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Tauchen als Therapiemedium? • Hyperbarer Sauerstoff und Augen CAISSON 28. Jg. Juni 2013 Nr. 2 Begründet von Oskar F. Ehm - Mitteilungen der GTÜM e.V.

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Tauchen als Therapiemedium? • Hyperbarer Sauerstoff und Augen

CAISSON28. Jg. Juni 2013 Nr. 2 Begründet von Oskar F. Ehm - Mitteilungen der GTÜM e.V.

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CAISSON 28. Jg./2013/Nr. 2

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HBO induziert Neuroplastizität

JD Schipke

Die israelische Studie sollte klären helfen, ob sichdie Neuroplastizität bei Patienten mit chronischen,neurologischen Defiziten infolge eines Schlagan -

falles durch die Hyperbare Sauerstoff-Therapie aktivieren lässt.

Zum Titelbild: Hirn-SPECT-Perfusion einer in die Studie eingeschlossenen Patientin mit rechtsseitiger Hemiparese nacheinem ischämischen Schlaganfall, der vor 14 Monaten stattgefunden hatte. Die Bilder demonstrieren eine signifikanteVerbesserung der Perfusions-Defizite der linken Hemisphäre einschließlich der medialen und posterolateralen (Motor-kortex; rote Kreise) und der lateralen inferioren frontalen Bereiche nach Ende der HBO-Therapie.

© Efrati S, et al. (2013) Hyperbaric Oxygen Induces Late Neuroplasticity in Post Stroke Patients - Randomized, Prospective Trial. PLoS ONE 8(1): e53716. doi:10.1371/journal.pone.0053716

Hirn-SPECT eines Patienten mit Hemiparese, derein Jahr nach einem Schlaganfall in die Studie eingeschlossen wurde. Die Baseline- und Kontroll-Bilder (zwei Monate nach Baseline konservativeTherapie) zeigen eine diffuse Hypoperfusion in derrechten Hemisphäre inklusive der fronto-parietalenRegion, dem rechten Motorkortex und sensori-

schen Kortex und dem assoziativen Motorkortex(rote Ovale). Das SPECT-Scan nach Ende derHBO-Therapie zeigt das Verschwinden der Perfu-sionsdefizite. Zusätzlich lässt sich eine signifikante Perfusionsverbesserung im Bereich der Basal -ganglien und der Thalamuskerne erkennen.

SPECT-Perfusion bei einem Patienten aus der be-handelten Gruppe mit einer Hemiparese nachischämischen Schlaganfall, der sich 26 Monate vorEinschluss in die Studie ereignet hatte. Die saggi-tale CT Hirn-Rekonstruktion zeigt die anatomischeLage des Schlaganfalles (V = posteriores Horn desrechten Ventrikels).

Die Quantifizierung der Änderung der zerebralenDurchblutung (CBF) ist als Differenz zwischen Baseline und Ende der HBO-Therapie gezeigt(rechts; grün (-3 %) bis magenta (-27 %): Abnahmen; hellgelb (+3 %) bis hellrot (+27 %): Zunahmen).

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Editorial

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,sehr geehrte Mitglieder der GTÜM!

Zur aktuellen CAISSON-AusgabePünktlich vor Ferienbeginn hat die Redaktion wieder eine neue Ausgabe des CAISSON fertig gestellt und ermöglicht uns so eine spannende Ferienlektüre abseits des Stresses durch den Arbeitsalltag.

Nachdem die letzten beiden CAISSON-Ausgabenschwerpunktmäßig dem Tauchen bzw. der Tauch-medizin gewidmet waren, liegt der Schwerpunktdieser Ausgabe auf der HBO-Therapie und Grund-lagenforschung – ohne jedoch die Tauchmedizinganz auszuklammern. Somit dürfte für jeden Leserkreis wieder etwas dabei sein.

Das vielversprechende Titelbild macht auf erste Ergebnisse einer israelitischen Arbeitsgruppe zurHBO-Behandlung von Schlaganfallpatienten mit einem späten Therapiebeginn nach Abschluss derAkutphase aufmerksam. Die Möglichkeit, mit die-ser Perfusions-SPECT-Untersuchung organischeVeränderungen durch eine HBO-Therapie nachzu-weisen bzw. die Patienten herauszufiltern, die voneiner solchen Therapie profitieren würden, wurdebereits auf dem letzten Annual Meeting der Euro-pean Underwater and Baromedical Society in Belgrad im August 2012 von dieser Arbeitsgruppevorgestellt. Ob sich allerdings die positiven Hin -weise auch in einem größeren Patientengut und inanderen Zentren nachweisen lassen, werden erstzukünftige Multi-Center-Patientenstudien zeigen.

Mit einem Artikel über Tauchen in der Ergotherapiewird die Artikelreihe aus ‘Tauchen mit Behinderun-gen bzw. mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit’fortgesetzt. Mit dieser Reihe sollen unterschied -liche Sichtweisen und Aspekte aufgezeigt werdenund zur Diskussion anregen.

GrundlagenforschungDie interessanten Artikel zur Grundlagenforschungtragen nicht unerheblich zum Verständnis derWirkweise und Veränderungen durch HyperbarenSauerstoff bei. Deshalb möchte ich Sie hiermitauch ermuntern, sich diese Artikel durchzulesen.Inwieweit die einzelnen Bausteine den Gesamt -organismus mit seiner Vielzahl von zeitgleich ablaufenden Steuerungen, Reaktionen und Inter-aktionen beeinflussen und klinisch relevant werden,

können nur Messungenund Beobachtungen anPatienten bzw. Proban-den aufzeigen. Dieseskann jedoch nur erreicht werden, wenn man sichder möglichen Veränderungen und Beeinflussun-gen bewusst ist und von diesen weiß.

CO-IntoxikationObwohl die Behandlung der Kohlenmonoxid-Intoxikation mit hyperbarem Sauerstoff als Thera-pieoption bekannt ist und vom GBA schon am16.03.2003 (Gemeinsamer Bundesausschuss)anerkannt wurde, werden Kohlenmonoxid-Intoxi-kationen auch heutzutage noch zu selten diagnos-tiziert und entsprechend behandelt. Umso wichti-ger ist es daher, entsprechende Schulungen vonFeuerwehren und Rettungsdiensten durchzufüh-ren, um ein Erkennen und zügiges zielgerichtetesHandeln und nicht zuletzt auch den Eigenschutz zu fördern.

Auf dem 13. Kongress der Deutschen interdiszipli-nären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin(DIVI) Anfang Dezember 2013 in Leipzig wird eszum Thema Hyperbare Sauerstofftherapie beiKohlenmonoxidvergiftung einen Vortrag und einePro-Con-Diskussion geben, um auf diese Thema-tik fächerübergreifend aufmerksam zu machen.

Der Vorstand der GTÜM e.V. und die Redaktiondes CAISSON wünschen Ihren Leserinnen und Lesern erholsame Sommerferien!

Ihre Karin Hasmiller

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Bisher ist der Begriff ’Tauchtherapie’ nicht festetabliert, denn parallel zu ’Tauchen als Therapie’existieren die Begriffe ’Behindertentauchen’ und’therapeutisches Tauchen’. Es ist nicht einfach, eineklare Grenze zwischen den Begriffen zu ziehen. Allerdings steht beim Behindertentauchen der sport-liche und beim Tauchen als Therapie der thera -peutische Aspekt im Vordergrund. Weil zu diesemThema wenig Literatur vorliegt, wird in die vorlie-gende Arbeit auch Expertenwissen einbezogen.

Im Gegensatz dazu ist der Begriff Ergotherapiefest umrissen: ’Ergotherapie unterstützt und be-gleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Hand-lungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschrän-kung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchfüh-rung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in denBereichen Selbstversorgung, Produktivität undFreizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken.

Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltan-passung und Beratung dazu, dem MenschenHandlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teil-habe und eine Verbesserung seiner Lebensqualitätzu ermöglichen [4].

Wann ist Tauchen indiziert?Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten.Welche Behinderungsformen und Krankheiten da-von positiv beeinflusst werden, ist individuell unter-schiedlich. Es werden daher einige Krankheitsbil-der vorgestellt, die mit dem therapeutischen Tau-chen verbessert werden könnten. Tauchtherapie

wurde für folgende Krankheitsbilder beschriebenoder vorgeschlagen:■ Querschnittsläsionen [11],■ Multiple Sklerose (MS) [11],■ Wirbelsäulenerkrankungen und Rücken -

schmerzen [6],■ Depression,■ Abusus von Drogen, Medikamenten und Alkohol,■ infantile Zerebralparese [5].

Im Tauchtauglichkeits-Manual der Gesellschaft fürTauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) wird keineTauchtauglichkeit für diese Krankheitsbilder aus -gesprochen. Sie kann aber als ’Tauchtauglichkeitmit Einschränkungen’ ausgesprochen werden. DieEntscheidung ist immer eine Einzelfallentschei-dung, damit ist es dem betreffenden Patienten ausmedizinischer Sicht gestattet, am therapeutischenTauchen teilzunehmen. Dabei wird zwischenTauchgängen im Schwimmbad und im Freiwasserunterschieden. Dem Patienten ist es nicht gestat-tet, einen Sporttauchschein zu erwerben.

Ob einem Patienten die Tauchtauglichkeit mit Ein-schränkungen vom Taucharzt attestiert wird, hängtvon vielen Faktoren ab, die der behandelnde oderder begutachtende Taucharzt überprüfen muss. DerArzt muss u.a. auf Nebendiagnosen, aktuelle Symp-tome, den Verlauf der Krankheit, die einzunehmen-den Medikamente sowie auf die allgemeine Verfas-sung des Patienten achten. Auch sollte die Hilfs -bedürftigkeit des Patienten berücksichtigt werden.

Wann ist Tauchen kontraindiziert?Auch die folgende Liste von Krankheitsbildern er-hebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie istnach Krankheiten geordnet, die das Tauchen dauer-haft verbieten und nach anderen, die eine vorüber-

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Tauchen

Maren Kristin Vogel

CAISSON 2013;28(2):4-7

Maren Kristin Vogel

Tauchen als Therapiemedium in der Ergotherapie– unter Wasser Grenzen durchbrechen –

Maren Kristin Vogel

Es soll die Frage beantwortet werden, ob Gerätetauchen als therapeutisches Medium und als besondere Aktivität für Menschen mit einer Behinderung sinnvollist. Es wird aufgezeigt, wann das Tauchen therapeutische Wirkungen entwickelnkann, und wann es kontraindiziert ist. Der Beitrag geht zudem auf grundsätzlicheTauchtauglichkeitskriterien ein. Des Weiteren wird beschrieben, wie das MediumTauchen auf den Patienten wirkt, und es wird ein ergotherapeutischer Bezug hergestellt. Überlegungen zu einer möglichen Anerkennung der Tauchtherapierunden den Beitrag ab.

Schlüsselwörter: Tauchen; Gerätetauchen; Rehabilitation; Behinderung; sozialeIntegration; Scuba-Neuro-Rehabilitation

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gehende Tauchuntauglichkeit nach sich ziehen.Sind die Krankheiten der zweiten Gruppe ausge-heilt, muss durch eine erneute Untersuchung dieTauchtauglichkeit des Betreffenden festgestelltwerden. In Einzelfällen kann es dem Patienten mitden unten genannten Krankheitsbildern gestattetwerden, am therapeutischen Tauchen teilzunehmen.

Permanentes Tauchverbot gilt bei Bronchial -asthma, Gleichgewichtsstörungen, Panikattacken,Persönlichkeitsstörungen und Manien.

Temporäres Tauchverbot gilt bei anfallsweiseauftretendem Schwindel (Morbus Menière), akuterBronchitis, Pneumothorax, Zustand nach Barotrau-ma der Lunge, Trommelfellperforation, Epilepsie,Zahnproblemen, koronarer Herzkrankheit, Schleim-hautschwellungen im HNO-Bereich (z.B. akuterAtemwegsinfekt) und akuter Abusus von Alkohol,Drogen und Medikamenten. Durch die Einnahmevon Medikamenten kann es zu einer Beeinträchti-gung der physischen und psychischen Leistungs-fähigkeit kommen. Darüber hinaus kann es durchdie höhere Stickstoffsättigung der Gewebe zu verstärkten Wechselwirkungen mit bestimmtenMedikamenten kommen. Die pharmakologischenWirkungen und mögliche Wechselwirkungen kön-nen das Risiko für eigen- und fremdgefährdendesVerhalten unter Wasser erhöhen. Allgemein gilt,dass Medikamente vom Arzt auf Unbedenklichkeitbeim Tauchen überprüft werden sollten (z.B. Medi-kamente, die die Bewusstseinslage verändern undHerz- Kreislaufmedikamente).

TauchtauglichkeitskriterienDie von der GTÜM erarbeiteten Tauchtauglich-keitskriterien dienen als Literaturgrundlage für diesen Abschnitt [7]. Die Tauchtauglichkeits-Unter-suchung (TTU) soll klären, ob aus medizinischerSicht Einwände gegen das Tauchen bestehen. DieGTÜM empfiehlt TTUs für Kinder erst ab dem 8. Lebensjahr, da mit diesem Alter die Lungen -reifung als abgeschlossen gilt. Eine gültige TTU isteine wichtige Voraussetzung für eventuelle Ver -sicherungsleistungen.

Die Beurteilung, ob ein Mensch mit einer Behin -derung den Tauchsport und das therapeutischeTauchen ausführen darf, ist immer eine Einzelfall-entscheidung. Einem Menschen mit einer Behin-derung wird die Tauchtauglichkeit nur unter Vorbe-halt attestiert. Auf dem Untersuchungsbogen stehtder Vermerk ’Nur im Rahmen des Tauchens fürPersonen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit’.Bei speziellen Krankheitsbildern ist das Tauchenzwar gestattet, es müssen aber bei einem Tauch-gang bestimmte Sicherheitskriterien eingehaltenwerden.

Gefahren und Risiken des TauchensDer Tauchsport ist bei entsprechender Ausbildungund Einhaltung von strengen Sicherheitsbestimmun-gen ein sicherer Sport. Bei adäquater Ausbildungund gewissenhafter Planung des Tauchganges istdie Wahrscheinlichkeit eines Tauchunfalls gering.Dennoch bleibt ein Restrisiko, weshalb man sichder potenziellen Gefahren bewusst sein sollte, diezu einem Tauchunfall mit schwerwiegenden Folgenführen können.

Zu den möglichen Gefährdungen gehören die Dekompressionskrankheit, Barotraumen und Intoxi-kationen durch Atemgase [7,8,12,14,16]. In derjüngeren Zeit wird immer häufiger die Kaskade’Angst-Stress-Panik’ als Auslöser von Tauchunfäl-len diskutiert [1,2,10].

QualifikationWer darf die ‘Tauchtherapie’ durchführen? Tauch-therapie ist absolutes Neuland. Eine genaue Rege-lung der Durchführung existiert bisher nicht. DieAutorin stellt sich vor, dass ein Tauchlehrer-Niveaueiner anerkannten Organisation vorliegen sollte(z.B. CMAS, PADI, VDST oder HSA). Da die Durch -führung der Tauchtherapie primär ein therapeuti-sches Handeln darstellt, ist vom Tauchtherapeutenaber nicht nur eine taucherische sondern auch eine umfangreiche therapeutische Qualifikation zufordern. Die im Zuge der Tauchtherapie assistie-renden Betreuer sollten zumindest grundsätzlicheKenntnisse über das jeweilige Krankheitsbild haben,damit sie den Therapeuten ausreichend unterstüt-zen können.

Tauchen als TherapieSchwerelosigkeit. Beim Gerätetauchen befindetsich der Taucher in einer Gewichtslosigkeit untererhöhtem Umgebungsdruck und einem erhöhtenSauerstoffpartialdruck [11]. Durch die Gewichts -losigkeit werden die Muskulatur und das Skelett-system inklusive der Wirbelsäule entlastet. EinRollstuhlfahrer kann mit dieser Form der Schwere-losigkeit eine neue Bewegungsfreiheit erfahren, da er unter Wasser nicht mehr an den Rollstuhl gebunden ist. Über die Schwerelosigkeit verbessertsich die schmerzhafte Muskelspastizität deutlich[13]. Dieser positive Aspekt wurde in einer Studiedurch signifikante Ergebnisse objektiviert [5].

Körperwahrnehmung. Unter Wasser ist die Bewegungsfreiheit verbessert. Durch die Bewe-gungen werden Muskulatur und Kondition gestärkt.Zusätzlich wird die Spastik vermindert, und Bewe-gungskoordination und Motorik werden verbessert[11]. Bei einem Rollstuhlfahrer besteht die Gefahr,dass sich durch die eingeschränkte KörperhaltungHaltungsschäden entwickeln. Beim Tauchen kön-

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nen diese durch ein neues ’Bewegungsgefühl’ ver-ringert und sogar ausgeglichen werden [13]. DerBetroffene nimmt sich unter Wasser anders wahr[9]. Die Tauchtherapie kann also auch eine Verbes-serung der Körperwahrnehmung bewirken (Abb. 1).

Atmung. Auch die Atmung wird durch das Tau-chen verbessert: Beim Tauchen steht die Atemluftunter einem erhöhten Druck und hat damit eine erhöhte Dichte. Dadurch wird die Atemmuskulaturgestärkt. Durch die veränderte Körperlage – sie istnicht mehr sitzend – werden sonst minderbelüfteteLungenabschnitte belüftet. Es kommt zu einer Er-höhung des respiratorischen Gesamtvolumensund der Vitalkapazität [11].

Psyche. Tauchen wirkt nicht nur auf den Körper;es kann sich auch positiv auf die Psyche auswirken.Tauchen kann dem Patienten eine neue Lebens-perspektive nach einem Schicksalsschlag oder einer niederschmetternden Diagnose geben. DerBetroffene kann neue, positive Erfahrungen machen und unter Wasser ein Gefühl von ‘Freiheit’erleben, welches sich positiv auf das Selbstwertge-fühl auswirken und die allgemeine Lebensqualitätverbessern kann [5].

Soziale Integration. Eine weitere therapeutischePotenz des Tauchens hat damit zu tun, dass eszwingend in Gruppen ausgeübt wird [5]. Der Be-troffene kann im Rahmen dieses ‘Gruppensports’neue Kontakte knüpfen und so die soziale und berufliche Reintegration verbessern. Der Betroffenewird trotz Behinderung Mitglied einer Gruppe. DieseAkzeptanz kann sich ebenfalls positiv auf dasSelbstwertgefühl des Patienten auswirken, der sichin seiner neuen Rolle in der Gruppe erleben kann.

Tauchtherapie vs. ErgotherapieDas Medium Tauchen wirkt im beschriebenen Sinneauf physische Fähigkeiten, die Psyche und auf diesoziale Umwelt des Menschen. All diese Bereichespiegeln sich im ‘bio-psycho-sozialen Modell’ wider(Körperfunktionen, Teilhabe und Aktivität) (vgl. Inter -nationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Be-hinderung und Gesundheit; ICF; Abb. 2).

Tauchen wirkt auf körperliche Strukturen und kanndiese verbessern (einschließlich des mentalen Bereiches); die Teilhabe wird dadurch verbessert,der betreffende Mensch wird wieder aktiver. DieseBetrachtung lässt den Schluss zu, dass ‘Tauch -therapie’ alle Bereiche beeinflusst, die auch die Ergotherapie in ihre Behandlung einbezieht.

In der Tauchtherapie kann der ganzheitliche Ansatzgut umgesetzt werden. Bei ihr geht es jedoch nichtdarum, unter Wasser Übungen durchzuführen,sondern sofort taucherische Fähigkeiten zu erlernenund zu verbessern. Dies führt dazu, dass über dasMedium Tauchen eine allgemeine Verbesserung in den oben genannten Bereichen erzielt wird. Dies lässt sich mit den Medien vergleichen, die in der Ergotherapie verwendet werden wie z.B.Peddigrohr oder Makramee.

Beim Tauchen sollte kein Leistungsdruck aufge-baut werden; dann kann sich der Patient ohneStress und Hektik in einer neuen Situation erleben.Er sollte allerdings langsam an das Medium Was-ser und das Tauchen herangeführt werden. Unter

Abb. 2: DIMDI, WHO: ICF – Internationale

Klassifikation der Funktions-fähigkeit, Behinderung und

Gesundheit; 2005 [3]

Abb. 1: Bei einem Rollstuhlfahrer können sich Haltungs-schäden entwickeln. Durch eine neue Körperwahr-nehmung [9] lassen sich diese verringern oder sogar ausgleichen [13].

Foto: David Pilosof, scubacat-idc.com

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Wasser begibt man sich in eine neue und fremde‘Welt’, ein für Lungenatmer prinzipiell ’lebensfeind-liches’ Milieu, dem sich der Mensch via Ausrüs-tung, Verhaltensvorgaben und Schulung schritt-weise nähern muss. Ohne diese Schritte wird dasTauchen zu einer Überforderung führen, was Angstund Panik auslösen kann.

EinschränkungenTrotz der positiven Aspekte des Tauchens müssenbeim Einsatz dieses Mediums eine Reihe von Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden. Zudiesen gehört die Wassertemperatur. Bei Muskel-dysthrophie wird beispielsweise warmes Wasser (~ 25 °C) als sehr positiv empfunden. Bei Menschenmit MS sollte lieber in kälterem Wasser (< 25 °C)getaucht werden, denn diese Patienten würden im warmen Wasser schneller ermüden [13].

Bei gelähmten, insbesondere querschnittgelähm-ten Menschen sollte auf einen Schutz für Gesäßund Extremitäten geachtet werden. Aufgrund derLähmung und des daraus resultierenden Sensibili-tätsverlustes nehmen die Patienten nicht wahr,wenn ein Bein über den Beckenboden schleift, wo-durch es zu Verletzungen kommen kann. Auchsollte auf die Auskühlung der Patienten geachtetund bei Bedarf eine entsprechende Schutzkleidunggetragen werden. Querschnittgelähmte Patientenkönnen möglicherweise katheterisiert sein, so dassman auf Harnwegsinfektionen achten muss [5].Kühle und verunreinigte Gewässer können dasEntstehen solcher Infekte begünstigen. Harnwegs-infektionen sind nicht nur unangenehm sondernkönnen auch die Nieren einbeziehen und diesedauerhaft in ihrer Funktion beeinträchtigen.

AusblickVor einer Zulassung muss die Wirksamkeit thera-peutisch motivierten Tauchens über die oben skiz-zierten Erfahrungen hinaus besser nachgewiesenwerden. Es hat sich gezeigt, dass bisher nur wenigüber dieses Thema in der Literatur zu finden ist.Die Arbeiten von Hasch [5] sowie von Novak et al.[11] sind nur ein Anfang; sie sollten weiter geführtwerden.

Sollte Tauchen als Therapie zugelassen werden,müsste auch die Kostenübernahme geklärt wer-den. Außerdem muss diese Therapieform genaudefiniert werden, und es muss geklärt sein, wer dieTherapie mit welchen Ausbildungsstand durchfüh-ren darf.

Literatur1. Buzzacott P, Rosenberg M, Pikora T. Using a Delphi

technique to rank potential causes of scuba divingincidents. Diving Hyperb Med. 2009; Mar;39(1):29-32

2. Campbell, E: Psychological Issues in Diving II –Anxiety, Phobias in Diving http://www.diversalertnet-work.org/medical/articles/Psychological_Issues_in_Diving_II_Anxiety_Phobias_in_Diving, besucht am29.03.13

3. DIMDI, WHO: ICF – Internationale Klassifikation derFunktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit;2005

4. Deutscher Verband der Ergotherapeuten; http://www.dve.info/fachthemen/definition-ergotherapie.html

5. Hasch H. Projekt Sveta Marina: Pilotprojekt zur Untersuchung der rehabilitativen Aspekte des SCUBA-Tauchens. Abschlussbericht. Quelle:www.Scuba-rehab.com (2004)

6. Hühn, Wolfgang; Facharzt für Allgemeinmedizin,Sportmedizin; Diving and Hyperbaric Medicine Con-sultant (GTÜM)

7. Klingmann, Christoph; Tetzlaff, Kay Moderne Tauch-medizin - Handbuch für Tauchlehrer, Taucher undÄrzte 2012; Gentner-Verlag, Stuttgart

8. Kromp T, Roggenbach HJ, Bredebusch P. Praxisdes Tauchens. 5. Aufl. Stuttgart: Verlag StephanieNagelschmid 2002

9. Loesaus N. Behinderte Menschen überwinden beimTauchen ihre Grenzen – Unter Wasser kann ich flie-gen. Praxis Ergotherapie 2001;14:243

10. Morgan WP, Raglin JS, O'Connor PJ. Trait anxietypredicts panic behavior in beginning scuba students.Int J Sports Med 2004 May;25(4):314-22

11. Novak H, Ladurner G. Gerätetauchen als rehabilita-tiver Ansatz bei Querschnittsläsionen. Rehabilitation1999;38:181

12. Plafki C. Tauchen – Physiologie und Medizin –Grundlage, Erkrankungen, Unfälle, Tauglichkeit. 1.Aufl. Balingen: Spitta-Verlag 2001

13. Richard P. Tauchtherapie. Aus: www.abletodive.de/readarticle.php?article-id=14 (12.02.07)

14. Roggenbach HJ. Tauchsicherheit und Rettung – Medizin-Praxis mit AED. 1. Aufl. Stuttgart: VerlagStephanie Nagelschmid 2004

15. Seveke M. Taucher sind cool – Christoph F., 25 Jahre, Down-Syndrom. Ergotherapie & Rehabili-tation 2002;10:27

16. Stibbe A. Sporttauchen. 7. Aufl. Stuttgart: VDST(Verband Deutscher Sporttaucher) 1994

BuchtippHoffmann U, Wenzel J, Wilke K. Tauchen mit einge-schränkter Leistungsfähigkeit, Verlag Sport und BuchStrauß

KorrespondenzadresseMaren VogelDipl. Ergotherapeutin (FH)Praxis für Ergotherapie Am Stichelberg 2251674 Wiehl02262 – [email protected]

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Der Artikel zeigt, dass es lohnt, über den taucher-ärztlichen Tellerrand zu schauen – auch in anderenBereichen der Medizin macht man sich Gedankenüber die Möglichkeiten unseres Sportes und seinerGrenzen. Natürlich kann und soll dabei die Ergo-therapie und m.E. auch die Physiotherapie einewichtige Rolle spielen.

Aber Tauchen als ‘Therapie’? Ich erinnere mich,als sei es gestern gewesen, an den Diskussions-beitrag eines tetraspastisch und sprachmotorischbehinderten Diskussionsteilnehmers auf demGTÜM-Symposium zum ‘Behindertentauchen’ vorvielen Jahren an der Sporthochschule in Köln:

‘Wenn ein Behinderter was isst, macht Ihr darauseine Esstherapie, wenn er zum Klo geht, eineKacktherapie – jetzt fangt bloß nicht an, von einer‘Tauchtherapie’ zu reden, denn nur beim Tauchenund danach an der Theke bin ich mit meinenschweren Einschränkungen Gleicher unter Gleichen.’

Dieser Diskussionsbeitrag machte mich seinerzeitvom Saulus zum Paulus. Er zeigte mir, dass manzum Tauchen kein hundertprozentiger Superathletsein muss, dass Tauchen mit Handicap möglichund sinnvoll ist. Viele Verbände widmen sich inzwi-schen dem Tauchen mit Handicap unter bewussterVermeidung des Begriffes ‘behindert’. Dort wird mitaller Freude an der Unterwasserwelt getaucht; füralle ist letztlich Ziel das Tauchen im Freiwasser. AlleTaucher profitieren davon – psychisch und physisch,wie der ‘non-handicaped’ Taucher auch. Aber Leit-gedanke ist hier nicht die Therapie irgendwelcherGebrechen. Voraussetzung ist immer eine ausrei-chende Zahl von speziell ausgebildeten Tauchlehrernund Tauchbegleitern. Die Einstufung eines Handi-caps erfolgt unter der Frage, wie weit der Taucherin der Lage ist, sich in Problemsituationen selberzu helfen oder gar aktiv Hilfe leisten zu können.

Wo also könnte die definierte Grenze zur ‘Tauch-therapie’ liegen, nachdem die Masse der potentiellBetroffenen nun ausgeschlossen ist – immer ein-gedenk der ‘Gefahr’, dass die zu therapierendennun am Ende gar richtig Tauchen wollen und wir ihnen Luftschlösser gebaut haben? Schließlichwird seit Jahrzehnten das Medium Wasser thera-peutisch genutzt: warum eigentlich jetzt noch dieNase unter Wasser stecken?

Für mich war in meiner Tätigkeit in einem Vereinfür ‘Tauchen mit und ohne Behinderung’ eigentlichnur ein Teilnehmer wirklich zu therapieren: ein etwa

zehnjähriger tetraspas-tisch gelähmter Junge,der nicht sprach. Er lern-te mit Gewichten an denFüßen unter Wasser dasGehen, konnte es nachkurzer Zeit an Land fort-setzen und begann zu aller Überraschung zusprechen.

Sehr positive Erfahrungenmachten wir mit ADHS-Kindern, die von der reizarmen Umgebung unterWasser erheblich profitierten, ‘lammfromm’ wurden.Im Kameradenkreis konnten sie sich erheblichbesser positionieren. Aber unter welchen Bedin-gungen dürfen diese Kinder dann anschließend‘richtig’ Tauchen, erst recht, wenn sie noch zusätz-lich unter zentral wirksamen Medikamenten stehen?Letztere Frage gilt auch für depressive Patienten inder Phase der Rekonvaleszenz oder bei der Reha-bilitation, die sicherlich von den z.T. euphorischenGefühlen unter Wasser erheblich profitieren könnten.

Ähnliches wie für die ADHS-Kinder gilt auch fürMenschen mit Trisomie 21, die z.T. – wie ich ausmeiner jahrzehntelangen medizinischen Betreuungeines Wohnheimes der ‘Lebenshilfe e.V.’ einschät-zen kann – durchaus für eine Ausbildung imSchwimmbad i.S. einer Therapie in Frage kämen.Der therapeutische Effekt des Tauchens ist unbe-stritten: Die WHO definiert Gesundheit als Zustandvölligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohl-befindens. Jeder aktive Sporttaucher wird zustimmen,dass er diesem Ziel mittels des Tauchens spürbarnäher gekommen ist. Es gilt also, gezielt Probandenfür eine wirkliche Tauchtherapie zu definieren.

Fazit: Es ist zu hoffen, dass Artikel und Kommen-tar Widerspruch und vor allem Anregungen zur Fol-ge haben. Die ‘Tauchtherapie’ steht sicherlich erstan ihrem Anfang.

Übrigens: Es macht einem nichtbehinderten Tau-cher unendlich viel, durch nichts zu ersetzendeFreude, mit ‘Behinderten’ zu tauchen – egal ob zutherapeutischen Zwecken oder zur Freizeitgestal-tung.

Dr. Wolfgang HühnFacharzt für Allgemeinmedizin, SportmedizinDiving and Hyperbaric Medicine Consultant35578 Wetzlar

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8 www.gtuem.org

Kommentar

zum Artikel ‘Tauchen als Therapiemedium...’ von Maren Kristin Vogel s. S. 4

W Hühn

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Ramy Sadnai. Er hatumfangreich mit derSporttaucherei zu tun,welche er seit 50 Jah-ren aktiv betreibt. Zusätzlich ist er z.B.seit 20 Jahren Vorsit-zender des israelischenTauchaus bildungs-Komitees. Und außer-dem ist er leitenderQual i täts inspektorund nimmt in dieser

Eigenschaft an Untersuchungen von Tauchunfällenteil. Für den folgenden Beitrag beschreibt er dreiganz verschiedene Unfall-Varianten.

Bergtour nach TauchgangEs ist vermutlich unerwartet, aber auch in Israelgibt es Berge, welche nach ausgedehntem Tauchenwegen des Druckabfalles in der Höhe zunächst gemieden werden sollen. So hat der Berg Meron inGaliläa immerhin etwas mehr als 1.200 m. Und esgibt Bergstraßen/Bergpässe, die erst nach einervernünftigen Pause befahren werden sollen. Letztlich gelten hier Regeln, wie sie auch für dasFliegen nach Tauchen empfohlen werden.

TauchausbildungÜber mehrere Wochen wurden Druckkammer -behandlungen jeweils samstags in der Zeit zwischen2.00 und 7.00 Uhr morgens für Tauchschüler nötig. Nach Durchsicht der Logbücher kam es zueiner Befragung bei zwei unterschiedlichen Tauch-schulen verschiedener Organisationen. Es stelltesich heraus, dass alle Verunfallten am Vortage aneinem intensiven Freiwasser-Fortgeschrittenen-Tauchkurs teilgenommen hatten. Das Programm:1. Tauchgang über 20 min auf 30 m Tiefe. Nach einer Oberflächenpause von 50 min ein 2. Tauch-gang über 30 min auf 12 m. Nach einer weiteren 60 min Oberflächenpause eine Reihe von Rettungs-tauchgängen aus 6 m mit jeweils kurzen Ober -flächenpausen.

Diese ’Black Sabbat’-Ausbildungs-Tauchgängewaren offenbar Schuld an den Dekompressions-Unfällen, wobei die repetitiven Jo-Jo-Rettungs-Tauchgänge aus 6 m mit ihren schnellen Aufstiegennach den vorhergegangenen Tauchgängen als besonders problematisch betrachtet wurden. Derfolgende Rat verhinderte weitere Deko-Unfälle:Führe nach tiefen Tauchgängen keine Rettungs-übungen durch.

BleigurtDie kurze Version: Tote Taucher tragen Bleigurte.Im Einzelnen:

Bei drei voneinander unabhängigen Fällen signali-sierten unerfahrene Taucher während des Tauch-ganges ihrem Tauchführer eine Notsituation. Inner-halb kurzer Zeit stiegen sie zur Oberfläche auf und waren für die Tauchgruppe verschwunden. Die Taucher wurden allerdings nach ihrem Aufstiegvon Schwimmern gesehen aber versanken in derFolge. Als Rettungstaucher die Taucher zwischen17 und 30 m fanden, trugen diese jeweils noch denBleigurt. Sie waren bewusstlos aber verstarbenspäter.

Bei zwei anderen voneinander unabhängigen Fällen waren zwei erfahrene Tauchguides mit ihrenGruppen unterwegs und verloren diese. BeideTauchguides erreichten die Oberfläche und winktenHilfe herbei. Sie wurden von Fischern für wenigeSekunden gesehen und verschwanden dann. Spätere Rettungstaucher fanden die beiden tot aufdem Meeresgrund. Beide trugen ihre Bleigurte.

In einem anderen Fall schwamm ein Taucher miteiner Tauchergruppe zu einer Boje oberhalb einesWracks. Die restliche Gruppe verlor den Kontaktzu ihm. Der betroffene Taucher begann später, gegen das Untergehen anzukämpfen. Ein zufälligvorbeischwimmender Taucher erkannte das Pro-blem und versuchte zu helfen. Ohne Erfolg. Und soversank der erste Taucher innerhalb von wenigenMinuten. Als er nach einigen Minuten in 10 m Tiefe und 30 m vom Ufer entfernt gefunden wurde,war er bewusstlos. Er hatte seinen Bleigurt um.Später verstarb auch er.

Taucher bei zwei separaten Ausbildungs-Tauch-gängen im offenen Wasser an verschiedenen Tagen entwickelten Panik. Nach einem Notaufstiegerreichten sie die Oberfläche um daraufhin zu versinken. Die Taucher wurden bewusstlos am Boden gefunden; sie trugen jeweils ihren Bleigurt.Einer der Beiden überlebte, der andere verstarb.

Die Schlussfolgerung ist einfach. Die Ausbildungkann nicht sorgfältig genug sein.

[email protected]

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9www.gtuem.org

Tauchunfälle in Israel

JD Schipke

R Sadnai

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Fragestellung.Tom Mount (Berufstaucher) und Dr. Gilbert Milner(Psychiater) führten 1965 ein Forschungsprojektdurch. Es ging um die Wirkung des psychologi-schen Verhaltens von Ausbildern während einerTaucherausbildung. Es sollte die Frage beantwor-tet werden, inwieweit das Verhalten der Ausbilderden Schüler im Zusammenhang mit der Stickstoff-narkose (N2-Narkose; Tiefenrausch) beeinflusst.

Versuchspersonen und MethodikDrei Kontrollgruppen von je vier Schülern (je zweimännliche und zwei weibliche Taucher) wurden na-hezu identisch ausgebildet:

Gruppe A (n=4) wurde beigebracht, dass ein Tau-cher bei 40 m eine N2-Narkose bekommen würde,und es wurde betont, dass mit äußerst hoherWahrscheinlichkeit schwerwiegende Anzeichender Narkose auftreten würden.

Gruppe B (n=4) wurde von der Existenz der N2-Narkose und ihren Anzeichen und den Tiefen desAuftretens (≥ 30 m) unterrichtet. Es wurde jedochkein einschüchternder Vortrag darüber abgehalten(wie bei Gruppe A), dass es unbedingt zu dieserNarkose kommen müsste.

Gruppe C (n=4) wurde in einem 3-h-Vortrag überdie Anzeichen, Risiken und Gefahren ausgebildet.Sie wurden auch über den aktuellen Stand der For-schung informiert. Zusätzlich wurde ihnen gesagt,dass Taucher mit starker Willenskraft sich auf denTiefenrausch geistig vorbereiten und so dessenWirkungen reduzieren könnten. Diese These warvon Miles 1961 aufgestellt worden.

Um eine optimale Atemmethode zu entwickeln, absolvierten alle Schüler vor den Tieftauchgängenim Freiwasser zwei Tauchgänge auf 9 m und zweiTauchgänge auf 30 m.

Vor den eigentlichen Testtauchgängen wurden dieSchüler zusätzlich auf einen 15-m-Tauchgang mit-genommen, um sich mit den Tests vertraut machen

zu können. Für den eigentlichen Test wurden Ände-rungen vorgenommen, so dass die Aufgaben nichtaus dem Gedächtnis ausgeführt werden konnten.Die Tests bestanden aus Handschriften-Auswertun-gen, einem Lochbretttest und Mathematikauf -gaben. Die Geschicklichkeit wurde dadurch erfasst,dass die Position eines Balles in einer Flasche mitlangem engen Hals einzuhalten war.

Ergebnisse39-m. In der Testtiefe von 39 m hatten die Taucherder Gruppe A wenig bis durchschnittliche Narkose-probleme. Bei den Tauchern der Gruppen B und Cergaben sich wenig Effekte auf die Lösung derTestaufgaben.

55-m. Bei der 55-m-Testtiefe mussten zwei Tau-cher von Gruppe A, aufgrund schwerwiegenderNarkoseprobleme, von der Übung ausgeschlossenwerden und den Tauchgang abbrechen. Obwohlalle Taucher der Gruppe B betroffen waren, konn-ten sie dennoch den Test zu etwa 50 % lösen. DieTaucher von Gruppe C hatten nur geringfügige Be-einträchtigungen.

61-m. Bei dieser Tiefe mussten alle Taucher derGruppe A und zwei Taucher der Gruppe B aufgrundschwerwiegender Narkoseprobleme von derÜbung ausgeschlossen werden. Die Taucher derGruppe C zeigten erstaunlicherweise eine leichteVerbesserung in ihren Testergebnissen.

73-m. Bei der 73-m-Testtiefe wurde ein Taucherder Gruppe B und ein Taucher der Gruppe C auf-grund schwerwiegender Narkoseprobleme ausge-schlossen. Die übriggebliebene Gruppe, ein Tau-cher der Gruppe B sowie drei Taucher der GruppeC, hatten zwar Beeinträchtigungen, zeigten aberwieder Leistungen, die besser oder zumindest ge-nauso gut waren, wie in den vorherigen Tiefen. Ei-ne Taucherin aus Gruppe C hatte ihre besten Test-ergebnisse auf dieser Tiefe.

Ein begleitender Test (von zehn erfahrenen Tau-chern) ergab bei sieben Tauchern bei 61 m keineLeistungsverminderung, und diese Taucher been-deten den Test innerhalb des Zeitlimits. Bei dendrei anderen Tauchern war die Testleistung vermin-dert (zwei erzielten die erforderlichen Punkte), sieüberschritten aber das Zeitlimit. Bei 73 m absol-vierten fünf von zehn Tauchern die Tests ohne

Kommentierte Literatur: Tauchen

Tiefenrausch: der Mount-Milner-Test

T Mount & G Milner

Kommentar: A Zenske & JD Schipke

T Mount & G MilnerDeep diving: an advanced guide to physiologyprocedures and systemsEds: Bret Gilliam, Darren Webb

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Leistungsverminderung. Ein Taucher hatte Proble-me mit dem Ballhaltetest, aber perfekte Ergebnis-se bei der Handschrift, beim Lochbrett und der Mathematik. Zwei andere Taucher hatten bis zu42 % Defizite und Probleme, die Tests zu beenden.

Diese Ergebnisse bestätigen die vorherigen Ergeb-nisse mit der negativ beeinflussten Gruppe A (Narkose ist unvermeidlich und schwerwiegend)und der Gruppe B (Gruppe der ‘Anpassung’). DieGruppe C, Taucher mit wenig vorheriger Taucher-fahrung, lieferte bis auf 61 m zufriedenstellende Ergebnisse. Drei Taucher dieser Gruppe verrich -teten auch (mit einer Taucherin, die sich sogar verbesserte) auf 73 m gute Arbeit.

Symptome der Narkose■ Übermut■ Euphorie■ Trunkenheit■ Beeinträchtigte neuromuskuläre Koordination■ Akustische Sensibilisierung oder

Halluzinationen■ Verzögerung des mentalen Prozesses■ Verminderte Kapazität, Probleme zu lösen■ Übersteigertes Selbstvertrauen■ Verlust des Kurzzeitgedächtnisses oder

Desorientierung■ Schlechtes Zeitgefühl■ Verschlechterung der Feinmotorik■ Übertriebene Bewegungen■ Taubheit und Kribbeln in Lippen,

Gesicht und Füßen■ Benommenheit■ Gefühl eines bevorstehenden Blackout's■ Tendenz, Dinge lächerlich zu sehen■ Depressiver Status■ Visuelle Halluzinationen oder Störungen■ Eingeengtes Wahrnehmungsvermögen■ Weniger Toleranz gegenüber Stress■ Übertriebene Gesten und Zeichen■ Bewusstseinsverlust■ Verlangsamung der geistigen Aktivität

(Müdigkeit)■ Völlige körperliche und geistige

Regungslosigkeit■ Verlangsamung der Aufgabenlösung■ Undeutliche Aussprache■ Schlechtes Urteilsvermögen■ Verlangsamte Reaktionen und Reflexe■ Verlust an mechanischem Geschick

Zusammenfassung / SchlussfolgerungWenn wir unseren Kindern beibringen, dass alleHunde beißen, können wir davon ausgehen, dasssie große Angstreaktionen zeigen, selbst wenn wirihnen einen kleinen bescheidenen Spielzeugpudelpräsentieren. Wenn wir unseren Tauchschülern

beibringen, dass die Narkose eine klare, unnach-giebige, biophysikalische Grenze ist, dann könnenwir logischerweise erwarten, dass eine solche Bedingung die realistisch verrichtete Leistung eines Tauchers beeinträchtigt. Im Vorfeld bildensich dann Phobien oder es zeigen sich Hinweiseauf Phobien. Ausbildung oder Bildung ist derSchlüssel zu höherer Leistungsfähigkeit oder mehrSicherheit.

Die Tauchtiefe wird auf der Basis der Tiefe, bei wel-cher der Tiefenrausch auftritt, und der aktuellenAtemgasversorgung (solange der O2-Toxizitätsbe-reich noch nicht erreicht ist) begrenzt. Die meistenTaucher werden mit etwas Übung sogar unter dersogenannten 40-m-Grenze ’funktionieren’.

Interessanterweise enthielt die erste Auflage desMitte der Siebziger Jahre des vergangenen Jahr-hunderts herausgegebenen NOAA-Tauchhandbu-ches folgende Notiz über die Narkose: 'Erfahrung,häufiges, tieferes Tauchen und eine gute Ausbil-dung können Taucher dazu befähigen, mit Luft bisca. 60 m Tiefe zu tauchen'. Auch wissenschaftlicheTauchprogramme und universitäre Forschungs-gruppen befürworten im Allgemeinen, dass Tau-chen mit Luft bis zu dieser empfohlenen Grenzedurchgeführt wird. Eine beträchtliche Anzahl vonTauchgängen – einschließlich Tauchgängen >90 m– wurde in Tiefen >60 m durchgeführt, wenn es fürBeobachtungen oder für das Sammeln von Probennotwendig war.

Alle Taucher sollten Umsicht und vernünftige Vor-sicht in allen Aspekten des tiefen Tauchens an denTag legen. Das gilt besonders dann, wenn es zurN2-Narkose kommen kann. Erfahrung ist vor fort-schreitend tieferen Tauchgängen unerlässlich.Idealerweise wird sich der Taucher durch einenkompetenten, guten und erfahrenen Tieftauchaus-bilder ausbilden lassen, bevor er in Tiefen jenseitsdes Sporttauchens vordringt. Praxis sollte mannicht alleine erlangen. In der Vergangenheit gab esaufgrund der N2-Narkose zu viele verhängnisvolleEreignisse oder Beinahe-Todesfälle, um solch einRisiko einzugehen.

Lesenswerte Literatur1. Deep Diving: An Advanced Guide To Physiology,

Procedures And Systems, Eds: Bret Gilliam, DarrenWebb, Watersport Publication, Inc, 1995;ISBN 2.edition:0-922769-31-1

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EinleitungDie Bildung von Hautfalten ist eine normale Ant-wort auf die Immersion in Wasser. Die Antwort istnach Schädigung peripherer Nerven gestört. Vorüber 30 Jahren wurde bereits vorgeschlagen, dieBildung von Immersions-bedingten Hautfalten(IHB) als ein Maß für die periphere, sympathischeFunktion zu verwenden [1]. Obwohl der Mechanis-mus nicht vollkommen verstanden ist, besteht die

Vorstellung, dass die IHB durch eine passive Diffusion von Wasser durch das stratum corneum(Abb. 1) in die Schweißkanäle verursacht wird. Da-durch wird die Elektrolyt-Balance verändert, dieMembran-Stabilität vermindert, die Aktivität desSympathikus gesteigert und eine Vasokonstriktionstimuliert [1-3,8]. Die IHB ist bei diabetischen Pa-tienten und Patienten nach zervikaler Sympathek-tomie vermindert [4,9].

Die Herzfrequenz-Variabilität (HRV) beschreibt dieSchlag-zu-Schlag Variation der Herzzyklus-Länge,welche durch den autonomen Einfluss auf den Si-nusknoten zustande kommt. Eine verminderte

Water immersion-induced skin wrinkling is related to heart rate variability

S Win1, L Salciccioli 1, H Kamran1, P Baweja1, M Stewart 2, JM Lazar1

1 Department of Medicine, Division of Cardiovascular Medicine2 Departments of Physiology, Pharmacology and Neurology, State University of New York, Downstate Medical Center, Brooklyn, N.Y., USA

Background: Water immersion-induced skin wrinkling (WISW) is dependent on intact peripheralsympathetic function.

Purpose: WISW was hypothesized to reflect autonomic function in subjects without peripheral neuropathy.

Methods: We prospectively studied 70 healthy subjects (aged 31±8 years, 63% females) without cardio-vascular risk factors or neurological disease. All subjects underwent short-term heart rate variability (HRV)studies. Time and frequency domain variables were derived including the HRV index.

Results: WISW was graded using a previously validated scale of 1-4 of which 18.6% of subjects exhibitedgrade 1 (minimal) WISW and 35.7% had grade 2 WISW. On multivariate analysis using the HRV index,WISW was independently related to height and the HRV index.

Conclusions: We conclude that WISW is related to central autonomic function.

Keywords: Water-induced skin wrinkling; Heart rate variability; Autonomic function

Bildung von Hautfalten während Immersion in Relation zur Herzfrequenz-Variabilität

Hintergrund: Die Immersions-bedingte Hautfalten-Bildung (IHB) hängt von einer intakten, peripheren, sym-pathischen Funktion ab.

Studienziel: Es wurde die Hypothese geprüft, ob IHB die autonome Funktion von Personen ohne periphereNeuropathie widerspiegelt.

Methode: In einer prospektiven Studie wurden 70 gesunde Personen (31±8 Jahre; 63 % Frauen) ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren oder neurologische Erkrankungen untersucht. Bei allen Versuchspersonenwurde die Kurzzeit-Herzfrequenz-Variabilität (HRV) erfasst. Variable aus dem Zeit- und dem Frequenz-Bereich – inklusive HRV-Index – wurden abgeleitet. Die IHB wurde entsprechend einer früheren, validiertenSkala in vier Stufen eingeteilt.

Ergebnisse: 18,6 % der Versuchspersonen gehörten zur Stufe 1 (minimal), und 35,7 % gehörten zur Stufe 2.Entsprechend einer multivariaten Analyse hatte die IHB einen unabhängigen Zusammenhang mit dem HRV-Index und der Körpergröße.

Schlussfolgerung: Die IHB stehen in Beziehung zur zentralen, autonomen Funktion.

Schlüsselwörter: Immersion; Hautfalte; Hand; Herzfrequenz-Variabilität; autonome Funktion

Kommentar: JD Schipke

S Win, L Salciccioli, H Kamran, P Baweja, M Stewart,JM LazarCardiology 2010;116:247-250

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HRV ist ein Prädiktor für adverse, kardiovaskuläreEreignisse bei einer Reihe von Krankheiten [5].Der Einfluss der Aktivität des Zentral-Nerven -systems auf die autonome Funktion legt nahe,dass die HRV bei Patienten mit ze-rebrovaskulären Ereignissen einnützlicher, prognostischer Indikatorsein kann [6].

Die IHB soll die periphere sympathi-sche Funktion erfassen können [7].Die Beziehung zwischen der IHBund der zentralen Kontrolle der au-tonomen Funktion ist allerdingsnicht bekannt. Wir stellen die Hypo-these auf, dass die IHB bei Perso-nen mit intakter, peripherer sympa-thischer Innervation mit der HRV InBeziehung steht.

MethodikIn die Studie wurden 70 konsekutive,gesunde Personen ohne kardiovas-kuläre Risikofaktoren oder neurolo-gische Erkrankungen eingeschlos-sen. Zu den Ausschlusskriterien gehörten Hypercholesterinämie,Hochdruck, obstruktive Schlaf -

apnoe oder Diabetes. Patienten mit einem Karpal-tunnel-Syndrom wurden ebenfalls ausgeschlos-sen. Keiner der Patienten hatte Schwielen an denFingerspitzen.

Die Kurzzeit-HRV wurde in einem ruhigen, Tem -peratur-kontrollierten Raum an liegenden Teil -nehmern erfasst. Vor Beginn der Registrierung bestand eine 5-min-Pause. Die Registrierung dauerte 10 bis 15 min. Die statistischen Indicessind Tab. 1 zu entnehmen. Von den geometrischenIndices wurden der Dreiecks-Index und dem HRV-Index bestimmt [5].

Die Variablen aus der Frequenz-Domäne sindebenfalls in Tab. 1 aufgeführt. Diese Variablen ge-statten die Trennung des Herzfrequenz-Spektrumsin Frequenzkomponenten und ermöglichen damiteine quantitative Abschätzung des sympathischenund parasympathischen Einflusses auf das Herz.Der HF-Bereich ist ein Maß für die parasympathi-sche Aktivität. Der LF-Bereich wird überwiegenddurch die sympathische Aktivität beeinflusst. DerQuotient aus LF und HF wird als Maß der Balancezwischen der parasympathischen und der sympa-thischen Aktivität betrachtet [5].

Abb. 1: Aufbau der Epidermis. Vermutlich diffundiertWasser bei der Immersion durch das stratum corneumund gelangt in die Schweißkanäle. Es kommt zur Veränderung der Elektrolyt-Balance, Verminderung der Membran-Stabilität, Steigerung der Sympathikus-Aktivität und in Folge zu einer Vasokonstriktion [1-3,8].

© depositphotos

Tab. 1: Klinische Charakteristika undIndizes der Herzfrequenz-Variabilität(HRV) und univariate Korrelationen mitder Immersions-bedingten Hautfalten-Bildung (IHB).

VariableMittelwert ± Standard -

abweichungKorrelation

(r und p)

Alter [Jahre] 31 ± 8 -0,36; 0,02

Frauen [%] 63 0,25; 0,04

Größe [m] 1,7 ± 0,08 0,39; <0,01

Körpermasse [kg] 72 ± 12,7 0,37; <0,01

BMI [kg/m²] 25 ± 3,7 0,21; 0,08

syst. Blutdruck [mmHg] 116 ± 9,6 0,26; 0,03

diast. Blutdruck [mmHg] 75 ± 6,7 0,12; 0,33

HF power, normalisiert [ms²] 43,3 ± 17,6 0,08; 0,48

LF power, normalisiert [ms²] 54,6 ± 17,6 -0,08; 0,48

LF / HF-Quotient 1,7 ± 1,5 -0,08; 0,49

gesamte power [ms²] 2,27 ± 1,77 0,29; 0,10

HRV-Index 11,5 ± 4,0 0,30; 0,01

pNN50 [%] 22,8 ± 18,2 0,28; 0,01

RMSSD [ms] 46,2 ± 26,5 0,28; 0,02

SDANN [ms] 11,8 ± 10,9 0,16; 0,18

SDNN [ms] 55,1 ± 20,3 0,29; 0,01

Dreiecks-Index [ms] 374,4 ± 138,8 0,37; <0,01

BMI = body mass index; pNN50 = Anteil der NN-Intervalle > 50 ms; RMSSD = Wurzelaus dem mittleren Quadrat der Differenzen aufeinanderfolgender RR-Zacken; SDANN= Standardabweichung der Mittelwerte der NN-Intervalle in allen 5-min-Abschnittender gesamten Aufzeichnung; SDNN = (Standardabweichung aller NN-Intervalle)

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Die IHB wurde erzeugt, indem die linke Hand derTeilnehmer 12 min lang bis zum Unterarm in warmes Wasser (40 °C) eingetaucht wurde. Danachwurde die Hand von einer Person untersucht, diegegenüber den HRV-Daten verblindet war. Dabeiwurde die Anzahl der Falten an der distalen Spitzedes 4. Fingers bestimmt. Der Umfang der Falten-bildung wurde über eine frühere Skala erfasst [9].Stufe 1 = keine oder minimale Falten; 2 = ein oderzwei Falten; Stufe 3 = drei oder mehr Falten undStufe 4 = beachtliche Verformung der Fingerspitzen.

Statistik. Korrelationsanalysen wurden mit Hilfedes nicht-parametrischen Spearman-Tests durch-geführt. Mit einer multivariaten Regressionsanaly-se wurde eine Assoziation zwischen unabhängigenIndikatoren und der IHB bestimmt. Verwendet wurdeSPSS, und bei p<0,05 wurden Unterschiede alssignifikant betrachtet.

ErgebnisseDie demografischen Daten und die HRV-Indicessind in Tab. 1 zusammengestellt. Die 26 männ -lichen und die 44 weiblichen Teilnehmer waren 31± 8 Jahre alt (Mittelwert ± Standardabeichung).18,6 % gehörten zur Stufe 1, 35,7 % gehörten zurStufe 2, 20,0 % gehörten zu Stufe 3, und 25,7 %gehörten zur Stufe 4. Die univariate Analyse ergabeine signifikante Korrelation von IHB und dem Alter, der Körpergröße, dem Körpergewicht, demGeschlecht, dem HRV-Index der Standardab -weichung der NN-Intervalle, der Zahl der NN-Inter-valle > 50 ms und dem Dreiecks-Index (Tab. 1). Bei der multivariaten Analyse korrelierte die IHBunabhängig nur mit der Körpergröße und demHRV-Index (R² = 0,25; p < 0,001).

Es gab eine 100 %ige Übereinstimmung zwischenden IHB-Werten bei dem 1. und dem 2. Untersu-chungstermin (nach zwei Wochen). Auch die bei-den Untersucher stimmten bei der Bewertung derIHB zu 100 % überein.

DiskussionDie Immersions-bedingte Hautfalten-Bildung (IHB)korrelierte als ein Index der peripheren, sympathi-schen Funktion mit globalen HRV-Indices und mitsolchen, welche die sympathische und parasympa-thische kardiale Innervation repräsentieren. DieKurzzeit-HRV eignet sich normalerweise zur Cha-rakterisierung der autonomen Funktion. HöhereIHB-Werte fanden sich bei Patienten mit einer grö-ßeren HRV. Diese Daten legen nahe, dass die IHBdie zentrale autonome Funktion reflektiert.

Die Immersions-bedingten Falten an den Finger-spitzen (Abb. 2) werden als Ausdruck einer intak-ten sympathischen Funktion der Extremitäten in

einer Reihe von Studien verwendet [4,9]. O’Riain[10] fand Hautfalten nach Regeneration aber nichtbei denervierter Haut. IHB entsteht vermutlich durcheine Hautschwellung, welche eine sympathisch-vermittelte Vasokonstriktion nach Wasserabsorptionverursacht [2]. Die Bildung von Hautfalten könntedie autonome Funktion von systemischen Schädenreflektieren [7]. Diese jüngere Arbeit beschreibt,dass die Bildung von Hautfalten auf der Seite mitder stärkeren Ausprägung der Erkrankung bei 18Patienten mit Hemi-Parkinson vermindert war. DieIHB war bei 42 diabetischen Patienten im Vergleichzu Kontrollen vermindert [9]. Unterschiede desAusmaßes der peripheren autonomen Neuropathiebei den Diabetikern und unterschiedliche Patien-ten-Charakteristiken könnten für die unterschied -lichen Befunde zwischen der vorhergehenden undden jetzigen Studien verantwortlich sein.

Die Bildung der Hautfalten korrelierte mit Maßender Herzfrequenz-Variabilität, was darauf hindeu-tet, dass die Hautfalten-Bildung mit der parasym-pathischen Aktivität verknüpft ist. Eine Assoziationzwischen IHB und der parasympathischen Aktivitätwurde in einer Studie an diabetischen Patientenmit parasympathischer Dysfunktion nachgewiesen.Bei diesen bildeten sich weniger Falten als bei de-nen mit normalen kardiovaskulären Reflexen; dieZahl der Teilnehmer war allerdings gering [9]. Diegesamte Bedeutung dieses Befundes ist jedochunsicher, weil die LF-Aktivität auch mit der Hautfal-ten-Stufe, und die HF-Aktivität mit der LF-Aktivitätkorrelierte. In der vorliegenden Studie fand sichkein Zusammenhang zwischen IHB und der sym-pathisch-parasympatischen Balance, welche mitdem LF/HF-Quotienten beschrieben wurde.

Kein oder wenig IHB entstand bei knapp 20 % derTeilnehmer. Dieses Ergebnis ist vergleichbar miteinem früheren Studie, in welcher 16 von 54 ge-

Abb. 2: Immersions-bedingte Falten an den Finger -spitzen werden als Ausdruck einer intakten sympathi-schen Funktion der Extremitäten betrachtet [4,9].

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sunden Teilnehmern keine nennenswerten Hautfal-ten bildeten [1]. Die Dauer der Wasser-Immersionwar kurz, aber die lokale Aktivierung sympathi-scher Fasern durch Wasser-Absorption könnte nurunvollständig für die Vasokonstriktion verantwort-lich sein, welche die Faltenbildung hervorruft. Diehier verwendete Skala nach einer 12-min-Immersi-on basierte auf früheren Studien mit Immersions-Dauern zwischen 10 und 30 min, bei denen es in40 °C warmen Wasser bereits nach 3,5 min zurFaltenbildung gekommen war [4,7,8].

Studien zur Bewertung der IHB verwendeten zumTeil andere Methodiken und untersuchten nur dieAnzahl der Falten oder die Zeit bis zur Faltenbil-dung. Unabhängig vom System nimmt die Falten-bildung mit Immersions-Dauer und zunehmenderTemperatur zu [8,11]. In dieser Studie wurde beimultivariater Analyse kein Zusammenhang zwi-schen IHB und Alter oder Geschlecht gefunden.Dieses Ergebnis ist in guter Übereinstimmung miteiner früheren Studie [1]. Die Faltenbildung korre-lierte mit der Körpergröße, weil möglicherweise eine größere Oberfläche der Fingerspitze eineschnellere Wasserdiffusion ermöglicht.

SchlussfolgerungDie Studie zeigt, dass IHB mit der Körpergrößeund HRV-Indices zusammenhängt. HRV ist eineverbreitete, nicht-invasive Methode zur Erfassungder kardialen autonomen Aktivität [5]. Diese Studieunterliegt in sofern Einschränkungen, als sie ledig-lich Assoziationen und keine Ursache-Wirkungs-Effekte nachzuweisen gestattet. Die Teilnehmerwaren jung und frei von Erkrankungen, so dasssich die Ergebnisse nicht auf andere Populationenextrapolieren lassen. Innerhalb der IHB-Studienvariierten die Immersions-Zeiten und Wassertem-peraturen, so dass es keinen Konsens im Hinblickauf ein optimales Protokoll gibt. Obwohl die Hän-digkeit nicht erfasst wurde, hatte eine frühere Stu-die keinen Zusammenhang zwischen Faltenbil-dung und Händigkeit beschrieben [12]. Eine ver-minderte HRV ist ein gut bekannter Risikofaktor fürdie kardiovaskuläre Mortalität. Ob kardiovaskuläreRisikofaktoren die IHB abschwächen ist nicht be-kannt, sollte aber in weiteren Studien untersuchtwerden.

Lesenswerte Literatur1. Alvarez G, Eurolo J. Finger wrinkling after immer -

sion in water. Br Med J 1980;28:586-5872. Wilder-Smith EP. Water immersion wrinkling.

Physiology and use as an indicator of sympatheticfunction. Clin Auton Res 2004;14:125-131

3. Bazar KA, Doux JD, Yun AJ. A new wrinkle: skin manifestations of aging may relate to subtonic dys-function. Medical Hypotheses 2006; 67:1274.1276

4. Braham J, Sadeh M, Sarova-Pinhas I. Skin wrinklingon immersion of hands: a test of sympathetic func -tion. Arch Neurol 1979; 36:113-114

5. Task Force of the European Society of Cardiologyand North American Society of Pacing and Electro-physiology. Heart rate variability. Standards of mea-surement, physiological interpretation, and clinicaluse. Eur Heart J 1996;17:354-381

6. Bassi A, Colivicchi F, Santini M, Calagirone C. Car-diac autonomic dysfunction and functional outcomeafter ischaemic stroke. Eur J Neurol 2007;8:917-922

7. Djaldetti R, Melamed E, Gadoth N. Abnormal skinwrinkling in the less affected side in hemiparkinso-nism – a possible test for sympathetic dysfunction in Parkinson’s disease. Biomed Pharmacother2001;55:475-478

8. Cales L, Weber RA. Effects of water temperature onskin wrinkling. J Hand Surg 1997;22A:747-749

9. Clark CV, Pentland B, Ewing DJ, Clarke BF. Decreased skin wrinkling in diabetes mellitus. Dia-betes Care 1984;7:224-227

10. O’Riain S. New and simple test of nerve function inhand. Br Med J 1973;3:615-616

11. Püschel K, Schneider A. Development of immersionskin in fresh and salt water at different water tempe-ratures. Z Rechtsmed 1985;95:1-18

12. Tsai N, Kirkham S. Fingertip skin wrinkling – the effect of varying tonicity. J Hand Surg Br 2005;30B:273–275

KorrespondenzadresseJason M. Lazar, MDNon-Invasive CardiologyState University of New YorkDownstate Medical Center450 Clarkson Avenue, Box 1199Brooklyn, NY 11203-2098 (USA)

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Kommentierte Literatur: Sauerstoff und Augen

Vorwort

JD Schipke

Das folgende Review Antioxidantien unddie Augengewebs-Integrität (S. 17) undder Artikel Selektive Degeneration zen-traler Photorezeptoren nach Hyperba-rem Sauerstoff bei normalen und Metall-othionein-Knock-out-Mäusen (S. 27) beschäftigen sich mit dem Auge. BeideBeiträge thematisieren zusätzlich denSauerstoff. Entsprechend werden Aus-wirkungen des Oxidativen Stresses aufdas Auge beschrieben.

Sauerstoff-induzierte Veränderungen amAuge können Personen in der Druck -kammer betreffen. Das Gleiche gilt fürTaucher, insbesondere wenn man be-rücksichtigt, dass diese bei Verwendungvon Sauerstoff-Kreislaufgeräten bei Ver-wendung von Nitrox oder beim Tech -nischen Tauchen einem erhöhten Oxi -dativem Stress ausgesetzt sein werden.

Lehrbücher für das Tauchen und für die HyperbareSauerstoff-Therapie sind voll von Erkenntnissen zuSauerstoff-induzierten Schädigungen am ZNS undan der Lunge, die von Paul Bert bzw. Lorrain Smithbereits früh beschrieben wurden. Das liegt vermut-lich daran, dass sich Schäden an diesen beidenSystemen relativ leicht festmachen lassen: DerSauerstoff-induzierte Krampf ist leicht zu erkennenund die verminderte Lungenfunktion mit der Spiro-metrie relativ einfach nachzuweisen.

Warum sollte Oxidativer Stress nur ZNS und Lungeund nicht auch andere Zellstrukturen schädigen?Schäden im Zusammenhang mit Sauerstoff, diesich an anderen Organen manifestieren, könnten also seit langem übersehen worden sein. In eineentsprechende Richtung gehen daher z.B. seit einiger Zeit solide Untersuchungen über Schädi-gungen an anderen Strukturen, z.B. an der DNAund am Endothel.

Oxidativer Stress beschreibt eine Stoffwechsellage,bei der eine das physiologische Ausmaß über-schreitende Menge reaktiver Sauerstoffverbindun-gen (ROS – reactive oxygen species) gebildet wirdoder vorhanden ist. ROS ist ein allgemeiner Nameund schließt Freie Radikale (FR) und solche chemi-schen Spezies ein, die zwar wie Oxidantien wirkenaber keine FRs sind. Bei den FRs handelt es sich

um Chemikalien, bei welchen ein oder mehr un -gepaarte Elektronen auf der äußeren Atomschalerotieren (Abb. 1). Diese Radikale sind chemisch äußerst reaktiv.

In dieser Ausgabe des CAISSON wird als eine Art’Schwerpunkt’ der Einfluss von Oxidativem Stressauf das Auge angesprochen. In Zukunft werden inloser Folge auch die Folgen des Oxidativen Stres-ses auf andere Gewebe thematisiert.

Abb. 1: Freie Radikale, bei denen Sauerstoff das funktionale Zentrum bildet, sind häufig: Sie werden reaktive Sauerstoff-Spezies (ROS) genanntund sind für Augenschädigungen bedeutsam.

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EinleitungDas Auge transformiert Lichtsignale in Nerven -impulse, welche über den Nervus opticus weiter -geleitet werden, um im Gehirn zu Bildern verarbeitetzu werden. Gegenwärtig nimmt die Anzahl der Fälle,die im Zusammenhang mit Augenerkrankungen inder Human- und in der Veterinärmedizin stehen,zu. Der Hauptgrund dieser Zunahme kann auf Xenobiotika zurückgeführt werden, die mit der Umweltverschmutzung [1], mit der zunehmendenIntensität der UV-Strahlung [2], mit einer auf Fettenund Kohlehydraten basierenden Nahrung plusphysische Inaktivität und mit der Zunahme dege-nerativer Erkrankungen z.B. Diabetes und kardio-vaskuläre Probleme zusammenhängen [3,4].

All diese Faktoren können für das Auge schädlicheChemikalien bilden, welche Oxidantien oder Freie

Radikale genannt werden. Zum Schutze vor exter-nen Agenzien hat das Auge verschiedene unspezi-fische Mechanismen entwickelt. Zu diesen gehörendas Lid des Auges, der Tränenfilm, die Hornhautund die Linse. Überwinden schädigende Agenziendiese Barrieren, dann werden andere, spezifische,auf Molekülen (Antioxidantien) basierende Mecha-nismen in Gang gesetzt [5].

Es ist das Ziel dieses Reviews, drei Aspekte desOxidativen Stresses im Zusammenhang mit demAuge zu beschreiben:(1) Beginn und Progression von Schädigungen

verschiedener Augengewebe, (2) Beteiligung des antioxidativen Netzwerkes

am Schutz und an der Aufrechterhaltung derHomeostase dieses Organs und

(3) In der Forschung und in einigen Fällen in derKlinik verwendete potentielle Messmethodenvon Oxidativem Stress.

Freie RadikaleFreie Radikale (FR), bei denen Sauerstoff dasfunktionale Zentrum bildet, werden Reaktive Sauer-

Antioxidants and the integrity of ocular tissues

Marcela P Cabrera1 & RH Chihuailaf 2

1 Escuela de Graduados, Facultad de Ciencias Veterinarias, Universidad Austral de Chile, P.O. Box 567, 5110566 Valdivia, Chile2 Instituto de Ciencias Clínicas Veterinarias, Facultad de Ciencias Veterinarias, Universidad Austral de Chile, P.O. Box 567, 5110566 Valdivia, Chile

MP Cabrera & RH ChihuailafVet Med Int 2011; published online 2011 July 12. doi: 10.4061/2011/905153

CAISSON 2013;28(2):17-21

Oxygen-derived free radicals are normally generated in many pathways. These radicals can interact withvarious cellular components and induce cell injury. When free radicals exceed the antioxidant capacity, cell injury causes diverse pathologic changes in the organs. The imbalance between the generation of freeradicals and antioxidant defence is known as oxidative stress. The eye can suffer the effect of oxidative damage due to the etiopathogenesis of some pathological changes related to oxidative stress. This paperreviews the role of oxidative stress in the onset and progression of damage in different eye structures, the involvement of the antioxidant network in protecting and maintaining the homeostasis of this organ, andthe potential assessment methodologies used in research and in some cases in clinical practice.

Keywords: ROS; antioxidants; oxidative stress; eye; tisuue; review

Antioxidantien und die Augengewebs-Integrität

Freie Sauerstoffradikale entstehen über viele Pfade. Diese Radikale interagieren mit zahlreichen Zellkompo-nenten und können Zellschäden verursachen. Wenn freie Radikale die antioxidative Kapazität übersteigen,führt die Zellschädigung zu verschiedenen pathologischen Organ-Veränderungen. Die Imbalance zwischenRadikalbildung und antioxidativen Verteidigungsmechanismen wird als Oxidativer Stress bezeichnet. Das Auge kann von oxidativer Schädigung durch die Etiopathologie einiger pathologischer Änderungen im Zusammenhang mit Oxidativem Stress betroffen sein.

In der vorliegenden Übersichtsarbeit wird die Rolle des Oxidativen Stresses für den Beginn und die Progres-sion von Schädigungen verschiedener Augengewebe und für die Beteiligung des antioxidativen Netzwerkesam Schutz und der Aufrechterhaltung der Homeostase dieses Organs beschrieben. Zusätzlich werden die inder Forschung und in einigen Fällen in der Klinik verwendeten potentiellen Messmethoden aufgeführt.

Schlüsselwörter: ROS; Antioxidantien; Oxidativer Stress; Auge; Gewebe; Review

Kommentar: AK Brebeck & JD Schipke

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stoff-Spezies (ROS) genannt. Zu den ROS zählenFRs und chemische Spezies, die wie Oxidantienwirken aber keine FRs sind. Zur ersten Gruppe gehören das Superoxid-Anion (O2

•−), Hydroxyl-Radikal (OH•−), Peroxyl-Radikal (LOO•) und Alkoxy-Radikal (LO•) [3,7]. Nichtradikal-Speziesverhalten sich wie Oxidantien oder können leicht inFR umgewandelt werden. Zu dieser Gruppe gehörenWasserstoff-Peroxid (H2O2), hypochlorige Säure(HClO), Singulett-Sauerstoff (1O2) und Ozon (O3) [8].

ROS fallen bei normalen metabolischen Reaktio-nen an (Abb. 1). Ein wichtiger Anteil entsteht beider mitochondrialen ATP-Synthese, bei der β-Oxi-dation von Fettsäuren und D-Aminosäuren in denPeroxysomen oder als Teil der Immunabwehrdurch Makrophagen und Neutrophile [10-12].

Die ROS-Bildung kann durch exogene Faktorenverstärkt werden [3,9]. Zu diesen werden exzes -sive Aufnahme einiger Übergangsmetalle (Eisenund Kupfer), UV-Strahlung, Medikamente und dieUmweltverschmutzung gezählt [12,13].

Oxidativer StressNormale metabolische Prozesse produzieren ROSin großem Umfang. Wenn die FR-Bildung die Mög-lichkeiten zur Adaption und zur zellulären Abwehrübersteigt, entsteht Oxidativer Stress. Dieser Zustand sagt jedoch nichts über deren Zustande-kommen aus. Es mag also sein, dass die FRs zugenommen haben, oder dass die homöostatischeAntwort der Gewebe abgenommen hat. Angenom-men, die oxidative Schädigung lässt sich auf einenMangel von protektive Substanzen zurückführen –

viele protektive Substanzen befinden sich in Nah-rungsmitteln – dann lässt sich eine Relation zwi-schen Oxidativem Stress und Ernährungszustandherstellen. Der Oxidative Stress betrifft die Zellinte-grität, weil Biomoleküle wie DNA, Proteine und Lipide geschädigt werden. Nahezu jedes biologischeMakromolekül kann durch ROS oxidiert werden.Innerhalb des Auges sind Lipide und Proteine dielabilsten Biomoleküle [3,9].

Lipid Peroxidation. Die Reaktion von ROS mit Lipiden wird als Lipoperoxidation oder Lipid Per -oxidation (LPO) bezeichnet, deren Mechanismen,Messungen und Interpretationen sind umfangreichbekannt. Die LPO ist besonders destruktiv, weil sieals Kettenrektion abläuft. Dieser Prozess wird initiiert, wenn ROS ein Wasserstoff-Atom aus derMethylen-Gruppe einer ungesättigten Fettsäureentfernen und Freie Lipid-Radikale bilden. Durchschnelles Hinzufügen eines Sauerstoff-Molekülswerden Freie Fettsäure-Peroxid-Radikale gebildet,welche andere ungesättigte Fettsäuren oxidierenund neue Reaktionen auslösen [7,8]. Die LPO-Endprodukte werden abgebaut und erzeugen neue,zytotoxische Verbindungen wie 4-Hydroxynonenal(4-HNE) und Malondialdehyd (MDA). Die Folgendes oxidativen Schadens auf ungesättigte Fettsäurenwerden an zellulären oder subzellulären Membra-nen deutlich, denn es kommt zu Veränderungen ihres Zusammenhaltes, der Fluidität, der Permea-bilität und der metabolischen Funktion [6, 9, 14].

Protein Oxidation. Während Proteine, Peptideund Aminosäuren ebenfalls Ziele der ROS sind, istderen Oxidation weitaus weniger schädlich, da diese Reaktionen langsamer ablaufen. Das Augen-gewebe enthält jedoch einen hohen Prozentsatz anPro tei nen, und daher ist die Oxidation an diesenProteinen bedeutsam [15,16]. Peptidbindungensind gegenüber FRs ebenfalls anfällig. Darüber hinaus können entstandene Endprodukte den initialen Schaden verstärken [13].

Antioxidative Protektions-Mechanismen desAugesDas Auge hat einen protektiven Schutzmechanis-mus gegenüber oxidativen Schäden entwickelt,welcher sich in enzymatische und nicht-enzymati-sche Antioxidantien unterteilen lässt [17].

Enzymatische AntioxidantienDie wichtigsten protektiven Enzyme des Auges gegenüber ROS sind Superoxide Dismutase (SOD),Katalase (KAT) und Glutathion Peroxidase (GPx).Jedes dieser Enzyme katalysiert die Reduktion eines speziellen ROS-Typs [18].

Superoxid Dismutase (SOD). SOD katalysiertdie Disproportionierung von O2

•− in H2O2 und O2.

Abb. 1: ROS fallen bei physiologischem Metabolismusan. Superoxid-Anion (O2

•−), Hydroxyl-Radikal (OH•−),Wasserstoff-Peroxid (H2O2) (in der Abbildung fett). Zu den schädlichen ROS-Reaktionen gehört die Lipid-peroxidation. Vor schädlichen ROS-Auswirkungenschützen Radikalfänger, hier Antioxidantien: Katalase,SOD, GSH, Vitamine A, C und E.

mit freundlicher Genehmigung Dr. A. Koch Schifffahrtmed. Institut der Marine, Kiel

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Dieses Enzym ist ein Metalloprotein und kommt in drei Isoformen vor, die sich nahezu überall imAuge nachweisen ließen [18,20-27].

Glutathion Peroxidase (Gpx). Dieses selenhaltigeProtein reduziert H2O2 und organische Hydroper-oxide zu Wasser oder Alkohol. Alle vier GPx-Iso -formen bilden einen wichtigen Schutz gegenüberROS-vermittelten Schäden an Lipidmembranen undanderen, Oxidations-anfälligen Molekülen [6].

Katalase (KAT). Dieses Enzym befindet sich inPeroxisomen, Mitochondrien und im Zytoplasma.Es katalysiert die Umwandlung von H2O2 in H2Ound O2. Diese Funktion teilt sich KAT mit GPx, aberKAT hat bei höheren H2O2-Konzentrationen einehöhere Affinität [14].

Nicht-enzymatische AntioxidantienEs handelt sich um eine heterogene Gruppe. DieseAntioxidantien reagieren als Elektronendonorenzur Stabilisierung der FRs, wodurch sie chemischeSpezies herstellen, die für die Zellintegrität wenigerschädlich sind [6]. Die wichtigsten nicht-enzymati-schen Antoxidantien im Auge sind Ascorbinsäure(Vitamin C), Vitamin A, Vitamin E und GSH [5].

Ascorbinsäure. Die antioxidative Rolle bestehtdarin, O2

•−, OH•− und Lipid-Hydroperoxide in stabi -lere Formen zu reduzieren [14]. Ascorbat kann bei exzessiven Fe+3- und Cu+2-Ionen-Konzentrationleider auch als Pro-Oxidant wirken [6,7,14].

Vitamin A. Als wichtigster Vitamin A-Vorläuferneutralisiert β-Carotin sehr effizient 1O2. Die anti -oxidativen Eigenschaften von Vitamin A lassen sichvon seiner chemischen Struktur ableiten, welcheaus langen Ketten von konjugierten Dop pel -bindungen besteht, welche O2

•− und LOO• in weni-ger reaktive Substanzen umwandeln können [14]. Carotinoide sind effektive Antioxidantien, sind aberim okularen Gewebe unterschiedlich hoch konzen-triert [37,38].

Vitamin E. Das α-Tocopherol ist das aktivste unddas wichtigste fettlösliche Antioxidant in Mem bra nen.Das α-Tocopherol wandelt O2

•−, OH•− und LOO• inweniger reaktive Moleküle um [9]. Parallel dazu kannα-Tocopherol die ROS-Kettenreaktion an Zellmem-branen stoppen [36]. Bei einer ROS-Überproduk -tion kann es zu einer signifikanten Abnahme aktiverVitamin-E-Gewebskonzentrationen kommen.

Glutathion (GSH). GSH überträgt Elektronen aufoxidierte Spezies wie Hydroxyl-Radikale und Carbonyle und wird dadurch ein oxidiertes Produkt(GSSG) [9,14]. Zusätzlich wirkt GSH bei der Beseitigung von H2O2 und organischen Peroxiden

als ein GPx-Cosubstrat, und es kann Tocopheryl-Radikale und Dehydroascorbat in die ursprüng -liche Form zurückführen [6,36].

GSH ist bedeutsam für die Aufrechterhaltung derLinsen-Proteine [30]. GSH bildet neben der Ascor-binsäure einen wichtigen Abwehrmechanismus ge-gen die Photooxidation [15].

Oxidativer Stress und AugeDas Auge ist wegen seiner physikalischen und metabolischen Charakteristika umfangreich vonOxidativem Stress betroffen. Dieses metabolischaktive Organ verbraucht große ATP-Mengen. Zu-sätzlich führt die Transparenz von Cornea, Kam-merwasser, Linse, Glaskörper und Retina zu einerkonstanten photochemischen ROS-Generation[17, 32]. Alle Augen-Gewebe und -Flüssigkeitensind gegenüber Oxidativem Stress anfällig (Abb. 2).Wegen der physikalischen Veränderungen beein-trächtigen Einige die Funktion des Auges ernsthaft[18].

HornhautDie umfangreichste ROS-Bildung erfolgt wegen derhohen Exposition gegenüber der UV-Strahlung inder Cornea [18]. Die Cornea ist die Hauptbarriere,um UV-Strahlung zu stoppen. Die Cornea absorbiert60 % der UV-A- und 92 % der UV-B-Strahlung, unddiese Absorption geschieht ganz überwiegend anden Oberflächenschichten [42, 43].

UV-Strahlung ruft Veränderungen in der Corneahervor. Zu diesen gehören die Blockade der Proli-feration von Epithelzellen [44], Abnahme der Cor-nea-Antioxidantien (KAT, GPx, SOD) [18] und Abnahme der Na+/K+ ATPase im Epi- und Endothelder Cornea. Dadurch kommt es zu einer umfang-reichen Zunahme der Hydratation, zu Veränderun-gen der Cornea-Transparenz und zur Freisetzung proinflammatorischer Zytokine [2,20,45,46].

Abb. 2: Freie Radikale sind an der Pathogenese vonmehr als 200 Krankheiten beteiligt. Als ein metabolischaktives Organ benötigt das Auge viel ATP, bei dessenBildung ROS entstehen. Hinzu besteht eine konstantephotochemische ROS-Generation.

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Die wichtigste Antioxidantien-Abwehr liefern dieAscorbinsäure (hohe Konzentration im Hornhaut-zentrum) und die SOD-Aktivität [33]. Kommt es zueiner Episode von Oxidativem Stress, beginnt dieenzymatische Aktivität abzunehmen. Hierbei wirddie H2O2-Menge erhöht und vergrößert dadurch dieCornea-Schädigung [18,20].

KammerwasserDie ROS-Bildung im Kammerwasser erfolgt imWesentlichen durch die UV-Strahlung [18] unddurch inflammatorische Prozesse in benachbartenStrukturen [48]. Das Kammerwasser enthält Ascor-binsäure, Proteine und einige Aminosäuren, welchean der UV-B-Absorption teilhaben [18]. Die Absorp-tion der UV-Strahlung im Kammerwasser führt zu einer Zunahme der H2O2-Konzentration, wodurch der GSH-Stoffwechsel vermindert wird.Es ist gut etabliert, dass die Ascorbinsäure beiSäugetieren eine fundamentale Rolle als UV-Filtereinnimmt [17].

Chirurgische Eingriffe, Parazentese oder Uveitissind wegen der Zunahme von Proteinen und Zellenim Kammerwasser zusätzliche Quellen einer umfangreichen ROS-Bildung [32,48]. Nach einerLinsenoperation kann die gesamte antioxidativeKapazität des Kammerwassers um bis zu 40 %vermindert sein – im Wesentlichen durch die ver-minderte Ascorbinsäure-Konzentration [32,48].

Die Zunahme der H2O2-Konzentration im Kammer-wasser kann eine Schädigung des Cornea-Endot-hels, der Linse und des Ziliarkörpers hervorrufen.Nach in vitro Studien nimmt der Kammerwasser-Abfluss bei erhöhter H2O2-Konzentration ab, wo-durch es zu Erkrankungen wie Glaukomen kommen kann [51].

LinseDie Linse ist am stärksten durch oxidative Schädi-gung betroffen, weil sie eine avaskuläre Struktur istund Linsenproteine konstant und nur spärlich pro-duziert. Die Linse ist der UV-Strahlung umfang-reich ausgesetzt, und sie verfügt über beachtlichverminderte Antioxidantien-Spiegel im Linsenkern.Zusätzlich kann die ROS-Produktion durch Ver -änderungen im Kammerwasser erhöht werden (Inflammation benachbarter Strukturen und meta-bolische Defekte wie Diabetes) [5,51].

Der Stoffwechsel der Linse hängt mit der Energie-bereitstellung für die Proteinsynthese und die Aufrechterhaltung der osmotischen Balance zusammen [40]. Vermutlich ist für die Eintrübung der Linse die Oxidation der Kristalline (α, β und γ-Kristalline), im wesentlichen Linsenproteine, ver-antwortlich [51,52]. Die Photooxidation der Thiol-

Gruppen führt letztendlich zur Protein-Aggregationund damit zur Katarakt-Bildung [5]. Schädigungenauf der Proteinebene durch oxidative Prozesse inder menschlichen Linse nehmen mit dem Alter zu[16].

Ascorbinsäure und GSH sind die wichtigsten Abwehrmechanismen gegenüber der Photooxidationin Linse und Kammerwasser [15]. Bei anderen Antioxidantien der Linse, wie Lutein-Zeaxanthin,Retinoid und Tocopherol-Bestandteilen zeigen sichzwischen Linsen mit und ohne Katarakt keine Unterschiede [37]. Allerdings war in einer Studie dieα-Tocopherol-Konzentration in eingetrübten Linsensignifikant höher als in klaren Linsen [55].

RetinaDieses neurosensorische Gewebe ist ungewöhn-lich reich an mehrfach ungesättigten Lipiden, wodurch es besonders ROS-sensitiv wird [56]. Derwichtigste Grund für die ROS-Produktion in derRetina lässt sich auf Zellen mit hohem Sauerstoff-verbrauch [57], Exposition gegenüber UV-Strahlungund auf Krankheiten, welche in der vaskulärenDrainage gestört sind – wie das Glaukom – zu-rückführen [27]. In der Retina wird das Licht direktauf Zellgruppen an einer umfangreich oxigeniertenStelle fokussiert. Eine Reihe von dort anwesendenPigmenten (Melanin, Lipofuscin und Lutein) liefernoptimale Bedingungen für Photo-sensitivierendeReaktionen, bei welchen ROS entstehen. Das Außensegment der Photorezeptorzellen ist reichan mehrfach ungesättigten Lipiden, und hier ent-stehen auch die größten Schäden [51].

Der endgültige und gemeinsame Pfad einer Gruppevon Erkrankungen ist das Glaukom, welches miteiner verminderten Sensitivität und Funktion derGanglienzellen der Retina, mit vermehrtem Zelltod,Ausdünnung der Nervenfaserschicht des Sehner-venkopfes, Verminderung des Gesichtsfeldes undErblindung assoziiert ist. Oxidativer Stress kann zurEtiologie und Progression des Glaukoms beitragen[58]. Ischämie und Reperfusion beeinflussen dieRetina, indem sie die NO-Produktion und andereFRs in Glaskörper und Kammerwasser vermehren[59]. Die LPO wird getriggert, welche als Ursachevon Schädigung und Untergang von Ganglien -zellen der Retina mit anschließender Schädigungdes Nervus Opticus betrachtet wird [60]. Der anti -oxidative Schutz der Retina wird hauptsächlich vonden Vitaminen A und C, von Carotinoiden, GPx,SOD und KAT-Enzymen und GSH-Verbindungenerbracht [29,51,61].

Evaluation des Oxidativen StressesDie Messung von Markern des Oxidativen Stres-ses hängt von der zu untersuchenden Struktur des

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Auges ab. Oxidantien und Antioxidantien variierenin den verschiedenen Geweben und Flüssigkeitendes Auges. Im Folgenden wird beschrieben, wiedie Schutzmechanismen und/oder der vorhandeneSchaden evaluiert werden können [32].

Evaluation der ProtektionDie antioxidative Protektion kann durch die Messungder Konzentration von antioxidativen Verbindun-gen (Proteine, Peptide, oder Vitamine), Aktivitätvon antioxidativen Enzymen oder der antioxida -tiven Kapazität als Ganzes in jedem Gewebe oderin jeder Flüssigkeit des Auges abgeschätzt werden[32,68].

Das Vorhandensein von SOD, GPx und KAT imAuge lässt sich in vitro durch biochemische undimmunohistochemische Methoden nachweisen[18,29,30]. Die SOD-Aktivität kann auch in situbestimmt werden [18]. Ascorbinsäure, Carotinoideund Tocopherole lassen sich über die HPLC bestimmen [29,32,37,48]. Die Aktivität von fettlös -lichen Antioxidantien läßt sich über die Quantifi -zierung der Widerstandsfähigkeit gegenüber derOxidaion von low density Lipoproteinen abschät-zen [6].

Die gesamte antioxidative Leistungsfähigkeit einesGewebes kann als Kapazität eines Gewebes odereiner Flüssigkeit zur Inhibition eines spezifischenfreien Radikals [32,48,68] bestimmt werden oderauch über das Verhältnis zwischen GSH undGSSG oder zwischen Ascorbinsäure und Dehydro-ascorbat [6].

Evaluation des SchadensDer Schaden lässt sich durch die Identifikation undQuantifizierung von Proteinen, Lipiden und ande-ren Substanzen von geschädigten Zellen erfassen.Häufig verwendete Biomarker sind die Carbonyl-und Sulfhydril-Spiegel [16]. Im Verlaufe eines oxi-dativen Prozesses werden Carbonyl-Gruppen zuAminosäurenketten geformt. Diese Carbonyl-Gruppen lassen sich mit der Spektrophotometrie,der HPLC-Technik oder mit immunologischen Ver-fahren (ELISA) bestimmen. Die Messung der Lipid-peroxidation der Membranen ist das wichtigsteVerfahren zur Erfassung der Lipidintegrität [70].Die häufigste Methode zur Erfassung der LPO istwegen ihrer Einfachheit und ihren niedrigen Kos-ten die Messung von MDA als Thiobarbitursäure-reaktive Substanz (TBARS) [6,70].

Zusammenfassung und SchlussfolgerungenDas Auge ist oxidierenden Bedingungen ausge-setzt, welche zu Veränderungen am Augengewebe,verschlechterter Sehschärfe, und in deren Folgeauch zu einer Änderung der Beziehung zwischen

Lebewesen und Umgebung führt. Die Bedeutungder Bestimmung des Oxidativen Stresses im Augeliegt in der Identifikation des Ausmaßes und derAusbreitung des entstandenen Schadens. Behand-lungsmethoden zur Verhinderung und zur Repara-tur des Schadens durch ROS müssen etabliertwerden. Dieser letzte Aspekt wurde von einigenWissenschaftlern aufgegriffen, welche die Häufig-keit von Augenerkrankungen mit der Einnahmevon Antoxidantien oder deren Plasmaspiegel verglichen. Es ist solide etabliert, dass es optimaleAntioxidantien-Spiegel gibt, um Augengewebe zuerhalten. Es ist aber nicht klar, ob die Einnahmevon Antioxidantien zu diesem Ziel führen kann.

Modelle zum Studium des Oxidativen Stresses haben im Zusammenhang mit der Verwendungvon Antioxidantien bei einer Diät vielversprechendeErgebnisse geliefert. Die Ergebnisse lassen sichaber nur ungenau bestätigen, weil die exakte Aufnahme von Antioxidantien beim Menschenschwierig ist. Gleichzeitig lassen sich Ergebnisseaus Tierversuchen nur mit Schwierigkeiten auf denMenschen übertragen. Andere Tretfallen bei denEmpfehlungen zur Aufnahme von Antioxidantienüber die Nahrung bestehen darin, dass eine exzes-sive Aufnahme zu Erkrankungen führen kann, zudenen z.B. die Bildung von Blasensteinen nachgroßen Mengen Vitamin C gehört. Eine sorgloseGabe von Supplementen ohne gute Kenntnisseder Dosierungen und der Abbaubedingungenkönnten den Oxidativen Schaden eher beschleuni-gen als ihn verhindern. Es wäre wünschenswert,den normalen antioxidativen Status des Auges zukennen und bessere und weniger invasive Mög-lichkeiten zur Verfügung zu haben, den Status zuerfassen. Es wäre auch wünschenswert, das anti -oxidative Profil des Blutes zu kennen und zu wissen,wie es sich zum antioxidativen Profil oder zu Schä-digungen eines speziellen Augengewebes verhält.Ein weiteres wichtiges Ziel bestünde darin, die antioxidative Abwehr zu stärken und die oxidativenSchädigungen zu verhindern. Die Tür für neue Untersuchungen in diesem Feld ist offen. Es gibtviele offene Fragen zu beantworten.

Lesenswerte Literatursiehe: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=10.4061%2F2011%2F905153

KorrespondenzadresseRicardo H. [email protected]

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Kohlenstoffmonoxid hat mehrere Namen: Kohlen-monoxid, Kohlenoxid, Kohlenmonooxid. Denktman an die zunehmende Zahl von Meldungen überUnfälle mit CO, dann scheint der Begriff ’silent killer’ im englischsprachigen Raum zu Recht zu bestehen.

Die Frage, die man sich stellt, sollte nicht lauten:’Warum wird in den Medien über Unfälle mit Koh-lenmonoxid in den letzten Jahren häufiger berich-tet?’, sondern: ’Warum wurden diese Unfälle frühernicht erkannt?’

Wie viele Totenscheine – vor allem bei älteren Per-sonen – wurden in der Vergangenheit unrichtigausgestellt? Wie viele Einsatzkräfte leiden jetzt unter Spätschäden, da sie in vergifteten Wohnun-gen und Häusern Personen betreut und geborgenhaben, bei denen vermeintlich ein Kreislaufkollapsoder ein natürlicher Tod diagnostiziert und attestiertwurde? CO-Unfälle sind leider immer noch häufig.Aber durch den aktuellen Stand der Technik sowiedurch vielfältige Präventivmaßnahmen konnten die Gefährdungen der Rettungskräfte vermindertwerden.

Das Thema ’CO-Vergiftungen’ wird leider nach wie vor unterschätzt und das gängige Halbwissenvergrößert die Gefährdung durch CO.

Die CO-Vergiftung wurde bereits im Jahre 1881von Prof. Eduard von Hofmann (1837-1897) beschrieben. Der Rechtsmediziner argumentiert,dass bei dem Wiener Ringtheaterbrand am 8. Dezember 1881 die eigentliche Todesursacheder 400 Opfer die Vergiftung mit Kohlenmonoxidwar, und dies somit ein sicherer Beweis dafür ist,dass jemand lebendig verbrannt ist. In den heuti-gen Industriestaaten ist die Vergiftung mit Kohlen-stoffmonoxid die häufigste Vergiftungsart.

CO ist ein giftiges, farb- und geruchloses sowieheimtückisches Gas, welches keine Atemnot aus-löst. Durch diese Merkmale wird der Körper nichtvor dem toxischen Gas gewarnt. Es entsteht beider unvollständigen Verbrennung von kohlenstoff-haltigen Stoffen.

Arten der Feuerstättenund HeizsystemeEs werden die Feuerstät-ten nach dem Brennstoffund der Verbrennungs-luftzuführung unterschie-den.

Brennstoffe. Kohlenstoff-monoxid kann bei sämt -lichen Brennstoffen ent-stehen, und bei festenund flüssigen Brennstoffwird umgangssprachlich von einer Rauchgasver-giftung gesprochen. Rund 91% der Rauchgasver-

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HBO-Therapie

Kohlenstoffmonoxid – CO

R Pyrek

R Pyrek

CAISSON 2013;28(2):23-26

R Pyrek

Über die Zahl der in Deutschland durch CO verletzten oder getöteten Menschen wird seitJahren diskutiert. Die Todesstatistik des Statisti-schen Bundesamtes weist für das Jahr 2010 481 Fälle aus, in denen eine CO-Vergiftung Todesursache war [1]. In diese Statistik gehenjedoch auch teilweise Rauchtote ein. In den USAwurden systematische Studien zur Häufigkeitvon CO-Vergiftungen durchgeführt [2]. In den un-tersuchten Gebieten ergab sich eine Häufigkeitvon 18 Fällen pro 100.000 Einwohner [2]. Unabhängig von der schwierigen Übertragbarkeitauf Deutschland, wird auf eine hohe Dunkelzifferaufmerksam gemacht.

Richard Pyrek berichtet, dass z.B. die Feuer-wehren gerade in den Wintermonaten gehäuft zuCO-bezogenen Einsätzen ausrücken müssen.Pyrek kennt beide Seiten der Medaille. Er ist beider Wiener Berufsfeuerwehr bei den Inspektions-Rauchfangkehrern aktiv, und als Inhaber desHBO-Druckkammerbediener-Diploms mit derTherapieseite bestens vertraut.

1. Ergebnisse der Todesursachenstatistik fürDeutschland - Ausführliche vierstelligeICD10-Klassifikation - Statistisches Bundes-amt; 2010

2. Emergency department visits for carbon mo-noxide poisoning in the Pacific Northwest".Hampson NB; The Journal of Emergency Medicine 1998;16 (5):695-698

JD Schipke

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giftungen sind Vergiftungen durch Kohlenmonoxid.In Stadtgebieten mit alter Bausubstanz zeigt sichvermehrt, dass durch die rasante Weiterentwick-lung der Feuerstätten viele Schornsteine nicht sokonstruiert sind, dass ein gefahrloses Betreibender Feuerstätten gegeben ist.

Zudem wird durch die Sanierung von Altbauten dieGebäudehülle so abgedichtet, dass der Luftaus-tausch in den Gebäuden nicht mehr gegeben ist.

Verbrennungsluftzuführung. Es wird zwischenraumluftabhängig und raumluftunabhängig unter-schieden.

Raumluftabhängige Betriebsweise. Sie ist derzeitin Österreich sehr verbreitet und birgt einige Gefah-ren bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben.Da die für die Feuerstätte benötigte Verbrennungs-luft dem Aufstellungsraum entnommen wird, kannbereits der Austausch von Fenstern oder die Ab-dichtung der Gebäudehülle zu Abzugsstörungenführen. Weiters ist bei dieser Betriebsweise dernachträgliche Einbau von Abluftventilationen nichtungefährlich, da diese Abluftventilationen einenUnterdruck erzeugen und die Abgase über die Abgasanlage in den Raum zurücksaugen können.

Speziell bei raumluftabhängigen Gasgeräten ist dieGefahr der Verschmutzung sehr hoch. Oft befindetsich dieses Gerät in der Küche oder auch im Bade-zimmer, und dort können die feinen Düsen des Gas -brenners durch Haarspray, Waschmittel, Trockner-flusen, Staub, Tierhaare oder fetten Kochdunst ver-stopfen. Die Folge: die Verbrennung wird schlechter,der Energieverbrauch steigt und im schlimmstenFall entsteht durch die schlechte, unvollständigeVerbrennung CO; ein Abgasrückstau in die Räum-lichkeiten führt in diesem Fall oft zum Unfall.

Raumluftunabhängige Betriebsweise. Sie wird immer häufiger gewählt und ist in neu gebautenObjekten bereits Standard. Die Verbrennungsluftwird über eigene Zuluftschächte oder Rohrsystemedirekt aus dem Freien angesaugt. Die Bauweise istgegenüber dem Aufstellungsraum dicht abge-schlossen, und somit haben die Abluftventilationenund die dichte Gebäudehülle keinen Einfluss aufdie Verbrennung.

Auch wenn man kein Fachmann ist, kann mandurch Beobachtung des Flammenbildes (brenntdie Flamme mehr gelb als blau?) Verschmutzun-gen und / oder Verfärbungen am, im oder um dasGasgerät oder ungewöhnliche Geräusche und auf-fälligen Geruch erkennen, dass durch die Funk -tionsuntüchtigkeit der Gasfeuerstätte Gefahr droht.Inspektion und Wartung der Feuerstätte könnenLeben retten!

WetterlageDurch verschiedenste Wetterlagen kann es zu Ab-zugsstörungen bei Feuerstätten und Abgasanla-gen kommen. Windböen, große Hitze und niedri-ger Luftdruck haben einen großen Einfluss auf Ab-gasanlagen sowie den Abzug der Abgase (Abb. 1).

Die Vergiftung Viele Menschen erleiden eine CO-Vergiftung durchUnwissenheit. Zu ihnen gehören ■ LKW-Fahrer, die den Campinggaskocher im

Führerhaus betreiben, ■ junge Festivalbesucher, die in Kleinbussen

übernachten und diesen mit den Propangas-Brennern beheizen,

■ Partyveranstalter, die Indoor-Grillunfälle inner-halb der Wohnung betreiben und

■ Personen, nachdem sie die Heizungsanlageeigenmächtig verändert haben.

Abb. 1: Das Wetter kann für Abzugsstörungen verantwortlich sein. Links: Bei starken Windböen kann es bei geeigneter Bauweise durch ’Fallwinde’ zu Abzugsstörungen kommen). Mitte und rechts: Während im Winter die warmen Abgase in die kalte Umgebungsluft leicht entweichen können, kann an heißen Tagen die warme Umgebungsluft den Abzug der Abgase ’blockieren’.

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Andererseits wird Kohlenmonoxid aber auch alsMöglichkeit verwendet, um Suizid zu begehen. Allein in Japan begehen ca. 34.000 Menschen ineinem Jahr Selbstmord, vorrangig mit dort erhält -lichen Holzkohle-Öfchen. Sie setzen sich in einenkleinen Raum oder in ein Auto, versiegeln mit Klebeband die Fenster und heizen die Öfchen an.Das Kohlenmonoxid tötet sie, bevor sie entdecktwerden.

In unseren Breitengraden ist der Suizid mit Kohlen-monoxid durch die in den Wohnungen oder Häusernbefindlichen Gasfeuerstätten üblich oder durchEinleitung der Motorabgase in den Innenraum einesAutos. Vor allem beim Selbstmord mit Hilfe vonGasfeuerstätten (Abbau des Abgasrohres, Ausbaudes Abgasaustrittswächters) kommen häufig auchandere Mieter des Hauses zu Schaden, denn Koh-lenmonoxid dringt durch Decken und Wände undgefährdet somit auch die Nachbarn.

Diesen Aspekt sollten die Einsatzkräfte (inkl. Ärzte)beachten, da nicht nur die vermeintliche Unfall-wohnung betroffen sein kann, sondern auch diemeisten Wohnungen in einem Gebäudekomplex.

Ebenfalls große Gefahr besteht für Einsatzkräfte,die zu einem CO-Unfall gerufen werden, denn sie

können ohne CO-Warngeräte die CO-Konzentrationin der Umgebungsluft nicht feststellen.

EinsatztaktikFür ein mögliches Szenario stellen wir uns nun vor,dass Einsatzkräfte alarmiert wurden, weil in einemMehrparteienhaus eine CO-Vergiftung vermutetwird.

Das Problem wurde schon angesprochen: CO istein flüchtiges Gas, welches rasch durch Wände,Decken und Schächte diffundiert. Daher mussnicht nur die Unfallwohnung kontrolliert und began-gen werden, sondern auch die direkt angren -zenden Objekte und Wohneinheiten (Abb. 2). Die CO-Quelle muss von den Einsatzkräften unbe-dingt lokalisiert werden, da die Anzeigerwohnungnicht identisch mit der Verursacherwohnung seinmuss.

Die korrekte Lokalisierung der CO-Quelle ist vor allem dann kompliziert, wenn die Wohnungen bereits gelüftet wurden. Sollte die Wohnung bereitsgelüftet worden sein, und die Anwohner klagenüber Symptome, müssen die betroffenen Personendem Rettungsdienst übergeben werden, damit ineinem Krankenhaus eine BGA durchgeführt werdenkann.

Wichtige CO-Quellen

KFZ

Gasherde

motorbetriebenes Werkzeug (Motorkettensäge)

Propangasstrahler

Wasserpfeifen

Lagerräume für Pellets

Gas- und Holzkohlegrillgeräte

Gefährliche CO-Austritte nicht selten

Vor allem in sogenannten Shisha-Bars wurden in den vergangenen Jahren mehrfach erhöhteCO-Werte gemessen. Eine Ursache ist laut Feuerwehr die schlechte Belüftung in den Bars.Zur Verhinderung von CO-bedingten Intoxika -t ionen beschäftigt die Stadt Wiesbaden einenShisha-Beauftragten, der in den entsprechendenBars beratend tätig ist.

JD Schipke

Abb. 2: Nicht nur die Unfallwohnung (CO-Unfall) muss kontrolliert und begangen werden, sondern auch die direkt angrenzenden Objekte und Wohneinheiten.

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BrändeEbenfalls sollten beim Schornsteinebrand, Decken-brand und Dehnfugenbrand die Räume permanentauf die CO-Konzentration überprüft werden. Eswird empfohlen, CO-Warngeräte oder Mehrgas-messgeräte mit CO-Sensoren bei jedem Einsatzmitzuführen, da einige CO-Unfälle nur durch Zufallbemerkt werden (außer Brandeinsätze).

Die Messung der CO-Konzentration ist auch beimBrand extrem wichtig, weil davon das taktischeVorgehen abhängt (Abb. 3).

Unabhängig davon, ob es sich um einen CO-Unfalloder einen Brand handelt, sollte bei Überdruck -belüftung im Objekt ein elektrisch betriebener Lüf-ter eingesetzt werden, da bei benzinbetriebenenLüftern die CO-Konzentration im Objekt ebenfallsansteigen kann (s. ’Die österreichische Feuerwehr’,11/2010).

KorrespondenzadresseRichard Pyrekrichard.pyrek@co-vergiftung.atwww.co-vergiftung.atwww.co-vergiftung.de

Abb. 3: Die Einsatz-taktik der Rettungs-kräfte hängt entschei-dend von der CO-Konzentration ab.Werte > 60 ppm gelten als äußerst bedrohlich.

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Selective degeneration of central photoreceptors after Hyperbaric Oxygen in normal and metallothionein-knockout mice

Michele Nachman-Clewner 1, FJ Giblin2, CK Dorey1, RHI Blanks1,3, L Dang2, CJ Dougherty1, JC Blanks4

1 College of Biomedical Science, Charles E. Schmidt College of Biomedical Science, Florida Atlantic University, Boca Raton, Florida2 Eye Research Institute, Oakland University, Rochester, Michigan

3 Department of Cell Biology and Anatomy, University of Miami Miller School of Medicine, Miami, Florida4 Center for Complex Systems and Brain Sciences, Charles E. Schmidt College of Biomedical Science, Florida Atlantic University, Boca Raton, Florida

Purpose. Metallothioneins (MTs) in the brain and retina are believed to bind metals and reduce free radicals, thereby protecting neurons from oxidative damage. This study was undertaken to investigatewhether retinal photoreceptor (PR) cells lacking MTs are more susceptible to hyperbaric oxygen (HBO)-induced cell death in vivo.

Methods. Wild-type (WT) and MT-knockout (MT-KO) mice lacking metallothionein (MT)-1 and MT-2 wereexposed to three atmospheres of 100% oxygen for 3 hours, 3 times per week for 1, 3, or 5 weeks. The controlanimals were not exposed. Histologic analysis of PR viability was performed by counting rows of nuclei inthe outer nuclear layer (ONL). Ultrastructure studies verified PR damage.

Results. HBO exposure produced a major loss of PR cells in the central retinas of WT and MT- KO mice,with no effect on the peripheral retina even at the longest (5 weeks) exposures. The degree of PR damageand cell death increased with duration of HBO exposure. One week of HBO exposure was insufficient tocause PR death, but tissue damage was observed in the inner and outer segments. At 3 weeks, the rowsof PR nuclei in the central retina were significantly reduced by 38 % in WT and 28 % in MT-KO animals. At 5 weeks, PR loss was identical in WT (34 %) and MT-KO (34 %) animals and was comparable to that in WT at 3 weeks.

Conclusions. The data suggest that MT-1 and -2 alone are not sufficient for protecting PRs against HBO-induced cell death. The selective degeneration of central PRs may provide clues to mechanisms ofoxidative damage in retinal disease

Keywords: experimental study; mice; photoreceptor; metallothionein; knockout

Selektive Degeneration zentraler Photorezeptoren nach Hyperbarem Sauerstoff bei normalen und Metallothionein-Knock-out-Mäusen

Ziel. Metallothioneine (MTs) im Gehirn und in der Retina können Metalle binden und Freie Radikale reduzie-ren. Damit können sie Neurone vor oxidativem Schaden schützen. In der vorliegenden Studie aus Florida wirduntersucht, ob in vivo retinale Photorezeptor (PR)-Zellen ohne MTs empfindlicher gegenüber hyperbarem,Sauerstoff-induziertem Zell-Untergang reagieren.

Methoden. Wildtyp (WT)- und Knock-out (MT-KO)-Mause ohne Metallothioneine MT-1 und MT-2 wurden 3 hlang 100 % Sauerstoff (HBO) bei 3 bar ausgesetzt. Die Sitzungen fanden drei Mal am Tag über 1, 3 oder 5 Wochen statt. Kontrolltiere wurden nicht HBO-exponiert. Die histologische Analyse der PR-Viabilität erfolgte über das Auszählen der Reihen von Kernen in der äußeren Körnerschicht (ONL). Durch die Analyseder Ultrastruktur wurde der PR-Schaden verifiziert.

Ergebnisse. Der hyperbare Sauerstoff verursachte einen bedeutsamen PR-Zell-Untergang in der zentralenRetina von WT- und MT-KO-Mäusen. Die periphere Retina war selbst bei der längsten Exposition (= 5 Wochen)nicht betroffen. Der Umfang der PR-Schädigung und der Zell-Tod nahmen mit der Dauer der HBO-Expositionzu. Eine einwöchige HBO-Exposition verursachte keinen PR-Tod, aber es kam in den inneren und äußerenSegmenten zu einer Gewebs-Schädigung. Nach drei Wochen waren die Reihen der PR-Kerne der zentralenRetina signifikant um 38 % bei den WT- und 28 % bei den MT-KO-Tieren vermindert. Nach fünf Wochen war

der PR-Verlust bei den WT- (34 %) und MT-KO- (34 %)Tieren identisch.Michele Nachman-Clewner et al.

Invest Ophthalmol Vis Sci 2008;49(7):3207-15

CAISSON 2013;28(2):27-31

Kommentierte Literatur: Experimentelle HBO

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EinleitungOxidativer Stress erreicht mehr und mehr Bedeutungals integrale Komponente vieler neurodegenera -tiver Störungen des zentralen Nervensystems(ZNS) [1]. Allerdings bleiben die Faktoren unklar,welche Oxidativen Stress und neuronalen Zelltodverbinden. Eine Komponente der neuronalen, antioxidativen Verteidigung bildet die Familie derMetallothioneine (MTs). Diese intrazellularen, Metall-bindenden Proteine vermindern als Radikal-fänger die Zell-Zerstörung, welche durch normale,oxidative Prozesse getriggert wird [2,3]. Durch dieBindung von Kationen (z.B. Eisen) vermindern dieMTs die Risiken der Fenton-Reaktion, bei welcherhochreaktive Hydroxyl-Radikale (= starke Oxidan-tien) entstehen [3-5]. Mehrere Isoformen der MTs(d.h. MT-1, MT-2, MT-3 und MT-4) werden in fastallen Zellen und bei vielen Spezies exprimiert [6].Die stark exprimierten Isoformen MT-1 und MT-2und das Neuronen-spezifische MT-3 finden sich im Gehirn von Säugetieren [6,7] und der Retina [8-10]. Sie befinden sich auch in Photorezeptoren(PRs) von Mäusen und Menschen [10-12]. Es gibtHinweise dafür, dass MTs eine protektive Rolle in der Retina spielen [10,11,13]. MT-1, MT-2 undMT-3 finden sich alle in PRs, retinalem Pigment-Epithel (RPE) und in retinalen Neuronen [8-12].MT-1 und MT-2 werden durch Oxidativen Stress induziert [10-12]. MT-Proteine im retinalen Pigment-Epithel nehmen bei Patienten mit altersbedingterMakula-Degeneration (AMD) mit zunehmendemAlter ab. Diese Abnahme ist in der Makula größerals in der Peripherie [14]. Die retinale MT-mRNA-Expression ist in einem AMD-Tiermodell (= Affe)niedriger als bei gesunden Tieren [15]. Eine verlang-samte Progression der AMD durch eine antioxida-tive Therapie [16-18] spricht für ein mögliches Redox-Ungleichgewicht beim Verlust der Photo -rezeptoren.

Studienziel. Es soll ein besseres Verständnis fürden potentiellen Zusammenhang zwischen oxidati-vem Stress, MTs und PR-Degeneration entstehen.Um an Mäuseaugen Oxidativen Stress auszulösen,wurde hyperbarer Sauerstoff (HBO) verwendet[19-21], weil HBO den Untergang von PR-Zellenauslösen kann [22]. Jüngere Untersuchungen anNagetieren haben diese Befunde bestätigt [23-27].In der vorliegenden Studie sollte nun die Hypothesegetestet werden, ob die MT-Expression in der Retina den PR-Tod bei Hyperoxie moduliert. Um

die direkte Rolle der MTs zu untersuchen, wurdenKnock-out-Mäuse (ohne MT-1 und ohne MT-2) verwendet [28]. Mit Hilfe eines Bild-gebenden Systems mit hoher Auflösung sollte der HBO-verursachte PR-Verlust an der Retina von WT- vsMT-KO-Mäusen bestimmt werden und damit auch,ob MT-defiziente PRs gegenüber oxidativem Schaden empfindlicher reagieren.

MethodenVersuchstiere. Alle Mäuse waren männlich underwachsen. Es gab insgesamt vier Versuchs-Grup-pen: (1) Wildtyp-Mäuse plus HBO (insgesamt neunMäuse, d.h. jeweils drei Mäuse für die verschiede-nen Zeitpunkte), (2) MT-KO-Mäuse plus HBO (insgesamt neun Mäuse, d.h. jeweils drei Mäusefür die drei verschiedenen Zeitpunkte, (3), dreinicht-behandelte WT-Mäuse und (4) drei nicht-behandelte MT-KO-Mäuse.

HBO-Behandlung. Das Vorgehen bei der Be-handlung von experimentellen Tieren mit der HBOwurde bereits beschrieben [20]. Für die vorliegendeStudie wurden die Mäuse 3 h lang 100 % Sauer-stoff bei einem Druck von 3 bar ausgesetzt. DieSitzungen fanden jeweils am Vormittag statt undzwar dreimal pro Woche an verschiedenen Tagenüber den Zeitraum von 1, 3 oder 5 Wochen. AmEnde der Untersuchung wurden alle Tiere getötet.

Gewebe-Präparation. Die Gewebe-Präparationfür die Licht- und Elektronen-Mikroskopie erfolgtenach früher beschriebenen Verfahren [29,30]. EineHälfte des Auges wurde für die Lichtmikroskopieund die andere Hälfte für die Transmissions-Elek-tronenmikroskopie verwendet

Analyse des PR-Zell-Verlustes. Der HBO-indu-zierte Zellverlust wurde in den licht-mikroskopi-schen Sektionen durch Auszählen der PR-Zellenquantifiziert.

Statistik. Zum Vergleich zwischen den Gruppenwurde ein zweiseitiger t-Test durchgeführt.Unterschiede wurden bei einem p ≤ 0,05 als signi-fikant betrachtet. Bei Mehrfachvergleichen wurdeeine Bonferroni-Korrektur vorgenommen [32].

ResultateInnerhalb der Studiendauer ergaben sich HBO-in-duzierte, pathologische Effekte an der Retina le-diglich an Photorezeptor (PR)-Zellen. In den licht-

Schlussfolgerung. Die Ergebnisse legen nahe, dass MT-1 und MT-2 allein die Photorezeptoren nicht vorHBO-induziertem Zelltod schützen. Die selektive Dege-neration der zentralen PRs könnte Hinweise auf Me-chanismen der oxidativen Schädigungen bei Retina-Erkrankungen liefern.

Schlüsselwörter: experimentelle Studie; Mäuse; Knock-out; Metallothionein; Photo-Rezeptor; HBO

Kommentar: AK Brebeck & JD Schipke

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mikroskopischen Schnitten ergaben sich für die in-nere Körnerschicht, die innere plexiforme Schichtund die Ganglienzellschicht selbst nach 5-wöchi-ger Exposition keine Zeichen einer Erkrankungoder eines Zellverlustes. Daher wurde die statisti-sche Analyse auf den PR-Schaden reduziert undbeschränkte sich auf die Auszählung von Kernenund PR-Reihen in der äußeren Körnerschicht(ONL).

Einfluss der HBO-Behandlung auf die PR-Via -bilität. Im Hinblick auf die HBO-Behandlung gabes eine Reihe von überraschenden Ähnlichkeitenzwischen den WT- und MT-KO-Retinae. In dennormalen und in den Knock-out Mäusen führte dieHBO-Behandlung über drei und fünf Wochen zu ei-nem drastischen Verlust der PRs in der zentralenRetina. Dieser Verlust wurde als Verdünnung deräußeren Körnerschicht (ONL) ausgemessen. DiePR-Schädigung war regional unterschiedlich undbestand am deutlichsten in der zentralen Retinader WT- und MT-KO-Tiere und war in der Periphe-rie nicht ausgeprägt. In den WT-Tieren rief dieHBO-Exposition nach drei und nach fünf Wochengegenüber Kontrolltieren eine Verminderung derPR-Schichten um 38 % (p ≤ 0,0001) bzw. 34 % (p ≤ 0,002) hervor. Ähnliche Schädigungen erga-ben sich für die Knock-out-Mäuse: nach drei undnach fünf Wochen um 28 % bzw. um 34 %. EinVergleich der Schädigung bei den beiden Ver-suchsgruppen ergab, dass lediglich drei Wochennach HBO-Exposition ein signifikanter Unterschiedbestand: der Schaden war bei den Knock-out-Mäusen überraschenderweise signifikant kleiner(Abb. 1).

Lichtmikroskopie. Nach der einwöchigen HBOwar zwar kein PR-Zelltod aufgetreten, es gab jedoch umfangreiche Zeichen einer frühen PR-Degeneration in den inneren (IS) und äußeren(OS)-Segmenten bei beiden behandelten Versuchs-gruppen. Nach der drei- und fünfwöchigen HBO-Exposition kam es zu einem signifikanten PR-Zell-verlust und einer korrespondierenden Verdünnungder ONL (Abb. 2).

Elektronen-Mikroskopie. Zu allen Expositions-Zeitpunkten ergaben sich in der Elektronenmikro-skopie Zeichen einer PR-Degeneration. Als einZeichen des Unterganges der Innen- und Außen-

Abb. 1: Photorezeptor-Zell-Verlust in Abhängigkeit vonder HBO-Exposition über maximal fünf Wochen. Anzahl der Reihen der Photorezeptor-Nuclei der zen-tralen Retina.dunkle Säulen: Wildtyp-Mäuse; helle Säulen: Metallothionein-Knock-out-Mäuse, Mittelwerte ± Standardabweichung *p< 0,05 vs Wildtyp

Abb. 2: Zentrale Retinae von Wildtyp-Mäusen 0 Wochen (links) und 5 Wochen (rechts) nach HBO-Exposition. Die äußere Nuklear-Schicht (ONL) enthält die Photorezeptor-Nuklei und war im Durchschnitt sechs bis zehn Reihendick. Die Photorezeptor IS und OS wirkten gesund, und sie waren vertikal ausgerichtet. Nach fünf Wochen mit HBO wardie ONL auf nur drei bis fünf Nukleus-Reihen verdünnt, was auf einen umfangreichen Photorezeptor-Verlust hinweist.Der Zellverlust war von einer Verdünnung der Photorezptor IS und OS begleitet.Die Ergebnisse waren für die Photorezeptor-Metallothionein-Knock-out-Mäuse nur wenig verschieden.

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segmente der PR-Zellen lagen die PR-Zell-Kerneder ONL dem retinalen Pigment-Epithel (RPE) nä-her an. Die Elektronen-mikroskopische Analysebestärkt daher den lichtmikroskopischen Befund.

DiskussionDer wichtigste Befund dieser Studie besteht in derumfangreichen Schädigung der zentralen Retinabei Wildtyp- und MT-Knock-out-Mäusen als Folgeder HBO-Exposition. Die beachtliche Ausdünnungder ONL als Folge des PR-Verlustes erfolgte nichtin der peripheren Retina. Es kann nicht ausge-schlossen werden, dass nach der fünfwöchigenHBO-Exposition sekundäre Schaden entstehenkönnen. Die selektive Vulnerabilität der PRs ge-genüber der HBO wurde bereits für Ratten-Retinaeberichtet [27]. Das mag mit den dicht gepacktenMitochondrien in den Innensegmenten der PRs zusammenhängen, welche zu den metabolisch aktivsten Geweben des Körpers zählen [35]. EineHyperoxie beeinträchtigt rasch die mitochondrialenSchlüsselenzyme in einer Reihe zellulärer Syste-me, inhibiert dadurch den Sauerstoffverbrauch undverursacht den Zelluntergang [36-38]. Tatsächlichfanden sich die ersten Zeichen einer HBO-indu-zierten Zell-Schädigung in der Mausretina in denInnensegmenten der PR-Zellen.

Ein möglicher Mechanismus der Sauerstoff-Toxizi-tät beinhaltet die Anhäufung einer Reihe aktiverSauerstoff-Spezies, insbesondere das Superoxi -danions, in den Mitochondrien [36,37]. Unsere Er-gebnisse sind mit anderen Berichten über toxischeHBO-Effekte auf die Retina für eine Reihe vonSpezies konsistent [40-45]. Wurde die HBO-Be-handlung von Hunden bei 3 bar über 3 h ausge-dehnt, dann entwickelte sich eine Retinopathie[40]. Diese histopathologischen Veränderungenbegannen in der zentralen Retina, involvierten diePRs und gingen dem Untergang der PR-Zellen voraus. Die frühen Zeichen einer PR-Degenerationkönnten erklären, warum Patienten nach einer drei-stündigen HBO-Behandlung über eine verminderteSehschärfe (Formen und Farben) berichten [46],und warum diese Sehdefizite reversibel waren,nachdem die Patienten normale Luft atmeten [46].In anderen Studien erwies sich die HBO-Behand-lung für die Eintrübung der Linse bei Meerschwein-chen als besonders schädlich [19,20], und sie ver-ursachte besonders bei älteren Patienten [48] Katarakte [47,48].

HBO-Sensibilität bei normalen und bei MT-Knock-out-Retinae. Metallothioneine schützenZellen vor oxidativem Stress [10,12]. MT-1 und MT-2[10-12] befinden sich normalerweise in Photorezep-toren von Maus und Mensch. Die MT-1 und MT-2-Expression wird als Antwort auf einen oxidativem

Schaden herauf reguliert [10]. Die vorliegenden Er-gebnisse unterstützen diese Hypothese nicht. Viel-mehr zeigen die Ergebnisse eine unerwartete Ähn-lichkeit bei der Antwort von Wildtyp- und Knock-out-Retina gegenüber der HBO. Eine Ausnahmebestand für einen Expositions-Zeitpunkt (3. Wo-che). Daraus lässt sich schließen, dass MT-1 undMT-2 nicht signifikant zum Schutze der PRs gegenHBO-induzierten, Oxidativen Stress beitragen.

Möglicher, protektiver Effekt auf die MT-Knock-out-Retina. In der dritten Woche der HBO-Expo -sition war der Umfang der untergegangenen PR-Zellen bei den Knock-out-Retinae signifikantniedriger als bei den normalen Retinae. Dieser frühe, protektive Effekt, welcher zunächst zu einerVerlangsamung des HBO-induzierten PR-Unter-ganges geführt hatte, war in der fünften HBO-Wocheverloren gegangen. Möglicherweise genügt MT-3 –welches sich in PRs findet [10] aber normalerweisenicht durch Oxidativen Stress induziert wird – umdie MT-KO-PRs gegen eine oxidative Schädigung zuschützen. Es kann aber auch nicht ausgeschlossenwerden, dass andere MT-Isoformen [3,6] in derMT-1-MT-2-KO-Retina herauf reguliert wurden.Der Unterschied könnte auch darin bestehen, dasses zu einer Hochregulation von anderen (nicht-Metallothioneinen) Antioxidantien in der MT-KO-Retina kam, welche partiell den MT-Verlust kom-pensierte und einen alternativen Pfad zum Schutzeder PRs vor einem kurzen, oxidativen Insult lieferte.

HBO-Therapie: klinischer Einsatz und Über -legungen. Die Implikationen der besprochenenBefunde sind signifikant. Die HBO-Therapie wirdzunehmend klinisch für die Behandlung einer Viel-zahl von Leiden und Erkrankungen verwendet, zudenen auch solche von Auge und Retina gehören.Zum Beispiel wird die HBO-Therapie für die Behandlung der Dekompressions-Erkrankung vonTauchern verwendet, sie wird eingesetzt, um dieWundheilung zu verbessern, die CO-Vergiftung zubehandeln, bei diabetischen Neuropathien und beiernsthaften bakteriellen Infektionen und bei Typ-II-Diabetes-Patienten [21,54,55]. Darüber hinauswird die HBO-Behandlung erfolgreich beim Manage-ment verschiedener okulärer Störungen einge-setzt. Zu diesen gehören die retinale Hypoxie, wiesie als eine Komplikation bei retinalem Venenver-schluss oder nach Katarakt-Chirurgie auftretenkann [56-59] und bei rezidivierender, retinaler Arte-rienokklusion (= Susac-Syndrom) [60]. Die HBO-Therapie hat auch bei einer kleinen Zahl von Patienten mit Retinitis pigmentosa die Antwortenim Elektroretinogramm verbessert [61]. Bei vielendieser Fälle hat die HBO-Therapie zu einer signifi-kanten Verbesserung der Sehschärfe geführt,nachdem andere Therapieformen versagt hatten.

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Die auffällige Diskrepanz mit den schädigendenHBO-Effekten in der vorliegenden Studie lassensich möglicherweise über die Höhe der Oxigenati-on der Photorezeptoren während der HBO erklä-ren. Es ist nicht überraschend, dass Zellen mit einer ungenügenden Sauerstoff-Versorgung voneiner HBO-Behandlung profitieren würden. Sowurde zum Beispiel bei der Studie mit den Retinitispigmentosa-Patienten der positive HBO-Effekt aufdie verbesserte Sauerstoff-Versorgung des Gewe-bes zurückgeführt: Die bestehenden hypoxischenBedingungen hätten ansonsten zur PR-Degenera-tion geführt [61]. Im Gegensatz dazu könnten ge-sunde PRs mit einer angemessenen Sauerstoff-versorgung während einer andauernden HBO-Ex-position in einen oxidativem Stress geraten.

Diese Sauerstoff-'Überladung' könnte dann zumPR-Untergang führen.

SchlussfolgerungDie vorliegende Arbeit zeigt, dass die PR-Degenera-tion eine direkte Konsequenz der HBO-Behandlungbei normalen Mäusen ist. MT-1 und MT-2 spielenbei HBO-induziertem, Oxidativen Stress keine sig-nifikante Rolle für den Schutz der PRs. Darüber hinaus war der HBO-induzierte PR-Zelltod regionalunterschiedlich und betraf ausschließlich die zentraleRetina. Es könnte daher möglich sein, dass innerhalbder PRs molekulare Variationen in verschiedenenBereichen der Retina existieren, welche ihre Emp-findlichkeit gegenüber Oxidativen Stress beeinflusst.(Literatur bei der Redaktion)

KorrespondenzadresseJanet C. BlanksCenter for Complex Systems and Brain SciencesFlorida Atlantic University777 Glades Road, BS-12 – Boca Raton, FL [email protected]

Die Druckkammerzentren RMT GmbH feierte am 2. Februar 2013 ein erfolgreiches 15-jährigesBestehen. Mit einem ganztägigen Vortragspro-gramm rund um die Einsatzmöglichkeiten derHBO-Therapie wurde Interessierten ein Einblick indas Druckkammerzentrum in Wiesbaden geboten(Abb. 1).

Die Veranstaltung wurde durch den VDST, dieDLRG, den Hessischen Tauchsport Verband e.V.und die hessische Landesärztekammer mit Fortbil-dungspunkten zertifiziert.

Heute vor...

15 Jahre Druckkammerzentrum Wiesbaden

D Michaelis & P Freitag

P FreitagD Michaelis

Abb. 1: Den insgesamt 117Teilnehmern wurdevon nationalen und inter nationalenReferenten der aktuelle Stand vonWissenschaft undForschung zu Themen aus der Tauch- und Hyperbarmedizin präsentiert. Zu den thematischen Schwerpunkten gehörteKohlenmonoxid aber auch Technisches Tauchen, Cavebase oder Möglichkeiten und Grenzen von Tauchcomputern.

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Dr. Michaelis, Ärztlicher Leiter der Druckkammer-zentren RMT GmbH, gewährte einen Rückblick auf ein Jahr Versorgungsauftrag durch das LandHessen. Für Außenstehende schwer erkennbar istder umfangreiche organisatorische Aufwand, derdurch Gespräche und Sitzungen entstand, um beiÄmtern, Krankenkassen, dem MDK, Rettungs-diensten und Krankenhäusern die Beauftragung inden Versorgungsalltag einzubinden. Versorgungs-algorithmen im prä- und innerklinischen Bereichmussten mit den zuständigen Partnern abgestimmtwerden, Schulungen fanden statt, und die Öffent-lichkeitsarbeit machte viele Vorträge nötig.

Für die Kostenträger tat sich ein umfangreiches,gänzlich unbekanntes Gebiet auf. Daher wurde eine enge Zusammenarbeit mit dem MDK verein-bart. Exakte und umfassende Kostenkalkulationenin verschiedensten Bereichen, wie z.B. Personal-und Sachkosten, bedeuteten einen immensenZeitaufwand.

Fast schon nebenher fiel der Startschuss für einewissenschaftliche Studie, in welcher mit markt -üblichen Geräten invasiv und nichtinvasiv gemes-sene CO-Hb-Werte miteinander verglichen wer-den. Es zeigte sich schnell, dass die nichtinvasivenCOHb-Werte nur eine grobe Orientierung am Einsatzort gestatten. Der Goldstandard bleibt diearterielle BGA.

Nach der aktuellen Datenlage (Stand 02/2013)wurden 257 Patienten im Zusammenhang mit CO-Intoxikationen gescreent. 60 Patienten bedurfteneiner HBO-Therapie (zehn waren intubiert undwurden beatmet). 68 % aller Patienten musstenmehrfach nachtherapiert werden.

Die Überwachung der CO-Patienten ergab z.T.stark erhöhte CK, CKMB und Troponin-Werte. Dieser Umstand legt die Notwendigkeit einer kompletten Anamnese mit gezielter und genauerkardio-pulmonaler Untersuchung nahe. Wegen ihrer Therapierelevanz werden auch diese Patien-tendaten zurzeit gesammelt.

Die Indikation Gasbrand führte zwölfmal zum Kon-takt mit der Druckkammer. Daraus ergaben sichsechs Behandlungen (vier wurden beatmet). AllePatienten mussten in der Folge weitertherapiertwerden.

Von den drei Patienten, die mit arterieller Gasem-bolie in der Druckkammer therapiert wurden, wareiner intubiert und beatmet.

Bei den telefonischen Notfallannahmen wurde klar,dass gerade das Thema Kohlenmonoxid/Rauch-

gasvergiftung in vielen Kliniken und Notaufnahmenim Detail nicht präsent ist. Bei diversen Schulun-gen konnten zumindest im Großraum Wiesbadenentsprechende Verfahrensanweisungen und Leit -linien entwickelt werden.

Einen weiteren Behandlungsschwerpunkt bildetendie 21 Tauchunfälle. Elf Taucher mit DCS I oderDCS II wurden behandelt und benötigten im Durch-schnitt 10,5 Nachbehandlungen (Spannweite: 3 bis22). Für die Hörer war interessant zu erfahren,dass keiner der überprüften Tauchcomputer einenVerstoß gegen Tauchtabellen oder sonstige Fehlermeldete: Es hätte zu keinen Tauchunfällen kom-men dürfen. Dr. Michaelis forderte daher dringendeinen Mentalitätswechsel: weg von blindem Tech-nikvertrauen zu verstärkter Beobachtung des eigenen körperlichen Zustandes. In diesem Be-reich müssen verbandsunabhängig die deutlichenDefizite beseitigt werden.

Ein weiterer technischer Aspekt betrifft die medi -zinische Überwachung in der Druckkammer. In Zu-sammenarbeit mit der Fa. Meßmer Medizintechnikwurde eine Monitor-Einheit (Corpuls C3 Hyperbar)entwickelt, welche zusammen mit einer optimiertenSoftware speziell für die Druckkammer zugelassenwurde. Nach entsprechenden Versuchen in derDruckkammer, besteht die Möglichkeit, unter HBO-Bedingungen sicher zu defibrillieren.

Für die Zukunft stehen zähe Verhandlungen mitden Krankenkassen über Budget und Kosten der24-h-Bereitschaft an. Andererseits müssen dieRettungs- und Einsatzkräfte besonders zumSchwerpunkt ’CO-Intoxikationen’ weiter geschultwerden, und ein weiteres Ziel betrifft die sensible-re Ausbildung von Tauchern.

Zum Ende des Symposiums wies Michael Kemme-rer, Geschäftsführer der DruckkammerzentrenRMT GmbH, darauf hin, dass das Ziel einer Etablie-rung der HBO in die allgemeine Schulmedizin nochnicht erreicht sei.

KorrespondenzadresseDr. med. Dirk MichaelisAnästhesist/BetriebswirtDruckkammerz. [email protected]

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HintergrundKlinische Entscheidungen sollten möglichst Evidenz-basiert sein. Das wird vom aktuellen klinischenDogma gefordert [1,2]. Wir sehen uns gezwungen,die gesamten relevanten randomisierten kontrol-lierten Studien in eine gigantische Meta-Analysezusammen zu würfeln und einen kombinierten Risikofaktor für alle Entscheidungen zu liefern.

Ärzte, Chirurgen und Schwestern machen es bereits [3-5], und bald werden sogar Anwälte dieEvidenz-basierte Praxis übernehmen [6]. Was abergeschieht, wenn es keine Evidenz für die klinischeEntscheidung gibt?

Teilnehmer, Methoden und ErgebnisseWir sind zwei bescheidene Kliniker und stehen im-mer für einen guten Rat zur Verfügung. Wir fragtenunsere Kollegen, was sie tun würden, wenn sie sichmit einem klinischen Problem konfrontiert sähen,für welches weder randomisierte, kontrollierte Stu-dien noch gute Evidenzen zur Verfügung ständen.

So wie man es an einem Lehrkrankenhaus erwar-ten konnte, standen wir danach einer Reihe sehrpersönlicher Meinungen gegenüber. Die Persön-lichkeiten widerspiegeln die Fachrichtungen mitAusnahme der Chirurgen, bei welchen die Fach-richtung die Persönlichkeit widerspiegelt. Wir teiltendie Antworten auf der Basis von überhaupt keinerEvidenz in folgende sieben Kategorien:

Eminenz-basierte MedizinJe älter der Kollege war, desto weniger Wert legteer/sie auf die Notwendigkeit für etwas so Banaleswie Evidenz. Erfahrung, so scheint es, überwiegt jedevorstellbare Evidenz. Diese Kollegen haben ein rüh-rendes Vertrauen in die klinische Erfahrung, welchedefiniert ist als ’mit steigendem Vertrauen dieselbenFehler über eine beachtliche Anzahl von Jahrenimmer wieder zu begehen’ [7]. Die Ausstrahlung derweißen Haare und das kahl werdende Haupt desArztes werden als Heiligenschein-Effekt bezeichnet.

Vehemenz-basierte MedizinDer Ersatz von Evidenz durch Lautstärke ist einebewährte Methode, eher zurückhaltende Kollegenoder auch Verwandte durch Einschüchterung vonden eigenen Qualitäten zu überzeugen.

Eloquenz-basierte MedizinDas ganze Jahr über sonnengebräunt. Nelke imKnopfloch, Seidenkrawatte, Armani-Anzug undSprache sollten alle gleichermaßen geschmeidigsein. Eleganz der Kleidung und verbale Eloquenzliefern einen starken Ersatz für Evidenzen.

Vorsehungs-basierte MedizinWenn der besorgte Allgemeinmediziner keine Ah-nung hat, was er als nächstes machen soll, dannwird die Entscheidung gerne Gottes Walten über-lassen. Unglücklicherweise können zu viele Klini-ker der Versuchung nicht widerstehen, GottesHändchen keinen Einfluss in der Entscheidungsfin-dung zuzugestehen.

Zögerlichkeits-basierte MedizinEinige Ärzte sehen ein Problem und suchen dannnach einer Lösung. Andere sehen nur das Pro-blem. Der zögerliche Arzt könnte aus Verzweiflungüberhaupt nichts unternehmen. Das ist natürlichbesser, als irgendetwas zu tun, weil es den Stolzdes Arztes verletzt, nichts zu tun.

Nervositäts-basierte MedizinAngst vor Rechtsstreitigkeiten ist ein starker Stimu-lus für Über-Untersuchungen und Über-Behand-lungen. In einer Rechtsstreit-Phobie-Atmosphäreist der einzige schlechte Test derjenige, der nichtangeordnet wurde.

Selbstsicherheits-basierte MedizinSie ist auf die Chirurgen begrenzt (siehe auch Tab. 1).

KommentarEs gibt bei fehlenden Evidenzen zahlreiche Alter-nativen für den praktizierenden Arzt. Das ist derGrund, warum die Medizin gleichermaßen eineKunst und eine Wissenschaft ist.

Autoren: DI und DF lieferten jeweils die Hälfte derScherze und übernehmen die Bürgschaft.

D Isaacs & D FitzgeraldBMJ 1999;319:1618

CAISSON 2013;28(2):33-34

Aufgelesen

Sieben Alternativen zur Evidenz-basierten Medizin

D Isaacs & D Fitzgerald

Departments of Education and Medicine, New Children’s Hospital, Westmead, NSW 2145, Australia

Übersetzung: S Ocken & JD Schipke

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Literatur 1. Evidence Based Medicine Working Group. Evi-

dence-based medicine: new approach to teachingthe practice of medicine. JAMA 1992;268:2420-5

2. Rosenberg W, Donald A. Evidence based medicine.an approached to clinical problem solving. BMJ1995;310:1122-6

3. Sackett DI, Rosenberg WM, Gray JAM, Haynes RB,Richardson WS. Evidence based medicine: what itis and what it isn't. BMJ 1996;312:71-2

4. Solomon MJ, McLeod RS. Surgery and the rando -mised controlled trial past, present and future. MedJ Aust 1998;169:380-3

5 McClarey M. Implementing clinical effectiveness.Nursing Management; 1998;5:16-9

6. EBM and the IMF. J Exponential Salaries 1999;99:1-9

7. O'Donnell M. A sceptic's medical dictionary. London:BMJ Books, 1997

KorrespondenzadresseD [email protected]

Basis für klinische Ent-scheidungen

Marker Messverfahren Maßeinheit

Evidenzrandomisierte, kontrollierte

StudieMeta-Analyse relatives Risiko

EminenzAusstrahlung des weißen

HaaresLuminometer optische Dichte

Vehemenz Ausmaß der Schrillheit Audiometer Dezibel

Eloquenz (oder Eleganz)Glätte der Zunge / Strich des Anzugs

Teflometer Adhesin-Wert

Vorsehung Umfang des religiösen EifersSextant zur Messung desWinkels der Kniebeugung

Internationale Pietätseinheiten

Zögerlichkeit Umfang der Schwermütigkeit Nihilometer Seufzer

NervositätAusmaß der

Rechtsstreit-Phobieirgendein vorstellbarer Test Kontensaldo

Selbstsicherheit* Courage Schweiß-Test kein Schweiß

*gilt nur für Chirurgen

Tab. 1: Klinische Entscheidungen bei überhaupt keiner Evidenz lassen sich in folgende Kategorien einteilen.

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Veranstaltungshinweise

Sonstige Veranstaltungen

39th Annual Scientific Meeting of the European Underwater and Baromedical Society (EUBS)

Termin: 23. - 28. September 2013Tagungsort: Ile de la RéunionNähere Auskünfte: www.reunion2013.org

Anerkannt für GTÜM-Diplome 16 UE anrechenbar für Weiterbildung

40th Annual Scientific Meeting of the European Underwater and Baromedical Society (EUBS)

und

GTÜM-Kongress 2014

Termin: 24. - 27. September 2014Tagungsort: Wiesbaden, DeutschlandNähere Auskünfte: www.eubs2014.org

Anerkannt für GTÜM-Diplome 16 UE anrechenbar für Weiterbildung

9. Symposium für Tauchmedizin in Hannover

Termin: Samstag, 26. Oktober 2013Ort: Hannover, DeutschlandNähere Auskünfte: [email protected]

Punkte von der Ärztekammer und der GTÜM sind beantragt

Medizinische Hochschule Hannover, Gebäude J1, Hörsaal FCarl-Neuberg-Straße 1 · 30625 Hannover

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Kurse

Wichtiger Hinweis in eigener Sache:

Wenn auch Sie Ihre Institution und Seminare oder Kurse im CAISSON aufgeführt wissen wollen, senden Sie bitte Ihre Daten gemäß‘Hinweise für Autoren’ an die Redaktion – bitte auf Datenträger oder via E-Mail: [email protected]. Wir können leider anderweitig eingereichte Daten nicht berücksichtigen und bitten in eigenem Interesse um Verständnis. Daten, die die Homepage der GTÜM(www.gtuem.org) betreffen, senden Sie bitte an: [email protected].

Das aktuelle Angebot der uns gemeldeten Kurse gemäß GTÜM-Richtlinien finden Sie im Internet auf unserer Homepagewww.gtuem.org unter ‘Termine/Kurse’. Grundsätzlich können nur Kurse im CAISSON oder auf www.gtuem.org veröffentlicht werden,die von der GTÜM anerkannt wurden. Näheres finden Sie in der Weiterbildungsordnung der GTÜM.

Universität Düsseldorf

Kontakt: Institut für Arbeits- und SozialmedizinHeinrich-Heine-Universität Dr. T. Muth / S. SiegmannUniversitätsstraße 1D-40225 DüsseldorfTel.: 02 11/8 11 47 [email protected]

Thema: Tauchmedizin-Refresher(16 UE für GTÜM-Diplom I und IIa)

Termin: 30.08. - 31.08. 2013Ort: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Thema: GTÜM-Kurs I – TauchtauglichkeitTermin: 28.11. - 30.11. 2013Ort: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Druckkammerzentrum Murnau

Kontakt: BG-Unfallklinik MurnauSekretariatDruckkammerzentrum-HBOPostfach 1431D-82418 MurnauTel.: 0 88 41/48 27 [email protected]

Thema: GTÜM-Kurs IIb – DruckkammerarztTermin: 04.10. - 13.10. 2013Ort: BG Unfallklinik Murnau

Kontakt: Institut für Überdruck MedizinIm Gewerbepark A45D-93059 RegensburgTel.: 09 41/4 [email protected]

Thema: GTÜM-Kurs I – TauchtauglichkeitTermin: 27. 09. - 29.09. 2013Ort: Inst. für Überdruck-Medizin Regensburg

Thema: Tauchmedizin-Refresher(8 UE/Tag für GTÜM-Diplom I und IIa)

Termin: 28.09. - 29.09. 2013Ort: Inst. für Überdruck-Medizin Regensburg

Thema: GTÜM-Kurs IIa – TaucherarztTermin: 30.09. - 05.10. 2013Ort: Inst. für Überdruck-Medizin Regensburg

Thema: Tauchmedizin-Refresher-Workshop 2013(inkl. 16 UE für GTÜM-Diplome I und IIa)

Termin: 20.10. - 31.10. 2013Ort: Liveaboard / Safari südl. Red Sea

Thema: Druckkammer-Bediener GTÜM/VDDTermin: 18.10. - 20.10.2013 und

25.10. - 28.10.2013Ort: Inst. für Überdruck-Medizin Regensburg

Thema: Hyperbarmedizinischer Assistent GTÜM/VDDTermin: 15.11. - 17.11.2013 und

22.11. - 25.11.2013Ort: Inst. für Überdruck-Medizin Regensburg

Institut für Überdruck-Medizin Regensburg

Kontakt: Akademie für Wissenschaft, Wirtschaftund Technik an der Universität Ulm e.V.Frau Viola LehmannHeidenheimer Straße 80D-89075 UlmTel.: 0731/50-25 [email protected]/akademie

Thema: Tauchmedizin-Refresher(16 UE/Tag für GTÜM-Diplom I und IIa)

Termin: 09.11. - 10.11. 2013Ort: Universität Ulm

Universität Ulmtaucherarzt.at – Wien

Kontakt: Dr. Wilhelm WelslauSeeböckgasse 17/2A-1160 WienTel.: +43 (699) 18 44-23 90Fax: +43 (1) 944-23 90www.taucherarzt.at

Thema: GTÜM-Kurs IIa - TaucherarztTermin: 05.09. - 08. 09. 2013 (Teil 1) und

31.10. - 03.11. 2013 (Teil 2)Ort: Weyregg am Attersee (Teil 1) + Wien (Teil 2)

Thema: GTÜM-Kurs I – TauchtauglichkeitTermin: 03.10. - 06.10. 2013Ort: Wien

Thema: Tauchmedizin-Workshop (incl. 16 UE für GTÜM-Diplome I und IIa)

Termin: 24.04. - 03.05. 2014Ort: Malediven, M/S Nautilus Two

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ANSCHRIFTENLISTE GTÜM – Stand März 2013

Vorstand

Präsidentin Vize-Präsident Past-Präsident Sekretär

Dr. med. Karin Hasmiller Dr. med. Peter HJ Müller Dr. med. Wilhelm Welslau PD Dr. med. Andreas KochAnästhesistin OP-Manager Arbeitsmediziner Internist/SportmedizinBG – Unfallklinik Murnau Universitätsspital Basel Seeböckgasse 17 Hebbelstraße 9Prof. Küntscherstraße 8 Hebelstraße 2 A-1160 Wien D-24211 Preetz/HolsteinD-82418 Murnau CH-4031 Basel Tel.: +43 (699)18 44-23 90 Tel.: +49 (0)43 42-85 11 85Tel.: +49 (0)88 41-48 2709 Tel.: +41 61-32877 60 Fax: +43 (1)944-23 90 [email protected]@gtuem.org [email protected] [email protected]

Schatzmeister Redakteur CAISSON Vorsitzender des VDD e.V.

Dr. med. Volker Warninghoff Prof. Dr. Jochen D Schipke Dr. med. Christian HeidenAnästhesist - Abteilungsleiter Wildenbruchstraße 10 HNO-ArztTauch- und Überdruckmedizin D-40545 Düsseldorf Druckkammerzentrum TraunsteinSchifffahrtmed. Institut der Marine Tel.: +49 (0)211-57 99 94 Cuno-Niggl-Straße 3Kopperpahler Allee 120 [email protected] D-83278 TraunsteinD-24119 Kronshagen [email protected] Tel.: +49 (0)8 61-159 67Tel.: +49 (0)431-54 09-0 Fax: +49 (0)8 61-158 [email protected] [email protected]

Weiterbildung

Ansprechpartner

Druckkammer-Liste Recht Geschäftsstelle GTÜM

Dr. med. Ulrich van Laak Benno Scharpenberg Frau Dunja HausmannDAN Europe Deutschland Präsident des Finanzgerichts Köln BG-Unfallklinik MurnauEichkoppelweg 70 Brandenburger Straße 11 Prof. Küntscherstraße 8D-24119 Kronshagen D-41539 Dormagen D-82418 MurnauTel.: +49 (0)4 31-54 42 87 Tel.: +49 (0)171-748 35 13 Tel.: +49 (0)88 41-48 2167Fax: +49 (0)4 31-54 42 88 [email protected] Fax: +49 (0)88 41-48 [email protected] [email protected]

HBO-Therapie Hyperbare Arbeitsmedizin Tauchmedizin

PD Dr. med. Andreas Koch (s.o.) Dr. med. Karl-Peter Faesecke (s.o.) PD Dr. med. Björn Jüttner (s.o.)Dr. med. Dirk Michaelis (s.o.) Dr. med. Dirk Michaelis (s.o.)

Taucherarzt-Liste Forschung Webmaster

Dr. med. Diane Amelunxen (s.o.) PD Dr. med. Andreas Koch (s.o.) Dr. med. Wilhelm Welslau (s.o.)

Beisitzer

Dr. med. Diane Amelunxen Dr. med. Karl-Peter Faesecke Dr. med. Jochen FreierChirurgin Arbeitsmediziner AnästhesistBundeswehrkrankenhaus Hamburg Wilhelmsburger Krankenhaus Tagesklinik für Amb. und Stat. OPsLesserstraße 180 Groß Sand 3 Reifenberger Straße 6D-22049 Hamburg D-21107 Hamburg D-65719 Hofheim/[email protected] Tel.: +49 (0)40-3179-36 07 Tel.: +49 (0)61 92-50 62

Fax: +49 (0)40-3179-36 08 Fax: +49 (0)61 92-50 [email protected] [email protected]

PD Dr. med. Björn Jüttner Dr. med. Dirk MichaelisAnästhesist Anästhesist/BetriebswirtMedizinische Hochschule Hannover Druckkammerz. Rhein-Main-TaunusCarl-Neuberg-Straße 1 Schiersteiner Straße 42D-30625 Hannover D-65187 WiesbadenTel.: +49 (0)176-15 32 36 89 Tel.: +49 (0)6 11-84 72 [email protected] [email protected]

Dr. med. Volker Warninghoff (s.o.) Dr. med. Jochen Freier Dr. med. Peter HJ Müller(Erstdiplome) (Verlängerungen) (Veranstaltungen/Kurse)

FLA Priv.-Doz. Dr. Andreas KochSektion Maritime Medizin amInst. für Experim. Medizin des UKSHChristian-Albrechts-Univ. zu Kielc/o Schifffahrtmed. Inst. d. MarineKopperpahler Allee 120D-24119 KronshagenTel.: +49 431 5409/[email protected]

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Einsendeschluss ist jeweils der 15. Tag im erstenMonat des Quartals, das heißt:15. Januar des Jahres für Heft 115. April des Jahres für Heft 215. Juli des Jahres für Heft 315. Oktober des Jahres für Heft 4

Es können nur solche Arbeiten und Zuschriftenveröffentlicht werden, die per E-Mail oder CD beider Redaktion ein gehen. Zusätzlich zum Daten -medium muss eine gedruckte Ausgabe des Doku -ments eingereicht werden.

Bitte beachten Sie bei der Erstellung von Doku -menten die folgenden Hinweise:Datenformat: Microsoft Word (ab Version 2.0)Schrift: ArialSchriftgröße: 10 ptZeilenabstand: automatisch

Absatzformat: BlocksatzSilbentrennung: keine Literaturverzeichnis: NummerierenMedium: E-Mail: [email protected]

CD und DVD

Bildformate:JPEG, TIF, BMP als einzelne Dateien, s/w oder farbig mit mindestens 300 dpi gescannt.

Bitte die Stellen im Text markieren, an denen dieAbbildungen eingesetzt werden sollen.

Die Autoren werden gebeten, nach Möglichkeit Artikel aus früheren CAISSON-Heften zu zitieren.

Hinweise für Autoren & Impressum

CAISSON

Organ der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin e.V.ISSN 0933-3991

Redaktion Herausgeber

Prof. Dr. Jochen D. Schipke Vorstand der GTÜMWildenbruchstraße 10 Dr. med. Karin HasmillerD-40545 Düsseldorf Prof.-Küntscher-Straße 8Tel.: +49 (0)211-57 99 94 BG – Unfallklinik [email protected] D-82418 [email protected] Tel.: +49 (0)88 41-48 27 09

[email protected]

CAISSON erscheint viermal jährlich, etwa zur Mitte der Monate März, Juni, Septemberund Dezember. Redaktionsschluss ist der 15. des Vormonats.

Druck und Versand: Druckerei Marquart GmbH, AulendorfSatz: Eva Ladwein, Essen • Lektorat: Renate Rummel, Grevenbroich

Auflage 1.300; der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.Alle Zuschriften an die Redaktionsadresse. Kürzungen vorbehalten.

Versand:

Geschäftsstelle: GTÜM, Dunja Hausmann • BG Unfallklinik Murnau • Prof. Küntscher-Straße 8D-82418 Murnau • Tel. 0 88 41-48 21 67 • Telefax 0 88 41-48 21 66 • [email protected]

Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen die Meinung des Autors dar und sind nicht als offizielle Stellungnahme der Gesellschaft aufzufassen.

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Es kommt in den zahlreichen Lehrbüchern praktischnicht vor. Dieses moderne Barotrauma. Und so sindauch Diagnose und Therapie in der tauchendenBevölkerung ganz überwiegend unbe-kannt. Klar jedoch sind der druckbedingteSchaden und seine Folge: der Taucherkommt mit seinem Auto nicht vom Tauch-platz weg.Es gibt vermutlich zwei CK-B-Varianten.Beide können bei Tauchgängen mit demTrocki auftreten. Was passiert?Bei dem CK-B-I ist das Plastikgehäuse, in welchem sichBatterie und Elektronik befinden, einem steigenden Um-gebungsdruck ausgesetzt. Weil das Gehäuse nicht dichtist, dringt mit zunehmender Tauchtiefe und TauchdauerLuft in das Gehäuse. Beim Austauchen kann die Luft nichtschnell genug entweichen. Der erhöhte Innendruck führtzur Verformung des Gehäuses. Es bekommt dicke Backen, so dass sich die Funktionstasten nicht mehr betätigen lassen. Therapie-Vorschlag: behutsamer Ein-satz einer feinen Nadel.

Bei dem CK-B-II liegt der seltene Fallvor, dass das Barotrauma nichts mit

den Herren Boyle und Mariotte zu tun hat. Also kein verformbares Gasvolumen sondern

nur Druck. Der im Trocki ansteigende Druck wird hochgenug, um die Öffnen- oder die Schließen-Taste – oderauch beide gleichzeitig – während des gesamten Tauch-ganges zu drücken. Das führt zur leeren Batterie oder sogar zur Schädigung der Elektronik. Den gleichen Effektkann man sich auch vorstellen, wenn das Trockimaterialbei schlechter Tarierung unmittelbar auf die Tasten drückt.Therapievorschlag: Werkstatt.Zum Abschluss ein Präventionsvorschlag: Den Auto-schlüssel vor dem Tauchgang auf dem Hinterrad sicherzwischenlagern.

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Zu guter Letzt

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Abb. 1: Eine Variante vom Barotraumades Schlüssels kann sich entwickeln,wenn die Funktionstasten während desTauchganges dauerhaft gedrückt bleiben.

Barotrauma des Autoschlüssels (Car Key Barotrauma; CK-B)JD Schipke

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C A I S S O NVorstand der GTÜM – BG Unfallklinik MurnauProf. Küntscher-Straße 8, 82418 MurnauPVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, Z K Z 62369

Jahrgang 28 Inhalt Juni 2013 Nr. 2

HBO induziert Neuroplastizität, JD Schipke 2

Editorial 3

Tauchen

Tauchen als Therapiemedium in der Ergotherapie – unter Wasser Grenzen durchbrechen, Maren K Vogel 4

Kommentar zu: ‘Tauchen als Therapiemedium in der Ergotherapie’, W Hühn 8

Tauchunfälle in Israel, JD Schipke 9

Kommentierte Literatur: Tauchen

Tiefenrausch: der Mount-Milner-Test, T Mount & G Milner 10

Water immersion-induced skin wrinkling is related to heart rate variability, S Win et al. 12

Kommentierte Literatur: Sauerstoff und Augen

Vorwort zu Cabrera/Chihuailaf und Nachman-Clewner et al., JD Schipke 16

Antioxidants and the integrity of ocular tissue, Marcela P Cabrera & RH Chihuailaf 17

HBO-Therapie

Kohlenstoffmonoxid – CO, R Pyrek 23

Kommentierte Literatur: Experimentelle HBO

Selective degeneration of central photoreceptors after Hyperbaric Oxygen in normal and

metallothionein-knock-out mice, M Nachman-Clewner et al. 27

Heute vor...

15 Jahre Druckkammerzentrum Wiesbaden, D Michaelis & P Freitag 31

Aufgelesen

Sieben Alternativen zur Evidenz-basierten Medizin, D Isaacs & D Fitzgerald 33

Veranstaltungshinweise

39th Annual Scientific Meeting of the EUBS, Ile de la Réunion 35

40th Annual Scientific Meeting of the EUBS und GTÜM-Kongress 2014, Wiesbaden 35

Sonstige Veranstaltungen

9. Symposium für Tauchmedizin, Hannover 35

Kurse 36

Anschriftenliste GTÜM 37

Hinweise für Autoren & Impressum 38

Zu guter Letzt 39

Inhaltsverzeichnis 40