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lein beachtlich, wenn der Gegner wegen Arglist beson- ders schutzunwu ¨ rdig ist oder wenn er keine Gegenleis- tung erbringt (Bollenberger in KBB 3 § 871 Rz 1). Der Mo- tivirrtum betrifft den Grund des fu ¨r den Vertragsab- schluss maßgebenden Parteiwillens, der Gescha ¨ ftsirrtum betrifft hingegen den Inhalt des Parteiwillens (RIS-Justiz RS0014902). Ein Motivirrtum ist gegeben, wenn der Er- kla ¨ rende u ¨ ber außerhalb des Gescha ¨ftsinhalts im Vorfeld des psychologischen Willensentschlusses liegende Um- sta ¨ nde irrt (RIS-Justiz RS0014910). 5.4. Die Rechtsmittelwerberin steht auf dem Stand- punkt, ihr Vater ha ¨ tte trotz fehlender Sozialversicherung einen Anspruch auf Spitalsaufnahme (zumindest zur un- bedingt notwendigen ersten a ¨ rztlichen Hilfe) gehabt, weil es sich um einen Fall der Unabweisbarkeit iSd § 36 Abs 4 Wr KAG gehandelt habe; daru ¨ ber sei sie von der Kl nicht aufgekla ¨ rt worden. Unterstellt man die Richtigkeit dieses Prozessstandpunkts, hat die Bekl bei Abgabe ihrer Willenserkla ¨rung u ¨ber die Voraussetzungen der Aufnah- me ihres Vaters in die Anstaltspflege geirrt. Diese unrich- tige Vorstellung von der Wirklichkeit betrifft jedoch einen Umstand, der außerhalb des Inhalts der Haftungs- vereinbarung und der Person des Gescha ¨ ftspartners liegt; die Bekl unterlag damit allenfalls einem unbeacht- lichen Motivirrtum. Arglistiges Handeln seitens der Kl wurde nicht behauptet; Anhaltspunkte hiefu ¨ r sind nicht erkennbar. 5.5. Die in der Revision breit ausgefu ¨ hrte Frage, ob der Vater der Bekl ein unabweisbarer Patient iSd § 36 Abs 4 Wr KAG war, ist unerheblich, weil diese Frage der Be- handlungspflicht in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit der Zahlungsverpflich- tung der Bekl aufgrund ihrer Haftungserkla ¨ rung steht. Die Anregung der Revision zur Pru ¨fung der Verfassungs- bzw Gesetzwidrigkeit der einschla ¨ gigen Bestimmungen des Wr KAG zur Aufnahmepflicht war deshalb nicht auf- zugreifen. Bundeshymne: Werkschutz und A ¨ nderungsrecht gem § 21 UrhG DOI 10.1007/s00503-011-2159-2 § 21 UrhG: Der Umfang des in § 21 Abs 1 UrhG normierten A ¨ nde- rungsrechts ist im Rahmen einer Abwa ¨ gung der Interes- sen zwischen dem Werkschutz als Urheberperso ¨ nlich- keitsrecht und dem Gebrauchsinteresse des Nutzungsbe- rechtigten vor allem anhand der Kriterien der Art und Intensita ¨t des Eingriffs, der Gestaltungsho ¨he des Werks (seines ku ¨ nstlerischen Rangs) und seines konkreten Ge- brauchszwecks zu bestimmen. Sinn und Wesen des be- nutzten Werks du ¨ rfen durch die A ¨ nderung (hier: textli- che A ¨ nderungen der Bundeshymne zum Zweck der Ge- schlechtergleichbehandlung) jedoch auf keinen Fall ent- stellt werden. OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 171/10s (OLG Wien 10. 6. 2010, 3 R 33/10k; HG Wien 26. 2. 2010, 18 Cg 29/10v) Im Ja ¨ nner 2010 begann eine Informationskampagne des BM fu ¨ r Unterricht, Kunst und Kultur zur Bildungs- reform. Unter dem Titel „Heimat bist du großer So ¨hne und To ¨chter‘‘ war es das Ziel dieser Initiative, die Bedeu- tung der Bildung fu ¨ r Kinder und die Zukunft des Landes zu unterstreichen. Wesentlicher Teil der von der bekl Werbeagentur erarbeiteten Kampagne war ein rund ein- minu ¨ tiger Kurzfilm mit einer Pra ¨ sentation zahlreicher Kinderfotos großer So ¨hne und To ¨ chter O ¨ sterreichs, darunter Angelika Kaufmann, Wolfgang Amadeus Mo- zart, Ignaz Semmelweis, Marie von Ebner-Eschenbach, Paula Wessely, Helmut Qualtinger, Valie Export, Mirna Jukic uva. Nach Kinderfotos historischer und lebender Perso ¨ nlichkeiten endet der Film mit Fotos von nament- lich genannten, aber unbekannten Knaben und Ma ¨ dchen von heute und dem Text: „Unser Land hat so viele Ta- lente. Wir mu ¨ ssen sie fo ¨rdern. Bildungsreform fu ¨rO ¨ ster- reich.‘‘ Dieser Kurzfilm wurde im Rahmen der Informations- kampagne zur Bildungsreform ua in den Fernsehsendern des ORF gesendet und ist im Internet (zB „www.youtube. com‘‘) abrufbar. Er wird musikalisch von einer Interpre- tation der o ¨sterr Bundeshymne durch den o ¨ sterr Popstar Christina Stu ¨ rmer untermalt; sie singt zu einer „Rock- Version‘‘ der Melodie folgenden (gegenu ¨ ber der offiziellen Fassung abgewandelten und verku ¨rzten) Text, der allein Gegenstand des Verfahrens ist: „Land der Berge, Land am Strome, Land der A ¨ cker, Land der Dome, Land der Ha ¨mmer, zukunftsreich. Heimat bist du großer So ¨hne und To ¨chter, vielgeru ¨ hmtes O ¨ sterreich. Heiß umfehdet, wild umstritten, liegst dem Erdteil du inmitten, einem starken Herzen gleich. Heimat bist du großer So ¨hne und To ¨chter, vielgeru ¨ hmtes O ¨ sterreich, vielgeru ¨ hmtes O ¨ sterreich.‘‘ Der Erstkl ist Sohn der 1951 verstorbenen Paula von Preradovic ´ und war gemeinsam mit seinem mittlerweile verstorbenen Bruder deren Erbe. M. K. H. ist als Witwe des verstorbenen Bruders des Erstkl auch dessen Erbin. Die Zweitkl betreibt ein Verlagsunternehmen. Am 26. 9./2. 10. 2006 schlossen der Erstkl und die Witwe seines Bruders (im folgenden: Erben) mit der Zweitkl folgende „Erga ¨nzende Vereinbarung‘‘ zu den bereits bestehenden Vertra ¨gen vom 12. 8. 1991 und 9. 10. 1991 u ¨ ber den von Paula von Preradovic ´ vertonten Text der o ¨ sterr Bundes- hymne: „[Erstkl] erkla ¨ rt fu ¨ r sich und die Rechtsnachfolger und die Rechtsnachfolgerin nach [Bruder des Erstkl], dass sa ¨ mtliche bisher nicht ausformulierten oder nicht u ¨ ber- tragenen Rechte, die die Erben als Rechtsnachfolger der Urheberin iSd Urheberrechte, Nutzungsrechte, Leis- tungsschutzrechte und Urheberperso ¨ nlichkeitsrechte inne haben, auf [Zweitkl] u ¨ bergehen. Im U ¨ brigen bevoll- ma ¨ chtigen [Erben] [Zweitkl], in unserem Namen, aber auf Rechnung [Zweitkl], Rechte in allen Belangen des Ur- heberrechtes, aber auch die Perso ¨ nlichkeitsrechte, gel- tend zu machen. Desweiteren u ¨ bertragen [Erben] jegliche Verfolgung des Perso ¨ nlichkeitsurheberrechtes, zB jegli- che Vera ¨ nderung des Textes der Bundeshymne, auf [Zweitkl]. Es steht [Zweitkl] auch frei, in dieser Angele- genheit auf eigene Kosten und eigenes Risiko Anwa ¨ lte beizuziehen oder Gerichte in Anspruch zu nehmen. [Zweitkl] und [Erben] sind der Auffassung, dass es zwi- schen Text und Musik eine Werkverbundenheit gibt und [Erstkl] als Zeuge des Vorgangs bei der Schaffung der Bundeshymne besta ¨ tigt, dass die Musik zur Bundes- hymne von Dr. Viktor Keldorfer in gemeinsamer Arbeit mit Paula von Preradovic ´ entstanden ist. Es wurde nicht einfach die sogenannte ,Freimaurerkantate‘ von Wolf- gang Amadeus Mozart genommen, sondern die von Vik- tor Keldorfer hergestellte Vorfassung wurde gemein- schaftlich erarbeitet und begru ¨ ndet. Anhand des vom [Zweitkl] gefu ¨ hrten Prozesses wurde festgestellt, dass die Eigentumsrechte am bestehenden Text der Bundes- hymne der Republik O ¨ sterreich zustehen. In welchem Umfang und mit welchen Rechten wurde im Detail nicht festgehalten. So kann man davon ausgehen, dass zB die Rechte nur territorial begrenzt u ¨ bertragen wurden, dh 2011, Heft 5 Mai 313 # Springer-Verlag 2011 Rechtsprechung

Bundeshymne: Werkschutz und Änderungsrecht gem § 21 UrhG

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lein beachtlich, wenn der Gegner wegen Arglist beson-ders schutzunwuÈ rdig ist oder wenn er keine Gegenleis-tung erbringt (Bollenberger in KBB3 § 871 Rz 1). Der Mo-tivirrtum betrifft den Grund des fuÈ r den Vertragsab-schluss maûgebenden Parteiwillens, der GeschaÈ ftsirrtumbetrifft hingegen den Inhalt des Parteiwillens (RIS-JustizRS0014902). Ein Motivirrtum ist gegeben, wenn der Er-klaÈrende uÈ ber auûerhalb des GeschaÈ ftsinhalts im Vorfelddes psychologischen Willensentschlusses liegende Um-staÈnde irrt (RIS-Justiz RS0014910).

5.4. Die Rechtsmittelwerberin steht auf dem Stand-punkt, ihr Vater haÈ tte trotz fehlender Sozialversicherungeinen Anspruch auf Spitalsaufnahme (zumindest zur un-bedingt notwendigen ersten aÈrztlichen Hilfe) gehabt,weil es sich um einen Fall der Unabweisbarkeit iSd § 36Abs 4 Wr KAG gehandelt habe; daruÈ ber sei sie von der Klnicht aufgeklaÈrt worden. Unterstellt man die Richtigkeitdieses Prozessstandpunkts, hat die Bekl bei Abgabe ihrerWillenserklaÈrung uÈ ber die Voraussetzungen der Aufnah-me ihres Vaters in die Anstaltspflege geirrt. Diese unrich-tige Vorstellung von der Wirklichkeit betrifft jedocheinen Umstand, der auûerhalb des Inhalts der Haftungs-vereinbarung und der Person des GeschaÈ ftspartnersliegt; die Bekl unterlag damit allenfalls einem unbeacht-lichen Motivirrtum. Arglistiges Handeln seitens der Klwurde nicht behauptet; Anhaltspunkte hiefuÈ r sind nichterkennbar.

5.5. Die in der Revision breit ausgefuÈ hrte Frage, ob derVater der Bekl ein unabweisbarer Patient iSd § 36 Abs 4Wr KAG war, ist unerheblich, weil diese Frage der Be-handlungspflicht in keinem rechtlichen Zusammenhangmit der Frage der Wirksamkeit der Zahlungsverpflich-tung der Bekl aufgrund ihrer HaftungserklaÈrung steht.Die Anregung der Revision zur PruÈ fung der Verfassungs-bzw Gesetzwidrigkeit der einschlaÈgigen Bestimmungendes Wr KAG zur Aufnahmepflicht war deshalb nicht auf-zugreifen.

Bundeshymne: Werkschutz und AÈ nderungsrechtgem § 21 UrhG

DOI 10.1007/s00503-011-2159-2

§ 21 UrhG:Der Umfang des in § 21 Abs 1 UrhG normierten AÈ nde-

rungsrechts ist im Rahmen einer AbwaÈgung der Interes-sen zwischen dem Werkschutz als UrheberpersoÈnlich-keitsrecht und dem Gebrauchsinteresse des Nutzungsbe-rechtigten vor allem anhand der Kriterien der Art undIntensitaÈ t des Eingriffs, der GestaltungshoÈhe des Werks(seines kuÈ nstlerischen Rangs) und seines konkreten Ge-brauchszwecks zu bestimmen. Sinn und Wesen des be-nutzten Werks duÈ rfen durch die AÈ nderung (hier: textli-che AÈ nderungen der Bundeshymne zum Zweck der Ge-schlechtergleichbehandlung) jedoch auf keinen Fall ent-stellt werden.

OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 171/10s (OLG Wien 10. 6. 2010, 3 R 33/10k; HG Wien26. 2. 2010, 18 Cg 29/10v)

Im JaÈnner 2010 begann eine Informationskampagnedes BM fuÈ r Unterricht, Kunst und Kultur zur Bildungs-reform. Unter dem Titel ¹Heimat bist du groûer SoÈhneund ToÈchter`̀ war es das Ziel dieser Initiative, die Bedeu-tung der Bildung fuÈ r Kinder und die Zukunft des Landeszu unterstreichen. Wesentlicher Teil der von der beklWerbeagentur erarbeiteten Kampagne war ein rund ein-minuÈ tiger Kurzfilm mit einer PraÈsentation zahlreicherKinderfotos groûer SoÈhne und ToÈchter OÈ sterreichs,darunter Angelika Kaufmann, Wolfgang Amadeus Mo-zart, Ignaz Semmelweis, Marie von Ebner-Eschenbach,Paula Wessely, Helmut Qualtinger, Valie Export, Mirna

Jukic uva. Nach Kinderfotos historischer und lebenderPersoÈnlichkeiten endet der Film mit Fotos von nament-lich genannten, aber unbekannten Knaben und MaÈdchenvon heute und dem Text: ¹Unser Land hat so viele Ta-lente. Wir muÈ ssen sie foÈrdern. Bildungsreform fuÈ r OÈ ster-reich.`̀

Dieser Kurzfilm wurde im Rahmen der Informations-kampagne zur Bildungsreform ua in den Fernsehsenderndes ORF gesendet und ist im Internet (zB ¹www.youtube.com`̀ ) abrufbar. Er wird musikalisch von einer Interpre-tation der oÈsterr Bundeshymne durch den oÈsterr PopstarChristina StuÈ rmer untermalt; sie singt zu einer ¹Rock-Version`̀ der Melodie folgenden (gegenuÈ ber der offiziellenFassung abgewandelten und verkuÈ rzten) Text, der alleinGegenstand des Verfahrens ist:

¹Land der Berge, Land am Strome,Land der AÈ cker, Land der Dome,Land der HaÈmmer, zukunftsreich.Heimat bist du groûer SoÈhne und ToÈchter,vielgeruÈ hmtes OÈ sterreich.

Heiû umfehdet, wild umstritten,liegst dem Erdteil du inmitten,einem starken Herzen gleich.Heimat bist du groûer SoÈhne und ToÈchter,vielgeruÈ hmtes OÈ sterreich,vielgeruÈ hmtes OÈ sterreich.`̀

Der Erstkl ist Sohn der 1951 verstorbenen Paula vonPreradovic und war gemeinsam mit seinem mittlerweileverstorbenen Bruder deren Erbe. M. K. H. ist als Witwedes verstorbenen Bruders des Erstkl auch dessen Erbin.

Die Zweitkl betreibt ein Verlagsunternehmen. Am 26.9./2. 10. 2006 schlossen der Erstkl und die Witwe seinesBruders (im folgenden: Erben) mit der Zweitkl folgende¹ErgaÈnzende Vereinbarung`̀ zu den bereits bestehendenVertraÈgen vom 12. 8. 1991 und 9. 10. 1991 uÈ ber den vonPaula von Preradovic vertonten Text der oÈsterr Bundes-hymne:

¹[Erstkl] erklaÈrt fuÈ r sich und die Rechtsnachfolger unddie Rechtsnachfolgerin nach [Bruder des Erstkl], dasssaÈmtliche bisher nicht ausformulierten oder nicht uÈ ber-tragenen Rechte, die die Erben als Rechtsnachfolger derUrheberin iSd Urheberrechte, Nutzungsrechte, Leis-tungsschutzrechte und UrheberpersoÈnlichkeitsrechteinne haben, auf [Zweitkl] uÈ bergehen. Im UÈ brigen bevoll-maÈchtigen [Erben] [Zweitkl], in unserem Namen, aberauf Rechnung [Zweitkl], Rechte in allen Belangen des Ur-heberrechtes, aber auch die PersoÈnlichkeitsrechte, gel-tend zu machen. Desweiteren uÈ bertragen [Erben] jeglicheVerfolgung des PersoÈnlichkeitsurheberrechtes, zB jegli-che VeraÈnderung des Textes der Bundeshymne, auf[Zweitkl]. Es steht [Zweitkl] auch frei, in dieser Angele-genheit auf eigene Kosten und eigenes Risiko AnwaÈ ltebeizuziehen oder Gerichte in Anspruch zu nehmen.[Zweitkl] und [Erben] sind der Auffassung, dass es zwi-schen Text und Musik eine Werkverbundenheit gibtund [Erstkl] als Zeuge des Vorgangs bei der Schaffungder Bundeshymne bestaÈ tigt, dass die Musik zur Bundes-hymne von Dr. Viktor Keldorfer in gemeinsamer Arbeitmit Paula von Preradovic entstanden ist. Es wurde nichteinfach die sogenannte ,Freimaurerkantate` von Wolf-gang Amadeus Mozart genommen, sondern die von Vik-tor Keldorfer hergestellte Vorfassung wurde gemein-schaftlich erarbeitet und begruÈ ndet. Anhand des vom[Zweitkl] gefuÈ hrten Prozesses wurde festgestellt, dassdie Eigentumsrechte am bestehenden Text der Bundes-hymne der Republik OÈ sterreich zustehen. In welchemUmfang und mit welchen Rechten wurde im Detail nichtfestgehalten. So kann man davon ausgehen, dass zB dieRechte nur territorial begrenzt uÈ bertragen wurden, dh

2011, Heft 5Mai 313

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Rechtsprechung

nur fuÈ r OÈ sterreich. Die urheberrechtliche Grundlagezwischen OÈ sterreich und anderen LaÈndern ist unter-schiedlich, sodass eine andere Rechtsposition im Auslandgegeben erscheint. Dies zu pruÈ fen und abzuklaÈren istebenfalls Auftrag und Aufgabe [Zweitkl]. [...] Solltenaus den vorgenannten uÈ bertragenen Rechten Werknut-zungen entstehen, zB eine CD zur weltweiten Verwer-tung, so sind wir an diesen Einnahmen, sofern uns solchezustehen, mit einem Prozentsatz von 50 : 50 [Zweitkl : Er-ben] beteiligt. Dieser wird einmal jaÈhrlich an uns zurVerrechnung gebracht, und zwar jeweils zum 31.12. jedesJahres mit einem Zahlungsziel von zwei Monaten. Aufdie zu erwartenden ErloÈse aus diesem Vertrag wird einVorschuss in der HoÈhe von ³ 5.000,± bezahlt [...]. DieseVereinbarung gilt fuÈ r die Rechtsnachfolger nach [Erben].Beide sind in der Erbfolge nunmehr Alleinerben nachPaula von PreradovicÂ.`̀

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die vor-mals als oÈsterr Nationalhymne in Verwendung stehende¹Haydn-Hymne`̀ als Hymne des Dritten Reichs histo-risch belastet. Aus diesem Grund beschloss der Minister-rat der oÈsterr Bundesregierung uÈ ber Initiative des dama-ligen Unterrichtsministers Dr. Felix Hurdes ein Preisaus-schreiben zur Schaffung einer neuen oÈsterr VolkshymnedurchzufuÈ hren. DaruÈ ber wurde in der Wiener Zeitungvom 11. 4. 1946, Ausgabe Nr 86, berichtet. In diesem Zu-sammenhang wurden auch die Bedingungen des Preis-ausschreibens wie folgt bekannt gegeben:

¹10.000 Schilling fuÈ r die beste Hymne

Der Ministerrat der oÈsterreichischen Bundesregierungbeschloss in seiner Sitzung vom 9. 4. 1946 mit einemPreisausschreiben zur Schaffung einer neuen oÈsterreichi-schen Volkshymne an die breiteste OÈ ffentlichkeit heran-zutreten: Gegenstand des Preisausschreibens: Ein Liedhymnischen Charakters, das den neuen OÈ sterreichischenBundesstaat und seine Menschen im In- und Ausland so-wohl textlich als auch musikalisch wuÈ rdig zu repraÈsen-tieren vermag. Bedingungen des Preisausschreibens:a) Teilnahmeberechtigt ist jeder oÈsterreichische Bundes-buÈ rger, der nicht vom Wahlrecht zur Nationalratswahlvom 25. 11. 1945 ausgeschlossen war. b) Einzusendenist eine komplette Hymne mit moÈglichst drei Textstro-phen zur gleichen Melodie, komponiert fuÈ r Klavier undSingstimme. Allenfalls koÈnnen auch passende Texte odergeeignete Melodien allein eingesandt werden. c) Alle Ein-sendungen sind zu richten an das Bundesministerium fuÈ rUnterricht, Kunstabteilung, [...] e) UÈ ber die Auswahl dereingesandten Werke und uÈ ber die Zuerkennung derPreise entscheidet ein vom Bundesministerium fuÈ r Un-terricht bestelltes Jurorenkomitee nach bestem Wissenund Gewissen unter Ausschluss des Rechtsweges. [...].f) Der erste Preis in HoÈhe von 10.000 Schilling entfaÈ lltauf das zur kuÈ nftigen Volkshymne bestimmte Lied, wo-gegen der Autor bzw die Autoren saÈmtliche Urheber-rechte an der Dichtung, bzw Komposition dem oÈsterrei-chischen Bundesstaat abtreten. Falls mit dem erstenPreis nur eine Komposition oder nur eine Dichtung aus-gezeichnet wird, so kann der Preis entsprechend verrin-gert werden. FuÈ r sonstige Preise ist ein Betrag von5.000 Schilling ausgesetzt, uÈ ber dessen Verteilung das Ju-rorenkomitee ebenfalls unter Ausschluss des Rechtswe-ges entscheidet.`̀

Am 22. 10. 1946 beschloss der Ministerrat, die Melodiedes Wolfgang Amadeus Mozart zugeschriebenen und vomJurorenkomitee an die erste Stelle gesetzten ¹Bundes-lieds`̀ (¹BruÈ der reicht die Hand zum Bunde`̀ ) zur kuÈ nfti-gen Volkshymne zu erklaÈren. UÈ ber diesen Beschluss desMinisterrats wurde in der Wiener Zeitung vom 23. 10.1946, Ausgabe Nr 247, unter der Rubrik ¹BeschluÈ ssedes Ministerrates`̀ wie folgt berichtet:

¹[...] Anschlieûend berichtete Bundesminister fuÈ r Un-terricht Dr. Hurdes uÈ ber das Preisausschreiben zurSchaffung einer oÈsterreichischen Hymne. Der Minister-rat beschloss uÈ ber seinen Antrag, das Bundeslied (BruÈ derreicht die Hand zum Bunde) von Mozart zur kuÈ nftigenVolkshymne zu erklaÈren. Da die zu dieser Melodie imPreisausschreiben eingereichten Texte den Anforderun-gen noch nicht voll entsprechen, wird an namhafte Lyri-ker mit der Bitte um Textierung dieser Mozartmelodieherangetreten werden. Der beste eingesandte Text wirdwieder vom Jurorenkomitee ausgewaÈhlt werden.`̀

Zu den Dichtern und Dichterinnen, die in der Folgeeingeladen wurden, zur ausgewaÈhlten Melodie einen TextfuÈ r die neue Bundeshymne zu verfassen, gehoÈrte auchPaula von PreradovicÂ. Diese uÈ bermittelte dem BM fuÈ rUnterricht mit Schreiben vom 17. 12. 1946 folgendenvon ihr verfassten Text:

¹Land der Berge, Land am Strome,Land der AÈ cker, HaÈmmer, Dome,Arbeitsam und liederreich.Groûer VaÈ ter freie SoÈhne,Volk, begnadet fuÈ r das SchoÈne,VielgeruÈ hmtes OÈ sterreich.

Heiss umfehdet, wild umstritten,Liegst dem Erdteil du inmitten,Einem starken Herzen gleich.Hast seit fruÈ hen Ahnentagen,Hoher Sendung Last getragen,VielgepruÈ ftes OÈ sterreich.

Aber in die neuen ZeitenSieh uns festen Glaubens schreiten,Stolzen Muts und hoffnungsreich.Lass ihn bruÈ derlichen ChoÈren,Vaterland dir Treue schwoÈren,Vielgeliebtes OÈ sterreich.`̀

Mit Beschluss des Ministerrats vom 25. 2. 1947 wurdeder Text der zukuÈ nftigen Hymne beschlossen. DaruÈ berwurde in der Wiener Zeitung vom 26. 2. 1947, AusgabeNr 48, unter der ArtikeluÈ berschrift ¹Text der Bundes-hymne genehmigt`̀ wie folgt berichtet:

¹Vor Beginn des Ministerrates war im Bundeskanzler-amt ein kleiner Chor der Wiener SaÈngerknaben unterder Leitung von Hofrat Schnitt erschienen, der den ver-sammelten Regierungsmitgliedern die neue oÈsterreichi-sche Bundeshymne nach den beiden Texten von PaulaPreradovic und Dr. Sigmund Guggenberger vortrug.Der Ministerrat beschloss, den Text der Dichterin PaulaPreradovic nach Vornahme einiger kleiner textlicher AÈ n-derungen als offiziellen Text der neuen OÈ sterreichischenBundeshymne zu genehmigen.`̀

In der Wiener Zeitung vom 9. 3. 1947, Ausgabe Nr 58,wurde unter der UÈ berschrift ¹Die neue Bundeshymne`̀auszugsweise (unter teilweiser Wiedergabe einer Rund-funkansprache von Minister Hurdes) wie folgt berichtet:

¹Die Melodie des Bundesliedes von Mozart wurde mitdem vom Jurorenkomitee im Preisausschreiben ,OÈ ster-reichische Bundeshymne` gewaÈhlten Text aus der Federder oÈsterreichischen Lyrikerin Paula Preradovic durcheinen Ministerratsbeschluss zur kuÈ nftigen VolkshymneerklaÈrt. [...] Ein aus prominenten Vertretern des Kultur-und Volksbildungswesens von Wien und den BundeslaÈn-dern zusammengesetzes Jurorenkomitee hat nach einge-hender UÈ berpruÈ fung aller TextvorschlaÈge das Gedichtvon Paula Preradovic ,Land der Berge, Land am Strome`als geeigneten Text erklaÈrt. Diese Wahl wurde vomMinisterrat bestaÈtigt. [...]

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Text der Bundeshymne von Paula PreradovicÂLand der Berge, Land am Strome,Land der AÈ cker, Land der Dome,Land der HaÈmmer, zukunftsreich.Heimat bist du groûer SoÈhne,Volk, begnadet fuÈ r das SchoÈne,VielgeruÈ hmtes OÈ sterreich.

Heiû umfehdet, wild umstritten,Liegst dem Erdteil du inmitten,Einem starken Herzen gleich.Hast seit fruÈ hen Ahnentagen,Hoher Sendung Last getragen,VielgepruÈ ftes OÈ sterreich.

Mutig in die neuen Zeiten,Frei und glaÈubig sieh uns schreiten,Arbeitsfroh und hoffnungsreich.Einig laû in BruÈ derchoÈren,Vaterland, Dir Treue schwoÈren,Vielgeliebtes OÈ sterreich.`̀

Dieser in der Wiener Zeitung vom 9. 3. 1947 abge-druckte Text der Bundeshymne wurde im ¹Verordnungs-blatt fuÈ r den Dienstbereich des Bundesministeriums fuÈ rUnterricht`̀ , Jahrgang 1947, vom 1. 7. 1947 unter derUÈ berschrift ¹Text der OÈ sterreichischen Bundeshymnevon P. Preradovic `̀ bekanntgemacht. Am 4. 7. 1949 ver-fuÈ gte der BM fuÈ r Unterricht zur GZ 31105-II-4a/49, dasihm persoÈnlich uÈ bergebene Exemplar der vom OÈ sterrBundesverlag herausgegebenen offiziellen Ausgabe deroÈsterr Bundeshymne (bestehend aus Klaviernoten mitSingstimme und Text) zu den Akten zu nehmen. Diese¹offizielle Ausgabe der OÈ sterreichischen Bundeshymne`̀traÈgt die UÈ berschrift: ¹OÈ sterreichische BundeshymneMelodie von W. A. Mozart ± Text von Paula Preradovic `̀ .Die Textdichterin hat den im Preisausschreiben ausge-lobten Geldbetrag erhalten.

Die Kl beantragten zur Sicherung des gleichlautendenUnterlassungsbegehrens, der Bekl mit EV bis zur rechts-kraÈ ftigen Entscheidung uÈ ber das Unterlassungsbegehrenzu verbieten, den Originaltext der Bundeshymne, soferndazu die Zustimmung der Zweitkl bzw die gemeinsameZustimmung der Erben nach Paula von Preradovic nichtvorliegt, zu bearbeiten und/oder zu veraÈndern und/oderin bearbeiteter und/oder in veraÈnderter Form zu verviel-faÈ ltigen und/oder zu verbreiten und/oder zu senden und/oder zur VerfuÈ gung zu stellen oder sonst zu verwertenund/oder Dritte zu diesen Eingriffs- und Verwertungs-handlungen zu beauftragen und/oder zu bestimmen.Die Bekl habe den von Paula von Preradovic geschaffe-nen Text der oÈsterr Bundeshymne ohne Zustimmungder Zweitkl und ohne gemeinsame Zustimmung der Er-ben nach der Textdichterin fuÈ r den zur Bewerbung der¹Bildungsreform fuÈ r OÈ sterreich`̀ geschaffenen KurzfilmveraÈndert und bearbeitet. Die eigenmaÈchtigen ZusaÈ tze,KuÈ rzungen und AÈ nderungen verletzten das Urheberper-soÈnlichkeitsrecht des Werkschutzes nach § 21 UrhG.Der Originaltext stehe in der Versform des Hexametersund sei ein Werk ¹aus einem Guss`̀ . Durch den Zusatz¹und ToÈchter`̀ werde der Sprachrhythmus voÈllig veraÈn-dert und in geradezu irritierender Weise gestoppt, wasdurch das ¹Anhalten`̀ der MelodiefuÈ hrung noch unter-strichen werde. Hinzu komme, dass auch die Reimfolge¹Strome ± Dome`̀ bzw ¹SoÈhne ± SchoÈne`̀ gestoÈrt werde,wobei die vierte, mit ¹und ToÈchter`̀ endende TextzeileuÈ berhaupt ohne Reim bleibe und unvermittelt in dieletzte Zeile ¹vielgeruÈ hmtes OÈ sterreich`̀ muÈ nde. Die zwei-te Strophe sei ab der vierten Textzeile uÈ berhaupt gestri-chen und stattdessen nach den ersten drei Textzeilen desOriginals wiederum der Text ¹Heimat bist du groûer

SoÈhne und ToÈchter`̀ und ¹vielgeruÈ hmtes OÈ sterreich`̀(letzterer in Wiederholungsform) angefuÈ gt worden. Da-durch werde auch die Abfolge ¹vielgeruÈ hmtes ± vielge-pruÈ ftes ± vielgeliebtes OÈ sterreich`̀ in den Schlusszeilender drei Strophen des Originals zerstoÈrt. Die vorgenom-menen AÈ nderungen entstellten den Originaltext. Selbstwenn man das Anliegen der GeschlechtsneutralitaÈ t desTextes als berechtigt ansaÈhe, duÈ rfe der Text nur so geringwie moÈglich geaÈndert werden. So lieûe sich etwa dievierte Textzeile der ersten Strophe ohne StoÈrung vonSprachrhythmus, Reim und Aufbau abwandeln, wennsie ¹Heimat groûer ToÈchter und SoÈhne`̀ laute. Die Repu-blik OÈ sterreich habe die Verwertungsrechte am Text derBundeshymne nur im Rahmen der von der Urheberinzu erwartenden Nutzung, also fuÈ r Staatszwecke wie fei-erliche politische oder sportliche AnlaÈsse oder eine Nut-zung im Rahmen des ¹Protokolls`̀ erworben. Die Verwen-dung als musikalische Untermalung einer ministeriellenKampagne sei vom Werknutzungsrecht der RepublikOÈ sterreich nicht gedeckt und beduÈ rfe der Zustimmungdes Urhebers. Der Erstkl sei als Erbe der verstorbenenTextautorin berechtigt, gegen die Verletzung der Urhe-berpersoÈnlichkeitsrechte vorzugehen. Die Zweitkl seiaufgrund der mit den Erben nach der Textdichterin ge-schlossenen Vereinbarung berechtigt, Urheberrechtsver-letzungen auch im eigenen Namen gerichtlich und auûer-gerichtlich zu verfolgen. Die bekl Werbeagentur sei alsTaÈ ter, MittaÈ ter oder Teilnehmer an einer fremden Tatpassiv legitimiert.

Die Bekl beantragte die Abweisung des Sicherungsan-trags. Die fuÈ r den Kurzfilm zur Informationskampagnedes BM fuÈ r Unterricht, Kunst und Kultur zur Bildungs-reform abgeaÈnderte vierte Textzeile der ersten Strophestamme nicht von Paula von PreradovicÂ. Der Ministerrathabe den von der Dichterin vorgelegten Textvorschlagnicht unveraÈndert angenommen, sondern beschlossen,diesen Text nach Vornahme einiger kleiner textlicher AÈ n-derungen als offiziellen Text der neuen oÈsterr Bundes-hymne zu genehmigen. Es sei unbekannt, wer die AÈ nde-rungen, insb die Zeile ¹Heimat bist du groûer SoÈhne`̀textiert habe. Soweit sich die Klage auf einen angebli-chen Rechteeingriff durch diese Textzeile stuÈ tze, fehlees an der aktiven Klagslegitimation. Die Bekl sei nichtpassiv legitimiert: Zwar habe sie die Informationskam-pagne zur Bildungsreform mitgestaltet, die Neuinterpre-tation der Bundeshymne und die Schaltung des Kurz-films in verschiedenen elektronischen Medien sei jedochvom BM fuÈ r Unterricht, Kunst und Kultur in Auftrag ge-geben worden. Die Bekl habe den Film weder verbreitetnoch veroÈffentlicht noch als Gehilfin an einer Rechtsver-letzung mitgewirkt. Bedingung des seinerzeitigen Preis-ausschreibens sei es gewesen, dass der Autor saÈmtlicheUrheberrechte an der Dichtung dem oÈsterr Bundesstaatabtrete. Die Textdichterin habe durch ihre Teilnahmeam Preisausschreiben dessen Bedingungen akzeptiertund sich diesen unterworfen. Sie habe auch den Preisentgegengenommen. Dadurch habe die Republik OÈ ster-reich die zeitlich, oÈrtlich und inhaltlich unbeschraÈnktenWerknutzungsrechte erlangt. Die Nutzung der Bundes-hymne im Rahmen einer offiziellen Informationskampa-gne des BM fuÈ r Unterricht, Kunst und Kultur sei keinekommerzielle Nutzung, sondern diene einer hoheitlichenZielsetzung, somit typischen Zwecken einer Staats-hymne. Die beanstandete AÈ nderung im Text sei gem§ 21 Abs 1 UrhG zulaÈssig. Seit dem Ministerratsbe-schluss im Jahr 1947 haÈ tten sich die gesellschaftlichenRahmenbedingungen grundlegend geaÈndert; die Gleich-stellung von Mann und Frau sei nunmehr mehrfach ge-setzlich verankert. Es entspreche daher den im redlichenVerkehr geltenden Gewohnheiten und GebraÈuchen, dassfuÈ r eine sich vorwiegend an junge Leute richtende Infor-

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mationskampagne zur Bildungsreform die Zeile ¹Heimatbist du groûer SoÈhne`̀ auf ¹Heimat bist du groûer SoÈhneund ToÈchter`̀ erweitert werde. Die Bundeshymne sollefuÈ r alle OÈ sterreicherinnen und OÈ sterreicher IdentitaÈ tstiften; auch deshalb sei eine geschlechtsneutrale AÈ nde-rung des Textes durch Art und Zweck der erlaubtenWerknutzung gefordert. Eine Entstellung, VerstuÈ mme-lung oder AÈ nderung des Werks liege nicht vor. Der Textder Bundeshymne sei durch VeroÈffentlichung in der Wie-ner Zeitung vom 9. 3. 1947 und im Verordnungsblatt fuÈ rden Dienstbereich des BM fuÈ r Unterricht vom 1. 7.1947 zu einem gemeinfreien Werk iSd § 7 UrhG gewor-den.

Das ErstG wies den Sicherungsantrag ab. Es traf uanoch folgende Feststellungen: Das BM fuÈ r Unterricht,Kunst und Kultur hat die Interpretation der Bundes-hymne, die zur Untermalung des Kurzfilms von Christi-na StuÈ rmer vorgetragen wird, in Auftrag gegeben, die In-terpretin honoriert und die Schaltung des Films in elekt-ronischen Medien veranlasst. Rechtlich ging das ErstGdavon aus, die Verfasserin des Textes der Bundeshymnehabe mit der Beteiligung an dem Preisausschreiben dasEinverstaÈndnis zur UÈ bertragung der Werknutzungsrech-te an die Republik OÈ sterreich erteilt. Dass davon auchBearbeitungsrechte umfasst gewesen seien, ergebe sichnicht nur aus dem Text der Auslobung, sondern auchaus der vom Ministerrat vorgenommenen Bearbeitung,die zum aktuellen Text der oÈsterr Bundeshymne gefuÈ hrthabe und von der Dichterin akzeptiert worden sei. DieTextdichterin habe der Republik OÈ sterreich das Werk-nutzungsrecht am Text der Bundeshymne eingeraÈumt,das Werk zeitlich, oÈrtlich und inhaltlich unbeschraÈnktauf eine an sich dem Urheber vorbehaltene Art zu nut-zen. Der Erstkl habe in einer eidesstaÈ ttigen ErklaÈrungim Sicherungsverfahren selbst angegeben, seine Mutterals Urheberin des Textes habe das Wort ¹SoÈhne`̀ so ver-standen, dass es fuÈ r ¹SoÈhne und ToÈchter`̀ stehe. Deshalbsei eine Klarstellung dieses Wortes nach dem heutigenGeschlechterverstaÈndnis sogar im Sinne der Urheberinselbst. 60 Jahre nach SchoÈpfung des Textes der Bundes-hymne wuÈ rden maÈnnliche und weibliche Form eines Be-griffs regelmaÈûig gleichberechtigt nebeneinander ge-nannt; es sei daher legitim, dieses veraÈnderte Geschlech-terverstaÈndnis durch ein BM zur oÈffentlichen Diskussionzu stellen, indem ein in OÈ sterreich anerkannter Popstareine zeitgemaÈûe Textfassung der Bundeshymne interpre-tiere. Die staatliche Initiative habe einen Denkanstoû zueiner moÈglichen TextaÈnderung oÈsterreichweit publik ge-macht und sei auch unter dem Blickwinkel des § 21 UrhGgesetzeskonform. Abgesehen davon ergebe sich aus derVereinbarung Beilage ./D, dass der Erstkl saÈmtlicheRechte, auch jenes der Verfolgung allfaÈ lliger Eingriffe,an die Zweitkl abgetreten habe, sodass dessenAktivlegitimation zu bezweifeln sei. Die Bekl sei fuÈ r dieAÈ nderungen nicht verantwortlich, sondern habe im Auf-trag eines Ministeriums gehandelt; damit scheide aucheine Gehilfenhaftung aus.

Das RekG bestaÈ tigte diese Entscheidung; es sprachaus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands³ 30.000,± uÈ bersteige und der ordentliche Revisionsre-kurs zulaÈssig sei, weil Rsp zur Frage fehle, ob ein voneiner Privatperson geschaffenes Sprachwerk, das imAuftrag des Staats, der eine neue Staatshymne erlangenmoÈchte, entstanden ist, durch amtliche Bekanntmachungals (offizieller) Text der Bundeshymne zu einem freienWerk iSd § 7 Abs 1 UrhG werde. Das RekG nahm nachder Urkundenlage ergaÈnzend als bescheinigt an, dassPaula von Preradovic Autorin der (gesamten) Textfas-sung der oÈsterr Bundeshymne ist, wie sie heute offiziellin Verwendung steht.

Der Revisionsrekurs ist zulaÈssig, aber nicht berechtigt.

Die Kl machen geltend, der Text der Bundeshymnefalle nicht unter ¹zum amtlichen Gebrauch hergestellteamtliche Werk`̀ (§ 7 Abs 1 UrhG) und sei daher vom Ur-heberrechtsschutz nicht freigestellt; daran aÈndere auchseine VeroÈffentlichung im Verordnungsblatt fuÈ r denDienstbereich des BM fuÈ r Unterricht nichts. Die Verwen-dung des bearbeiteten Textes sei durch das der RepublikOÈ sterreich fuÈ r die typischen Zwecke einer StaatshymneeingeraÈumte Werknutzungsrecht nicht gedeckt. Die be-anstandeten VeraÈnderungen gingen uÈ ber das gem § 21Abs 2 zweiter Satz UrhG ZulaÈssige hinaus und beein-traÈchtigten geistige Interessen der Urheberin am Werkschwer (§ 21 Abs 3 UrhG).

1.1. Ob der Text der Bundeshymne unter die in § 7Abs 1 UrhG erschoÈpfend (Mitteis, Grundriû des Urheber-rechts 32) aufgezaÈhlten freien Werke faÈ llt, falls nicht, ober als ein nicht-amtliches Werk durch eine amtliche Ver-oÈffentlichung zum amtlichen Werk wurde, ist im Schrift-tum umstritten (abl Walter, Urheberrecht Rz 306; dersel-be, MR 1995, 186; ihm folgend Dillenz/Gutman, UrhG &VerwGesG2 § 7 Rz 4 ff; und Schumacher in Kucsko, urhe-ber.recht 174; aA Dittrich, Urheberrechtsschutz fuÈ r dieoÈsterreichische Bundeshymne?, RfR 1992, 1, 7 ff; Ciresa,Urheberrecht § 7 Rz 13).

1.2. Diese in der Rsp des OGH bisher nicht beantwor-tete Frage bedarf auch im Anlassfall keiner naÈheren PruÈ -fung, handelt es sich doch ± wie nachfolgend aufzuzeigenist ± bei der von den Kl beanstandeten Verwendung derBundeshymne mit bearbeitetem Text zur UnterstuÈ tzungeiner ministeriellen Informationskampagne zur Bil-dungsreform um eine durch die vertragliche Rechteein-raÈumung gedeckte Werknutzung durch die RepublikOÈ sterreich (dazu 2.), bei der sich die TextaÈnderungenim Rahmen des gesetzlich Erlaubten (§ 21 Abs 1 zweiterSatz UrhG) halten (dazu 3.).

2.1. In der E 4 Ob 1105/94 (= MR 1995, 185 [zust Walter]= RIS-Justiz RS0053075) hat der OGH ausgesprochen,dass Nationalhymnen Ausdruck des nationalen Selbst-verstaÈndnisses sind, bei feierlichen politischen undsportlichen AnlaÈssen gespielt und gesungen werden undzum sogenannten ¹Protokoll`̀ gehoÈren. Da der Textauto-rin der Bundeshymne der Zweck einer Bundeshymneklar sein musste, hat sie schon mit der Beteiligung amPreisausschreiben der Republik OÈ sterreich stillschwei-gend ein Werknutzungsrecht zur Verwendung fuÈ r typi-sche Zwecke einer Staatshymne eingeraÈumt, worunterauch die Verwendung der Musik der Bundeshymne zumSendeschluss des ORF faÈ llt, der als einziger Rundfunkdes Staats auch staatliche Aufgaben zu erfuÈ llen hat.

2.2. An die Beurteilung, ob die Bundeshymne im Ein-zelfall fuÈ r den typischen Zweck einer Staatshymne ver-wendet wird, ist kein kleinlicher Maûstab anzulegen.Diesem Erfordernis wird schon genuÈ gt, wenn es sichum eine Verwendung im Rahmen der ErfuÈ llung einerstaatlichen Aufgabe handelt und die Verwendung in die-sem Zusammenhang der Bedeutung des Anlasses ange-messen ist.

2.3. Das Schul- und Erziehungswesen ist grundsaÈ tzlichBundessache in Gesetzgebung und Vollziehung (Art 14Abs 1 B-VG).

2.4. Hat die werknutzungsberechtigte Republik OÈ ster-reich, repraÈsentiert durch den BM fuÈ r Unterricht, Kunstund Kultur als oberstes Organ der Vollziehung (Art 19Abs 1 B-VG), die beanstandete Textversion der Bundes-hymne fuÈ r Zwecke der musikalischen Untermalung einesKurzfilms im Rahmen einer ministeriellen Informations-kampagne zum Thema ¹Bildungsreform`̀ verwendet, istauch diese Nutzung durch die vertragliche RechteeinraÈu-mung gedeckt.

Daran aÈndert nichts, dass der Kurzfilm im Rahmen derKampagne auch zum Abruf im Internet bereitgestellt

2011, Heft 5Mai316

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wurde, weil die VerknuÈ pfung dieser Verwendung derBundeshymne mit dem beabsichtigten Zweck durch dasprivate Abrufen des Kurzfilms (der optisch mit den Wor-ten ¹Bildungsreform fuÈ r OÈ sterreich`̀ endet) nicht aufge-hoben wird.

Dass es sich hingegen um eine (gemeint offenbar: kom-merzielle) Verwendung des Hymnentextes ¹zu Werbe-zwecken`̀ handle, wie die Kl meinen, ist schon deshalbnicht nachvollziehbar, weil nicht erkennbar ist, auf wel-che Weise die Republik OÈ sterreich durch die Informati-onskampagne zum Thema ¹Bildungsreform`̀ einen un-mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil anstreben oder er-zielen haÈ tte koÈnnen.

3.1. Nach § 21 Abs 1 UrhG duÈ rfen auch von dem zurWerknutzung Berechtigten an dem Werk selbst, an des-sen Titel oder an der Urheberbezeichnung keine KuÈ r-zungen, ZusaÈ tze oder andere AÈ nderungen vorgenommenwerden, soweit nicht der Urheber einwilligt oder das Ge-setz die AÈ nderung zulaÈsst. ZulaÈssig sind insb AÈ nderun-gen, die der Urheber dem zur Benutzung des Werks Be-rechtigten nach den im redlichen Verkehr geltenden Ge-wohnheiten und GebraÈuchen nicht untersagen kann, na-mentlich AÈ nderungen, die durch die Art oder den Zweckder erlaubten Werknutzung gefordert werden.

3.2. Es ist nicht moÈglich, den Umfang des in § 21 Abs 1UrhG normierten AÈ nderungsrechts, also jener AÈ nderun-gen, die der Urheber dem zur Nutzung des Werks Berech-tigten nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohn-heiten und GebraÈuchen nicht untersagen kann, nach gene-rell abstrakten Kriterien zu bestimmen. Es bedarf einerInteressensabwaÈgung im Einzelfall zwischen dem Werk-schutz als zentraler Bestimmung des UrheberpersoÈnlich-keitsrechts und dem Gebrauchsinteresse des Nutzungsbe-rechtigten, bei der vor allem auf die Kriterien der Art undIntensitaÈ t des Eingriffs, der GestaltungshoÈhe des Werks(seines kuÈ nstlerischen Rangs) und seines konkreten Ge-brauchszwecks Bedacht zu nehmen ist (4 Ob 49/10z mwN).

3.3. Jede Nutzung stellt ein Werk in einen technisch-oÈkonomischen Gebrauchszusammenhang, der die Erhal-tung der urspruÈ nglichen Werkgestalt in ihrer absolutenReinheit in den seltensten FaÈ llen erlaubt. Der Ge-brauchszweck eines Werks tritt umso deutlicher hervor,je mehr das Werk nicht nur dem kuÈ nstlerisch-aÈstheti-schen Genuss, sondern auch praktischen Zwecken dient.Da der Urheber bei der Verwertung seines Werks in derRegel auf die Mithilfe von Werknutzern angewiesen ist,muÈ ssen deren Nutzungs- und Gebrauchsinteressen sowiedie SachzwaÈnge im Rahmen der InteressensabwaÈgunggebuÈ hrend beruÈ cksichtigt werden (4 Ob 49/10z mwN).

3.4. Seine Grenze findet das AÈ nderungsrecht dort, wodie geistigen Interessen des Urhebers am Werk schwer be-eintraÈchtigt werden (§ 21 Abs 3 UrhG). Sinn und Wesendes benutzten Werks duÈ rfen durch die AÈ nderung auf kei-nen Fall entstellt werden (vgl RIS-Justiz RS0126129).

3.5. Zu einer auf Gleichbehandlung der Geschlechtergerichteten textlichen AÈ nderung der oÈsterr Bundes-hymne meint Dokalik (Zur AÈ nderung des Textes deroÈsterreichischen Bundeshymne aus urheberrechtlicherSicht, OÈ Bl 2005, 250, 251), es koÈnne vertreten werden,dass Zweck der Bundeshymne auch eine identitaÈ tsstif-tende Wirkung fuÈ r alle OÈ sterreicherinnen und OÈ ster-reicher sei. Ohne die textliche Anpassung ginge durchdie fortschreitende sprachliche Sensibilisierung der Ge-sellschaft fuÈ r Aspekte der Gleichbehandlung diese Iden-tifizierung eines Teils der Gesellschaft verloren. Die AÈ n-derung waÈre demnach durch die ¹Art und den Zweck dererlaubten Werknutzung gefordert`̀ und beduÈ rfte keinerEinwilligung der Urheberin.

3.6. Im Anlassfall hat die werknutzungsberechtigte Re-publik OÈ sterreich den Text der Bundeshymne nicht ganzallgemein, sondern fuÈ r einen konkreten Verwendungs-

zweck dadurch abgeaÈndert, dass in der ersten Strophedie vierte Zeile ¹Heimat bist du groûer SoÈhne`̀ durch denZusatz ¹und ToÈchter`̀ ergaÈnzt wird, hingegen die fuÈ nfteZeile und Wiederholung der Schlusszeile entfallen; nachden ersten drei Zeilen der zweiten Strophe wird sodanndie vierte Zeile der ersten Strophe in der beschriebenenveraÈnderten Form angefuÈ gt und abschlieûend die wieder-holte Schlusszeile der ersten Strophe angefuÈ gt.

3.7. Diese VeraÈnderungen am Text verfolgen erkennbardie Absicht, zum einen den Grundsatz der Gleichbehand-lung beider Geschlechter zum Ausdruck zu bringen, zumanderen eine Kurzfassung der Bundeshymne zu schaffen,die fuÈ r junge Menschen (verglichen mit dem Originaltext,einem Hymnus in klassischer Versform) ansprechender istund die in ihrem formalen Aufbau dem Schema vieler Pop-Songs (Strophe-Refrain-Strophe-variierter Refrain) ent-spricht. Die VeraÈnderungen sind im Kontext der konkre-ten Verwendung des Werks durch Art und Zweck der er-laubten Werknutzung gerechtfertigt.

3.8. Die mit dem Kurzfilm beworbene Informations-kampagne zur Bildungsreform wendet sich in erster Li-nie an junge Menschen in OÈ sterreich und soll aufzeigen,wie wichtig Bildung gleichermaûen fuÈ r Knaben undMaÈdchen ist. Die moderne, rhythmisierte ¹Rock-Version`̀der Melodie ist ein auf das Zielpublikum der Kampagneausgerichtetes Stilmittel; die Anziehungskraft diesermusikalischen Bearbeitung wird durch die Auswahl derInterpretin (einer beliebten jungen oÈsterr SaÈngerin mit¹Kultstatus`̀ ) noch gesteigert. Unter diesen UmstaÈndenverstaÈrken und unterstreichen die aufgezeigten Textver-aÈnderungen gleichsam als ¹akustisches Pendant`̀ den op-tischen Eindruck des Kurzfilms (Kinderfotos groûerSoÈhne und ToÈchter OÈ sterreichs) und dienen zugleichdem verfolgten Zweck der Kampagne, mit einem so sproÈ-den Thema wie ¹Bildungsreform`̀ bei einem jungen Pu-blikum Aufmerksamkeit zu erwecken.

3.9. Die vorgenommenen AÈ nderungen lassen den Sinndes Textes unberuÈ hrt; die VeraÈnderungen in Sprach-rhythmus und Reimfolge passen im Stil zur rhythmisier-ten ¹Rock-Version`̀ der Melodie und entstellen das Werknicht. Ob ± wie die Rechtsmittelwerber meinen ± allen-falls andere geschlechtsneutrale Textversionen ¹werk-vertraÈglicher`̀ gewesen waÈren als jene der Bekl, ist unterden aufgezeigten UmstaÈnden ohne Bedeutung. Dem Re-visionsrekurs kann daher auch unter diesem Aspekt keinErfolg beschieden sein.

StreitanhaÈngigkeit bei ¹im Wesentlichen`` uÈ berein-stimmenden Tatsachenvorbringen

DOI 10.1007/s00503-011-2153-8

§§ 226 und 233 ZPO:StreitanhaÈngigkeit liegt dann vor, wenn der in der

neuen Klage geltend gemachte Anspruch sowohl im Be-gehren als auch im rechtserzeugenden Sachverhalt mitjenem des Vorprozesses uÈ bereinstimmt (zweigliedrigerStreitgegenstand). Sie ist dann nicht gegeben, wenn dierechtserzeugenden Tatsachen nur teilweise uÈ bereinstim-men, wenn also beim spaÈ ter geltend gemachten Anspruchweitere rechtserzeugende Tatsachen hinzutreten. Diesbedeutet allerdings nicht, dass StreitanhaÈngigkeit voÈlligeIdentitaÈ t der Tatsachenbehauptungen in beiden Rechts-streitigkeiten voraussetzte. Entscheidend ist vielmehr,ob der vorgetragene Sachverhalt im Wesentlichen (mitanderen Worten ¹im Kern``) jenem entspricht, der schonin der ersten Klage vorgebracht wurde.

Der dreigliedrige Streitgegenstandsbegriff entbehrteiner gesetzlichen Grundlage.OGH 15. 12. 2010, 7 Ob 207/10g (OLG Wien 30. 8. 2010, 2 R 163/10w; HGWien 26. 5. 2010, 49 Cg 143/10m)

2011, Heft 5Mai 317

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