | Krimis & Thriller

Eiseskälte

Gelesen von Walter Kreye

Ohne Abschied zu nehmen, ist Kommissar Erlendur in die Ostfjorde gereist – dorthin, wo er seine Kindheit verbracht und seinen kleinen Bruder im Schneesturm verloren hat. Jahrzehnte zuvor hatten sich in dieser Gegend dramatische Szenen abgespielt: Ein Trupp englischer Soldaten geriet auf einem Höhenpfad in ein tödliches Unwetter. In derselben Nacht verschwand eine junge Frau, deren Leiche aber nie gefunden wurde. Das Schicksal dieser Frau zieht Erlendur in seinen Bann: Er will unbedingt herausfinden, was sich

damals zugetragen hat, so schmerzlich es für ihn auch sein mag, Ereignisse aus die-ser Zeit ans Licht zu bringen ...

dEr autorArnaldur Indriðason wurde 1961 geboren, graduierte 1996 in Geschichte an der Uni-versity of Iceland und arbeitete zunächst als Journalist sowie Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung Morgunblaðið. Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in Reykjavík und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Seine Kri-mis belegen allesamt seit Jahren die oberen Ränge der Bestsellerlisten.

dEr sprEchErWalter Kreye wurde 1942 in Oldenburg geboren. Er studierte an der Schauspielschule Bochum. Erste Engagements führten ihn nach Hamburg an das Thalia Theater, dar-auf folgten Auftritte an der Schaubühne Berlin sowie den Staatstheatern Hannover und Stuttgart. Seit Ende der 80er-Jahre spielte Walter Kreye in einer Vielzahl deut-scher Fernsehproduktionen, z. B. in Polizeiruf 110, Der Alte, Das Traumschiff und im Tatort. Außerdem ist Walter Kreye ein begnadeter Hörbuchsprecher.

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Thriller

VERACHTUNG

Jussi

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Page 60: Bücher 04/2013

60 4·2013

Sie habe noch nie so dicke Chinesen gesehen, notierte Nellie Bly (1864 – 1922) im Dezember 1889 im süd-ostasiatischen Penang. Zu Hause in den USA kannte

sie Chinesen nur als ausgemergelte Kulis, und nicht nur der rasenden Reporterin bot die Welt noch manche, nicht immer erfreuliche Überraschung. Immerhin hatte sie den „Hitzefluch“ des Roten Meeres schon hinter sich, der drei Jahre später einen anderen Reisenden beim Schmücken des Weihnachtsbaums treffen sollte: Die „Lichter und Gegen-stände, die uns meine Mutter“ dafür mitgegeben habe, seien in der tropischen Hitze „ganz weich“ geworden, notierte Franz Ferdinand von Österreich-Este (1863–1914) am 24. Dezember 1892.

Während die amerikanische Journalistin das Rote Meer mit leichtem Gepäck auf einem Dampfer der offenbar auf schlechten Bordservice spezialisierten P&O-Linie durch-querte, reiste Franz Ferdinand mit großer Entourage auf dem „ruhmvollen“ Torpedo-Rammkreuzer „SMS Kaiserin

Elisabeth“ – war er doch Neffe und designierter Thron-folger des Kaisers Franz Joseph. Und während Nellie Bly im Auftrag der New Yorker Zeitung „The World“ reiste, um den in Jules Vernes Roman „Reise um die Erde in acht-zig Tagen“ markierten Rekord um acht Tage zu unterbie-ten, betrachtete Franz Ferdinand die Welt als sein künfti-ges Tätigkeitsfeld.

Bei allen Standesunterschieden aber reisten die bürgerli-che Karrierejournalistin und der österreichische Thronfol-ger auf Routen, für die es längst feste Fahrpläne gab. Doch wenn sie sich erstaunt, verärgert, angewidert oder abfäl-lig über andere Länder und deren Eingeborene äußerten, zeigten sie, dass auch die Konventionen, an denen sie die Welt maßen, noch sehr fest gefügt amerikanisch oder eben europäisch waren.

Das spektakulärste Ereignis auf Nellie Blys Rekordtour war eine in den USA gehörig vermarktete Begegnung mit Jules Verne, dem sie offenbar sympathisch war – wohl als

Literarische reiseberichte

ErlESEnE ZEitrEiSEnSchon im 19. Jahrhundert war der aufblühende Tourismus weltumspannend, wie die Berichte der Journalistin Nellie Bly und des Thronfolgers Franz Ferdinand belegen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkundeten legendäre Schriftsteller wie Steinbeck, Isherwood und Dos Passos die entlegensten Winkel der Erde. Von Ulrich Baron

Großwildjagd eines frühen Globetrotters: Franz Ferdinand von Österreich-Este

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614·2013

SachBüchEr

junge, weibliche Inkarnation all jener forschen, naiven und rekordsüchtigen Amerikaner, die er in seinen Werken so ironisch porträtiert hatte. Einen weniger günstigen Ein-druck machten Nellies forsche Landsleute auf Franz Fer-dinand, der sich in den USA von „böswilligen Unwahrhei-ten“ respektloser Journalisten verfolgt überhaupt von aller Kultur abgeschnitten sah: „Eine andere Mehlspeise als der ewige Pudding scheint überhaupt nicht bekannt zu sein.“

Auf bisweilen unfreiwillig komische Weise zeigen beide Weltreisende, dass die Welt Ende des 19. Jahrhunderts im Großen und Ganzen entdeckt war und dass der aufblü-hende Tourismus für privilegierte Perspektiven kaum noch Raum und immer weniger Zeit ließ. Nellie Blys kurzlebi-ger Rekord war das Ergebnis einer Reihe fahrplanmäßi-ger Schiffspassagen und Eisenbahntransfers, und erst ihr triumphaler Endspurt quer durch die USA per Sonder-zug erreichte ein rekordverdächtiges Tempo. Man musste, das hatte ihr Landsmann Mark Twain schon 1869 in sei-nem Reisebuch „The Innocents Abroad“ gezeigt, als Tou-rist ziemlich arglos sein, um im Ausland noch Unbekann-tes zu entdecken.

Oder man musste ein Schriftsteller sein, der das Privileg hatte, sich für längere Zeit in noch immer schwer zugäng-lichen Regionen umzusehen. So reiste John Dos Passos (1896 – 1970), der mit „Manhattan Transfer“ zum Pio-nier des modernen Großstadtromans wurde, 1921 durch den Nahen Osten. Der spätere Literaturnobelpreisträger John Steinbeck (1902 – 1968) besuchte 1947 zusammen mit dem berühmten Kriegsfotografen Robert Capa die Sow-jetunion. Und im selben Jahr reiste Christopher Isherwood (1904 – 1986), dessen Erinnerungen an das Vorkriegs-Ber-lin die Vorlage des Welterfolgs „Cabaret“ liefern sollte, für sechs Monate durch Lateinamerika.

Der britische Wahlamerikaner Isherwood wies auch gleich darauf hin, dass der Autor selbst zum wichtigsten Inventar einer literarischen Reisebeschreibung zählt: „Wir haben natürlich unseren festen Platz im System der Reise-werte“, schrieb er ironisch über seine Rolle an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, das ihn nach Süden brachte: „Wir gehö-ren zu jener notwendigen Kategorie ,interessanter Leute, die wir auf dem Schiff kennengelernt haben‘.“ Ob sich John Steinbeck seiner Rolle in Stalins Sowjetunion immer ebenso klar bewusst war, erscheint eher zweifelhaft, doch zusammen mit Capas Fotos liefern seine Beschreibungen eindrucksvolle Impressionen aus dem im Zweiten Welt-krieg verheerten Land, etwa aus der Trümmerwüste Sta-lingrads, dessen Bewohner noch immer in den Kellern ihrer zerstörten Häuser lebten.

Surreal erscheint auf einem Foto Capas vor einer Kulisse von Kriegsruinen ein von dicken Fröschen bewachter Brun-nen, in dem eine helle, steinerne Kinderschar einen mun-teren Ringelreihen tanzt. Manchmal konkurrierten so Schriftsteller und Fotograf, wenn es etwa galt, einen Mann und seine beiden Kinder zu porträtieren, die ein Album betrachteten – den einzigen Besitz, den sie aus den Trüm-mern gerettet hatten. Worte sagen hier mehr als Bilder, wenn Steinbeck schreibt: „Und sein Familienalbum glich allen Familienalben der Welt.“ So gibt es auf Reisen dann

doch immer noch etwas zu entdecken, und das immer wie-der – nämlich, wie ähnlich wir Menschen uns sind.

Allein die Zeitläufte lassen das immer wieder in Verges-senheit geraten. Wo Isherwood 1947 „Kondor und Kühe“ beobachtete, herrschen heute Drogenkartelle. Im Orient, den John Dos Passos bereiste, war 1921 der Erste Weltkrieg noch nicht zu Ende. Der Nahe Osten war von den Geburts-wehen der modernen Türkei und der Sowjetunion, vom Zerfall alter und von Aufstieg neuer Reiche geprägt. Dos Passos reiste in Regionen, in denen die Berge karger und steiniger wurden und der Zug immer langsamer – und in der die Stationsvorsteher „immer längere Schnauzbärte und immer ungepflegtere Uniformen“ hatten. Vom Schiff über den Zug und das Auto bis zum Kamel wechselten die Verkehrsmittel des Schriftstellers und kehrten so den Pro-zess der Modernisierung um.

Eine ähnliche, zunächst für romantisch gehaltene Umkehr erlebte auch Isherwood, als er eines frühen Morgens aus einem entlegenen Hotel aufbrach, um mithilfe eines Boo-tes und einiger einheimischer Träger einen Bahnhof zu erreichen. Zwar war das Boot über Nacht halb voll Wasser gelaufen und die Ufer waren schlammig, aber dann brach-ten ihn ein paar stämmige Indios doch noch samt Gepäck zur Station. Aber leider zur falschen.

Doch so schlecht und falsch manche Wege Lateinameri-kas auch sein mochten, zeigte Isherwood sich immer wie-der positiv beeindruckt. Vor allem vom Besuch in einem Gefängnis, in dem eine Reihe von Männern teils mit Arbeit, teils mit Singen und Spielen beschäftigt waren: „Jeder die-ser Häftlinge hatte einen oder mehrere Menschen getötet“, notierte der verblüffte Besucher. „Vielleicht tat es eini-gen leid, anderen vielleicht nicht. Aber alle sahen aus wie intakte Individuen, nicht wie Verbrecher, nicht erniedrigt.“ Sicher sei dieses Gefängnis elend ausgestattet, doch wohl auch an seine Wahlheimat adressiert, fuhr er fort: „Aber ich fürchte, es gibt viel sauberere, angenehmere, unendlich schrecklichere Orte, an denen Menschen ein Viertel ihres Lebens zubringen können.“

John steinbeck, robert capa:

russische reiseÜbersetzt von

Susann Urban, Unionsverlag, 298 Seiten, 14,95 Euro

christopher isherwood: kondor und küheÜbersetzt von Matthi-as Müller, Liebeskind, 366 Seiten, 22 Euro

John dos passos:

orient-expressÜbersetzt von

Matthias Fienbork, Nagel & Kimche, 207

Seiten, 18,90 EuroAls E-Book erhältlich

neLLie bLy: around the world in 72 daysÜbersetzt von Josefine Haubold, Aviva, 317 Seiten, 19,90 Euro

Franz Ferdi-nand von Ös-terreich-este:

„die eingeborenen machten keinen

besonders günsti-gen eindruck“.

tagebuch meiner reise um die erde

1892–1893Kremayr & Scheriau, 288 Seiten, 24 Euro

Auch als E-Book erhältlich

Page 62: Bücher 04/2013

62 4·2013

Sachbücher

Audio-SprAchführer

In 80 Phrasen um dIe WeltWer sich vor der Reise ins Ausland oder auf dem Weg dorthin mit der Sprache des Gast-landes etwas vertraut machen möchte, hat die Audio-Qual der Wahl. Wir haben einige Sprachführer, auch solche für Kinder, ausprobiert Von chrIstIan bärmann

SprAchurlAub in new YorkZwischen East Village und Central Park – dieses Sprachhörbuch führt in ausschließ-lich englischer Sprache (American English) zu vielen Sehenswürdigkeiten in Manhat-tan, auch abseits der Touristenwege. O-Töne von Einheimischen und Geräusche lassen in den Big Apple eintauchen. Maxwell spricht deutlich und in angenehm normalem Tempo. Wer mitlesen möchte, hat im Booklet die Gelegenheit dazu, da der komplette Text dort ab-gedruckt ist, eingeleitet von einer kurzen Zusammenfassung in deutscher Sprache. Der „Sprachurlaub“ ist mehr Stimmungsma-cher vor einer anstehenden Reise oder schöner Nachbereiter als ein Lern-Hörbuch. Top für alle, die der englischen Sprache schon etwas mächtig sind, New York mögen oder noch kennen-lernen wollen.

GEOPHON, 1 CD, 16,90 Euro

100 % frAnzöSiSch inkl. App

Praktischer Reisedolmetscher für die Handytasche. Im kleinen Booklet sind alle 400 Sätze und Redewendun-gen gelistet, die durch den beiliegenden Download-code als App ganz unkompliziert aufs Smartphone geladen werden können. Kategorien wie Basics, Auf der Reise, Fun & Flirt sind übersichtlich strukturiert und durch die Vorsprechfunktion kann man auch schon mal sein Handy für sich sprechen lassen. Praktisch: Speisekarten mit lokalen Gerichten, Abbildungen, falls die Wörter fehlen, und die Möglichkeit, Wortfavoriten zum schnellen Abruf zu markieren. Auch erhältlich in den Sprachen Englisch, Italienisch, Portugie-sisch und Türkisch.

MO MEDIA, 128 Seiten, 6,99 Euro

SpAniSch lernen mit the GrooveS Chillen und dabei lernen. Je nach Aufmerk-samkeitsgrad des Hörers kann man entweder der coolen, spanisch angehauchten Musik lauschen und hoffen, dass sich die in vielen Wiederholungen und lässig vorgetragenen Vokabeln, Sätze und Smalltalk-Floskeln über die Rhythmen ins Unterbewusstsein schleichen. Oder man spricht nach und lässt sich von den groovigen Melodien in einen entspannten Zustand versetzen. Im Booklet sind alle Sätze mit Lautschrift aufgeführt, gewürzt mit kurzen Einführungen in grammatikalische „Geheim-nisse“. Ungewöhnliche Idee, deren Erfolg sich nach mehreren Hördurchgängen tatsächlich einstellt.

DIGITAL PUBLISHING, 1 CD/Download, 16,90/14,99 Euro

Audio-SprAchführer enGliSch„Für alle wichtigen Situationen auf der Reise“ verspricht das Co-ver, und der Inhalt löst das Versprechen ein. Wer sich vor der Reise in ein englischsprachiges Land wichtige Wörter und Phra-sen aneignen möchte, ist bestens bedient. Gleich ob Sie mit dem Auto oder Flieger anreisen, eine Ferienwohnung oder ei-nen Campingplatz gebucht, Fragen nach dem Weg oder einen

Notfall haben oder Shoppen gehen wollen. Auch für den Urlaubsflirt oder Beschwerden ist gesorgt. Ein touristisches Rundumpaket, das es auch in den Sprachen Französisch, Italienisch und Spanisch gibt.

LANGENSCHEIDT, Download, 7,99 Euro

Sofort frAnzöSiSch SprechenSolider und günstiger Sprachkurs für Anfän-

ger, der auf eine Mischung aus Zuhören, Nach-sprechen und Nachlesen (im umfangreichen Be-gleitbuch) setzt. „Sofort sprechen“ mag etwas übertrieben sein, aber um ein Gespür für die Sprache zu bekommen und sich die gebräuch-lichsten Wörter und Phrasen für den Urlaub an-zueignen – beim Einkaufen, im Restaurant, Fra-gen nach dem Weg –, reicht es allemal. Auch für England-, Spanien- und Italienurlauber erhältlich.

COMPACT VERLAG, 1 CD, 6,99 Euro

Junior: SpAniSch für die ferienBegleitet wird die junge Spanierin Marta, die in Deutschland lebt und mit ihrer Familie in die Feri-en nach Spanien fährt. Nette Handlung, aber das Nachsprechen kann zu Frust führen, da zuweilen Raten angesagt ist, ob das jeweilige Wort richtig verstanden wurde. Da hilft auch die Wiederholung am Ende jedes Kapitels nur wenig. Ein Booklet mit Vokabeln und Aussprachehilfen wäre hilfreich ge-wesen.

DIGITAL PUBLISHING, 1 CD/Download, 12,99/10,98 Euro

enGliSh mit ritter roSt – the ruStY movieDie englischen Songs sind tanzbare und rhythmisch abwechs-lungsreiche Ohrenschmeichler, die Kinder gerne immer wieder hören, was den Lerneffekt spielerisch macht. Die Geschichte um ein Hollywood-Filmteam, das sich die Burg von Ritter Rost als Lo-

cation aussucht, ist amüsant, auch das teilweise „Denglisch” und der Satzbau des englischsprachigen Regisseurs, wenn er Deutsch spricht. Im Begleitbuch sind neben Illustrationen und allen Songs samt Noten auch die Übersetzungen sowie ein Wörterverzeichnis zu finden.

TERZIO/LANGENSCHEIDT, 1 CD, 21 Euro

Alters-empfehlung

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Alters-empfehlung

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Sachbücher

Blickpunkt Reise

Fernweh Für SchauluStige Außergewöhnliche Urlaubsziele, kunstvolle Köstlichkeiten, literarische Streifzüge, globale Modesafaris und ein Knigge gegen Kulturschocks – willkommen auf unserer BÜCHER-Weltreise durch den Blätterwald der Novitäten des Sommers.

Auf dem WAsseR, im WAsseR, unteR WAsseR„Am Anfang sieht man nur Dschungelbrokkoli, am Ende ahnt man, was Glo-balisierung bedeutet.“ Ein erwähnenswertes Zitat von vielen aus den Abenteu-ern, die die Merian-Autoren auf den Wassern dieser Erde erlebt haben. Mal auf einem Deck eines Kreuzfahrtschiffs oder eben in einem Kanu auf den Flüs-sen im ecuadorianischen Regenwald. 100 Abenteuer zum Nachmachen, Hin-träumen und Wegtauchen.

einmal im leben – 100 Abenteuer zu WasserMerian Books, 240 Seiten, 24,99 Euro

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modejAgd um den gloBusDie Metropolen der Welt sind ein einziger Laufsteg. Nicht nur Paris, Berlin oder Tokio – auch Beirut, Kiew und Istanbul ha-ben einen ganz eigenen Streetstyle. Als erfolgreichster Fa-shion-Blogger der Welt ist Yvan Rodic, alias Facehunter, welt-weit auf der Jagd, um dem Stil der Menschen auf den Straßen ein Gesicht zu geben.

YvAn Rodic: facehunter – die Welt als catwalk: von stockholm bis melbourne Prestel, 320 Seiten, 19,95 Euro

leseReise in die kultuRhAuptstAdtMarseille, das seien hundertelf Dörfer, die sich weigern zusammen eine Stadt zu bilden, sagt Autor Cédric Fabre. Es gäbe keine Mar-seiller Küche, dort würde das gegessen, was mitgebracht wird, meint Journalist Philippe Farget. Und Romancier Jean Echenoz weiß, dass Marseille bebt. Diese Sammlung von vielen erstmals übersetzten Tex-ten lädt ein zum Streifzug durch Europas Kulturhauptstadt 2013.

dAniel WinkleR (hRsg.): marseille und die provence. eine literarische einladung Wagenbach, 144 Seiten, 15,90 Euro

vom höRensAgen zum BesseRWisseRMan kann nicht an jedem Ort gewe-sen sein. Was aber tun, wenn man trotzdem mitreden möchte? Vorbilder gibt es seit Karl May oder Marco Polo genug. Und auch Literaturprofessor Pierre Bayard weiß, wie man dennoch über Orte sprechen kann, die man nicht oder vom Hörensagen kennt, man vergessen oder überflogen hat. Eine leichte Urlaubslektüre derer, die über Kalifornien parlieren, aber auf Balkonien kampieren.

pieRRe BAYARd: Wie man über orte spricht, an denen man nie gewesen istKunstmann, 224 Seiten, 18,95 Euro

ABc deR kultuRhYgieneAndere Länder, andere Sitten: Herausgeber Mo-

ritz Freiherr Knigge übersetzt die unterschiedlichen Höflichkeitsformen und -formeln in ein Reise-Regis-ter des Respekts vor anderen Kulturen. In acht Es-says vom kulturellen Überlebenstraining für Besu-

cher in Bayern des Krimiautors Jörg Steinleitner bis zur Annäherung des Schriftstellers Maximilian Dor-

ner an die Konversationskunst der Franzosen ist der Themenvielfalt keine Grenzen gesetzt.

moRitz fReiheRR knigge, jöRg stein-leitneR: die kunst des höflichen Reisens

mvg Verlag, 224 Seiten, 16,99 Euro

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Sachbücher

spielplätze füR eRWAchseneDas Essen wird per Achterbahn an den Tisch geliefert. In einer Hotellobby fischt eine „fliegende“ junge Dame die Flasche eines kräftigen Roten aus dem 13 Me-ter hohen Weinturm. Oder in der Bar im Inneren des Stamms eines Affenbrotbaums ein kühles Bier genie-ßen. Dieser bunte Band inspiriert für den nächsten Trip und der wird alles außer 3-Sterne-plus und Halbpensi-on, sondern abgefahren, ungewöhnlich, verrückt …

BiRgit kRols: crazy places – eine Reise durch die verrücktesten hotels, Bars, Restaurants und locations der Welt Brandstätter, 192 Seiten, 22,50 Euro

deR fluch deR kARiBikWas bringt uns im Urlaub auf die Palme – und wie kommen wir wieder run-ter? Diese Frage ergründet Martin Hecht in seinem Urlaubschocker-Buch, in-

dem er erst alles zum Thema Reisefrust auspackt, um dann mit viel Humor die Reiselust wieder zu wecken. Den eines sollte man als Erstes loslassen, um end-

lich in der Entspannung anzukommen – den Traum vom perfekten Urlaub!

mARtin hecht: irgendwie hatten wir uns das anders vorgestellt – der traum vom perfekten urlaub

Eichborn, 272 Seiten, 14,99 Euro

kAleidoskop An köstlichkeitenKunstwerke zum Anknabbern und leckere Rezepte aus der in-

ternationalen Küche – im dritten Kunstkochbuch der Reihe „Arte in Cucina“ geht es auf eine kulinarische Reise in alle

Ecken der Welt. Und so haben die Künstler der Amsterdamer Galerie ARTACASA für dieses Buch Bilder und Keramikob-

jekte zum Thema Fernweh und Gaumenfreuden angefertigt. Denn das Auge isst ja bekanntlich mit.

WieBke vAn deR scheeR, mARgRé mijeR: Arte in cucina auf Reisen

Gerstenberg, 176 Seiten, 19,95 Euro

kehRtWende Auf deR Reise duRch dAs leBenWas suchen Aussteiger? Und vor allem: Finden sie auch immer, was sie suchen? Schon seit dem 3. Jahrhundert sind Geschichten überlie-fert, wie Menschen aus den Strukturen ihres Lebens ausbrechen, um es auf den Kopf zu stellen und gewohnte Muster zu durchbrechen. Iris Hammelmann blickt in die Kulturgeschichte und zeigt die vielfälti-gen Ansätze der Weltbürger, um dem Alltag zu entfliehen.

iRis hAmmelmAnn: haltet die Welt an! von Aussteigern und einsiedlernGerstenberg, 192 Seiten, 24,95 Euro

zWischen sonne, meeR und zitRonenBäumen

Virginia Woolf nannte die Gegend „pink pyjama country“, das Land der rosa Schlafanzüge. Die britische Schriftstellerin steht für eine ganze Reihe gut betuchter Freigeister und Exzentriker,

die seit den Anfängen des Tourismus an der italienischen Riviera ihren Urlaub verbrachten. Eine literarische Annäherung an den

Mythos der Riviera-Sehnsucht.

Anne goeBel: An südlichen gestaden – die italienische Riviera der künstler und literaten

Edition Ebersbach, 128 Seiten, 25 Euro

Refugien füR eRfüllte momenteEin Strand wie im Traum, die letzten Sonnenstrahlen streicheln die Palmblätter und im Schatten des Tropengewächses massieren die Hände einer Masseurin die Schultern einer vollkommen in Ent-spannung versunkenen Urlauberin. Fallenlassen, tiefenentspannen und die Ruhe auf sich wirken lassen – wenn schon nicht in einem der rund 80 luxuriösen Häuser der Healing Hotels of the World, dann zumindest in diesem Bildband.

healing hotels of the World teNeues, 272 Seiten, 49,90 Euro

BÜCHER verlost je fünf Bücher „Arte in Cucina auf Rei-sen“ (Gerstenberg). Einfach mitmachen und mit ein biss-chen Glück gewinnen. Teilnahmebedingungen auf S. 3.

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Bücher | SachBücher

Dan Kieran

Slow TravelÜbersetzt von Y. von Rauch

Sergi Doria

Das Barcelona von carlos ruiz ZafónÜbersetzt von Peter Schwaar

MeiKe WinneMuth

Das große LosDeutsche Originalausgabe

tina uebel

Nordwestpassage für dreizehn …Deutsche Originalausgabe

eugen ruge

cabo de GataDeutsche Originalausgabe

ernSt horSt

Die Nackten und die TobendenDeutsche Originalausgabe

RogneR & BeRnhaRd, 223 Seiten, 19,95 euro, auch als e-Book erhältlich

S. FiScheR, 288 Seiten, 19,99 euro auch als e-Book erhältlich

KnauS, 336 Seiten, 19,99 euro auch als e-Book erhältlich

c. h. BecK, 400 Seiten, 19,95 euro auch als e-Book erhältlich

Rowohlt, 208 Seiten, 19,95 euro auch als e-Book erhältlich

BleSSing, 320 Seiten, 22,99 euro auch als e-Book erhältlich

Das Cabo de Gata im Südosten Spaniens ist eine der trockensten Regionen Europas, geprägt von vulkanischem Gestein. Es ist das ideale Setting für die Flucht, die Buch-preisträger Eugen Ruge seinen Ich-Erzäh-ler antreten lässt. Bei Ruge konkretisiert sich die Region in einem Fischerdorf, dessen Abgelegenheit und Ödnis zunächst nicht an ein Paradies für den Flüchtling denken lässt. Doch schon bald zeigt sich, dass erst hier in der Abge-schiedenheit und in der gekappten Verbin-dung zum alten Leben ein Zu-Sich-Kommen möglich ist. Ruges Erzähler hat das Glück, zu spüren, dass, wer flieht, manchmal auch ankommt. Und das ist auch für den Leser durchaus tröstlich. (ct)

Schon auf Seite 12 wird die Leserin gewarnt: Wenn sie keine Professorin für Volkskunde sei, habe sie keinen Grund, das Buch in die Hand zu nehmen. Männer hingegen würden sich an den Nacktbildern erfreuen. Und es stimmt: Horsts Buch hat wenig zu bieten – außer langweiligen Details zu Freikör-perkultur und FKK-Magazinen, die bis in die Achtzigerjahre hinein florierten. Ernst Horst verzettelt sich in Namen, Daten oder juristischen Interpretationsstreitigkeiten. Mal will er nachdenklich, mal ironisch sein. Es gelingt ihm aber nicht, die FKK als gesellschaftliches Phänomen zu erklä-ren und deren Einfluss oder Entwicklung fundiert nachzuzeichnen. (clb)

Adler angucken auf der Insel Mull. Von London nach Malaga zum Businesstref-fen. Beides ist Slow Travelling. Dan Kie-ran erklärt dieses Reisekonzept in seinen nachdenklichen Berichten. Die sich nicht auf Destinationen stürzen, sondern die Zeit der Bewegung zelebrieren, die Auf-merksamkeit für das Fremde. Wozu eine Wanderung durch das Wäldchen gehört, an dem man sonst bloß vorübersaust. Kieran ist ehrlich, auch, was Missgeschi-cke und Enttäuschungen angeht. Sein Tipp: Statt mit Travel Guides mit pas-senden Romanen reisen. Etwa Forsyths „Schakal“ auf dem Weg nach Paris. Oder mit John le Carré im Nachtzug durch Deutschland. (jv)

Ein Buch über Bücher, die oft vom Bücher-schreiben handeln. Dorias Spaziergänge durch eine erzählte Stadt führen den Leser an die Schauplätze der Romane „Marina“, „Der Schatten des Windes“, „Das Spiel des Engels“ und „Der Gefangene des Himmels“. Aber keine Sorge: Über deren Handlung ver-rät das Werk jeweils nur so viel, wie für das Verständnis der Zusammenhänge wichtig ist. Übersichtlich in Routen gegliedert bietet es zudem Karten und einige Fotos. Dadurch erscheinen die Schauplätze Barcelonas noch lebendiger als in Zafóns Romanen. Eine Hommage an den spanischen Autor und eine Einladung, diese faszinierende Stadt für sich zu entdecken. (mel)

Orte sind ansteckend, schreibt Meike Winne-muth. 12 Städte in einem Jahr erleben – das ist ihr Plan. Anstelle von Hotels mietet die Journalistin monatlich Wohnungen, taucht ein in den Alltag, den Kiez, das Lebensgefühl der Metropolen. Allein unterwegs lernt sie sich neu kennen, trainiert ihren „Mutmus-kel“ und schreibt darüber in ihrem Reise-Blog. Ihre Betrachtungen erreichen den Leser in Briefform. Winnemuth erzählt frei Schnauze nicht nur wohin sie sich, sondern auch, was sie dabei im Innersten bewegt. Metzger-kurs in Sydney, Tango-Dilemma in Buenos Aires, Faulenzen auf Hawaii, Kulturschock in Mumbai und Abtauchen in Tel Aviv – diese Weltreise ist eine Inspiration, einfach loszufahren. (ts)

Hinter dem lustigen Titel verbirgt sich Geme-cker. Über die Sicherheitskontrolle in Ham-burg, die Zwischenlandung in Kopenhagen, das Ersatzflugzeug nach Kangerlussuaq, den von Air Greenland verschusselten Seesack. Auch die Landgänge während des Törns mit den zwölf Mitseglern geben der Autorin Anlass für Beschwerden. Statt Regionalgerichte wie Moschusochsenburger zu genießen, berich-tet sie von ihren beschwerlichen Einkäufen. Dabei befindet sie sich auf der jahrhunderte-alten Nordwestpassage durch die Arktis, jener einst riskanten Verbindung zwischen Pazifik und Atlantik. So segeln auch Polarforscher-legenden mit, als „Schemen aus der Histo-rie“, und werden zitiert. Wenigstens das. (jv)

BuecheR-magazin.de

04·13 grandios

auch als hörbuch beim hörverlag

erhältlich

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downloads | Sachbücher

niederlande hören

Gelesen von Rolf Becker

Worauf basieren die mutmaßlich „niederländischen“ Eigen-schaften Toleranz und Erfindergeist, Weltoffenheit und Wirk-lichkeitssinn? Die Autorin Corinna Hesse erkundet die kul-turellen Hintergründe für die erstaunlichen Leistungen der Niederländer. Wie kommt es zum Beispiel, dass mitten im absolutistischen Europa eine Republik entstehen konnte, in der kein König, kein Klerus und kein Adel die Macht aus-übte, sondern aufsässige Bürger? Der Schauspieler Rolf Becker führt die Hörer durch die zen-

tralen Ereignisse der niederländischen Kulturgeschichte. Er erzählt Geschichten über listige Händler, strenge Moralisten und fliegende Geisterschiffe, über die Angst vor der Apokalypse und das Lob der Torheit in der Philosophie, über das „Goldene Jahrhun-dert“ der Malerei und die fließenden Städte der Zukunft. Musik lässt die Atmosphäre aller Stationen dieser Entdeckungsreise lebendig werden: vom betörenden Schön-klang der frühen Vokalpolyphonie bis zu den pulsierenden Rhythmen der Gegenwart.

die autorinDie Musikwissenschaftlerin und Rundfunkjournalistin Corinna Hesse ist bekannt für ihre akustischen Länderporträts. Neben den Niederlanden erkundet die 45-Jährige unter anderem die kulturellen Hintergründe von Deutschland, Israel, Italien und Japan.

der sprecherRolf Becker, renommierter Film- und Theaterschauspieler, gibt vielen preisgekrön-ten Hörbüchern aus dem Silberfuchs-Verlag seine sonore und wandelbare Stimme. In Hamburg spielte er im Ensemble des Deutschen Schauspielhauses und Thalia Thea-ters und wurde als „Hamburger Jedermann“ in der Speicherstadt des Hafens gefeiert.

und so funktioniert’sUm das Hörbuch herunterzuladen, registrieren Sie sich auf der Internet-Seite www.hoerbuecher.com/download. Sie erhalten per E-Mail einen individuellen Download-Code, den Sie auf www.sofortwelten.de/gutschein-silberfuchs einge-ben. Die Download-Codes sind gültig bis zum 1. September 2013. Insgesamt sind 1500 Downloads verfügbar.

Über sofortwelten.deDie sofortwelten bieten jedem User eine riesige Auswahl an eHörbüchern, eBooks, eGames, eSoftware und eVideos zum Downloaden und Büchern, DVDs, Blu-rays und Audio-CDs zum Bestellen – insgesamt über 800 000 Artikel, um die Sinne zu verwöh-nen! Außerdem gibt es sechs spannende Themenwelten, in denen man nach Lust und Laune in seinem Lieblingsgenre herumstöbern kann. Spezielle Features: ein einzigartiger Schutz der Medien durch Digital Watermarking – große Sicherheit ohne Einschränkun-gen des Hörgenusses und eine eigene Online-Bibliothek!

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Gratis download Über 2 stunden Hörerlebnis

pur!

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Wagner-Jubiläum

Das unsichtbare theaterPhantasmagorie und wahre Musik – neue Literatur zum 200. Geburtstag von Richard Wagner. Von björn VeDDer

bluthunde hetzen einen jungen Mann durch den Wald. Es ist Siegmund, der von Hun-dings Meute gejagt wird, weil beide Sippen

miteinander im Clinch liegen. Wir sind im Vor-spiel der Oper „Die Walküre“, dem zweiten Teil von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“.

In einer traditionellen Oper würde Siegmund diesen Umstand wohl in einem Rezitativ mittei-len, an den Bühnenrand treten und singen: „Ich renne hier um mein Leben von Hundings Hun-den gehetzt“ – was eine gewisse Komik hätte, weil er, um singen zu können, eben nicht flüchten, sondern dastehen müsste. In Wagners Oper ist das nicht nötig. Die Bühne bleibt dunkel, erst im folgenden ersten Akt sieht der Zuschauer einen jungen Mann sich in ein Haus retten. Dass die-ser zuvor in großer Angst geflüchtet war, weiß er schon, weil die Musik es ihm gesagt hat. Er hat die tiefe Linie der Celli und Kontrabässe gehört, die wie schnelle, rastlose Schritte vorwärtsdrängt, und das Tremolo der darüberliegenden Violinen und Violen, das den Eindruck von großer Angst erweckt. Dabei war die Musik mal leiser und mal lauter geworden – so, als ob sich jemand nähert und entfernt. Auf diese Art entsteht der Eindruck einer Person, die um ihr Leben rennt und wie ein Hase Haken schlägt.

Diese malerische Kunst der Musik entfaltet zu haben, ist eines der vielen Verdienste, das sich Wagner um die Oper erworben hat. Wagner nennt dieses Verfahren, dem Zuhörer ein Geschehen durch Töne vor Augen zu stellen, „das unsichtbare Theater“. Heutige Ohren kennen das aus jedem Mickey-Mouse-Film, Mitte des 19. Jahrhunderts aber war das erst in Ansätzen entwickelt worden.

Nun drängt der 200. Geburtstag des Kompo-nisten, der am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren wurde, zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Mann und dem Werk. Viele Autoren sind die-sem Drängen gefolgt und beschenken mit Biogra-fien und Einführungen Wagner-Fans und solche, die es werden wollen.

affektspektakel unD reflexion Vor allem Letztere haben es dabei jedoch recht schwer. Denn abgesehen von den rein biografi-schen Titeln setzen die Bücher in ihren Werkbe-schreibungen und Interpretationen immer schon eine mehr oder weniger breite eigene Erfahrung des Lesers mit Wagners Opern voraus. Die Stu-dien reflektieren und bewerten Wagners Werk aufgrund dieser Erfahrung, vermitteln sie ihren Lesern aber nicht. Zugleich entziehen sich Wag-ners Werke jedoch einem uninformierten Publi-kum, zumindest dann, wenn es um mehr gehen soll als um ein großes „Rauschen“ oder „akusti-sche Halluzinationen“, in denen sich die von der Musik erregten Leidenschaften verlieren. Zwar

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Sachbücher

wollte Wagner einen solchen Affektrausch beim Zuschauer erregen, verband das aber immer auch mit einer ethischen Dimension, die sich aus dem Wechselspiel von Musik, Text, Schauspiel und Bühnenbild ergibt, also aus dem, was zusammen Wagners Gesamtkunstwerk ausmacht. Diese ethi-sche Dimension droht jedoch in der bloßen Erfah-rung der Oper als Spektakel, die sich in deutschen Opernhäusern gut beobachten lässt, verloren zu gehen, wie Martin Geck in seiner Wagner-Bio-grafie schreibt.

Der Leser sitzt damit in einer Zwickmühle: Er muss hören, lesen, wieder hören, wieder lesen usw. Eine Ausnahme bildet Loriots humoristi-sche Erzählung von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“, die nun als Hörbuch wiederaufge-legt wird und auch Hörbeispiele bietet. Loriot gibt allerdings nur einen allerersten Überblick, der sich vor allem auf den Inhalt konzentriert. Eine Kombination von Analyse und Hörbeispiel wäre auch für andere Titel wünschenswert gewesen.

Weniger dringlich ist die eigene musikalische Erfahrung bei eher kulturgeschichtlichen Betrach-tungen wie denen von Dieter Borchmeyer oder Jens Malte Fischer, weil diese ihre Analysen vor allem am Text und an philosophischen Zusam-menhängen begründen, jedoch kaum am musi-kalischen Material.

Für eine fruchtbare Lektüre von Gecks großer Studie, Joachim Kaisers „Leben mit Wagner“ oder Christian Thielemanns „Mein Leben mit Wagner“ ist eine solide Werkskenntnis jedoch Vorausset-zung. Dabei bezeichnet der kleine Unterschied im Titel der beiden letzten Bücher zugleich einen großen Unterschied im Vorgehen. Während der Musikkritiker Kaiser sich nämlich auf eine ein-führende Analyse von Wagners Werk konzentriert und seine eigene Person und individuelle Wertung möglichst hinter Argumente zurückstellt (und von sich auch nur in Klammern spricht), putzt der berühmte Dirigent Thielemann die eigene Person heraus. Seine Leser sollten sich für Thie-lemann ebenso interessieren wie für Wagner, um an diesem Buch Freude zu haben.

„GarstiGer Gauch“ Die Person Wagners scheint, abgesehen von sei-nem großen Humor, von dem manche Anekdo-ten zeugen, eher unangenehm gewesen zu sein. Das lag weniger daran, dass Wagner ständig pleite war, aber auf großem Fuß lebte, weshalb er jeden penetrant um Geld anging. Im Leben auf Pump war Wagner ein fast noch größerer Künstler als in der Musik. Und das lag auch nicht daran, dass er meinte, die Welt schulde ihm ein gutes Auskom-men, damit er „bei guter Laune schaffen“ könne, wie er einmal an seinen Schwiegervater, den Kom-ponisten Franz Liszt schrieb. Beides war im

Dieter borchmeyer: richard Wagner.

leben – Werk – ZeitReclam, 404 Seiten,

22,95 EuroAuch als E-Book erhältlich

Jens malte Fischer: richard Wagner und

seine WirkungZsolnay, 320 Seiten,

19,90 Euro

martin geck: Wagner. biographie

Siedler, 416 Seiten, 24,99 Euro

Auch als E-Book erhältlich

anDreas Völlinger, FlaVia scuDeri: WagnerKnesebeck, 48 Seiten, 19,95 EuroErscheint Mitte Juni

eckharD henscheiD: götter, menschen und sieben tiereReclam, 222 Seiten, 24,95 Euro

elFrieDe Jelinek: rein golD. ein bühnenessayRowohlt, 242 Seiten, 19,95 EuroAuch als E-Book erhältlich

Joachim kaiser: leben mit WagnerSiedler, 240 Seiten, 16,99 EuroAuch als E-Book erhältlich

Ausrucksvolle Zeichensprache: Wagners Lebensgeschichte als Graphic Novel in Buchform und als interaktive Wagnerwahn-App mit 240 animierten Zeichnungen

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19. Jahrhundert weder ungewöhnlich noch eine Schande. Eine Schande ist aber sein Antisemi-tismus, den er in „Das Judenthum in der Musik“ (1850 und 1869 in verschärfter Fassung) in eine Kunstphilosophie münzte und damit zum Vorrei-ter eines kulturellen Antisemitismus wurde, den die Nationalsozialisten fortführten. Persönlich rieb sich Wagners Antisemitismus insbesondere am Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy, den Wagner für all das hasste, was dieser ihm vor-aushatte (eine gute Familie, Anerkennung, Ele-ganz, Ruhm und Reichtum), dem er diese Aversion aber verhehlte, solange er von ihm zu profitie-ren versuchte. Und den er dann zum Kronzeu-gen einer jüdischen Unmusikalität und kulturel-len Unterlegenheit machte, als er von ihm nichts mehr zu erwarten hatte, weil Mendelssohn gestor-ben war und sich weder wehren noch Wagner irgendwie weiter nützen konnte. Musikalische Ideen von Mendelssohn hat Wagner freilich wei-terhin benutzt.

Wie wirkungsreich dieses Menetekel für die deutsche Beziehung zu Wagner war und ist, zeigt neben Fischer auch Sven Oliver Müller in seiner Untersuchung über „Wagner und die Deutschen. Eine Geschichte von Hass und Hingabe“. Dabei hat die Begeisterung für das Werk meist die Antipathie gegen die Person vergessen lassen. Schon Gustav Mahler hatte persönlich unter einem aggressiven Antisemitismus zu leiden, wollte aber dennoch Wagners „unsichtbares Theater“ in seinen eige-nen Kompositionen fortführen.

Musikalische überwältiGunGDabei war Wagner, anders als Mahler, die Musik zunächst nur Mittel zum Zweck und sollte die von

Text und Schauspiel getragene Bedeutung unter-stützen. Erst später wurde sie zum selbständigen Ausdruck von dem, was Text und Schauspiel nur exemplarisch zeigen, der Idee. Die Musik spricht nicht eine individuelle Liebe oder Leidenschaft aus, sagt Wagner, sondern die Liebe oder Leiden-schaft selbst. Damit steht Wagner einerseits fest im Kontext der romantischen Kunstphilosophie und nimmt doch eine Sonderstellung ein, wie ins-besondere der Vergleich zu den Opern des gleichal-ten Verdi zeigt, den Holger Noltze zieht. Während Verdis am Markt orientierten Opern ihr Publikum zwar verführen, nie aber beherrschen wollen, ist genau das Wagners erklärte Absicht. Die Sugges-tivkraft der visuellen Musik und der Stabreime im Libretto, der mächtigen immer wiederkehrenden Leitmotive und der imposanten Bühnentechnik, der erstmals verdunkelte Zuschauerraum und das unter dem „mythischen Abgrund“ (einer Haube) versteckte Orchester in Bayreuth, das die Musik erleben lässt, als quelle sie aus den Sitzen, die gro-ßen Gefühle und großen Konflikte der mythischen Stoffe – all das soll den Zuschauer überwältigen und seine Belehrung durch die Moral der Oper erzwingen. Wagnerianer zu sein, ist deshalb mehr als eine musikalische Leidenschaft. Es ist eine Art Weltanschauung. Wie produktiv die Auseinander-setzung damit sein kann, zeigt Elfriede Jelineks Bühnenessay „rein GOLD“. In einem fiktiven Gespräch zwischen dem Göttervater Wotan und der Walküre Brünnhilde schreibt sie das Drama um die Gier vom „Ring des Nibelungen“ fort bis in die zeitgenössische Wirtschaftskrise. Damit legt sie die kapitalismuskritische Dimension von Wag-ners Oper offen und aktualisiert sie als ein Spie-gel der eigenen Gefühle.

hörbuch-tipp liVe in bayreuthDonnerstag, 15. August 2013Matinee

martin gregor-Dellin: richard Wagner. sein leben. sein Werk. sein JahrhundertLESuNG: ulrich Noethen,

GESpRäch: heinz-Dieter Sommer und hans Sarkowicz (hessischer Rundfunk)

ORt: Bayreuther Festspiele, Bistro des Festspielhauses, Im Festspielhügel 1–2, 95445 Bayreuth

Martin Gregor-Dellins Biografie ist ein Klassiker, der Wagners Lebensdrama in einer fesselnden Sprache erzählt – kombiniert mit enorm fundierter Kennt-nis der Originalquellen. Die hörbuch-fassung, eingerichtet von heinz-Dieter Sommer, unterstreicht die gelungene Verbindung von Lebens- mit allgemei-ner Zeitgeschichte. und auch ulrich Noethen hält gekonnt die Balance: Er erzählt und berichtet, er taucht ein und wahrt Distanz.OStERWOLD AuDIO, cA. 900 MIN./15 cDS, 49,99 EuRO

loriot erzählt richard Wagners ring des nibelungenDeutsche Grammophon Literatur, ca. 150 Min./ 2 cDs, 21,99 Euro

sVen oliVer müller: richard Wagner und die Deutschen. eine ge-schichte von hass und hingabec. h. Beck, 351 Seiten, 22,95 EuroAuch als E-Book erhältlich

holger noltZe: liebestod. Wagner, Verdi, Wirhoffmann und campe, 448 Seiten, 24,99 Euro

christian thiele-mann: mein leben mit Wagnerc. h. Beck, 319 Seiten, 19,95 Euro Auch als E-Book erhältlich

hörbuchGelesen von ulrich tukurDAV, 349 Min./5 cDs, 24,99 Euro

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Live-HörspieL | SachbücHer

ein Mann, ein ringRichard Wagners kompletter „Ring des Nibelungen“ aus dem Hals von nur einer Person? Stefan Kaminski macht es mit seinem Hörspieltheater möglich. Im BÜCHER-Interview erzählt der „Stimmenmorpher“, was ihn dabei geritten hat. IntervIew: ChrIstIan Bärmann

Herr Kaminski, wie sind Sie darauf gekommen, dem „Ring“ von Wagner ein komplett neues Gewand zu verpassen?

Ich habe durch die Lektüre des „Rheingold“-Librettos und das Hören der Oper Gefallen an der Geschichte gefunden, an den starken Figu-ren, die darin vorkommen. Mit ihren spannenden Biografien trans-portieren sie ganz große Kosmen, die viele Parallelen zur heutigen Zeit aufweisen. Der „Ring“ ist ein Weltepos, eine mythologisch ver-wurzelte Geschichte, die absolut in die Neuzeit hineinsticht. Es geht um das Versagen von Politik, unerfüllte Träume, gelebte Ängste, Naturzerstörungen, Neid, Missgunst, Verrat, Liebe … Dinge, die heute auch junge Menschen und sogar bereits Kinder kennen.

Haben Sie sich angesichts der Opulenz des Originals den-noch mal gefragt, worauf Sie sich da eingelassen haben?Diese Gedanken gab es tatsächlich, denn im Nachhinein musste ich feststellen, welche Größe dieses Werk hat – musikalisch ohne-hin, aber auch inhaltlich. Im „Rheingold“ ist der Inhalt noch über-schaubar. Aber ab „Walküre“ kommen deutlich mehr Figuren ins Spiel. Wotan beginnt, zu bröckeln, Liebe spielt eine Rolle, und es gibt tiefe geschichtliche Rückblicke. Es war schon eine Herausfor-derung, etwa die „Götterdämmerung“, die Wagner in sechs Stunden erzählt, auf 80 bis 90 Minuten zu verknappen. Ich wollte das kna-ckig, sehr filmisch erzählen – und da wurde mir bewusst, auf was ich mich da eingelassen hatte. Aber ich habe mich reingebissen,

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umgestellt und umgeschrieben, bis meine Erzählform die adäquate war. Oft wird Wagner ja belächelt für seine Reime, aber ich habe mir die Dinge herausgesucht, die bestechend sind. Er hat eine große Genauigkeit, einen großen Witz und auch Schlüpfrigkeit in seinen Stabreimen und Alliterationen – das habe ich mir gegriffen und ver-sucht, die Figuren sehr plastisch zu zeichnen.

Haben Sie die Umsetzung sofort im Kopf gehabt?Ja, diese Geschichte hat mich angestochen, ich konnte mir sofort vorstellen, wie bestimmte Passagen klingen, welche Atmosphäre gewisse Szenen haben müssen und welche Stimmen die Figuren. Wir haben es tatsächlich geschafft, alle vier Teile mit ganz unterschiedli-chen Atmosphären auszustatten: „Rheingold“ ist ein Urmythos, die „Walküre“ eine zarte Liebesgeschichte und Tragödie, „Siegfried“ ist eine Slapstick-Explosion, ein Märchen, von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen, und die „Götterdämmerung“ ist der Abgrund, ein bestialischer Krimi von großer Kälte – in dem wir auch musika-lische Zerstörung stattfinden lassen. Dazu kommt, dass gerade das zu hörende Wort in der Oper ja kaum stattfindet. Es gibt wunder-bare Gesänge und musikdramaturgisch verbundene Librettophra-sen, aber wenn man den Inhalt nicht kennt, versteht man den Text meistens nicht. Und wenn man sich mit den Ober- und Untertiteln befasst, verpasst man Handlung auf der Bühne …

Sie bieten also die erste Oper, die man auch versteht?Nein, um Gottes willen. Die Oper ist ein tolles Medium, aber ich freue mich, mit meinen Musikern etwas Neues geschaffen zu haben, das ich Hörspieltheater nenne – eine Mischung aus Theater, Hör-spiel und Bühnenwerkstatt. Ich bin gestisch und mimisch aktiv,

spiele den Text frei und habe mich auch des Librettos sehr stark bedient. Ich habe Figuren die heutige Sprache verliehen, zeitgenös-sische Momente geschaffen oder bin dem Libretto von Richard Wag-ner besonders treu geblieben.

Ein Rezensent befand, Sie böten Wagner für Anfänger. War das auch Ihre Motivation?Nein, das war zunächst eine ganz persönliche Angelegenheit. Ich hatte nicht das Ziel, Wagner für Anfänger zu machen – es kann sein, dass dieser Aspekt nun die Folge meiner Bearbeitung ist. Bei „Sieg-fried“ sehe ich oft Eltern mit ihren Kindern, bei der „Götterdäm-merung“ eine Mischung aus Studenten, Punks, Wagnerianern und normalen Opernfreunden – von acht bis 80 sind auch wegen des Unterhaltungswertes alle Schattierungen vertreten. Die einen freuen sich, weil sie die Tiefe des Werkes wiederfinden. Und diejenigen, die andere Aufführungen wie „Kong“ oder „Es kam von oben“ von uns kennen, stoßen auf eine ganz andere Art von Sprache und Tiefe in der Geschichte – das führt sie in den Stoff hinein. Auch ich war ein Anfänger, als ich mich mit Wagner beschäftigt habe. Ich wollte mich mit dem Geist, dem Gefühl und dem Witz, den ich in mir habe, und als Mensch unserer heutigen Zeit daransetzen, diese Geschichte loyal zu erzählen, aber eben mit meinen Mitteln und absolut frei.

Sie sprechen von Hörspieltheater – wirkt Ihr „Ring“ auch abseits der Bühne?Auf jeden Fall. Beim Hörspieltheater kann man natürlich sehen, wie das Ganze entsteht, durch sehr skurrile Instrumente und eine Vielfalt an Geräuschen. Das alles ergibt eine klangliche Dampfsauna, die die Zuschauer audiophil in den Bann zieht. Mit der theatralen Tiefe und

Nach RichaRd WagNeR, deR RiNg des NibeluNgeN, Mit stefan Kaminski, GoyaLiT, Hörspiel, 306 Min./4 CDs, 29,99 Euro

Wagners „Götterdäm-merung“ als Hörspiel-theater von Kaminski On Air im Deutschen Theater Berlin

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SachbücHer

288 Seiten. Gebunden€ 19,95 (D) / € 20,60 (A) / sFr. 28,50 (UVP)

Der neue Roman von Doris Knecht

Ein ziemlich perfektes Leben. Bis die Vergangenheit anklopft.

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dem klanglich völlig neuen Bild kommt das Ganze einem Rockkonzert-besuch sehr nahe. Aber auch als Hörspiel funktioniert unser „Ring“.

… wobei man sich trotz Ihrer sagenhaften Stimmenvielfalt beim Hören der CDs ziemlich konzentrieren beziehungsweise bereit sein muss, sich auf diese neue Form einzulassen. Ja, man muss schließlich erst mal die Aufgabe bewältigen, dieses For-mat an sich zu begreifen. Was passiert da überhaupt? Das funktio-niert nun einmal nicht so wie ein im Studio aufgenommenes Hör-spiel – bei dem man klare Figuren und einen Erzähler hat, der einen durch die Handlung führt. In diesem Fall ist das verwobener, man muss genau hören, wann welche Figur gemeint ist, denn die Stim-men kommen ja nur von mir. Dazu kommt diese seltsame Musik – diese Verbindung aus E-Cello, Gartenschlauch mit Tubamundstück und Glasharfe hat man ja auch noch nicht so gehört. Das ist eine fremde akustische Landschaft, die einen in diese Welt hineinsau-gen soll. Erst wenn man das verstanden hat, kann man sich so rich-tig der Geschichte hingeben und sie dann auch noch einmal hören. Auf der Bühne erhält der Zuschauer die komplette Packung, die ein-deutig ist. Aber auch die Hörspielfassung lässt der Handlung folgen, weil man sich der Illusion hingeben kann, dass die Stimmen nicht nur aus einem Hals kommen.

Sie haben als Jugendlicher vor allem Heavy Metal gehört und bauen nun im „Ring“ auch Schlager- und Rap-Musik ein. Haben Sie durch Wagner eine neue Vielfalt entdeckt?In meiner Jugend habe ich Heavy Metal sehr stark gelebt. Mittler-weile interessiert mich Musik generell, da gehört auch Country, Elek-tronik und Pink Floyd dazu – mich begeistert Musik, die Geschich-ten erzählt. Deswegen ist es wichtig für meine Musiker und mich, dass unsere Abende eine musikalische Landschaft erzählen, die ich mit der Sprache als zusätzliches Instrument zu einer theatralen Oper verschmelzen lassen kann. Deswegen habe ich mich bemüht, den Figuren, die im „Ring“ als Sonderlinge auftreten, eine eigene klang-liche Umwelt zu schaffen.

Deswegen singt Siegfried auch den Schmachtfetzen?Ja, denn Siegfried ist die zweite Generation nach Wotan, hört deswe-gen auch andere Musik und hat andere Werte – deshalb fand ich ein frisches und freies Liebeslied, das aber aus Originalmotiven besteht, angemessen. Das zeigt im Grunde auch den Überschwang dieser beiden liebenden Menschen, es geht mit Siegfried durch, und kann ruhig nach Karel Gott klingen. Kein musikalischer Stil ist romanti-scher und eindeutiger als der Schlager. Der Halbgott Loge im „Rhein-gold“ fährt hingegen einen ganz anderen Takt, weil er einen ande-ren Background hat, der von den Göttern weg und eigentlich nur ins Feuer zurück will. Er hat die Nase voll – und hat bei mir deswegen diesen Rap bekommen, weil es ein krasser Gegensatz zur Wagner-Musik ist und diese Street-Credibility hat, den Geist von den Fan-tastischen Vier und das Rotzige von Sido.

Sie treten im August im Begleitprogramm der Bayreuther Festspiele auf. Ist das der Ritterschlag?Es ist eine große Ehre, dort zu sein. Wir treten zu der Zeit auf, wenn der „Ring“ im Festspielhaus läuft und die ganze Welt zu Gast in Bay-reuth ist. Wir werden vor etwa 400 Leuten im schönen Europasaal auftreten und freuen uns schon wahnsinnig darauf.

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Navid KermaNi

AusnahmezustandDeutsche Originalausgabe

alleN FraNces

NormalÜbersetzt von B. Schaden

C. H. BeCk, 253 Seiten, 19,95 euro Auch als e-Book erhältlich

Dumont, 320 Seiten, 22 euro Auch als e-Book erhältlich

Fulvio ervas

Wenn ich dich umarme …Übersetzt von Maja Pflug

richard l. BraNdt

Ein KlickÜbersetzt von S. Schilasky

DiogeneS, 319 Seiten, 16,90 euro Auch als e-Book erhältlich

ReDline, 192 Seiten, 14,99 euro Auch als e-Book erhältlich

JeNNy lawsoN

Das ist nicht wahr, oder?Übersetzt von Wolfram Ströle

„Nennt mich Ismael. Ich reagiere zwar nicht darauf, weil ich nicht so heiße, aber es klingt viel besser als die meisten ande-ren Dinge, die man mich nennt.“ Jenny Lawson – wenn Sie nicht wissen, wer sie ist, sehen Sie auf theblogess.com nach, es lohnt sich auf jeden Fall – legt mit „Das ist nicht wahr, oder?“ ihre Autobiografie vor. Aufgewachsen ist sie in einem winzi-gen Nest in Texas in einer Familie, die so arm war, dass die Kinder selbst gemachte Winterschuhe aus Brotbeuteln trugen. Dafür überraschte der Vater, ein Tier-präparator, seine Töchter mit Geschen-ken, etwa einer Badewanne voll Wasch-bären oder einer Handpuppe aus einem Eichhörnchenkadaver, von dem noch das Blut tropfte. Ob eine kausale Verbindung besteht, ist unklar, aber Jenny Lawson ent-wickelte eine schwere Angststörung. Die Nervosität im Umgang mit Menschen, mit der sie bis heute kämpft, verursacht wit-zige, entlarvende Geschichten. Mit dem klaren Blick der Außenseiter und dem schwarzen Humor der Unberechenba-ren beobachtet sie ihre Umgebung und die Menschen darin aus einer einzigarti-gen Perspektive. Was sie sieht, ist skurril, ihre Schilderungen sind tragikomisch und geistreich. Aber dieses ganze Buch wäre unendlich viel cooler, wenn die Autorin nicht selbst ständig betonen würde, wie „durchgeknallt“, „verrückt“ und „total wahnsinnig“ alles sei. (ed)

dies ist amerika, wie sie es noch nie gese-hen haben. unheimlich blutig, schäbig schön und umwerfend komisch.

metRolit, 368 Seiten, 19,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Erzählen und gleichzeitig erklären, dies aber unaufdringlich: Das ist die hohe Kunst der Reportage, die Kermani hervorragend beherrscht. Auf einer Reise zu pakistani-schen Sufis lernt der Leser die vielen Facet-ten des Islams kennen. Der Besuch in einem syrischen Krankenhaus sagt mehr über Gewalt, Propaganda und die Absurdität der Welt als tausend Fernsehbilder. Einige Berichte sind veraltet, sodass man sich fragt, ob die Publikation einiger journalistischer Beiträge in Buchform wirklich klug war. Der Titel ist außerdem nicht besonders gut gewählt, denn Kermanis Hinweise auf einen vermeintlichen „Ausnahmezustand“ bleiben vage. Gleichwohl erweitert die Lek-türe den Horizont. (clb)

Seit Jahrzehnten gilt das „Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Stö-rungen“ (DSM) als ein bewährtes Instru-ment der Fachleute, um zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit zu unterschei-den. Frances war Vorsitzender der Kommis-sion für die vierte Version des DSM. Am neuen, stark umgearbeiteten und erweiter-ten DSM-5 übt er scharfe Kritik: „Aus einer nuancierten Psychiatrie ist eine Checklis-ten-Psychiatrie geworden. Sie ebnet indivi-duelle Unterschiede ein und vereinheitlicht maßgeschneiderte Therapien.“ Zur Last des Patienten, wie Frances anhand Individu-alfälle darlegt. Das lesenswerte Buch zeigt ebenfalls, wie fließend die Übergänge zwi-schen krank und gesund sind. (ang)

Autisten brauchen Routine. Genau das Gegenteil erlebt der 18-jährige Andrea. Sein Vater unternimmt trotz ärztlicher Warnun-gen mit dem autistischen Teenager einen Roadtrip per Motorrad. Gemeinsam reisen sie fast 40 000 Kilometer über den amerika-nischen Kontinent. 123 Tage, die die Bezie-hung von Vater und Sohn verändern werden. Es ist eine Erzählung voller Leidenschaft, Freiheit, Mut und Verwirklichung. Andrea lernt das Leben in praller Vielfalt kennen, statt in stumpfen Stereotypien. Eine bewe-gende Geschichte in schöner Sprache und voller abenteuerreicher Episoden, die noch mehr berühren könnte, würde über Emo-tionen nicht so schnell gebügelt wie über die Straßen Amerikas. (ole)

Wer in Jeff Bezos einen weiteren Visio-när à la Steve Jobs erwartet hat, wird ent-täuscht. Brandt stellt die Triebfeder hinter dem Internetgiganten eher als einen ideen-reichen Geschäftsmann dar. Dass sich der clevere Bezos ausgerechnet den Buchmarkt für seinen großen Aufstieg aussuchte, ist eher ein Resultat wirtschaftlichen Kalküls denn Leidenschaft für das Thema. Wenn sich der heute 49-Jährige einst etwas auf die Fahnen geschrieben hatte, war es den Kunden perfekten Service zu liefern. Brandt hat für die Biografie über „Mr. Amazon“, für die er journalistische Artikel sorgfältig ausgewertet hat, ganze Arbeit geleistet und schildert dessen Werdegang detailreich mit allen Höhen und Tiefen. (ole)

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BüchEr | SachBüchEr

roBert uNd edward sKidelsKy

Wie viel ist genug?Übersetzt von Thomas Pfeiffer, Ursel Schäfer

Antje kunStmAnn, 280 Seiten, 19,95 euro Auch als e-Book erhältlich

olaF Fritsche

Die neue SchöpfungDeutsche Originalausgabe

RowoHlt, 288 Seiten, 19,95 euro Auch als e-Book erhältlich

JuliaN assaNge, JacoB appel-Baum, aNdy müller-maguhN, Jérémie ZimmermaNN

cypherpunksÜbersetzt von Andreas Simon dos Santos

Gipfeltreffen der Cypherpunk-Großhirne in der ecuadorianischen Botschaft in London. Der Australier Assange diskutiert mit dem Amerikaner Appelbaum, dem Deutschen Müller-Maguhn und dem Franzosen Zim-mermann über die Zukunft des Internets. An zahlreichen konkreten Beispielen schil-dern die Netzaktivisten, wie das Internet zu einer Spionagemaschine geworden ist, die von Regierungen und globalen Konzernen kontrolliert wird. Da hilft nur die digitale Revolution – und wie die aussehen könnte, ist das kontroverse Thema dieses Buches. Privatsphäre durch Chiffrierung der per-sönlichen Daten, daran arbeiten seit den 1980er-Jahren die Cypherpunks, weil die Netz-Architektur eben auch die politische Situation definiert. Und so läuft alles dar-auf hinaus, weg von den zentralistischen Strukturen, politischen und wirtschaftli-chen wie Google, Facebook & Co. zu kom-men. Statt „die vier Reiter der ‚Infokalypse‘: Kinderpornografie, Terrorismus, Geldwä-sche und der Krieg gegen Drogen“ als Rech-fertigung für die totale Überwachung zu akzeptieren, ist der Tenor die Besinnung auf die Selbstbestimmung. Oder wie Andy Müller-Maguhn es formuliert: „Im Endge-rät des Endnutzers, das ist dieses Ding zwi-schen deinen Ohren – das ist der Ort, wo du filtern solltest.“ (ts)

insider-informationen zur globalen Netz-Kontrolle und provokante visionen von der cypherpunk-elite.

CAmpuS, 200 Seiten, 16,99 euro, inklusive e-Book

Angesichts wachsender Produktivität glaubte John Keynes, dass die wöchentli-che Arbeitszeit 2030 nur noch 15 Stunden betragen werde. Warum es vielen nicht zum guten Leben reicht, während wenige Mil-liarden zusammenraffen, ergründen der Ökonom Robert und der Philosoph Edward Skidelsky. „Gefühlter“ Wohlstand sei rela-tiv. Manche Leute fühlten sich nicht gut, solange es anderen besser zu gehen scheine. Bei ihrer Suche nach Auswegen gelingt den Autoren eine auch für Laien gut nachvoll-ziehbare Analyse des vom Wachstumswahn befeuerten Kapitalismus. Ihr Gegenentwurf mit Grundeinkommen und Konsumsteu-ern aber klingt ein wenig nach fürsorgli-cher Bevormundung. (ub)

Gentechnik polarisiert. Himmel oder Hölle und wenig dazwischen. Laut Fritsche ist aber eines gewiss: Die Welt wird sich grund-legend ändern, egal was wir davon halten. Er widmet sich dem Stand der Forschung von der Krebsheilung bis zur Schaffung künstli-chen Lebens oder zur bakteriellen Herstel-lung von Öl. Einiges wirkt skurril, vieles hoffnungsvoll, aber auch bedrohlich. Frit-sche betont, dass „gut“ und „böse“ hier nicht weiterhelfen – wir müssen (neu) lernen, vor allem die Schulen seien gefordert. Sein Fokus ist die Welt von 2050. Die „Labor-buchseiten“, die wissenschaftliche Grund-lagen vermitteln sollen, greifen zu kurz. Insgesamt ein gut geschriebener, aber oft sehr spekulativer Diskussionsbeitrag. (jd)

Eine saubere Zelle wird nicht krank!

Seit mehr als 30 Jahren erforscht Dr. h. c. PeterJentschura den menschlichen Stoffwechsel! Dasvon ihm entwickelte dreistufige Entschlak-kungssystem ist einfach und für jedermann zuHause leicht durchzuführen: Schlackenlösung,Neutralisierung und Ausleitung der gelöstenSäuren und Gifte aus dem Organismus über dieHaut und über die Nieren.

Unser Körper macht nichts falsch!

Die Autoren betrachten die Entstehung vonKrankheit aus einer ganz neuen Perspektive. Siezeigen auf, wie wir die Sprache unseres Körpersbesser verstehen, und ihm durch kluge Ernäh-rung und richtige Körperpflege helfen, dauer-haft gesund zu bleiben. Egal, wie alt Sie sind:Fangen Sie an! Ihr Körper wird es Ihnen danken!

210.000 Stück verkauft

Dr. h. c. Peter Jentschura · Josef LohkämperISBN 978-3-933874-33-7 · 260 Seiten · € 24,50

Verlag Peter JentschuraTelefon +49 (0) 25 36 - 34 29 90

Leseproben: www.verlag-jentschura.de

30 Jahre Verlag Peter Jentschura

19.Auflage

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In Bücherwelten leBenIn diesem wortreichen Bildband öffnen 20 Bücher-Menschen wie die Verleger Gerhard Steidl und Florian Langenscheidt, die Autoren Ildiko von Kürthy oder Wolfram Siebeck (im Bild) und die Literaturkritikerin Felicitas von Lovenberg

ihre Wohnungen, zeigen ihre bildschönen Buchschätze und erzählen Stefanie von Wietersheim aus ihren Lesebiografien – inklusive der Bücher, die sie gerettet und verändert haben.

StefanIe von wIeterSheIm, claudIa von Boch: vom Glück mit Büchern zu leben Callwey, 192 Seiten, 29,95

Im GedächtnIS der worte„Ich probiere Geschichten an wie Kleider“, lautet ein zen-traler Satz aus Max Frischs Roman „Mein Name sei Gan-tenbein“. Das Lesen von Geschichten gleiche einer in-tellektuellen Kleiderprobe, erklärt Stefan Bollmann, der Leselust in ihrer geschichtlichen Bedeutung nachgeht, um das Glück in der Literatur durch den jeweiligen Zeitgeist aufzulesen.

Stefan Bollmann: warum lesen glücklich machtInsel Verlag, 144 Seiten, 9,95 Euro

In den SatzSpIeGel SchauenBibliophile lesen und lieben auch die textlosen Botschaf-

ten der Bücher. Wulf D. von Lucius widmet diesen kostba-ren und besonderen Büchern sein Sammlerleben und re-

flektiert in diesem Buch für Bibliophile die Geschichte von Buchästhetik und Buchkunst beispielhaft an Buchgestaltern

und Autoren und dem Sammeln selbst.

wulf d. von lucIuS: das Glück der Bücher

Berlin University Press, 240 Seiten, 39,90 Euro

In auSGewählter GeSellSchaftOb „Berlin Alexanderplatz“ oder „Die Buddenbrooks“, ob Cervantes, Chandler oder Coetzee – dieser ziegelsteindicke Wälzer versammelt die Meilensteine und Bestseller der Litera-turgeschichte von den Märchen aus „1001 Nacht“ bis hin zu Jonathan Franzens „Freiheit“ – ausgewählt und vorgestellt von 157 internationalen Rezensenten.

peter Boxall: 1001 Bücher, die sie lesen sollten, bevor das leben vorbei ist5. aktualisierte, Olms, 960 Seiten, 29,95 Euro

BÜCHERSCHAUFENSTERBild- und wortreicher Lesestoff für alle Bibliophilen und Literaturverrückten, die sich auch für die Geschichten hinter den Büchern interessieren.

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Dossier BÜCHERWelten

Im auGe BehaltenSchwarzweißaufnahmen aus 50 Jahren Literaturgeschichte in einem einzigar-

tigen Autoren-Bilderbuch: Als Hausfotografin des Literarischen Colloquium Ber-lin zog Renate von Mangoldt 1964 nach Berlin und von dort dann auch hin-

aus in die Welt, um Schriftsteller zu fotografieren. „Ich sehe mich als Begleiterin und Bewahrerin der vielen Momente, die als Bilder nur die Fotografie festhalten

kann. Aus den Fluss der Zeit herausgefischte Augenblicke.“

renate von manGoldt: autoren. fotografien 1963 – 2012Steidl, 544 Seiten, 38 Euro

verloSunGBÜCHER verlost je drei Bildbände von „Autoren“ (Steidl). Einfach mitmachen und mit ein bisschen Glück gewinnen. Teilnahmebedingungen auf S. 3.

Im BuchweSen leSenEine Reise hinter die Kulissen der Bücher, die von den Geschichten hinter den Geschichten erzählt: Experten aus der Branche, Drucker, Kritiker und Buchhändler, berichten von ihrer Leidenschaft für Literatur. Vom Autor, der von der Ideenfindung erzählt, bis zur Buchbinderin kommen alle zu Wort, die den Worten ein Zuhause schaffen.

aufBauStudIenGanG münchner BuchwISSenSchaft 2011: Bücher machen menschenAllitera, 240 Seiten, 14,90 Euro

InfraGe GeStelltWann beginnt die deutsche Literatur und mit welchem Werk? Warum musste Emilia Galotti sterben? Was sollen die Gespenster im Realismus? Sind Sportnach-richten Literatur? Kenntnisreich und unterhaltsam führt Oliver Jahraus seine Leser vom Mittelalter bis zur unmittelbare Gegenwart und erklärt in den Antworten auf ungewöhnliche Fragen die wichtigsten literarischen Werke deutscher Literatur.

olIver JahrauS: die 101 wichtigsten fragen: deutsche literatur, C. H. Beck, 192 Seiten, 10,95 Euro

In dIe weltGeSchIchte eInGeSchrIeBenVon der Erfindung der Schrift durch die Sumerer bis zum heutigen E-Book zeichnet Martyn Lyons die Evolution der Schreib- und Lese-kultur kenntnisreich nach. Eine illustrierte Geschichte der Alphabe-te, Satzzeichen und Wortabstände von den Schriftrollen über den

Buchdruck mit beweglichen Lettern bis hin zu unseren heutigen digitalen Lesewelten.

martyn lyonS: das Buch. eine illustrierte GeschichteÜbersetzt von Birgit Fricke und Jutta Orth

Gerstenberg, 224 Seiten, 29,95

In den wörtern hauSenDer Bibliothekar Matthew Battles erzählt von der untergegan-

genen Bibliothek in Alexandria, von der British Library, von mit-telalterlichen Klosterbibliotheken oder der Privatbibliothek Jona-

than Swifts und von seinem Arbeitsplatz, der „Widener Library“ in Harvard. Eine kenntnisreiche Lesereise zu den entscheidenden Wendepunkten in der über dreitausendjährigen Geschichte des

Büchersammelns als kulturelles Gedächtnis der Menschheit.

matthew BattleS: die welt der Bücher. eine Geschichte der Bibliothek

Übersetzt von Sophia Simon Artemis & Winkler, 255 Seiten, 19,99 Euro

Im BuchStäBlIchen SInn„Große Literatur ist einfach Sprache, die bis zur Gren-

ze des Möglichen mit Sinn geladen ist“, zitiert sich Ezra Pound selbst und weiß als einer der größten Dichter des

20. Jahrhunderts, wovon er redet. In seinem Alphabet des Lesens lieferte er 1934 seinen Lesern ein zuverlässiges

Gerüst der Bewertung von literarischen Werken aller Zei-ten und Breitengrade – und erweist sich dabei als subver-siver Humorist, der beherzt die Spreu vom Weizen trennt.

ezra pound: aBc des lesensÜbersetzt und mit einem Nachwort von Eva Hesse

Arche, 144 Seiten, 14,95 Euro

Im erleSenen mInutentakt Ein kurzweiliger Spaziergang durch die deutsch-

sprachige Literatur voller Seitenwege. Thomas Zirnbauer eröffnet neue, überraschende Blickwin-

kel, indem er SchriftstellerInnen in thematischen Kombinationen quer durch alle Genres und Epo-

chen vorstellt, etwa in neun Paragrafen über Recht und Unrecht von der Wilderei (Schillers Räuber)

bis hin zur Anstiftung zum Mord (Dürrenmatts „Der Richter und sein Henker“).

thomaS zIrnBauer: deutsche literatur in 60 minuten

Thiele, 120 Seiten, 8 Euro

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Dossier BÜCHERWelten

JuBIläum lcBS-Bahn nach arkadIen. 50 Jahre lIterarIScheS colloquIum BerlInZum Geburtstag des LCB ist ein Wörterbuch des literari-schen Lebens in Deutschland entstanden, geschrieben von den Literaten selbst. Über hundert Autorinnen und Auto-ren schenkten ihre Erinnerungen, Anekdoten, Gedanken dieser funkelnden Stichwortsammlung zu Ehren des Ortes, an dem seit einem halben Jahrhundert die Literatur geför-dert und gefeiert wird. Von A wie „Absturz“ (Marcel Bey-er) bis Z wie „Zigaretten“ (Judith Hermann) – ein Lesever-gnügen in Szene gesetzt von den Hausfotografen Renate von Mangoldt und Tobias Bohm sowie der Buchgestalterin Judith Schalansky.

Matthes & Seitz Berlin, 256 Seiten, 19,90 EuroInfos zum öffentlichen Festprogramm zum Jubiläum des LCB unter www.lcb.de

AUSSTEllUNgENunter vIer auGenporträtS Sehen, leSen, hören Wovon Porträts erzählen: Dieses einzigartige Ausstellungsprojekt bringt die Bildnisse aus sechs Jahrhunderten zu Sprache. Namhaf-te deutsche SchriftstellerInnen wie Herta Müller, Martin Walser, Wil-helm Genazino und Juli Zeh nähern sich den Porträts von Malern wie Rubens, Rembrandt, Renoir und Kirchner durch sprachliche Er-kundungen in Form von Geschichten, Essays, Charakterskizzen und Gedichten. Durch die Vertonung aller Texte als Audioguide trifft die Literatur unmittelbar auf die Kunst und eröffnet so ganz neue Pers-pektiven.

13. Juli – 20. oktober 2013, Staatliche kunsthalle karlsruhe, hans-thoma-Str. 2-6, www.kunsthalle-karlsruhe.deAusstellung-Katalog: kerber verlag, 396 Seiten, 29,90 euro kostenlose App mit Auswahl der Hörtexte ab 13. Juli

BamBI und dIe relatIvItätStheorIe: Bücher auf dem ScheIterhaufen der nazIS Am 10. Mai vor achtzig Jahren inszenierte die Deutsche Studen-tenschaft Bücherverbrennungen als Höhepunkte großangelegter „Aktion(en) wider den undeutschen Geist“. Jüdische, marxistische und pazifistische Autoren traf das Verdikt des „schädlichen und uner-wünschten Schrifttums“. 2012 vermachte George Warburg die 400 Werke seiner Sammlung verfemter Literatur von Belletristik bis Wis-senschaft dem Jüdischen Museum Berlin. Die Kabinettausstellung zur Warburg-Sammlung läuft bis zum 15. September 2013.

Jüdisches museum Berlin, lindenstraße 9-14 www.jmberlin.de

Erich Kästner ist doppelter Kronzeuge der Schandtat des Bücherver-brennens: In vier erstmals gesammelten Texten erzählt Kästner, was 1933 und danach wieder geschah, wie es geschah und warum es geschah. Ein erschütterndes Zeugnis und eine Warnung für alle Zeit.

erIch käStner: über das verbrennen von BüchernAtrium, 56 Seiten, 10 Euro

InS BIld Gerückte auSleSe Eine visuelle Zeitreise, die den Kanon der Buch-gestaltung in der westlichen Welt aus mehr als fünfhundert Jahren illustriert. Der bildschöne Ein-blick in die technische und künstlerische Entwick-lung des Buchdrucks seit seiner Erfindung zeigt, wie sehr sich nicht nur unser Blick auf die Welt, sondern auch das Bild der Welt im Medium Buch wandelt: von den frühen Atlanten oder fantasti-schen Tierbüchern des 16. Jahrhunderts bis zu konstruktivistischer Kühle aus den 1950er-Jahren.

mathIeu lommen, ceeS w. de JonG (hG.): das Buch der schönsten BücherDuMont, 458 Seiten, 49,95 Euro

In der Buchwelt üBerleBenSpezialagentin Thursday Next ist die geniale Kopfgeburt des Briten Jasper Fforde, die zwischen den Welten wandert und mit Jane Eyre und Hamlet die Literaturgeschichte neu schreibt. Sie jagt die Schurken in der Realität und BuchWelt bereits durch fünf Bände und jeder Literaturverrückte soll-te diesen intelligenten Irrsinn chronologisch folgen bis zum Krieg der Genres im aktuellsten Fall, in dem die Metaphern knapp werden und ein E-Book-Absturz für Chaos sorgt.

JaSper fforde: wo ist thursday next?Übersetzt von Joachim Stern dtv, 400 Seiten, 9,95 Euro, Erstverkaufstag: 1. JuliAlle 5 Bände auch als E-Book erhältlich

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Bücher | Dossier BücherWelten

EnriquE Vila-Matas

DublineskÜbersetzt von Petra Strien

ulrikE DraEsnEr

heimliche heldenDeutsche Originalausgabe

Die AnDere BiBliothek, 300 Seiten, 36 euro

luchterhAnD, 366 Seiten, 19,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Hans CHristopH BuCH

Baron Samstag oder das Leben …Deutsche Originalausgabe

J. D’agata, J. Fingal

Das kurze Leben der FaktenÜbersetzt von A. Wirthensohn

FrAnkFurter VerlAgSAnStAlt, 256 Seiten, 19,90 euro Auch als e-Book erhältlich

hAnSer, 176 Seiten, 19,90 euro

Was tut ein Verleger, wenn er in Rente geht? Er reist nach Irland, auf den Spuren von James Joyce. Das zumindest macht Samuel Riba, der Protagonist in „Dublinesk.“ Der spanische Autor Enrique Vila-Matas schickt seine Hauptfigur nach Dublin, um „dort ein Requiem für die Gutenberg-Galaxie zu veranstalten.“ Wie zuvor andere von Vila-Matas’ Charakteren hadert Riba mit dem allseits beschworenen Ende des gedruck-ten Buches und der Gutenberg-Ära. Auch Riba versucht, mit den rasanten Verände-rungen des digitalen Zeitalters und seinen kulturellen Folgen fertig zu werden. Und mit dem eigenen Scheitern. Trotz der weh-mütigen Thematik liest sich „Dublinesk“ überraschend beschwingt. (ang)

Wie schafft man es, so unterschiedliche Autoren wie Kleist, Joyce, Mann, Benn oder die unbekannten Verfasser des Nibe-lungenliedes in einem gemeinsamen Buch abzuhandeln? Ulrike Draesner schafft das, indem sie sich auf die Suche nach dem Hel-denhaften in der Literatur begibt. Ist der Autor ein Held? Sind seine Figuren Helden? Wie heldenhaft geht es in den Texten der Autoren zu? Und was für ein unterschiedli-ches Bild vom Heldentum erwächst aus den sehr verschiedenen Kriegserfahrungen der Autoren? Diesen und anderen Fragen geht die Autorin in sehr intensiven Essays nach und findet dabei manch unerwartete Ant-wort. Genauso unerwartet, aber auch ein-leuchtend ist dieses ganze Buch. (ct)

Die Erinnerungen des Reisenden der fik-tiven Autobiografie scheinen Gegenwart, Vergangenheit und fantastische Szena-rien spiralförmig miteinander zu verknüp-fen. Mitten in der Geschichte stirbt die Kunstfigur H. C. Buch, erzählt aber trotz-dem weiter. Die Figuren der zersplitterten Erzählung können dadurch einen satirisch-surrealen Blick auf die verschiedenen Län-der und Ereignisse werfen, die den realen Autoren, Kriegsreporter und Haiti-Exper-ten seit Langem beschäftigen. Die Sprach-kunst und erzählerische Experimentier-freude dieses Romans ist beeindruckend, doch die verwirrende und ausschweifende Erzählweise überfrachtet teilweise die Kon-struktion der Geschichte. (jw)

Faktenfreak trifft Freigeist – wer den Streit zwischen dem Factchecker Jim Fingal und dem Essayisten John D’Agata so versteht, versteht ihn falsch. In diesem Buch geht es um weit mehr als einen streitbaren Wort-wechsel. Hier kämpfen zwei um ihre journa-listischen Glaubensbekenntnisse, hier liegt das Paradigma der Faktizität mit dem Para-digma der gut erzählten Story im Clinch. D’Agata erzählt das Drama eines jugendli-chen Selbstmörders, Fingal zählt dem Autor seine Fehler und Ungenauigkeiten auf, im Buch durch rote und schwarze Textpassa-gen kenntlich gemacht. Es entspinnt sich ein verbales Gezerre um die Frage, wie weit ein Autor den Fakten verpflichtet ist, was mehr wiegt: Wahrheit oder Wahrhaftigkeit. (jr)

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In Büchern zu hauseDer argentinische Schriftsteller Alberto Manguel ist Universal-gelehrter und Bibliomane. In einem Gespräch verrät Manguel, wie er als Jugendlicher Vorleser des berühmten Jorge Luis Borges wurde und warum das Bett ein bevorzugter Ort des Lesens ist. Von nIcole TröTzer

seit frühester Kindheit liebt Alberto Manguel das Lesen, besitzt eine umfang-reiche Privatbibliothek in Frankreich und

hat der „Geschichte des Lesens“ ein komplexes Buch gewidmet, das in 36 Sprachen übersetzt wurde. Raffiniert durchkomponiert, ausgehend von persönlichen Erlebnissen, erzählt Manguel darin über die Kulturgeschichte des Lesens, des Schreibens, der Bücher und Bibliotheken.

Señor Manguel, Sie besitzen eine beachtliche, rund 35 000 Bücher umfas-sende Bibliothek in einem alten Pfarr-haus in dem kleinen französischen Ort Mondion. Warum gerade dort und nicht in Kanada, wo Sie leben?Der Zufall ist der beste Bibliothekar. Ich war auf der Suche nach einem geeigneten Ort für meine Bibliothek. In Kanada ging es leider nicht, denn da sind die Immobilienpreise in den Städten sehr hoch, und auf dem Land gibt es dort keine guten Zugverbindungen, ich fahre ja kein Auto. Also fing ich an, in Frankreich zu suchen, wo ich mal gelebt habe. Zufällig lud mich eine Buchhandlung in Poi-tiers zu einer Signierstunde ein und ich ent-deckte diese bezaubernde Gegend. Und so fand ich mein Haus – in einem alten Pfarrhaus in einem kleinen Dorf im Poitou.

Sie sind in Buenos Aires geboren, in Israel aufgewachsen, hatten ein deut-sches Kindermädchen und haben nun die kanadische Staatsbürgerschaft. Wo fühlen Sie sich zu Hause?Als Kind fühlte ich mich in den Häusern, die meine Eltern mieteten, nie richtig zu Hause. Aber nachts im Bett hatte ich immer meine ver-trauten Bücher zur Hand. Ich nahm eines mei-ner Bücher, schlug eine Seite auf und empfand große Erleichterung beim Anblick der vertrau-ten Geschichte mit den gewohnten Illustrati-onen. Dadurch fühlte ich mich sicher. Dieses Gefühl, in meinen Büchern zu Hause zu sein, ist nie verschwunden.

Sie sind viel auf Reisen, welche Lieb-lingsbücher begleiten Sie, wenn Sie unterwegs sind? Seit sechs Jahren begleitet mich stets Dante. Einen Band der „Göttlichen Komödie“ habe ich immer bei mir, ich lese jeden Morgen einen Gesang, das ist wie eine Meditationsübung. Ich habe auch immer einen Kriminalroman dabei, dazu einen erbaulichen Klassiker: Dickens, George Eliot, Zola.

Ein Lieblings-Leseort von Alberto Manguel: die Bibliothek im Warburg-Haus in der Heilwigstraße 116 in Hamburg

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Dossier BücherWelten

Jorge Luis Borges: Die

unendliche Bibliothek

Herausgegeben von Alberto

ManguelErzählungen, Essays, Gedichte

Fischer TB, 384 Seiten,

12,99 Euro

Bücher von ALBerto

MAngueL:

eine geschichte des Lesens Übersetzt von Chris Hirte

Fischer TB, 480 Seiten,

14,99 Euro

Die Bibliothek bei nacht

Übersetzt von Manfred Allié

und Gabriele Kempf-Allié

Fischer TB, 400 Seiten,

12,95 Euro

tagebuch eines Lesers Übersetzt von Chris Hirte

Fischer TB, 240 Seiten,

9,95 Euro

Sie stöbern bekanntlich gern in Biblio-theken und haben der Bibliothek von Aby Warburg in Hamburg ein ganzes Kapitel in Ihrem Buch „Die Bibliothek bei Nacht“ gewidmet. Was fasziniert Sie an diesem Ort?Aby Warburg ist für mich der ideale Leser, er war jemand, der mit absoluter Freiheit inter-pretierte. So wie er dachte, baute er auch seine Bibliothek: ohne Ecken und Kanten, mit der Freiheit, sich täglich neu zu organisieren.

Als junger Mann begannen Sie ein Stu-dium der Literaturwissenschaften in Buenos Aires, verließen die Uni aber sehr rasch wieder. Was lief an der Uni schief, waren die Professoren schlecht?Ich hatte das Glück, eine exzellente Ausbildung am Gymnasium „Colegio Nacional de Buenos Aires“ zu erhalten, wo Professoren ihre Fächer mit Leidenschaft unterrichteten. Als ich dann an der Fakultät für Literatur anfing zu studie-ren, langweilten mich die Theoriekurse und nach einem Jahr verließ ich die Uni wieder. Ich weiß nicht, wie man anders Literatur leh-ren sollte als mit echter Leidenschaft. Junge Menschen entdecken immer die Unaufrich-tigkeit eines Lehrers.

Als Jugendlicher waren Sie 1964 bis 1968 in Buenos Aires Vorleser des damals langsam erblindenden Autors Jorge Luis Borges. Hat Borges in Ihnen den Wunsch geweckt, einmal selbst Bücher zu schreiben?Nein, ich wusste, ich wollte umgeben von Büchern leben, Leser sein, nicht Schriftstel-ler. Borges sagte „der Schriftsteller schreibt, was er kann, der Leser liest, was er will“. Das Schreiben kam für mich erst später als Folge meiner Lektüren.

In Ihrem Nachwort zu dem Borges-Erzählband „Die unendliche Biblio-thek“ erklären Sie, dass für Borges das Universum eine gigantische Biblio-thek war, und dass jeder, der ein Buch schreibt oder liest, an dem universel-len Dialog teilnimmt, der vor mehr als 1000 Jahren begonnen hat ...So ist es, aber Borges wusste, dass Literatur nicht die reale Welt ist, so hat er es in „Dream-tigers“ erklärt, da sagt er, dass ein Traum, lite-rarisch oder nicht, die Realität nicht reprodu-zieren kann. So besagt es auch seine Erzählung „Der Kongress“: Die Realität genügt sich selbst, um erzählt zu werden.

Sie zitieren in „Eine Geschichte des Lesens“ Kafkas Worte „Das Buch kann die Welt nicht ersetzen“, Sie schreiben aber auch, die ersten Erfahrungen der Welt kamen für Sie aus Büchern, frühe Lektüreerlebnisse haben spätere Erfah-rungen scheinbar bereits angekündigt?Bücher können die Welt nicht ersetzen, aber in Worte fassen, damit wir sie besser infrage stellen können. Unsere Vorstellungskraft kann Situationen erschaffen, um etwas von der Welt zu erfahren, bevor wir es leibhaftig erleben.

In Ihrem Buch beschreiben Sie das Bett als einen bereits in der römi-schen Antike bevorzugten Ort des Lesens, auch Autoren wie Colette und Proust haben gern im Bett gelesen und geschrieben. Warum passen Bücher und Betten so gut zusammen?Die Schriftstellerin Edith Wharton berief sich auf ihr Bett als einzigen Ort der Freiheit und des Privatlebens. Das Bett ist eine Art „room of your own“, wie Virginia Woolf es ausdrücken würde. Für andere Autoren ist das Bett viel-leicht wie ein Wagon zum Reisen. Die Fanta-sie wählt ihre Zufluchtsstätte aus, ohne Erklä-rungen zu geben.

Interessant ist auch der historische Aspekt, dass das „stille Lesen“ sich erst seit dem Mittelalter in unserer Kultur etabliert hat. Vorher war es üblich, laut zu lesen, auch wenn man allein las oder in einer Bibliothek saß?

Die stille Lektüre ist entstanden, als es nicht mehr notwendig war, laut zu lesen, um einen Text zu verstehen. Natürlich war vorher kein wirklich lautes Lesen üblich, es war eher eine Art Murmeln, wie in einer Talmud-Schule. Das war in der Antike erforderlich, weil römi-sche und altgriechische Schriften in Großbuch-staben ohne Leerzeichen zwischen den einzel-nen Wörtern und mit nur wenigen Satzzeichen geschrieben waren. Erst viel später wurde das stille Lesen zur Norm und im 19. Jahrhundert begann die Ära des intimen Lesens.

In einem aktuellen Vorwort zur „Geschichte des Lesens“ kritisieren Sie die „bulimische Konsumhaltung“ der Menschen im Internetzeitalter. Sie lie-ben die traditionelle Art des Lesens von gedruckten Büchern auf Papier?Ja, aber ich bin kein Exklusionist. Manchmal ist das Lesen elektronischer Texte die beste Wahl. Aber ich bin Nostalgiker, ich ziehe das Lesen auf Papier vor ...

Heutzutage ist es in modernen Gesell-schaften fast undenkbar, ohne Compu-ter und Internet zu leben. Schreiben Sie Ihre Bücher nicht am PC?Ich nutze meinen Computer als Schreibma-schine, aber ich nutze kein Internet und habe auch kein Mobiltelefon. Wenn ich es bräuchte, würde ich es ja nutzen, aber ich brauche es nicht. Die meisten Menschen halten sich für unentbehrlich und meinen, 24 Stunden am Tag erreichbar sein zu müssen. Ich nicht.

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Élise Gravel: Monster. Kauf uns, wenn du dich traustArena, 40 Seiten, 12,99 Euro

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Spezial Kinder & Jugend

Maurice Sendak

Diogenes

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Maurice Sendaks Klassiker „Wo die wil-den Kerle wohnen“ handelt von einem Wutausbruch. Weil er im Wolfskostüm

nur Unsinn macht, wird Max ohne Essen ins Bett geschickt. In seinem Zimmer wächst ein Wald. Mit einem Boot, das plötzlich da ist, reist er zu den wilden Kerlen. Sie machen ihn zu ihrem König. Doch mitten im Augenrollen, Zähneflet-schen und Krachmachen sehnt sich Max nach jemandem, der ihn „am allerliebsten“ hat. Er schickt die wilden Kerle ohne Essen ins Bett. Als er zurück nach Hause kommt, ist sein Abendes-sen noch warm. „Furcht gehört zum Leben jedes Kindes. Kinder versuchen ständig, mit Frustra-tion umzugehen, so gut sie eben können“, sagte Sendak. „Und ihre Fantasie ist das beste Mit-tel, das sie haben, um wilde Kerle zu zähmen.“

Kindliche Trennungs- und Verlustängste kön-nen sich als Monster manifestieren. Monster repräsentieren aber auch die Sehnsucht nach Wildheit. Sie essen nicht mit Messer und Gabel, sagen weder „Bitte!“ noch „Danke!“, sie brüllen und trampeln, wenn sie wütend sind. Sie sind destruktiv. Sie waschen sich nicht und putzen sich höchst unregelmäßig die Zähne. Kinder ler-nen, sich an Regeln zu halten. Monster machen, was sie wollen. Für immer.

dinge, die wir nicht verstehenMonster sind Figuren, von denen wir uns erzäh-len, um Wut oder Angst besser zu bewältigen. Sie machen Dinge sichtbar, die wir nicht verstehen. Erdmute von Mosch stellt in „Mamas Monster“ die Depression der Mutter als kleines, dunkles Wesen dar, „das Gefühle klaut“. So begreift die fünfjährige Rike, dass ihre Mutter sie noch immer lieb hat, auch wenn ihr die Kraft fehlt, es zu zei-gen. Und dass nicht sie Schuld daran hat, dass die Mutter manchmal zu traurig ist, um morgens aufzustehen. Die Depression wird zu etwas Kon-kretem, das man besprechen, malen und letztlich bekämpfen kann.„Als Kind fand ich Käfer nicht eklig, sondern fas-zinierend“, erzählt die kanadische Illustratorin Élise Gravel, deren drittes Monster-Bilderbuch gerade auf Deutsch erschienen ist. „Ich mag selt-

same Dinge. Außerdem möchte ich Kindern, die aus dem Rahmen fallen, meine Solidarität zeigen: Jeder Mensch ist interessant und liebenswert.“ Ihr jüngstes Buch „Monster. Kauf uns, wenn du dich traust“ ist eine Art Katalog. Im Monsterla-den gibt es zum Beispiel „Krawallis“, anhängli-che und chaotische Wesen, die so klein sind, dass sie sich in einem Federmäppchen verstecken kön-nen. Oder den „Occulus Globulis“, einen drei-beinigen Kopffüßler mit einer unüberschauba-ren Anzahl von Augen, der Bücher frisst und bei jeder Gelegenheit „Warum?“ fragt. Das Buch ist eine Karikaturensammlung für Vierjährige. „Ich habe mich von Leuten inspirieren lassen, die ich kenne“, erklärt Gravel. „Ich beobachte die Kin-der in meinem Leben. Jedes von ihnen hat mons-tröse Eigenschaften, die es süß oder lustig oder interessant machen.“

Und was macht ein Monster zu einem Mons-ter? „Die Mischung aus menschlichen und tieri-schen oder pflanzlichen Merkmalen“, antwortet die Zeichnerin. „Ein Monster ist eine Kreatur, die uns sehr ähnlich und zugleich extrem verschie-den von uns ist. Aber man erkennt sie auch an ihrem schlechten Geruch.“ Sie liebe es, Mons-ter zu zeichnen, „weil man zeichnen kann, was immer man will! Meistens lasse ich meinen Stift die Arbeit machen. Das Monster wird von ganz allein lebendig.“

die hässlichen enKelKinder von „BrehMs tierleBen“Für Zeichner und Illustratoren sind Monster ein gefundenes Fressen. (Nachts gilt das weniger meta-phorisch auch umgekehrt.) Die grotesken Illust-rationen der Künstler Per Dybvig und Taylor White in „Doktor Proktors Sammelsurium der Tiere, denen du nie begegnen möchtest“ von Jo Nesbø wirken realistisch, die Beschreibungen der mons-trösen Lebewesen abgefahren, aber in sich logisch. Jeder Chihuahua könnte ein Nepalesischer Vogel-hund sein, der Trøndersche Springschädel bringt es auf der Oddvars-Skala (der international aner-kannten Maßeinheit für Kopfstöße) auf 160 („schrecklich schlimm“) und wenn man in einer Schüssel Soljanka einen Goldzahn findet, hat

Maurice sendaK: Wo die wilden Kerle wohnenDiogenes, 40 Seiten, 17,90 Euro

erdMute von Mosch: Mamas Monster. Was ist nur mit Mama los? Balance, 40 Seiten, 12,95 Euro

MonsterKunde

lieBenswerte FreaKsManche sind borstig, andere schleimig, viele mit Warzen bedeckt. Manche haben zu viele Arme mit Gelenken an unmöglichen Stellen, andere bewegen sich rollend oder flatternd fort. Besonders häufig lauern sie unter dem Bett. Jedes Kind kennt Monster. Und jedes Kind ist eines. von elisaBeth dietz

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der Nachtpilz, eine beliebte Soljanka-Zutat, wahr-scheinlich einmal einen Menschen gefressen. Wir leben in einer doppelbödigen Welt. Dieser Tat-sache wird auch im Pop-up-Bilderbuch „Mons-terbuch der Monster“ Rechnung getragen. Jonny Duddle, Aleksei Bitskoff und Libby Hamilton decken auf, dass Monster hinter vielen unange-nehmen Alltagsphänomenen stecken. „Du hasst Rosenkohl? Na ja, er dich auch!“ Aus dem „Mons-terbuch“ erfährt der interessierte Leser, wie man Monster anhand ihres Kots identifiziert, wo im Haus sich welches Monster befindet und wie man ihre Bisse am besten behandelt.

„du Brauchst doch Keine angst zu haBen!“Als Moni Port mit der Arbeit am „Mutigen Buch“ begann, hatte sie die Monster, denen sie als Kind begegnet war, schon vergessen. Ihre Mut-ter erzählte ihr von den Fratzen, die aus den mar-morierten Fliesen des Badezimmerbodens her-vortraten. „Das mutige Buch“ ist ein Sachbuch über Angst für Menschen ab fünf. Der damals sechsjährige Sohn der Autorin hat wichtige Ideen beigesteuert: „,Haben Erwachsene keine Angst? Warum weinen Erwachsene nicht, wenn sie Angst haben?‘ Das war eine Frage, über die ich lange nachdenken musste.“

„Jeder hat manchmal Angst“, steht gleich auf der ersten Seite. Und auf den übrigen 111 erfährt man alles, was man über Angst wissen muss: dass sie überlebenswichtig ist. Woher sie kommt. Was gegen sie hilft. „Was nämlich nicht hilft, ist der Satz ,Du brauchst doch keine Angst zu haben!‘, die Angst ist nun mal da.“ Das Wichtigste sei, die Angst ernst zu nehmen. „Wenn mir jemand sagt: ,Ich kann verstehen, dass du im Flugzeug Angst hast, es ist ja verrückt, dass so ein schwe-res Ding am Himmel fliegt!‘, fühle ich mich gleich sicherer.“

Das gilt auch für die Angst vor Monstern. „Der erste Impuls ist ja, zu sagen: ,Es gibt keine Mons-ter!‘ Aber das hilft nicht.“ In einem Buch des australischen Sozialarbeiters und Therapeuten Dr. Michael White fand Moni Port eine Anlei-tung zur Monster-Zähmung: Man versieht eine Schachtel oder einen Karton (für kleine Monster reicht eine Streichholzschachtel, für richtig große Monster braucht man einen Waschmaschinen-karton) mit ein paar Luftlöchern und legt etwas Leckeres zum Anlocken hinein. Dann stellt man die Falle in die Nähe des Ortes, an dem das Mons-ter sich gern aufhält. Wenn das Monster hineinge-krabbelt ist, macht man die Schachtel schnell (!) zu und stellt sie samt Monster raus in den Gar-ten oder auf den Balkon.

Jo nesbø: doktor Proktors sammel-surium der tiere, denen du nie be-gegnen möchtestArena, 56 Seiten, 7,99 Euro

Moni Port: das mutige buchKlett Kinderbuch, 112 Seiten, 13,95 Euro

Jonny duddle/aleKsei bitsKoff/libby haMilton: das Monsterbuch der MonsterDorling Kindersley, 20 Seiten, 14,95 Euro

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EinE AuswAhl dEr rEdAktion

kunstwerke für kleine

BÜCHER-Redakteurin Meike Dannen-berg stellt aus den Neuerscheinungen

vor, was sie berührt, fasziniert oder schmunzeln lässt. Unterstützt wird sie

dabei von ihrer Tochter Merle (4).

BEFlÜGEltE wortE„Morris Lessmore liebte Worte. Er liebte Geschichten. Er liebte Bücher.“ So beginnt dieses poetische Bilderbuch über die Liebe zu den Büchern, die Lessmore erst richtig entfalten kann, nachdem er von einer schwe-benden Dame und einem Buch (über Humpty Dumpty) zum Haus der fliegenden Bücher gebracht wird. Es ist unwahrscheinlich, dass Kinder verstehen, was genau mit der Parabel gemeint ist, das können auch noch Erwachsene verschieden interpretieren. Aber der Gedanke an sich ist wunderschön. Für ein Leben voller Bücher! williAM JoYCE: die fliegenden Bücher des Mister Morris lessmore Boje, 56 Seiten, 14,99 Euro

wolFsAnGst Dass der Hase tot ist, wird spät bemerkt. Schließlich traute sich der ängst-liche Typ nicht mehr aus dem Haus – und von seinem Gold runter. Sein Testament ist eindeutig: Der größte Angsthase bekommt den Schatz. „Ich, ich, ich ...“ Die Tiere können sich nicht einigen. Durch eine List gelingt es dem Wolf sie zu überzeugen, dass ausgerechnet er (wegen Rotkäpp-chen, Jägern, Geißlein ...) das Erbe antreten sollte. Doch dann über-kommt ihn ein komisches Gefühl. Kann er die Schatztruhe alleine lassen, um etwas zu essen? Mmh, darüber lohnt es sich nachzudenken.MArtin BAltsChEit/ChristinE sChwArZ: das Gold des hasenBeltz, 48 Seiten, 14,95 Euro

hAPs und sChluCkAuF SCHLUCK! Da war Sarahs kleiner Bruder Louis verspeist. Zum Glück ver-schlingen Schluckser ihre Beute in einem Stück. Ebenso wie der Grab-scherix (GRABSCH, GURGEL), der den Schluckser frisst, der Was-serschnapper (SCHNAPP), der den Grabscherix verschluckt, der Dornrückenschlürfer, der den Wasserschnapper ... usw. Bis endlich der Säbelzahn-Schlinger es zu seiner Höhle schafft, und Sarah aus den Schachtel-Mäulern mithilfe des Schluckauf-Frosches ihren Bruder holen kann. Eine lustige Lektüre mit Erfindungsgeist, für Mut und Gelassenheit!John FArdEll: der tag, an dem louis gefressen wurdeMoritz Verlag, 32 Seiten, 12,95 Euro

wEndEBuChEs ist laut, wenn es im Schwimmbad richtig voll ist, wenn Applaus tobt und jemand laut rülpst. Es ist leise, wenn man nachts Auto fährt, wenn man verstecken spielt und wenn man nach einer guten Ausrede sucht, warum man die Tapete angemalt hat. Das Buch lässt sich wenden und von zwei Seiten (laut/leise) lesen und anschauen und dazu neue Situ-ationen erfinden. Laut ist auf Glanzpapier, leise auf mattem Papier ge-druckt. Und die Illustrationen sind absolut bezaubernd.dEBorAh undErwood/rEnAtA liwskA (illustr.): das laute Buch/das leise Buch Gerstenberg, 64 Seiten, 12,95 Euro

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Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer

mein großes Buch vom Körper mit erwin und rosiCarlsen Verlag, 16 Seiten, 12,90 Euro

Wir Besser-esser – Gesunde ernährung macht SpaßS. Fischer, 280 Seiten, 19,99 Euro

Prof. Grönemeyer, wie schlimm steht es um die Gesund-heit unserer Kinder?Es ist auffällig, dass Krankheiten, die früher erst im Alter auf-

traten, auch immer mehr zu Kinderkrankheiten werden. 70 Prozent der 10- bis 17-Jährigen leiden unter Rückenschmerzen, wir verzeich-nen eine explodierende Zunahme an Altersdiabetes bei Jugendlichen und Kindern. Teilweise gibt es Erstklässler, die mit Tabletten gegen Altersdiabetes behandelt werden müssen. Die Veränderungen des All-tags unserer Kinder haben Folgen.

Konkret sind das ein Mangel an Bewegung und eine unge-sunde Ernährung?Fangen wir bei der Ernährung an: Kinder nehmen heute sehr viel Zucker zu sich. Damit meine ich nicht, dass Süßes als Belohnung und auf Kindergeburtstagen verteilt wird, das gab es ja früher schon. Aber eine Studie hat belegt, dass heute über 30 Prozent der Grundschü-ler morgens ohne Frühstück in die Schule gehen. Der Zuckerspiegel ist dann zu niedrig, sie werden unkonzentriert und der Mangel wird häufig in der Pause durch einen schnellen Schokoriegel ausgeglichen.

Warum essen Kinder so gerne Süßigkeiten? Auch Obst bein-haltet ja Zucker …Ein bisschen „süß“ schadet ja nicht. Und ich glaube, ich bin diesem Grundbedürfnis auf der Spur: Immerhin sind wir ja mit Süßem zur Welt gekommen. Schon im Mutterleib schluckt der Fötus Fruchtwas-ser. Das enthält Zuckerbestandteile und auch die Eiweiße sind süß. Die Muttermilch nach der Geburt ist ebenfalls süß. Aber im Verlaufe des Älterwerdens lernt das Kind durch sein soziales Umfeld, seine Ernährung zu verändern – da sind natürlich die Eltern gefordert.

Was raten Sie Eltern, die das Ernährungsbewusstsein ihrer Kinder stärken wollen?Angebote machen. Ich erlebe selbst immer wieder, dass Kinder sehr wohl gerne zur Gurken- oder Tomatenscheibe greifen, vor allen Din-gen, wenn Sie schön zurechtgemacht sind. Einfach mal die Gurken-scheiben mit der Stern-Plätzchenform ausstechen. Ich glaube, dass man über Form, Farbe, Geruch und gemeinschaftliche Aktionen wie dem

intervieW

SuPerSize KidSProf. Dr. Dietrich Gröne-meyer richtet sich mit sei-nem neuesten Werk, dem Kinderbuch „Mein großes Buch vom Körper“, an die Jüngsten. Gesundheit ist et-was, das von klein auf ge-lernt werden muss, meint er – auch in der Schule. von MeiKe dannenberg

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BÜCHER verlost fünf Bücher von „Wir Besser-Esser“ (S. Fischer). Einfach mitmachen und mit ein bisschen Glück gewinnen. Teilnahmebedingungen auf S. 3.

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Spezial Kinder & Jugend

Prof. Dr. Dietrich Grönemeyergeboren am 12. November 1952, ist studierter Me-diziner und Lehrstuhlinhaber für Radiologie und Mik-rotherapie an der Universität Witten/Herdecke. Als Arzt, Wissenschaftler und Autor zählt der Bruder von Sänger Herbert Grönemeyer zu den entschiedenen Verfechtern einer Medizin zwischen Hightech und tra-ditionellen Heilweisen. In seinen Büchern stellt der 60-Jährige schwierige medizinische Zusammenhänge verständlich dar. Mensch bleiben, Mein Rückenbuch, Dein Herz, Lebe mit Herz und Seele und Der kleine Medicus wurden Bestseller. Dietrich Grönemeyer ist verheiratet und hat drei Kinder.

springen. Da gibt es viele Ideen, die ich in „Wir Besser-Esser“ auch aufgeschrieben habe. Ich habe mich mit Grundschülern hingesetzt und wollte wissen, was für sie wichtig ist, welche Elemente vom Körper sie kennenlernen wollen. Dann habe ich ihnen Hausaufgaben gege-ben und daraus ein Buch gemacht, das in Schulstunden eingeteilt ist, damit die Lehrer das übernehmen können.

Wie sehen die aktuellen Angebote Ihrer Dietrich Gröne-meyer Stiftung aus? Wir setzen uns für den flächendeckenden „Gesundheitsunterricht“ an Schulen ein und für eine tägliche Sportstunde in der Schule. Seit 2009 laden wir deshalb unter anderem jedes Jahr rund 150 Schüler aus Hessen, in Zusammenarbeit mit dem hessischen Kultusministe-rium, nach Witten ein und bilden sie als „Gesundheitsbotschafter“ für ihre Schulen aus. Ziel ist es, dieses Programm auch auf weitere Bundesländer auszuweiten. Die Schüler können dann die Informa-tionen, die sie über Stoffwechsel, Gleichgewicht und Ernährung von verschiedenen Ärzten, Pädagogen und Fachleuten bekommen haben, in vielfältige Angebote umwandeln und auch Lehrern und Eltern dazu etwas erzählen. Außerdem kooperieren wir zum Beispiel mit Sport-vereinen, um regionale „Gesundheitstage“ auf die Beine zu stellen. Und an denen rund 1300 Kinder und Jugendliche teilnehmen kön-nen, um sich mit dem Thema spielerisch auseinanderzusetzen.

Die Schulen unterstützen Ihrer Ansicht nach die Kinder im Alltag zu wenig?Bei meinen Veranstaltungen in der Schule sind die Lehrer oft über-rascht, wie viele Kinder aufzeigen, wenn ich frage, wer morgens nicht gefrühstückt hat. Also müsste man in der Schule zunächst einmal gesund frühstücken. Die Lehrpläne von heute sind teilweise vor 20 Jahren entwickelt worden. Die Schule mit ihrem Curriculum ist ein riesiger unbeweglicher Apparat und der Frontalunterricht entspricht dem heutigen Bedarf nicht mehr. Kinder lernen das meiste durch spie-lerisches und fröhliches Lernen. Das Schulbuchangebot ist in die-ser Richtung gar nicht entwickelt. Ich war früher selbst ein großer Zappelphilipp. Heute habe ich gelernt, dass es Kindern wie mir im Unterricht zu langweilig ist oder teilweise neue Gehirnzellen gebildet werden. Auch dann bewegen sich Kinder. Wobei man natürlich beob-achten muss, ob die Bewegung aus Übererregtheit entsteht, also ständi-gem Stören, oder Unkonzentriertheit. Dann sollte man sich natürlich Gedanken machen. Das medizinische Syndrom ADS oder Zappelphil-ipp gibt es. Aber man sollte die Bewegungslust der Kinder nicht gene-rell unterdrücken und sich dann wundern, wenn sie überdrehen.

Tischdecken Kinder sehr gut für eine bestimmte Form von Ernäh-rung begeistern kann. Und wenn man unter der Woche keine Zeit zum gemeinsamen Kochen findet, dann am Wochenende. Ich hab mit acht Jahren meine ersten Koch- und Backerfahrungen erlebt, was riesig Spaß gemacht hat. Wenn zu viel Süßes auf den Tisch kommt, dann sollte man versuchen das auszuschleichen und zum Beispiel ins Knuspermüsli immer mehr Haferflocken untermischen. Schrittweise und in kleinen Portionen – als Vater von drei Kindern habe ich damit gute Erfahrungen gemacht.

Stichwort Optik: Da gibt es ja noch diese verlockenden Joghurtprodukte mit den hübsch-leuchtenden Kindermo-tiven drauf, die allerdings alles andere als ernährungsbe-wusste Stoffe beinhalten … Ich glaube nicht, dass man Kinder von solchen verführenden Pro-dukten fernhalten kann. Aber ich als Elternteil kann auch mit ande-ren Produkten immer wieder dagegenhalten, die mindestens genauso gut schmecken. Ich hab noch gelernt, einen Joghurt selbst zu machen. Naturjoghurt, Obst reinschneiden, wenn überhaupt mit Honig süßen – fertig. Und geschmeckt hat es genauso gut.

Aber Fertigprodukte alleine verursachen noch keine Rückenschmerzen und Altersdiabetes …Hier kommt der Mangel an Bewegung ins Spiel. Etwa 70 Prozent zwi-schen 10 und 17 Jahren leiden unter Rückenschmerzen, weil sie unter anderem vier bis fünf Stunden nach der Schule ebenfalls sitzen, meist am Computer. Der Körper will aber den Zucker, der vom Körper in Fett umgewandelt wird, gleich wieder verbrennen. Wenn die Bewe-gung nicht stattfindet, nehmen sie zu und werden auch noch hyper-aktiv und zappelig. Der Körper nimmt eine Abwehrhaltung gegen-über dem überschüssigen Fett an.

Die Zunahme der als hyperaktiv diagnostizierten Kinder basiert Ihrer Meinung nach also auch auf der Ernährung?Wie viele andere Krankheiten und Probleme der heutigen Kinder-generation. In einer Studie wurde herausgefunden, dass inzwischen rund 80 Prozent der Kinder zwischen 3 und 17 Jahren nicht eine Minute lang mit einem Bein auf einem Balken stehen können, also ihr Gleichgewicht nicht halten können. Jetzt haben wir eine Studie mit dem Kultusministerium in Hessen an 8000 Kindern durchge-führt, die ergab, dass Kinder deren Gleichgewichtssinn gestört ist – hierzu gehört stehen, sehen, hören, der Muskelturnus insgesamt –, signifikant schlechter in Deutsch, Mathe und der ersten Fremdspra-che sind. Und umgekehrt Kinder, die ihren Gleichgewichtssinn trai-nieren, aufmerksamer, konzentrierter, und sozial aktiver sind – und damit auch anderen Kindern helfen. Es ist also sinnvoll, Kinder in Bewegung zu bringen. Seit Jahren plädiere ich für eine Stunde Bewe-gung täglich in den Schulen, um den Gleichgewichtssinn zu trainie-ren und der fatalen Entwicklung entgegenzuwirken, in der wir uns befinden. Oder bewegten Unterricht.

Wie soll der aussehen?Früher haben wir „gehümpelt“: also Kästchen auf den Schulhof gemalt und dann sagte man eins plus drei und dann wurde auf die Vier gehüpft. Das kann man super in den Unterricht einbauen und schon hat man bewegten Unterricht. Die Kinder können sich sogar die Ergebnisse besser merken, auch das ist belegt. Andere Möglichkeit: Bei geraden Ergebnissen rechts rum springen, bei ungeraden Zahlen links rum Fo

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KörperKunde für Kinder

Ich selbstverständlIchWas ein Bein und ein Arm sind, das wissen Kinder schnell. Was sich aber alles im eigenen Körper verbirgt, gehört für sie zu den großen Geheimnissen des Lebens.

WImmlIge WerksbesIchtIgungEs wimmelt gehörig in diesem Buch und in unserem Körper. Das zeigt „Wunderfabrik Körper“ mit aufwendigen Illust-rationen. Hunderte Arbeiter erledigen in Hirn, Herz & Co. lebenswichtige Aufgaben. Auf einer 48-seitigen Werksbe-sichtigung wird ihnen über die Schulter geblickt. Tipp: Das große Ausklappposter am Ende des Buches bei jeder Sta-tion noch mal anschauen, um den Überblick der Riesen-fabrik zu behalten.dan Green: Wunderfabrik KörperGerstenberg, 48 Seiten, 14,95 Euro

ärztlIche AnordnungAuf diesen 105 Seiten wird mitgefiebert, dass es ansteckend ist – ohne zu schmerzen. Dr. Mohsen Radjai aus der Fern-sehreihe „Wissen macht Ah!“, besser bekannt als Dr. Mo, erklärt, dass wir eine Blase im und am Körper haben bzw. haben können, was Medikamente sind und ob durch man-che Lebewesen tatsächlich blaues Blut fließt. Dazu gibt’s jede Menge „Klugscheißer-Infos“ rund um den menschli-chen Körper.doris MendleWitsch, christine Gerber, dr. Mo: ah!-saGen – der menschliche KörperLoewe, 105 Seiten, 14,95 Euro

gründlIche gedächtnIsstützeSchaltzentrale, Gedächtnisapparat, Mustererkennungsma-schine und noch vieles, vieles mehr. Unser Gehirn leistet Beachtliches Tag für Tag. Und das meiste völlig ungewollt. In 29 kurzen Kapiteln bringen die Autoren das Wichtigste über Wahrnehmung, Bewegung, Sprache, Liebe, Schlaf, Erinnerung und den freien Willen auf den Punkt. Beson-ders Spaß machen die vielen Selbsttests.alexander rösler, philipp sterzer, Kai pannen: 29 fenster zum GehirnArena, 219 Seiten, 12,99 Euro

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PubertIerende ProfIlseItenWarum kann man nicht immer Kind bleiben? Hach, das wäre schön! Doch schon nach wenigen Jahren tut sich in unserem Köper einiges. Was genau die Pubertät in und mit uns anstellt, veranschaulicht „Kriegen das eigentlich alle?“. Offen, informativ und mit humorvollen Bildern wird bewie-sen, dass nicht nur wir alle das kriegen, sondern auch alle das hinkriegen.Jan von holleben, antJe helMs: Kriegen das eigentlich alle?Gabriel Verlag, 160 Seiten, 16,95 Euro

kIndersPIelPlAtz kücheManschen, kneten, rühren, schnibbeln – in jedem Alter gibt es für kleine Köche eine passende Aufgabe in der Küche. Doch das Schönste ist das Gekochte an sich. Und das will erstmals erkundet werden. „Entdecke, was dir schmeckt“ ist als kleine Geschmacksschule ein echtes Erfolgsrezept. Viele Hintergründe, tolle Bilder und leckere Rezepte – guten Appetit, Kids!anKe M. leitzGen, lisa rienerMann: entdecke, was dir schmecktBeltz & Gelberg, 160 Seiten, 16,95 Euro

veggIe und vegAn „Das ess ich nicht, das hatte mal Augen!“ (oder so ähnlich) wird in fast jedem fleischverzehrenden Haushalt irgend-wann vom Nachwuchs protestiert. Hilflose Eltern, hung-rige Kinder!? Dieses Buch enthält vegetarische und teils vegane Lieblingsgerichte von Jugendlichen von Pizza bis Sauerkraut mit (Soja-)würstchen. Auf Recyclingmaterial gedruckt und klimaneutral produziert.irMela ercKenbrecht: teenager auf veggiekursBeltz & Gelberg, 160 Seiten, 16,95 Euro

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Augsburger PuPPenkiste

EinE insEl mit zwEi BErgEn65 Jahre Puppenkiste – ein schräges Jubiläum für eine schräge Theater-truppe. Anlass für BÜCHER-Redakteur Jörn Radtke, die Helden seiner Kindheit wiederzutreffen, in Lesungen wie Hörspielen. Von Jörn radtkE

sie gehören zu einer jeden westdeutschen Kindheit wie Professor Brinkmann zur Schwarzwaldklinik oder J. R. auf die

South fork Ranch: die Figuren der Augsbur-ger Puppenkiste. Was in der DDR Pittiplatsch und Schnatterinchen, das waren in der BRD der kleine König Kalle Wirsch, das Urmel, Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer sowie all die anderen hölzernen Gesellen aus Oehmi-chens Marionettentheater. Die immer etwas schrägen Melodien, die ertönten, wenn die Türen der braunen Kiste sich öffneten und der rote Vorhang auseinanderschob, haben sich tief im kollektiven Bewusstsein der klei-nen Puppenkisten-Zuschauer eingenistet. Und so hat jede TV-Generation „ihre“ Augsburger-Puppenkiste-Helden, untrennbar verbunden mit „ihrem“ Augsburger-Puppenkiste-Lied. Denn „nur die Tagesschau ist älter“ im bun-desdeutschen Fernsehen, wie „Das große Buch der Augsburger Puppenkiste“ (1) zu berich-ten weiß. Liebevoll und reich illustriert wid-met sich das Buch der Geschichte und den Geschichten der Augsburger Puppenkiste. Wir erfahren, dass Walter Oehmichen, der „Herr der Fäden“ und Vater der Puppenkiste, erst-mals am 26. Februar 1948 zur Premiere lud und mit dem Kater der Brüder Grimm die erste Marionette über die kleine Augsbur-ger Holzbühne stiefeln ließ. Seitdem hat sich der Vorhang 21 095 Mal hinter den verschie-densten hölzernen Mimen geschlossen (Stand 31.12.12). Neben bekannten Märchengestal-ten, fliegenden Löwen und Katzen mit Hut

brachte Oehmichen, der ein großer Brecht-Ver-ehrer war, auch Theaterstücke wie „Die Drei-groschenoper“ zur Aufführung. „Das große Buch der Augsburger Puppenkiste“ ist eine gelungene Hommage an die Menschen hinter und die Marionetten auf der Bühne und war-tet mit vielem auf, das selbst eingefleischten Puppenkisten-Fans nicht geläufig sein dürfte.

Die ersten Fernsehdarsteller der Augsburger Puppenkiste waren Peter und der Wolf. Nur vier Wochen, nachdem das Fernsehen mit der Tagesschau am 25. Dezember 1952 auf Sen-dung ging, ging Peter in Schwarz-Weiß in den Wald, um den Wolf zu fangen. 1960 schnauften dann drei über Plastikwellen und durch Sand-haufen und vorbei an feuerspeienden Vulka-nen, die zu Augsburger-Evergreens und Kin-derbuch-Klassikern wurden: „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ (2) und seine Lokomotive Emma. Fast ebenso berühmt wie die Protagonisten selbst ist das Lummerland-Lied („Eine Insel mit zwei Bergen …“). In ihrer Hörspiel umsetzung für den WDR von 2009 verzichtet Regisseurin Petra Feldhoff auf diese berühmte und eingängige Erkennungsmelodie und setzt auf moderne Klänge. Ein gelungener Verzicht. So gelingt es den Hörspielmachern, die Hörer – ein wenig – von den Bildern der Augsburger Puppenkiste zu lösen. Wenngleich die völlige Loslösung unmöglich ist. Zu tief sit-zen die Erinnerungen, zu stark drängen sich die Fernsehbilder vor das innere Auge. Aber die neue, frische Musik, die Geräusche, die von einem „echten“ Geräuschemacher stam-

Fred steinbAch (hrsg.)

das große Buch der augsburger Puppenkiste (1)

(4)

Boje, 176 Seiten, 24,99 euro

MichAel ende

Jim knopf und lukas der lokomo-tivführer (2)

(4)

Der AuDio VerlAg, Hörspiel, 247 Minuten/3 CDs, 14,99 euro

OtFried Preussler

die große räuber-Hotzenplotz-Box (3)

(3,4)

Der AuDio VerlAg, Hör-spiel, 333 Minuten/6 CDs, 24,99 euro

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Spezial kindEr & Jugend

sischste Klassiker der Augsburger Puppen-kiste. Ähnlich populär wie das Urmel ist das Sams, dessen Bildschirmkarriere 1977 bei der Augsburger Puppenkiste begann, und das es seitdem sogar auf die Kinoleinwand geschafft hat. Noch vor seiner TV-Premiere beglückte das Sams die Kinder bereits im Hörspiel. 1973 vertonte Regisseur Kurt Vethake Paul Maars Buch „Eine Woche voller Samstage“. Ein Hör-spiel, das im Gegensatz zu anderen Vethake-Hörspielen, die heute verstaubt klingen, immer noch durch Frische und Qualität überzeugt. Die weiteren Folgen des Sams inszenierte Michael Orth. Und auch für sie gilt: Es ist ein Spaß, sie zu hören (6).

Mitreißend spricht Stefan Kaminski „Die Opodeldoks“ (7), von Paul Maar und Sepp Strubel verfasst, wiederum speziell für die Puppenkiste. Sepp Strubel brachte das Stück zudem als Regisseur 1980 ins Fernsehen. Auch wenn man sich an Kaminski und seine Art (das lebende, vielstimmige Ein-Mann-Hörspiel) mittlerweile über-hört hat, so gilt „seinen“ Opodeldoks doch das Prädikat besser geht’s nicht, höchstens anders. Dass man Kaminski mittlerweile so oft zu hören bekommt, dass es einem bisweilen zu oft vorkommt, liegt an sei-ner immer wieder beeindruckenden Vielfäl-tigkeit. Ein Fluch seines einmaligen Talents: ein Mann, ein Hörspiel. Es wäre unfair, an dieser Stelle dem „Stimmmorpher“ ein gran-dios zu verwehren, nur weil sein Talent infla-tionär zum Einsatz kommt. Bei den Opodel-doks zeigt sich Kaminski in Höchstform. Und – Klischee hin, Klischee her – er bietet Kino für die Ohren. Die 153 Minuten Lesung ver-gehen wie im Fluge, ein kurzweiliges Vergnü-gen für Hörer aller Altersgruppen. Der Fluch des Vergleichs ereilt Wolfgang Völz‘ Lesung des „Kleiner König Kalle Wirsch“ (8). Im Konzert mit Dirk Bach, Stefan Kaminski und Armin Rohde klingt sein Vorlesen schwach. Ja, er ist ein toller, brummiger Kalle Wirsch. Schließ-lich brummt er auch als Käpt‘n Blaubär sehr überzeugend. Aber die Wandlungsfähigkeit der genannten Kollegen besitzt er nicht. Und so fällt „Kleiner König Kalle Wirsch“ schwächer aus als die Lesungen der drei anderen Augsbur-ger-Puppenkisten-Klassiker. 1970 machte sich der kleine König der Erdmännchen gemein-sam mit der klugen Fledermaus Tutulla und den Menschenkindern Max und Jenny auf die gefahrvolle Reise, seinen Thron zu retten und den hinterhältigen Zoppo Trump zu besiegen. Kalle Wirsch hat viele Fans seit jener Zeit. Wie die Augsburger Puppenkiste überhaupt.

OtFried Preussler

die räuber-Hotzen-plotz-Edition (4)

(4,6)

Der AuDio VerlAg, unge-kürzte lesung, 384 Minuten/6 CDs, 29,99 euro

MAx kruse

Urmel aus dem Eis (5)

(3,95)

PAtMoS, ungekürzte lesung, 151 Minuten/2 CDs, 14,95 euro

PAul MAAr

die große sams Hörspielbox (6)

(3,95)

oetinger AuDio, Hörspiel, 314 Minuten/6 CDs, 19,95 euro

PAul MAAr/sePP strubel

die opodeldoks (7)

(4,55)

oetinger AuDio, ungekürzte lesung, 153 Minuten/2 CDs, 13,95 euro

tilde Michels

kleiner könig kalle wirsch (8)

(3,35)

HörCoMPAny, ungekürzte lesung, 191 Minuten/3 CDs, 10,00 euro

men, sowie die hervorragende Besetzung der Rollen macht dieses Hörspiel zu einem eigen-ständigen, hörenswerten Stück.

Ebenfalls vom WDR produziert, wenn-gleich weniger mitreißend, sind die Hotzen-plotz-Hörspiele (3). Hausmannskost im Ver-gleich zur Jim-Knopf-Vertonung. Alle Zutaten stimmen, ebenso die Zubereitung. Gute Stim-men, gute Geräusche und Musik, ein Stück nah an Preußlers großartiger Vorlage – und doch. Etwas fehlt. Vielleicht weil Alexander Wipprecht als Kasperl und Dustin Semmel-rogge als Seppel zu glatt klingen, vielleicht weil Michael Mendl als Hotzenplotz zwar grimmig, aber nicht so richtig „hotzenplotzig“ klingt. Die Hörspiele für sich genommen sind gut, keine Frage. Aber mit dem Jim Knopf und vor allem mit der gelesenen Hotzenplotz-Fassung von Armin Rohde (4) kann dieser Hörspiel-Dreiteiler einfach nicht mithalten. Wenn Hot-zenplotz, dann Rohde. Ohne Einschränkung. Wie er dem berühmten Räuber, dem Kasperl und dem Seppl, aber auch deren Großmutter und nicht zuletzt dem großen und bösen Zau-berer Petrosilius Zwackelmann Stimme und Charakter verleiht, ist – Achtung, Superlativ – grandios. Grandios auch, weil Rohde als Leser (noch) nicht inflationär in diesem Hörbuch und jenem Hörspiel zu vernehmen ist. Gran-dios aber vor allem, weil Rohde es gelingt, den Kinderbuchklassiker „Hotzenplotz“ so frisch zu interpretieren, als hätte Preußler ihn erst jüngst geschrieben. Hut ab, Rohde. Hut ab, Hot-zenplotz. Und danke, Otfried Preußler, für die vielen, schönen Kinderbücher, die Sie uns zu Ihren Lebzeiten geschenkt haben.

Zwei andere Große der deutschsprachigen Kinderliteratur, die der Augsburger Puppen-kiste gleich mehrfach unvergessene Figuren und Geschichten ins TV-Repertoire schrie-ben, sind Paul Maar und Max Kruse. Eine tiefe Verbeugung vor dem Vierteiler, den die ARD 1969 in ihrem Vorweihnachtsprogramm ausstrahlte, und eine wahre Ohren-Augsbur-ger-Puppenkiste ist Dirk Bachs Lesung von „Urmel aus dem Eis“ (5). Augen zu, Vorhang auf. Dirk Bach liest mit viel Gefühl, Witz und Puppenkisten-Tonfall. Zwischen den Kapiteln erklingt das Urmel-Lied in einer modernen Instrumentalfassung. Erdacht hat das Urmel exklusiv für die Augsburger Puppenkiste Max Kruse. Ein keckes Dinosaurierkind ohne Arg, das der etwas tumbe König Pumponell für den Zoo seines Landes einfangen will. Wie Profes-sor Habakuk Tibatong, Tim Tintenklecks und die sprechenden Tiere der Insel Titiwu dem Pumponell an der (Holz-)Nase herumführen und das Urmel retten, ist vielleicht der klas-

BueCHer-MAgAzin.de

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Jugendthriller über Cybermobbing

IsolIert Im (a)sozIalen netzPöbeln, hetzen, drangsalieren – die als sozial titulierten Netzwerke im Internet sind häufig das genaue Gegenteil. Neben zahlreichen Sachbüchern nähert sich auch eine Reihe von Jugendthrillern der Schulhofdresche der Generation 2.0. von olaf ernst

Das Video auf der Internetplattform You-tube dauert 8 Minuten und 55 Sekunden. Nacheinander werden Karteikarten von

einem jungen Mädchen in die Kamera gehal-ten. Der Bildausschnitt zeigt den Oberkörper bis zum Kinn, nicht das Gesicht. „Ich habe mich entschieden, euch von meiner niemals endenden Geschichte zu erzählen“, steht auf dem ersten Zettel. In der siebten Klasse fing sie aus Spaß an, im Netz zu chatten. Sie bekommt Komplimente, auch von Männern. Einer bittet sie um ein Foto ihrer nackten Brüste. Sie mailt es ihm. Er lädt es bei Facebook hoch. Ein gefundenes Fressen für ihre Mitschüler. Immer gewissenlosere Attacken folgen. Ein Schulwechsel hilft nicht. Es folgen Alkohol, Drogen und Selbstmordversuche. Der zweite Ende Oktober 2012 gelingt.

Ihr Youtube-Video machte die 15-jährige Amanda Todd aus dem kanadischen Vancou-ver zur Märtyrerin gegen Cybermobbing. Geläs-tert und gestänkert wurde schon immer, auch im Internet, da mittlerweile aber auch Jugendliche virtuell mindestens so viel kommunizieren wie in der Realität, nehmen die Fälle mit Kindern und vor allem die Sorgen der Eltern zu. Nicht nur Sozialverbände und Schulen haben sich der Prä-vention von Cybermobbing angenommen, auch der Buchmarkt bietet eine ganze Bandbreite an Ratgebern zum Phänomen. Unmittelbar an die Teens richten sich die Jugendthriller. Die span-nungsgeladenen Bücher führen vor Augen, wie Attacken ablaufen, welche Folgen daraus resultie-ren können und was die Täter zu ihren Pöbeleien

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im Netz bewegt. Unterhaltung ohne mahnenden Zeigefinger, aber mit Identifikationspotenzial mit den Opfern.

Mobbing und Cybermobbing lassen sich dabei oft nicht trennen. Morgens wird auf dem Schul-hof fertiggemacht, abends im Netz. Das erfährt Svea Andersson in „Dunkles Geheimnis“ (ab 12 Jahre) am eigenen Leib. Im sechsten Teil der Krimis um die aufgeweckte Schülerin von Ritta Jacobsson soll die 14-Jährige aus der Hockey-Mannschaft gedrängt werden – weil sie ein Mäd-chen ist. Erst gründet ein Unbekannter namens Gustav die Facebook-Gruppe „Alle, die gemischte Mannschaften hassen“. Dann geht die Hetze auch im realen Leben los. Schubser beim Lauftrai-ning, Fouls im Spiel, obwohl Svea doch der Star der Mannschaft ist – oder vielmehr gerade weil. Die Jungs wollen sie aus dem Team haben und mit einem Nacktfoto aus der Dusche, auf dem sie obendrein dem Anschein nach den Trainer Ted umarmt, gelingt es ihnen auch. Der Skandal um die vermeintliche Schülerin-Trainer-Liaison ist eine ausgemachte Sache und Svea das Mob-bingopfer Nummer eins der Schule.

Der Fall von Svea ist – so traurig das klingt – geradezu Routine heutzutage. Unter dem Deck-mantel der Anonymität lässt es sich im Netz noch einfacher mobben als auf dem Schulhof. Dabei trifft es nicht nur Schwächere. Auch Kinder, die im „echten Leben“ beliebt sind. So wie Julie in „Ich blogg dich weg“ (ab 12 Jahre). Als Sänge-rin der Band „Jase Noju“ wird sie für ihre gran-diose Stimme bewundert, lebt in einem stabilen Freundeskreis. „Für das Face-to-Face-Mobbing eignet sich Julie tatsächlich weniger. Das würde sich bei ihrem sozialen Status keiner trauen“, sagt die Autorin Agnes Hammer. Und so wird sie online attackiert. Zunächst liegen nur Drohmails im virtuellen Postfach. Dann zeigt ein gefälschtes Facebook-Profil die zickige Seite von Julie. Ein Auslöser ist für Julie nicht ersichtlich. „Neid, Lan-geweile und Rache sind die Hauptmotive beim Cyber mobbing. Vor allem Neid kann viel leich-ter ausgelebt werden. Daher gibt es beim Mob-bing im Netz auch nicht die ,typischen‘ Opfer“, weiß Autorin Hammer.

täglIch In Der onlIne-communItyGedankenlosigkeit. Ein weiterer Aspekt, der mit Cybermobbing immer häufiger einhergeht. Wer sich abreagieren will, findet schon ein Opfer, das

muss man dazu noch nicht mal kennen. Dabei kann sich Cybermobbing auf unzählige Nutzer ausbreiten. Der Medienpädagogische Forschungs-verbund Südwest fand in einer Studie im Jahr 2010 heraus, dass jeder Zweite zwischen 12 und 19 Jahren sich täglich in seiner Online-Commu-nity einloggt, bei den 6- bis 13-Jährigen waren es bereits 43 Prozent. Wie rasant und rücksichts-los Cybermobbing verlaufen und welche Dyna-mik entstehen kann, beschreibt Alice Gabathu-ler in dem Roman „Matchbox Boy“ (ab 14 Jahre). Die Sommerferien sind für die drei Freundin-nen Jori, Dany und Leonie bislang zu öde. Der neue Gärtner scheint genau das richtige Opfer für ihre Späße zu sein. Eines Tages verschwindet der junge Mann und das Blatt wendet sich: Auf einer Internetseite droht der Matchbox Boy, schmut-zige Geheimnisse der drei Mädels auszuplaudern. Die Community darf entscheiden. Knapp 5500 User brennen darauf zu erfahren, mit wem Dany das erste Mal geschlafen hat. Während auch deli-kate Details über Leonie und Jori veröffentlicht werden, steigt die Zahl auf über 30 000, die lech-zend entscheiden, wie es der Matchbox Boy den Mädels heimzahlen soll. „Im Sog einer Gruppen-dynamik tut man Dinge, die man sonst vielleicht nicht tun würde. Allein die Tatsache, dass man die Dinge nicht alleine macht, dient als Rechtfer-tigung. Und im Netz ist es noch einfacher, weil man nicht persönlich mit der Reaktion der Betrof-fenen konfrontiert wird und es immer Leute gibt, die einem für giftige Worte mit einem ,gefällt mir‘ eine Legitimation für das eigene Handeln geben“, erklärt Autorin Gabathuler das skrupellose Ver-halten der Community.

Die erfolgreiche Thrillerautorin Janet Clark hatte nach einem Surferlebnis die Idee zu ihrem neuen Jugendbuch „Sei lieb und büße“ (ab 14 Jahre). „Ein junges Mädchen stellte sich in einem Video vor und fragte, ob sie die Viewer hübsch oder hässlich fanden. Eine sechsstellige Zahl an Nutzern hatte das Video gesehen und dement-sprechend hoch war die Anzahl der Kommen-tare. Sie erhielt aufmunternde Worte, aber auch zahlreiche Kritiken, die teils weit unter der Gür-tellinie waren. Ich war fassungslos.“ Das Auslie-fern an die anonyme Community der Teenager gibt dem Mobbing den meisten Zunder. In „Sei lieb und büße“ beleuchtet Clark gleich zwei

„ Ich mach DIch fertIg“ ela aus „Ich blogg dich weg!“

„ WeIl Du eIn opfer bIst, unD opfer sInD peInlIch!“ Cruella aus „Sei lieb und büße“

ritta JaCobsson: dunkles geheimnisÜbersetzt von Brigitta Kicherer Kosmos, 238 Seiten, 10,95 EuroAuch als E-Book erhältlich

agnes hammer: ich blogg dich weg!Loewe, 160 Seiten, 5,95 Euro

Janet Clark: sei lieb und büßeLoewe, 333 Seiten, 12 Euro

aliCe gabathuler: matchbox boyThienemann, 288 Seiten, 12,95 EuroAuch als E-Book erhältlich

Julie anne Peters: by the time you’ll read this, i’ll be deadÜbersetzt von Anja HerreKosmos, 251 Seiten, 12,95 Euro

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Kinder im richtigen Alter sind, kann man diese zunächst im Internet begleiten. Bei Facebook und Co. bin ich mit meinen Söhnen ,befreundet‘, das war Bedingung und beide hatten damit kein Pro-blem. Wenn ich einen bedenklichen Beitrag gese-hen habe, haben wir darüber geredet. Ich habe meine Gründe erklärt und sie gebeten, das Bild oder den Beitrag zu löschen.“

Ist meIn KInD geschützt?In „By the time you read this, I’ll be dead“ (ab 12 Jahre) sind im Anhang Beratungsstellen für junge Menschen in Krisen aufgeführt. Denn haben die Mobbingattacken ein Opfer in soziale Abschot-tung, zermürbende Einsamkeit, krankhafte Hoff-nungslosigkeit getrieben, sehen sie häufig kei-nen Ausweg mehr. Perfiderweise gibt auch hier das Internet Auskunft. In dem aufwühlenden Buch will Daelyn nach jahrelangem Mobbing nur noch sterben. Selbst ihre Eltern sind macht-los. Die Teenagerin hat schon einige gescheiterte Anläufe hinter sich, kann nicht mehr sprechen, seit sie sich mit einem Säurecocktail vergiften wollte. Und so meldet sich Daelyn auf der Sui-zidwebsite Durch-das-licht.com an – binnen 23 Tagen zum Freitod. Autorin Julie Anne Peters dringt unglaublich realistisch in die Gedanken und Gefühlswelten der lebensmüden Ich-Erzäh-lerin ein. Einerseits sind da die Erinnerungen an die unzähligen peinigenden Erlebnisse, anderer-seits das Hier und Jetzt mit dieser gnadenlos ins Detail eingehenden Internetseite, die aber neben Bewertungen zu Selbsttötungsvarianten und Dis-kussionsforum die Teenagerin auch mit krypti-schen Selbstfragen zum Nachdenken über sich selbst anregt. Keine leichte Materie, die zudem noch lange danach beschäftigt. Autorin Peters stellt sogar im Anhang zahlreiche Fragen zu Dae-lyns Gedanken, Leben und Handlungen.

Letztlich sind die Jugendthriller über Cyber-mobbing auch für Eltern eine aufrüttelnde Lek-türe. Als Mutter oder Vater fragt man sich auto-matisch: Sehe ich richtig hin? Ist mein Kind geschützt? Oder: Ist mein Kind ein Täter? Viele Mobber waren früher Mobbingopfer. Zweifel wer-den geschürt, ob das Kind einem wirklich alles erzählt. Auch die Protagonisten in den Büchern halten ihre Erlebnisse geheim. Eine allgemein-gültige Verhaltensempfehlung hat dennoch kei-nes der Bücher parat. Es gilt also, genau hinzu-schauen und im Falle Unterstützung zu geben und anzunehmen. „Sehr offen mit den Gescheh-nissen umzugehen und einen Experten hinzu-zuziehen sind gute Möglichkeiten. Jeder Fall ist anders und da ist Fachwissen gefragt, um nicht die eigenen Emotionen in den Fokus zu stellen, sondern besonnen zu reagieren“, erklärt Auto-rin Alice Hammer.

Fälle von Cybermobbing. Aus ihrem Tagebuch erfährt der Leser, warum Mia sich für den Frei-tod entschied. Anonym wurde sie auf Facebook von „Cruella“ bepöbelt. Später taucht auf You-tube ein Video auf, das Mia nackt in der Dusche zeigt. Schulkameraden verspotten sie, ihr Freund Rik trennt sich, selbst ihr Vater sagt, Mias Leben sei versaut. Etwas, das junge Menschen schneller bereit sind zu glauben. Die 16-Jährige sieht kei-nen Ausweg mehr. Ein Jahr später ist Sina frisch mit Rik zusammen, als der verunglückt und ins Koma fällt. Sina glaubt nicht an einen Unfall und plötzlich wird auch sie im Netz gemobbt. Erst von einem gewissen „BabyG“, dann kommen-tieren Mitschüler, letztlich nimmt die Hetzjagd online ihren Lauf.

Doch wie verhält man sich als Opfer richtig? Cybermobbing als solches wird vom Gesetzgeber noch nicht als Straftat angesehen. Nichtsdesto-trotz gibt es einige Tatbestände, die durchaus in Deutschen Gesetzen geregelt sind, wie Rufmord oder das Recht am eigenen Bild. In sozialen Netz-werken lassen sich unerwünschte Nutzer auf eigenen Profilen problemlos sperren, doch was tun, wenn sich die Mobbingattacke bereits im Netz ausgebreitet hat? In „Ich blogg dich weg“ geht Sängerin Julie offen ins Duell mit den Mob-bern. Eine Reaktion, die Autorin Agnes Ham-mer nicht empfiehlt: „Ich würde jedem raten, nicht zu antworten. Durch eine Antwort gibt Julie bereits preis, dass sie die Attacken getroffen haben. Das befeuert die Spirale des Cybermob-bings nur. Alle Mails, Kommentare oder sonsti-gen Angriffe unbedingt sammeln. Und dabei vor allem nicht alleine sein, sondern sich Freunde, Eltern, Sozialarbeiter oder Vertrauenspersonen dazuholen, damit die Wirkung der Mails durch Menschen, die man mag, relativiert wird.“

Sich anderen anzuvertrauen. Diese scheinbar simple Maßnahme geschieht häufig zu spät oder gar nicht. Kinder schämen sich, haben Angst vor einem Internetverbot und glauben, sie müssten mit der Hetzjagd alleine klarkommen. Dafür ent-scheidet sich auch Janet Clarks Protagonistin Sina, obwohl die Autorin nicht dazu rät. „Für Eltern ist es wichtig, in jedem Fall ihrem Kind das Gefühl zu geben, dass es nichts falsch gemacht hat und man auf seiner Seite steht. Und vorhe-rige Aufklärung ist am sinnvollsten. Sofern die

„ Wetten, Dass Du DIch morgen nIcht In DIe schule traust?“ Corinne aus „Matchbox Boy“

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Spezial Kinder & Jugend

DIESMAL

kandidat Schwung in die Bude bringen und als Poetry-Slammer den Saal rocken, aber als Autobiograf müsste man ihm wohl das längst sprichwörtliche „stets bemüht“ ins Zeugnis schreiben, so gewollt lustig, frisch und frech kommen die Lebenserinnerungen des Lehrer-kindes daher. Bielendorfer schreibt im Grunde, wie er spricht. Und das ist selten eine gute Idee. Selbst dann nicht, wenn man so rotz-frech-witzig parliert wie Bielendorfer. Zwi-schen den Buchdeckeln nutzt sich der Laus-bubencharme nämlich recht schnell ab. Egal, wo man die autobiografisch inspirierte Anek-dotensammlung aufschlägt: Fast immer muss man schmunzeln. Jedenfalls so lange, bis man genug davon hat, sich von einem kalkulier-ten Kalauer zum nächsten schubsen zu las-sen. Stets aufs Neue kokettiert Bielendorfer mit dem Loser-Image des dicklichen Lehrer-sohnes irgendwo zwischen „Knabenbusen und Herrentorte“. Es ist, als wolle er sich mit jedem neuen Scherz selbst übertreffen. Als hielte er seinen Lesern ständig ein noch grö-ßeres „Bitte lachen!“-Schild vor die Nase, als habe er sicherheitshalber aber gleich noch ein paar Lacher vom Band mit eingebaut.

Die Gagmuster wiederholen sich derart oft, dass sich der Eindruck aufdrängt, die geheime Comedy-Mission des Buches sei es, möglichst viele absurde sprachliche Vergleiche auf 300 Seiten unterzubringen. Scrabble wird dann zum Beispiel zu einem „Spiel, das den meis-ten Menschen weniger Freude macht als eine Wurzelbehandlung mit der Kettensäge“. Die „kleine Prinzessin Jessica“ war in Bielen-dorfers Erinnerung „so klug wie ein Kasten Brause“, Sören Malte „so spannend wie das Wort zum Sonntag auf Albanisch“ und er selbst musste schwitzen „wie Reiner Calmund beim Sonntagsbrunch“. Das ist zwar in etwa so ori-ginell, wie wenn einem jemand zum hunderts-ten Mal links auf die Schulter tippt und dann von rechts hämisch angrinst, aber wenn es funktioniert, warum nicht? In diesem Sinne ist Bielendorfers Bestseller auf Dauer ungefähr so komisch wie ein Wartebänkchen an einer Bushaltestelle, so überraschend wie ein Hun-dehaufen auf einem städtischen Grünstreifen und so abwechslungsreich wie der Pfeifton bei einem Tinnitus.

TexT: STefan volK

Bastian Bielendorfer hat einem Millionenpublikum bewiesen, wie schlagfertig, amüsant und herrlich selbstironisch er sein kann. In „Lehrerkind“ aber wollte er unbedingt noch einen draufsetzen. Offenbar kann man sich selbst als Comedian noch zum Streber entwickeln.

Manchmal schreibt das Leben eben doch die besten Geschichten. Gemeint ist damit jetzt allerdings

nicht die vom Lehrerkind Bastian Bielen-dorfer, sondern die vom Bestsellerautor. Im Oktober 2010 schafft es Bielendorfer in der Quizsendung „Wer wird Millionär?“ auf den begehrten Kandidatenstuhl gegenüber von Günther Jauch. Der 26-Jährige präsen-tiert sich sympathisch, locker, schlagfertig. Als er bei der 8000-Euro-Frage seinen Vater als Telefonjoker ziehen muss, flachst er, der werde „nie wieder ein Wort mit mir wechseln, wenn ich das nicht allein hinkriege.“ Und als hätte der Vater das gehört, geht er erst mal gar nicht an den Apparat. (Vielleicht haben sich die RTL-Mitarbeiter auch einfach verwählt, aber das wäre ja nicht ganz so lustig.) Ziem-lich mürrisch gibt Bielendorfers Vater beim zweiten Versuch dann die richtige Antwort. Die „Renaissance“ gilt natürlich als Wieder-geburt der Antike und nicht etwa, wie sein Sprössling mutmaßte, des Barock. „Bist du dir sicher?“, fragt der Kandidat noch einmal nach. „Ja, Mensch. Antike!“ Grußlos been-det der Vater das Gespräch. Und sein Sohne-mann darf anschließend noch ein bisschen darüber lamentieren, wie hart das Leben als Kind eines Lehrerpaares ist.

Bastian Bielendorfer macht das mit so viel Humor, furztrocken und ironisch, dass sich die beiden Sendungen mit ihm zu einem High-light in der langen Geschichte von „Wer wird Millionär?“ entwickeln, obwohl er am Ende „nur“ 32 000 Euro gewinnt. Die Pointen sit-zen, und die Episoden aus dem Lehrerkindall-tag sind so unfassbar witzig und absurd, dass

BAStIAn BIELEnDorfErBastian Bielendorfer, geb. am 24. Mai

1984 in Gelsenkirchen, studierte zunächst Geschichte und Psychologie auf Lehramt,

wechselte später aber zu einem reinen Psy-chologiestudium. Nach seinem Auftritt in der Quizsendung „Wer wird Millionär?“

veröffentlichte er im Oktober 2011 die hu-moristischen Lebenserinnerungen Lehrer-

kind – Lebenslänglich Pausenhof. Das Buch avancierte zum Bestseller. Die Fortsetzung Lebenslänglich Klassenfahrt – Mehr vom

Lehrerkind erschien vor Kurzem.

BAStIAn BIELEnDorfEr: Lehrerkind – lebenslänglich Pausenhof

Piper, 304 Seiten, 9,95 Euro Auch als E-Book erhältlich

man beim Piper-Verlag hellhörig wird, als Bie-lendorfer von seinem Plan erzählt, ein Buch darüber zu schreiben. Eine Lektorin kontak-tiert ihn. Ein Jahr später erscheint dieses Buch dann tatsächlich und entwickelt sich zum Ver-kaufsschlager.

Doch so märchenhaft schön diese Geschichte klingt, sie hat auch einen Haken. Und zwar das Buch selbst. Bielendorfer mag als Quizshow-

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Ingo ZamperonI

Ich habe selbst noch eInIges gelerntEr moderiert das „Nachtmagazin“ der ARD, gehört zum Moderationsteam der „Tagesthemen“ – und ist dreifacher Vater. Mit der Reihe „Starke Kinder“ präsentiert Ingo Zamperoni nun seine erste Hörspielproduktion, die den internen Familientest schon bestanden hat. IntervIew: ChrIstIan Bärmann

herr Zamperoni, was hat Sie bewogen, die Hör-spielreihe „Starke Kinder“ zu präsentieren?Zunächst einmal bin ich neugierig auf neue Kom-

munikationsformen. Mich hat seit jeher am Radio gereizt, Informationen nur mit der Stimme zu transportieren und so Bildwelten und Ereignisse zu erschaffen. Da ich das durch meine Arbeit beim Fernsehen lange nicht mehr gemacht habe, hatte ich schon lange den Wunsch, auch mal ein Hörbuch zu machen. Als Random House Audio mit die-sem Projekt auf mich zugekommen ist, haben sie bei mir offene Türen eingerannt.

Waren Sie an der Konzeption beteiligt? Nein, das Konzept war schon fertig, aber ich stehe schon als dreifacher Vater (er hat Zwillinge im Alter von 4 Jahren und eine einjährige Tochter, die Red.) natürlich voll hinter dem Inhalt und habe sofort zugesagt. Eltern müssen doch jeden Tag einen Spagat machen: Einerseits ist da das Beschützen vor Gefahren, Verletzungen und Risiken. Andererseits das Loslassen, damit Kinder eigene Schritte und Erfahrungen machen können, um Selbstvertrauen in die eigenen Fähig-keiten zu bekommen. Diese Hörspiele helfen dabei, das Meistern des Spagates etwas zu unterstützen.

Warum sind Hörspiele dafür besonders geeignet?Ich glaube, dass gerade Kinder bei Hörspielen besonders gut bei der Sache sind. Vor allem die Zielgruppe ab fünf Jahren kann noch nicht so gut lesen und sich Inhalte noch nicht so gut selbst erarbeiten. Dazu kommen die Emotio-nen des gesprochenen Wortes – nehmen Sie nur die Fuß-ball-Bundesliga-Konferenz im Radio: Das Zuhören ist doch viel spannender, als die Spiele im Fernsehen zu sehen, weil man sich die Situationen im eigenen Kopf vorstellen kann.

Haben die Hörspiele schon den heimischen Test bestanden?Ja, wir sind über Ostern eine lange Strecke mit dem Auto gefahren und hatten die vier CDs dabei. Unsere Zwillinge wollten die Hörspiele immer wieder hören und waren total gebannt, weil so viel passiert. Wenn man alles, was nur schiefgehen kann, innerhalb von zwanzig Minuten hört, ist das richtig atemberaubend, wie ein Actionfilm im Kopf. Das macht das Zuhören sehr spannend, auch für uns als Eltern.

Zumal ja auch die Erwachsenen in den Situationen ihr Fett abbekommen …Absolut, denn nicht nur das Verhalten der Kinder, son-dern auch die Fehler der Erwachsenen werden darge-stellt. Ich habe selbst einiges dazugelernt – zum Beispiel werden wir jetzt einen kleinen Pflasterschrank in Knie-höhe anbringen, damit sich unsere Kinder im Zweifelsfall auch selbst „verarzten“ können, ohne dafür auf den Bade-wannenrand oder die Waschmaschine steigen zu müssen. Ein anderes Geheimnis der Serie ist auch, dass sie nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger arbeitet. Ich denke da zum Beispiel an die Folge mit dem Feuer, in der der Vater sein Fett abbekommt, weil er so viel verbietet und enorm streng ist – und damit die Kinder geradezu einlädt, heim-lich mit dem Feuer zu spielen.

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Spezial KInder & Jugend

Sollten die kleinen Hörer auch ein wenig abge-schreckt werden?Na ja, so schockierend sind die Situationen nun auch wie-der nicht. Denn vieles, was auf den CDs beschrieben wird, passiert tatsächlich häufig im Alltag, wir reden ja nicht von einem Flugzeugabsturz. Dass die Badewanne vollläuft, auf dem Herd etwas anbrennt, der CD-Spieler kaputt ist oder eine Sicherung herausspringt, hat doch jeder schon mal so oder so ähnlich erlebt. Oder könnte es erleben. Dadurch ist viel Bezug zum echten Leben da, aber durch die geballte Form der Ereignisse wird bei Kindern noch mehr das Inte-resse geschürt. Natürlich sollte man auch von Elternseite vor möglichen Gefahren warnen – und die Eltern werden durch die CDs auch nicht von ihrer Entziehungspflicht ent-bunden. Aber es hilft zuweilen umso mehr, wenn die Kin-der es auch noch einmal von außen hören, am besten durch eine spielerische und spannende Art der Aufklärung.

Ingo ZamperonI (Hrsg.), olIver verscH, martIn nuscH

starke Kinder – sicher unterwegsGelesen von Katharina Gast, Martin Baltscheit u. a.

Schon das Cover macht Lust aufs Reinhören: Beladen mit vielen alltäglichen Gefahrensituationen sieht es aus wie ein Wimmelbild, das zum Entdecken auffordert. Beim Hören werden die geweckten Erwartungen durchaus erfüllt, denn statt mit dem Hammer werden die kleinen Hörer durch flott aufbereitete Hörspielsituationen auf Gefahren des Alltags aufmerksam gemacht. In geballter Form wird vorgeführt, was man alles falsch oder richtig machen kann. Im zwei-ten Teil werden einige Szenen nochmals aufgegriffen und anhand praktischer Tipps erklärt, wie man sich in brenzli-gen Situationen zu helfen weiß. Ohne pädagogischen Zeige-finger, mit Unterhaltungswert und Mehrwert durchaus auch für Eltern. Im Booklet kann in Quizform der „Entdecker-Führerschein“ gemacht werden. Eine runde Sache – auch, weil neben pfiffigen Jung-Sprechern und „Tigerentenclub“-Moderatorin Katharina Gast mit Martin Baltscheit ein ech-ter Könner an Bord genommen wurde. Herausgeber Ingo Zamperoni spricht jeweils die Einleitung. Neben „Sicher unterwegs“ sind auch „Messer, Schere, Licht“, „Feuer und Flamme“ und „Wie ein Fisch im Wasser“ am Start, Fortset-zung nicht ausgeschlossen. (bär)

cbj audio, Hörspiele, je 45 Minuten/je 1 cd, 6,99 Euro

Seit Jannis, der Elfenjunge, aus Versehen Wendel, den Schrat ge-weckt hat, weicht der nicht mehr von seiner Seite. Was für ein Pech!

Elfen glauben nämlich, Schrate brächten Unglück – doch dann

kommt alles ganz anders…

a 14,95 D | ISBN 978-3-407-82017-4durchgehend vierfarbig bebildert

von Joëlle Tourlonias

Sturm im Elfenwald!

kommt alles ganz anders…

Oha...

Reinlesen!

Beltz_Buecher_4-13_Freund_Schrat.indd 1 07.05.2013 09:01:35

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Helen PHilliPs

Paradiesvoll & geheimnisgrünÜbersetzt von Ilse Rothfuss

Ein Familienvater, von Beruf Vogelforscher, fliegt von einem tollen Angebot gelockt in den Urwald. Seitdem er nicht mehr zu Hause ist, fühlt sich die Familie beobach-tet und belauscht. Als der Vater nach sie-ben Monaten noch nicht zurückgekehrt ist, beschließt die Familie, ihn zu suchen: der Beginn eines gefährlichen Abenteuers.Helen Phillips hat in ihr Buch viele Über-raschungen eingebaut. Daher wächst die Leselust auch mit jedem Kapitel und nach einer Weile möchte man das Buch schon gar nicht mehr aus der Hand legen. Eine kleine Liebesgeschichte macht „Paradies-voll und geheimnisgrün“ zu einem richtigen Mädchenbuch. Es ist recht anspruchsvoll geschrieben, mit langen Kapiteln, engli-schen Namen und Bezeichnungen, aber schon bald hat man die handelnden Perso-nen kennengelernt und fiebert mit ihnen mit, da vieles sehr anschaulich erklärt wird und das Ende ist sehr überraschend. (ab)

ChiCken house, 384 seiten, 17,99 euro Auch als e-Book erhältlich

RobeRt M. sonntag

Die ScannerDeutsche Originalausgabe

nadia budde

GroßstadttiereDeutsche Originalausgabe

FisCher kJB, 192 seiten, 12,99 euro Auch als e-Book erhältlich

JACoBy & stuArt, 140 seiten, 18 euro

eva völleR

Zeitenzauber. Die goldene BrückeDeutsche Originalausgabe

Hanna dietz

GefährlicheGedankenDeutsche Originalausgabe

BAumhAus, 318 seiten, 14,99 euro Auch als e-Book erhältlich

ArenA, 360 seiten, 12,99 euro Auch als e-Book erhältlich

Im Jahr 2035 gibt es keine gedruckten Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften mehr. Rob, 25, arbeitet als Buchagent für die Scan AG, ein Unternehmen des Weltkonzerns Ultranetz. Er macht Bücher kostenlos für alle verfügbar. Ein alter Mann lockt Rob zum Treffpunkt einer Untergrundorgani-sation, der Büchergilde. Hier lernt Rob eine alte, andere Welt kennen. Ein spannender Science-Fiction-Roman mit dystopischen Elementen. Viele weitergedachte techni-sche Entwicklungen und Visionen über die Macht der globalen Netzwerke sind leider gar nicht so weit von der Gegenwart ent-fernt und hinterlassen ein nachdenkliches, mulmiges Gefühl. (hoß)

Raus aufs Land, um etwas über Tiere zu lernen? Quatsch, da geht man besser in die Stadt! Budde eröffnet ungewöhnliche Sichtweisen auf die urbane Fauna und erzählt von Waschbär, Fuchs oder Wolf, aber auch von gängigeren Spezies wie Spatz und Taube. Die Themenherleitun-gen und Zeichnungen sind überaus wit-zig. Doch man lernt auch was: zum Bei-spiel, dass die Paarung von Raben- und Nebelkrähen zu Mischkrähen führt oder Stare im lärmenden Rom neue Verstän-digungsarten entwickeln. Einzig das Rät-sel um die Existenz von weißen Alligato-ren in der New Yorker Kanalisation kann auch Budde nicht gänzlich lösen. (sk)

Anna steckt gerade mitten im Abitur, als sie erfährt, dass ihr Freund Sebastiano in Paris verschwunden ist. Doch damit nicht genug: Er befindet sich im 17. Jahrhundert, hat jegliche Erinnerung verloren und hält sich für einen Musketier. Nun ist es an Anna, die sich nach ihrem ersten, unfrei-willigen Zeitsprung dem Geheimbund der Zeitwächter angeschlossen hat, in die Ver-gangenheit zu reisen. Schafft sie es, das Schlimmste zu verhindern? Helden, Schur-ken, Liebe und Verschwörungen – auch der zweite Band ist fesselnd und die gut recher-chierten historischen Details lassen dieses Buch zu einem wahren Lesegenuss werden. Gerne mehr davon! (lin)

Nach einem Schulverweis frisch auf dem Mädchengymnasium angekommen, muss sich die 17-jährige Natascha nicht nur mit ihren zickigen Klassenkameradinnen rumschlagen. Mitschülerin Laura wird tot aus dem Rhein geborgen. Alles deutet auf Selbstmord hin, doch Natascha entdeckt Hinweise auf einen Mord. Hat der strenge Vater Laura umgebracht? Oder war es der Musiklehrer, der die Beziehung zu seiner Schülerin vertuschen wollte? Dietz’ Jugend-krimidebüt hat die perfekte Mischung: eine freche Hobbydetektivin, mit der man sich nach den ersten Buchstaben identifiziert, einen bis zum Schluss wendungsreichen Plot und jede Menge Humor. (ole)

Auch als hörbuch bei silberfisch

erhältlich

Alwara Borg (11) be-sucht die 6. klasse, liest leidenschaftlich gern und schreibt auch selbst außergewöhnlich schöne Geschichten.

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Bücher | Spezial KinDer & Jugend

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MicHael de cock

rosie und MoussaÜbersetzt von Rolf Erdorf

Rena duMont

ParadiessucherDeutsche Originalausgabe

Beltz & GelBerG, 104 seiten, 9,95 euro CArl hAnser, 304 seiten, 14,90 euro Auch als e-Book erhältlich

Helga gutowski

SandersommerDeutsche Originalausgabe

dagMaR geisleR

Wandas erster SchulausflugDeutsche Originalausgabe

rowohlt, 128 seiten, 9,99 euro Auch als e-Book erhältlich

dtv Junior, 112 seiten, 9,95 euro

alois PRinz

Jesus von nazaretDeutsche Originalausgabe

Jesus sei für jede Generation „ein Wagnis“, schreibt Alois Prinz im Vorwort seiner Jesusbiografie. Gerade seine „innere Frei-heit“ könne ihn zu einem echten Vorbild für Jugendliche werden lassen – jenseits von Leistung, Geld oder Erfolg. Der Autor kennt die historisch-kritische Jesusforschung und erzählt von der politisch aufgeheizten Zeit, in der der Mann aus Nazareth lebte. Aber zusätzlich lässt er Philosophie, Literatur, Kunst und Film sprechen, um das Phäno-men Jesus zu erklären. Ein Beispiel unter vielen: Friedrich Nietzsche nannte das Ver-halten des zwölfjährigen Jesus im Tempel die „große Loslösung“ – notwendig für jeden, der ein „freier Geist“ werden wolle: Nachdem seine besorgten Eltern tagelang nach ihrem Sohn gesucht hatten, erklärte er ihnen knallhart, er habe im Haus seines himmlischen Vaters sein müssen. Am Inter-essantesten ist der Autor aber da, wo er die Evangelien selbst deutet. Etwa die „wun-derbare“ Brotvermehrung: Als es unmög-lich scheint, dass Brot und Fisch für alle reichen, blickt Jesus zum Himmel und for-dert die Menschen auf, zu teilen. Wer zum Himmel blicke, erklärt Prinz, werde sich bewusst, wie beschenkt er schon immer sei und werde deshalb großzügig. Diese innere Wandlung im Vertrauen auf die Güte Got-tes sei das eigentliche Wunder. (svs)

ein faszinierender zugang zum „Men-schensohn“: klug, kenntnisreich und beste-chend einfach geschrieben.

GABriel, 240 seiten, 16,95 euro Auch als e-Book erhältlich

1986, in einer tschechoslowakischen Kleinstadt: Lenka hat nur einen Traum: dem Ostblock zu entfliehen. Denn ihr Wunsch nach Freiheit hat in der spieß-bürgerlichen Gesellschaft keinen Platz. So verlässt sie mit ihrer Mutter Heimat, Familie und Freunde, um in Deutschland die Rettung zu suchen. Im vermeintlichen Paradies angekommen, lernt sie jedoch, dass man aufpassen soll, was man sich wünscht. In ihrem semi-autobiografi-schen Debüt erzählt Dumont packend, witzig und stellenweise erschütternd von Verlust, Erkenntnis und Hoffnung. Ihr authentischer Sprachstil führt den Leser sicher durch Lenkas Gefühlswelt. (vs)

Rosie zieht nach der Trennung ihrer Eltern mit Mama ans andere Ende der Stadt. Was für ein Glück, dass Moussa direkt über ihr wohnt. Als die Kinder aufs Dach des Hochhauses gehen, obwohl dort KEIN ZUTRITT FÜR UNBEFUGTE steht, erleben sie Unerahntes. Verspielt, federleicht und klug ist sie, die Geschichte von Michael De Cock. Der wiederum kommt vom Theater. Das merkt man seinen Figuren, der spannenden Hand-lung und den lebendigen Dialogen an. In Nebensätzen fängt er Angst, Nähe oder Hoffnung ein. Die zahlreichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen Judith Vanistenda-els machen das Kinderbuch perfekt. (ae)

Der erste Ausflug führt die Klasse von Wanda und ihrer Freundin Katti in den Wildpark. Ein Vater, Wandas Mutter und die Lehrerin haben alle Mühe, die Erst-klässler zwischen Hängebauchschweinen und Luchsen zusammenzuhalten: Sophie traut sich nicht wieder vom Klettergerüst, Katti ist jedes Mal wie hypnotisiert, wenn sie ein Pferd sieht, Otto sucht das Bären-junge und Bernie und Yakup meinen, sich vor einem Wolf verstecken zu müssen. Ein Esel erstickt beinahe, ein Zicklein hat sich unter dem Bus versteckt. Das Chaos reißt nicht ab. Trotzdem ist es ein gelungener Ausflug – und ein gelungenes lustiges Erst-lesebuch, absolut authentisch! (md)

Jettes Tante und ihre Partnerin erwarten ein Baby – „Sandersommer“ erzählt vom Warten, vom Leben und vom Tod. Denn Sander, der Cousin, auf den Jette sich so sehr freut, wird nur wenige Wochen alt. Dennoch ist dies kein trauriges Buch. Das Baby wird in seinem kurzen Leben sehr geliebt. Sprachlich und emotional spiegelt die Helga Gutowski die kindliche Fähig-keit, intensiv traurig sein zu können und doch im nächsten Moment voll ungedul-diger Vorfreude in die Zukunft zu laufen. Unverbrauchte Sprachbilder, der kindliche Blick und eine eigensinnige Katze machen dieses Kinderbuch-Debüt absolut (vor-)lesenswert. (ivo)

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04·13 grandios

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( 4,55) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

( 3,00) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

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DIVERSE AUTOREN

Kamfu mir helfen? Gelesen von Stefan Kaminski, Cathlen Gawlich und Joachim Knaps

„Ich bin gefolpert, hingeflogen und hab den Rüffel mir verbogen. Deffegen komme ich fu dir. Kamfu vielleicht helfen mir?“ Dumm gelaufen für den Elefanten, der in der ersten Geschichte bei anderen Tieren Hilfe sucht, um den Rüssel wieder zu entbiegen und nor-mal sprechen zu können. Auch der „Ging-puin“ in der zweiten Geschichte hat einen Sprachfehler. Seine Sätze mit verdrehten Worten haben den Pinguin zum ausgelach-ten Außenseiter gemacht hat. Er sei doch auch „warz und schweiß“ und wolle eben-falls mit zur „Scheißolle“. Also geht er auf große Reise, um festzustellen, dass er doch lieber wieder „hach Nause“ möchte, wo die anderen Pinguine ihn schon vermissen. In der dritten Geschichte wird ein Stöckchen zum Streitobjekt der Bauernhoftiere, die den klei-nen Stock alle bestens gebrauchen könnten …Wenn die Stimmkünstler Stefan Kamin-ski und Cathlen Gawlich vor das Mikro-fon treten, kommt meistens ein Hörspiel dabei heraus. Kaminski gibt einen köst-lichen Elefanten, Gawlich liest den klei-nen Gingpuin total niedlich, doch auch die anderen Tiere bekommen eigene Stim-men spendiert. Joachim Knaps kann da nicht ganz mithalten, liest aber mit Elan und Witz auf den Stimmbändern. Lustige Geräusche und muntere Musik runden das Spaßpaket ab. (bär)

Was ergeben drei niedliche Geschichten, die von drei Könnern gelesen werden? Ein komisches Immer-wieder-hören-Hörbuch.

Ein Bär und ein Junge sitzen zusammen im Boot. Nur diese beiden Figuren und die Erzäh-ler-Passagen spricht Rufus Beck. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, wie der passionierte Stimmkünstler beispielhaft zeigt. Er charakterisiert die Figuren nicht nur stimmlich, son-dern macht auch hörbar, wie sie sich im Laufe der Geschichte entwickeln und verändern: der brummige Bär, der erst wütend und dann niedergeschlagen klingt. Der Junge, dessen Stimme an Zuversicht und Selbstbewusstsein gewinnt. „Bär im Boot“ ist eine Geschichte mit minimalistischer Handlung. Zuerst will man sich langweilen, wie der Junge im Boot. Und dessen Versuch, sich die Zeit mit „Ich sehe was, was du nicht siehst“ zu vertreiben, ist mitten im Blau von Meer und Himmel nicht eben von Erfolg gekrönt. Doch nach und nach lässt man sich auf die Langsamkeit der Handlung ein und lauscht auf die Zwischentöne. Denn selbst wenn ein Untier oder ein Geisterschiff auftaucht, geschieht das hier mit einer gewissen Beiläufigkeit. Im Wesentlichen erzählt der Engländer Dave Shelton von Freundschaft, Vertrauen und der Kunst, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind. Das klingt bei ihm witzig und kontemplativ zugleich. (akm)

Mary Pope Osborne kennt in den USA jedes Kind – im wahrsten Sinne des Wortes. Ihre Reihe „Das magische Baumhaus“ gehört seit Jahren zu den beliebtesten Kinderbuchreihen und hat sich (weltweit) bereits über 110 Millionen Mal verkauft. Mit dem magischen Baumhausreisen die Geschwister Philipp und Anne wie in einer Zeitmaschine durch die Weltge-schichte. Diesmal geht‘s nach Washington D.C. ins Jahr 1861, wo sie dem US-Präsident Abraham Lincoln im Weißen Haus eine Nachricht überbringen sollen. Um an den vielbe-schäftigten Präsidenten heranzukommen, hoffen Philipp und Anne auf Lincolns Söhne – die das Baumhaus für sich beanspruchen wollen, schließlich sei es ja in „ihrem“ Garten gelandet. Oder sollten die Geschwister doch besser auf Magie setzen?Schade, dass sich die magischen Momente der Vorlage nicht durchgehend in der prinzipiell lebendigen Interpretation von Sprecher Frank-Lorenz Engel widerspiegeln. Der Schauspie-ler liest engagiert, aber sein hörbares Bemühen, der jungen Zielgruppe gerecht werden zu wollen, führt zu einigen unglücklichen Über-betonungen. Auch das Verstellen seiner ange-nehmen Erzählerstimme gelingt ihm bei den Kinderstimmen nicht immer. Weniger wäre mehr gewesen. (bär)

DAVE SHElTON

Bär im BootGelesen von Rufus Beck

Wer sich Zeit für diese Geschichte nimmt, wird Vergnügen daran finden – egal ob er acht oder 80 Jahre alt ist.

Die lebendige Interpretation der erfolg-reichen Kinderbuchreihe wird durch einen teils zu eifrigen Vortrag etwas getrübt.

auch als buch bei Kunstmann

erhältlich

auch als buch beicarlsen

erhältlich

auch als buch bei loewe erhältlich

JUmbo Verlag, ungekürzte lesung, 88 minuten/ 1 cD, 10,99 euro

MARy POPE OSbORNE

Die Feder der MachtGelesen von Frank-Lorenz Engel

sIlberfIsch, gekürzte lesung, 170 minuten/ 2 cDs, 12,99 euro

oetInger aUDIo, ungekürzte lesung, 25 minuten/1 cD, 9,95 euro

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1014·2013

HörBücHer | Spezial KinDer & Jugend

(4,95) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

( 3,25) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

Alters-empfehlung

10Alters-

empfehlung

8

ADAM GIDWITZ

eine dunkle & grimmige GeschichteGelesen von Peter Kaempfe

Sie finden, Märchen seien gewalttätig und wenig kindgerecht? Tja, dann haben Sie noch nichts von der wirklich wahrhaftigen Wahrheit von Hänsel und Gretel gehört. US-Autor Gidwitz erzählt den Klassiker neu, und das von Peter Kaempfe interpretierte Resultat ist eine Hörperle. Wie Gidwitz das über 150 Jahre alte Original ins 21. Jahr-hundert transportiert hat, ist bemerkens-wert: einerseits modern und noch grausa-mer, andererseits mit unverwechselbarem Märchencharme und sehr humorvoll. Peter Kaempfe vergoldet die Textpracht, indem er mit Herzblut in die Rolle des sympathischen Märchenonkels schlüpft. Dieser erzählt hier nicht etwa nur in „Es war einmal …“-Manier aus dem abenteu-erreichen Leben der Geschwister, Kaempfe spricht mit seinen Hörern auch direkt à la „Sind auch wirklich keine Kinder mehr im Raum? Jetzt wird’s nämlich blutig!“. Am stärksten ist der Schauspieler aber in der Interpretation einzelner Randfigu-ren wie dem Teufel oder dessen Mutter. Auch hier trifft er die perfekte Mischung aus Grausamkeit und Humor. Zu guter Letzt hat Gidwitz noch ein märchenrei-fes Ende verfasst – und auch hier gilt für Hänsel und Gretel: Wenn Sie nicht gestor-ben sind … (ole)

Hänsel & Gretel reloaded: eine meister-hafte Märchennostalgie mit modernem Kick. Ein Muss für jede Hörbuchmediathek.

JOHN GREEN

Margos SpurenGelesen von Robert Stadlober

Eine Anmerkung zur Übersetzung: Nie-mand unter sechzig nennt ein Mädchen, das er begehrt, „Zuckerpuppe“. Das Wort irritiert, bis man herausgefunden hat, dass in der Vorlage „candy-coated honeybunny“ steht. Warum Green einen heutigen Puber-tierenden sprechen lässt wie einen Schlager-star der Fünfziger, bleibt ein Rätsel. Davon abgesehen ist „Margos Spuren“ recht nett, auch wenn die Verdammung der Oberfläch-lichkeit der Vorstädte selbst längst Konven-tion ist. Margo, das glamouröseste Mädchen der Schule, steht eines Nachts in Quentins Zimmer und verlangt: „Weil ich heute Nacht elf Sachen zu erledigen habe, und bei fünf davon brauche ich einen, der den Flucht-wagen fährt.“ Nach dieser seltsamen Nacht verschwindet sie. Quentin, seine Nerd-Kum-pels und Margos hübsche Freundin Lacey setzen alles daran, sie zu finden.Robert Stadlober trifft den Ich-Erzähler, einen vorsichtigen, unscheinbaren Jun-gen, so genau, dass man bald vergisst, dass er Schauspieler ist. Trotzdem verleiht er den Figuren – vor allem in den Dialogen – Kontur und Persönlichkeit. Dafür, dass die Geschichte, die er liest, schon in „Donnie Darko“, „American Beauty“ und jeder ein-zelnen Folge der Serie „Desperate Housewi-ves“ erzählt worden ist, kann er nichts. (ed)

Oberflächlichkeit ist schlecht, Nachdenken ist gut und auch coole Kids haben Pro-bleme. Aha.

auch als buch/ e-book bei

arsedition erhältlich

auch als buch/ e-book beim dtv erhältlich

aUDIolIno, gekürzte lesung, 238 minu-ten/3 cDs, 16,90 euro

hörbUch hambUrg, ungekürzte lesung, 266 minuten/4 cDs, 19,99 euro

Die

Besten 7

im Juni

140 Seitendurchgehend farbig€ [D] 18,00 | € [A] 18,50| SFr 25,90ISBN 978-3-941087-85-9

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( 3,0) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

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( 2,5) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

GlENN MURPHy

Warum ist Schnodder grün?Gelesen von Simon Jäger und Leon Seibel

Warum sterben nicht alle Fische, wenn ein Blitz im Meer einschlägt? Haben Spinnen Ohren? Wie schmeckt ein Mensch für einen Tiger? Warum ist Schnodder grün? Fragen über Fragen, alle interessant – zumal die Antworten gerade bei kleinen Menschen neue Fragen aufwerfen. Ein tolles Prinzip, das Glenn Murphy vom Science Museum in London zu Papier gebracht hat. Unser heimisches Test-Zielpublikum hat allerdings erst bei der Frage „Was passiert, wenn man in einem Weltraumanzug pupst?“ so richtig die Ohren gespitzt. Ein Weckruf quasi, nachdem die ersten Minuten dieses Hörbuchs eher in einem Ohr rein- und zum anderen Ohr rausgeflutscht sind. Das liegt vor allem an der Fülle der Infor-mationen, die beim ersten Hördurchgang in akustischer Form etwas schwer zu verar-beiten sind. Teilweise werden zu viele Fak-ten in zu langen Sätzen untergebracht, und Zurückblättern geht ja nicht. Dazu kommt, dass Simon Jäger ein recht zügiges Lese-tempo an den Tag legt, mit seiner angeneh-men Stimme aber routinierter Höranker dieser Produktion ist – da die teils heisere Stimme des jungen Leon Seibel auf Dauer leicht anstrengt. Dennoch: klasse Idee. Ein Hörbuch, bei dem man mit jedem Durch-gang etwas Neues erfährt. (bär)

Ein pfiffiges Hörbuch für wissensdurstige junge Menschen, dessen Informationsdich-te zum Mehrfachhören „nötigt“.

UDO SAUTTER

Die 101 wichtigsten Personen der WeltgeschichteGelesen von E. Schütz und G. Merlau

Der Titel klingt nach einem Husarenritt – die 101 wichtigsten Personen der Welt-geschichte in 247 Minuten. 2,45 Minu-ten pro Persönlichkeit. Und tatsächlich handelt es sich bei dieser Auflistung um pure und sachliche Wissensvermittlung binnen kurzer Zeit. Die chronologische Abfolge beginnt mit dem babylonischen König Hammurapi und endet bei dem letz-ten Staatspräsidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow. Man könnte aber auch mit Martin Luther, George Washing-ton oder Karl Marx starten, da jede der 101 Kurzbiografien ein abgeschlossenes Kapi-tel in sich ist. Beim Drücken der „Shuffle“-Taste würde höchstens das gleichberechtigte Abwech-seln der Erzählanteile von Elga Schütz und Günter Merlau über den Haufen geworfen. Beide Sprecher tragen in Nachrichtenspre-cher-Manier frei von Emotionen die kur-zen Biografien vor. Passend dazu werden mal kühle elektronische, mal warme Pia-noklänge eingespielt. Das ist fraglos informativ, unterhaltend eher weniger – konzentriertes Zuhören ist auf jeden Fall angesagt. Ein Glück, dass im Anschluss nicht der Lehrer kommt und das frisch erfahrene (aber zum knackigen Preis erhältliche) Wissen abklopft. (ole)

Pragmatischer Frontalunterricht statt Wis-sensvermittlung mit Unterhaltungswert – ein Hörfest für bildungspolitiker.

HEIKO WOlZ

Allein unter SuperheldenGelesen von Patrick Mölleken

Welcher Junge träumt nicht davon, mal ein Superheld zu sein? Leon lebt in einer Welt voller übernatürlicher Kräfte. Mutter „Ice-madam“ herrscht über Eis und Schnee, Vater „The Ray“ zerschießt mit seinem Laserblick Dinge und seine Schwester „Die unfassbare Laura“ springt mit einem „Plopp!“ von Ort zu Ort. Der Traum vom Superhelden bleibt für Leon allerdings unerfüllt, denn er ist völ-lig normal. Ihn stört das jedoch nicht wei-ter, trotzdem soll der Zehnjährige auf die neue Superhelden-Schule von Dr. Schrö-der. Und das hat böse Folgen … Allerdings gepaart mit vielen Lachern. Papa Superheld verwüstet beim Versuch, Fahr-rad zu fahren das ganze Haus, Leon wird permanent übel, wenn er mit seiner Super-Schwester fliegt, und Sprecher Patrick Möl-leken greift die Tonalität dankbar auf. Der Schauspieler überzeugt mit einer Vielzahl von Stimmlagen, baut Nuscheln und Lis-peln ein und quetscht fiese Lacher heraus. Diese sind allerdings ebenso an der Nerv-grenze wie die Soundeffekte, die wie von einem Keyboard aus den 1990ern klin-gen. Insgesamt ist „Allein unter Super-helden“ eher was für Jungs. Und für die gibt es sogar noch eine Moral: Auch ohne übernatürliche Kräfte kann man mit Mut und Cleverness zum Helden werden. (ole)

Slapstick für junge Möchtegern-Super-helden, der bei den einen lachanfälle, bei den anderen Nervzucken auslösen dürfte.

auch als buch bei arena erhältlich

auch als buch/ e-book bei

beck erhältlich

auch als buch/ e-book beim dtv erhältlich

oetInger aUDIo, gekürzte lesung, 60 minuten/1 cD, 9,95 euro

laUsch, ungekürzte lesung, 247 minuten/Download, 8,95 euro

Der aUDIo Verlag, gekürzte lesung, 148 minuten/2 cDs, 12,99 euro

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1034·2013

HörBücHer | Spezial KinDer & Jugend

( 4,55) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

( 3,55) UmsetzUngInhaltaUsstattUng

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8

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04·13 Grandios

„Die wundervollen Zeichnungen und kleinen Auszüge aus ,Amsel Salamanders Buch über Alles‘, auf Baumblättern notiert, machen das Buch auch zu einem ästhetischen Genuss“, lobte die Rezensentin in BÜCHER-Ausgabe 02/2013 die Vorlage. Den Verlust dieser Ästhe-tik, den das Medium Hörbuch zwangsläufig mit sich bringt, macht Jodie Ahlborns wunder-bare und sympathische Lesung aber locker wett. Vom Fleck erobert die 32-jährige Schau-spielerin den Hörer und ist mit ihrer wandelbaren Stimme eine der Sprecherentdeckungen 2013. Mit scheinbarer Leichtigkeit und vor Spielfreude sprühend springt Ahlborn zwischen ihrer warmen Erzählerstimme und den vielen Charakteren aus Freunds Welt hin und her, denen sie höchst unterhaltsam und stimmig Seele einhaucht. Von kindlich süß bis bösar-tig (großartig: „ihr“ böser, grollender und fauchender Zauberer Holunder), von mürrisch, ängstlich bis erregt – das Repertoire der Hamburgerin ist vielseitig und wie geschaffen für diese fantasievolle und spannende Geschichte aus dem Elfenwald.Nur gut für den Hörer, dass der Elf Jannis den Schrat Wendel weckt („Bringt allen Unglück, höchster Grad, drum wecke niemals einen Schrat!“), zunächst verbannt und dann zum Hoffnungsträger des Elfenwaldes wird. (bär)

Wenn es darum geht, auf möglichst verständliche Art hinter die Kulissen der Aufklärungs-arbeit der Polizei zu blicken, ist der Kriminalbiologe Mark Benecke derzeit meist erste Wahl. Besonders für ein junges Publikum sind Beneckes lockere und populärwissenschaftliche Erklärungen wie geschaffen. Er doziert nicht, er begeistert, outet sich als Fan des fiktiven Meisterdetektivs Sherlock Holmes – und bereichert damit dieses Hörbuch, das auf clevere Weise den Kriminalistik-Bogen von Sherlock Holmes bis zu CSI spannt. Da wäre zum einen der Ausflug in die Geschichte. Wie ist der Name Scotland Yard entstanden, und warum sind die englischen Polizisten gemeinhin als „Bobby“ bekannt? Wie haben sich die Ermitt-lungsmethoden in den Jahrhunderten verändert? Weitere Einblicke, die auch Erwachsene erhellen dürften, sind die Antworten auf Fragen wie: „Seit wann werden Fingerabdrücke zum Aufklären von Verbrechen eingesetzt?“, „Was ist ein genetischer Fingerabdruck?“ und „Wieso kann man mit Fliegenmaden einen Mord aufklären?“Neben den O-Tönen von Benecke, runden Hörspielszenen und passende Musikunterma-lung dieses hörenswerte Feature ab, das mit Norman Matt und Edda Fischer zwei souve-räne Erzähler hat. (bär)

WIElAND FREUND

Wecke niemals einen Schrat!Gelesen von Jodie Ahlborn

Wie aus einer großartigen Vorlage ein grandioses Hörbuch wird, beweist die wandelbare Jodie Ahlborn.

So unterhaltsam und populärwissenschaft-lich kann Kriminalistik sein. Hörenswertes Feature für Wissbegierige von 8 bis 88.

auch als buch bei beltz

erhältlich

hörcompany, ungekürzte lesung, 280 minuten/4 cDs, 16,95 euro

heaDroom, Wissen-feature, 78 minuten/1 cD, 12,90 euro

DANIElA WAKONIGG

Von Sherlock Holmes zu cSiMit Norman Matt, Edda Fischer u. a.

Hörproben auf www.folgenreich.de

Erlebe »Die Elfen« als atem beraubende und einzigartige Hörspieladaption.

Start der 2. Hörspielstaffel

»Elfenlicht«mit Folge 6 ab 31.05.2013

NEU

Folge 6

»So müssen DIE ELFEN klingen.« Bernhard Hennen

Page 104: Bücher 04/2013

104 4·2013

Bilder & Welten

LiteraturverfiLmungen

Bewegte Bilder

Kinostart13. Juni

Am Anfang des Films ist es still. Bilder vom Schilf sind zu sehen, nur der Wind ist zu

hören. Ein ruhiger Vorspann stimmt auf eine Geschichte ein, in der nur wenig passieren wird. Stille und Ein-samkeit bestimmen das Leben des Mittfünfzigers Helmer van Wonde-ren (Jeroen Willems) auf dem fami-lieneigenen Bauernhof in Zeeland. Insgeheim sehnt er sich nach einem neuen Anfang, deshalb verfrachtet er seinen bettlägerigen Vater (Henri Gar-cin), der einfach nicht sterben will, ins Obergeschoss des Bauernhauses und renoviert die unteren Räume, die er fortan bewohnen will. Es ist eine erste Abwechslung in seiner Rou-tine, die aus der Pflege der Tiere und den Gesprächen mit dem Milchfah-

rer (Wim Opbrouck) besteht. Als er zudem einen Knecht einstellt, bricht etwas Neues in sein Leben, das ihm erstmals eine Ahnung von seiner möglichen Zukunft vermittelt. Aber solange sein Vater lebt, kann er die Vergangenheit nicht abschließen.

In ihrer Verfilmung des gleichna-migen Romans von Gerbrand Bakker hat Regisseurin und Drehbuchauto-rin Nanouk Leopold den sprachlich bereits minimalistischen Roman wei-ter reduziert und an vielen Stellen Ein- durch Mehrdeutigkeiten ersetzt. Han-delt es sich beispielsweise in Bakkers Roman bei dem Knecht um den Sohn von Riet, der Verlobten von Helmers verstorbenem Zwillingsbruder, ist er im Film ein Fremder. Dadurch ist in dem Film die Vergangenheit als Ursa-

che für Helmers Verhalten im Hin-tergrund zu spüren, im Mittelpunkt stehen indes seine Gegenwart und seine Versuche, etwas Glück zu fin-den. Dabei gelingt es ihr insbesondere dank der Bilder von Frank van den Eeden und der Nähe der Kamera zu dem Protagonisten, die spröde Atmo-sphäre des Romans auf die Leinwand zu transponieren.

„Oben ist es still“ ist ein sehr ruhi-ger und konzentrierter Film, der häu-fig nur eine Ahnung vermittelt. Aber es ist dieses Unausgesprochene, das fasziniert. Allein die Bilder des nebel-verhangenen Hollands und die schau-spielerische Leistung des Ende letzten Jahres verstorbenen Jeroen Willems machen den Film zu einem eindrucks-vollen Erlebnis. (sh)

ein neuAnfAng in ZeelAnd Nanouk Leopolds poetisch-karge Verfilmung von Gerbrand Bakkers Debüt „Oben ist es still“.

gerbrand bakker: Oben ist es stillSuhrkamp, 315 Seiten, 9,99 Euro

Foto

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Page 105: Bücher 04/2013

1054·2013

seelenDer fünfte und letzte Teil der Twilight-Saga ist gerade aus den Kinos, schon flimmert die nächste Verfilmung von Bestsellerautorin Stephenie Meyer über die Leinwand. In „Seelen“ gibt es die Liebesgeschichte nicht im blutsaugenden Fantasy-Flanell, sondern im düsteren Science-Fiction-Umhang. Melanie Stryder (Saoirse Ronan) ist einer der letzten echten Men-schen auf Erden. Zuvor hatten Außerirdische, sogenannte „Seelen“, erst unseren Planeten und dann unsere Körper erobert. Auf der Flucht begegnet Melanie Jared (Max Irons), der ebenfalls zu den noch freien Menschen gehört. Schon bald verliebt sie sich in ihn, doch das junge Glück findet ein jähes Ende: Melanie fällt in die Hände einer sogenannten Sucherin (Diane Kruger) und die Seele namens Wanderer wird in sie implantiert. Die Seele muss scho-ckiert feststellen, dass ihr Körper nicht nur ihr gehört, denn auch die menschliche Seele lebt noch. Zusammen müssen sie die restlichen Menschen finden, aber beide aus verschiedenen Gründen. Melanies Geist kämpft – animiert durch die Liebe zu Jared – um ihre Existenz und der Kampf beider Seelen in Melanies Körper beginnt … Stephenie meyer: Seelen, Ullstein, 912 Seiten, 9,99 Euro

BÜCHER verlost 5 Pakete zu „Silver Linings“ bestehend aus DVD und Buch (Senator Home Entertainment/Kindler). Einfach mitmachen und gewinnen! Teil-nahmebedingungen auf S. 3.

Kinostart13. Juni

COnfeSSiOnDie 1830er-Jahre in Paris: Octave (Pete Doher-ty) wird von seiner großen Liebe Elise betrogen. Aus Verzweiflung wird Hochmut, der ihn zum dekadenten Verführer wandelt. Seine Orgien en-den erst, als die junge Witwe Brigitte (Charlot-te Gainsbourg) in sein Leben tritt. Doch aus Lie-be wird schnell wieder Misstrauen: Betrügt nicht jede Frau früher oder später ihren Geliebten? Das Drama um Liebe, Hoffnung und Verzweif-lung ist die Verfilmung des autobiografischen Romans von Schriftsteller Alfred de Musset.aLfred de muSSet: bekenntnis eines jungen Zeitgenossen, Manesse, 408 Seiten, 19,90 Euro

daS gLüCk der grOSSen dinge Die Scheidung der einstigen Rock-Ikone Susanna (Julianne Moore) und Beale (Steve Coogan) ge-schieht nicht gerade im Einvernehmen. Leidtra-gende ist Töchterchen Maisie, die künftig immer abwechselnd ein halbes Jahr bei jedem Eltern-teil lebt. In dem ganzen Durcheinander erkennt Maisie, dass sie sich nicht auf das Leben der Erwachsenen verlassen kann. Nur in Erzieherin Mrs. Wix findet sie eine vertrauensvolle Bezugs-person. Bei ihr findet Maisie bedingungslose Warmherzigkeit, auf die sie aufbauen kann.henry JameS: maisie, Ullstein, 292 Seiten, antiquarisch erhältlich (z. B. zvab.com)

mr. mOrganS LaSt LOveMonsieur Armand aus der literarischen Vorlage heißt in der Verfilmung Matthew Morgan (Micha-el Caine). Der Witwer lebt einsam in Paris, bis sein Gehstock ihm zu neuem Lebensmut verhilft. Im Bus umgefallen, hebt ihn die junge und im-pulsive Französin Pauline (Clémence Poésy) auf. Aus der oberflächlichen Begegnung wird wahre Freundschaft, bis Matthews Sohn Miles (Justin Kirk) auftaucht. Das Verhältnis zwischen Vater und Stammhalter ist seit Jahren eingefroren. Da-für kommen sich Pauline und Miles näher …françOiSe dOrner: die letzte Liebe des monsieur armand, Diogenes, 144 Seiten, 7,90 Euro

Kinostart20. Juni

Kinostart11. Juli

Kinostart18. Juli

weitere literAturverfilmungen

DVD-Start31. Mai

Im KIno verpasst?

dvd-tipp

SiLver LiningSSchon jetzt einer der schönsten Filme des Jahres. Tiffany (Jennifer Lawrence) hält ihn für irre, Pat (Bradley Cooper) sie für eine Schlampe. Um bei einem Turnier mittanzen zu können, brauchen beide allerdings einen Partner … DVD-Start

matthew QuiCk: Silver Linings

Kindler, 352 Seiten, 16,95 Euro

dvdSenator Home Entertain-ment, 117 Minuten/1 DVD

Page 106: Bücher 04/2013

106 4·2013

Danielle de Picciotto hat 1989 zusammen mit Dr. Motte die Love-parade initiiert, aber darum geht es hier nicht. Allan Williams hat in den Fünfzigerjahren eine Kneipe in Liverpool eröffnet, aber auch das ist nur der Anfang des Anfangs. von ElisabEth DiEtz

abstürzenJohn, Paul, George und Ringo. The Beatles. Zurückspulen. John, Paul, George und Stu. The Silver Beatles. Zurückspulen. John, Paul, George, Colin und John. The Quarrymen. Und hier fängt die Geschichte an. Ende der Fünfzi-gerjahre eröffnete Allan Williams, ein gelern-ter Klempner, der keine Lust hatte, sein Leben mit den Händen in andererleuts Kloschüs-seln zu verbringen, in Liverpool das Jaca-randa – eine Musikkneipe, die auch von Stu-art Sutcliffe, einem begabten jungen Maler und Musiker, und seinem Kumpel John Len-non frequentiert wurde. Die beiden waren ständig pleite, aber gern bereit, gegen Bier den Boden zu fegen. Williams veranstaltete auch Konzerte. Die Jungs beknieten ihn, ihre gerade gegründete Band im Jacaranda auftre-ten zu lassen. Aber er besorgte ihnen lieber Gigs in anderen Kneipen.Allan Williams war der erste Manager der Beatles. Er vermittelte ihnen Auftritte mit Größen wie Johnny Gentle, an die sich heute niemand mehr erinnert, engagierte sie ein-mal als Begleitband für eine Stripperin und schickte sie schließlich nach Hamburg – der Rest ist Legende. Irgendwann benötigen die Beatles seine Dienste nicht mehr, sein Liver-pooler Club brennt ab, er wird bitter. Verarmt und erfolglos streift er schließlich durch die Touristenfallen Liverpools und erzählt für ein paar Pfund die Geschichte seines Versagens.Die französischen Künstler Gihef und Damien Vanders überlassen das Erzählen Williams selbst, einem abgehalfterten Alkoholiker, der sich durch eine feindliche Gegenwart voller Karikaturen kämpft. Nur die Glanzpunkte und die traurigsten Passagen bleiben unver-zerrt, entsprechend der Stimmung des trauri-gen Ich-Erzählers.

Gihef & Damien VanDers: Liverfool Edition 52, 116 Seiten, 18 Euro

Page 107: Bücher 04/2013

1074·2013

bilDEr & Welten

abheben„Hast du dich jemals wie eine Schachfigur gefühlt, eingeschränkt durch Regeln und Begrenzungen?“, fragt Danielle de Picciotto. „Ausgeschlossen von den Hoffnungen und Träumen, die du mal hattest, dein Leben sinn-voll zu gestalten?“ Als der Künstlerin und ihrem Mann Alexander Hacke (dem Bassis-ten der Einstürzenden Neubauten) auffiel, dass sie bis zur Erschöpfung arbeiteten, um ein Haus mit Garten zu unterhalten, das sie kaum zu sehen bekamen, weil sie ständig arbei-teten, brachen sie auf: Sie verkauften das Haus, lagerten ihre wichtigsten Besitztümer ein und reisten um die Welt, von Job zu Job, von Woh-nung zu Wohnung, um einen Ort zu finden, „der all unsere Bedürfnisse erfüllt“.„We Are Gypsies Now“ ist das Tagebuch, in dem de Picciotto das Experiment dokumentiert hat. In ihren holzschnittartigen, mit Blumen, Sternen und Totenköpfen verzierten Zeich-nungen, in Tagebucheinträgen, Infografiken und schlichten Listen erzählt sie von Auftrit-ten in London, Prag und Paris, von Finnen und Schneestürmen, von einem Drummer, der sich, wenn er trinkt, in einen Werwolf verwandelt, von fremden Zimmern voller Sex-spielzeug, feuchten Strandhäusern, demütigen-den Kontrollen durch das U.S. Departement of Homeland Security, von Stromausfällen, Süßigkeiten, alten Freunden, Arztbesuchen in der Fremde und überhaupt fast allem, worauf man im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Heimatsuche gefasst sein muss. Sie ist subjek-tiv und ehrlich. Gleichzeitig beweist sie einen inspirierenden Sinn fürs Praktische und ent-wickelt eine realistische Vision vom Unter-wegssein als Lebensform.

DanieLLe De Picciotto: We are Gypsies now. Der Weg ins Ungewisse Walde + Graf, 208 Seiten, 22,99 Euro

buEchEr-maGazin.de

04·13 Grandios

Page 108: Bücher 04/2013

108 4·2013

Hörspiele kompakt präsentiert von

Oliver Wenzlaff

alina Fox (4): Das Geheimnis der Uräus-SchlangeMit M. Tietz, O. Rohrbeck u. a.

In der vierten Folge soll Alina Fox einen alten Kopfschmuck für ihren Auftraggeber wiederfinden. Eigentlich ein simpler Auf-trag: in eine abgelegene Villa einbrechen und das gute Stück herausholen. Aber weit gefehlt, denn auch ein alter Bekannter ist hinter der Uräus-Schlange her. Auch dies-mal hat Hörspielmacher Oliver Wenzlaff aus der Comic-Vorlage ein kurzweiliges und atmosphärisches Hörspiel gezaubert – mit guten Stimmen, passender Musik-untermalung und Geräuscheffekten. Wie immer ist Alina eine gekonnte Mischung aus Action und einem Schuss Mystery à la Indiana Jones. Ein Hör-Abenteuer, das man nicht versäumen sollte! (Monika Röth, audiobooks.at)

ComiC Culture, 52 minuten/ 1 CD, 7,95 euro

(3,6)

nach arthur cOnan DOyle

Grusel-kabinett (73): Das Grauen im Blue-John-StollenMit M. Schulze, H. Naumann u. a.

Marc Gruppe hat sich diesmal einer Geschichte von Arthur Conan Doyle ange-nommen: Der kranke James Hardcastle erholt sich auf einer Farm und erfährt dort von den unheimlichen Blue-John-Stollen, die jetzt für alle gesperrt sind. Hardcast-les Neugier ist geweckt, er wagt sich in die Stollen vor – und entdeckt eine schau-erliche Kreatur, die es nun zu jagen gilt. Gekonnt führt James Hardcastle, gesprochen von Marc Oliver Schulze, als Ich-Erzähler durch das Hörspiel. Passende Musik und eine atmosphärische Soundkulisse runden das Ganze zu einem spannenden Hörspiel ab. Subtiler Grusel der feinsten Art macht dieses Hörspiel zu einem wahren Ohren-schmaus! (Monika Röth, audiobooks.at)

titania meDien, 78 minuten/ 1 CD, 8,99 euro

(3,95)

Peer Meter

Die Verhöre der Gesche GottfriedMit A. Seeger, D. Nathan u. a.

Ungewöhnliches Thema, eindringliches Theaterstück: Neben Stimmen aus dem Volk hören historisch Interessierte vor allem die Original-Protokolle „des Criminalgerichts in Untersuchungssache Gottfried im Jahre des Herrn 1828“, eines wahren Falles, der sogar weltweit Aufsehen erregte. Die zwanghaft handelnde Gesche Gottfried vergiftete von 1813 bis 1827 fünfzehn Menschen, darun-ter ihre Familie, und wurde nach dreijäh-riger Gefangenschaft öffentlich durch das Schwert hingerichtet. Doch die Gesellschaft trug eine unleugbare Mitschuld: Statt den Menschen zu therapieren, wurde an ihm ein Exempel statuiert. Wenn auch etwas lang geraten, lebt das mutig inszenierte Hörspiel durch die Kraft der Worte. (rw)

a.S. theater & Film, 110 minuten/2 CDs, 15 euro

(3,95)

SiMeOn hriSSOMalliS

Faith van Helsing (38) – Geistersamurai: Genesis (1)Mit N. Spier, T. Geke, B. Tessmann u. a.

Mit dem Geistersamurai betritt eine neue Figur die Serie. Die erste Folge des Zweitei-lers erzählt die Geschichte des David Rus-sel sowie den Weg, den er nehmen musste, um zum Geistersamurai zu werden. Haupt-darstellerin Faith wird dabei eigentlich nur am Rande gestreift. Eine spannende Folge in typischer R&B-Manier, die viele – viel-leicht etwas zu viele – Erzählpassagen des Protagonisten enthält, die allerdings ande-rerseits eine umfassende Charakterisierung ermöglicht. Der zweite Teil wird wohl wie-der mehr Fahrt aufnehmen und vor Action strotzen, ich bin jedenfalls schon sehr auf die direkte Fortsetzung gespannt ... (Heinz-Peter Göldner, hoerspiel-box.de)

r&B Company, 59 minuten/ 1 CD, 6,99 euro

(3,35)

hanS Gruhl

Die letzte VisiteMit M. Hirthe, A. Marquis, G. Fritsch u. a.

Der vierte und letzte Radiokrimi nach Hans Gruhl: Das an heutige, effektvolle Insze-nierungen gewohnte Ohr wird mit der kurzweiligen Geschichte in die reduzierte Radio-Klangwelt Ende der 1960er-Jahre zurückversetzt. Dass dieser Krimi trotz seines hohen Alters auch kein bisschen an Unterhaltungswert vermissen lässt, liegt in erster Linie am humorvollen Skript. Hinzu kommen großartige Darsteller wie Martin Hirthe, der in seiner Rolle als charmanter, trinkender und rauchender Röntgenarzt Dr. Bold nahezu im Alleingang durch die-sen wendungsreichen Krimi im idyllischen Waldsanatorium führt. Ein echter Hör-spielschatz aus dem Radioarchiv, für Kri-mifans ein Muss. (Martin Stelzle, Knall-bunt/OhrCast)

piDax, 182 minuten/ 1 mp3-CD, 13,90 euro

(3,95)

S. linDner & J. WitterMann

Humanemy (1) – Das ChamäleonMit T. Lindner, P. Borlé, S. Lindner u. a.

Mit der neuen Dark-Future-Serie liefert Lindenblatt-Records ein sehr ordentliches Debüt. Im Stile eines Dr. Kimble wird der fallengelassene Agent Lennart u. a. von ehe-maligen Kollegen durch die erste Folge der auf vier Teile angelegten Miniserie gejagt. Schwere Gitarrensounds begleiten die von Hardboiled-Action bestimmte Handlung, deren reizvolles Genre noch mehr zur Ent-faltung kommen könnte. Man erfährt lei-der (noch) wenig über die dystopische Welt, durch die „Chamäleon“ Lennart irrt. Auch die Trennung von Off-Erzähler und Dia-logen wirkt manchmal etwas holprig. Das schmälert aber nur geringfügig die über weite Strecken unterhaltsame Jagd. (Mar-tin Stelzle, Knallbunt/OhrCast)

linDenBlatt-reCorDS, 65 minuten/1 CD, 11,95 euro

(3,0)

Page 109: Bücher 04/2013

1094·2013

nikOlai vOn MichaleWSky

mark Brandis (24) – Blindflug zur SchlangeMit M. Lott, D. Wunder, M. Krogull u. a.

Tiefgreifende Veränderungen kündigen sich an, nachdem Mark Brandis seinen Job bei der Vega hingeschmissen hat. Doch zuerst muss er noch seinen Freund aus den Tagen der Kolibri-Erprobung –„Grischa“ Romen – aus der Gewalt des Piratenkapitäns Achmed „Die Schlange“ Khan befreien. Ohne offizi-elle Unterstützung der Vega, aber mithilfe seiner ehemaligen Crew, macht er sich auf den „Blindflug zur Schlange“. Den Machern gelingt es wieder einmal, die Sorgen und Nöte des Mark Brandis nachvollziehbar darzustellen – aber auch seinen Mut und seine Visionen. Eine schöne Einzelfolge, geradezu ideal, um den Mark-Brandis-Kos-mos kennenzulernen ... (Heinz-Peter Göld-ner, hoerspiel-box.de)

FolgenreiCh, 64 minuten/ 1 CD, 8,99 euro

(4,3)

SebaStian Weber

amadeus (4) – FaustusMit Tim Knauer, Kim Hasper, Luisa Wie-tzorek, Jürgen Kluckert, Michael Pan u. a.

Mit „Amadeus“ gelingt Hörplanet seine bis dato beste Serie. Eine reizvolle Mischung aus Grusel, Mystery und Krimidrama ver-setzt den Hörer ins Wien des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Die äußerst lebendigen, mit viel Humor unterfütterten Dialoge, allen voran zwischen Mozart und seinem Freund Resch, entfalten in jeder Folge einen ungemeinen Sog. So auch bei „Faus-tus“, der bislang besten Folge der Serie. Die dramatischen Erlebnisse der Protagonisten drängen dem Hörer eine emotionale Nähe zu den Figuren auf, die ich in dieser Form beim Hörplanet selten erlebt habe. Hut ab für diese innovative Serie und den Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen. (Martin Stelzle, Knallbunt/OhrCast)

hörplanet, 72 minuten/ 1 CD, 8,99 euro

(3,95)

nach tiMOthy zahn

Star Wars – Die dunkle Seite der macht (1)Mit H.-G. Panczak, Wolfgang Pampel u. a.

Nach dem bombastischen Ende des 1. Teils der „Thrawn Trilogie“ geht es rasant wei-ter. Nach der Schlacht um die Werften von Sluis Van setzen Luke, Leia und Han alles daran, die tödlichen Pläne von Großadmi-ral Thrawn zu vereiteln und die Unschuld von Admiral Ackbar zu beweisen – das imposante Hörspiel knüpft nahtlos an die vorangegangene Story an. Satter Science-Fiction-Sound, intelligente Story und alt-bekannte Sprecher in Topform garantieren ein Hollywood-Feeling à la George Lucas. Die noch lange Wartezeit auf die geplanten neuen Star-Wars-Filme (ab 2015) lässt sich mit solchen Meisterwerken der Hörspiel-kunst leicht überbrücken. (Marco Reuter, rezinator.de)

Wortart, 69 minuten/ 1 CD, 9,95 euro

(4,95)

Jan GaSParD

mindNapping (13) – Beyond the Chinese theatreMit Alexander Turrek, Till Hagen u. a.

Verschwörungen, Hacker und Geheim-dienste! Das sind die Hauptzutaten für einen „Original-Gaspard“. Diese MindNap-ping-Folge stellt ein Prequel zu Jan Gaspards Serie „Offenbarung 23“ dar, in der der junge Georg(e) Brand alias „T-Rex“ durch seine Trimester-Arbeit für jede Menge Action sorgt. Verschwörungen und Geheimdienst-aktivitäten dürfen da natürlich nicht feh-len. Die spannende und actionreiche Story gehört zu den besseren aus Gaspards Feder und erinnert oft an die ersten Staffeln der Ursprungsserie. Die tolle Hintergrundmu-sik, die Effekte und die Wendungen in der Story machen das Hörspiel zu einem Hörver-gnügen über 71 niemals langweilige Minu-ten. (Marco Reuter, rezinator.de)

auDionarChie, 71 minuten/ 1 CD, 7,99 euro

(4,0)BueCher-magazin.de

04·13 Grandios

Page 110: Bücher 04/2013

110 4·2013

Hörspiele

Humanemy (1) – Das Chamäleon

Team Undercover (7) – Doppeltes Spiel

John Sinclair (80) – Sieben Siegel der Magie

Mark Brandis (24) – Blindflug zur Schlange

Das vierte Skalpell

Die Schläfer

Stephanie Pelzer-Bartosch hoerspatz.de

(4,04) (4,20) (3,92) (4,82) (3,98) (4,87)

Peter Göldner hoerspiel-box.de

(3,95) (3,35) (3,90) (4,30) (3,55) (4,65)

Ralf Pappers www.lese-und-hoercafe.de

(3,95) (2,35) (3,55) (4,55) (4,85) (4,65)

Martin Stelzleohrcast.wordpress.com

(3,00) (3,00) (3,55) (3,95) (3,95) (3,70)

Daniel Merkwww.hoerspiel3.de

(3,35) (2,88) (3,35) (5,00) (3,38) (3,40)

Thomas Rippertlukes-meinung.de

5,00) (4,60) (3,65) (5,00) (2,55) (5,00)

Michael Girbes Hoerspiel-Gemeinschaft e.V., www.hoerspieltalk.de (3,35) (3,55) (3,55) (3,90) (3,85) (4,65)

Christoph Morgenroth www.hoerspiele.de

(4,35) (4,55) (3,95) (4,90) (3,00) (4,00)

DUrCHSCHniTTS-WerTUng (3,87) (3,56) (3,68) (4,55) (3,64) (4,37)

OHrkanUS 2013

Zaubermond – der grosse gewinnerDas verflixte siebte Jahr? Nicht für den Hör-spiel- und Hörbuchpreis „Ohrkanus“, der am 27. April bereits zum siebten Mal verliehen wurde – erstmals allerdings im Berlin-Neuköllner „Hei-mathafen“. Als beste Sprecherin wurde Anna Julia Kapfelsperger (Foto oben) für ihre Rolle als Ailis in „Loreley“ (Zaubermond Audio) ausgezeichnet, Andreas Fröhlich wurde bes-ter Sprecher als Dr. Jekyll und Mr. Hyde in „Meister der Angst“ (Mediabühne und Random House Audio). Zum besten Hörbuch Kinder/Jugend wurde „Achtung, Milchpiraten“ (DAV) gekürt, bei den Erwachsenen „1Q84“ (Lübbe Audio). Bestes Hörspiel Kinder/Jugendliche wurde „Moldin“ (LOEVerlag), bestes Hör-

spiel Erwachsene „Loreley“ (vom „besten Label“, Zaubermond Audio), der Preis für die beste Serie ging an „Dorian Hunter“ (Folgen-reich). Johanna Steiner erhielt den „Ohrka-nus“ für ihre Regiearbeit des Hörspiels „Das Kind“ (Audible), der Preis für das beste Sach-hörbuch ging an „1913“ (DAV), über die Aus-zeichnung als beste Nachwuchssprecherin freute sich Lilli Martha König (Bild unten mit Hörspielregisseur Marco Göllner) als Echo in „Loreley“. Den Ehrenpreis für das Lebens-werk erhielten die Schauspieler Wolfgang Draeger und Eckart Dux.www.ohrkanus.de

Foto

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Tölle

Hörspiel-CHeCkHörspiel-Experten bewerten aktuelle Produktionen

Page 111: Bücher 04/2013

1114·2013

IndexAdams, Douglas 11Andersen, Philip 36Appelbaum, Jacob 75Arjouni, Jakob 11Assange, Julian 75Austen, Jane 40Bach, Miriam 36Baltscheit, Martin 85Bannalec, Jean-Luc 46Barclay, Linwood 54Barthes, Roland 11Battles, Matthew 77Bayard, Pierre 64Bly, Nellie 60Bernhard, Thomas 29Bielendorfer, Bastian 95Bitskoff, Aleksei 84Boch, Claudia von 76Bollmann, Stefan 76Bonné, Eva 31Borchmeyer, Dieter 69Borges, Jorge Luis 80Boxall, Peter 78Brandt, Jan 10Brandt, Richard 74Buch, H. C. 79Budde, Nadia 98Büchner, Georg 40Bulgakow, Michail 33Buwalda, Peter 41Cain, Chelsea 51Cain, James, M. 47Campbell, Bonnie Jo 37Cash, Wiley 48Carré, John le 52Celan, Paul 32Clare, Anna 27Clark, Janet 93Coben, Harlan 56Cock, Michael DeD‘Agata, John 79Darer, Harald 28 f.Day, Sylvia 26Depp, Daniel 51Dietz, Hanna 98Dickinson, Emily 31Doria, Sergi 66Dostojewski, Fjodor 11Dos Passos, John 61Doyle, Arthur C. 108

Draesner, Ulrike 79Dragni , Nataša 38Drews, Christine 56Duddle, Jonny 84Dumont, Rena 99Elliott, T. S. 31Ellis, Warren 50Erckenbrecht, Irmela 89Ervas, Fulvio 74Fabre, Jean-Henri 42Fardell, John 85Farrell, J. G. 36Faulkner, William 31Fforde, Jasper 78Fieback, Jens 42Fieback, Jörg 42Fingal, Jim 79Fischer, Jens Malte 69Fischli, Peter 11Frances, Allen 74Freund, Wieland 103Fritsche, Olaf 75Fulvio, Luca di 39Gabathuler, Alice 93Gaspard, Jan 109Gavalda, Anna 21Geck, Martin 69Gerber, Christine 88Geisler, Dagmar 99Gidwitz, Adam 101Gier, Kerstin 16 ff.Goebel, Anne 65Gravel, Élise 82 f.Green, Dan 88Green, John 101Grisham, John 56Grönemeyer, Dietrich 86 f.Gruhl, Hans 108Gutowski, Helga 99Hamburger, Michael 11Hamilton, Libby 84Hammett, Dashiell 11Hammelmann, Iris 65Hammer, Agnes 93Hecht, Martin 65Hein, Christoph 38Heller, Peter 30 f.Helms, Antje 89Henke, Sandra 24 f., 26 Henn, Carsten S. 46Henscheid, Eckart 69Herriot, James 21

Herrndorf, Wolfgang 12Hesse, Corinna 67Heyden, Alexa von 36Hillenbrand, Tom 43 ff.Hirata, Andrea 21Hoffmann, Arne 24Holleben, Jan von 89Horst, Ernst 66Hrissomallis, Simeon 108Indriðason, Arnaldur 57Isherwood, C. 61Jacobsson, Ritta 93Jahraus, Oliver 77Jackson, Lisa 50Jackson, Vina 26James, E. L. 24James, P. D. 55Jameson, Hanna 52Jansson, Tove 32Jelinek, Elfriede 29, 69Johannson, Lena 39Joyce, William 85Kafka, Franz 81Kästner, Erich 78Kaiser, Joachim 69Kermani, Navid 74Kieran, Dan 66Klewe, Sabine 50Knigge, Moritz Freiherr von 64Kränzler, Lisa 34Krausser, Helmut 33Krols, Birgit 65Kruse, Max 91Kruse, Otto 24L‘Amour, Louis 31Lawson, Jenny 74Lascaux, Paul 46Leitzgen, Anke M. 89Leon, Donna 46Lindner, S. 108Lister, Michael 52Lommen, Mathieu 78Loriot 70Lucius, Wulf von 76Lyons, Martyn 77Maar, Paul 91Malet, Léo 32Mangoldt, R. von 77Manguel, Alberto 80 f.Mantel, Hilary 40McCleen, Grace 35

McKenzie, Sophie 51Meade, Glenn 53Melo, Patrícia 49Mendlewitsch, Doris 88Meter, Peer 108Michalewsky, M. von 109Mijer, Margré 65Millar, Sam 50Miller, Derek B. 49Montelius, Magnus 48Mosch, E. von 83Müller, Sven Oliver 70Müller-Maguhn, A. 75Munson, Peggy 27Murphy, Glenn 102Neruda, Pablo 31Nesbø, Jo 84Nin, Anaïs 24Nitzberg, Alexander 33Noltze, Holger 70Nothomb, Amélie 38Novak, Chase 48Österreich-Este, Franz Ferdinand von 60Pannen, Kai 88Peters, Julie Anne 93Phillips, Helen 98Picciotto, Danielle de 107Port, Moni 84Pound, Ezra 77Poznanski, Ursula 51Prinz, Alois 99Preußler, Otfried 91Raab, Thomas 49Rabengut, Natalie 27Rankin, Ian 53Reisz, Tiffany 27Rienermann, LisaRoberts, Nora 54Rodic, Yvan 64Rösler, Alexander 88Rosenfeld, Astrid 42Ruge, Eugen 66Scheer, Wibke v. d. 65Schmidt, Jochen 10Schorlau, Wolfgang 34Schwarz, Christine 85Scuderi, Flavia 69Selasi, Taiye 35Sendak, Maurice 83Shelton, Dave 100Skidelsky, Robert 75

Skidelsky, Edward 75Soffer, Jessica 36Sonntag, Robert M. 98Spilker, Frank 11, 34Stein, Hannes 34Steinbeck, John 61Steinleitner, Jörg 64Sterzer, Philipp 88Stevenson, Robert L. 31Strubel, Sepp 91Strugatzki, Arkadi 11Strugatzki, Boris 11Taylor, Kathryn 27Tellier, Hervé Le 37Thielemann, C. 70Toews, Miriam 34Tolstoi, Lew 32Twain, Mark 61Uebel, Tina 66Ullmann, Linn 36Underwood, Deborah 85Vanders, Damien 106Vanders, Gihef 106Vann, David 41Verne, Jules 60Vila-Matas, Enrique 79Völler, Eva 98Völlinger, Andreas 69Vollmann, William 36Volk, Stefan 6, 95Wagner, David 38Wagner, Richard 68 ff.Wakonig, Daniele 103Walcott, Derek 31Walker, Martin 46Weber, Sebastian 109Weiss, David 11Wenzlaff, Oliver 108Wharton, Edith 81Wietersheim, S. von 76Winkler, Daniel 64Winnemuth, Meike 66Wittermann, J. 108Wittkamp, Rainer 49Wolf, Klaus-Peter 55Wolz, Heiko 102Woolf, Virginia 31, 81Zahn, Timothy 109Zamperoni, Ingo 96 f.Zimmermann, J. 75Zirnbauer, Thomas 77

Ahlborn, Jodie 103Arnold, Frank 54Armknecht, Martin 54Bach, Dirk 91Boes, Mirja 17Beck, Rufus 100Becker, Rolf 67Bierstedt, Detlef 53, 56Brandt, Matthias 52Brückner, Christian 41Bürger, Cathrin 56Engel, Frank-Lorenz 100

Fischer, Edda 103Fritsch, Gisela 108Fürmann, Benno 41Gawlich, Cathlen 100Geke, Tanja 108Hagen, Till 109Hasper, Kim 109Heidenreich, Gert 42Heidenreich, Nadine 39Hirthe, Martin 108Hölscher, Bernd 52Jackson, J. D. 56Jäger, Simon 102John, Gottfried 53

Kaempfe, Peter 101Kaminski, Stefan 71 ff., 91, 100Kluckert, Jürgen 109Kluckert, Tobias 54Knaps, Joachim 100Kreye, Walter 57Lippe, Jürgen v. d. 46Marquis, ArnoldMatt, Norman 103Mattes, Eva 40Mendl, Michael 91Merlau, Günter 102Michaelis, Eva 55

Milberg, Axel 41Mölleken, Patrick 102Nathan, David 52, 108Naumann, H. 108Noethen, Ulrich 70Pahl, Simona 17Pan, Michael 109Pampel, Wolfgang 109Pressler, Olaf 31Rohde, Armin 91Rohrbeck, Oliver 108Schepmann, Philipp 39Schulze, M. 108Seeger, A. 108

Seibel, Leon 102Semmelrogge, Dustin 91Spier, Nana 108Stadlober, Robert 42Tessmann, Boris 108Tukur, Ulrich 70Völz, Wolfgang 91Wascher, Svantje 26Weber, Gregor 44Wipprecht, A. 91Wolf, Klaus-Peter 55Wolff, Susanne 41Wunder, Dietmar 109

Autoren

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1134·2013

Hallo, was lesen sie gerade?In einem Zug durchs Buch: BÜCHER-Autor Sven Jachmann interviewt Menschen, die lesend unterwegs sind und interessiert sich für die Geschichten hinter den Büchern.

Benjamin Böhringer liest „Dunkler Wahn“ von Wulf Dorn

Bei dem Cover kann es sich nur um einen Thriller handeln … stimmt.

ich lese überwiegend krimis. nicht nur, wenn ich unterwegs bin.Wie sind Sie auf das Buch ge-kommen? Über meine Mutter, die auch viel liest und mir ihre Bücher leiht. vor kurzem haben wir wieder einen großen Büchertausch gemacht. Ungewöhnlich, nicht viele lesen

die gleichen Bücher wie muttern … Wir haben den gleichen Geschmack. und

bevor wir uns Bücher zweimal kaufen, tau-schen wir lieber. ich weiß aber nicht, wie lange

das noch so geht. Warum, was ist mit ihrer mutter?

sie ist auf kindle umgestiegen.

niCole hiekel liest „trauMa-heilunG“ von Peter a. levineWie kommt es, dass Sie so ein ernstes Buch in einem Café lesen? ich mache eine ausbildung und muss es lesen. ich kann mich hier einfach besser konzentrieren, zu hause wartet der abwasch und hier kann ich mich besser entspannen. Deshalb auch meine ohrstöpsel.Sie lesen mit ohrstöpsel? Mir hilft das total. ich bin dann mehr bei mir und bei meinem Buch.Worum geht es? ich habe das Buch eben erst gekauft. es geht darum, wie man ein trauma erkennt. traumata sind heil-bar, aber eben nicht nur mit Medikamenten.Und welche ausbil-dung machen Sie? Das nennt sich praxisori-entierte Psychotherapie. Die ausbildung dauert drei Jahre. ich bin eigent-lich Bankerin, mache das seit 22 Jahren. vielleicht wechs-le ich ganz oder kehre zur Bank zurück.eine luxuriöse Situation …Mein Chef unter-stützt mich sehr.

evSem Demir liest „offiCe affären“ von luCy kellaWay Sie sitzen hier im Bistro und lesen beim essen … ich lese gern beim essen. Wenn ich allein bin im restaurant oder bei schönem Wetter auch im Park.liebe im Büro – viele Paare lernen sich wirklich im job kennen, wie ist es in ihrer Firma? Da sehe ich einige Parallelen.Sind Sie auch in einen kollegen verliebt? Ja, und ich bin immer noch glücklich, wir sind seit drei Jahren zusammen und wollen auch heiraten, aber erst in zwei Jahren. allerdings arbeitet er in meiner heimat in der tür-kei und ich bin noch bis oktober in hamburg.Und bis dahin? Wir besuchen uns zweimal im Monat.Wie gefällt es ihnen denn in hamburg? Die leute sind sehr nett und nicht so kalt wie immer alle sagen.

anDrea eCkerT liest „Die erBen Der Götter“ von sara DouGlassFantasy-romane sind ja im-mer umfangreich, wie weit sind Sie? auf seite 18. ich bin fantasy-fan und schreibe auch

selbst. Seit wann? seit zehn Jahren und ich

bin auch Mitglied einer schreibgruppe. Wollen Sie auch veröffentlichen? ich

schreibe seit drei Jahren an einem fantasystück à la „herr der ringe“, ein kampf zwischen Gut und Böse. elfen sind mir zu süß. verarbeiten Sie auch Charaktere aus ihrem Umfeld? ich habe einen ex-kollegen in die rolle des Bösen gesteckt. es könnte so-gar sein, dass er sich wiedererkennt. aber das

wäre mir egal.

heiDi PiPirS liest „Die triBute von PaneM“ von suzanne Collins

Sie leihen sich Bücher aus? Ja, ich bin einfach zu geizig, mir die Bücher zu kaufen.

lesen Sie immer in der Bahn? Bei einem arbeitsweg von täglich zwei stunden hält man das ohne Buch nicht aus.Wie finden Sie es? Weiß ich noch nicht. aber meine freunde waren begeistert, also kann es nicht verkehrt sein. ich tauche gern in fremde Welten ein, mich interessieren aber auch Jugendbücher.Warum? ich habe zwei kinder. einer ist 12 der andere 8. Dem älteren lese ich viel vor, der hat keine lust, zu lesen. ich möchte das gern, deswegen interessiere ich mich auch für Jugendliteratur.

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114 4·2013

ImpressumBÜCHER ist eine Publikation aus dem Hause falkemedia.

Verlag: falkemedia e.K., An der Halle 400 #1, 24143 Kiel, Tel. +49 (0)431 200

766-0, Fax +49 (0)431 200 766-50, E-Mail: [email protected], www.buecher-magazin.de

Herausgeber: Kassian Alexander Goukassian (v. i. S. d. P.)

CHefredakteurIn: Tina Schraml (ts)

redaktIon: Christian Bärmann/Ressortleitung Hörbuch (bär), Meike Dannenberg/Ressort-

leitung Krimi & Jugendbuch (md), Elisabeth Dietz/Content Management, Social Media (ed), Olaf Ernst (ole)

redaktIonelle mItarbeIter dIeser ausgabe: Alwara Borg, Ulrich Baron (ub), Claire-Lise Buis (clb), Jens Dannenberg (jd),

Antje Ehmann (ae), Bettina Emmerich (be), Rika Finck (rif), Anna Gielas (ang), Katharina Granzin (kgr), Sonja Hartl (sh), Manuela Haselberger (has), Andreas Heineke (hein), Sabine Heines, Sabine Hoß (hoß), Alexandra Jabs (aj), Sven Jachmann, Sabine Kelp (sk), Kerstin Klostermann (kek), Michael Knoll (kn),

Ulrike Köppchen (uk), Jana Kühn (jk), Tanja Lindauer (lin), Alexandra Link (al), Ann-Kathrin Marr (akm), Tina Muffert (tm), Ina Pfitzner, Michael Pöppl (mpö), Falco Pyck (fp), Jörn Radtke (jr), Esther Sambale (sam), Melanie Schippling (mel), Sabine Schmidt (sc), Martin Maria Schwarz (mms), Vera Schumacher

(vs), Margarete von Schwarzkopf (mvs), Stephanie von Selchow (svs), Martina Schwerdtfeger (ms), Dirk Speckmann (ds), Sabine Stamer (sta), Jeanette Stickler

(sti), Carsten Tergast (ct), Nicole Trötzer (nt), Jutta Vahrson (jv), Björn Vedder (bv), Imke Voigtländer, Stefan Volk (smv), Britta Wagner (bw), René Wagner

(rw), Emily Walton (ew), Tanja Weimer (tan), Jeanne Wellnitz (jw)

WeItere autoren dIeser ausgabe:  Jan Brandt, Helmut Krausser

korrektorat: Tanja Lindauer

CoVerIllustratIon: Finna Leibenguth/eaudecollage

art dIreCtIon: Notburga Reisener

grafIk und bIldbearbeItung: Angelika Schwarz, Heike Reinke, Marleen Osbahr

ansCHrIft der redaktIon: falkemedia e.K., Redaktion BÜCHER, An der Halle 400 #1, 24143 Kiel, Tel. +49 (0)431 200 766-46, E-Mail: [email protected]

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sich die Erhöhung der Erscheinungsfrequenz vor.

manuskrIpteInsendung: Manuskripte jeder Art werden gerne entgegengenommen. Sie müssen frei von Rechten Dritter sein. Mit der Einsendung gibt der Verfasser die Zustim-

mung zum Abdruck des Manuskriptes auf Datenträgern der Firma falkemedia. Ein Einsenden garantiert keine Veröffentlichung. Honorare nach Vereinbarung oder unseren AGB. Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernimmt der

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sichtigung eines eventuellen Patentschutzes. Warennamen werden ohne Gewährleistung einer freien Verwendung benutzt.

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