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– Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention – "KIGS" von der KiTa zur Grundschule

Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention – · Von der Idee zum Projekt KiTa und Grundschule einander inhaltlich und räumlich näher bringen: Das ist der Grundgedanke

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– Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention –

"KIGS" von der KiTa zur Grundschule

Oberbürgermeister Pit Clausen:

„Innovative Ansätze für bessere Bildungs- und Lebenschancen“

Die Übergänge im Bildungssystem stehen schon seit

Langem im Fokus der Forschung. Diese Gelenkstellen

zu bearbeiten und zu glätten, hat sich auch die Stadt

Bielefeld zur Aufgabe gemacht. Projekte und Einzel-

maßnahmen zwischen Kindertagesstätte und Grund-

schule, Primar- und Sekundarstufe sowie zwischen

Schule und Beruf werden in Bielefeld gemeinsam mit

den beteiligten Einrichtungen und Personen geplant

und umgesetzt. Ganz besonders im Focus stehen

zurzeit zwei Modellvorhaben des Landes, für die sich unsere Stadt erfolgreich beworben

hat: „Kommunale Präventionsketten – Kein Kind zurücklassen“ und die „Kommunale

Koordinierung im Übergang zwischen Schule und Beruf“. Letztgenanntes ist die konse-

quente Fortführung des seit vielen Jahren durch die REGE mbH erfolgreich umgesetzten

Konzeptes „Jib und JoB“. Im Mittelpunkt dieser Broschüre sollen allerdings zwei Pro-

jekte unter dem Dach des Modellvorhabens „Kein Kind zurücklassen“ stehen, die den

Übergang von der KiTa in die Grundschule in den Blick nehmen und ihn im Sinne der

Kinder weicher gestalten möchten. Die angestrebte engere Verzahnung zwischen die-

sen Bereichen findet sowohl auf der strukturellen wie auch auf der individuellen Ebene

statt: „KIGS“ und „Brücken bauen“ heißen die beiden Projekte. Eingebettet sind diese

in die Bielefelder Präventionskette, die pränatal beginnt und mit dem 21. Lebensjahr

endet. Unterstützt werden wir dabei von der Hermann und Ingrid Martini Stiftung und

der Familie-Osthushenrich-Stiftung, ohne die das KIGS-Projekt nicht möglich wäre. Da-

her gilt dem lokalen Engagement beider Stiftungen mein ausdrücklicher Dank.

Pit Clausen Stadt Bielefeld – Oberbürgermeister

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Prävention statt Nachsorge

Das Bielefelder Sozialdezernat setzt in seinen unterschiedlichen Arbeitsfeldern be-

reits seit vielen Jahren auf präventive Maßnahmen, um damit Stolpersteine für eine

erfolgreiche Entwicklungsbiographie frühzeitig aus dem Weg zu räumen und teure

„Reparaturkosten“, sprich langjährige Sozialleistungszahlungen, zu verringern. In-

sofern war die Bewerbung für das Modellprojekt „Kein Kind zurücklassen“ ein lo-

gischer Schritt, denn auch hierbei geht es um die Bildung von Präventionsketten für

Kinder, Jugendliche und ihre Familien, die Fehlentwicklungen frühzeitig entgegen

wirken und passgenaue Unterstützungsangebote anbieten sollen.

Im Elementarbereich ist bereits vor der Teilnahme am Modellprojekt eine umfas-

sende Präventionskette von der Zeit unmittelbar vor der Geburt bis zum Beginn der

Grundschule installiert worden. Dabei lag der Schwerpunkt in der Regel bei primär-

präventiven Modellen, wie etwa Bewegungs-, Gesundheits- und Ernährungsange-

boten, bei denen der Erfolg nur über einen längeren Zeitraum und auch da manch-

mal nur mittelbar messbar ist. Ob Bildungsauftrag der Tageseinrichtungen für

Kinder oder flankierende Maßnahmen der Jugendverwaltung und freier Träger: Die

soziale Infrastruktur im Elementarbereich ist ein ausgesprochen enges Netz, das

den Kindern sehr gute Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Es muss

daher im Interesse aller Beteiligten liegen, die hier erzielten Erfolge nachhaltig zu

sichern, d. h. über die KiTa-Zeit hinaus. Daher ist die Arbeit an der Gelenkstelle

zwischen KiTa und Grundschule so wichtig, um die Zahl der sogenannten Über-

gangsverlierer möglichst gering zu halten.

Wie alle anderen Nahtstellen zwischen zwei Systemen, so hat auch der Übergang

von der KiTa in die Grundschule eine systemische bzw. institutionelle und eine

individuelle Komponente. Nur wenn beide Voraussetzungen erfolgreich gestaltet

werden, ist ein reibungsloser Wechsel möglich.

Die institutionelle Zusammenarbeit zwischen der Grundschule und der Jugendhilfe

galt viele Jahre lang als verbesserungswürdig: Beide Bereiche waren sich vielfach

fremd und hatten oftmals vor allem den Erhalt der Eigenständigkeit im Blick. Es gab

aber auch andere Beispiele, die meist getragen waren von einem kleinräumigen

Zusammenspiel auf der Basis eines guten persönlichen Verhältnisses handelnder

Akteure. Hier hat es in den zurückliegenden Jahren viel Bewegung gegeben, Ju-

gendhilfe und Schule arbeiten heute an vielen Stellen eng zusammen. Diesen Weg

gilt es weiter auszubauen, denn beide Institutionen arbeiten zum Wohl desselben

Kindes und dessen Entwicklungschancen sollten immer im gemeinsamen Mittel-

punkt allen Handelns stehen.

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Von der Idee zum Projekt

KiTa und Grundschule einander inhaltlich und räumlich näher bringen: Das ist

der Grundgedanke des Projektes „KIGS“, das den Übergang an dieser Nahtstelle

weicher gestalten soll. Vornehmlich Kinder des letzten KiTa-Jahrganges sollen in

den Räumen der Grundschule als „Normale KiTa-Gruppe“ von ErzieherInnen betreut

werden. So können sie sich an ihre zukünftige neue Umgebung langsam und im

Schutz der gewohnten Bezugspersonen gewöhnen. Fünf Stunden in der Woche

steht eine Lehrkraft für gemeinsame Projekte zur Verfügung. Im Mittelpunkt steht

eine möglichst optimale Vorbereitung auf den Schulstart. Gleichzeitig findet der

abrupte Schnitt mit neuen Bezugspersonen, neuer Tagesstruktur und neuem Ort für

das Kind weit weniger drastisch statt.

Die Verantwortlichen bei der Stadt Bielefeld und den beteiligten Förderern, der

Hermann und Ingrid Martini Stiftung und der Familie-Osthushenrich-Stiftung, sind

von der Sinnhaftigkeit des KIGS-Ansatzes überzeugt. Vor diesem Hintergrund be-

gannen im Herbst 2011 an zwei Standorten sogenannte „Vorläuferprojekte“, die

durch die Stiftungen gefördert und von der Universität Bielefeld begleitet wurden.

Inhaltlich ging es an der Karl-Siebold KiTa im Stadtbezirk Schildesche um die The-

men „Arbeit am Tonfeld“ und „Familienberatung in der KiTa“. Adressaten waren vor

allem Kinder, die im Bereich ihrer sozial-emotionalen Entwicklung eine Unterstüt-

zung benötigten. Außerdem wurde das Projekt „Mathematische Basiskompeten-

zen“ begonnen. Hier erhielten Kinder gezielt eine spielerische Förderung, um das

Verständnis für Mengen und Zahlen zu verbessern.

Am Standort Windflöte lag ein besonderer Schwerpunkt auf der Förderung von

hochbegabten Kindern: Woran erkennen wir, dass ein Kind besondere Begabungen

hat? Wie können wir diesen Kindern im KiTa-Alltag gerecht werden? Nach den theo-

retischen Vorarbeiten und den Schulun-

gen der ErzieherInnen liegt inzwischen

ein besonderes Augenmerk auf den Na-

turwissenschaften. Alle Arbeitsinhalte

der Vorläuferprojekte wurden nach dem

regulären Start von KIGS im August 2013

fortgeführt.

Die beschriebene, verbesserte institutionelle Zusammenarbeit zwischen

KiTa und Grundschule kommt den Kindern zugute. Dennoch wird es immer

einige unter ihnen geben, die mit Blick auf ihre „Schulkompetenzen“ eine

weitergehende individuelle Unterstützung benötigen. Hier setzt das Projekt

„Brücken bauen“ an. Es kümmert sich intensiv um Kinder, bei denen in den

Tageseinrichtungen Defizite in einzelnen Teilbereichen deutlich werden und

begleitet sie beim Übergang in die Grundschule.

Um die Ergebnisse auch wissenschaftlich fundiert bewerten zu können, wurde

die Universität Bielefeld mit der Evaluation des KIGS-Vorhabens beauftragt. Sie

schließt bereits die Phase des Vorläuferprojektes mit ein und hat damit die gesamte

Entwicklung im Blick.

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Systemischer Übergang

Der letzte KiTa-Jahrgang wird in der Grundschule betreut

Gemeinsame Projekte mit der Schule

weicher institutioneller Übergang

Individueller Übergang

Intensive Förderung im letzten halben KiTajahr

Intensive Förderung im ersten halben Grundschuljahr

Am Übergang von der KiTa in die Grundschule: Am Übergang von der KiTa in die Grundschule:

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Gemeinsame Auswahl von vier bisfünf Kindern durch Schule und KiTa

bauenBRÜCKEN

„Brücken bauen“ – bevor „das Kind ins Wasser fällt“

Felix (Name geändert) ist fünf Jahre alt und besucht den letzten Kindergartenjahr-

gang. Beim Spiel mit Konstruktionsmaterial zeigt er immer wieder viel Fantasie –

das ist seine Stärke. Allerdings hat er auch auffällige Schwächen: Er hat Konzen-

trationsschwierigkeiten und Probleme, Arbeitsaufträge, Zahlen und Mengen zu

verstehen, auch die Auge-Hand-Koordination könnte besser sein. Insgesamt lebt

Felix in seiner eigenen Welt und spielt am liebsten für sich allein. Seine „Brücken-

bauerin“, die feste Bezugsperson im Projekt, versucht gezielt an diesen Schwächen

zu arbeiten. Dazu bedient sie sich ausgewählter pädagogischer Methoden aus den

Bereichen Bewegung, Körper/Gesundheit, Sprache, Soziales und Mathematik. Die

Fortschritte bei Felix werden nur sehr langsam sichtbar. Seine Betreuerin rät in die-

sem komplexen Fall zu einem Autismustest und arbeitet auch mit der Mutter, die

manche Verhaltensweisen negativ vorlebt.

Ein anderer Fall: Lena (Name geändert), ebenfalls fünf Jahre alt, ist ruhig und un-

auffällig. Sie ist hilfsbereit, freundlich, spielt gerne Brettspiele und kann gut malen.

Probleme hat sie dagegen beim Zahlen- und Mengenverständnis, sie ist körperlich

„schlapp“ und ihr fehlt beim Handeln nach Arbeitsaufträgen häufig die Ausdauer.

Mit Hilfe spezieller pädagigischer Angebote sollen Selbstvertrauen und Gruppen-

fähigkeit gesteigert werden. Nach einer Weile öffnet sie sich erkennbar gegenüber

anderen und treibt regelmäßig in der Gruppe Sport – zunächst etwas widerwillig,

aber mittlerweile engagiert und eifrig.

Das sind zwei Beispiele aus dem Projekt „Brücken bauen“, das sozial benachteilig-

ten Kindern dabei helfen will, den Übergang von der KiTa in die Grundschule erfol-

greich zu bewältigen.

Träger ist der TuS Ost Bielefeld, Kooperationspartner sind die KiTa Heeper Fichten

und die Grundschule Volkeningschule. Gefördert wird das Projekt, das seit 2012

läuft, von der Hermann und Ingrid Martini Stiftung.

Kinder sind von Geburt an bemüht, sich die Welt mit allen Sinnen und Kräften zu

erschließen. Dabei gehen sie die Entwicklungswege individuell und unterschiedlich

schnell. Im KiTa-Alltag erkennen die pädagogischen Fachkräfte die Stärken und

Schwächen eines Kindes meistens recht schnell. Allerdings fehlt häufig die Zeit für

eine spezielle Begleitung bei erkennbaren Defiziten. Hier setzt der Projektgedanke

von „Brücken bauen“ an: Ausgewählte Kinder, die mehr Halt, Zuwendung und Hilfe

benötigen als andere aus der Gruppe, werden im letzten halben KiTajahr und im

ersten halben Grundschuljahr individuell begleitet, um damit einen „sanften Über-

gang“ zwischen den Systemen zu ermöglichen.

Methodische Basis des Projektes ist die Spielpädagogik. Sie verbindet Spontanität,

Schaffensdrang, Fantasie und Kommunikation miteinander. Die konkreten Ziele

lassen sich drei Oberbegriffen zuordnen:

>> Sozialverhalten und Emotionalität (z. B. Konfliktbewältigung, Selbstsicherheit,

Regeln, usw.),

>> Motorik (z. B. koordinative Fähigkeiten, konditionelle Fähigkeiten usw.), und

>> Wahrnehmung (z. B. visuelle und auditive Wahrnehmung, Entspannungsfähig-

keit, usw.).

Das Projekt ist noch bis zum Januar 2017 finanziert. Ziel ist die Erstellung eines

Baukastensystems, dass passgenau beim Vorliegen bestimmter Defizite ein-

gesetzt werden kann. Schon heute wird bei der Planung eine Zielmatrix ein-

gesetzt, die die Ausgangslage, die aufgetretenen Schwierigkeiten, die einge-

setzten Methoden, die Zielsetzung und die Umsetzungserfolge beschreibt.

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bauenBRÜCKEN

Das Modellprojekt KIGS – die Verbindung von Inhalt und Struktur

Das Modellprojekt KIGS möchte den Übergang von der KiTa in die Grundschule für

die betroffenen Kinder weicher gestalten. Dabei stehen insbesondere die folgenden

Zielsetzungen im Mittelpunkt:

>> eine inhaltliche und strukturelle Verzahnung von Elementar- und Primarbereich,

>> die Fokussierung auf die soziale, gesundheitliche und kognitive Förderung, ins-

besondere von sozial benachteiligten Kindern,

>> die räumliche Anbindung der KIGS-Gruppe (KiTa-Gruppe) in der Grundschule,

>> die Entwicklung eines Leitbildes für den Elementar- und Primarbereich in enger

Zusammenarbeit mit den lokalen Kooperations- und Präventionsnetzwerken.

Die Ziele und das dahinter stehende Konzept wurden von Beginn an gemeinsam von

einer Projektgruppe aus verschiedenen Ämtern der Stadt Bielefeld, des Schulamtes

für die Stadt Bielefeld (Bezirksregierung Detmold), Lehrkräften, Fachberatungen so-

wie ErzieherInnen von verschiedenen Trägern und der Universität Bielefeld erarbeitet.

Aus der Sicht eines Kindes stellt der Schulbeginn einen gravierenden Einschnitt dar:

Das beginnt mit dem neuen Schulweg und dem Zurechtfinden in einem - in der Regel -

größeren Gebäude. Waren die Schulanfänger in der KiTa noch die „Großen“ mit einer

entsprechenden Akzeptanz, so sind sie in der Grundschule zunächst die „Kleinen“,

die immer wieder mit älteren Kindern in Kontakt kommen. Es ergeben sich neue Lern-

und Erfahrungsumgebungen – und das alles ohne die bekannten Bezugspersonen

aus KiTa und Familie. Bei vielen Kindern führt dies zwangsläufig zu Unsicherheit bis

hin zu Ängsten. In dieser Situation stützt das KIGS-Projekt sie und führt sie langsam

an die neue Umgebung und die neuen Herausforderungen heran.

Durch die doppelte räumliche „Nähe“ im Sinne einer örtlichen Anbindung der KIGS-

Gruppe an der Grundschule (Dependance der KiTa) bei einer gleichzeitigen Rückbind-

ung an die KiTa ergeben sich zahlreiche Kooperationsanlässe in der didaktischen Über-

gangsarbeit. Vier Ebenen rücken dabei in den Fokus, nämlich die pädagogische Arbeit

>> zwischen KiTa und Grundschule,

>> zwischen den Professionen (ErzieherInnen und LehrerInnen),

>> zwischen den Kindern, bspw. über gemeinsame Projekte, und

>> in der Elternarbeit.

Bei all dem möchte KIGS eines ausdrücklich nicht sein: eine Vorschule. Schulische

Lernformen wird man hier nicht finden.

Durch die Zusammenarbeit zwischen ErzieherInnen und LehrerInnen mit ihren un-

terschiedlichen Ausbildungen und Erfahrungen steigt die Auswahl an Diagnose-

Instrumenten für mögliche Probleme bei den sogenannten Vorläuferfähigkeiten. So

können Defizite, wie etwa eine Lese- und Rechtsschreibschwäche oder Defizite in den

mathematischen Basiskompetenzen, frühzeitig erkannt und entsprechend zeitnah

bearbeitet werden. Gerade für Kinder aus bildungsferneren Familien bietet dies noch

einmal eine zusätzliche, positive individuelle Perspektive.

Im Alltag ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Zusammenar-

beit zwischen der KIGS-Gruppe und der Grundschule. Dies beginnt bei

der gemeinsamen Entwicklung und Durchführung von themenspezi-

fischen Projekten, gemeinsamem Musizieren oder Schul- und Sport-

festen bis hin zur Übernahme von Patenschaften von Schülern für

einzelne Kinder der KIGS-Gruppe. All dies soll dabei helfen, die Zahl der

sogenannten Übergangsverlierer zu reduzieren und an dieser Schnitt-

stelle – ganz im Sinne des Landesprojektes – kein Kind zurückzulassen.

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Parallel hierzu läuft eine landesweite Diskussion um die Schließung kleinerer Grund-

schulen. Auch hier könnte KIGS einen wertvollen Beitrag für die wohnortnahe Ver-

sorgung leisten nach dem Motto: „kurze Wege für kurze Beine“. Für die mitwirkenden

KiTas und Grundschulen ist die Teilnahme am Projekt selbstverständlich freiwillig.

Evaluation

Um den Erfolg des Modellvorhabens an der Schnittstelle zwischen der KiTa und der

Grundschule bewerten zu können, wird KIGSs von der Fakultät für Pädagogik der Uni-

versität Bielefeld wissenschaftlich begleitet. Dabei geht es um zwei Aufgabenstel-

lungen:

1. Evaluation der Ergebnisqualität: Wahrnehmung und Bewertung aus Sicht von Er-

zieherInnen, LehrerInnen, Eltern und Kindern.

2. Dokumentation der Konzeptvarianten und Gestaltungsmöglichkeiten der päda-

gogischen Praxis der beteiligten Institutionen und Tandems.

Bei der Ergebnisqualität geht es nicht um eine Wirkungsforschung im engeren

Sinne mit einer entsprechenden Kontrollgruppe. Vielmehr wird mit der Methode

der Fallanalyse gearbeitet. Dabei werden pro Tandem zwei Kinder benannt, die be-

sondere Risiken mit Blick auf eine erfolgreiche Bildungskarriere tragen und daher

einer besonderen Unterstützung im Übergang bedürfen. Die Entwicklung dieser

Kinder wird bis zum Ende der ersten Schulklasse besonders beobachtet. Dabei

werden nicht nur ErzieherInnen und LehrerInnen befragt, sondern auch die Kinder

und deren Eltern.

Bei der formativen Evaluation stehen die pädagogischen Prozessverläufe im Mit-

telpunkt: Wie werden die Übergangsprozesse und die Begleitung der Eltern und

Kinder neu gestaltet? Was kann man hiervon als handlungsrelevantes Prozess- und

Steuerungswissen für etwaige Nachfolgeprojekte generieren? Um hier zu neuen

und möglichst übertragbaren Erkenntnissen zu kommen, haben die beteiligten In-

stitutionen und Akteure bei der Umsetzung der Projektziele große Handlungsspiel-

räume. Mit ersten Ergebnissen der Evaluation wird in der zweiten Jahreshälfte 2014

gerechnet.

Finanzierung

Zur Anbindung der KiTa-Gruppen in die Grundschule waren an beiden Modellstan-

dorten Umbauarbeiten erforderlich, die aus der Bildungspauschale des Landes

bestritten wurden. Die Personal- und Sachkosten für den KiTabereich werden aus

den Kind-Pauschalen nach dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) bezahlt, hinzu kom-

mt ein 0,3-Gruppenleitungsanteil, der durch lokale Stiftungen finanziert wird. Die

Mietkosten werden aus entsprechenden Pauschalen des KiBiz beglichen, das Land

Nordrhein-Westfalen finanziert die Personalkosten für fünf Wochenstunden der be-

teiligten Lehrkräfte pro Standort.

Zu den genannten individuellen und pädagogischen Vorteilen gesellen sich

bei diesem Projekt auch strukturelle bzw. institutionelle Überlegungen.

Denn KIGS reagiert auch auf den einsetzenden demografischen Wandel in

vielen Städten Nordrhein-Westfalens. Da in dem Projekt eine KiTa-Gruppe

räumlich an eine Grundschule verlegt wird, werden in den Kindertagesstät-

ten Räumlichkeiten frei, die für die Betreuung von Unter-Dreijährigen

Kindern dringend benötigt werden. Für diese Altersgruppe besteht seit dem

1. August 2013 ein Rechtsanspruch auf einen KiTaplatz. Gleichzeitig sind die

finanziellen Möglichkeiten der Kommunen für Neubauten oder Anbauten an

bestehenden Einrichtungen sehr begrenzt.

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Standorte

Die erfolgreiche Umsetzung der Pro-

jektidee steht und fällt natürlich mit

den geeigneten Standorten und dort

mit dem Engagement der handelnden

Akteure aus KiTas und Schule. Zur

Auswahl dieser Standorte wurden ver-

schiedene interne und externe Kriterien

herangezogen. Hierzu zählten u. a. die

Möglichkeit einer sozialen Durchmi-

schung der späteren Eingangsklassen,

die organisatorische Anbindung der

KIGS-Gruppe an die nächstgelegene

KiTa, die räumlich Nähe zwischen dies-

er KiTa und der Grundschule, Mindest-

anforderungen an die KIGS-Räume in

der Grundschule, die Höhe der erfor-

derlichen Umbaukosten und die So-

zialraumdaten des umliegenden Wohn-

quartiers.

STÄDTISCHE KiTa WINDFLöTE/ GRUNDSCHULE AN DER WINDFLöTE

Beide Einrichtungen liegen im Stadt-

bezirk Senne, im Bielefelder Süden. Das

umliegende Wohnquartier ist gekenn-

zeichnet durch ein hohe Zahl an Mehr-

familienhäusern. Für die KIGS-Gruppe

wurden entsprechende Räumlichkeiten

in der Grundschule umgebaut, die

Kosten lagen bei etwa 55.000 Euro. In-

zwischen sind bereits die Anmeldungen

für den zweiten Jahrgang erfolgt: Es gab

mehr Anmeldungen als Plätze.

KARL-SIEBOLD-KiTa/PLASSSCHULE

Die Plassschule im Stadtteil Schilde-

sche erfüllte die Kriterien für einen

KIGS-Standort am besten: Geringe Um-

baukosten aufgrund einer leerstehen-

den Hausmeisterwohnung, ein angren-

zendes Außengelände, ausreichend

KiTas in der näheren Umgebung, ein di-

rekter Zugang zur Turnhalle und als Plus

ein eigenes Lehrschwimmbecken.

Grundschule Windflöte

KiTa Windflöte

Karl-Siebold-KiTa

Plassschule

Im Herbst 2010 besichtigten Mitglieder der Projektgruppe gemeinsam mit dem

Landesjugendamt verschiedene Grundschulen in Bielefeld. Denn eine Grund-

voraussetzung war natürlich die Erteilung der Betriebserlaubnis für die KiTa-Grup-

pe. Der Jugendhilfeausschuss sowie der Schul- und Sportausschuss stimmten an-

schließend übereinstimmend für die beiden heutigen Standorte:

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Ausblick

Übergänge sind Weichenstellungen im Bildungssystem. Sie positiv zu gestalten kann

zum Abbau sozialer Ungleichheit und der Herstellung von Chancengleichheit durch

die Förderung benachteiligter Kinder beitragen. Das Thema Übergänge wird daher

auch weiterhin zentraler Bestandteil der Arbeit bei der Stadt Bielefeld innerhalb des

Modellvorhabens des Landes „Kein Kind zurücklassen“ sein. Es wird darauf ankom-

men, die positiven Ergebnisse, die die Übergangsprojekte bieten, zu belegen und

damit die Richtigkeit der Ansätze auch wissenschaftlich zu untermauern.

An der ersten Gelenkstelle in der Bildungsbiografie eines Kindes sollen „KIGS“ und

„Brücken bauen“ die Zahl der Übergangsverlierer verringern und damit einen wert-

vollen Beitrag zur Verbesserung der Bildungs- und Lebenschancen leisten. Ziel ist

es, am Ende eine breite Basis von überzeugten Befürwortern zu schaffen, die ein-

en Ausbau dieses Ansatzes in Bielefeld an weiteren Standorten ermöglicht. Glei-

chzeitig kann der Ansatz aber auch für andere Kommunen in NRW eine Blaupause

bieten, um die positiven Effekte dieser Arbeit im Sinne eines Transfers auch dort

nutzbar zu machen. Der erwartete positive Verlauf des Projektes ist Motor für weit-

ere Überlegungen, um an den Übergängen, die Kinder und Jugendliche auf Ihrem

Lebensweg immer wieder erfahren, zu arbeiten und damit einen Beitrag zu leisten,

kein Kind zurückzulassen.

Die beiden vorgestellten Projekte sind zunächst bis zum Januar 2017 finanziert. Einen

erheblichen Beitrag hierzu leisten zwei örtliche Stiftungen. Sie erwarten zu Recht, dass

der Staat die Finanzierung übernimmt, wenn der Nachweis der positiven Wirkungen

erbracht ist. Bielefeld wird allerdings bis mindestens 2022 Haushaltssicherungskom-

mune bleiben und als solche nur Pflichtaufgaben finanzieren dürfen. Präventive Maß-

nahmen sind jedoch in vielen Fällen sogenannte freiwillige Leistungen.

Mittlerweile hat Nordrhein-Westfalen in einem Landes-Ausführungserlass

zur Haushaltskonsolidierung ausdrücklich die Aufnahme präventiver Maß-

nahmen im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe als Konsolidierungsmaß-

nahmen im Haushaltssicherungskonzept gestattet. Wenn das Land auch in

Zukunft auf Vorsorge statt Nachsorge setzt, dann müssen auch für präven-

tive Maßnahmen, die nicht unmittelbar der Konsolidierung eines kom-

munalen Etats dienen, sondern auf eine Verbesserung der Lebens- und

Bildungschancen von Kindern zielen, saubere haushalterische Lösungen

gefunden werden.

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Die Bielefelder Präventionskette

Die Stadt Bielefeld ist seit 2012 Modellkommune des Landes Nordrhein-Westfalen

im Projekt „Kein Kind zurücklassen – Kommunen in NRW beugen vor“. Das Sozial-

dezernat setzt schon seit vielen Jahren auf Prävention statt Nachsorge, insofern war

die Bewerbung für dieses Modellvorhaben nur folgerichtig.

Gesteuert wird der Prozess vor Ort von einer Lenkungs- und vier Fachgruppen. Die

Koordination und Geschäftsführung liegt im Büro für Integrierte Sozialplanung und

Prävention. Eine erste Bestandaufnahme aller präventiven Angebote von der Zeit

unmittelbar vor der Geburt bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres hat gezeigt,

dass Bielefeld über ein sehr dichtes Netz an vorsorgenden Angeboten verfügt. Hier

arbeiten Stadt und Träger der Wohlfahrtspflege Hand in Hand.

Die Schwerpunkte der vergangenen Jahre lagen dabei insbesondere bei den frühen

Hilfen, wie etwa dem Konzept der Familienhebammen oder – etwas später – Ge-

sundheitsangeboten in den KiTas rund um die Themen Bewegung und gesunde

Ernährung. 33 Prozent der Bielefelder Bevölkerung hat einen Migrationshinter-

grund. Daher legt die Kommune bereits seit vielen Jahren Wert auf ein sehr differen-

ziertes System der vorschulischen Sprachförderung, das in der Grundschule seine

systematische Fortsetzung findet.

Ebenfalls richtungsweisend für NRW waren die vielfältigen Aktivitäten im Übergang

von der Schule in den Beruf, insbesondere mit dem Konzept „JIB und JOB“ und der

Einrichtung eines eigenen Jugendbeirates. Gewürdigt wurde dieses besondere

Engagement zuletzt durch die Berufung zur Modellkommune des Landes. „Kom-

munalen Koordinierung im Übergang zwischen Schule und Beruf – Kein Abschluss

ohne Anschluss“, so lautet der Titel dieses Projektes.

Die Bielefelder Präventionskette

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ng16 – 21 Jahre

10 – 16 Jahre

6 – 10 Jahre

3 – 6 Jahre

0 – 3 Jahre

Vorgeburt

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KONTAKT

Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention

Werner Wörmann

Niederwall 23

33602 Bielefeld

Telefon: 0521-513648

[email protected]

IMPRESSUM

Stadt Bielefeld der Oberbürgermeister

Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention

Verantwortlich: Norbert Wörmann

Niederwall 23

33602 Bielefeld

Redaktion: Aiko Linnenbürger, Werner Wörmann

[email protected]

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